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INVESTMENTS
Liebe Börsianer!
Wie investiere ich 2023 richtig, damit die Rendite stimmt? Mit dem „Investment Outlook 2023“ wollen wir spannende Ideen für Ihr Portfolio liefern.
Die Ereignisse im vergangenen Jahr erwischten zahlreiche Anleger am falschen Fuß: Die Inflation legte kräftig zu, der Startschuss zur globalen Zinswende war damit gefallen. Besonders heftig waren die Nachwehen bei Wachstumsaktien zu spüren, von denen eine Vielzahl in den USA notiert ist. Auch die Bondmärkte blieben vom Ende der lockeren Geldpolitik nicht verschont.
Doch der Paradigmenwechsel an den Märkten bietet auch Chancen, vor allem in jenen Anlageklassen, die zuletzt ins Hintertreffen geraten waren. Lesen Sie auf Seite 54, weshalb Europas Märkten reichlich Aufholpotenzial eingeräumt wird und welche Rolle die gesunkenen Energiepreise spielen. Stuart Winchester von Allianz Global Investors erklärt zudem, was nach dem Ende von Chinas Null-Covid-Politik für ein Asien-Investment spricht.
Ebenso lohnend kann wieder der Blick auf die Bondmärkte sein. Im „Portfolio“ auf Seite 70 zeigt Christoph von Bonin, Chief Investment Officer der LLB Invest KAG, wie er dabei vorgeht. Er meint, „solide Schuldner sollten sich als sinnvolle Diversifizierung wieder eignen“, sprich in turbulenten Marktzeiten an Wert gewinnen.
Daran dürfte es im neuen Börsenjahr nicht mangeln. In der Ukraine verschärft sich der Krieg, im Fernost nehmen die Spannungen mit den USA zu. An der Zinsfront könnten die Notenbanken die Zügel stärker straffen, als es vom Markt erwartet wird. Anleger sollten deshalb auf eine breite Streuung setzen, bei der auch kurzfristige Sparanlagen nicht fehlen sollten. Bernd Fislage, CEO der Kommunalkredit Austria AG, rechnet immerhin mit Zinsen für gebundene Spareinlagen von gut zwei bis 2,5 Prozent per annum.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine spannende Lektüre mit dem ersten Börsianer Journal.
Ihre Raja Korinek Leitung Börsianer Journal Investments
r.korinek@derboersianer.com
„Auch die Klimaschutzmaßnahmen sind Treiber der
Im Bann der Inflationsentwicklung
Die Teuerung bremst sich in vielen Regionen ein, zudem ist heuer ein Ende der Zinsanhebungen in der Eurozone und den USA in Sicht. Die Schwellenländer dürften Industrienationen beim Wachstum erneut abhängen.
TEXT RAJA KORINEKDie Inflationsentwicklung sorgte 2022 für viele Schlagzeilen. Sie schnellte überall nach oben, Notenbanken mussten daraufhin weltweit ihre lockere Geldpolitik beenden. Noch im Juli 2022 erreichte die US-Inflation im Jahresvergleich 8,5 Prozent, in der Eurozone 8,9 Prozent. Wesentliche Treiber waren steigende Energiekosten und die sinkende Arbeitslosenquote.
Zuletzt war die Teuerung rückläufig, vor allem wegen der stark gesunkenen Öl- und Gaspreise. So stieg die Inflation binnen Jahresfrist in der Eurozone um „nur“ noch 8,5 Prozent. Dennoch wurde der EZB-Leitzins Anfang Februar 2023 um 0,50 Prozentpunkte auf drei Prozent angehoben, auch deshalb, weil die Kerninflation auf 5,2 Prozent weiter gestiegen ist. Der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die Entwicklung ein Dorn im Auge.
Zudem begann die EZB im März mit der Schrumpfung ihrer Bilanz, die US-
Notenbank Federal Reserve (Fed) war damit schon früher dran. Derzeit beträgt die EZB-Bilanz fast acht Billionen Euro. Nun sollen die hohen Anleihebestände stückweise abgebaut werden: „Bis Ende Juni werden monatlich 15 Milliarden Euro aus aktuellen Beständen weniger investiert. Danach wird die Summe wahrscheinlich erhöht werden“, prognostiziert Finanzmarktanalyst Peter Brezinschek (Seite 64).
EZB WIRD WEITER STRAFFEN Doch wie könnte es mit den Leitzinsen weitergehen? Auf der Februar-Sitzung hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde eine weitere Anhebung von 0,50 Prozentpunkten in der Sitzung vom 16. März angedeutet. Aktuell liegt der Leitzins bei drei Prozent. Die weitere Entwicklung werde dann von der jeweils aktuellen Datenlage abhängen, konstatiert Jan Viebig, Chief Investment Officer der
Oddo BHF SE. „Wahrscheinlich werden die Leitzinsen in der Eurozone bis Juli um insgesamt einen Prozentpunkt steigen.“ Der Leitzins würde dann bei vier Prozent liegen. Danach ist für den Marktexperten eine Pause denkbar.
Dean Turner, UBS-Ökonom, hält den Spielraum nach oben ohnedies für begrenzt und meint, dass die straffere Geldpolitik schon jetzt auf der Wirtschaftsaktivität in der Eurozone lastet. Turner verweist auf die Verlangsamung der Kreditvergabe seitens der Geschäftsbanken. Und so dürften die Maßnahmen der EZB ihre Wirkung zur Inflationsbekämpfung nicht verfehlen. Laut UBS-Schätzungen wird die Jahresteuerung im Dezember
2023 auf 2,3 Prozent sinken, nach zehn Prozent im Vorjahr. 2024 dürften es 2,2 Prozent sein.
US-INFLATIONSRÜCKGANG GERING
In den USA sind die Zinsschritte der Fed bereits kleiner geworden. Anfang Februar hob die Notenbank die Leitsätze um nur noch 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent an. Jedoch sank die Inflationsrate im Jänner im Jahresvergleich auf „nur“ 6,4 Prozent und damit weniger als erwartet. „Schuld an der weiterhin hohen Teuerung sind die anhaltend hohen Kosten für Mieten, die im Jänner fast die Hälfte des Gesamtanstiegs ausmachten. Zudem stiegen die Preise für
GASTKOMMENTAR
Verkraftet Italien die Zinswende?
Giorgia Meloni ist die 31. Ministerpräsidentin Italiens und bildete im vergangenen Oktober die 70. Regierung in der Nachkriegszeit. Italien ist Gründungsmitglied der EU und mit der drittgrößten Wirtschaftsleistung in der Eurozone ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in Europa. Aus Sicht eines Investors waren Aktien wie Anleihen bis zur Eurokrise 2011 sehr ähnlich der Perfor-
mance anderer europäischer Länder. In der Krise haben dann die Länder der Peripherie deutlich verloren und damit auch Italien. Italienische Aktien konnten sich seitdem gemessen am Euro Stoxx 50 ähnlich der europäischen Konkurrenz entwickeln, holten die Verluste von 2007 bis 2011 aber nicht wieder auf.
Anders bei Staatsanleihen. So erzielten italienische Staatsanleihen seit An-
Lebensmittel, Benzin und Erdgas“, sagt Konstantin Oldenburger, Marktanalyst CMC Markets. Auch die Kerninflation mit 5,6 Prozent liege deutlich über dem FedZiel von zwei Prozent.
Der Markt rechnet deshalb mit weiteren zwei Zinserhöhungen. Die Wahrscheinlichkeit für weitere 0,25 Prozentpunkte am 22. März liege bei 94 Prozent, so Oldenburger. Er meint auch, Konsens herrsche über den möglichen Höhepunkt der Leitzinsen in einer Spanne von fünf bis 5,25 Prozent. „Demzufolge würde im Mai mit einem weiteren kleinen Schritt nach oben der Zyklus beendet – wohlgemerkt Stand jetzt.“
Ähnlich verhalten sind die Einschätzungen für die Schwellenländer. Die Inflationsraten stabilisierten sich auf hohem Niveau und dürften noch über weite Strecken des Jahres 2023 deutlich über den Zentralbankzielen bleiben, sodass eine schnelle geldpolitische Lockerung nicht zu erwarten sei, konstatiert Ulrich
fang 2008 rund 3,4 Prozent per annum und österreichische Pendants 2,4 Prozent Ertrag. Als Manager eines europäischen Staatsanleihefonds bin ich der Meinung, dass Italien in einem gut diversifizierten Anleihenportfolio immer einen großen Anteil am Fondsvermögen haben sollte, da die Renditen attraktiv sind und Italien nicht auf Europa und Europa nicht auf Italien verzichten kann.
„Für die Weltwirtschaft ist keine Rezession in Sicht.“
SPITTALER
„Leitzinsen in der Eurozone könnten bis Juli um einen Prozentpunkt steigen.“
„Im Mai ist mit einem weiteren Schritt der US-Zinszyklus beendet.“
Kater, Chefökonom der Deka Bank. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen die DekaExperten mit einer Inflation von durchschnittlich 7,3 Prozent in den Schwellenländern.
KOMMT DIE REZESSION?
Doch was bedeuten all diese Entwicklungen für die globale Konjunkturentwicklung? „Für die Weltwirtschaft ist keine Rezession in Sicht“, betont Bernd Spittaler, Marktexperte bei der Schoellerbank Invest AG. Der Internationale Währungs-
WIR MACHT’S MÖGLICH.
fonds prognostiziert für das Jahr 2023 ein Weltwirtschaftswachstum von 2,7 Prozent. Angesichts der zahlreichen Unsicherheiten sei dies eine ermutigende Zahl, meint Spittaler.
Am höchsten dürfte das Plus in Asien (ohne Japan) mit einem Plus von fünf Prozent ausfallen, so die weiteren Deka-Schätzungen. Chinas Wiedereröffnung könnte dabei eine maßgebliche Rolle spielen. Schließlich wird der innerasiatische Handel immer wichtiger. Rohstofflastige Länder wie Brasilien und an-
dere Länder aus der Region dürften zudem mehr Commoditys nach China exportieren. Insgesamt wird für die Emerging Markets ein BIP-Plus von 3,6 Prozent prognostiziert. Für die Eurozone dürfte es laut Deka Bank einen Zuwachs von 0,6 Prozent geben, in den USA von 0,5 Prozent.
Schoellerbank-Invest-Experte Spittaler mahnt dennoch davor, Risiken außer Acht zu lassen. Er verweist auf die Unsicherheiten rund um den Ukraine-Krieg sowie die wachsenden Spannungen zwischen China und Taiwan. n
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Veranlagungen in Fonds sind mit höheren Risiken verbunden, bis hin zu Kapitalverlusten. Die veröffentlichten Prospekte sowie die Basisinformationsblätter der Raiffeisen-Nachhaltigkeitsfonds stehen unter rcm.at unter der Rubrik „Kurse & Dokumente“ in deutscher Sprache zur Verfügung. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte steht in deutscher und englischer Sprache unter folgendem Link: rcm.at/corporategovernance zur Verfügung. Beachten Sie, dass die Raiffeisen Kapitalanlage GmbH die Vorkehrungen für den Vertrieb der Fondsanteilscheine außerhalb des Fondsdomizillandes Österreich aufheben kann. Bitte beachten Sie, dass manche Fonds besondere („fondsspezifische“) Hinweissätze haben (etwa betreffend erhöhter Kursschwankungen, Derivateeinsatz, Master-Feeder bzw. Dachfonds-Strukturen). Diese findet man beim jeweiligen Fonds unter rcm.at/fondsuebersicht am Produktblatt. Erstellt von: Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien, Stand: Stand: Februar 2023.
„Straffere Geldpolitik lastet auf Wirtschaftsaktivität der Eurozone.“DEAN TURNER JAN VIEBIG KONSTANTIN
OLDENBURGER
Die fantastischen fünf
Das Börsenjahr 2023 dürfte turbulent bleiben, selektives Vorgehen ist angesagt. Der „Börsianer“ hat fünf Investmentideen von Marktexperten identifiziert.
TEXT RAJA KORINEKEUROPA-AKTIEN Auf die Aufholjagd setzen
Noch vor einem Jahr schockierte der Ausbruch des Ukraine-Kriegs Europa. Die Energiepreise schnellten nach oben. Obendrein belastete Chinas strenge Null-Covid-Politik die Märkte. Inzwischen sind die Gaspreise wieder gesunken, Chinas Lockdowns beendet. Das stützt die Industrie. Europas Banken profitieren hingegen von steigenden Zinsen. Im MFS Meridian Funds – European Value Fund (LU0125951151 für Privatanleger; LU0219424487 für Großanleger) nehmen Industrie- und Finanztitel die größte Gewichtung ein, so etwa mit Schneider Electric und Legrand. Im Comgest Growth Europe Fund (IE0004766675 für Privatanleger; IE00B5WN3467 für Großanleger) wird auf Titel gesetzt, denen langfristig ein Wachstum, etwa gut 13 bis 15 Prozent beim jährlichen Umsatz, zugetraut wird und die dies etwa mit einzigartigen Produkten oder Patenten erzielen. Dazu zählen LVMH, Kingspan und Novo Nordisk.
ASIEN-AKTIEN Der Fernost als Zugpferd
Das Wirtschaftspotenzial Chinas nach dem Ende der Null-Covid-Politik ist groß. Die Credit Suisse erhöhte Chinas BIP-Schätzung für 2023 auf 5,1 Prozent. Auch andere Fernostregionen dürften davon profitieren, etwa in Tourismus und Industrieproduktion. Zudem rechnet Stuart Winchester, Portfoliomanager des Allianz Oriental Income Fund (LU1752425386 für Privatanleger; LU0348785790 für Großanleger) mit einer Erholung der asiatisch-pazifischen Aktienmärkte „trotz des schwierigen globalen Umfelds“. Der asiatische Markt werde unter dem längerfristigen Durchschnitt gehandelt. In Japan erhöht der tiefe Yen die Wettbewerbsfähigkeit einiger japanischer Unternehmen. IT- und Gesundheitsaktien sind am höchsten gewichtet. Der Fidelity Funds – Asia Pacific Opportunities Fund (LU0345361124 für Privatanleger; LU0345362361 für Großanleger) investiert hingegen ohne Japan.
UNTERNEHMENSANLEIHEN Der Reiz der Zinsen
Aus Bewertungssicht haben Anleihen Laurent Denize, Chief Investment Officer von Oddo BHF AM, zufolge die Nase gegenüber Aktien vorn. Doch bei Staatsanleihen sei weiterhin Vorsicht geboten, Unternehmensanleihen mit guter Qualität böten hingegen wieder gute Renditechancen. Emittenten im Investment-GradeSegment verfügten dabei über ausreichend Liquidität, um schwierigeren Phasen zu trotzen. Im Morgan Stanley Investment Funds – Global Credit Fund (LU0851374255 für Privatanleger; LU0851375492 für Großanleger) nehmen USDollar-Bonds mit rund 70 Prozent die größte Gewichtung ein, gefolgt von Euro-Emittenten. Dazu zählen etwa Bank of America und Volkswagen. Der iShares Global Corporate Bond UCITS ETF (IE00B7J7TB45) bildet den Bloomberg Global Aggregate Corporate Bond Index ab, der mehr als 2000 Emittenten umfasst.
MULTIASSET
Die Mischung als goldene Mitte GOLD Krisenwährung bleibt gefragt
2022 verloren Aktien und Anleihen an Wert, weshalb eine Diversifikation nicht funktionierte. Inzwischen bieten Anleihen wieder höhere Renditen. Balanced-Mandate dürften eine Renaissance erfahren, so Christian Nemeth, Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich. Im Schoellerbank Ethik Vorsorge (AT0000820477) liegt die internationale Aktienquote zwischen 30 und 70 Prozent. Die verbleibenden mindestens 30 Prozent werden in Eurobonds bester Bonität investiert, auch Unternehmensanleihen von Verizon und BMW Finance sind dabei. In die Auswahl fließen ethische Grundsätze ein. IT- und Industrieaktien sind am höchsten gewichtet. Der Meag Eurobalance (DE0009757450) setzt hingegen nur auf europäische Aktien- und Rentenmärkte. Das prozentuale Verhältnis der Anteile bewegt sich meist zwischen 20 und 80 Prozent.
Das World Gold Council (WGC) korrigierte Zahlen zu den Goldkäufen der Zentralbanken, die 2022 gut 1.136 Tonnen kauften. Die Revision betraf Zahlen bis 1969, so Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch: „Als Folge weist der WGC die Käufe im Vorjahr als die höchsten seit Beginn der Datenaufzeichnungen von 1950 aus.“ Kurzfristig belasten steigende Zinsen den Goldpreis, da solide Anleihen mit höheren Renditen locken. Doch die geopolitische Lage verschärft sich, ein Krisenschutz bleibt gefragt. Mit dem Gold ETC der BNP Paribas (DE000PS7G0L8) setzen Anleger auf die Kursentwicklung von Gold. Es handelt sich um ein besichertes Zertifikat. Wer sich das Risiko zutraut, kann mit Goldminenaktien auf die Entwicklung gehebelt setzen. Der Bakersteel Global Funds SICAV – Precious Metals Fund (LU0357130854 für Privatanleger; LU0357130771 für Großanleger) setzt zu rund 70 Prozent auf Minenaktien aus der Goldförderung.
Wiener Börse: Aufwind statt Schlusslicht
Das vergangene Jahr war für die Wiener Börse turbulent. Der Leitindex ATX verzeichnete ein Minus von 19 Prozent, wobei es mehrere Belastungsfaktoren gibt: Zahlreiche Unternehmen sind wirtschaftlich eng mit Osteuropa verflochten. Die ATX-Abhängigkeit vom CEE-Raum beträgt laut Berechnungen der Erste Group Bank AG 68 Prozent. Für viele internationale Anleger war der Start des Ukraine-Kriegs ein Grund, sich von österreichischen Aktien zu trennen. Heimische Konzerne setzten obendrein zum Rückzug aus Russland an: So verkaufte etwa der Papierproduzent Mayr-Melnhof Karton AG Ende 2022 sein Geschäft in der Region. Zudem belasteten hohe Energiepreise die Industrieunternehmen.
„Der österreichische Leitindex erwies sich aufgrund der geografischen Nähe zum Krieg, seiner Zusammensetzung und Größe volatiler als andere Märkte“, konstatiert Fritz Mostböck, Chefanalyst bei der Erste Group Bank AG. Dabei entfallen 36 Prozent des ATX auf Banken, wobei die Erste Group die größte ATXGewichtung einnimmt. Danach folgt der Öl- und Gassektor, die OMV AG nimmt dabei die zweitgrößte Gewichtung im Leitindex ein.
ATX historisch günstig
Zumindest aber haben sich die Bewertungen kräftig vergünstigt, ein Umstand, den Experten in diesem Ausmaß nicht nachvollziehen können: „Auf diesen Niveaus wird unterstellt, dass die Konzerne im Schnitt Verluste schreiben“, so Wolfgang Matejka, Geschäftsführer bei Matejka & Partner Asset Management. Mit solch einer dramatischen Entwicklung rechnet Matejka nicht.
TEXT RAJA KORINEKZuletzt lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des ATX auf Basis der Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate bei rund sieben. „Die Kennzahl liegt deutlich unter dem internationalen Durchschnitt“, fügt Alois Wögerbauer, Geschäftsführer der 3 Banken Generali Investment, hinzu. Sie liegt auch unter dem langjährigen ATX-
teil war. Dies sollte sich 2023 als Vorteil erweisen.“ Der Grund? Den sieht der Marktexperte in der Zinswende der EZB. Sie gibt Finanzaktien mittelfristigen Rückenwind, wie er sagt. Banken lukrieren wieder höhere Margen am Kreditgeschäft, Versicherungen können attraktivere Konditionen auf Lebensversicherungen bieten. Wögerbauer hebt dabei die Erste Group Bank AG mit einem aktuellen KGV von rund sieben hervor. Auch die Dividendenrendite von über fünf Prozent findet Anklang bei dem Profi.
Sollte sich die Konjunktur eintrüben, könnte solch eine Entwicklung das Kreditgeschäft belasten, mahnt Matejka. Bei der Raiffeisen Bank International AG rät er Anlegern, die Entwicklungen rund um Russland gut im Auge zu behalten. Immerhin erzielt der Bankkonzern gut die Hälfte seiner Gewinne in der Region.
WOLFGANG
Durchschnitt von 13. Weitere Kennzahlen deuten ebenso auf eine günstige Bewertung: So liegt die aktuelle Dividendenrendite bei gut 4,4 Prozent.
Finanztitel sind Favoriten
Wögerbauer meint auch, „dass die große Übergewichtung der Finanztitel im ATX in den vergangenen Jahren oft ein Nach-
Matejka meint auch, dass Industrietitel wie Lenzing AG sowie Voestalpine AG von den gesunkenen Energiepreisen profitieren, ein Umstand, der jedoch in den jeweiligen Aktienkursen bereits teilweise eingepreist sei. Anders bei der OMV AG: Wögerbauer hält die Aktie für zu günstig. Mitte Februar notierte der Kurs bei rund 37 Euro. Wögerbauer hebt die Transformation der OMV AG in Richtung Chemiekonzern hervor sowie eine weitere Eigenschaft: „Gemeinsam mit der Sonderausschüttung wird die Dividendenrendite 2023 bei gut zehn Prozent liegen.“
Doch wohin wird der ATX insgesamt steuern? Bis Jahresende hält Mostböck einen Indexstand von rund 3.700 Punkten für möglich. Dies impliziere immer noch ein günstiges KGV von acht basierend auf prognostizierten Ergebnissen für 2023 „und lässt prinzipiell weiter Luft nach oben“. n
Der heimische Leitindex ATX verlor im Vorjahr deutlich an Wert. Die Bewertungen sind nunmehr günstig, viele Unternehmen gut aufgestellt. Wo Experten in diesem Jahr Chancen sehen.
„Finanzaktien könnten 2023 profitieren.“ALOIS WÖGERBAUER
„Gesunkene Energiepreise sind eine Stütze.“
MATEJKA
„Der ATX ist volatiler als andere Märkte.“FRITZ MOSTBÖCK Peter Brezinschek
„Entwicklungen am Arbeitsmarkt nicht unterschätzen“
Nach 40 Jahren Kapitalmarkterfahrung blickt der Volkswirt Peter Brezinschek auf zahlreiche prägende Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte zurück. Seine Karriere begann er 1983 als Kapitalmarktanalyst bei der Genossenschaftlichen Zentralbank, dem Vorgänger der Raiffeisen Zentralbank, somit in einer Zeit, in der sich die Industriestaaten gerade von der Stagflation aufgrund hoher Energiepreise erholten.
Droht nun ein ähnliches Szenario? – Peter Brezinschek: Auch diesmal haben zunächst hohe Energiepreise die Inflation angeheizt, wenngleich die Entwicklung zuletzt rückläufig war. Die Inflation sank im Jänner im Jahresvergleich deshalb auf 8,5 Prozent in der Eurozone. Jedoch verschärfte diesmal auch die Lieferkettenproblematik die Lage. Aufgrund der Globalisierung sind heute die Volkswirtschaften weitaus internationaler verwoben.
Angesichts sinkender Energie- und Verbraucherpreise müsste sich die Lage doch weiter entspannen. – Auch die Entwicklungen am Arbeitsmarkt sollte man nicht unterschätzen. Während Ende der 1970er-Jahre eine Rezession zu einer hohen Arbeitslosigkeit führte, ist heute die Lage anders. Allein im Dezember sank die Arbeitslosenquote auf 6,6 Prozent, das tiefste Niveau seit Gründung der Eurozone, und das trotz mauer Konjunkturentwicklung. Die Lohnab-
schlüsse fielen deshalb hoch aus, was zu Zweitrundeneffekten führt. Das Gleiche wird bei den Lohnverhandlungen im Herbst 2023 passieren. Deshalb wird man die Inflation wahrscheinlich auch nicht rein mit der Geldpolitik in den Griff bekommen.
Was müsste noch geschehen? – Auch die Fiskalpolitik ist gefordert. Schließlich wurde in den vergangenen Jahren viel an Krisenhilfen beispielsweise als Pan-
Moral der Geschichte. Die Inflation wird man mit Geldpolitik nicht in den Griff bekommen, sagt Peter Brezinschek.
VITA PETER BREZINSCHEK Finanzmarktexperte
Der langjährige Chefanalyst (65) der Raiffeisen Bank International AG und Leiter von Raiffeisen Research lässt seit seinem Abschied nicht locker und ist nun als selbstständiger Finanzmarktexperte durchgestartet. Damit sein Kopf frei bleibt, geht er leidenschaftlich gerne Skifahren und Laufen.
Trotz aktuell hoher Inflation und getrübten Wirtschaftsausblicks sieht Peter Brezinschek, ehemaliger Chefanalyst bei Raiffeisen Research und selbstständiger Finanzexperte, nicht nur Parallelen zu den 1970er-Jahren. Brezinschek geht im Interview mit dem „Börsianer“ auf grundlegende Divergenzen ein und erläutert, worauf Anleger achten sollten.
demiestütze ausbezahlt. Die Nachfrage wurde damit künstlich hochgehalten, anstatt dass sie sich aufgrund steigender Preise einbremste. Die Staatsdefizite, die aufgrund solcher Aktionen noch weiter gestiegen sind, müssen wieder zurückgefahren werden.
Wie schätzten Sie die Konjunktur- und Inflationsentwicklung konkret ein? – Die Eurozone rutscht voraussichtlich nicht in eine Rezession. Zuletzt haben sich
mehrere Vorlaufindikatoren wie etwa die Einkaufsmanagerindizes aufgehellt. Das BIP dürfte heuer um 0,3 Prozent zulegen, 2024 könnte das Plus zwei Prozent erreichen. Die Inflationsrate dürfte auf gut sechs Prozent sinken und sich 2024 in Richtung zwei Prozent bewegen. Problematisch sehe ich die hohe Kerninflation – somit ohne Energie, Nahrung, Alkohol und Tabak. Sie erreichte im Jänner 5,2 Prozent. Auch 2024 dürfte sie über vier Prozent bleiben.
Was steckt hinter der ungünstigen Entwicklung? – In der Kernrate machen sich allmählich steigende Lohnabschlüsse bemerkbar. Hinzu stehen die Lohnrunden im Herbst 2023 an. Da dürften die Forderungen der Gewerkschaft noch höher ausfallen als 2022. Denn als Verhandlungsbasis wird dann die höhere Inflationsentwicklung vom vergangenen Herbst herangezogen. Auch die Klimaschutzmaßnahmen sowie höhere Dienstleistungspreise sind Treiber der Kerninflation.
Der ehemalige Fed-Chef Paul Volcker hob von 1979 bis 1981 die Leitzinsen von 11,2 auf 20 Prozent an, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Auch in Europa waren die Zinsen hoch. Wie weit könnte die EZB gehen? –Bis zum Sommer dürfte der Leitzins voraussichtlich auf vier Prozent angehoben werden, danach ist eine Pause realistisch. Eine Vielzahl an Marktteilnehmern rechnet dann im zweiten Halbjahr zwar mit ersten Senkungen. Ich denke jedoch, dass das höhere Zinsniveau zumindest bis Jahresmitte 2024 andauern wird, da die Kernrate vor allem aufgrund der angespannten Lage am Arbeitsmarkt nicht allzu rasch sinken wird.
Kann sich Europas Peripherie, allen voran Italien, höhere Zinsen angesichts der enormen Schulden leisten? – Mit den steigenden Preisniveaus nehmen ja auch die
Steuereinnahmen, etwa über die Mehrwert- und Lohnsteuer, zu. Außerdem würden konsequente Zinsanhebungen zur Bekämpfung der Inflation das Vertrauen in den europäischen Markt für Staatsanleihen stärken. Dann sind in weiterer Folge Renditesenkungen wieder umso realistischer, ein Umstand, der die Refinanzierungskosten auch für die europäische Peripherie senken würde. Und das würden auch die Bondanleger honorieren.
Trotz hoher Inflation und steigender Zinsen Anfang der 1980er-Jahre knackte 1983 der Dow Jones – damit zu Beginn Ihrer Analystenlaufbahn – die Marke von 1.000 Punkten. Fürchten sich heute Aktionäre zu Unrecht vor höheren Zinsen? – Die Inflation wurde damals erfolgreich bekämpft und sank 1983 in den USA auf rund drei Prozent. Die Konjunktur erholte sich folglich, die Unternehmensgewinne legten
wieder kräftig zu. Grundsätzlich gilt: In Zeiten, in denen sich die Inflationsraten zwischen einem und drei Prozent bewegen, lassen sich meist die höchsten Aktienerträge lukrieren. Derzeit ist die Inflation höher, auch die Unternehmensgewinne 2023 werden höchstens zwischen zwei und fünf Prozent wachsen, aber danach wieder mehr zulegen.
Gibt es dennoch Chancen? – Während Wachstumsaktien im Vorjahr unter steigenden Zinsen gelitten hatten, verzeichneten Energiekonzerne starke Zuwächse. Das könnte sich heuer ändern, die Preise für Öl und Gas haben inzwischen markant korrigiert. Die Banken dürften aufgrund höherer Zinsen einen Rückgang beim Kreditwachstum verzeichnen. Demgegenüber könnten Industrietitel, etwa aus der Chemie- und Papierbranche, von den niedrigeren Energiekosten profitieren. Langlebige Konsumgüter dürften ebenfalls wieder vermehrt nachgefragt werden.
1985 verhalf US-Investor Jim Rogers der Wiener Börse zu einem Höhenflug. Braucht es heute einen neuen Katalysator? – Die Regierung sollte die Möglichkeit schaffen, mit Aktien steuerbegünstigt für die Pension vorzusorgen. Damit würden mehr Menschen zu Aktionären werden – ein Umstand, der letztendlich auch für die Wiener Börse eine wichtige Stütze wäre. n
„Bei Inflationsraten zwischen einem und drei Prozent lassen sich meist die höchsten Aktienerträge lukrieren.“
PETER BREZINSCHEKUrsache. „Auch die Klimaschutzmaßnahmen sind ein Treiber der Kerninflation“, sagt Peter Brezinschek. © BÖRSIANER/BRASCH
3 BANKEN WERTE GROWTH „WERTE DEFINIEREN – UND IN AUSGEWÄHLTE FONDS INVESTIEREN“
2 Fragen – 2 Antworten mit Stefan Habernig
Sie setzen innerhalb dieses Konzeptes nur auf ETFs – sogenannte Exchange Traded Funds? – Stefan Habernig: Der 3 Banken Werte Growth ist grundsätzlich eine globale Aktiendachfondsstrategie. Wir gehen in der Fonds-Selektion klar in die Tiefe, schauen uns auch die Einzelinvestments an und bauen dann ein konzentriertes Portfolio aus eher wenigen Fonds. Wir investieren nur in Produkte mit nachhaltiger Investmentpolitik. Trotz des relativ jungen Marktes an nachhaltigen ETF-Lösungen gibt es bereits ein sehr breites Angebot und viele thematische Zugänge – von Dekarbonisierung über Kreislaufwirtschaft bis hin zu Biodiversität.
Was war Ihre jüngste Allokationsänderung? – Der Fonds AXA IM Biodiversity hat das Ziel, mit den Sustainable Development Goals der UNO Nr. 6 (Sauberes Wasser und Sanitär-Einrichtungen), Nr. 12 (Nachhaltiger Konsum und Produktion), Nr. 14 (Leben unter Wasser) und Nr. 15 (Leben an Land) im Einklang zu sein. Dabei wählt dieser ETF einen aktiven Ansatz in der Titelselektion. Ziel ist es, die Biodiversität unseres Planeten zu schützen und für zukünftige Generationen zu erhalten.
MAG. STEFAN HABERNIG, CIIA Fondsmanagement, 3 Banken-Generali
STAMMDATEN
3 Banken Werte Growth
AT0000784889
DISCLAIMER:
Hierbei handelt es sich um eine unverbindliche Marketing-Mitteilung, welche ausschließlich der Information der Anleger dient und keinesfalls ein Angebot, eine Aufforderung oder eine Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Tausch von Anlage- oder anderen Produkten darstellt. Es handelt sich hierbei nicht um eine Finanzanalyse. Die getätigten Aussagen und Schlussfolgerungen sind unverbindlich und genereller Natur und berücksichtigen nicht die individuellen Bedürfnisse der Anleger hinsichtlich Ertrag, Risikobereitschaft, finanzieller und steuerlicher Situation. Eine Einzelberatung durch eine qualifizierte Fachperson ist notwendig und wird empfohlen. Vor einer eventuellen Entscheidung zum Erwerb von Anteilsscheinen des Fonds „3 Banken Werte Growth“ sollte das Basisinformationsblatt (BIB) iVm dem aktuellen Prospekt als alleinverbindliche Grundlage für den Kauf von Investmentfondsanteilen durchgelesen werden. Das Basisinformationsblatt (BIB) sowie der veröffentlichte Prospekt des „3 Banken Werte Growth“ in ihrer aktuellen Fassung stehen dem Interessenten in deutscher Sprache unter www.3bg.at sowie den Zahlstellen des Fonds zur Verfügung. Zu beachten ist, dass in der Vergangenheit erzielte Erträge keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Fonds zulassen. In der Wertentwicklung sind etwaige seitens der Vertriebsstellen verrechnete individuelle Kaufspesen sowie kundenspezifische Konto- und Depotgebühren nicht berücksichtigt. Das Nettovermögen kann aufgrund der Portfoliozusammensetzung oder der verwendeten Portfoliomanagementtechniken unter Umständen eine erhöhte Wertschwankung (Volatilität) aufweisen! Im Rahmen der Anlagepolitik investiert der 3 Banken Werte Growth hauptsächlich in Anteile an anderen Investmentfonds.
AKTIEN
Die Industrieländer kämpfen mit den Nachwirkungen höherer Zinssätze, erläutert Tilmann Galler, globaler Marktstratege bei JP Morgan Asset Management. Er meint weiters: „Solange der Gewinnrückgang bei den Unternehmen relativ moderat ist, erwarten wir, dass Anleger über kurzfristige Abwärtsrevisionen hinwegblicken. Substanz- und Dividendenwerte scheinen am besten positioniert.“ Bei der Kepler KAG habe man die Gewichtung von Aktien aus Emerging Markets zulasten von Aktien aus Industrieländern angehoben, ergänzt Investmentchef Uli Krämer. Das künftige KGV am MSCI-Weltindex liegt bei 15,5, am MSCI Europa bei 12,5 und am S&P 500 bei 17.
ANLEIHEN
Fraser Lundie, Leiter des Anleihebereichs bei Federated Hermes, schätzt die Aussichten für Anleihen positiv ein. Die Zentralbanken näherten sich dem Ende ihres Straffungsmodus, wobei die Inflation und die Leitzinsen nahe ihrem Höchststand sind oder ihn erreicht haben. Zudem seien die Anleihekurse nach der Korrektur im Vorjahr niedrig. Bevorzugt werden qualitative Anleihen, hybride Unternehmensanleihen, nachrangige Finanzwerte und strukturierte Kredite. Das Emittentenrisiko sollten Anleger im aktuellen Umfeld nicht unterschätzen, raten Experten. Mitte Februar lag die zehnjährige Rendite deutscher Bundesanleihen bei 2,35 Prozent, jene bei US-Staatsanleihen bei 3,7 Prozent.
ROHSTOFFE
Während im Jänner die Rohstoffpreise noch seitwärts tendierten, schickte ab Februar eine erhöhte Unsicherheit bezüglich weiterer US-Leitzinserhöhungen sowie der chinesischen Wirtschaftsentwicklung die Rohstoffpreise auf Talfahrt, so Ulrich Kater, Chefökonom der Deka Bank. Zuletzt gaben die Preise für Energie sowie für Edel- und Industriemetalle weiter nach. „Für den weiteren Jahresverlauf dürfte die von uns erwartete Konjunkturerholung zu einer stärkeren Rohstoffnachfrage führen und anhaltenden Preisrückgängen entgegenstehen.“ In einigen großen Wirtschaftsräumen wie China, den USA oder Europa dürfte die Konjunktur spätestens gegen Jahresmitte an Fahrt aufnehmen.
„Substanz- und Dividendenwerte scheinen am besten positioniert.“
TILMANN GALLER
„Die Zentralbanken nähern sich dem Ende ihres Straffungsmodus.“
Assetklassen im Rundblick
An den Finanzmärkten findet ein Paradigmenwechsel statt: Unternehmensgewinne dürften bescheidener ausfallen, Anleihen locken wieder mit höheren Renditen. Bei Immobilien ist Bescheidenheit angesagt.
TEXT RAJA KORINEKIMMOBILIEN
Wegen der raschen Zinsanhebungen sind die Kreditkosten explodiert, sagt Olivier de Berranger, CIO bei LFDE: „Die Immobilienbranche leidet unter den Folgen, insbesondere dort, wo die früheste und markanteste geldpolitische Straffung erfolgte: in den USA, Großbritannien und den nordischen Ländern Europas.“ Der Investmentmarkt verzeichnete angesichts der Zinswende im vierten Quartal 2022 rückläufige Transaktionsvolumina und stark steigende Anfangsrenditen, ergänzt Ulrich Kater, Chefökonom der Deka Bank. Im steigenden Zinsumfeld rechne man für 2023 mit weiter steigenden Ankaufsrenditen. Damit bleibt die Attraktivität von Immobilien gegenüber risikofreien Assets gewahrt, so Kater.
KRYPTO-ASSETS
Im November 2022 wurde die Pleite der US-Kryptobörse FTX bekannt, die Schockwellen wurden auch bei Bitcoin sichtbar, wenngleich sich der Kurs erholt hat. „2023 dürfte ein deutlich freundlicheres Jahr für Risky Assets werden. Die Belastungsfaktoren, die Kryptomärkte unter Druck brachten, sollten an Dynamik verlieren, wenngleich sie sich noch nicht gänzlich auflösen werden“, erklärt Manuel Schleifer, Analyst bei Raiffeisen Research.
Fundamental stünden die Chancen gut, dass Bitcoin und Co auf Jahressicht ein Kursplus ausweisen. Bisherige Kursgewinne fielen jedoch bereits akzentuiert aus, ein kurzfristig auftretender Gegenwind sei möglich.
ALTERNATIVES
Im laufenden Jahr dürften laut Kier Boley, Alternative-Investment-Experte der Union Bancaire Privee, die meisten Hedgefonds-Strategien von besseren Rahmenbedingungen profitieren. Die größere Divergenz beispielsweise zwischen Gewinnern und Verlierern bei Unternehmen eröffne Kier Boley zufolge mehr Chancen. Damit kann zum Beispiel Potenzial bei Long-Short-AktienStrategien genutzt werden. Ein überdurchschnittlich hohes Potenzial sieht Boley bei stark auf Diversifikation ausgerichteten Makro- und Rohstoffstrategien.
„Die Attraktivität von Immobilien bleibt gewahrt.“ULRICH KATER
„Makro- und Rohstoffstrategien mit überdurchschnittlichem Potenzial.“KIER BOLEY Details. Eine Mitarbeiterin der Wiener Börse hat die Kurse im Blick.
Christoph von Bonin
„Der Zins ist zurück“
VITA CHRISTOPH VON BONIN Investment Officer LLB Invest KAGSchon während des Studiums der Agrarökonomie entdeckte Christoph von Bonin seine Leidenschaft für die Finanzbranche: 1995 heuerte der passionierte Fischer und Jäger zunächst bei der Benchmark Capital Management als Riskmanager an. Nach einigen weiteren beruflichen Stationen ist von Bonin seit Oktober 2018 nunmehr Geschäftsführer und Chief Investment Officer der LLB Invest KAG und verantwortet die Investmentfonds- sowie die Vermögensverwaltung der Liechtensteinischen Landesbank Österreich AG.
INTERVIEW RAJA KORINEKHerr von Bonin, Anleihen verzeichneten 2022 schwere Kurskorrekturen. Wie nutzten Sie die Entwicklung im ausgewogenen Musterportfolio, bei dem langfristig 50 Prozent in Bondfonds investiert werden? –Christoph von Bonin: Aufgrund der niedrigen Verzinsung lag die Anleihegewichtung lange Zeit darunter. Vergangenen November stockten wir erstmals wieder ein wenig vor allem bei Euro-Staatsanleihen, Pfandbriefen und Unternehmensanleihen aus dem oberen Bonitätssegment auf. Im Schnitt liegt die Rendite unserer gesamten Anleihequote bei rund 3,5 Prozent.
Ist das Schlimmste an den Bondmärkten ausgestanden? – Der Großteil der Zinsanhebungen dürfte vor allem in den USA hinter uns liegen, die Inflation schwächt sich allmählich ab. Dennoch sind kurzfristig weitere Kursrücksetzer möglich, da viele Anleihekurse seit Jahresbeginn ein gutes Stück zugelegt haben. Dann würden wir sogar weiter aufstocken. Solide Schuldner sollten sich als sinnvolle Diversifizie-
Eine Portfoliobeimischung mit Anleihen lohnt sich wieder, sagt Christoph von Bonin.
rung wieder eignen, sprich in turbulenten Marktzeiten an Wert gewinnen.
Wie sieht es mit risikoreicheren Bondklassen aus? – Auch in den Emerging Markets nutzten wir Chancen, wobei die Schwellenländer-Fonds im Portfolio in Hartund Lokalwährungsanleihen breitgestreut investieren. Die Anleihen sind derzeit interessant bewertet, die Regionen könnten zudem vom Ende der NullCovid-Politik in China profitieren. Unternehmensanleihen mit schwacher Bonität kaufen wir derzeit nicht. Die globale Wirtschaft dürfte sich abschwächen, selbst eine Rezession ist nicht ausgeschlossen. In solch einem Umfeld nehmen Zahlungsausfälle zu. Sollten sich die Konjunkturaussichten hingegen aufhellen, stocken wir lieber bei Aktien auf.
Das Musterportfolio ist ein klein wenig in US-Staatsanleihefonds investiert. Manch ein Analyst rechnet mit einem weiteren Anstieg des Euro zum US-Dollar. Grund zur Sorge? –Tatsächlich ist die US-Notenbank mit ihren Zinsanhebungen weiter fortgeschritten als die EZB, weshalb weitere größere Schritte in der Eurozone erwartet werden. Angesichts solch einer Perspektive hat der US-Dollar zuletzt korrigiert und sank Mitte Februar auf die Marke von rund 1,07
ser US-Staatsanleiheinvestments ohnedies zum Euro abgesichert.
Was steckt dahinter? – Den aktuellen Zinsvorteil mit einer US-Dollaranlage lukriert man dann freilich nicht. Jedoch ist der Anstieg der Zinsen bei den US-Staatsanleihen bereits weiter fortgeschritten als bei Staatsanleihen der Eurozone. Diese Position dient somit rein als besonders solides Sicherheitspolster, da wir hier bei Marktturbulenzen größeres positives Kurspotenzial sehen.
Im Aktienteil nehmen US-Titel die größte regionale Gewichtung ein. Was stimmt Sie zuversichtlich? – Wenn es auf den Aktienmärkten aufwärts geht, legen die Aktienmärkte jenseits des Atlantiks meistens stärker zu als die europäischen Pendants, wenngleich es Ausnahmen gibt. Europaaktien hielten sich im Vorjahr besser als befürchtet, zumal die Gaspreise wieder stark nachgaben.
Und worin sehen Sie die größten Risiken vor allem für die Aktienmärkte? – Paradoxerweise in einer möglichen kräftigen Wirtschaftserholung. Dann würden Marktteilnehmer damit rechnen, dass die Inflation weiter steigen könnte und die Zinsanhebungen länger als erwartet an-
44,00 % Aktien
39,10 % Anleihen
10,80 % Alternative Investments
6,10 % Cash
AKTIEN
18,80 % USA
18,30 % Global
3,30 % Japan
2,30 % Emerging Markets
1,30 % Europa
ANLEIHEN
30,10 % Investment-Grade
5,00 % Wandelanleihen
4,00 % Schwellenländer
ALT. INVESTMENTS
3,80 % Long-Short-Strategien
2,00 % Flexibler Mischfonds global
2,00 % Trendfolger
2 ,00% Rohstoffe
1,00 % Volatilitätshandel
QUELLE: LLB, PORTFOLIO „AUSGEWOGEN“
Strategien mit Zertifikaten
Manch eine Strategie lässt sich im aktuellen Umfeld mit Zertifikaten zielgenau abdecken. Die Möglichkeiten reichen von speziellen Nachhaltigkeitsthemen bis hin zum Inflationsschutz oder Garantiezertifikaten. Der „Börsianer“ hat drei Investmentideen identifiziert.
NACHHALTIGKEIT –Kampf den Müllbergen
Die Bevölkerung wächst weltweit, die Urbanisierung schreitet vor allem in den Schwellenländern zügig voran. Damit nehmen die globalen Müllberge zu, ein Umstand, für den es dringend Lösungen braucht. Inzwischen bringen sich viele Regierungen ein. In der EU wurde 2020 der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft verabschiedet, der verpflichtende RecyclingQuoten in den Mitgliedsstaaten vorschreibt. Auch die Privatwirtschaft ist gefordert, wobei immer mehr Unternehmen in der Abfallwirtschaft mitmischen. Anleger können dabei auf einen Aktienkorb mit dem Zertifikat auf den SGI Global Waste Management CNTR Index der Societe Generale (DE000SQ7VXM7) setzen. Ausgewählt werden jene Unternehmen, die mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes oder des Nettoertrags mit Abfallbewirtschaftungsaktivitäten erzielen. Der Index kann zudem bis zu 50 Aktien enthalten. Zu den größten Positionen zählt Waste Connections, ein USEntsorgungsunternehmen mit Börsennotiz in Kanada. Konkurrent Waste Management aus den USA zählt ebenso dazu wie Veolia aus Frankreich.
GASTKOMMENTAR
Die Krux mit dem Kohlenstoff
Ob Regulierung oder Ratings, wir haben gelernt, dass es vor allem auf die Daten und auf deren Qualität ankommt. Viele grüne Investments sind heute auf Unternehmen und Sektoren ausgerichtet, die in Bezug auf ihre Scope-1- und Scope-2-Emissionen kohlenstoffeffizient sind. Das bedeutet, dass ihre direkten und indirekten Emissionen bei der Herstellung der Produkte und/oder Dienst-
leistungen berücksichtigt werden. Entscheidend sind aber die weitergefassten Scope-3-Emissionen. Diese hängen wie Scope 2 indirekt mit den Aktivitäten des Unternehmens zusammen. Beispiele sind der Pendlerverkehr der Mitarbeiter oder die Verwendung verkaufter Produkte. Entsprechend schwer sind Scope3-Emissionen zu messen. Die Ermittlung indirekter Emissionen inklusive der da-
Mike Judith Head of International Sales & Client Portfolio Management DNB Asset Managementmit verbundenen Wertschöpfungskette ist teuer und zeitaufwendig. Die Gefahr, dass Fondsmanager nur über Emissionen berichten, die sich leicht(er) messen lassen, ist gegeben. Die Nichtberücksichtigung der anderen kann dazu führen, dass Übergangsrisiken der betreffenden Unternehmen unterschätzt, Mittel fehlalloziert und die Gültigkeit von „grünen“ Profilen zu Recht infrage gestellt werden.
INFLATIONSSCHUTZ – Strategie gegen die Entwertung
Die Inflation ist in den USA und in der Eurozone zuletzt weniger stark gestiegen. Im Jänner erreichte die Inflation im Jahresvergleich dennoch 8,5 Prozent in der Eurozone. Chancen, vom steigenden Verbraucherpreisindex zu profitieren bietet die Raiffeisen Bank International AG mit dem Europa Inflations Bonus&Sicherheit 15 Zertifikat (AT0000A32513). Das Produkt bezieht sich auf den Euro Stoxx 50. Anleger erhalten jährlich 2,3 Prozent zuzüglich der Euroraum-Inflationsrate. Getilgt wird am 16. Februar 2026 zu 100 Prozent des Nominalbetrags, wenn der tägliche Schlusskurs des Euro Stoxx 50 während der Laufzeit über der Barriere von 49 Prozent des Startwerts (4.238,76 Punkte) notiert.
Wird die Barriere berührt oder unterschritten, erfolgt die Auszahlung entsprechend der Wertentwicklung des Basiswerts. Einzig über den Startwert hinaus nehmen Anleger nicht teil.
AKTIEN MIT GARANTIE – Auf Nummer sicher gehen
In den vergangenen Jahren haben sich mehrere Megatrends etabliert. Der Solactive Erste Future Invest Index setzt auf fünf, zu denen Gesundheit, Saubere Energie und Robotik zählen. Sie werden mit iShares-ETF abgedeckt. Je nach Marktlage kann in Geldmarkt-ETF umgeschichtet werden. Der Index ist Grundlage der „1,80 % Erste Future Invest Garant (II) 22-30“-Anleihe der Erste Group Bank AG (AT0000A303L7) mit einem fixen Zinsertrag von 1,80 Prozent p. a. und einer Laufzeit von acht Jahren. Die Rückzahlung am Laufzeitende erfolgt in Abhängigkeit von der Wertentwicklung des Solactive Erste Future Invest Index, wobei der Startwert bei 106,88 Punkten liegt. Bei einer positiven Wertentwicklung des Index über diesen Wert wird zusätzlich zum Nennbetrag von 1.000 Euro je Zertifikat die Wertentwicklung des Index ausbezahlt. Verliert der Index bis Laufzeitende an Wert, werden 100 Prozent des Nennbetrags zurückgezahlt.
13,7 Milliarden Euro in Zertifikaten geparkt
Markt. Der Zertifikatemarkt in Österreich hat im vergangenen Jahr in nahezu allen Monaten Nettomittelzuflüsse verzeichnet, berichtete das Zertifikate Forum Austria Ende Jänner 2023. Insgesamt wurden 3,6 Milliarden Euro in Zertifikaten umgesetzt, Privatanleger hatten Ende 2022 13,7 Milliarden Euro in Zertifikaten investiert, im Jänner stieg das Volumen auf 14,2 Milli-
arden Euro. Seit 2022 gibt es nach einer mehrjährigen Durststrecke wegen der nun wieder gestiegenen Zinsen Produktangebote mit Kapitalschutz, zuletzt waren vor allem Zinsprodukte mit einem Plus von zwölf Prozent nachgefragt. Die Mitglieder des ZFA sind die Erste Group Bank AG, die Raiffeisen Bank International AG, die Unicredit Bank Austria AG sowie Vontobel.
Sparen wird belohnt
Das Geldparken lohnt sich angesichts steigender Zinsen wieder.
Die EZB hat auf ihrer jüngsten Sitzung eine weitere Erhöhung im März um 0,50 Prozent angekündigt, und wir gehen davon aus, dass sie danach vorerst abwarten wird“, so Bernd Fislage, Chief Executive Officer bei Kommunalkredit Austria AG. Wie weit die EZB mit den Zinsen letztendlich hinaufgeht, könne man noch nicht abschätzen, ergänzt Olaf Peter Poenisch, Vorstandsvorsitzender der Santander Con-
sumer Bank Österreich. Poenisch erläutert: „Was die Sparzinsen in Österreich betrifft, beobachten wir, dass die jüngsten EZB-Zinserhöhungen nur noch teilweise und hier vor allem bei Festgeldangeboten ihren Niederschlag fanden.“ Bei der Kommunalkredit Austria rechnet man damit, dass sich die Zinsen für gebundene Spareinlagen auf einem Niveau von zwei bis 2,5 Prozent einpendeln werden.
2,00 %*
Top 3 Tagesgeld Top 3 24-Monate-Bindung
Die deutsche Consorsbank bietet 2,10 Prozent per annum auf Tagesgeld für Neukunden.
Die Bigbank aus Estland bietet drei Prozent per annum, auch hier gibt es Zinsen.
Licht am Ende des Tunnels
Laut der jüngsten Umfrage von Fidelity International erwartet etwas mehr als die Hälfte der Analysten eine Wende zum Besseren.
UMFRAGE. In seiner jährlichen Umfrage ermittelt Fidelity International die Einschätzungen seiner Analysten. Dabei werden Informationen aus rund 15.000 Interaktionen mit Firmen gesammelt. Derzeit sind 60 Prozent überzeugt, dass sich ihre Branchen in einem Abschwung, in einer leichten oder schwereren Rezession befinden. Zudem erwarten die Analysten in den nächsten zwölf Monaten mehr Zahlungsausfälle. Die
zuletzt gestiegenen Ausschüttungen an die Aktionäre dürften ebenso zurückgehen wie Fusionen und Übernahmen. Rund drei Viertel geben an, dass für die Unternehmenslenker bis auf weiteres Kostensenkungen und das Ankurbeln des Umsatzes im Vordergrund stehen statt Investitionen. Etwas mehr als die Hälfte geht auch davon aus, dass sich die Konjunkturlage Ende 2023 zum Besseren wendet.
Vorsorgeprodukt
UMFRAGE. 247 Euro pro Monat werden österreichweit für die Pensions- und Gesundheitsvorsorge aufgewendet. Das ergab eine repräsentative Umfrage von IMAS Austria im Auftrag von Erste Bank Österreich, Sparkassen und der Wiener Städtischen Versicherung AG. „In der Altersvorsorge hat die expansive Geldpolitik der EZB in der letzten Dekade den Sparern sowie Vorsorgewilligen einiges abverlangt. Doch diese Phase ist jetzt vorbei, die Zinswende sollte hier eine Trendwende bringen“, sagt Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung AG.
Vorgesorgt wird für Krisenfälle (71 Prozent), Gesundheit (65 Prozent), Familie (63 Prozent) und für die Pension (61 Prozent). Von den online befragten 1.000 Personen zwischen 16 und 65 Jahren will jeder Siebente in Zukunft noch mehr Geld in die private finanzielle Vorsorge investieren. Die besten drei Produkte sind nach wie vor das Sparbuch, gefolgt von der Lebensversicherung und dem Bausparvertrag. Jeder Zweite will nachhaltig vorsorgen.
Das Sparbuch als liebstes