zek Hydro - Ausgabe 2 - 2021

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APRIL 2021

Verlagspostamt: 5450 Werfen · P.b.b. „03Z035382 M“ – 19. Jahrgang

Fachmagazin für Wasserkraft

Foto: S.K.M.

HYDRO

OPTIMIE RTE LÖSUNGEN FÜR KLEINWASSERKRAFT

ANDRITZ ist der weltweit führende Anbieter von Produkten und Services für Kleinwasserkraftwerke und liefert, basierend auf vordefinierten Modulen, das gesamte Spektrum der elektromechanischen Ausrüstung zur Unter-

stützung des gesamten Lebenszyklus eines Wasserkraftwerks – „from waterto-wire“. Wir bieten optimierte Lösungen für alle Arten von Kleinwasserkraftwerken, bis zu einer Leistung von 30MW pro Einheit. In über 30 Jahren hat

ANDRITZ Hydro mehr als 3.000 Maschinensätze mit einer Gesamtkapazität von fast 10.000 MW geliefert. Pro Jahr setzt ANDRITZ Hydro an die 100 Anlagen weltweit in Betrieb, die nachhaltig saubere Energie produzieren.

Schwerpunktthema Wehrsanierungen Mehr Ökostrom aus dem Kärntner Liesertal Steyr-Kraftwerk Haunoldmühle rundumerneuert ANDRITZ HYDRO GmbH ⁄ Escher-Wyss-Weg 1 / 88212 Ravensburg Tel: + 49 (751) 295 11-0 / www.andritz.com/hydro-de

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Neue Technik für Traditionskraftwerk im Lorzentobel

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HYDRO

Zur Sache

WAS WIR AUS DEM PANDEMIEJAHR MITNEHMEN KÖNNEN

M

itte März war es ein Jahr her, dass die WHO die COVID-19-Pandemie offiziell ausgerufen hat. Hinter uns liegt ein Jahr mit vielen Veränderungen, die allermeisten zum Schlechten. Wirtschaftlich hat es auch Unternehmen aus dem Wasserkraftsektor getroffen, das eine mehr, das andere etwas weniger. Konfrontiert mit den massiven Reise- und Mobilitätseinschränkungen, Problemen mit Sublieferanten, aufwändigen Testprogrammen und dem natürlich omnipräsenten Schutz vor Ansteckung, waren Tugenden wie Stehvermögen, Hart­ näckigkeit und Gelassenheit gefragt. Aber – und dies vor alledem – brauchte und braucht es Kreativität und Flexibilität. Nur wer sich anpasst und wer die besten Ideen und Lösung mitbringt, hat in Krisenzeiten die nötigen Vorteile auf seiner Seite. Hat die Pandemie zu Verzögerungen geführt? Vielerorts war das der Fall, ja, aber dass damit Qualitätsverluste verbunden gewesen wären – Fehlanzeige. Davon zeugen mittlerweile eine Menge erfolgreich umgesetzter Projekte in diesem denkwürdigen Jahr. Die positive Seite der Krise ist nicht leicht auszumachen, aber es gibt sie – ohne Zweifel. Die Erkenntnis, dass man nicht zu jeder Teamsitzung nach München, Oslo oder Lissabon fliegen muss, wird bleiben. Fast alles lässt sich in Online-Konferenzen ebenso gut besprechen. Die astronomischen Wertzuwächse der Technologie-Anbieter von Video-Konferenzen sind der beste Beleg dafür. Ebenso bleiben wird die Option des „Remote-Controlling“, also einer gewissen Steuerungsmöglichkeit aus der Ferne. Gewiss, hier stößt man an Grenzen. Dennoch lässt sich mit gutem Willen, der bereits angeführten Flexibilität und Know-how doch einiges erreichen, wie einige Firmen bestätigt haben. Die Medaille hat auch im Fall von Corona zwei Seiten, auch wenn die Stimmung durch die allgemeine Corona-Müdigkeit getrübt ist. Die alte Realität, wie wir sie kannten, wird einer neuen Realität weichen. Einer Realität, in der wir dank Impfstoff auf alte Freiheiten hoffen dürfen. Mit den ersten warmen Frühlingstagen und der Ankündigung größerer Vakzin-Mengen keimt die Hoffnung auf, dass auch wieder persönliche Kontakte möglich werden. Die sind – und auch das hat das abgelaufene Covid-Jahr gezeigt – für uns Menschen nicht zu ersetzen. Daher ist die Vorfreude auch berechtigt groß, wenn derzeit wieder Vorbereitungen für schmerzlich vermisste Veranstaltungen im Herbst 2021 laufen. Abschließend möchte ich mich wieder bei allen bedanken, die am Entstehen der vorliegenden Ausgabe mitgeholfen haben. Ich darf Ihnen, liebe(r) Leser(in) eine gute Zeit mit der neuen zek HYDRO wünschen. Ihr Mag. Roland Gruber (Herausgeber)

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INNOVATIONEN FÜR EINE NACHHALTIGE ZUKUNFT

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HYDRO

Inhalt

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KW KREMSBRÜCKE UST.

16 KW OBERE LORZE

20 KW MONTENEGRO

22 KW HAUNOLDMÜHLE

Aktuell

Standpunkt

Projekte

06 Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

10 Heiliger St. Florian – verschon mein Haus … KOLUMNE PELIKAN

26 Giswil erzeugt mit Trinkwasser dreimal Ökostrom TWKW PÖRTER ERWEITERUNG

Projekte

28 Energie AG verdreifacht Leistung von Kraftwerk in Vöcklabruck KW DÜRNAU

11 Kraftwerksgesellschaft schließt Nutzungslücke an der Lieser KW KREMSBRÜCKE UST. 16 Erfolgreiche Sanierung für Kraftwerks-Oldtimer KW OBERE LORZE ZENTR. 3 20 Neue Kraftwerke stärken Versorg ungsinfrastruktur in Montenegro UMSKI POTOK & STITSKA RIJEKA 03 Editorial 04 Inhalt 06 Impressum

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22 Verjüngungskur für Traditions kraftwerk an der Steyr KW HAUNOLDMÜHLE

29 Französisches Kraftwerk in Rekordzeit ans Netz gebracht KW HAUT BENS

Jubiläum 32 Koncar-Group – ein Jahrhundert voller Innovation und Top-Leistung FIRMENJUBILÄUM

Technik 34 Perfektes Zusammenspiel zwischen Schreitbagger und PAO-Fluid HOCHLEISTUNGSÖLE

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Inhalt

KW HAUT BENS

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VISUALISIERUNG

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KW HOCHWUHR

Projekte

Hochwasserschutz

35 Leistungssprung für Salzburger Kleinkraftwerk dank Top-Technik KW MIDERING

46 Hochwasserschutz für das Zeller Becken auf der Zielgeraden HOCHWASSERSCHUTZ

Veranstaltung

Schwerpunkt

38 Vorbereitungen für Fach tagung nehmen Fahrt auf RENEXPO INTERHYDRO 21

49 Stahlpanzerung für das Tosbecken von Feldkircher Kraftwerk TOSBECKEN HOCHWUHR

Technik

54 Stahlwasserbau-Spezialist stellt Know-how unter Beweis WEHRSANIERUNG

39 Die essentielle Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine VISUALISIERUNGSSYSTEME

Ökologie 42 Ökologische Durchgängigkeit mit Hydro-Fischliften hergestellt FISCHLIFT BALDENEYSEE

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INTERVIEW

64

zek HYDRO 02/2021

Amiblu U2 Siemens U3 Andritz Hydro U4 Auma 8 Baumann Hydrotec 45 BHM Ingenieure 10 Bilfinger Industrial Services 59 Braun Maschinenfabrik 55 Danner Wasserkraft 51 Fürstauer Bau 14 Geotrade 9 Geppert Hydropower 14 Gugler Water Turbines 31 Hitzinger 37 Hydro-Energie Roth 45 ILF Consulting Engineers 52 Jank Hydropower 48 Kelag 15 Kobel Elektrotechnik 27 Koncar 33 Künz 3 M+G Ingenieure 53 Ossberger 8 S.K.M. Kraftwerksbau 25 Sodian Group 52 Spaans Babcock 24 TRM 7 Verteilnetz Forum 66 Wiegert & Bähr 63 Wild Metal 12 ZT-Fritsch 23

56 Bilfinger macht Traditions kraftwerke zukunftsfit WEHRSANIERUNG 60 100-Jährige mit moderner Tech nik wieder in Schuss gebracht WEHRSANIERUNG

Interview 64 „Die Zeit für unsere Zielerreichung ist knapp“ INTERVIEW M. STRUGL

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NEUER VERKAUFSLEITER FÜR WASSERKRAFT-ALLROUNDER TROYER AG Mit Jahresbeginn wurde Fabiano Bressan, einer der zwei Söhne von Senior-Chefin Maria Luise Troyer, zum neuem Verkaufsleiter des Südtiroler Wasserkraft-Unternehmens Troyer AG ernannt. Fabiano Bressan, arbeitet seit 12 Jahren bei Troyer und hat in dieser Zeit Erfahrungen in verschiedenen Bereichen des Unternehmens gesammelt, vom Einkauf über das Projektmanagement bis zur technischen Geschäftsführung. Seit dem 1. Januar ist er nun Leiter des Verkaufs. Zusammen mit seinem Cousin Norbert Troyer betreuen sie die Kunden des Unternehmens vom ersten Kontakt bis zur Inbetriebnahme der Anlagen.

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HERAUSGEBER

Mag. Roland Gruber

PSKW Reißeck

Foto: VERBUND

VERLAG

Die beiden Speicher sind hydraulisch miteinander verbunden, wobei der Kleine Mühldorfer See etwa 80 Meter höher liegt als der Große Mühldorfer See. Der Höhenunterschied wird nun hydroelektrisch genutzt.

Mag. Roland Gruber e.U. zek Verlag Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at ­­CHEFREDAKTION

Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-115 05 70 REDAKTION

Mag. Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-22 82 323 MARKETING

Mario Kogler, BA, mk@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664- 240 67 74

Foto: VERBUND

GESTALTUNG

Das Kraftwerksprojekt Limberg III wurde 2017 genehmigt. Es handelt sich dabei um ein Pumpspeicherkraftwerk mit einer Leistung von 480 Megawatt.

Mag. Roland Gruber e.U. zek Verlag Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at UMSCHLAG-GESTALTUNG

MEDIA DESIGN: RIZNER.AT Stabauergasse 5, A-5020 Salzburg Tel.: +43 (0)662/8746 74 E-Mail: m.maier@rizner.at DRUCK

Druckerei Roser Mayrwiesstraße 23, 5300 Hallwang Tel.: +43 (0)662-6617 37 VERLAGSPOSTAMT

Foto: BKW

MODERNISIERUNG MACHT KW SANETSCH BEREIT FÜR AUTONOMEN BETRIEB Die BKW hat das Wasserkraftwerk Sanetsch in Innergsteig (Kanton Wallis) für rund 3 Millionen Franken erneuert und digitalisiert. Die neuen Steuerungselemente erlauben einen größtenteils autonomen Betrieb des Kraftwerks. Störungen lassen sich zudem nun auch aus der Ferne beheben. Der Einbau der neuen Leittechnik und Steuerung ist ein wichtiger Schritt in der Digitalisierung der Anlage. Das Kraftwerk Sanetsch produziert jährlich rund 37 Gigawattstunden.

Impressum

A-5450 Werfen GRUNDLEGENDE RICHTLINIEN

zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich.

Von Oktober 2020 bis Ende Februar 2021 stand das Wasserkraftwerk Sanetsch für die Umbauarbeiten still. Seit kurzem sind die neue Leittechnik und die Steuerung nun in Betrieb.

ABOPREIS

Österreich: Euro 73,00, Ausland: Euro 84,00 inklusive Mehrwertsteuer zek HYDRO erscheint 6x im Jahr. Auflage: 10.800 Stück

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Foto: Troyer AG

VERBUND INVESTIERT IN GROSSEM STIL IN DIE ENERGIEZUKUNFT Erst unlängst kündigte VERBUND an, mehr als eine halbe Milliarde Euro in den Bau der Pumpspeicherprojekte Limberg III (Kaprun, Salzburg) und Reißeck II+ (Reißeck, Kärnten) zu investieren. Neben der besonderen energiewirtschaftlichen Bedeutung für eine nachhaltige und sichere Stromversorgung bedeutet die Projektumsetzung auch einen gewaltigen Schub für die heimische Wirtschaft, um die COVID-19-bedingte Wirtschaftskrise zu überwinden. VERBUND-CEO Michael Strugl betont: „Das Vorhandensein von großen flexiblen Pumpspeicherkraftwerken ist fundamental für das Gelingen der Energiewende in Richtung einer CO2-freien Stromversorgung. Diese Anlagen sind es, die die Integration von Strom aus volatilen Erzeugungsformen wie Wind und Sonne überhaupt erst möglich machen. Mit der Stärkung unserer bestehenden grünen Batterien in den Alpen leisten wir als VERBUND dazu einen wichtigen Beitrag. Pumpspeicher sind und bleiben bis auf Weiteres die mit Abstand effizienteste Form, um Strom im großen Stil sauber zu speichern und in kürzester Zeit für Bedarfsspitzen vorzuhalten.“ Zwei Drittel der Investitionen der Elektrizitätswirtschaft verbleiben als Wertschöpfung in Österreich.

Aktuell

Seit 1. Januar 2021 hat Fabiano Bressan die Funktion des Verkaufsleiters bei Troyer AG übernommen.

Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet

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Foto: VEGAMET

Aktuell

Zwar erfordert jedes Kundenprojekt eine individuelle Lösung – das notwendige Zubehör ist dabei aber oft dasselbe. Es sind Details, die eine Anwendung erst richtig komfortabel machen.

ANZEIGE- UND STEUERGERÄTE VEGAMET ZUR ÜBERSICHTLICHEN KONTROLLE DER PROZESSZUSTÄNDE Industrielle Prozesse, ob in der Wasser- und Abwasser- oder Baustoffindustrie, lassen sich besonders gut mit großen Displays und Ampel-Warnsystem darstellen. Diese helfen, auch komplexe Abläufe schnell zu erfassen und den Überblick zu behalten. Mit einer neuen Generation an Steuergeräten von VEGA wird die Füllstand- und Druckmessung jetzt noch einfacher und übersichtlicher. Die VEGAMET-Serien sind gemacht für beste Sichtbarkeit und für sofortige Einsatzbereitschaft. „Ganz gleich, ob die Geräte am Ende im Schaltschrank, auf der Schalttafel oder direkt im Feld installiert werden sollen, wir bieten die passende Bauform an“, macht VEGA-Produktmanager Ralf Höll deutlich. Mit dem kontraststarken Display stehen alle Optionen zur übersichtlichen Visualisierung von Messdaten zur Verfügung. Die im Verhältnis zur kleinen Bauform besonders große Display-Diagonale schafft verlässlichen Überblick – selbst aus der Ferne und auch bei hellem Tageslicht. Noch mehr Unabhängigkeit bietet die Möglichkeit, die Steuergeräte per Bluetooth via Smartphone oder Tablet zu bedienen. So lassen sich Geräte auch aus der Ferne bequem parametrieren und Messwerte außerhalb von Gefahrenzonen überwachen. Die Aufgabenstellungen für Steuergeräte haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Entsprechend viel Leistung ist in den drei möglichen Gehäuseausführungen untergebracht. Neben der Datenerfassung, -visualisierung und -speicherung müssen die Geräte heute Messwerte und Historien zu jeder Zeit und an jedem Ort bereitstellen. Mit ihrer Vielzahl an Funktionen qualifizieren sich die VEGAMET-Serien 140, 340 und 800 auch für komplexe Aufgaben wie Pumpensteuerungen, Durchflussmessungen, Summenzähler, Datenlogger oder Differenz-, Summen- und Mittelwertberechnungen. Die vielfältigen Funktionen lassen sich sehr einfach und schnell mittels grafischen Anwendungsassistenten via Smartphone/Tablet einstellen. „Einfachheit und spürbare Effizienz sind uns sehr wichtig. Das beginnt mit Montage, Anschluss und Inbetriebnahme und zieht sich durch bis zum Betrieb“, ergänzt Ralf Höll.

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Aktuell

Fotos: ETH Zürich

Nähere Infos zur Fachtagung am 26. August „Schwebstoffe, hydro-abrasiver Verschleiß und Wirkungsgradänderungen an Pelton-Turbinen“ in Naters /Brig unter: https://vaw.ethz.ch/veranstaltungen/veranstaltungen.html

An Wasserkraftanlagen können Schwebstoffe Abrasionsschäden verursachen, welche zu Wirkungsgradminderung und Produktionseinbußen sowie erhöhten Betriebskosten führen.

AUMA TAUCHT AB Elektrische Stellantriebe für den dauerhaften Unterwassereinsatz AUMA Geräte bewähren sich seit Jahrzehnten in allen Klimazonen und beweisen dort ihre Robustheit - im eiskalten Sibirien, in der heißen und trockenen Sahara oder in der korrosiven Atmosphäre von Offshore Einsätzen. In der Unterwasser-Ausführung sind sie dauerhaft überflutbar, beispielsweise in langzeitig gefluteten Schächten oder permanent unter Wasser, wie bei Stauwerken von Wasserkraftwerken.

ETH ZÜRICH & HOCHSCHULE LUZERN LADEN ENDE AUGUST ZU FACHTAGUNG In einem interdisziplinären Forschungsprojekt der ETH Zürich und der Hochschule Luzern wurden am Kraftwerk Fieschertal (Gommer­ kraft­werke AG) seit 2012 das Schwebstoffaufkommen im Triebwasser, das Ausmaß der Schäden an den Laufrädern und die damit einhergehenden Wirkungsgradabnahmen über neun Jahren untersucht. Zum Abschluss des Forschungsprojekts werden die verwendeten Methoden und die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen einer Fachtagung präsentiert. Stattfinden wird die hochkarätig besetzte Veranstaltung am 26. August 2021 im World Nature Forum in Naters / Brig im Kanton Wallis. Die Tagung soll als Grundlage für Optimierungen an weiteren Wasserkraftanlagen dienen und zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und der Energieeffizienz bei der Nutzung der Wasserkraft beitragen. Behandelt werden die Themen „Methoden für das Echtzeit-Schwebstoffmonitoring (Konzentration und Partikelgröße)“, „Vermessung der Abrasion­an den Laufradbechern, Schichtdickenmessungen“, „Wirkungsgradänderungen basierend auf Sliding Needle-Messungen und kontinuierlichem Monitoring“ und „Option kurzzeitiger Turbinenabschaltungen während hohem Schwebstoffaufkommen (z.B. bei Hochwasser)“. Falls der Anlass im Hochsommer nicht vor Ort stattfinden kann, wird die Tagung online abgehalten.

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Verkehr

Kraftwerke Industrie

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Öffentliche Auftraggeber

Wasserkraft Wärmekraft Biomasse

Foto: Pelikan

Sonderprojekte

Liebe Lesende, gestatten Sie mir bitte heute einen Ausflug – etwas von der Kleinwasserkraft entfernt aber nicht minder wichtig. Schon seit einigen Jahren spricht man nicht nur über das E-Auto, sondern einige fahren auch schon damit. Der kritische Geist stellt sich gerne die immer und allzeit berechtigte Frage: „cui bono“ oder „wem nützt es“? Eine einfache Antwort darauf: dem der am lautesten die Werbetrommel rührt – und das ist die Autoindustrie. Ich verstehe schon sehr gut, dass Akteure eines weitgehend gesättigten Marktes sich voll Wonne auf einen neuen erfolgversprechenden Markt stürzen und diesen heftig bearbeiten. Die politische Unterstützung, sowohl verbal als auch monetär, ist ihnen sicher. Das Hauptargument dieser unheiligen Allianz von Wirtschaft und Politik ist die hochgelobte Umweltfreundlichkeit eines E-Autos, die zu hinterfragen wahrscheinlich schon einem Aufruhr gleichkommt. Ich werde es trotzdem machen. Sowohl in Werbeprospekten als auch in politischen Stellungnahmen wird von der CO2-Neutralität und der großartigen Umweltfreundlichkeit des E-Autos geschwärmt. Das ist jedoch nichts anderes als eine Marketing-Lüge oder schmerzhafte Inkompetenz, die in der Politik ja bisweilen zutage tritt. Zum Thema Batterie: Kommt niemand auf die Idee zu fragen, wo die Rohmaterialien wie z.B. seltene Metalle und seltene Erden herkommen? Unter welchen Arbeits- und Umweltbedingungen werden sie gewonnen? Welche wirtschaftspolitischen Abhängigkeiten gehen wir ein? Wie viele Menschen zahlen mit ihrer Gesundheit im Graphitabbau? Wohin rinnen tausende Tonnen schwermetallhaltiger Abwässer? Was soll’s, das ist weit weg – in China, in Bolivien, in Chile und in Neuseeland. Hauptsache bei uns in Europa bleibt es sauber. Und der Transport rund um den Globus kostet sicher keine Energie und verschmutzt wohl auch nicht die Meere. Wir verhindern die Umweltbelastung nicht – wir verlagern sie nur! Wie heißt es: aus den Augen – aus dem Sinn. Erinnern Sie sich, wie chinesische Sonnenkollektoren auf den Markt kamen? Genau dieser Markt hat sich reguliert und die europäische PV-Industrie pulverisiert. Und jetzt dürfen Sie raten, wie es der europäischen E-Auto-Industrie gehen wird, wenn chinesische Produkte vermehrt am Markt auftreten. Wird ganz leicht gehen, da China schon jetzt rund 50 Prozent der Lithiumbatterien weltweit herstellt. Und dann haben wir endlich die Batterie (und alle anderen Gedanken erfolgreich verdrängt) und brauchen sie nur mehr zu laden. Ja womit denn? Für alle Idealisten: mit erneuerbarer Energie. Fein, das würde mich auch freuen. Es wird sich aber nicht ausgehen. Nicht einmal bei uns in Österreich und schon gar nicht in den meisten anderen Ländern unserer Erde, die schon jetzt den Löwenanteil zur Deckung ihres Strombedarfes aus Gas-, Kohle-, Öl- oder Atomkraftwerken erzeugen oder beziehen müssen. Damit wird ein weiterer Nutznießer der E-Auto-Hysterie sichtbar: die Atomindustrie. Aber zugegeben: Letztere produziert zumindest im Betrieb kein CO2. Irgendwie beruhigt mich das nicht. Manche Kleinwasserkraftbetreiber spielen mit dem Gedanken einer Stromtankstelle am Kraftwerk. Finde ich gut, weil dann wirklich erneuerbare Energie getankt wird und der Erlös/kWh wohl besser ist als die traditionelle Einspeisung. Aber tiefgreifende Gedanken wie oben verschwinden damit halt auch nicht. Auch erneuerbare Energie will Business machen und nicht die Welt retten. Das zu erreichen braucht es eine Wende hin zu Verzicht und eine Reduktion des Energie- und Rohstoffverbrauchs. Vielleicht gelingt es ja irgendwann einmal. Das wünscht sich

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Foto: Kelag

Projekte

Anfang Oktober letzten Jahres wurde das Kleinwasserkraftprojekt der Kraftwerksgesellschaft Kremsbrücke ans Netz genommen. Das KW Kremsbrücke Unterstufe erzeugt im Jahr durchschnittlich rund 29 GWh sauberen Strom aus der Kraft der Lieser.

KRAFTWERKSGESELLSCHAFT KREMSBRÜCKE SCHLIESST NUTZUNGSLÜCKE AN DER LIESER Keine zwei Jahre nachdem die Kärntner Elektrizitäts AG (Kelag) und ihre Partner aus der Privatwirtschaft das Kraftwerk Kremsbrücke Oberstufe errichtet und ans Netz gebracht hatten, ließen sie im Spätherbst letzten Jahres die direkt anschließende Unterstufe folgen. Unter erheblichem baulichem Aufwand gelang eine moderne Kleinwasserkraftanlage, die mit rund 29 Gigawattstunden durchschnittlicher Jahreserzeugung mehr als die doppelte Erzeugung des Oberliegers erreicht. Für die Umsetzung mussten sowohl die Verantwortlichen für die bauliche Umsetzung als auch jene für die maschinelle Ausrüstung auf ihre große Erfahrung zurückgreifen.

Ü

ber eine Länge von circa 50 Kilometer bahnt sich die Lieser von der Hafnergruppe in den Hohen Tauern bis zur Einmündung in die Drau bei Spittal ihren Weg durch das malerische Liesertal. Ihr Name ist laut Chronisten uralt: Er stammt aus dem Indogermanischen und bedeutet so viel wie das „Liebental“. Seit Jahrzehnten wird die Lieser über ihre gesamte Länge für die Wasserkraft genutzt. Das jüngste ist das Kraftwerk Kremsbrücke Unterstufe, ein Ausleitungskraftwerk, das nicht nur aus dem Wasser des Oberliegers gespeist wird. „Eine

Besonderheit dieses Projektes liegt darin, dass wir die Möglichkeit haben, den Leobenbach mitzunutzen. Das bedeutete, dass ziemlich genau auf der Kote des Übergabebauwerks an der Lieser die Fassung am Leobenbach angelegt werden musste. Rund 500 Meter unterhalb des Übergabebauwerks mündet die Beileitung aus dem Leobenbach dann in die Druckrohrleitung. Von hier aus werden bis 7.600 l/s zu den Turbinen im Maschinenhaus geführt“, erklärt Dipl.-Ing. Jörg Friedrich, verantwortlich für die gesamte Umsetzung des Projekts.

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KOMPLEXE ROHRVERLEGUNGSARBEITEN In baulicher Hinsicht brachte gerade die Verlegung der Druckrohrleitung gewisse Herausforderungen mit sich. In Summe galt es, rund 5 Kilometer an Druckrohren im engen Liesertal unterirdisch zu verlegen. Dabei war das Team des beauftragten Bauunternehmens Fürstauer Bau aus dem Kärntner Mölltal voll gefordert. Dreimal musste die Lieser mit den weitlumigen Rohren DN2100 unterquert werden, über einen kurzen Abschnitt wurden die Rohre im Bachbett verlegt. „Gerade die dafür erforderliche Wasserhaltung und die April 2021

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Foto: EWA

Foto: zek

Foto: Kelag

Projekte

Für die Passierbarkeit des Querbauwerks im Leobenbach wurde eine Fischaufstiegshilfe in Form eines Vertical-Slot-Passes angelegt.

Eine horizontale Rechenreinigungsmaschine aus dem Hause Wild Metal hält den Einlauf frei von Schwemmgut.

Rücksichtnahme auf die Laichzeit gestalteten diesen Trassenabschnitt sehr aufwändig. Außerdem wurden die Rohre ja über lange Etappen in der Bundesstraße eingebaut. Dabei war vorgegeben, dass stets eine Fahrspur befahrbar bleiben musste – was es auch nicht einfacher machte“, resümiert Jörg Friedrich. Zum Einsatz kamen für den Kraftabstieg GFK-Rohre der Marke Superlit, die vom Rohrspezialisten Geotrade aus dem Mühlviertel geliefert wurden. Zum Teil wurden die erforderlichen Schrägschnitte an den Rohren bereits in der Fertigung durchgeführt, der eine oder andere aber auch direkt an der Baustelle – zweifellos ein Pluspunkt für die glasfaserverstärkten Kunststoffrohre, die eben ein sehr einfaches Handling ermöglichen. Aufgrund der Länge der Druckrohrleitung wurde die abschließende Druckprüfung gemäß ÖNORM über drei Abschnitte abgewickelt.

GEMEINSAM ZUR BESTEN LÖSUNG Neben der Verlegung der Druckrohrleitung oblag dem Team von Fürstauer Bau auch die Errichtung der Wasserfassung, die durchaus die Handschrift des mittlerweile verstorbenen Senior-Chefs Günter Fürstauer trägt, wie Jörg Friedrich bestätigt: „Günter Fürstauer war fast täglich auf der Baustelle. Als erfahrener Wasserkraftexperte brachte er sehr viel von seinem Know-how speziell beim Bau der Wasserfassung ein. Zum Beispiel gelang es ihm den Wunsch nach einer naturnahen Optik des Fassungshäuschens perfekt umzusetzen. Wichtiger war aber sein Einfluss auf die Ausgestaltung der Fassung an sich: Gemeinsam mit dem Südtiroler Stahlwasserbauspezialisten Wild Metal haben wir das Konzept für eine Fassung mit horizontalem Rechen entwickelt, wie sie letztlich umgesetzt wurde.“ DI Johannes Klausner, der von Seiten der Kelag gemeinsam mit Ing. Michael Kandutsch für

den Maschinenbau sowie die Inbetriebsetzung verantwortlich zeichnete, zeigt sich von der Lösung überzeugt: „Diese Variante bringt gleich mehrere Vorteile mit sich. Zum einen ersparten wir uns damit ein größeres Bauwerk für den Rechenreiniger, auch eine Spülrinne wird nicht gebraucht. Und das Schwemmgut kann ganz einfach über den Leerschuss weitertransportiert werden.“ Die gesamte stahlwasserbauliche Ausrüstung der Wasserfassung wurde vom bekannten Südtiroler Stahlwasserbauspezialisten Wild Metal geliefert, der einmal mehr seine Visitenkarte abgeben konnte. „Termintreue, Flexibilität und eine sehr gute Ausführung – damit hat uns Wild Metal überzeugt“, findet Michael Kandutsch lobende Worte. ZENTRALE FUNKTION FÜR SCHWALLKAMMER Generell spielen die Bauwerke am Leobenbach eine zentrale Rolle im Gesamtkonzept

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Foto: zek

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Die Verlegung der Druckrohrleitung durch das enge Liesertal stellte eine der zentralen Herausforderungen für das Bauunternehmen dar. Die Befahrbarkeit einer Fahrspur der Bundesstraße musste jederzeit gewährleistet bleiben.

AUGENMERK AUF WARTUNGSFREUNDLICHKEIT Was die Auswahl der Maschinen anbelangt, setzten die Verantwortlichen auf zwei Francis-Spiralturbinen. Gefertigt, geliefert und montiert wurden die Maschinen von der Fa. Geppert aus Hall in Tirol. „Bedingt durch das saisonal stark schwankende Wasserdar-

VERTEILROHRLEITUNG MIT „BYPASS“ Obgleich im Maschinenhaus nur zwei Maschinensätze installiert sind, weist die Verteilrohrleitung drei Abzweige auf. Der Grund

Die Gründung des Maschinenhauses musste nicht allzu tief erfolgen. Im Bild gut sichtbar: die Verteilrohrleitung, deren dritter Abzweig als eine Art „Bypass“ fungiert.

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gebot haben wir uns für die Größenverteilung ‚Ein-Drittel-zu-zwei-Drittel‘ entschieden. Während die kleinere Maschine auf ein Schluckvermögen von 2,5 m3/s ausgelegt ist, kann die große 5,1 m3/s verarbeiten. Zwei gleich große Maschinen wären wohl etwas günstiger, aber energiewirtschaftlich weniger sinnvoll gewesen“, erklärt Johannes Klausner. Dabei schenkten die Ingenieure der Kelag vor allem der Langlebigkeit und der Wartungsfreundlichkeit großes Augenmerk. „Erstmalig wurden unter Regie der Kelag bei dieser Anlage die Turbinendeckel – sowohl druckseitig als auch saugseitig – in rostfreier Ausführung realisiert. Die Leitschaufellagerung ist direkt eingearbeitet und mit wartungsfreien Bronzebüchsen versehen. Die Wellendichtung ist in Form einer Labyrinthdichtung ebenfalls wartungsfrei ausgeführt“, so Michael Kandutsch. Im Sinne einer möglichst hohen technischen Lebensdauer wurden die Laufräder, die aus 13.4-Stahl gefertigt wurden, an den Radialspaltflächen mit Wolframkarbid beschichtet. Diese Form der Beschichtung habe sich – so die Verantwortlichen für den Maschinenbau – bewährt. Die Ausführung der Turbinendeckel in 13.4-Stahl ist zwar grundsätzlich etwas teurer, bietet aber den Vorteil, dass damit eigenständige Schutzwände sowie der Korrosionsschutz entfallen.

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der Anlage. So wurde im Hinblick auf die Regelung des Kraftwerks im Anschluss an den Doppelkammer-Entsander eine Schwallkammer mit rund 50 m2 Grundfläche errichtet. Das Schwallbecken wurde dabei hydraulisch von einem externen Planer bemessen. Um einen gewissen Durchfluss in der ebenfalls neu errichteten Fischtreppe sicherstellen zu können, wird der Pegel im Stauraum bzw. Entsander über ein überströmtes Regelschütz reguliert. „Die Maschinenregelung dagegen ist bezogen auf den Pegel im Übergabebauwerk, wobei der Pegel in der Schwallkammer noch zur Überwachung dient. Abhängig von den Zuflüssen aus dem Oberlieger und der Beileitung aus dem Leobenbach stellt sich automatisch ein Pegel in der Schwallkammer ein, der immer niedriger sein muss als jener der Bachfassung“, geht Michael Kandutsch ins Detail. Aufgrund der Länge der Druckrohrleitung spielte natürlich auch die Frage nach der Druckstoßtoleranz eine Rolle in den Überlegungen. Dazu wurde von der Firma Geppert eine Druckstoßberechnung durchgeführt, die alle im Kraftwerksbetrieb auftretenden Lastfälle umfasste. Das Ergebnis zeigte, dass die Maschinensätze – auch ohne zusätzliche Schwungmassen – über Trägheitsmomente verfügen, die, gepaart mit relativ langen Leitapparat-Schließzeiten, eine ausreichende Begrenzung des Druckstoßes sicherstellen.

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Im Hinblick auf die schwankende Wasserführung in der Lieser setzte man auf zwei Francis-Spiralturbinen im Größenverhältnis „Ein-Drittel-zuzwei-Drittel“. Die beiden Maschinen aus dem Hause Geppert sind in der Lage, zusammen 7.600 l/s zu turbinieren.

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Für das EinhebenEinheben der Maschinenspirale der Maschine wurde ein Autokran angefordert.

dafür liegt in der Zukunft, wie Johannes Klausner näher erläutert: „Die ersten beiden Abzweiger sind für die Turbinen vorgesehen, der dritte dient als 'Bypass' für den Nebenauslass. Er wurde mit einem Ringkolbenschieber versehen und ist für 3 m3/s konzipiert. Gemäß der bis 2027 umzusetzenden Wasserrahmenrichtlinie sind wir als Betreiber verantwortlich, den Abfluss des Gewässers weitestgehend konstant zu halten. Also, wenn die Maschinen abgestellt sind, kann über diesen Abzweig Wasser in die Lieser dotiert und das Schwall-Sunk-Problem behoben werden.“ Die gesamte Verteilrohrleitung wurde von den Tiroler Wasserkraftspezialisten bei Geppert CFD-optimiert. Gemeinsam wurde die Wahl der besten Geometrie für den Bauteil ausgewählt und von der Firma Geppert umgesetzt. Die eingesetzten Generatoren, die von der Firma Genet geliefert wurden, sind mit Gleitlagern und einer hydrostatischen Lageranhebevorrichtung ausgeführt. Die Kühlung der Generatoren erfolgt mittels Luft-/Wasser-Wärmetauscher und geschlossenen Kühlwasserkreisläufen zur Wärmerückgabe ins Unterwasser. ENERGIEABLEITUNG UND BAUARBEITEN AM KRAFTHAUS Die Energieableitung erfolgt zum 3 Kilometer entfernten Umspannwerk Gmünd. Hier wird die Spannung von 20 kV auf 110 kV transformiert. Der Bau des neuen Krafthauses stellte keine allzu hohen Anforderungen an die Baufirma, heißt es von Seiten der Projektleitung. Schließlich war keine tiefe Gründung erforderlich. Dank einer sehr guten Foto: zek

Technische Daten

Die gesamte Steuerung wurde – wie schon bei der Oberlieger-Anlage – von Siemens realisiert.

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• Ausbauwassermenge: 7,6 m3/s

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Bruttofallhöhe: 99,5 m

• Turbinen: Francis-Spiralturbinen

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Anzahl: 2 Stk.

• Fabrikat: Geppert

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Baujahr: 2019

• M1: Qmax: 5,1 m3/s

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Drehzahl: 600 Upm

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Leistung: 4.440 kW

• M2: Qmax: 2,5 m3/s

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Drehzahl: 750 Upm

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Leistung: 2.258 kW

• Generatoren: Synchron

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Marke: Genet

• Engpassleistung: 5,941 MW

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Steuerung: Siemens

• DRL: GF-UP Länge: 4,7 km

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Dimensionen: DN2100/1900/1700/1300

• Druckklassen: PN6 bis PN16

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Fabrikat: Superlit / Geotrade

• Stahlwasserbau: Wild Metal

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Bauausführung: Fürstauer Bau

• Planung: Kelag

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Inbetriebnahme: Okt. 2020

• Jahresproduktion: 29 GWh

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Gebündelte Fachkompetenz in der Projektleitung der Kelag (v.l.n.r.): DI Dr. Peter Marek (Elektrotechnik), DI Johannes Klausner (Maschinenbau), DI Jörg Friedrich (Gesamtprojektleitung) und Ing. Michael Kandutsch (Maschinenbau).

Vorbereitung verliefen Montage und Inbetriebsetzung problemlos. MASCHINEN ARBEITEN ALS EIN SYSTEM Für die Umsetzung der Steuerungs- und Leittechnik hatten sich die Bauherren – wie zuvor schon beim Oberlieger-Kraftwerk – an das vielfach bewährte Team von Siemens Energy Salzburg gewandt. Eine gute Entscheidung, wie DI Dr. Peter Marek betont, der von Seiten der Kelag für die gesamte E-Technik verantwortlich war: „Das war sicher ein Vorteil, dass wir praktisch auf das selbe System und das selbe Team wie beim Oberstufen-Kraftwerk zurückgreifen konnten. Schließlich müssen die beiden Anlagen ja ‚miteinander kommunizieren‘. Alle Maschinen sind als ein System zusammenschaltbar, um möglichst effizient betrieben werden zu können.“ Marek verweist darauf, dass man mit Siemens bereits einen gewissen technischen Standard geschaffen habe, der nun reproduzierbar war. „Wir wissen sehr genau, was wir wollen und wie wir es wollen. Die Betriebsführung des Kraftwerks liegt – wie beim Oberlieger-Kraftwerk – bei uns. Zusätzlich wurde aber auch ein leittechnischer Abgang für die Gesellschafter eingerichtet, die

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Leittechnik-Schaltschränke im Krafthaus: Die gesamte Betriebsführung liegt in den Händen der Kelag.

in Echtzeit die Vorgänge – eben Daten, oder Kamerabilder – beobachten können“, so Peter Marek. Alle Daten laufen in der Energieleitzentrale der Kelag in Klagenfurt zusammen. CORONA BRINGT MEHRAUFWAND Wie bei den meisten Bauvorhaben, die in die Zeit der Corona-Pandemie fielen, brachten auch bei diesem Kraftwerksprojekt die damit verbundenen Restriktionen und Schutzmaßnahmen zusätzliche Herausforderungen für alle Beteiligten mit sich. „Gerade im Frühling 2020, als die Unsicherheit im Bezug auf die Viruserkrankung am größten war, war der Aufwand sehr groß. Die Monteure und Techniker aus Tirol und Südtirol haben wir bei der Einholung von Bescheiden von der Bezirkshauptmannschaft unterstützt, haben uns um Quartiere gekümmert und auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen geachtet. Dies war für uns Neuland – und daher auch sehr aufwändig“, erzählt Michael Kandutsch,

der einräumt, dass dieser „Nebenbei-Aufwand“ durchaus die eine oder andere Woche im Zeitplan gekostet habe. Von Juni 2018 bis September 2020, also über mehr als zwei Jahre, erstreckten sich die Bauarbeiten für das jüngste Kraftwerksprojekt an der Lieser. Anfang Oktober letzten Jahres konnte die Inbetriebsetzung abgeschlossen werden. Noch konnten die Maschinen nicht unter Volllast getestet werden. Doch mit der bevorstehenden Schneeschmelze sollten sie erstmals ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Die Engpassleistung der beiden Turbinen liegt immerhin bei knapp 5,9 MW. Im Durchschnittsjahr wird das Kraftwerk rund 29 GWh sauberen Strom erzeugen. Damit können in etwa 8.000 Kärntner Haushalte versorgt werden. Über den erfolgreichen Projektabschluss freuen sich die Geschäftsführer der Kraftwerksgesellschaft Kremsbrücke Frau Karoline Fürstauer und Mag. DI Christian Rupp.

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Das historische Kraftwerk Zentrale 3 an der Oberen Lorze im Kanton Zug wurde komplett modernisiert. Mit zwei neuen Francisturbinen aus dem Hause Troyer AG und neuer Leittechnik von der Firma Rittmeyer ist das Kraftwerk wieder am letzten Stand der Wasserkrafttechnik.

ERFOLGREICHE GENERALSANIERUNG FÜR EINEN KRAFTWERKS-OLDTIMER In gerade einmal zehn Monaten gelang es der WWZ AG gemeinsam mit ihren Partnern, eines der ältesten Kleinwasserkraftwerke im Kanton Zug, das Kraftwerk Zentrale 3 an der Oberen Lorze, auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Die Anlage, die 1902 ihren Betrieb aufnahm, wurde einerseits elektromechanisch auf den neuesten Stand gebracht, indem zwei ungleiche Francis-Spiralturbinen des Südtiroler Branchenspezialisten Troyer AG installiert wurden. Und anderseits auch elektro- und leittechnisch: Die renommierten Branchenspezialisten der Rittmeyer AG rüsteten das Kraftwerk mit modernster Leittechnik aus. Seit Dezember letzten Jahres ist der Kraftwerks-Oldtimer mit neuer Technik wieder am Netz.

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as Lorzentobel, jenes schluchtartige Tal zwischen Baar und Neuägeri, gilt als die Wiege der Elektrifizierung im Kanton Zug schlechthin. Bereits 1891 wurde im Bereich der Oberen Lorze Elektrizität erzeugt. Das Kraftwerk war mit fünf Girard-Turbinen ausgestattet, die auf insgesamt 550 PS ausgelegt waren. Ein erster wichtiger Stromabnehmer war die Industrie, wenig später folgte die Stadt Zug, die Strom für die Stadtbeleuchtung benötigte. Wie die Chronisten von damals berichten, nutzte man bei der Verlegung der Stromleitungen eine ganz spezielle Technik: So wurden Raketen, an denen eine Schnur angebracht war, von einem Masten zum nächsten abgeschossen. Auf diese Weise wurden die Drähte über die Masten gespannt. Mit dem Bau der ersten Wasserkraftanlage wurde auch die WWZ AG aus der Taufe gehoben, die damals noch Wasserwerke Zug AG hieß und die bis heute jene

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drei Kleinwasserkraftwerke betreibt, die in der Pionierzeit der Elektrizität, zwischen 1891 und 1902, errichtet worden waren. Das letzte des Kraftwerks-Trios, das Kraftwerk Zentrale 3 an der Oberen Lorze, wurde als Unterlieger von Zentrale 1 angelegt. Sie gehörte ursprünglich der Spinnerei Baar. „Die drei originalen Maschinengruppen aus 1902 wurden in den 1940er Jahren saniert und später um eine vierte Maschinengruppe für die Turbinierung des zusätzlichen Wassers aus dem Edlibach ergänzt. Seither hat die Anlage praktisch ununterbrochen Energie produziert“, sagt Philippe Gattiker, Leiter Netzprojekte bei der WWZ und gesamtverantwortlich für die Sanierung des Kraftwerks 3 an der Oberen Lorze. BAUSTART IN DER WARTESCHLEIFE Fast 120 Jahre hatten die Maschinen ihren Dienst versehen. Zuletzt schien ihr techni-

sches Ende aber unabwendbar. „Der Hauptgrund für die Gesamtsanierung stellten die alten mechanischen Turbinenregler dar, für die es kaum mehr Ersatzteile gab. Aber auch die Spannungsregler und Schutzgeräte stammten aus der elektromechanischen Ära. Sie machten die letzten Jahre immer wieder Probleme. Hinzu kam, dass das WartungsKnow-how über die Jahre ‚in Pension gegangen‘ war. Zwar war die Leittechnik um die Jahrtausendwende saniert worden, diese war aber mittlerweile auch am Ende ihres Lebenszyklus angelangt“, erzählt Philippe Gattiker. 2016 startete die WWZ AG mit den gegenständlichen Planungen, und gegen Mitte 2017 wurde die definitive Projektausführung beschlossen. Nach der Ausschreibung der Turbinen und Generatoren sowie der Elektround Leittechnik 2018 war der ursprüngliche Baustart für Mitte 2019 vorgesehen. Doch dieser Termin sollte nicht halten. Gattiker:

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... auf Schienen vorsichtig hineingeschoben zu werden. Hier war echtes Fingerspitzengefühl gefragt.

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„Zu dieser Zeit herrschte Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit einem Urteil des Schweizer Bundesgerichts zu einer damals ebenfalls im Kanton Zug durch eine andere Eigentümerschaft geplanten Kraftwerkssanierung. Für unser Projekt haben wir daher den Sachvorhalt vor Baubeginn geprüft und erst nach den entsprechenden Abklärungen – und nach der Fischschonzeit, die ebenfalls in diese Zeit fiel – mit den Arbeiten begonnen.“ Für die bereits mit der Produktion beauftragte Turbinenbauerin, die Firma Troyer AG, bedeutete dies keinen großen Zeitverlust. Die Foto: Rittmeyer

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Mithilfe eines Schwenkkrans wurden die Transformatoren an einer langen Kette bis zum Eingang in den Traforaum verhoben, um danach ...

Die neue Mittelspannungsanlage wird in das Maschinenhaus eingebracht.

Fertigung wurde weitergeführt, die Maschinen ausgeliefert, allerdings wurden sie eingelagert bis zur Montage im Jahr darauf. Im Februar 2020 wurden die alten Maschinengruppen schließlich stillgesetzt – die Arbeiten konnten beginnen. VON VIER MASCHINEN AUF ZWEI Ein wichtiger Punkt im Rahmen der Modernisierung sollte die Maschinenwahl betreffen. Gemeinsam mit dem Wasserkraftspezialisten aus Südtirol hatte man sich auf ein neues Turbinenkonzept geeinigt, das sich erheblich vom ursprünglichen unterscheidet: „Wir wollten die Möglichkeit nutzen, die Größenverhältnisse der beiden neuen Maschinen optimal auf das saisonal stark unterschiedliche Wasserdargebot auszurichten, um eine effizientere Wasserbewirtschaftung als in der Vergangenheit zu erreichen“, so Gattiker. Man setzte auf zwei Francisturbinen im klassischen Größenverhältnis von Ein-Drittel zu Zwei-Drittel. Zudem weisen die beiden Maschinen zusammen nun ein größeres Schluckvermögen auf als die alten Maschinengruppen. Sie können die vom kantonalen Regierungsrat 1997 definierte Wassernutzungsmenge von 3,1 m3/s nun effektiv nutzen. Konkret ist die kleinere Francisturbine bei einem Ausbaudurchfluss von 1.100 l/s auf eine Leistung von 772 kW ausgelegt, während die größere der beiden Maschinen bei einem Schluckvermögen von 2.000 l/s auf 1.362 kW kommt. Die gesamte elektromechanische Ausrüstung inklusive Turbinen, Absperrorganen und der wassergekühlten und mit Ölumlaufschmierung versehenen Generatoren wurde von der Firma Troyer aus Sterzing geliefert. Dabei sollten sich für die erfahrenen Wasserkraftspezialisten vor allem

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Herausforderungen im Zuge der Montage ergeben, wie Troyer-Projektleiter Martin Windisch berichtet: „Eine Schwierigkeit für unsere Monteure war, dass die Zuleitungsrohre zu den Turbinen vorgegeben waren und wir die Absperrorgane und die Turbinen an diesen anbauen mussten. Ebenso war die Position der Saugrohre vorgegeben, da aufgrund des Denkmalschutzes keinerlei Veränderungen an der Bausubstanz vorgenommen werden durften. Das machte es nicht einfach.“ Eine andere unliebsame Überraschung zog die Anlieferung des Generators von Ma-

Zahlen und Fakten • Kraftwerkstyp: Laufwasserkraftwerk • Gewässer: Obere Lorze • Betreiber: WWZ AG • Ausbauwassermenge: 3,1 m3/s • Turbinenzahl: 2 Stück • Turbinentyp: Francis-Spiralturbinen • Fabrikat: Troyer AG • M1: Qmax: 2,0 m3/s I Fallhöhe: 75,4 m • Drehzahl: 1.000 Upm I Leistung: 1362 kW • M2: Qmax: 1,1 m3/s I Fallhöhe: 77,7 m • Drehzahl: 1.000 Upm I Leistung: 772 kW • Generator: Synchron mit Wasserkühlung • Fabrikat: Marelli • E-Technik & Leittechnik: Rittmeyer AG • Planung: AFRY • Transformator & Schaltanlage: Siemens • Baujahr: 1902 (ursprünglich) & 2020 • Wiederinbetriebnahme: November 2020

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Das Grundkonzept der heute denkmalgeschützten Kraftwerksanlage stammt noch vom Beginn des 20. Jahrhunderts.

ALTERSBEDINGTE MÄNGEL BEHEBEN Deutlich weniger Jahre als die alten Maschinen hatte die bestehende Steuerungs- und Leittechnik auf dem Buckel, die vor rund 20 Jahren zuletzt modernisiert worden war. Dennoch stand für die Verantwortlichen der WWZ AG außer Zweifel, dass auch diese im Rahmen der Generalsanierung komplett erneuert werden sollte. Der Auftrag ging an das bekannte Branchenunternehmen Rittmeyer AG, deren Unternehmenssitz in Baar nur wenige Autominuten vom traditionsreichen Kraftwerk entfernt ist. Dass man sich – ebenso wie die Turbinenbauer – mit der Verschiebung des Baustarts konfrontiert sah, kommentiert Rittmeyer-Projektleiter Marc Rothenfluh gelassen: „Ursprünglich wäre der Zeitplan nach Auftragserteilung 2019 durchaus eng gewesen. Das hat sich danach etwas entspannt. Deshalb haben wir uns zu Beginn auf die Erstellung des Pflichtenhefts beschränkt. Und erst als es endgültig grünes Licht für das Projekt gab, gingen wir weiter in die Detailarbeiten. Konkret: Wir begannen mit der Software-Erstellung und mit der Fertigung.“ Was vor allem steuerungstechnisch beim Altbestand nicht mehr wunschgemäß funktionierte, sei das Synchronisieren der alten Maschinen gewesen, die noch mit 3-Punkt-Ventilen ausgerüstet waren. Auch das Kühlsystem, das früher gemeinsam für alle

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Maschinen ausgelegt war, funktionierte nicht mehr einwandfrei. Zwar stammten die alten Steuerungsmodule ebenfalls von der Firma Rittmeyer, doch das erleichterte die Arbeiten für das Team von Marc Rothenfluh nicht: „Wir konnten in diesem Fall sehr wenig von der alten Software übernehmen, es musste fast alles neu geschrieben werden.“ KNACKNÜSSE FÜR DIE PROGRAMMIERER Dabei sollte sich gerade die Erstellung der Software als eine der Knacknüsse für die Steuerungsspezialisten erweisen: „Das Knifflige daran war, dass WWZ eine sehr spezifische Form der Signalbenennung vorgab: und zwar die Foto: Rittmeyer

schine 1 nach sich: Dieser war zu groß, um durch das Eingangstor zu passen. Allerdings war die Lösung dafür nicht allzu kompliziert: Kurzerhand wurde der Klemmenkasten demontiert, damit war der Generator „schlank“ genug.

nicht allzu gängige RDS-PP-Variante. In den meisten Fällen wird die KKS-Norm verwendet. Daher galt es eine Betriebsmittelliste zu erstellen, die letztlich vom Auftraggeber abgesegnet werden musste. Das war eine wichtige Aufgabe im Vorfeld. Die Programmierung der Software ging dann zügig“, erinnert sich Marc Rothenfluh. Pro Maschinengruppe wurde eine eigene Steuerung in Form der bewährten RIFLEX vorgesehen, in welcher auch die Turbinenregler integriert sind. Zudem gibt es eine Steuerung für den allgemeinen Teil und die Ankopplung der Schaltanlage. Das Bediensystem RITOP ist auf einem virtuellen Server von WWZ aufgesetzt. Das Benutzermanagement ist ebenfalls mit dem Active Directory von WWZ gekoppelt. „Geplant ist, dass in Zukunft auch die anderen Kraftwerke der Oberen Lorze dazugeschaltet werden“, so der Projektleiter. Außerdem wurden die bestehenden Steuerungen im Wasserschloss und in der Wasserfassung in die neue Leittechnik eingebunden. Die alten Sensoren der Durchflussmessung, sowie einige Stellungsgeber an der Wasserfassung mussten ausgetauscht werden. Der Spannungsregler, ein Unitrol von ABB, wurde vom Bauherrn beigestellt. Er wurde vom Team Rittmeyer programmiert und fachgerecht installiert. Für den elektrischen Schutz wurden Siemens-Schutzgeräte eingebaut. BETRIEB REGELTECHNISCH OPTIMIERT Eine programmiertechnische Herausforderung brachte vor allem die dynamische Pegelregelung der Anlage mit sich. Rothenfluh: „Das liegt primär am sehr langen Oberwasserkanal vom Oberlieger bis zum Wasserschloss. Bei der Fassung befindet sich ein Überlauf, an dem überschüssiges Wasser abfließen kann. Natür-

Mit der neuen dynamischen Pegelregelung kann das Wasser energiewirtschaftlich noch effizienter genutzt werden.

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ROSEN FÜR DIE PROJEKTPARTNER „Wie bei Projekten dieser Art ist die Koordination der verschiedenen Lose und Gewerke nicht unerheblich“, merkt Philippe Gattiker an, der aber zugleich die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten betont. Dies können Marc Rothenfluh und Martin Windisch nur bestätigen. Viele Dinge, so beide Projektleiter unisono, konnten auf kurzem Weg, manchmal sogar vom Home-Office aus geklärt werden. Natürlich spielten in dem Projekt auch die coronabedingten Reiseeinschränkungen eine Rolle, die vor allem die Montage und Inbetriebsetzung

Dank eines intuitiven und übersichtlichen SCADA-Systems ist das Kraftwerk heute deutlich bedienerfreundlicher geworden.

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BEREIT FÜR DIE NÄCHSTEN JAHRZEHNTE Und auch was die neue Steuerungs- und Leittechnik anbelangt, zeigt sich Marcel Gross sehr zufrieden: „Das neue System ist äußerst übersichtlich und bedienungsfreundlich. Dank virtualisierter Server und Web-Clients ist das System höher verfügbar und kann von mehreren Personen gleichzeitig bedient werden. Wir haben die komplette Steuerung wiederum in unser Netzleitsystem eingebunden, was eine Rund-um-die-Uhr-Fernüberwachung gewährleistet.“ Das 120-jährige Kraftwerk ist damit wieder bereit, ein neues Kapitel in seiner langen Geschichte zu schreiben.

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lich lag es in der Intention der Betreiber, diesen Überlauf möglichst gering und somit die Nutzung des Konzessionswassers möglichst hoch zu halten. Aus diesem Grund wird der Pegel nicht an der Fassung, sondern im Wasserschloss geregelt. Um diesen dynamischen Pegel optimal einzustellen, braucht es auch ein wenig Anpassungszeit im Betrieb. Aber mittlerweile funktioniert das sehr gut.“ Aufwändiger als gedacht gestaltete sich auch der Anschluss der Schmiermittelpumpen. Zu diesem Zweck waren eine AC- sowie eine redundante DC-Pumpe fälschlicherweise mit einer Spannung von 110 V vorgesehen. „Während der Ausführung musste die DC Pumpe getauscht und durch eine 48 VDC Pumpe ersetzt werden. Gerade im Hinblick auf die Entstehung massiver Ströme und die vorhandenen Kabeldurchmesser wurde dieser Punkt durchaus komplex“, erinnert sich Marc Rothenfluh. Neben der Soft- und Hardware für die Steuerung zeichnete Rittmeyer auch für die Bereitstellung von Schaltanlage, Batterieanlage und Transformator verantwortlich. Wobei gerade die Anlieferung und das Einbringen dieser Anlagenteile in die Zentrale sich als schwierig erwiesen. Vor allem die Transformatoren aus dem Hause Siemens stellten die Monteure vor Herausforderungen, wie Marc Rothenfluh berichtet: „Wir organisierten einen Schwenkkran, der über eine lange Kette die Trafos entlang der Hausmauer bis zur Öffnung hievte. Entlang von Schienen haben wir unter Mithilfe einer Montagetruppe von WWZ die beiden Trafos mit 3,3 t und 4,2 t dann in den Trafo-­ Raum schieben können. Keine alltägliche Aufgabe für uns.“

in 2020, aber auch die Schlussabnahme in 2021 betrafen. Dennoch konnten die Arbeiten im Wesentlichen ohne Zeitverlust abgewickelt werden. Für Marcel Gross, der bei der WWZ AG dem Bereich Betrieb, Gas, Wasser und Energieproduktion vorsteht, ist es noch ein wenig zu früh, um ein endgültiges Fazit zu ziehen. Schließlich wurde das Kraftwerk erst Ende Dezember wieder in den Probebetrieb übernommen. „Mein erster Eindruck ist vielversprechend, fundierte Aussagen werden wir aber erst in rund einem Jahr machen können. Dann werden wir Erfahrungen mit dem Zusammenspiel der beiden Turbinen bei saisonal verschiedenen Abflüssen gemacht und einen ersten Sommerbetrieb hinter uns haben – bisher waren ja der Generator respektive die Schmierölversorgung luftgekühlt, was in der Sommerhitze teilweise zu Ausfällen geführt hatte. Hier versprechen wir uns mit der neuen Wasserkühlung einen wesentlich zuverlässigeren Betrieb.“

Mit der neuen Steuerungstechnik ist das historische Kraftwerk in der Neuzeit angekommen. Die neue Steuerung wurde ins Leitsystem von WWZ AG eingebunden.

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ZWEI NEUE KLEINKRAFTWERKE STÄRKEN VERSORGUNGSINFRASTRUKTUR IN MONTENEGRO In der Osthälfte Montenegros gingen vor kurzem mit den Anlagen Umski Potok und Stitska Rijeka zwei nagelneue Kleinwasserkraftwerke in Betrieb, die sauberen Strom für die Region im Umland liefern. Beide Anlagen wurden von einem erfahrenen Kraftwerksbetreiber aus der Region, der Firma Igma Energy realisiert, der großes Augenmerk auf eine hochwertige Ausführung seiner Anlagen legte. Sie betraute die österreichische Small Hydro Division von Voith Hydro mit der elektromaschinellen Ausrüstung. Voith Hydro lieferte für die beiden Hochdruckanlagen moderne, leistungsstarke Peltonturbinen, die eine zuverlässige und effiziente Stromproduktion über die nächsten Jahrzehnte sicherstellen.

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benannt nach den genutzten Gewässern, befinden sich in der Ostregion des Landes. Die Anlage Umski Potok wurde unweit der albanischen Grenze nahe der Kleinstadt Andrijevica realisiert, Stitska Rijeka eher im montenegrinischen Zentralraum in der Nähe der Stadt Kolasin. Beide Regionen, die keine 30 Kilometer voneinander trennen, zeichnen sich durch eine gebirgige Topographie und den Reichtum an Bächen aus – sind also prädestiniert für die Wasserkraftnutzung.

KEINE EXPERIMENTE BEI DEN KOMPONENTEN Für den Bauherrn und Betreiber der Anlagen, die Firma Igma Energy, ist die Wasserkraft alles andere als Neuland. Vor dem Bau der neuen Kraftwerke betrieb man schon zwei weitere Kleinwasserkraftwerke als Eigentümer und ist darüber hinaus bei fünf weiteren Kleinkraftwerken in der Region Andrijevica beteiligt. Dementsprechend professionell erfolgte die Umsetzung der neuen Kraftwerks-Infrastruktur, wie Dipl.-Ing. Zijad Bajramovic, Area SaFoto: Voith

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ährend in Mitteleuropa im 20. Jahrhundert die Wasserkraft intensiv forciert wurde, blieb der Wasserkraftausbau im Südosten des Kontinents im gleichen Zeitraum vergleichsweise bescheiden. Erst mit der Annäherung der Balkanstaaten an den Energiebinnenmarkt der EU in den letzten Jahrzehnten kam es zu einem Umschwung. Mittlerweile sind natürlich vor allem jene Staaten und Regionen von besonderem Interesse, die noch ein gehobenes energiewirtschaftliches Potenzial aufweisen – wie etwa die Republik Montenegro. Gerade für Montenegro gilt dies in verstärktem Maße, verfügt das kleine Land am Balkan doch über das größte Wasserkraftpotenzial pro Einwohner in ganz Europa. Laut Angaben der Statistik-Plattform Laenderdaten.info produziert Montenegro mit seinen Wasserkraftwerken im Jahr rund 5,4 Mrd kWh. Somit steuert die Wasserkraft den Löwenanteil von rund 69 Prozent an der Gesamtstromerzeugung des Landes bei. Seit Februar dieses Jahres sind es zwei Kleinwasserkraftmerke mehr: die Anlagen Stitska Rijeka und Umski Potok. Beide Kraftwerke,

Die 3-düsige Peltonturbine des Kraftwerks Stitska Rijeka ist auf die beachtliche Fallhöhe von 425 m ausgelegt.

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Im Februar dieses Jahres gingen in Montenegro die beiden Kleinwasserkraftwerke Umski Potok und Stitska Rijeka ans Netz. Sie wurden erfolgreich mit deutsch-österreichischer Maschinentechnik von Voith Hydro ausgerüstet.


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150 m und ein Schluckvermögen von 350 l/s ausgelegt. Sie erreicht im Maximum eine Nennleistung von 454 kW. Etwas größer und leistungsstärker fällt die 3-düsige Turbine für Stitska Rijeka aus: Sie kommt bei einem Ausbaudurchfluss von 280 l/s, aber einer Fallhöhe von rund 450 m auf eine Nennleistung von 923 kW. In Summe rechnet der Betreiber mit einem Regelarbeitsvermögen von 4,66 GWh für beide Kleinkraftwerke. Der Strom wird ins öffentliche Netz Montenegros eingespeist. TEAMWORK UNTER BEWEIS GESTELLT Wenig überraschend bezeichnet Mathias Kalchhauser die coronabedingten Reisebeschränkungen als die zentralen Knacknüsse im Hinblick auf Lieferung und Montage. „Die Umstände, dass Corona-Tests und Quarantäne erforderlich waren und die Situation, dass es kaum Flüge gab, haben eine solide mittelfristige Planung fast unmöglich gemacht“, so Kalchhauser und ergänzt: „Trotzdem gelang es uns, relativ rasch und flexibel auf die Kundenbedürfnisse einzugehen. Die Covid-19-Pandemie hat uns damit gezeigt, dass wir uns in wichtigen Momenten auf unsere Lieferanten und unsere Mitarbeiter verlassen können. Mit Zusammenhalt und Teamwork konnten wir diese Projekte in der geforderten Zeit stemmen.“

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DIE OPTIMALE MASCHINENWAHL Beide Bäche, sowohl Umski Potok als auch Stitska Rijeka, weisen den Charakter eines Gebirgsbachs auf, wie Mathias Kalchhauser bestätigt, der die Projektleitung innehatte: „Beide zeigen eine für Gebirgsbäche typische, steile Abflussganglinie mit einer relativ langen Niederwasserdauer und einer kürzere Hochwasserdauer. Da die zwei Projekte auch eine relativ große Fallhöhe mitbringen, fiel die Wahl auf eine 2-düsige sowie auf eine 3-düsige Peltonturbine. Mit dieser Maschinenvarianten können die lange andauernden Niederwasserperioden optimal genutzt werden.“ Konkret kam bei Umsi Potok die etwas kleinere Maschine zum Einsatz: Die 2-düsige Peltonturbine ist auf eine Fallhöhe von knapp

Das hochwertige Maschinengespann erreicht eine Nennleistung von 923 kW und garantiert eine zuverlässige Stromerzeugung für viele Jahre. Foto: PI Mitterfellner

les Manager bei Division Small Hydro Standort St. Georgen betonte: „Die Betreiber haben sich bei den Kraftwerkskomponenten grundsätzlich auf keine Experimente eingelassen. Bei den Wasserfassungen hat man auf bewährte Tirolerwehre gesetzt, die Druckrohrleitungen wurden aus verschweißten Stahlrohren erstellt. Auch die Bauarbeiten muss man als hochwertig bezeichnen, die Maschinenhäuser wurden zwar schlicht, aber funktionell gehalten.“ Mitte Mai letzten Jahres erging der Auftrag an Voith Hydro für die Lieferung der Turbinen inklusive sämtlicher Hilfsaggregate. „Die Krafthäuser waren schon fix und fertig geplant und zum Teil auch schon gebaut. Das bedeutete, dass wir die Maschinen an diese fertigen Strukturen anpassen mussten. Aber im Grunde war die knappe Lieferzeit wohl die größte Herausforderung für uns. Beide Maschinen mussten innerhalb von 7 Monaten beim Kunden sein. Das war sportlich“, erinnert sich Bettina Schwarz, ihres Zeichens Head of Project Management bei VGHE. Im Dezember letzten Jahres wurden die zwei Turbinen zu den Maschinenhäusern geliefert und montiert. Anfang Februar konnten beide etwa zeitgleich in Betrieb genommen werden.

Beide Maschinenhäuser wurden kompakt und funktionell konzipiert.

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Kraftwerkstyp: Hochdruck Gewässer: Umsik Potok (MNE) Bruttofallhöhe: 155,00 m Nettofallhöhe: 149,26 m Ausbauwassermenge: 0,35 m3/s Turbinentyp: Pelton 2-düsig Fabrikat: Voith Hydro Leistung: 454 kW Generator: Synchron Fabrikat: Hitzinger Druckleitung: Stahl Jahresproduktion: 2,206 GWh

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Kraftwerkstyp: Hochdruck Gewässer: Stitska Rijeka (MNE) Bruttofallhöhe: 450,00 m Nettofallhöhe: 425,77 m Ausbauwassermenge: 0,28 m3/s Turbinentyp: Pelton 3-düsig Fabrikat: Voith Hydro Leistung: 923 kW Generator: Synchron Fabrikat: Hitzinger Druckleitung: Stahl Jahresproduktion: 2,454 GWh

• Inbetriebnahme: Februar 2021

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Für Voith Hydro stellen die beiden Kraftwerke einen weiteren Kompetenzbeweis in einer langen Referenzliste dar. Das Engagement des Unternehmens am Balkan-Wasserkraftmarkt hat eine lange Tradition: Die frühesten Anlagen datieren aus dem Jahr 1908. „Seit Jahrzehnten unterstützt Voith Hydro die Entwicklung der erneuerbaren Energien in Montenegro als verlässlicher Partner für Projektentwickler und Betreiber. Um die Präsenz des Unternehmens am Balkan zu unterstreichen und um den Kunden eine kontinuierliche Unterstützung zu bieten, hat Voith 2008 in Montenegro eine Niederlassung eröffnet. Mit Unterstützung dieser lokalen Niederlassung gelang es, mittlerweile einige Referenzprojekte umzusetzen. Die beiden zuletzt realisierten Kraftwerke Umski Potok und Stitska Rijeka zählen dazu“, betont Zijad Bajramovic abschließend. Die Kernkomponenten wurden am Standort in St. Georgen produziert, wo die Maschinensätze auch vormontiert und getestet wurden. Ein Leistungsbeweis der ehemaligen Kössler GmbH, die nun seit einem Jahr unter der Dachmarke Voith Hydro operiert. Obwohl die Kössler GmbH inzwischen Geschichte ist, bietet Voith Hydro in St. Georgen nach wie vor vollen Support bei bestehenden Kössler-Anlagen – Infos dazu unter: www.voith.com/vhge

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Das Kraftwerk Haunoldmühle an der Steyr ging im Sommer des Vorjahres rundum erneuert wieder ans Netz. Die umfassende Revitalisierung brachte eine Vielzahl von ökologischen und technischen Optimierungen mit sich, darüber hinaus konnte das Erzeugungspotential der Anlage erheblich gesteigert werden.

VERJÜNGUNGSKUR FÜR TRADITIONSWASSERKRAFTWERK HAUNOLDMÜHLE AN DER STEYR

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ie Haunoldmühle an der Steyr im oberösterreichischen Grünburg kann auf eine über 400-jährige Geschichte als Handwerks- und Industriestandort verweisen. 1599 wurde das Gebäude als Sägeund Mahlwerk erstmals urkundlich erwähnt, 1840 erfolgte der Umbau zu einem Streckund Blechwalzwerk. Anfang des 20. Jahrhunderts wechselte die Liegenschaft den Besitzer und wurde zu einer Holzstoff- und Pappenfabrik umgewandelt. Das Wasserkraftwerk in seiner ursprünglichen Form wurde 1920 errichtet und 1924 erweitert. Eine der insge-

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Abbrucharbeiten an der über 100 Jahre alten Wehranlage im Frühling 2019.

Foto: ZT-Fritsch

Nach einer umfassenden Modernisierung ging das Wasserkraftwerk Haunoldmühle der Fuchs-Robetin GmbH im oberösterreichischen Grünburg im Sommer 2020 wieder ans Netz. Die Wehranlage und der Einlaufbereich wurden im Zuge des Umbaus vom Planer ZT-Fritsch GmbH völlig neu gestaltet, den gesamten Stahlwasserbau inklusive zweier im Verbund arbeitender Rechenreinigungsmaschinen lieferte die S.K.M. GmbH. Eine Fischaufstiegsschnecke des Systems STRASSER/REHART gewährleistet die ökologische Durchgängigkeit am Wehrstandort. Die dynamische Restwasserabgabe zwischen 5 und 8 m³/s wird von einer Wasserkraftschnecke des Herstellers SPAANS BABCOCK zur Stromproduktion genutzt. Im völlig entkernten Krafthaus wurden zwei vertikalachsige Kaplan-Turbinen von der Small Hydro Division von Voith Hydro GmbH&Co KG vom Standort St. Georgen mit einer Engpassleistung von jeweils 737 kW installiert und eine bestehende Francis-Turbine revitalisiert. Die gesamte Anlagensteuerung und Regelung wurde durch die SCHUBERT Elektroanlagen GmbH ausgeführt. Die Summe der durchgeführten Maßnahmen führte zu einer erheblichen Leistungs- und Erzeugungsteigerung. Im Regeljahr kann das rundum erneuerte Traditionskraftwerk an der Steyr nun rund 12 GWh­Ökostrom produzieren.

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Zwei im Verbund arbeitende Rechenreinigungsmaschinen sorgen am 30 m breiten horizontalen Einlaufrechen für optimale Zuflussbedingungen. Den gesamten Stahlwasserbau lieferte der steirische Branchenexperte S.K.M. GmbH.

samt vier Francis-Turbinen war direkt an einen Holzschleifer gekoppelt, die anderen Turbinen trieben über Kammräder und Transmissionswellen die Pappenmaschinen an. Die Umrüstung der Anlage zur Produktion von elektrischem Strom erfolgte erst viele Jahre später. 1997 wurde das Kraftwerk Haunoldmühle, welches bereits in der Fuchs-Robetin­GmbH herausgelöst war, gekauft. Heute ist der Hauptgesellschafter Friedrich Gruber. Im Firmenverband werden mehr als 20 Kleinwasserkraftwerke in Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Salzburg und Tirol betrieben. Nach der Übernahme durch den neuen Besitzer wurden die vier Turbinen sukzessive saniert und eine elektronische Steuerung installiert.

Restwasserabgabe zu sorgen. „Diese enorme wirtschaftliche Herausforderung konnte nur im Zuge einer Stauzielerhöhung und einer damit einhergehenden Erhöhung der Ausbauwassermenge bewältigt werden“, erklärt Bernhard Strasser von der Strasser & Gruber GmbH, der das Projekt von Beginn an begleitet hat. Strasser fährt fort, dass für die Bewilligung der Stauzielerhöhung um 50 Zentimeter aufwändige Behördenverfahren und Gut­achten notwendig waren. Die Restwasserdo­ tation an der Wehranlage wurde im Genehmigungsverfahren in dynamischer Form ­zwischen 5 und 8 m³/s festgelegt, die Aus­ bauwas­ sermenge steigerte sich von 34 auf 54,3 m³/s . Für die Ausführungsplanung und die Bauleitung wurde die im Wasserkraftbereich vielfach bewährte ZT-Fritsch GmbH aus Steyr engagiert. Geschäftsführer Rudolf Frit­sch merkt an, dass bei der Projektübernah­ me nachträglich eine ganze Reihe von wasserbaulichen Optimierungen an der Wehr­anlage und dem Einlaufbereich vorgenom­men wurden. Diese wurden bei der Nachreichung von behördlicher Seite problemlos akzeptiert. Die Bauphase startete schließlich im Frühjahr 2019 und nahm rund ein Jahr in Anspruch. i

RECHENREINIGER ARBEITEN ZUSAMMEN Nach dem Abstellen des Kraftwerks fokussierten sich die Arbeiten zunächst auf die Errichtung der neuen Wehranlage. Diese wurde gegenüber der ursprünglichen Konzeption etwas weiter stromabwärts angelegt, wodurch eine kompaktere Bauweise ermöglicht wurde. Den gesamten Stahlwasserbau fertigte die steirische S.K.M. GmbH, deren Geschäftsführer Sepp Köhl als Besitzer eines eigenen Wasserkraftwerks bestens über Betreiberan­ sprüche Bescheid weiß. Zum Aufstauen des Gewässers lieferte S.K.M. zwei jeweils 15 m breite und 3 m hohe Wehrklappen, die auf die Bewältigung eines 100-jährlichen Hochwassers ausgelegt wurden. Das Kernstück des neuen Einlaufbereichs bildet der 30 m lange horizontale Feinrechen. Um beim Feinrechen mit einer lichten Weite von 25 mm auch bei hohem Geschwemmselanfall optimale Zuflussbedingungen zu gewährleisten, entwickelten Fritsch und S.K.M. eine zweigeteilte Rechenreinigungsmaschine (RRM). Die zwei pegelgeregelten RRM arbeiten im Verbund und reinigen jeweils zwei bzw. ein Drittel des insgesamt 90 m² großen Rechens. Durch die

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ANLAGE KOMPLETT ERNEUERT Rund 100 Jahre nach der Erstinbetriebnahme war es für die als Laufkraftwerk mit kurzer Ausleitungsstrecke konzipierte Anlage an der Zeit für eine grundlegende Erneuerung. Begründet war dies neben ihrem fortgeschrittenen Alter vor allem durch die behördliche Auflage, an der Wehranlage für die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit samt

Die dynamische Restwasserdotation zwischen 5 und 8 m³/s wird von einer Wasserkraftschnecke des Herstellers SPAANS BABCOCK zur Stromproduktion genutzt.

Die Stahlwasserbauprofis Karl Bichler, Sepp Köhl und Otto Pobatschnig (v.l.) von der S.K.M. GmbH an der neuen Wehranlage mit zwei jeweils 15 m breiten Wehrklappen.

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Für den Einbau der neuen Turbinen musste das Krafthaus völlig entkernt werden. Voith Hydro lieferte zwei auf je 16 m³/s Durchfluss ausgelegte Kaplan-Turbinen mit einer Engpassleistung von jeweils 737 kW.

Foto: ZT-Fritsch

Technische Daten

aufeinander abgestimmte Betriebsgeschwindigkeit fährt die RRM des kürzeren Abschnittes in einem Reinigungszyklus des längeren Abschnittes nun zweimal, womit das Rechengut des gesamten Rechens gesichert zur Spülklappe geleitet wird. Am Kraftwerkseinlauf ist zusätzlich ein Sicherheitsrechen installiert.

FISCHAUFSTIEGSSCHNECKE INS OBERWASSER Für die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit an der Wehranlage, bei der es einen Höhenunterschied von 4,6 m zu überwinden galt, sorgt eine Fischaufstiegsschnecke (FAS) des Systems STRASSER/REHART.

Die kompakte Bauweise des patentierten Systems, bestehend aus einem Rohr mit innenliegender fix verschweißter Welle, gewährleistet einen verletzungsfreien Aufstieg der Gewässerbewohner. Außerdem verbraucht die FAS kein separates Dotationswasser, da die zum Betrieb erforderliche Wassermenge von der Wasserkraftschnecke hergeleitet wird. Im Vergleich zu anderen Fischaufstiegsanlagen bedeutet dies beim Kraftwerk Haunoldmühle einen jährlichen Energiezugewinn von rund 80.000 kWh. „Dieser Typ einer FAS kommt mittlerweile 20 Mal zum Einsatz, wobei bereits 13 Monitorings erfolgreich abgeschlossen wurden“, erklärt Bernhard Strasser, der die FAS in mehr als 3.000 Arbeitsstunden entwickelt hat und in Österreich als exklusiver Vertriebspartner für REHART zuständig ist. Für das Kraftwerk Haunoldmühle wurde eine 14 m lange FAS mit einem Rohrdurch-

Foto: Bernhard Strasser

WASSERKRAFTSCHNECKE ERZEUGT STROM Die dynamisch festgelegte Restwasserdotation zwischen 5 und 8 m³/s wird durch eine Wasserkraftschnecke vom holländischen Branchenexperten SPAANS BABCOCK zur Stromproduktion genutzt. Dass SPAANS BABCOCK der Marktführer auf diesem Gebiet ist zeigt sich darin, dass das Unternehmen bereits mehr als 180 Wasserkraftschnecken an 140 Standorten mit einer installierten Gesamtleistung von mehr als 20 MW realisiert hat. Die einzelnen Anlagen liegen in einem Leistungsbereich zwischen 8 kW bis hin

zu 1,1 MW. Positioniert wurde die rund 33 Tonnen schwere und 15,6 m lange Schnecke am Ende des Einlaufbereichs. Bei vollem Durchfluss erreicht die über ein Stirnradgetriebe mit einem Asynchron-Generator gekoppelte Schnecke eine Engpassleistung von 223 kW. Durch einen regelbaren Zulaufschütz erfolgt die Regelung des Schneckenkraftwerks, wodurch auf einen Frequenzumrichter verzichtet werden konnte. Die langsam rotierende Schnecke gewährleistet den Fischen im Oberlauf der Wehranlage zudem eine sichere Abstiegsmöglichkeit ins Unterwasser.

• Ausbauwassermenge: 54,3 m³/s • Bruttofallhöhe: 5,35 m • Turbinen neu: 2 x Kaplan • Durchfluss: 2 x 16 m³/s • Drehzahl: 2 x 214 U/min • Engpassleistung: 2 x 737 kW • Hersteller: Voith Hydro / Small Hydro Division • Generatoren: 2 x Synchron • Nennscheinleistung: 2 x 900 kVA • Turbine alt: Francis • Engpassleistung: ca. 450 kW • Stahlwasserbau: S.K.M. GmbH • Wasserkraftschnecke: SPAANS BABCOCK • Fischaufstiegsschnecke: STRASSER/REHART • Regelarbeitsvermögen: ca. 12 GWh/a

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Das Restwasserkraftwerk inklusive Fischaufstiegsschnecke wurde am Ende des Einlaufbereichs errichtet.

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Die patentierte Fischaufstiegsschnecke des Systems STRASSER/REHART ermöglicht den Gewässerbewohnern eine komfortable Passage ins Oberwasser.

messer von 1,4 m und einem auf 1,6 m vergrößerten Einschwimmrohr geliefert. Die nach oben beförderte Wassermenge liegt bei 12 l/s. Ein Getriebemotor mit einer Leistung von 2,5 kW treibt das Wendelrohr mit einer Drehzahl von 5 U/min an. Dank dieser langsamen Drehgeschwindigkeit erfolgt der Fischaufstieg stress- und vor allem verletzungsfrei. „Die patentierte Sohlanbindung in Kombination mit dem Feinrechen gewährleistet beste Aufstiegszahlen und ermöglicht auch schwimmschwachen Fischen wie der Koppe oder dem Neunauge einen problemlosen Aufstieg. Außerdem ist die FAS auch für größere Fische wie den Huchen geeignet“, bekräftigt Strasser.

ner rund 10 m tiefen Baugrube, mittels spezieller Tiefenfundierung und Bodeninjektion wurde das Gebäudeinnere schrittweise neu aufgebaut. Die Anzahl der Turbinen im Krafthaus verringerte sich von vier auf drei Stück, wobei eine vorhandene Francis-Turbine samt Generator umfassend saniert wurde. Die international renommierte Small Hydro Division von Voith Hydro GmbH&Co KG vom Standort St. Georgen fertigte zwei für jeweils 16 m³/s Ausbauwassermenge und 5,35 m Bruttofallhöhe konstruierte Kaplan-Turbinen mit vertikalen Wellen. Unter Volllast erreicht jede der hydraulisch geregelten Maschinen 737 kW Engpassleistung. Als Energiewandler lieferte Voith zwei direkt mit den Turbinenwellen gekoppelte Synchron-Generatoren. Die mit Gleitlagern bestückten Generatoren drehen wie die Turbinen mit exakt 214 U/ min und wurden auf eine Nennscheinleistung von jeweils 900 kVA ausgelegt. Mit der Erneuerung des elektro- und leittechnischen Equipments wurde die SCHUBERT Elektroanlagen GmbH beauftragt. Die Niederösterreicher sorgten für die Automatisierung der gesamten Krafthaustechnik und der Wehranlage inklusive RRM und integrierten die bestehende Niederspannungshauptverteilung in die neue Steuerung. Komplettiert wurde der

Lieferumfang durch ein SMS-Störmeldesystem und die Steuerungs-Visualisierung der kompletten Anlage inklusive Fernzugriff über ein VNC-Programm. VIELZAHL VON OPTIMIERUNGEN Im Sommer des Vorjahres ging das für rund 6,5 Millionen Euro rundum erneuerte Traditionskraftwerk an der Steyr wieder ans Netz. Bernhard Strasser fasst die im Zuge des Umbaus erreichten Optimierungen zusammen: „Aus ökologischer Perspektive ist der ungehinderte Fischaufstieg mittels FAS sowie die dynamische Restwasserabgabe durch die Wasserkraftschnecke nun ganzjährig gewährleistet. Als technische Verbesserung ist zu erwähnen, dass alle Anlagenteile mehr als 100 Jahre alt waren und das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hatten. Durch die Neukonzeptionierung konnte die Betriebssicherheit wesentlich erhöht werden. Darüber hinaus wurde die Kraftwerksleistung von vormals ca. 1,3 auf rund 2 MW gesteigert, die Jahresarbeit erhöhte sich von 7,5 auf rund 12 GWh. Aus Betreibersicht war es ein herausforderndes Jahr mit vielen kleinen Problemen und Unvorhersehbarkeiten. Nun sind wir aber froh, dass wir uns zum Umbau der Anlage in dieser Form entschieden haben."

Foto: Bernhard Strasser

KRAFTHAUS ENTKERNT UND MODERNISIERT Ein wesentlicher Aspekt der Anlagenmodernisierung stellte laut Planer Fritsch die Sanierung des Krafthauses dar: „Die Gebäudehülle steht unter Ensembleschutz, wodurch nur im Inneren bauliche Veränderungen vorgenommen werden durften. Wir haben viel Erfahrung mit alter Bausubstanz und haben für diese Herausforderung ein entsprechendes Konzept ausgearbeitet.“ Damit die neuen Turbinen Platz finden, musste das Bauwerk völlig entkernt werden. Dies resultierte in ei-

Visualisierung der Kraftwerkssteuerung von der SCHUBERT Elektroanlagen GmbH.

Die Generalsanierung machte das Traditionskraftwerk an der Steyr fit für die Zukunft.

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Im schweizerischen Giswil ging im Oktober 2020 das bereits dritte Trinkwasserkraftwerk der Gemeinde ans Netz. Die Anlage wurde innerhalb eines halben Jahres als Erweiterung des bestehenden Trinkwasserkraftwerks Pörter errichtet. Realisiert wurde das neue Kraftwerk im Zuge der Erneuerung einer 1.670 m langen Trinkwasserleitung, deren hydroenergetisches Potential zuvor in Druckbrecherschächten vernichtet wurde. Andritz HYDRO rüstete die Anlage mit einer hocheffektiven 1-düsigen Pelton-Turbine aus. Bei einer Bruttofallhöhe von 376 m und einer Ausbauwassermenge von 15 l/s schafft das horizontalachsige Kraftpaket eine Engpassleistung von 44 kW. Für die Ausführung des elektro- und leittechnischen Equipments sorgte der Automatisierungsspezialist Kobel AG.

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ie Nutzung bestehender Infrastruktur zur sauberen Stromgewinnung steht in der Schweizer Gemeinde Giswil im Kanton Obwalden hoch im Kurs, erklärt der für die Wasserversorgung zuständige Brunnenmeister Armin Berchtold: „Das qualitativ hochwertige Trinkwasser der Gemeinde stammt zur Gänze aus Bergquellen und fließt ohne separate Pumpanlagen ins Tal. Um das dabei entstehende hydroenergetische Potential nicht ungenutzt verkommen zu lassen, wurde 1995 das Trinkwasserkraftwerk (TWKW) Pörter errichtet, 2005 wurde mit der Anlage Herber, die eine Leistung von 160 kW aufweist, ein weiteres Kleinkraftwerk in das Verteilnetz integriert.“ Berchtold führt weiter aus, dass mit der Errichtung des TWKW eine Win-Win-Situation geschaffen wird. So erhält die Gemeinde neben dem obligaten Wasserzins der Verbraucher auch den geförderten Schweizer Ökostromtarif „Kostendeckende Einspeisevergütung“ (KEV) für die Energieproduktion der Anlagen. Die damit erzielten Gewinne werden wiederum direkt in den Erhalt der Infrastruktur investiert.

Fotos: Armin Berchtold

GISWIL ERZEUGT MIT TRINKWASSER DREIMAL ÖKOSTROM

Die Gemeinde Giswil am Sarnersee hat im Oktober 2020 ihr bereits drittes Trinkwasserkraftwerk in Betrieb genommen. Im Bild das zur Pegelregelung der Turbine dienende Niveaubecken, das anstelle eines Druckbrecherschachts eingebaut wurde.

ausgetauscht werden musste. „Auch die drei Druckbrecherschächte der knapp 400 Höhenmeter überwindenden Leitung hätten in trinkwasserkonformer Ausführung erneuert werden müssen. Bei einem Preis von bis zu 30.000 CHF pro Schacht hätte dies in Kombination mit der neuen, rund 1.670 m langen Leitung in etwa die gleichen Kosten wie der Bau eines TWKW ergeben. Zudem konnte für die neue Anlage die vorhandene Infrastruktur des TWKW Pörter genutzt werden“, so Berchtold. Ein zentraler Punkt für die Rentabilität der Anlage war die Gewährleistung, dass der gleiche Energietarif wie der für die bestehende Anlage Pörter zugesichert wird. Die Swissgrid bestätigte, dass alle Kriterien für eine Erweiterung des bestehenden TWKW Pörter erfüllt sind. Der Energietarif fällt unter die Gesetzgebung der Mehrkostenfinanzierung (MKF), die bis 2035 gewährleistet wird. Berchtold ergänzt, dass die anfangs prognostizierten Baukosten von rund 1 MilliDer obere Abschnitt der 1.670 m langen Wasserleitung wurde mithilfe von Luftunterstützung verlegt.

on CHF weit unterschritten wurden: „In Summe wurden rund 700.000 CHF in der Projekt investiert. Die Baufirma hat einen sehr guten Preis gemacht. Zudem haben wir die Planung und das Engineering sowie die Rohrverlegung in Eigenregie durchgeführt, wodurch eine Menge an Kosten eingespart wurde.“ ROHRVERLEGUNG MIT LUFTUNTERSTÜTZUNG Der erste Projektabschnitt erfolgte bereits im Jahr 2017. Dabei wurde das rund 900 m lange Mittelstück der Trinkwasserleitung, die an drei Stellen beschädigt war, entlang der Alp­ straße erneuert. Nach der Schneeschmelze im April des Vorjahres konnte die zweite Etappe des Projekts beginnen. Im oberen Bereich der Rohrtrasse wurde aufgrund des steilen Geländes zum Materialtransport auf die Dienste eines Transporthelikopters zurückgegriffen. Dabei wurden die aus Polyethylen gefertigten Rohre vor Ort zu zwei jeweils 120 m langen Wegen des hohen Betriebsdrucks besteht der untere Leitungsabschnitt aus duktilen Gussrohren.

BAUKOSTEN WEIT UNTERSCHRITTEN Die Idee zum Bau des dritten TWKW in Giswil entstand im Jahr 2017 im Zuge der notwendigen Erneuerung einer alten Trinkwasserleitung. An der seit 1967 in Betrieb stehenden Leitung aus Eternit und PVC-Rohren hatten Geländeverschiebungen im Laufe der Zeit an mehreren Stellen Beschädigungen verursacht, weswegen diese vollumfänglich

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Technische Daten

Für die Ausführung des gesamten elektromechanischen und leittechnischen Equipments sorgten wie bei den anderen beiden Giswiler TWKW Andritz HYDRO und die Kobel AG. Die Gemeinde rechnet bei ihrer neuesten Anlage mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von ca. 154.000 kWh Ökostrom.

• Trinkwasserkraftwerk • Ausbauwassermenge: 15 l/s • Bruttofallhöhe: 376 m • Leitungslänge: ca. 1.670 m • Ø: DN125 • Turbine: 1-düsige Pelton • Drehzahl: 1.500 U/min • Engpassleistung: 44 kW • Hersteller: Andritz HYDRO • Generator: Asynchron • Nennscheinleistung: 50 kVA • Elektro- & Leittechnik: Kobel AG • Regelarbeitsvermögen: ca. 154.000 kWh/a

Teilstücken zusammengeschweißt und auf dem Luftweg zum Rohrgraben befördert. Der untere, rund 800 m lange Leitungsabschnitt besteht bedingt durch die höheren Druckverhältnisse aus duktilen Gussrohren. Die Rohrdimension beträgt entlang der gesamten Rohrtrasse DN125. Dank weitgehend güns­ tiger Witterungsverhältnisse schritt die Rohrverlegung zügig voran, lediglich im Spätsommer 2020 mussten die Arbeiten wegen starker Regenfälle für ca. eine Woche pausieren. Parallel zu den Baumeisterarbeiten am Tur­ binenhaus und der von unten nach oben durchgeführten Rohrverlegung erfolgte der Einbau eines rund 16 m³ fassenden Niveaubeckens im obersten Abschnitt des Projektgebiets. Das aus lebensmitteltauglichem Kunststoff gefertigte Reservoir dient zur Pe­gel­regelung der Turbine und wird von ins­ ge­samt vier Quellen gespeist. Für die Kommunikation zwischen der Zentrale und dem Niveaubecken sorgt ein gemeinsam mit der neuen Wasserleitung verlegtes Datenkabel. BEWÄHRTE UNTERNEHMEN AM ZUG Rund ein halbes Jahr nach Baubeginn konnte im Oktober das elektromechanische Equip-

ment im Maschinenhaus installiert werden. Bei der Anlagentechnik setzte die Gemeinde auf zwei bewährte Unternehmen, die ihre Kompetenz bereits bei den bestehenden TWKW unter Beweis gestellt hatten. Der Weltmarktführer im Small Hydro-Bereich Andritz HYDRO lieferte das Herzstück der Anlage, eine horizontalachsige 1-düsige Pelton-Turbine mit direkt gekoppeltem Asynchron-Generator. Unter Volllast erreicht die auf 15 l/s Ausbauwassermenge und 376 m Bruttofallhöhe ausgelegte Maschine eine Engpassleistung von 44 kW. Das Pelton-Laufrad besteht, wie sämtliche wasserberührten Komponenten der Turbine, aus Edelstahl und treibt den luftgekühlten Generator mit 1.500 U/min an. Damit die Wasserversorgung bei Wartungsarbeiten oder Störfällen jederzeit aufrecht bleibt, wurde am Maschinensatz ein Bypass installiert. Das elektro- und leittechnische Equipment lieferte die Kobel AG, die als Automatisierungsspezialist im Kleinwasserkraftsektor einen hervorragenden Ruf genießt. Als Schaltanlage wurde eine Elektronik-Modulsteuerung installiert, welche die vollautomatische Steuerung und Regelung der Anlage inklusive aller dazugehörigen

Hilfsbetriebe ermöglicht. Mittels potential­ freien und analogen Signalen kommuniziert die Kraftwerkssteuerung mit dem Fernwirkund Störmeldesystem TAS. ÜBER 150.000 KWH JAHRESERZEUGUNG Die Fertigstellung des dritten TWKW in Giswil wurde noch im Oktober wie geplant abgeschlossen, erklärt Armin Berchtold: „Das Projekt hat von der ersten Konzeption bis hin zur finalen Inbetriebnahme tadellos funktioniert. Unsere ersten Betriebserfahrungen sind sehr positiv. Dank der milden Temperaturen im Februar und den damit einhergehend außergewöhnlich hohen Zuflüssen konnte die Anlage ihre Effizienz frühzeitig unter Beweis stellen. Gäbe es die Möglichkeit, würden wir sofort ein weiteres TWKW errichten.“ Im Regeljahr wird das neue TWKW rund 154.000 kWh Strom erzeugen. Berchtold merkt an, dass mit der in Bälde anstehenden Erneuerung der Quellfassungen zukünftig noch mehr Trinkwasser während der Schneeschmelze gefasst werden kann. Diese zusätzliche Wassermenge sollte sich in weiterer Folge naturgemäß positiv auf die Effizienz des neuen TWKW auswirken.

Verwaltungsrat-Präsident der Wasserversorgung Giswil Oskar Zumstein, Brunnenmeister Armin Berchtold und Projektverfasser Robert Durrer (v.l.) bei der Inbetriebnahme im Oktober 2020.

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Der Ersatzneubau des Energie AG Wasser­kraftwerks Dürnau im oberösterreichischen Vöcklabruck steht Ende März kurz vor der Fertigstellung. Bei einem Pres­segespräch vor Ort erörterten Energie­ AG Generaldirektor Werner Stein­ecker­,­ Technikvorstand Stefan Stallinger­und Wirtschafts- und Energie-Landesrat Markus Achleitner die Baufortschritte der komplett erneuerten Anlage. Das über 120 Jahre alte Kraftwerk wurde im Zuge des Umbaus vom vormaligen Ausleitungskonzept als Laufwasserkraftwerk völlig neu errichtet. Der Neubau bewirkt eine Verdreifachung der Leistung auf ca. 1,2 MW und wird zukünftig den Jahresstrombedarf von rund 1.400 Haushalten mit grünem Strom abdecken. Bereits im Mai soll das Kraftwerk den Probebetrieb aufnehmen.

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eim Pressegespräch zum Ersatzneubau des Kraftwerks Dürnau in Vöckla­bruck betonte Energie AG Generaldirektor Werner Steinecker die hohe Priorität des Ausbaus von Erzeugungsanlagen. Nur so könne das von der Bundesregierung angestrebte Ziel, bis 2030 heimischen Strom ausschließlich aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen, erreicht werden. Bei einem rund 90-prozentigen Ausbaugrad der Wasserkraft in Oberösterreich besitzen Projekte wie das Kraftwerk Dürnau besonderen Vorbildcharakter. Durch die Erneuerung verdreifacht sich die Leistung der Anlage. Zusätzlich wird der Hochwasserschutz optimiert und eine Vielzahl von ökologischen Verbesserungen geschaffen. „Wasserkraft ist die wesentliche Säule zum Aufbau einer erneuerbaren Energiezukunft, und dafür zählt jeder Baustein“, bekräftigt Technikvorstand Stefan Stallinger. „Darüber hinaus haben Investitionen in Wasserkraft einen sehr hohen heimischen Wertschöpfungsanteil: Mehr als 80 Prozent der Investitionssumme fließen in die österreichische Gesamtwirtschaft. Auch zahlreiche oberösterreichische Betriebe sind hier mit ihrem Know-how führend tätig und können durch Wasserkraftprojekte weitere Arbeitsplätze in Oberösterreich schaffen bzw. absichern“, hebt Wirtschafts- und Energie-Landesrat Markus Achleitner hervor.

Energie AG Generaldirektor Werner Steinecker, Technikvorstand Stefan Stallinger, Landesrat Markus Achleitner und Geschäftsführer Norbert Rechberger (v.l.) auf der Baustelle des Kraftwerks Dürnau in Vöcklabruck.

ursprüngliche Agerflussbett wird als neuer Werkskanal für die drei verbleibenden Ausleitungskraftwerke reaktiviert und nach den heutigen gewässerökologischen Standards gestaltet. Zum Schutz des Siedlungsgebiets Dürnau wurde entlang der Ager zusätzlich ein Hochwasserschutz errichtet. Im September 2019 wurde mit der Errichtung des neuen Werkskanals und weiteren notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen für die Außerbetriebnahme des bestehenden alten Kraftwerks Dürnau begonnen. Mit Anfang März 2020 wurde die Ausleitung für das bestehende Kraftwerk beendet und mit den Arbeiten der Hauptbaugrube des neuen Krafthauses begonnen. Von September 2019 bis Februar 2020 wurde der neue Werkskanal samt Einlaufbauwerk im alten Agerflussbett errichtet. Zur Überführung der Straße wurde eine Brücke gebaut und auch die Querung der Wasserversorgungsleitung wurde sichergestellt. Im Februar 2020 wurde die Altanlage stillgelegt und abgetragen sowie der alte Werkskanal verfüllt. Anschließend wurde mit dem Tiefenaushub und der Fundamentierung des neuen Kraftwerkes begonnen. Zugleich wurde die Altanlage abgetragen und der alte Werkskanal verfüllt. Ende Jänner 2021 war das Krafthaus im Rohbau fertig gestellt. Unmittelbar darauf folgend begann der Ausbau der Energietechnik. Am 9. März 2021 begann der Einbau der Kaplan-Turbine mit vertikaler Welle, welche im Mai 2021 erstmals in Probebetrieb gehen wird. „Dank einer speziellen Injektorwirkung erreicht die Turbine bei Überwasser sogar eine Mehrleistung zwischen 5 und 15 Prozent“, merkt Energie AG Geschäftsführer Norbert Rechberger an. Nach seiner Fertigstellung kann das neue Kraftwerk Dürnau mit seiner Jahresproduktion von ca. 5,8 GWh Strom den Energiebedarf von rund 1.400 Haushalten abdecken. Lageplan des neuen Kraftwerks

Foto: Energie AG

INBETRIEBNAHME IN SICHTWEITE Am Schöndorfer-Werkskanal in Vöcklabruck wurden bisher vier Kraftwerke in einem aus der Ager ausgeleiteten Werkskanal betrieben. Eines davon, das Kraftwerk Dürnau, befindet sich im Besitz der Energie AG und erforderte aufgrund der in die Jahre gekommene Anlageninfrastruktur (Baujahr 1897) einen Neubau. Im Zuge dieses Neubaus wurde der Werkskanal verlegt und ein Laufkraftwerk direkt in der Ager errichtet. Damit kann die Restwasserstrecke in der Ager deutlich verkürzt und ökologisch aufgewertet werden. Das in den 70er Jahren aufgelassene

Foto: Energie AG/Kressl

ENERGIE AG VERDREIFACHT LEISTUNG VON KW DÜRNAU

Vogelperspektive auf die Baugrube des neuen Krafthauses im Oktober 2020.

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Fotos: GUGLER

Für das 2020 neu gebaute Kleinwasserkraftwerk Haut Bens in Frankreich lieferte der österreichische Wasserkraftexperte GUGLER Water Turbines GmbH eine horizontalachsige 3-düsigen Pelton-Turbine mit direkt gekoppeltem Synchron-Generator.

FRANZÖSISCHES WASSERKRAFTWERK HAUT BENS IN REKORDZEIT ANS NETZ GEGANGEN Anfang November des Vorjahres hat der österreichische Wasserkraftexperte GUGLER Water Turbines GmbH das Kleinwasserkraftwerk Haut Bens im Osten von Frankreich erfolgreich in Betrieb genommen. Die nach dem Ausleitungsprinzip konzipierte Anlage in der Gemeinde Arvillard nutzt das hydroenergetische Potential des Gewässers Le Bens und wurde innerhalb eines halben Jahres völlig neu errichtet. Als Herzstück der Anlage lieferte GUGLER im Auftrag der Betreibergesellschaft Compagnie des Hautes Chutes de Roques (CHCR) eine 3-düsige Pelton-Turbine mit horizontaler Welle und direkt gekoppeltem Synchron-Generator. Unter Volllast erreicht das auf eine Ausbauwassermenge von 800 l/s ausgelegte Kraftpaket eine Engpassleistung von mehr als 1,8 MW, im Regeljahr wird die Anlage rund 7 GWh grünen Strom produzieren. Basierend auf dem positiven Kundenfeedback zeigt man sich bei GUGLER guter Dinge, bald den nächsten Auftrag in Frankreich an Land zu ziehen.

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ie Unternehmensgruppe Groupe Hydrocop ist mit insgesamt 36 Anlagen unterschiedlicher Bauart und Leistungsklassen der viertgrößte Stromerzeuger aus Wasserkraft in Frankreich. Bei einer Gesamtleistung von rund 82 MW erzeugen die Kraftwerke alljährlich ca. 344 GWh Ökostrom. Bis 2035 will Group Hydrocop seine Jahresproduktion im Rahmen von Neubau- und Revitalisierungsprojekten auf mehr als 500 GWh im Jahr steigern. Das jüngste Kleinwasserkraftwerk Haut Bens wurde im Herbst 2020 von der Tochtergesellschaft Compagnie des Hautes Chutes de Roques (CHCR) im Osten von Frankreich in der Gemeinde Arvillard fertiggestellt.

gebirgige Topographie ideale Voraussetzungen zur hydroelektrischen Stromgewinnung bieten. In früheren Zeiten war das Gebiet eine Hochburg der Eisenverarbeitung. Schon

damals nutzten die Handwerker die natürliche Kraft des Wassers, indem sie die mechanischen Transmissionen ihrer Werkstätten mittels hölzerner Wasserräder in Bewegung

An der Wehranlage werden bis zu 800 l/s Ausbauwassermenge gefasst und über eine rund 3 km lange Druckrohrleitung DN800 ins Krafthaus geleitet.

WASSERKRAFT HAT TRADITION Arvillard befindet sich in der Region Auvergne-Rhône-Alpes, deren Wasserreichtum und

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Projekte

Die Anlage Haut Bens ist das bereits 30. Wasserkraftwerk des CHCR-Mutterkonzerns Group Hydrocop in Frankreich.

versetzten. Mit der Verbreitung des elektrischen Stroms wurden die mechanischen Anlagen zunehmend auf die Produktion von Elektrizität umgerüstet. Eine ganze Reihe von über 100 Jahre alten Wasserkraftwerken in der Region steht noch heute in Betrieb. 2016 beteiligte sich die Betreibergesellschaft CHCR an der öffentlichen Ausschreibung für den Bau eines neuen Kleinwasserkraftwerks am Gebirgsfluss Le Bens, der unweit des Ortszentrums von Arvillard ins Gewässer Le Breda mündet. Im Rahmen des aufwändigen Genehmigungsprozesses wurde CHCR schließ­ lich die Baubewilligung erteilt, wo­ raufhin im Frühjahr 2020 die Umsetzungsphase startete. HERAUSFORDERNDE UMSTÄNDE Den Zuschlag für die Ausführung des elektromechanischen Anlagenequipments erteilte CHCR der in Oberösterreich ansässigen GUGLER Water Turbines GmbH, die als international renommierter Wasserkraftexperte branchenweit einen hervorragenden Ruf genießt. „Wir haben in Frankreich bereits meh-

rere Projekte erfolgreich abgeschlossen, das Kraftwerks Haut Bens war nun der erste Auftrag für den Betreiber CHCR. Die Umstände bei der Auftragserteilung im März 2020 während des Ausbruchs der Corona-Krise waren sicherlich speziell. Mehrere unserer Lieferanten hatten ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, was hinsichtlich der rechtzeitigen Beschaffung verschiedener Komponenten eine große Herausforderung darstellte“, erklärt GUGLER-Projektleiter Stefan Hartl. In technischer Hinsicht stellte die horizontalachsige Pelton-Turbine in 3-düsiger Ausführung ebenfalls eine Besonderheit für GUGLER dar. Vor dem Zuschlag für das Projekt Haut Bens hatten die Oberösterreicher bereits Maschinen in dieser Bauform für Kraftwerke in Südamerika bzw. in Wales gefertigt. STRAFFER TERMINPLAN Stefan Hartl weist darauf hin, dass die Konstruktions- und Fertigungszeit der Turbine vom Auftraggeber äußerst knapp bemessen war: „Damit die Anlage zur Schneeschmelze im Frühling 2021 unter Volllast produzieren

konnte, musste die Inbetriebnahme noch vor dem Wintereinbruch 2020 abgeschlossen werden. Darüber hinaus sind in dem hochgelegenen Projektgebiet frühe Schneefälle keine Seltenheit, wodurch in weiterer Folge die Zugänglichkeit zur Baustelle massiv erschwert worden wäre.“ Damit der enge Zeitplan bis zur Fertigstellung eingehalten werden konnte, wurden die Wasserfassung, das Krafthaus und die Druckrohrleitung in einem Zug errichtet. Als Kraftabstieg wurde eine rund 3 km lange Druckrohrleitung aus duktilen Gussrohren DN800 verlegt. Die Ausleitung des Gewässers an der Wasserfassung erfolgt mit einem klassischen Tiroler Wehr. Daran anschließend wurde ein großzügig dimensioniertes Entsanderbecken errichtet. Das Reservoir reduziert die Fließgeschwindigkeit des Triebwassers und sammelt die feinen Sedimente des Gewässers, die über einen Spülschütz in die Restwasserstrecke abgegeben werden. Am Ende des Entsanders befindet sich ein vertikaler Feinrechen inklusive dazugehörigem Rechenreiniger, der für freien Durchfluss vor dem Beginn des Kraftabstiegs sorgt. MEHR ALS 1,8 MW ENGPASSLEISTUNG Nach Abschluss der Betonarbeiten im Krafthaus konnte im September 2020 die Montage des Maschinensatzes erfolgen. An der zuvor beim Fertigungsbetrieb durchgeführten Abnahme der Turbine hatten die Kundenvertreter wegen der Reisebeschränkungen via Online-Videokonferenz teilgenommen. Die Anlieferung durch einen steilen Waldweg zum Krafthaus stellte laut Stefan Hartl eine logistische Herausforderung an sich dar. In Grenoble wurde das mechanische Equipment vom Lkw auf kleinere Transporter umgeladen und zur Baustelle verfrachtet. Für die Montage des Maschinensatzes wurde ein italienisches Unternehmen engagiert, das sich zuvor schon bei mehreren GUGLER-Projekten be-

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 800 l/s • Nettofallhöhe: 255,77 m • Turbine: 3-düsige Pelton • Turbinenachse: horizontal • Engpassleistung: 1.805 kW • Hersteller: GUGLER Water Turbines GmbH • Generator: Synchron • Kühlung: Luft • Hersteller: Leroy-Somer Unter Volllast schafft die Pelton-Turbine 1.805 kW Engpassleistung, durch die 3-düsige Ausführung produziert die Maschine auch in einem breiten Teillastbereich effektiv Strom.

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• Jahresarbeit: ca. 7 GWh

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Projekte währt hatte. Hartl weist darauf hin, dass die Regelung der Pelton-Düsen eine Besonderheit aufweist, die speziell im französischen Raum üblich ist. So erfolgt der Schließvorgang mittels Metallfedern, das Öffnen geschieht auf hydraulischem Weg. Darüber hinaus musste das Hydraulik-Aggregat zur Düsenregelung mit speziellen Ventilen ausgestattet werden. Die Turbine wurde auf eine Ausbauwassermenge von 800 l/s und eine Nettofallhöhe von 255,77 m ausgelegt. Bei vollem Zufluss erreicht das Kraftpaket somit eine Engpassleistung von 1.805 kW. Das aus einem Edelstahl-Monoblock gefräste Laufrad hat einen Durchmesser von 645 mm und besteht aus insgesamt 18 Pelton-Bechern. Als Energiewandler dient ein direkt mit der Turbinenwelle gekoppelter Synchron-Generator des französischen Herstellers Leroy-Somer. Die mittels Wälzlager ausgeführte Lagerung des Maschinensatzes befindet sich auf der Generatorseite und wurde mit einer automatischen Schmiereinrichtung ausgestattet. JUBILÄUMSKRAFTWERK Im Anschluss an die Montagearbeiten reisten Stefan Hartl und sein Kollege Lukas Stockinger Ende Oktober zur Inbetriebnahme der Anlage nach Frankreich. Durch einen herbstlichen Schneeschauer konnte die Anlage

GUGLER-Projektleiter Stefan Hartl (li.) und Lukas Stockinger bei der Inbetriebsetzung im Herbst 2020. Im Regeljahr wird das Kraftwerk rund 7 GWh Ökostrom erzeugen.

gleich mit dem Schmelzwasser unter Volllast getestet werden. „Der Inbetriebnahmeprozess ging dank der guten Vorarbeit aller beteiligten Unternehmen wunschgemäß über die Bühne. Beim kurzzeitig möglichen Volllastbetrieb hat der Maschinensatz sein Leistungsvermögen gleich unter Beweis gestellt. Bedingt durch das sehr positive Kundenfeedback gehen wir davon aus, dass wir gute Karten für das nächs-

te Wasserkraftprojekt von CHCR in der Hand halten“, bekräftigt Stefan Hartl. Für den CHCR-Mutterkonzern Groupe Hydrocop stellt die Inbetriebnahme des Kraftwerks Haut Bens ein erfreuliches Jubiläum dar. Das Kraftwerk, das im Regeljahr rund 7 GWh Ökostrom erzeugen wird, ist die mittlerweile 30. Anlage, die das Unternehmen auf französischem Boden betreibt.

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KONCAR GRUPPE – EIN JAHRHUNDERT GEPRÄGT VON SPITZENLEISTUNG, INNOVATION UND KOMPROMISSLOSER QUALITÄT Am 24. Januar 1921 begann die Geschichte einer kleinen Werkstatt, deren Bestimmung es werden sollte, Großes zu leisten. Voller Beharrlichkeit und der Entschlossenheit, Spitzenleistungen zu erbringen, hat sich die einstige Werkstatt zum regionalen Marktführer für Elektroindustrie und Schienenlösungen entwickelt, der heute als KONČAR Gruppe bekannt ist. Mittlerweile blickt das Unternehmen auf ein Jahrhundert kontinuierlichen Engagements und auf Tausende erfolgreiche Projekte zurück. Mit dem Bekenntnis zu kompromissloser Qualität hat sich KONČAR zu einem weltweit anerkannten Schöpfer für Innovation und Technik entwickelt. Heute sind seine Produkte und Lösungen in mehr als 130 Märkten weltweit präsent und bestätigen das ihnen entgegengebrachte Vertrauen durch Spitzenleistungen.

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as Portfolio von KONČAR umfasst eine Vielzahl erfolgreicher Projekte und erstklassiger Produkte, die auf alle Kontinente geliefert wurden und die sich bewährt haben. Infolgedessen ist KONČAR heute einer der größten kroatischen Exporteure und gilt als Treiber der industriellen Entwicklung in Kroatien. Seit seiner Gründung hat KONČAR in Summe 700 Generatoren gefertigt, 375 Wasserkraftwerke und Zehntausende von Umspannwerken auf der ganzen Welt teilweise oder vollständig ausgerüstet oder revitalisiert. Das Unternehmen hat im Jahr 2020 bemerkenswerte Ergebnisse erzielt, welche die Agilität, Flexibilität und Stärke auch angesichts der unvorhergesehenen Corona-Pandemie unterstreichen.

EIN JAHR BLEIBT IN ERINNERUNG Während sich viele der größten Volkswirtschaften der Welt an 2020 als eines der unsi-

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chersten und herausforderndsten Jahre in der jüngeren Geschichte erinnern werden, bedeutete es für KONČAR ein Jahr des Fortschritts und der historischen Durchbrüche. Mit Fokus auf umweltfreundliche und digitale Lösungen geht das Unternehmen konsequent seinen Weg der Nachhaltigkeit. Als eines der wichtigsten Projekte ist sicherlich das Solarkraftwerk auf der Insel Vis zu nennen, derzeit das größte seiner Art in Kroatien. Während der gesamten Projektdauer war KONČAR für die Erlangung aller erforderlichen Genehmigungen, die Erstellung der Projektdokumentation und den schlüsselfertigen Bau der Anlage verantwortlich, insbesondere durch die Lieferung von Ausrüstung, Bau- und Elektroarbeiten und den endgültigen Anschluss des Kraftwerks an das Umspannwerk. Noch in diesem Jahr wird KONČAR am selben Standort einen Batteriespeicher installieren, der die Insel der Selbstversorgung einen Schritt näher bringt.

REKORD-TRANSFORMATOR FÜR DIE USA Im vergangenen Jahr hat KONČAR das Segment der Transformatoren weiterentwickelt und die größten Messwandler geliefert, die das Unternehmen jemals hergestellt hat. Sie gehören zu den weltweit größten Transformatoren dieser Art in Bezug auf Spannungsniveau und Leistung. Diese Leistung ist umso höher einzuschätzen, wenn man berücksichtigt, dass es sich bei dem Käufer um eines der strategisch wichtigsten Energieunternehmen in den USA handelt. KONČAR unterzeichnete außerdem einen neuen Zweijahresvertrag über die Lieferung von Transformatoren für ein deutsches Energieunternehmen. Der Vertragsunterzeichnung ging ein anspruchsvoller Präqualifizierungsprozess voraus, bei dem modernste technische und technologische Lösungen eingesetzt wurden, um den anspruchsvollen EU-Vorschriften zu entsprechen. Das technische Design erforderte spezifische Ver-

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Foto: Glanzer

Das Wasserkraftwerk Zakucac in Kroatien bringt mit seinen vier Maschinensätzen eine Gesamtleistung von 488 MW. Die installierten Generatoren stammen vom kroatischen Hersteller KONCAR.

Foto: KONCAR

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Das Kraftwerk Brecice an der unteren Save weist eine Nennleistung von 47,4 MW auf. Die drei Maschinengruppen sind auf einen Durchfluss von 500 m3/s ausgelegt.

Foto: Glanzer

besserungen im Einklang mit den Anforderungen der ökologischen Vorgaben, wodurch die Transformatorverluste reduziert werden konnten. STARKE PRÄSENZ AM WASSERKRAFTSEKTOR KONČAR verstärkte die Aktivitäten in seinen Top-Märkten, wie Österreich und Deutschland. Die Auftragsvergabe im Wasserkraftsegment führte 2020 zu hervorragenden Ergebnissen, darunter etwa vier große Revitalisierungen von Wasserkraftgeneratoren für den europäischen Markt, von denen einige die größten und anspruchsvollsten Revitalisierungen darstellen, die von KONČAR in jüngster Zeit durchgeführt wurden. Das Unternehmen beliefert regelmäßig ähnliche Projekte auf dem skandinavischen Markt, aber auch andere, weit entfernte Märkte – wie jenen Indonesiens. Zu den bedeutendsten Projekten im Jahr 2020 gehören die Fertigstellung eines Wasserkraftwerks in Kenia mit der Inbetriebnahme der dritten Maschineneinheit sowie der Abschluss

Foto: KONCAR

Foto: KONCAR

KONCAR beweist seine Kompetenzen auch im Photovoltaik-Sektor: Auf der Insel Vis wurde das größte PV-Kraftwerk Kroatiens realisiert.

Foto: PI Mitterfellner

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von zwei Verträgen, die die Lieferung eines horizontalen Synchrongenerators nach Finnland und drei vertikaler Synchrongeneratoren auf die Philippinen beinhalteten. ANSPRUCHSVOLLE ZIELE FÜR DIE ZUKUNFT KONČAR ist und bleibt weiterhin bestrebt, seine globale Präsenz durch erfolgreiche Projekte zu stärken. Der Fokus bleibt auf den Aspekten Nachhaltigkeit und Innovation, um wie im vergangenen Jahrhundert durch Lösungen mit Weitblick zu bestehen. Mit Blick auf die Zukunft besteht das Hauptziel von KONČAR darin, sein Energietechnik-Portfolio und seine Rolle bei der Entwicklung und Bereitstellung technologischer und digitaler Lösungen weiter zu stärken. Dies bezieht sich speziell auf erneuerbare Energien – Wasser-, Solar- und Windenergie – mit dem Ziel, die globale Präsenz weiter auszubauen. mehr unter: https://www.koncar.hr/en/

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Technik

HOCHLEISTUNGSHYDRAULIKÖL IM EINSATZ – PERFEKTES ZUSAMMENWIRKEN ZWISCHEN SCHREITBAGGER UND PAO-FLUID Fotos: Martin Simon

Eine rasche und zuverlässige Einsetzverfügbarkeit ohne unnötige Warmlaufphasen sowie Verlässlichkeit selbst bei sehr niedrigen oder hohen Temperaturen: Das sind die gewünschten Eigenschaften, auf die es bei schweren Arbeitsgeräten wie Schreitbagger an­ kommt. Hochleistungshydraulik ist für das Erreichen der gewünschten Charakteristika ein wesentlicher Faktor. Martin Simon hat sich auf Spezialarbeiten im unwegsamen Gelände spezialisiert und spricht im Interview darüber, wie sich die Qualität von Hydrauliköl direkt auf den Arbeitseinsatz auswirkt.

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artin Simon ist Spezialist beim Thema Schreitbaggerarbeiten. Sein Unternehmen, mit Sitz im oberfränkischen Wallenfels, hat sich auf Spezialarbeiten, insbesondere in unwegsamen Geländen spezialisiert. Geschäftsführer Martin Simon steuert seinen Menzi Muck M545 Generation X punktgenau und zuverlässig, egal ob im Forst, Flussbett oder steilen Hängen. Für ihn ist besonders in umweltsensiblen Bereichen ein verantwortungsvoller Einsatz und Umgang mit dem Bagger wesentlich. In Sachen Hydrauliköl überlässt der Schreitbagger-Experte ebenfalls nichts dem Zufall und setzt das Hochleistungshydrauliköl Avia Syntodluid PE-B 50 ein. Simon schätzt das perfekte Zusammenspiel zwischen Hydrauliköl und Maschine. Im Interview erzählt er über das Wirkprinzip Maschine – Hydrauliköl. Was muss aus Ihrer Sicht, für Ihre Anwendungen, ein Hochleistungshydrauliköl leisten? Eine rasche und zuverlässige Verfügbarkeit meiner Maschinen ist essenziell, um effektiv arbeiten zu können. Das Hydrauliköl muss und kann hier eine zentrale Rolle spielen, sprich eine schnelle Verfügbarkeit der Hydraulik gewährleisten, ohne unnötige Warmlaufphasen. Auch bei extremen Kaltstartbedingungen. Weiterhin erwarte ich keine „zerstörenden“ Angriffe auf Dichtungen, Schläuche oder andere Bauteile. Das Hydrauliköl darf nicht ursächlich für mögliche Leckagen und Havarien sein, auch das hat für mich was mit ökologischer Performance zu tun.

Die Einsetzbarkeit muss auch unter widrigen Umständen gewährleistet sein – auch bei großer Hitze oder Kälte. Einen positiven Einfluss darauf hat die Verwendung von hochwertigem Hydrauliköl.

tungen, Schläuche, etc.) und Bauteilen ermöglicht mir die Verwendung des Avia Hydrauliköls eine sofortige Maschinenver­ fügbarkeit. Selbst bei extremen Kältebedingungen entfallen Warmlaufphasen. Ich kann so die Maschinenressourcen voll umfänglich ausschöpfen. Auch an besonders heißen Tagen spüre ich keine negativen Einflüsse. Was unterscheidet das Avia-Fluid von anderen Ölen? Das Hydrauliköl hat für mich viele Vorteile zu herkömmlichen Hydraulikölen. Die eingangs erwähnten positiven Kaltstarteigen-

schaften und die gute Verträglichkeit sind besonders hervorzuheben. Zudem ist das Öl laut technischer Information biologisch abbaubar und kann so auch in umweltsensiblen Bereichen eingesetzt werden. In der Praxis kommt es immer wieder zu ungewollten Ölvermischungen, insbesondere bei gemieteten Anbaugeräten. Hier zeigt sich das PAO-Hydrauliköl äußerst „wohlwollend“. Ich hatte hier noch nie irgendwelche Probleme. Ich habe das Gefühl, dass mir das Öl im Einsatz zusätzliche Leitungsreserven der Bagger eröffnet und das Preis-Leistungsverhältnis ist für mich absolut in Ordnung. Wichtige Eigenschaft von Hochleistungshydrauliköl: die gute Verträglichkeit mit allen in der Maschine verbauten Dichtungen und Schläuchen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Hydrauliköl Avia Syntodluid PE-B 50 gemacht? Neben der guten Verträglichkeit mit allen in der Maschine verbauten Elastomeren (Dich-

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Projekte

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Das Fischach-Kraftwerk Midering wurde von der Firma Jank GmbH dank eines innovativen Anlagenkonzepts auf neue Beine gestellt. Trotz ökologischer Anpassung hinsichtlich Durchgängigkeit gelang eine Produktionssteigerung um über 70 Prozent.

LEISTUNGSSPRUNG FÜR SALZBURGER KLEINKRAFTWERK DANK STARKEM KONZEPT UND SOLIDER TECHNIK Für das Fischach-Kraftwerk Midering in Hallwang, am nördlichen Stadtrand von Salzburg gelegen, sollte die anstehende ökologische Aufwertung eine echte Zäsur mit sich bringen. Die Errichtung einer Fischaufstiegshilfe und die Auflassung der Ausleitungsstrecke verlangte ein völlig neues Anlagenkonzept, das eine nachhaltige Stromerzeugung ohne die befürchteten Ertragseinbußen ermöglicht. Als idealer Partner sollte sich in dieser Frage der Wasserkraftspezialist Jank GmbH erweisen, der selbst ein Kraftwerk an der Fischach betreibt und ein Konzept mit horizontalem Einlaufrechen und vertikalen Kaplan-Turbinen entwickelte, das sogar eine beachtliche Leistungssteigerung ermöglichte. Im Zusammenspiel erzeugen die Jank-Turbine mit einem Hitzinger-Generator mittlerweile um über 70 Prozent mehr Strom als der Altbestand. Mit der 2020 erfolgten Fertigstellung der Gewässerstrukturierung sind die Arbeiten am KW Midering nun vollständig abgeschlossen.

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as seine ökologische Durchgängigkeit betraf, hatte das 1983 errichtete Kraftwerk Midering noch etwas Nachholbedarf. Das Fischach-Kraftwerk war ursprünglich als Ausleitungsanlage mit einer rund 350 Meter langen Rohrleitung errichtet worden. Eine Fischaufstiegshilfe gab es noch nicht. Daher hatten sich Kraftwerksbetreiber Josef Eder und sein Anlagenverantwortlicher Bernhard Fraungruber schon seit längerer Zeit mit der Frage beschäftigt, wie diese ökologische Durchgängigkeit am Kraftwerksstandort bestmöglich zu bewerkstelligen wäre. „Unter anderem hatten wir den Einbau einer Fischaufstiegsschnecke in Erwägung gezogen. Weil wir aber damit in wirtschaftlicher Hinsicht auf keinen grünen Zweig gekommen sind, haben wir diese Option wieder verworfen“, erzählt Bernhard Fraungruber. Eine alternative Lösung, basierend auf einem umfassenden Anlagenkonzept,

sollte eine neue Bekanntschaft bringen: Bernhard Fraungruber traf Siegi Jank, dessen Jank GmbH selbst ein Kraftwerk an der Fischach betreibt und dieses Eigen-Kraftwerk Grabenmühle – keine 10 Kilometer entfernt – ebenfalls erfolgreich umgestaltete. BEHÖRDE GOUTIERT NEUES KONZEPT Grundsätzlich sah der neue Plan vor, die bestehende Ausleitungsstrecke aufzulassen und an der Wehranlage ein neues Kraftwerk inklusive einer Fischaufstiegshilfe zu errichten. Letztere sollte als Vertical-Slot-Pass nach System „enature“ ausgeführt werden, der aus Becken mit einer Tiefe von 75 cm und einer Stufenhöhe von 12,5 cm besteht. „Der mit diesem Anlagenkonzept einhergehende Fallhöhenverlust sollte durch eine Stauzielerhöhung in Kombination mit einer Unterwassereintiefung sowie einer gesteigerten Ausbauwassermenge kompensiert werden.

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Durch den Wegfall der Ausleitungsstrecke wurde diese Variante von der Behörde sehr gut akzeptiert“, erklärt Bernhard Fraungruber. Als Vorteil sollte sich herausstellen, dass die Situierung des alten vertikalen Grobrechens günstig war. Somit bot es sich an, an selber Stelle den neuen Horizontalrechen zu installieren. Damit konnte ein Großteil der Einlaufsubstanz erhalten bleiben. Ein Beleg dafür, dass das neue Konzept energiewirtschaftlich fundiert und weitblickend war. „Im Rahmen des Detail-Engineerings durch die Jank GmbH konnten die veranschlagten Baukosten nochmals reduziert werden“, erläutert dazu Siegi Jank. PRODUKTION UM 70 PROZENT ERHÖHT Da das Stauziel um 30 cm erhöht wurde, musste die Wehrklappe entsprechend angepasst werden. Außerdem wurde anstelle der zuvor installierten Antriebstechnik mit GeApril 2021

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gengewichten ein moderner Hydraulikantrieb installiert. Der Wehrbetrieb erfolgt heute funktionell im Zusammenspiel von Wehrklappe und Spülrinne. Sämtliche Stahlwasserbauarbeiten wurden vom Jeginger Wasserkraftspezialisten Jank GmbH ausgeführt, der natürlich auch die neue Turbine lieferte: Konkret wurde dabei anstelle der alten vertikalachsigen Maschine eine horizontale Kaplan-Turbine eingebaut – ausgelegt auf eine Fallhöhe von 3,5 m und ein Schluckvermögen von 5 m3/s. Mit 273 Upm treibt die Kaplan-Turbine den direkt gekoppelten Synchron-Generator an, der auf 180 kV Nennleistung ausgelegt ist. „Das gesamte Package – also die Optimierung der Fallhöhe, des Ausbaudurchflusses, der Wegfall der Restwasserdotation und die ausgezeichneten Wirkungsgrade von Turbine und Generator – hat in Summe zu einer Leistungssteigerung von 25 Prozent geführt. Beim Jahresarbeitsvermögen sprechen wir sogar von einer Steigerung von über 70 Prozent“, zeigt sich Siegi Jank hocherfreut.

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NEUE STAHLBLECHE FÜR MEHR PERFORMANCE Selbstredend legt der erfahrene Wasserkraftspezialist Siegi Jank neben einem energiewirtschaftlich sinnvollen Konzept auch großen Wert auf die möglichst hochwertige maschinentechnische Ausrüstung eines Kraftwerks. Er sieht sich gerade die Generatoren ganz genau an, die er im Zusammenspiel mit seinen Turbinen einsetzt. „Grundsätzlich müssen natürlich die technischen Rahmenbedingungen passen. Der Wirkungsgrad der Maschine fließt in der Folge in unsere Wirtschaftlichkeitsberechnung ein. Das bedeutet, dass letztlich auch ein teurerer Generator zum Zug kommen kann, wenn er von seinen Leistungsdaten überzeugt“, sagt Siegi Jank und ergänzt: „Wir wissen ja selbst sehr gut Bescheid, was im Bereich Generatoren möglich ist, und wo man schrauben kann.“ Der oberösterreichische Wasserkraft-Fachmann spricht damit unter anderem auch die Wahl der eingesetzten Materialien an, die in Sachen Wirkungsgrad eine Rolle spielen können. Damit erklärt sich auch ein Pluspunkt der Generatoren aus dem Hause Hitzinger. Nicht zuletzt durch den regionalen Nahbezug des Unternehmens zum Stahlkonzern Voest kann Hitzinger immer wieder auf neuartige Stähle zurückgreifen, die leichter und zugleich hochfunktionell sind. Andererseits unterliegen bei Hitzinger neue Materialien strengsten Auswahlkriterien. Nicht alles, was sich über Jahrzehnte bewährt hat, wird durch Neues ersetzt. Ein Punkt, der sicher zur Betriebssicherheit der Generatoren beiträgt.

Mit 273 Upm treibt die Kaplan-Turbine aus dem Hause Jank den direkt gekoppelten Synchrongenerator vom Fabrikat Hitzinger an. Mit Blick auf Performance und Langlebigkeit wählt der erfahrene Wasserkraftfachmann Siegi Jank die von ihm eingesetzten Generatoren nach strengen Kriterien aus.

UMGANG MIT FEHLERN ENTSCHEIDEND „Mir ist wichtig, dass der Hersteller unsere Sprache spricht – und damit meine ich nicht Deutsch“, erklärt Siegi Jank mit einem Augenzwinkern. Es geht ihm darum, dass man technisch auf Augenhöhe kommunizieren kann, um allfällige Sachthemen auszudiskutieren. „Häufig geht es ja um Fragen, wie etwa: Wie flexibel ist ein Hersteller in der Gestaltung des Gehäuses?“ Entsprechend positiv werden demnach Generatorhersteller wie Hitzinger wahrgenommen, der kein Produkt von der Stange liefert, sondern vielmehr eine Maschine, die maßgeschneidert wird für die individuellen Anforderungen des Kunden. Auf jeder Maschine, die das Werk in Linz verlässt, prangt eine eigene Kundennummer. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der für Jank eine Rolle in der Generatorwahl spielt: Wie die Erfahrungen mit dem Kundendienst sind. Kurze Entscheidungswege, Flexibilität-, Haus-

und Sachverstand sind dabei stets willkommen. Aber ein Punkt steht für Siegi Jank über allen: „Das Wichtigste ist für uns: Wie geht ein Hersteller mit Reklamationen und Problemen um? Fehler passieren überall und jedem. Der jeweilige Umgang mit diesem Thema trennt jedoch die Spreu vom Weizen.“ STROMERZEUGUNG NUN AUCH IM WINTER „Die Entscheidung, welche Maschine wir letztlich auswählen ist im Grunde eine Mischung aus Preis, Leistung, Wirtschaftlichkeit – und auch etwas Bauchgefühl“, räumt Siegi Jank ein. Eine Vielzahl kleiner Aspekte, resultierend aus Erfahrung und Know-how, stellt die Basis für die Qualität eines Hitzinger-Generators dar. Zum Beispiel der Punkt Vibrationen: Dank der jahrzehntelangen Erfahrung im Bau von Schiffsmotoren konnten die Techniker vieles davon übernehmen, wie man auch einen Wasserkraftgenerator möglichst vibrationsfrei designt. Das bedeutet

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• Gewässer: Fischach • Kraftwerkstyp: Niederdruck-Kraftwerk • Ausbauwassermenge: 5 m3/s • Bruttofallhöhe: 3,5 m • Turbine: Kaplan-Schacht, vertikal • Drehzahl: 273 U/min • Engpassleistung: 145 kW • Hersteller: Jank GmbH • Generator: Synchron • Hersteller: Hitzinger • Drehzahl: 273 U/min • Schleuderdrehzahl: 736 Upm • Nennleistung: 180 kVA • Nennstrom: 260 A • Jahresarbeit: 680.000 kWh/a • Inbetriebnahme: Mai 2019

letztlich nicht nur Geräuscharmut, sondern auch weniger Verschleiß und längere Lebensdauer. Ein weiterer Punkt, der für Kraftwerksbetreiber üblicherweise eine Rolle spielt, wie Betreiber Bernhard Fraungruber bestätigt: „Die Anlage läuft wirklich sehr ruhig und verursacht im Betrieb nur ein minimales Ausmaß an Schwingungen.“

Im Hinblick auf einen effizienten und sicheren Betrieb wurde beim Kraftwerk Miedering die von der Firma Jank entwickelte Leittechnik JaPPOS für eine vollautomatische Stromproduktion eingesetzt.

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Technische Daten

Beim KW Midering kam konkret ein 3-phasiger Synchrongenerator zum Einsatz, 5,4 Tonnen schwer und ausgelegt auf einen Nennstrom von 260 A. Die Schleuderdrehzahl der Maschine liegt bei 736 Upm. Während der alte Maschinensatz im Maximum 115 kW erreichte, schafft das neue Maschinengespann mittlerweile unter Volllast 145 kW. Das Resümee von

Bernhard Fraungruber fällt entsprechend positiv aus: „Wie das erste abgelaufene Betriebsjahr zeigte, bleibt die Anlage im Vergleich zum Altbestand nun auch bei geringer Wasserführung am Netz, die Stromproduktion ist somit nun auch im Winter möglich. Dies wirkt sich am Ende natürlich auch sehr günstig auf die Jahresproduktion des neuen Kraftwerks aus.“

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Veranstaltung

Die Vorbereitungen zur ­ RENEXPO INTER­HYDRO 2021 im Messezentrum Salzburg am 25. und 26. November sind voll im Gange. Als Drehscheibe zwischen Ost- und Westeuropa wird der beliebte Branchentreff erneut zeigen, welchen Beitrag die Wasserkraft zu einer sicheren, nachhaltigen, bezahlbaren und klimaneutralen Energieversorgung leistet. Die Messebesucher erwartet ein vielfältiges Programm bestehend aus der Präsentation technischer Innovationen, Fachvorträgen von internationalen Wasserkraftexperten und einer breiten Plattform zum Netzwerken und Wissensaustausch.

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eit ihrer Gründung hat sich die ­RENEXPO INTERHYDRO im Messezentrum Salzburg als größte Fachmesse mit Kongress in Europa etabliert. Das Interesse am Ausbau der Wasserkraft hat die Veranstaltung in den vergangenen Jahren stetig wachsen lassen. Sie bietet der gesamten Wasserkraft-Branche eine einzigartige Plattform für Präsentation, Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch sowie zum Knüpfen neuer Kontakte. Nach der im Vorjahr durch die Corona-Pandemie bedingten Absage freuen sich die Organisatoren darüber, für die heuer am 25. und 26. November stattfindende Veranstaltung ein gewohnt attraktives Programm auf die Beine zu stellen. VIELFÄLTIGES PROGRAMM Mehr als 20 Unternehmen haben ihre Teilnahme an der RENEXPO INTERHYDRO 2021 bereits im Frühjahr bestätigt. Das Hydro-Forum wird an beiden Tagen ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm mit Vorträgen und Diskussionsrunden zu aktuellen Branchenthemen bieten. Darüber hin-

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aus wird über aktuelle rechtliche und politische Rahmenbedingungen, die Rolle der Wasserkraft in der Energiewende, umgesetzte Projekte, Praxiserfahrungen und neue Entwicklungen diskutiert. Die Veranstalter zeigen sich sehr erfreut über die Zusage hochkarätiger Teilnehmer aus Politik und Wirtschaft am Hydro-Forum und der anschließenden Diskussionsrunde. So wird die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler die Eröffnungsrede halten. Blackout-Experte Herbert Saurugg referiert im Rahmen einer Keynote über das Thema „Die (Klein-)Wasserkraft als wichtiger Teil von robusten Energiezellen?“. Beim Energie-Talk zum Thema „Wasserkraft als Rückgrat der Energiewende – Wird die Energiegesetzgebung dem gerecht?“ diskutieren BM Leonore Gewessler, die Geschäftsführerin vom Dachverband erneuerbarer Energien Österreich Martina Prechtl-Grundnig und Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz. Anschließend werden spannende Projekte, etwa das bayerische Kraftwerk Groß-

weil in all ihren Facetten behandelt und so Möglichkeiten aufgezeigt, wie im zukünftigen Energiesystem mit einem stark wachsenden Anteil an fluktuierenden, erneuerbaren Energien weiterhin der heutige Status quo an Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann. Als Abend- und Netzwerkveranstaltung wird auch in diesem Jahr wieder die „Turbinenparty“ für die Aussteller und Vortragenden stattfinden. Das Kongressprogramm der RENEXPO ­INTERHYDRO 2021 richtet sich an Betreiber, Planer, Projektentwickler, Investoren, Kommunen und Energieversorger als Expertenplattform zum Erfahrungs- und Wissensaustausch. Die Kongressblöcke gliedern sich wie in der Vergangenheit auf in die Themenfelder „Gewässerökologie“ und „Wasserkraft und Speicher“. Neu hinzu kommt in diesem Jahr der Kongressblock „Wasserkraft und Sedimente – Neues aus der Forschung“, der federführend von Alexander Gratzer vom Verein für Ökologie und Umweltforschung organisiert wird. Updates unter: www.renexpo-hydro.eu

Plattform zum Erfahrungs- und Wissensaustausch.

Foto: Vogl-Perspektive

Foto: Vogl-Perspektive

Die RENEXPO INTERHYDRO hat sich als Drehscheibe der internationalen Wasserkraftbranche etabliert.

Die RENEXPO INTERHYDRO 2021 findet am 25. und 26. November im Messezentrum Salzburg statt.

Foto: Habring/MZS

RENEXPO INTERHYDRO 2021 NIMMT FAHRT AUF

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Technik

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Moderne Visualisierungssysteme erlauben heute eine für jeden Anwender optimierte Kommunikation mit der Kraftwerksanlage. Bei Troyer AG wird permanent an der Weiterentwicklung dieser zentralen Schnittstelle zwischen Betreiber und Anlage gearbeitet.

DIE SCHNITTSTELLE ZWISCHEN MENSCH UND MASCHINE ALS KRITERIUM MODERNER WASSERKRAFTTECHNIK In der Regel kommunizieren heute Wasserkraftbetreiber über Visualisierungssysteme mit ihrer Anlage. Alle wesentlichen Parameter erfährt der User über die Bedienoberfläche, über die er auch aus der Ferne steuernd eingreifen kann. Die Frage nach der Bedienerfreundlichkeit ist dabei relativ: Vielmehr geht es darum, das optimale Visualisierungssystem für die jeweiligen Anforderungen des Betreibers zu entwickeln und zu designen. Über langjährige Erfahrung und einschlägiges Know-how verfügt in dieser Hinsicht der Südtiroler Wasserkraftspezialist Troyer AG, der seinen Kunden Visualisierungs- und Fernsteuerungssysteme mit personalisierter Software bietet. Worauf man im Hause Troyer dabei besonderen Wert legt, haben wir bei Dipl.-Ing. Philipp March, Abteilungsleiter Automation bei Troyer AG, erfragt.

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m die Daten und Abläufe eines Kraftwerks zu erfassen und es zu steuern, wurden Visualisierungs- und Fernsteuerungssysteme entwickelt. Diese haben in den letzten Jahrzehnten ganz wesentlich zu einer Vereinfachung der Bedienung, zu einer Erhöhung des Bedienkomforts sowie einer Verbesserung der Anlagensicherheit beigetragen. Ein Visualisierungssystem repräsentiert die Schnittstelle zwischen dem Anlagenbetreiber und seiner Anlage, der Betreiber „erfährt“ quasi sein Kraftwerk über das Visualisierungssystem. Dennoch kann man heute keineswegs von einer allgemein gültigen Norm in Hinblick auf die optimale intuitive Oberfläche sprechen, wie Philipp March bestätigt: „Die Frage, ob ein Visualisierungssystem intuitiv und bedienerfreundlich ist, lässt sich meiner Meinung nach nicht universell beantworten. Dazu sind die Voraussetzungen zu unterschiedlich. Ein Visualisierungssys-

tem, welches für einen EVU-Kunden, der über geschultes Fachpersonal verfügt, sehr wohl intuitiv und bedienerfreundlich ist, kann einen Privatkunden eventuell überfordern. Umgekehrt kann ein relativ schlicht und einfach gehaltenes Visualisierungssystem dem erfahrenen Benutzer womöglich zu wenige Eingriffsmöglichkeiten bieten und als limitierend empfunden werden. In diesem Sinne ist es nicht möglich, ein Visualisierungssystem zu entwerfen, das für alle Anlagen und alle Kunden die optimale Lösung darstellt.“ Er verweist darauf, dass gerade dieser Aspekt der Anlagenautomation und Prozessvisualisierung seiner Erfahrung nach den größten Klärungsbedarf im Gespräch mit den Kunden verlangt. Dabei stehen zumeist betriebliche Vorgaben und Standardisierungsmaßnahmen im Vordergrund, die selbstverständlich wunschgemäß umgesetzt werden können.

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EINHEITLICHES „LOOK-AND-FEEL“ Worin der Know-how-Vorsprung in Sachen Visualisierungssysteme aus dem Hause Troyer liegt: Man ist Water-to-Wire-Spezialist, also ein Gesamtlieferant, der neben den Turbinen und dem Visualisierungssystem auch die Steuerungssoftware und die Steuerschränke aus einer Hand liefert. Damit ist sichergestellt, dass sämtliche Komponenten zueinander passen und sich keine Schnittstellenprobleme ergeben. „Die Vorgabe bei der Entwicklung unseres Visualisierungssystems war einerseits ein durchgängiges Graphik- und Bedienkonzept, unabhängig von der eingesetzten Hardware bzw. Projektierungssoftware. Damit erzielen wir ein einheitliches ‚Look-and-feel‘. Es spielt somit keine Rolle, über welche Hardware die Anlage gesteuert wird. Andererseits sollten auch der Funktionsumfang und selbst die Bedientiefe variabel sein. Aus diesem Grund April 2021

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wurde ein modularer Ansatz gewählt, bei dem sämtliche Module sowohl in einer ‚light‘- als auch einer ‚full‘-Version vorliegen, die sich im Funktionsumfang und in den Eingriffsmöglichkeiten unterscheiden. Die Module werden je nach Ausstattung der jeweiligen Anlage bzw. in Abhängigkeit der Kundenwünsche kombiniert, um ein möglichst optimales Ergebnis zu erzielen“, erklärt Philipp March.

VOM BASIS- ZUM PREMIUM-PACKAGE Grundsätzlich werden bei Troyer unterschiedliche „Packages“ angeboten, von ganz einfachen Lösungen bis hin zur Premium-Variante. Ein wesentlicher Punkt, der die Top-Level-Variante von den einfachen unterscheidet, liegt darin, große Datenmengen zu archivieren, diese als Diagramm oder Tabelle darstellen zu können und sie zu exportieren, um sie für weiterführende Analysen und Aus-

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Hochwertige Visualisierungssysteme schaffen eine wichtige Voraussetzung für eine Verbesserung von Anlagenverfügbarkeit und Anlagensicherheit.

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BEWÄHRTE BIBLIOTHEKS-BAUSTEINE Diese Modularität stellt mittlerweile auch die Basis für die hohe Flexibilität dar, mit der auf Kundenwünsche eingegangen werden kann. Je nach den geforderten Ausstattungsmerkmalen und der Komplexität der Anlage kann entsprechend skaliert werden. March: „Im Grunde greifen wir auf vielfach erprobte und bewährte Bibliotheks-Bausteine zurück. Der Kunde erhält eine konsistente, erprobte Lösung zu einem wettbewerbsfähigen Preis. Natürlich ist die Entwicklung nie zu Ende. Wir bringen in regelmäßigen Abständen neue Versionen auf den Markt, die Detailverbesserungen enthalten, neue Ideen aufgreifen und Verbesserungsvorschläge umsetzen. Die Zielsetzung ist dabei eine stetige, kontinuierliche Aktualisierung ohne Bruch mit der Vergangenheit.“ Abgesehen davon werden heute nach wie vor auf Kundenwunsch komplett maßgeschneiderte Lösungen entwickelt.

Bei Troyer setzt man auf ein durchgehendes „Look-and-feel“ der Bedieneroberfläche, egal ob der User am Tablet, am Handy, oder – wie hier – am Touch-Panel hantiert.

wertungen in geeigneter Umgebung zur Verfügung zu stellen. Bei PC-basierten Lösungen, wie sie im „Premium-Package“ vorgesehen sind, können die PCs auch über entsprechende Software und via Internet ferngesteuert werden. Zusätzlich kommt man heute oft auch der Anforderung nach, neben dem PC auch noch ein Backup-System zu realisieren, etwa wenn es für den Fassungsbereich eine weitere Bedienstation braucht. „Touch-Panels, wie sie für die ‚Basic‘- und die ‚Comfort‘-Variante eingesetzt werden, eignen sich zwar ebenfalls für diesen Zweck, haben allerdings die Einschränkung, nicht oder nur sehr begrenzt Daten archivieren zu können. Die Fernsteuerbarkeit ist ebenfalls nicht bei allen Modellen gegeben. In der ‚Premium‘­Variante sind natürlich zusätzlich zum PC immer Touch-Panels vorgesehen“, erklärt Philipp March. Anstelle eines Touch-Panels wurde in der Vergangenheit oft auch ein

I­ndustrial-Tablet-PC mit Docking-Station eingesetzt, der in der Steuerschranktür montiert wurde. Im Zusammenspiel mit einem WLAN ist damit auch eine gewisse Mobili­tät gewährleistet. Eine ebenfalls vollständig unabhängige Backup-Lösung stellt die ­ „WebApp“ dar, da diese auf einem dezidierten, unabhängigen Webserver läuft. Die „WebApp“ ist naturgemäß mobil, standortund hardwareunabhängig. BREITE HARDWARE-PALETTE VERFÜGBAR Angesprochen auf die Möglichkeiten der grafischen Darstellungen an den Endgeräten, über die man heute verfügt, meint der Automationsspezialist der Firma Troyer AG: „Da ist vieles möglich. Die Hardwarepalette reicht vom ‚klassischen‘ SCADA-PC – in Form einer Workstation, eines Panel-PC, eines Boxoder Rack-PC, bei Bedarf auch redundant oder als Server-Client-Architektur – bis hin zu diversen Touch-Panels ev. auch als mobile Lösung (Mobile-Panel und WLAN). Die Projektierungstools unterscheiden sich zwar, trotzdem ist es uns aber weitestgehend gelungen, dasselbe Graphik- und Bedienkonzept umzusetzen.“ Philipp March verweist darauf, dass Web/HTML-basierte Lösungen immer stärker im Kommen seien. „Unsere ‚WebApp‘ läuft auf einem dezidierten Embedded-PC, der als Web-Server fungiert. Auf der UserSeite kommt jede beliebige Hardware zum Einsatz, die über einen Web-Browser verfügt. Auch hier ist wieder unser ‚Look-and-feel‘ umgesetzt.“ Weil die ‚WebApp‘ von Troyer völlig hardwareunabhängig ist, hat der User den selben Bedienkomfort auf seinen Endgeräten, egal ob er am Handy, am Laptop oder am Tablet bedient. Einen wesentlichen Unterschied

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Sämtliche Daten aus dem Betrieb können archiviert werden.

USER BEKOMMT VERTRAUTE UMGEBUNG Ein zeitgemäßes Design hält March für durchaus wichtig. Die zentralen Prioritäten sind für ihn allerdings andere: „Einen größeren Stellenwert hat für uns die Durchgängigkeit der grafischen Darstellung. Durch unser stringentes ‚Look-and-feel‘ sind die von uns gelieferten Anlagen im Grunde sehr ähnlich zu bedienen, und der Betreiber erhält hardwareunabhängig eine ihm vertraute Bedienumgebung.“ Grundsätzlich werden bei Troyer die 3D-Konstruktionszeichnungen der Turbinenanlagen bzw. Wasserfassungen in die Prozessvisualisierungen integriert. Dadurch können die Anzeige- und Bedienelemente direkt an den jeweiligen Betriebsmitteln positioniert werden, was die Bedienung wesentlich intuitiver macht. Im Hinblick auf die Individualisierung und mögliche Erweiterungen bietet Troyer mittlerweile eine Vielzahl an sogenannten „Optionals“ an, die von der Einbindung von Kamera­ bildern zur Überwachung der Fassung, über Mehrsprachenfunktionen – neben Deutsch und Italienisch sind auch Englisch und Spanisch verfügbar –, die moderne Zählerauslesesoftware „SAX R+C“, die Möglichkeiten für Alarmierungen und Fernwartung bis hin zur Verstärkung der Redundanzen für eine Erhöhung der Systemverfügbarkeit reicht. Ein zentrales Asset des Systems der Firma Troyer liegt zudem in der Archivierung sämtlicher Betriebs- und Messdaten, die in hoher zeitlicher Auflösung erfolgt. Damit wird dem Kunden ein vollständiges Datenarchiv zur Verfügung gestellt, das die Verfolgung langfristiger Entwicklungen von Messgrößen ermöglicht.

Im Fall einer Revitalisierung oder einer Optimierung kann auf Basis der gesammelten Daten das Optimierungspotenzial exakt bestimmt werden. ERHÖHUNG DER BETRIEBSSICHERHEIT Moderne Visualisierungssysteme, wie jenes aus dem Hause Troyer, schaffen damit auch eine wichtige Voraussetzung für eine Verbesserung von Anlagenverfügbarkeit und Anlagensicherheit, wie Philipp March unterstreicht: „Ja, das trägt definitiv zur Betriebssicherheit bei, denn je übersichtlicher und intuitiver die Oberfläche zu bedienen ist, desto eher können Fehlbedienungen vermieden werden. Durch eine übersichtliche und rationale Anordnung der Elemente können somit sowohl der Bedienkomfort als auch die Sicherheit gesteigert werden. Ich denke dabei z.B. an das Einlinienschaltbild einer Trafo- oder Verteilstation: durch Anordnung der Bedienelemente am jeweiligen Schaltorgan sind Verwechslungen so gut wie ausgeschlossen.“ In Zeiten, in denen mehrere Personen, unter Umständen sowohl aus der Nähe als auch aus

Mit der Troyer WebApp wird auch das Handy zu einem übersichtlichen und bedienerfreundlichen Steuerungsinstrument.

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der Ferne, eine Kraftwerksanlage bedienen möchten, mussten diese Anforderungen ebenfalls in den sicherheitstechnischen Überlegungen der Automatisierungsspezialisten berücksichtigt werden. Dabei geht es um die Fragen der Bedienhoheit, bzw. die Benutzerverwaltung und die jeweiligen Berechtigungen. Ein wichtiges Thema: „Solche Aspekte haben mit der Zeit an Gewicht gewonnen, da die Anlagen zunehmend aus der Ferne gesteuert werden, und dies kann natürlich eventuell auch parallel über unterschiedliche Kanäle erfolgen. Aber mit ausreichender Planung lässt sich die erforderliche Priorisierung sehr gut bewerkstelligen“, sagt Philipp March. Egal für welche Form des Visualisierungssystems sich ein Betreiber heute entscheidet: Ganz ohne visuelle Schnittstelle lässt sich eine moderne Kommunikation zwischen Betreiber und Anlage nicht mehr erreichen. Die positive Markt-Resonanz auf das ausgereifte Visualisierungssystem der Firma Troyer belegt nachdrücklich, dass die Südtiroler Wasserkraftspezialisten auch in diesem Bereich sehr vieles richtig machen.

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würde es nur ausmachen, falls lediglich der Anlagen-SCADA-PC über das Handy ferngesteuert würde. March: „In dem Fall ergeben sich viel zu kleine Bildelemente, und der Be­ dienkomfort ist definitiv nicht mehr gegeben. Falls hingegen unsere ‚WebApp‘ zum Einsatz kommt, passt sich die Bildschirmanzeige an die Auflösung und Orientierung des Displays an – und das Ergebnis ist wesentlich besser.“

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Die gesammelten Daten können später als Basis für künftige Optimierungsschritte dienen.

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Fotos: Ruhrverband & Georg Baumann

An der Wehranlage des Baldeneysee in Nordrhein-Westfalen gelangen die Fische seit dem Sommer 2020 über ein innovatives Fischlifsystem ins Oberwasser.

ÖKOLOGISCHE DURCHGÄNGIGKEIT AM BALDENEYSEE MIT INNOVATIVEN HYDRO-FISCHLIFTEN HERGESTELLT An der Staustufe Baldeneysee im Süden der Stadt Essen hat der Ruhrverband im Sommer 2020 ein innovatives Fischliftsystem in Betrieb genommen. Aufgrund des Höhenunterschieds von fast 9 m zwischen Ober- und Unterwasser an der Wehranlage und den beengten Platzverhältnissen konnte eine konventionelle Fischaufstiegsanlage nicht realisiert werden. Um unter diesen schwierigen Bedingungen die ökologische Durchgängigkeit gewährleisten zu können, entschloss sich der Ruhrverband für den Einsatz des Fischliftsystems der beiden Entwickler Baumann Hydrotec GmbH & Co. KG und Hydro-Energie Roth GmbH. Das wegweisende System ist als eine Art Schleuse konzipiert, bei der auch schwimmschwache Arten durch ein als Kolben ausgeführtes Fischpassbecken kräftesparend zwischen Unter-und Oberwasser wechseln können. Um den Gewässerbewohnern eine kontinuierliche Wanderung zu ermöglichen, wurden zwei abwechselnd auf- und abfahrende Fischlifte nebeneinander errichtet. Seit der Inbetriebnahme haben die Betreiber durchwegs positive Betriebserfahrungen mit dem System gesammelt. Eine in Bälde beginnende zweijährige Monitoringphase soll die Funktionsfähigkeit sowie die Übertragbarkeit auf andere Standorte belegen.

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er Baldeneysee an der Ruhr im Süden von Essen wurde zwischen 1931 und 1933 angelegt, um die Selbstreinigungskraft des Gewässers für die Trinkwasserversorgung zu verbessern. Als größter der fünf Ruhrstauseen fasst das Reservoir rund 8,3 Millionen m³ Wasser. Am rechten Ufer der mit drei Wehrwalzen ausgeführten Wehranlage befindet sich das Wasserkraftwerk Baldeney, das im Besitz von RWE steht. Der Baldeneysee wird vom Ruhrverband betrieben. Das Wasserkraftwerk wurde gemeinsam mit der Stauanlage 1933 erstmals in Betrieb genommen und nutzt zur Stromgewinnung zwei Kaplan-Turbinen mit einer gesamten Ausbauwassermenge von 140 m³/s. Unter Volllast

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Zum Einheben der bis zu 5 t schweren Bauteile musste auf der Schleusenanlage ein Spezialkran aufgestellt werden.

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Ökologie

Unterwasserbetonarbeiten an der Trennmauer

Anlieferung und Einheben von Rohrelementen im Juni 2019

erreicht jede Maschine eine Engpassleistung von rund 5 MW, im Regeljahr erzeugt das Kraftwerk rund 28 GWh Ökostrom. EXPERTENKOMMISSION EINBERUFEN Um den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gerecht zu werden, die bis 2027 für alle europäischen Gewässer einen guten ökologischen Zustand fordert, berief der Ruhrverband für das Stauwehr Baldeney vor rund zehn Jahren eine Expertenkommission ein. Diese sollte für den Standort eine geeignete Lösung entwickeln, um die in der WRRL vorgeschriebene ökologische Durchgängigkeit am Baldeneysee zu ermöglichen, erklärt Ruhrverband-Projektleiter Ulrich Rud­zinski: „Der Höhenunterschied am Stauwehr zwischen Ober- und Unterwasser beträgt 8,7 m. Wegen der stark verbauten Grundstücke neben der Wehranlage wäre die Errichtung eines Beckenpasses nur unter erheblichem Aufwand und hohen Baukosten möglich gewesen. Zudem hätte die Fischtreppe bei diesem Höhenunterschied aus etwa 90 Becken bestanden, deren Überwindung für viele Fischarten eine zu große Anstrengung bedeutet hätte.“ Im Rahmen der Ideenfin-

Einhub eines unteren Röhrenelements

dung und den technischen Voruntersuchungen wurde die Expertenkommission auf ein innovatives Fischliftsystem am Wasserkraftwerk Neumühle im Allgäu aufmerksam, dessen Einsatz auch für den Baldeneysee vielversprechend erschien. PRÄMIERTES SYSTEM Entwickelt wurde der Fischlift für die ca. 5 m hohe Wehranlage des Kraftwerks Neumühle von der Baumann Hydrotec GmbH & Co. KG und der Hydro-Energie Roth GmbH ab dem Jahr 2011. Das seit September 2014 im Dauerbetrieb stehende System wurde als eine Art Schleuse konzipiert, bei der die Fische durch ein als Schwimmkolben ausgeführtes Fischpassbecken aufsteigen können. Das Becken zum Fischtransport befindet sich innerhalb eines vertikal platzierten GFK-Rohres und wird durch den Schleusenwasserstand ohne mechanisches Windwerk rein hydraulisch bewegt. Im Gegensatz zu einer Schleuse verändert sich die Wassertiefe im aufschwimmenden Becken nur vergleichsweise wenig, wodurch die Fische für sie unmerklich und kräftesparend auf ein das höhere Niveau gehoben werden. „Von Mitte September 2013

Die hydraulisch bewegten Transportbecken der parallel nebeneinander angeordneten Fischlifte befinden sich in vertikalen Röhren aus GFK-Material.

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bis September 2014 wurden am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) detaillierte numerische Simulationsstudien und gegenständliche Modelluntersuchungen sowie ethohydraulische Versuche für die Anpassung des Fischliftes an den Standort Baldeney durchgeführt, welche die Funktionsfähigkeit verdeutlichten. Bei diesen Versuchen konnten einige funktionsverbessernde Details ermittelt werden. So wirkte während der Laborversuche eine horizontale Durchströmung für die Fische noch attraktiver, und der Ausschwimmvorgang konnte deutlich verkürzt werden. Zudem wurde das Einschwimmen in den Fischlift in der unteren Position durch einen besonders gestalteten Einstiegsbereich beschleunigt“, erklären die Entwickler Andreas Roth und Georg Baumann, die für ihren Hydro-Fischlift 2015 den deutschen Innovationspreis für Klima und Umwelt erhielten. Roth merkt an, dass am KIT auch Untersuchungen zum Fischabstieg durchgeführt wurden. Für die Fischart Lachssmolt wurde dabei eine bemerkenswerte Abstiegsrate von 98 Prozent festgestellt. Rudzinski ergänzt, dass das System auch beim Land Nordrhein-Westfahlen hohen Anklang fand, wel-

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Ökologie

Einschwimmen der Ausflussrinne, über welche die Fische nach dem Ausstieg aus dem Lift in den Baldeneysee gelangen.

Die Unterwasserarbeiten bei massiv eingeschränkten Sichtverhältnissen wurden von Spezialtauchern erledigt.

ches 80 Prozent der Projektkosten finanzierte. Mit dem Pilotprojekt am Baldeneysee sollten fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden, um das System als offiziell anerkannte Fischaufstiegshilfe in die sogenannten Regelblätter aufzunehmen, wodurch der Einsatz auch an anderen Standorten ermöglicht wird. HERAUSFORDERNDES PROJEKT Im Mai 2018 startete die Umsetzungsphase des für den Standort Baldeneysee adaptierten Fischliftsystems. Um den Gewässerbewohnern eine kontinuierliche Passage zwischen Unter- und Oberwasserbereich zu gewährleisten, wurden zwei alternierend auf- und abfahrende Fischlifte parallel nebeneinander errichtet. „Zwei Fischlifte waren auch auf-

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grund der Gewässergröße der Ruhr erforderlich. Es wird erwartet, dass es ‚Wanderwellen‘ gibt, also gleichzeitig eine sehr große Anzahl von Fischen wandern will. Bei sehr großen Gewäs­sern kann daher auch die Installation von­z. B.­vier oder mehr Liften sinnvoll und wirtschaftlich sein. Bei kleineren Gewässern werden mehrere Lifte nicht als erforderlich erachtet. Man geht davon aus, dass wan­ dermotivierte Fische durchaus länger als eine halbe Stunde auf die Wandergelegenheit warten bzw. die Wartezeit mit Suchen verbringen“, erklärt Roth. Das Auf- bzw. Abstiegsintervall eines Transportbeckens nimmt lediglich rund 5 Minuten in Anspruch. Zudem werden für den Betrieb der Liftanlagen je Fischlift nur 0,25 m³/s Wasser benötigt. Als Anreiz zum Ein- und Ausschwimmen die-

nen im Unter- und Oberwasserbereich Lockströmungen, deren ideale Fließgeschwindigkeit im Wasserbaulabor anhand Tests mit lebendigen Fischen ermittelt wurde. Nach dem Ausstieg im Oberwasserbereich schwimmen die Fische in einer durch das Bestandsgebäude verlaufenden Rinne in den Baldeneysee. Errichtet wurden die beiden Lifte zwischen dem Wasserkraftwerk und der Schiffschleuse neben der Wehranlage am Standort eines aufgelassenen Rückpump­ werks. Die ursprünglich veranschlagten Baukosten in Höhe von 5,4 Millionen Euro erhöhten sich auf rund 6,8 Millionen Euro. Die Gründe dafür waren vielfältig: So rief die öffentliche Ausschreibung des Ruhrverbands in der überhitzten Baukonjunktur der vergangenen Jahre nur ein geringes Bieterinter-

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Ökologie

Torsten Baumann, der Sohn von Georg Baumann, erläutert die Funktion der Fischliftanlagen.

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher von der Bezirksregierung Düsseldorf, Ruhrverbandsvorstandsvorsitzender Prof. Norbert Jardin, NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser, Ruhrverbandsvorständin Dr. Antje Mohr und der Verbandsratsvorsitzende Franz-Josef Britz (v.l.) bei der Inbetriebnahmefeier im August 2020.

esse hervor, was sich letztlich in höheren Preisen als erwartet niederschlug. Hinzu kamen nicht vorhersehbare Bauzeitverzögerungen durch Hochwasserereignisse und eine mehrmonatige Wartezeit auf einen für die Arbeiten unbedingt erforderlichen Spezialkran. Mehrfach mussten wegen Abweichungen des Bauwerksbestands von den über 80 Jahre alten Originalplänen zusätzliche statische Nachweise geführt werden, was ebenso wie die zusätzlichen Messeinrichtungen aufgrund des Pilotcharakters die Baukosten weiter in die Höhe trieb. „Das Projekt war eine sehr interessante, innovative und anspruchsvolle Baumaßnahme, die uns und die beteiligten Unternehmen für mehrere Jahre extrem gefordert hat und bei der wir an die Grenze des Machbaren gegangen sind“, resümiert Ulrich Rudzinski. Andreas Roth weist ergänzend darauf hin, dass der Hydro-Fischlift auch mit variablen Stauwasserständen funktioniert: „Selbst wenn sich während der Ausstiegsphase der Wasserstand im Oberwasser verändert, funktioniert das Aus- und Einsteigen weiterhin bzw. durchgehend. Meines Wissens kann nur dieses System bei variablen Stauwasserständen einen permanent an den Stauwasserstand angepassten Einund Ausstieg bieten und stellt somit ein besonderes Alleinstellungsmerkmal dar. Darüber

hinaus ist zum Hoch- und Runterfahren keine Fremd­energie erforderlich. Die Fische im Lift befinden sich in einem quasi abgeschlossenen Behältnis und merken nichts von der Aufoder Abbewegung. Zudem entstehen keine signifikanten Druckänderungen oder störenden Strömungen.“ ERSTE BETRIEBSERFAHRUNGEN SEHR POSITIV Am 17. August des Vorjahres wurde das Fisch­ liftsystem Baldeney durch die NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser im Beisein der Düsseldorfer Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher, des Essener Oberbürgermeisters Thomas Kufen, der Vorstände des Ruhrverbands Prof. Norbert Jardin und Dr. Antje Mohr, offiziell in Betrieb genommen. „Ich freue mich sehr, dass dieses Pilotprojekt bereits von den Fischen angenommen wird. Der Fisch­lift ist ein Bestandteil unserer Maßnahmen, die nordrhein-westfälischen Gewässer weiter ökologisch zu entwickeln und zu renaturieren. Sie sollen helfen, möglichst vielen Tieren und Pflanzen wieder natürliche Lebensräume zu bieten. Daher unterstützen wir als Landesregierung solche Renaturierungsprojekte mit Fördermitteln und Know-how“, sagte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser. Seit Anfang Juli 2020 wurden die technischen Bauteile, die Steuerungs- und Fernwartungs-

technik, die Monitoringsysteme und das Datenmanagement des Fischliftsystems ausgiebig getestet. Die ersten Versuche lieferten sehr positiv Ergebnisse. „Bereits in der ersten Testphase haben jede Mengen Rotaugen, Barsche und kleinere Fischschwärme die neue Aufstiegsmöglichkeit in den Baldeneysee genutzt, obwohl zu dieser Jahreszeit eigentlich keine ausgeprägten Fischwanderungen stattfinden. Selbst ein kapitaler Wels wurde durch die Beobachtungskameras registriert. Diese Erkenntnisse stimmen uns sehr optimistisch, dass das neue Liftsystem wie geplant von den Fischen angenommen wird“, erläuterte Vorstandsvorsitzender Prof. Norbert Jardin. Mit der offiziellen Inbetriebnahme startete auch die rund 1-jährige Einfahrphase des Systems. In dieser Zeit wurde die automatische Steuerung des Systems konfiguriert, so dass die Lifte zukünftig bedarfsgerecht die Fische von der unteren Ruhr in den Baldeneysee befördern können. Zu berücksichtigen waren dabei unterschiedliche Wasserstände und Abflüsse der Ruhr sowie die jahreszeitlich schwankenden Wanderungsintensitäten der Fische. An die Einstellphase schließt 2021 eine etwa zweijährige Monitoringphase an, um den Erfolg des Pilotprojekts nachzuweisen und die Übertragbarkeit auf andere Standorte und Rahmenbedingungen sicherzustellen.

Wir planen für Sie:

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Foto: Land Salzburg

Hochwasserschutz

Im Sommer 2020 war die Funktionsfähigkeit des Hochwasserschutzes im Zeller Becken hergestellt. Die Übersicht im Maßstab 1:50.000 zeigt die wesentlichen Schutzmaßnahmen im Projektgebiet.

HOCHWASSERSCHUTZ IM ZELLER BECKEN FÜR 4.700 BEWOHNER AUF DER ZIELGERADEN Nach einer rund 3,5-jährigen Umsetzungsphase wird das Land Salzburg im heurigen Frühjahr mit Beendigung der Restarbeiten den Hochwasserschutz im Zeller Becken endgültig fertigstellen. Das bislang sowohl von den Baukosten also auch vom Bauvolumen größte Projekt dieser Art in Salzburg bewahrt rund 4.700 Bewohner und über 700 Gebäude vor den Auswirkungen eines 100-jährlichen Hochwassers. Die zentralen Baumaßnahmen umfassten die Aufweitung der Salzach auf einer Länge von rund 3,5 km, die Optimierung von Retentionsräumen und die Errichtung von Hochwasserdämmen entlang der Siedlungsgebiete. Das Stahlwasserbauequipment für die Umleitungskanäle und eine Hochwasserpumpe aus Eigenproduktion wurde vom Wasserkraftallrounder Jank GmbH ausgeführt. Zentral gesteuert werden die insgesamt neun elektrisch betriebenen Dotationsschieber mit der Jank-Leittechniklösung „JaPPOS“. Die an die Steuerung gekoppelte Monitoringplattform „Powercloud“ sorgt für die visuelle Aufbereitung der wichtigsten Systemdaten.

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70 Grundeigentümern getroffen wurden, schließlich die endgültige Baugenehmigung.

Anfang August 2017 konnte es in die Umsetzungsphase übergehen. Foto: LMZ Neumayr/Hölzl

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m die immer wieder von Überflutungen betroffenen Pinzgauer Gemeinden Kaprun, Piesendorf, Bruck an der Glocknerstraße und Zell am See vor Hochwasser zu schützen, wurde vom Land Salzburg das Projekt Hochwasserschutz Zeller Becken ins Leben gerufen. Die ersten generellen Planungen für den großräumigen Hochwasserschutz starteten 2010 und waren 2012 in technischer Hinsicht fertiggestellt. Allerdings tangierte das Projekt eine neue Verkehrslösung seitens der Grundeigentümer und der Ortspolitik. Dies führte in weiterer Folge dazu, dass das Bauvorhaben für mehrere Jahre im Prinzip ruhend gestellt wurde. 2015 kam das Projekt wieder in Fahrt und erhielt im Rahmen des aufwändigen Bewilligungsverfahrens, bei dem Vereinbarungen mit rund

Andreas Sendlhofer (Projektleiter Schutzwasserwirtschaft), Martin Zopp (Bereichsleiter Bundeswasserbauverwaltung), LR Josef Schwaiger und Helmut Haslinger (GF Wasserverband Hochwasserschutz Zeller Becken) (v.l.) beim Baustart des bislang größten Hochwasserschutzprojekts im Land Salzburg im August 2017.

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musste die Salzachuferstraße zwischen Bruck und Zell am See neu gebaut werden. Zusätzlich erforderte die Gewässerverbreiterung den Neubau einer Brücke mit einer Spannweite von 50 m. Die größte Herausforderung bei der Projektumsetzung war laut Zopp der Erdbau bzw. die Bewirtschaftung von rund 400.000 m³ Aushubmaterial, das zu großen Teilen direkt zur Errichtung der Dammbauwerke aufbereitet wurde. Die Bauarbeiten wurden von drei Pinzgauer Unternehmen durchgeführt, die für die Projektumsetzung eine Arbeitsgemeinschaft bildeten. Koordiniert wurde das Baugeschehen vom neu gegründeten Rechtsträger Wasserverband Hochwasserschutz Zeller Becken. STAHLWASSERBAU UND LEITTECHNIK AUS OÖ Die als Kleinwasserkraftallrounder renommierte Jank GmbH aus dem oberösterreichischen Innviertel erhielt bei der europaweiten Ausschreibung den Zuschlag zur Ausführung des hydromechanischen und leittechnischen Equipments. „Neben unserer Kerntätigkeit im Wasserkraftbereich verfügen wir auch über langjährige Erfahrung im Hochwasserschutz. Der Auftrag für das Zeller Becken war eines von zahlreichen Hochwasserprojekten für das

Foto: Jank

3,5 KM LANGE SALZACHAUFWEITUNG Martin Zopp, Sachbereichsleiter der Bundeswasserbauverwaltung im Land Salzburg, fasst die wesentlichen Aspekte des Projekts zusammen: „Der Hochwasserschutz für das Zeller Becken besteht aus einer Vielzahl von kombinierten Maßnahmen. Im Zentrum des Projekts stand die Aufweitung der Salzach auf einer Länge von insgesamt 3,5 km, wodurch in weiterer Folge eine Optimierung der bestehenden Retentionsräume Kapruner Moos, Neuwiesen und Brucker Moos geschaffen wurde. Im Bereich von besonders gefährdeten Siedlungsgebieten wurden Hochwasserdämme errichtet. Zusätzlich wurden definierte Überströmstrecken an den Ufern geschaffen, um im Anlassfall eine kontrollierte Flutung zu gewährleisten.“ Zopp ergänzt, dass die schon zuvor bestehende Nutzung des Zeller Sees als Retentionsbecken nun kontrolliert verläuft. Unter der Voraussetzung, dass der See vor einem Hochwasserereignis einen gewissen Maximalwasserstand nicht überschreitet, können nun bis zu 1 Million m³ Wasser zwischengespeichert werden. Nach dem Abklingen der Hochwasserwelle wird das Wasser in die Salzach zurückgeleitet. Wegen der Aufweitung des Gewässers und der Ufererhöhung

Foto: Jank

Die oberösterreichische Jank GmbH lieferte für die Umgehungskanäle insgesamt neun elektrisch betriebene Dotationsschieber.

Land Salzburg“, so Jank-Projektleiter Johann Jank. Die Projektumsetzung erfolgte über einen mehrjährigen Zeitraum, wobei die Oberösterreicher immer wieder auf diverse Umplanungen reagieren mussten. Im Kern bestand der Jank-Lieferumfang aus insgesamt neun unterschiedlich groß dimensionierten Dotationsschiebern, mit welchen die Hochwasserabfuhr über mehrere Entlastungskanäle geregelt wird. Weil die Absperrorgane relativ selten aktiviert werden, wurden diese mit elektrischen Antrieben bestückt. Im Vergleich zu hydraulischen Antrieben entsteht somit in diesem Fall geringer Wartungs- und Kostenaufwand. Zusätzlich lieferte Jank zum Schutz eines auf der linken Salzachseite im Überschwemmungsgebiet situierten Bauernhofs eine „Floodblower“­-Rohrpumpe. Die technische Basis des in einem Schacht installierten Floodblowers stammt aus dem fundierten Know-how des Unternehmens bei der numerischen Entwicklung von Pumpen und Turbinen und wurde speziell für den Einsatz im Hochwasserschutz entwickelt. POWERCLOUD VISUALISIERT RELEVANTE DATEN Für die zentrale Steuerung der via Lichtwellenleiter vernetzten Dotationsschieber setzt

Die unterschiedlich groß dimensionierten Absperrorgane wurden via Lichtwellenleiter an die zentrale Steuerung angebunden.

Foto: Jank

Das Flussbett der Salzach wurde auf einer Länge von 3,5 km aufgeweitet und die bestehenden Retentionsräume optimiert.

Foto: Land Salzburg/Martin Lausenhammer

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Zur Regelung des Systems kommt die Jank-Leittechniklösung JaPPOS zum Einsatz.

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Die webbasierte Monitoringplattform Jank Powercloud sorgt für eine übersichtliche Visualisierung der wichtigsten Daten und Pegelstände.

Jank auf die selbst programmierte Automatisierungslösung JaPPOS (Jank Power Plant Operating System). Die seit über zwei Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelte Steuerungssoftware war ursprünglich für Wasserkraftwerke konzipiert und wurde auch bald an die Anforderungen des Hochwasserschutzes angepasst. Grundsätzlich funktioniert die Steuerung komplett automatisiert, selbstver-

ständlich können die eingeschulten Bediener die einzelnen Absperreinheiten auch individuell regeln. Ein nützliches digitales Werkzeug für ein schnelles Anlagen-Update bietet die „Powercloud“. Dabei handelt es sich um eine an JaPPOS gekoppelte webbasierte Monitoringplattform mit einem Dashboard, das die wesentlichen Daten der Steuerung visuell aufbereitet. Über die Powercloud können Ent-

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scheidungsträger die aktuelle Position der Schieber und Pegelstände mit faktisch beliebigen Endgeräten einsehen, um dann aufgrund dieser Daten im Anlassfall fundierte Entscheidungen zu treffen. „Die Zusammenarbeit mit den Vertretern vom Land Salzburg hat sowohl auf menschlicher als auch auf fachlicher Ebene hervorragend funktioniert. Bei der gemeinsamen Umsetzung konnten eine ganze Reihe von Optimierungen erzielt werden“, resümiert Projektleiter Johann Jank im Gespräch mit zek HYDRO. Das Fazit von Sachbereichsleiter Martin Zopp fällt ebenso positiv aus: „Die Baustelle ging witterungs- und organisationsbedingt gut über die Bühne, wodurch der Hochwasserschutz bereits seit dem Sommer 2020 funktionsfähig ist. Damit waren wir dem avisierten Zeitplan weit voraus. Sehr erfreulich ist auch die Tatsache, dass die prognostizierten Baukosten von rund 22 Millionen Euro um rund 3 Millionen Euro deutlich unterschritten wurden.“ Die abschließenden Restarbeiten und Rekultivierungen werden im heurigen Frühjahr abgeschlossen. Das sowohl vom Bauvolumen also auch von den Baukosten größte Hochwasserprojekt im Land Salzburg schützt nun rund 4.700 Bewohnerinnen und Bewohner sowie mehr als 700 Gebäude und die regionale Infrastruktur vor 100-jährlichen Hoch­wasser­ereignissen.

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Schwerpunkt

Foto: Stadtwerke Feldkirch

Das Tosbecken von Wehrfeld 1 wird saniert: Um ein möglichst sicheres Bauen zu ermöglichen, wurden neben der Abschottung am Tosbeckenende auch die Wehrpfeiler um 2 m erhöht.

STAHLPANZERUNG FÜR DIE TOSBECKEN DES KRAFTWERKS HOCHWUHR, FELDKIRCH Seit der Fertigstellung im Jahr 2003 deckt das Laufwasserkraftwerk „Hochwuhr“ der Stadtwerke Feldkirch etwa 10 Prozent des Strombedarfs von Feldkirch. Die Leistung des Kraftwerks beträgt 4 MW, die Fallhöhe 9,5 m. Das Kraftwerk wurde in einer beengten Felsschlucht am Südeingang der Stadt Feldkirch errichtet und ersetzt ein jahrhundertealtes Hochwuhr. Im Zuge der Projektierung musste mit Rücksicht auf angrenzende Gebäude und einen bestehenden Düker das Tosbecken relativ kurz und daher mit steilem Wehrrücken ausgebildet werden. Durch Verzögerungen im Bauablauf ergab sich die Notwendigkeit, anstatt des ursprünglich geplanten gemeinsamen Tosbeckens für beide Wehrfelder durch Einbau einer Mittelwand zwei getrennte Tosbecken auszuführen. Neben den Gegenstufen mussten deshalb zusätzlich beidseitig Störelemente am Ende der Tosbecken zur ausreichenden Vertosung in Teillastfällen ergänzt werden.

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as HQ100 der Ill in Feldkirch war zum Zeitpunkt der Errichtung des Kraftwerks behördlich mit 760 m³/s definiert. Die Geschiebefracht in der Ill wurde mit durchschnittlich 30.000 m³/Jahr angegeben. Die Tosbecken weisen eine Gesamtlänge von 35 m und eine Breite von je 13 m auf. Zum Schutz vor Geschiebeangriff wurden die Tosbeckenböden und -ausläufe mit einer Verschleißschicht in einer Stärke von 25 cm ausgestattet. Die Wehrrücken erhielten ihre Kontur mit einer Verschleißschicht von 25 bis 80 cm. Die Betongüte wurde mit Hartbeton C 40/50 WU/FB vorgegeben. Die Verschleißschicht wurde mit Bewehrungsmatten DN 10/ e=10 armiert und mit einem Bügel DN 14/m² mit dem tragenden Beton verbunden. Die Betondeckung wurde mit 6 cm vorgegeben. Mit dem gleichen Hartbeton wurden die untersten

1,5 m der Wehrpfeiler ausgeführt. Die Wehrrückenschwellen sowie die beiden Stufen am Ende der Tosbeckenböden wurden mit 12 mm starken Stahlblechen S235 gepanzert. Schon zwei Jahre nach Inbetriebnahme mussten die Tosbecken ein 40-jährliches Hochwasserereignis mit der etwa 7-fachen Geschiebefracht eines normalen Jahres bewältigen. Nach dem Hochwassergeschehen zeigten sich am Verschleißbeton bereits erste relevante Schäden. Nach 15 Betriebsjahren wurde eine Befundung der Tosbecken durchgeführt. Die Schäden hatten sich inzwischen erwartungsgemäß ausgedehnt. Großflächig lag die gesamte Bewehrung der Verschleißschicht frei. Beim Übergang vom Wehrrücken auf den Tosbeckenboden war die gesamte Verschleißschicht abgetragen. Der Konstruktionsbeton war hier bereits schutzlos dem Wasserangriff ausgesetzt.

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Auch bei allen Wehrpfeilern lag die Bewehrung beim Übergang Boden/Wand großflächig frei. An einzelnen stark belasteten Stellen war der Konstruktionsbeton bereits bis zu einer Tiefe von 15 cm erodiert. Einzelne Bewehrungsstäbe wurden um bis zu 90 Prozent geschwächt. Deutliche Abrasionserscheinungen zeigten sich an den Wänden auf dem untersten Meter. LÖSUNGSFINDUNG Im Jahr 2018 wurde ILF Consulting Engineers von den Stadtwerken Feldkirch damit beauftragt, eine Abschätzung der Abrasionsraten im Tosbecken vorzunehmen. Dabei galt es, diverse Materialien für das Tosbecken im Hinblick auf die Abrasionsresistenz bzw. deren Lebensdauer zu bewerten. Im Rahmen einer Studie erarbeitete das Team von M+G Ingenieure unter Leitung von Dipl.-Ing. Josef Galehr April 2021

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Abrasion wird als fortschreitender Materialverlust infolge kontinuierlicher Sedimentbewegung entlang einer Oberfläche definiert. Die Abrasion wird maßgeblich durch springende Geschiebepartikel verursacht. Die Abrasionsraten werden somit maßgeblich durch den Geschiebetransport im Fluss bestimmt. Abrasion findet also immer statt, wenn der Fluss geschiebeführend ist. Verhindern kann man sie nicht, man muss eher versuchen durch eine geeignete Materialwahl der Bauwerksohle die Abrasion zu minimieren. Im Jahr 2018 führte ILF unter der Leitung von Dr. Christian Auel eine Abschätzung der Abrasionsraten im Tosbecken des Kraftwerks Hochwuhr durch. Folgende Materialien wurden im Hinblick auf die Abrasionsresistenz bzw. deren Lebensdauer bewertet: Beton C40/50 (bestehender Beton als Vergleichswert), Beton C70/85, Stahl S235, Granit. Im Rahmen der wissenschaftlichen Untersuchung wurden Abrasionsberechnungen und Analysen der Materialien angestellt, Aussagen zur prognostizierten Lebensdauer der Materialien getroffen und eine Vorbemessung der Variante mit Granitblöcken durchgeführt. Die Untersuchung wurde mit Hilfe von drei verschiedenen Abrasionsprognosemodellen durchgeführt. Zwei dieser Modelle wurden von Christian Auel während seiner Zeit als Wissenschaftler an der ETH Zürich und der Universität Kyoto, Japan entwickelt bzw. weiterentwickelt. Die Modelle beruhen auf Auswertungen unzähliger Laborversuche und wurden nicht explizit für die komplexen Strömungsverhältnisse in einem Tosbecken entwickelt. Die Hydraulik im Tosbecken wurde deshalb detailliert betrachtet, um die Eingabeparameter für die Modelle zu bestimmen. Christian Auel, weltweit anerkannter Experte auf dem Gebiet der Abrasion von Bauwerken, betont die Komplexität der Strömungsverhältnisse in einem Tosbecken.

sowie der Wildbach- und Lawinenverbauung über Erfahrungen mit Verkleidungen von Geschiebesperren in Granit und Stahl diskutiert und Exkursionen unternommen, wobei sich zeigte, dass in den letzten Jahren nur noch Stahlpanzerungen ausgeführt wurden. Die Stadtwerke Feldkirch entschlossen sich daher, die Tosbecken mit einer Stahlpanzerung zu versehen, um damit einen Mehrwert zu erzielen. Bei weiteren Untersuchungen wurde Stahl der Güte S235 mit verschleißarmem Stahl Hardox 450 in unterschiedlichen Stärken verglichen. Aufgrund der vergleichsweise geringen Mehrkosten sollte eine Stahlpanzerung mit Hardox 450 umgesetzt werden. PROJEKT Die Stahlpanzerung wird bei beiden Tosbecken mit hochverschleißfesten Blechen der Stärke 15 mm ausgeführt. Die Tosbeckenform wird beibehalten. Beim ersten bereits umgesetzten Becken wurden der gesamte Wehrrücken, der Tosbeckenboden, der Tosbeckenauslauf und die Wehrpfeiler auf eine Höhe von mindestens 2 m gepanzert. Der Wehrrücken wurde polygonal ausgeführt, der Übergang vom Wehrrücken auf den Tosbeckenboden mit gerolltem Blech. Die Stahlbleche erhielten Kopfbolzen DN 16/L=150 mm, 9 Stück/m², damit die „dynamischen“ Auftriebskräfte von ca. 134 kN/m² abgeleitet werden können. Örtlich

Foto: M+G INGENIEURE

Foto: M+G INGENIEURE

vier Varianten zur Mängelbehebung. Der Abtrag von losen Betonteilen der Verschleißschicht und Ergänzung mit Aufbeton sowie Reprofilierung bei den Wehrpfeilern, der Abtrag und die Erneuerung der gesamten Verschleißschichten, der Abtrag der Verschleißschicht und Ersatz durch Granitsteine sowie der Abtrag der Verschleißschicht und Stahlpanzerung mit unterschiedlichen Stahlqualitäten wurden auf ihre Eignung untersucht. Zusätzlich wurden Mischformen betrachtet. Die Kostenschätzung ergab Errichtungskosten von netto 250.000,- Euro für eine örtliche Instandsetzung, Kosten von 700.000,- bis 800.000,- Euro für eine Erneuerung der Verschleißschicht und Kosten bis ca. 1,3 Millionen Euro für eine Auskleidung in Granit oder Stahl. Eine örtliche In­ standsetzung kam für die Stadtwerke Feldkirch nicht in Frage, da so keine Verbesserung für die Zukunft zu erzielen war. Die Kostenschätzungen zeigten auch einen sehr hohen Kostenanteil für Baustelleneinrichtung, die Abtragsarbeiten der Verschleißschicht, Überdachung der Tosbecken, Sicherung der Bauarbeiten und Nacharbeiten. Die von ILF durchgeführten Abrasionsberechnungen zeigten zudem, dass eine Instandsetzung mit Beton keine langfristige Lösung darstellt. Der höherwertige Beton weist eine 36 Prozent geringere Abrasionsrate, der Granit und Stahl eine 93 bis 99 Prozent geringere Abrasionsrate als der eingebaute Beton C 40/50 auf. Die Ergebnisse wurden mit ausgeführten Kraftwerken verglichen. In der Untersuchung wurde auf die Abrasion an den Kanten und Längsfugen bei Granitsteinen infolge unebenen Einbaus sowie die kritische Situation bei Kreuzfugen hingewiesen. In der Folge wurde mit Vertretern der Vorarlberger Wasserwirtschaft

Das richtige Material, um Abrasion zu minimieren

Erosion der Verschleißschicht bis 25 cm, freiliegende Bewehrung am Wehrrücken

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Freigelegte Bewehrung am Wehrpfeiler, der Bewehrungsquerschnitt ist deutlich geschwächt

Foto: M+G INGENIEURE

Foto: Marc Lins

Die Verschleißschicht wird mit Hochdruckwasserstrahlen abgetragen.

Zeugnis von den Kavitationskräften und dem Angriff durch das Geschiebe an der Wehrrückenschwelle

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Foto: Stadtwerke Feldkirch

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Arbeiten unter geschlossenem, provisorischem Dach

Stahlwasserbauexperten am Werk Tosbecken nach HDW-Abtrag

falls mit selbstverdichtendem Beton vergossen. Der Übergang Stahl auf Betonwand wurde mit einem Übergangsblech verkleidet. Damit Wasser nicht in die Längsfugen zwischen Stahl und Wandbeton eindringt und zu Abrasion des Vergussbetons führt, wurde der Wandbeton auf eine Höhe von ca. 15 cm auf eine Tiefe von ca. 3 cm abgetragen und mit einem verschleißßarmen Saniermörtel ergänzt. Am Ende des Tosbeckens wurden zwei neue, geschlossene und ausgegossene Störelemente eingebaut. Die Sohl- und Wandpanzerung wurde an die bestehende Stahlpanzerung der Wehrrückenschwelle angeschweißt. UMSETZUNG An der Ill ist aus Beobachtungen der letzten 10 Jahre mit Winterabflussereignissen von ca. 240 m³/s zu rechnen. Das Abflussgeschehen ist stark geprägt durch ein 7,0 km weiter flussaufwärts gelegenes Kraftwerk mit Abflussspitzen von bis zu 100 m³/s. Die Wehrpfeiler werden ab einer Wassermenge von ca. 150 m³/s überströmt. Um ein sicheres Bauen zu gewährleisten, muss-

In Zahlen: 1) ca. 900 Gewindestangen bohren und verkleben

2) 11 to Stahlunterkonstruktion einbringen und ausrichten 3) 70 to Hardoxplatten 15 mm verlegen und mit 4) 1,4 to Schweißdraht verschweißen

Foto: Stadtwerke Feldkirch

wurden die Kopfbolzen verdichtet. Die bestehende Stahlpanzerung der Gegenstufen wurde nicht abgetragen, sondern mit dem hochwertigeren Stahlblech verkleidet. Sämtliche Schweißnähte wurden voll durchgeschweißt. Alle Schweißnähte quer zur Fließrichtung wurden verschliffen. Für den Einbau wurde die bestehende Verschleißschicht abgetragen. Der Raum zwischen Stahlpanzerung und bestehendem Beton wurde mit selbstverdichtendem, schwindarmem Beton C 30/37 B2 GK 16 vergossen. Der Vergussbeton wurde mit Bewehrung DN 10/e=15 kreuzweise armiert. Die Kopfbolzen reichen unter die Armierung. Fehlende oder beim Abtrag zerstörte Bügel aus dem Konstruktionsbeton wurden mit mindestens gleichem Stahlquerschnitt ergänzt. Bei der Wandpanzerung musste der gesamte Bewehrungsstahl eingebohrt und verklebt werden. Da bei den Wehrpfeilern kein Konstruktionsbeton abgetragen werden konnte (Standsicherheit bei etwaigen Hochwasserereignissen), wurde die Stahlpanzerung im Abstand von ca. 15 cm zur Mauerfläche aufgebracht und eben-

Für die stahlwasserbauliche Umsetzung des aufwändigen Sanierungsprojektes wandten sich die Betreiber an einen Spezialisten der österreichischen Wasserkraftbranche: Danner Wasserkraft aus Pettenbach. Konkret oblag es ihm, auf dem abgetragenen Untergrund zwischen Beton, Wasser, Eis und der Restbewehrung des Bestandes wieder eine maßhaltige Unterkonstruktion herzustellen und auf dieser das 15 mm-Verschleißblech zu positionieren und fachgerecht zu verschweißen. Die zentralen Herausforderungen stellten dabei die Manipulation und Einbringung der teils mehrere Tonnen schweren Teile, wie auch des Werkzeuges, die örtlichen Gegebenheiten und Temperaturen dar. Durch lange Vorbereitung und gewissenhafte Planung, sowie der guten pragmatischen Zusammenarbeit und Koordination mit der verantwortlichen Baufirma vor Ort konnte man diese „tonnenschwere“ Aufgabe lösen. Mit einem starken und ausdauernden Team wurde der erste Teil trotz zusätzlicher Hürden, wie wechselnder Witterungsverhältnisse und COVID-Reisebestimmungen, erfolgreich abgeschlossen. Das zweite Wehrfeld wird dann, nach einer Sommerpause, im Oktober in Angriff genommen.

Stahlpanzerung auf Unterkonstruktion

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Rund 70 to an 15 mm Hardoxplatten wurden von Danner Wasserkraft eingerichtet und verschweißt.

ten neben der Abschottung am Tosbeckenende auch die Wehrpfeiler um 2 m erhöht werden. Die Abschottung und Erhöhung der Wehrmauern wurde mit Betonhohlwänden ausgeführt. Diese Elemente wurden nach Abschluss der Hauptarbeit abgetragen. Die Verbindung mit dem Bestand erfolgte in Chromstahlarmierung, um Korrosion an der Oberfläche zu vermeiden. Nach dem Einrichten der Baustelle wurde mit dem Abtrag der Verschleißschicht mittels Hochdruckwasserstrahlen begonnen. Aus ökologischen Gründen sollten die Arbeiten mit stromversorgten Pumpen ausgeführt werden. Dazu wurde von den Stadtwerken Feldkirch eine eigene Trafostation aufgestellt. Aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft zu Anrainern wurden die Arbeiten mit Hochdruckwasserstrahlen tageszeitlich begrenzt. Anschließend wurde das Tosbecken mit einem provisorischen Dach und Seitenwänden wetterfest abgedeckt, sodass auch ein Beheizen möglich war. Die Arbeiten sollten im Trockenen und bei Bauteiltemperaturen über 5°C durchgeführt werden. Nach Herstellung des provisorischen Daches wurde mit der Montage der Unterkonstruktion für die Stahlpanzerung

Foto: Stadtwerke Feldkirch

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Panzerung der Seitenwände bis auf 2 m Höhe

begonnen. Dazu wurden im Abstand von ca. 2,4 m Vierkantstäbe 50/50 mm, S235 auf eine Justierkonstruktion aufgelegt und verschweißt, die ihrerseits mit zwei Gewindestangen DN 20 im Konstruktionsbeton verankert ist. Diese Konstruktion musste beim Einbringen des selbstverdichtenden Betons den Betondruck in die Unterkonstruktion ableiten. Nach Ergänzung der Bügel des Konstruktionsbetons wurde die Armierung des Vergussbetons eingebaut. Auf Wunsch des Stahlbauunternehmens wurden die ursprünglich geplanten Stahlplattengrößen von ca. 2,4/6,0 m auf ca. 2,6/10,0 m vergrößert und zum Teil bereits gekantet auf die Baustelle geliefert, um die Schweißarbeiten zu reduzieren. Für das Einheben der Stahlpanzerung musste die provisorische Überdachung örtlich geöffnet werden. Die Stahlplatten wurden mit dem Vierkantstahl voll verschweißt. Zur Sicherung der Stahlbleche gegen „Auftrieb“ beim Betoniervorgang wurden beim Tosbeckenboden Stahlwandriegel im Abstand von 1,2 m verlegt und über Gewindestangen auf den Vierkantstahl verschweißt. Beim Betonieren war damit eine Betonierhöhe von

Wie man Altbeton optimal entfernt Die Firma Sodian mit Sitz im oberösterreichischen Vorchdorf ist Spezialist für Betoninstandsetzung von Kraftwerken. Das Leistungsspektrum reicht von großen Sanierungen, wie beispielsweise dem Kraftwerk Mount Coffee in Liberia, bis zur automatisierten Entschichtung von mittlerweile über 30 Druckrohrleitungen im Zuge deren Sanierung. Für die Sanierung des Tosbeckens im Kraftwerk Hochwuhr wurden spezielle Roboter konstruiert, um automatisiert und ohne Gefahr für Mitarbeiter die Betonschicht an dem gewölbten Wehrrücken zu entfernen. Eine besondere Herausforderung war eine deutlich erhöhte Druckfestigkeit des Verschleißbetons. Um trotzdem den Bauzeitplan halten zu können wurden die Elektroaggregate um Dieselbetriebene Aggregate ergänzt. So wurde in Summe mit der beeindruckenden Leistung von 1.750 kW der Verschleißbeton abgetragen. Mehr unter:

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Foto: M+G INGENIEURE

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Stahlwandriegel vor dem Betonieren mit selbstverdichtendem Beton

Kopfbolzen, Bewehrung und von Schlämmen gereinigte Betonfläche

maximal 0,5 m zulässig. Beim Wehrrücken und den Wänden wurden die Stahlwandriegel verdichtet, um einen höheren Betonierdruck zuzulassen. Nach Abschluss der Betonierarbeiten wurden die Betonierlöcher verschlossen und verschweißt, weiters wurden Verpressarbeiten durchgeführt. Die Kostenschätzung hat Baukosten von 2,06 Millionen Euro ergeben. Die Bauarbeiten wurden auf Basis der Ausschreibung mit 1,9 Millionen Euro vergeben. Nach Fertigstellung des ersten Tosbeckens liegen die Bauarbeiten im Kostenrahmen. ERSCHWERNISSE, ÜBERRASCHUNGEN Im Zuge der Umsetzung der Stahlpanzerung zeigten sich einige Schwierigkeiten und Überraschungen. Ursprünglich war geplant, beide Tosbecken im Winter 2020/2021 mit der Stahlpanzerung zu versehen. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten bei der vom Bauherrn gewünschten Stahlgüte konnte im Winter 2020/2021 nur ein Tosbecken gebaut werden. Das zweite Tosbecken wird im kommenden Winter gepanzert. Der Abtrag mitttels Hochdruckwasserstrahlen war vom Bauherrn mit stromversorgten Pumpen gewünscht. Im Zuge der Arbeiten wurde

eine deutlich erhöhte Druckfestigkeit des Betons festgestellt. Die Firma Sodian ergänzte die Aggregate um zusätzliche Dieselaggregate, um den Bauzeitplan halten zu können. Am Tosbeckenboden und zum Teil am Wehrrücken wurde die Verschleißschicht mit dem Wasserstrahl „durchschossen“ und die obere Bewehrungslage des „weicheren“ konstruktiven Betons flächendeckend freigelegt. Als Sofortmaßnahme musste in der Folge eine Reprofilierung durchgeführt werden, um die statische Sicherheit für den Fall eines Hochwassers zu gewährleisten. Der Verschleißbeton wies im Mittel 71,0 N/ mm² Zylinderdruckfestigkeit auf und ist damit im ständig feuchten Tosbeckenklima besonders stark nachgehärtet. Dennoch war er im Vergleich zu stahlgepanzerten Bereichen wesentlich stärker verschlissen. Beim Verlegen der Bewehrungsstäbe der Verschleißschicht musste genau die Verteilung der Kopfbolzen berücksichtigt werden. Andernfalls konnten die Stahlplatten nicht verlegt werden, ohne die Bewehrung durch die Kopfbolzen hinunterzudrücken. Bei den zweifach gekanteten und fast 10 m langen Stahlplatten im Bereich Tosbeckenauslauf war dies eine besondere Herausforderung.

Die Erfahrungen bei der Umsetzung der Panzerung des ersten Tosbeckens sollten beim zweiten Tosbecken zu einer kürzeren Bauzeit führen. Text: Josef Galehr, M+G Ingenieure Hans-Jörg Mathis, Stadtwerke Feldkirch

Aktuelle Informationen und Bilder zum Projekt Tosbecken Hochwuhr auf der Homepage der Stw. Feldkirch

Foto: M+G INGENIEURE

Die Arbeiten am Tosbecken wurden auch nachts durchgeführt.

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Das Team von Braun Maschinenfabrik führt aktuell mehrere Wehrsanierungen an Traditionskraftwerken an der Donau, Isar, Inn und am Lech durch. Im Bild gut erkennbar: linkes Wehrfeld fertig saniert, mittleres Wehrfeld gerade in Arbeit, rechtes Wehrfeld noch zu sanieren.

OBERÖSTERREICHISCHER STAHLWASSERBAUSPEZIALIST BEWEIST KNOW-HOW BEI WEHRSANIERUNGEN Ob an der Donau, am Inn, an der Isar, oder der Aare: Eine Vielzahl von traditionsreichen großen Flusskraftwerken sind mittlerweile in die Jahre gekommen. Um weiterhin ihre Funktionen im Hinblick auf Stromerzeugung und Hochwasserschutz in vollem Umfang erfüllen zu können, muss ein großer Teil dieser Anlagen einer professionellen Sanierung unterzogen werden. Naheliegenderweise sind dafür Branchenspezialisten aus dem Stahlwasserbau gefragt, die über viel einschlägige Erfahrung und Know-how verfügen. Allen voran zu nennen: Die Firma Braun Maschinenfabrik aus dem oberösterreichischen Vöcklabruck, die aktuell gleich bei mehreren Wehrsanierungen aktiv ist.

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iele der leistungsstarken Flusskraftwerke in Mitteleuropa sind seit Jahrzehnten in Betrieb. Der Großteil davon wurde sowohl aus ingenieurstechnischer als auch aus materialtechnischer Sicht vorbildlich realisiert. So gut, dass nicht wenige dieser Anlagen sich in originaler Ausrüstung seit 100 Jahren bewähren. Und dennoch nagt der Zahn der Zeit an den verschiedensten Komponenten: Zahnrädern, Gallketten, Ritzeln, Rollen, Dichtungen, diversen Antriebsmechanismen, Schützen und unterschiedlichen Hilfseinrichtungen, am Korrosionsschutz sowieso. Irgendwann ist eine Sanierung unvermeidlich, wenn die volle Funktionsfähigkeit einer Wehranlagen beibehalten werden soll. Die Frage, ob die Bauteile nun komplett erneuert werden, stellt sich heute – in Zeiten angespannter Budgets – zusehends weniger.

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Aus wirtschaftlichen Gründen gilt es zumeist, die alten hochwertigen Stahlwasserbauanlagen zu sanieren. Doch dafür braucht es Profis, die Erfahrung mit der Technik und dem Material vergangener Jahrzehnte mitbringen, wie Thomas Oberanzmair vom Bereich Stahlwasserbau bei Braun Maschinenfabrik bestätigt: „Im Gegensatz zu einem Neubau ist bei Sanierungen und Revitalisierungen um einiges mehr an Ingenieurskompetenz und Montageerfahrung vor Ort erforderlich, um eine perfekte Lösung für alte Anlagen zu erreichen.“ KNOW-HOW GEFRAGT Im Rahmen von Wehrsanierungsprojekten fällt eine Vielzahl an unterschiedlichen Arbeiten an: Das beginnt mit Abdämmarbeiten, Gerüstbau, setzt sich fort über diverse De-

montagearbeiten, Kontrollen von Bauteilen, Koordinierung des Korrosionsschutzes, diverse Sanierungen und endet bei den verschiedenen Wiederinbetriebsetzungsarbeiten. Zur Analyse werden moderne Prüfverfahren eingesetzt, um auch haarfeine Risse detektieren zu können. „Wichtig ist natürlich auch, dass man weiß, wie man richtig mit diesen alten, teilweise sehr schweren und sperrigen Bauteilen umzugehen hat. Ein unsachgemäßes Handling kann schnell zu Beschädigungen führen“, argumentiert Thomas Oberanzmair, der darauf verweist, dass es gerade für Demontagearbeiten die Kenntnis über die Technologie vergangener Jahrzehnte brauche. Hinzu kommt, dass im Rahmen der Sanierung auch die jeweils richtige Maßnahme für den jeweiligen Zweck gesetzt wird. Man sollte wissen, in welchem Fall ein Bauteil sandge-

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Foto: Braun

Auch große Wehrklappen werden von Braun Maschinenfabrik wieder auf Vordermann gebracht.

Foto: Braun

Das Team von Braun Maschinenfabrik verfügt über die nötige Erfahrung und das Know-how, um alte Wehranlagen optimal zu sanieren.

strahlt, oder vielleicht besser eisgestrahlt werden sollte. Außerdem sollte es nicht sakrosankt sein, nur alte Bauteile zu verwenden. Wasserkraftprofis wie jene der Braun Maschinenfabriken verfügen über das Know-how, einschätzen zu können, wo man unter Umständen auch moderne technische Komponenten integrieren kann. ZUWACHS AUF DER REFERENZLISTE Ihre Kompetenz in Sachen Wehrsanierung beweist die Braun Maschinenfabrik derzeit in zahlreichen Projekten, vor allem an der Donau, Isar, Inn und Lech. Seit 5 Jahren arbeitet das Unternehmen aus Vöcklabruck etwa an der Sanierung der Uniper-Kraftwerke Bittenbrunn, Bergheim, Ingolstadt und Bertholdsheim – allesamt an der Donau. Der Gesamtauftrag umfasst 12 Wehrfelder und 3 Kahnschleusen. Das Projekt ist weit gediehen, 2022 soll es bereits abgeschlossen sein. Auch die Isar-Kraftwerke von Uniper Altheim, Nie-

deraichbach und Pielweichs werden aktuell noch saniert: Konkret führt Braun hier innerhalb von 2 Jahren eine stahlwasserbautechnische Revision der 6 Wehrfelder durch und nimmt zusätzlich einige dringende Reparaturen und Umbauten vor. Auch dieses Projekt soll im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen sein. Zeitgleich sind die oberösterreichischen Stahlwasserbauprofis auch am Inn am Werk. Beim Kraftwerk Perach von Verbund werden die 4 Wehrfelder stahlwasserbautechnisch saniert. „Aktuell arbeiten wir gerade am zweiten der vier Felder. Voraussichtlich werden diese Arbeiten 2023 abgeschlossen sein“, so Oberanzmair. Ab Juni 2021 wird das Team von Braun auch noch bei den Lechkraftwerken Dillingen, Hochstädt, Schwenningen und Donauwörth – allesamt an der Donau – gefordert sein: Hier werden in Summe 12 Wehrfelder sowohl stahlwasserbautechnisch als auch korrosionsschutztechnisch in Schuss

Innovations for waterpower all over the world.

gebracht. Dieses Projekt ist für 6 Jahre angesetzt und endet 2027. MIT ALTER TECHNIK AUF DU UND DU Die Wasserkraft hat über die vielen Jahrzehnte ihrer Entwicklung unterschiedliche Techniken hervorgebracht. Um alte Anlagen optimal sanieren zu können, sind Stahlwasserbauunternehmen gefragt, die mit alter wie neuerer Technik auf „Du und Du“ sind, die die Anforderungen unterschiedlichster Hersteller und auch die Wünsche der Betreiber berücksichtigen können – und auch die erforderlichen technischen Voraussetzungen dafür mitbringen. Dank ihrer langjährigen Erfahrung und ihrer kompetenten Mitarbeiter für Planung, Logistik und Montage verfügt die Braun Maschinenfabrik über beste Voraussetzungen, um betagte Anlagen wieder vollständig zu sanieren, zu revitalisieren und betriebsfit für die nächsten Jahrzehnte zu machen.

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Foto: Glanzer

MASCHINENFABRIK

Gmundner Str. 76 4840 Vöcklabruck / AUSTRIA E-Mail:office@braun.at

www.braun.at

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Foto: Bilfinger Industrial Services

Beim Ersatzneubau des Kraftwerks Traunleiten in Oberösterreich lieferte die Bilfinger Industrial Services GmbH den Großteil der Stahlwasserbauausrüstung. Die Wehranlage des Traditionskraftwerks wurde beim Umbau mit zwei jeweils 44 m breiten Wehrklappen ausgerüstet.

BILFINGER MACHT DIE TRADITIONSKRAFTWERKE TRAUNLEITEN UND SCHÜTT FIT FÜR DIE ZUKUNFT Die Bilfinger Industrial Services GmbH zählt mit ihrem Hauptsitz in Linz und neun weiteren Standorten in Österreich und dem benachbarten Ausland zu den größten heimischen Industriedienstleistern. Das Portfolio deckt von Consulting, Engineering, Fertigung, Montage, Instandhaltung, Anlagen-Erweiterungen und deren Generalrevisionen bis hin zu Umwelttechnologien und digitalen Anwendungen die gesamte Wertschöpfungskette ab. Im Wasserkraftsektor hat sich Bilfinger bei einer Vielzahl von Projekten im In- und Ausland seit Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf als zuverlässiger Partner erarbeitet. Bei den jeweils 2019 abgeschlossenen Generalsanierungen des Kraftwerks Traunleiten in Oberösterreich und dem Kärntner Kraftwerk Schütt konnte Bilfinger seine Kompetenz im Stahlwasserbaubereich voll unter Beweis stellen.

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Der rund 2,4 km lange Oberwasserkanal musste für die erheblich gesteigerte Ausbauwassermenge verbreitert und erhöht werden.

Foto: zek

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er zwischen 2017 und 2019 durchgeführte Ersatzneubau des Kraftwerks Traunleiten vom Betreiber Wels Strom GmbH stellte für die Bilfinger Industrial Services GmbH im wahrsten Sinne des Wortes ein „Heimspiel“ dar. Die 1899 an der Traun errichtete Anlage befindet sich nur wenige Kilometer vom Bilfinger Standort in Wels ­ entfernt, an dem die Berechnung, die Konstruktion und die Fertigung des Stahlwasserbauequipments stattfinden. Nach Abschluss eines mehrjährigen Behörden- und UVP-Verfahrens ging das Projekt im Herbst 2017 in die Umsetzungsphase über. Das grundlegende Funktionsprinzip der Anlage – das Triebwasser wird mittels Wehrklappen aufgestaut und durch einen offenen Kanal zur Turbinierung geführt – blieb beim Neubau unverändert. Dank der umfassenden Erneuerung April 2021

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kann am Anlagenstandort, an dem sich die Traun während des vergangenen Jahrhunderts um rund 6 m eingetieft hat, nahezu das Doppelte an Ausbauwassermenge turbiniert werden. Um diese 150 m³/s Triebwasser den betrieblichen Erfordernissen entsprechend sicher ins Krafthaus leiten zu können, wurde der rund 2,4 km lange Kanal saniert und erweitert, der Stahlwasserbau grundlegend erneuert und ein neues Maschinengebäude mit zwei Kaplan-Bulb-Turbinen errichtet. 44 M BREITE WEHRKLAPPEN Mit Ausnahme des 70 m langen Horizontalrechens und der Rechenreinigungsmaschine wurde die gesamte Stahlwasserbauausstattung von Bilfinger ausgeführt. Die beiden jeweils 44 m breiten und 2,25 m hohen Wehrklappen an der der Wehranlage stellten dabei die mit Abstand größten Komponenten im Bilfinger-Lieferumfang dar, erklärt Projektleiter Bernhard Brindl: „Obwohl ur-

Foto: zek

konnte bereits die zweite Klappe in Betrieb genommen werden. STAHLWASSERBAU AM STAND DER TECHNIK Für das neue Einlaufbauwerk neben der Wehranlage fertigte Bilfinger drei Rollschützen mit den Abmessungen 7 x 4,9 m. Darüber hinaus wurden die wenige Jahre zuvor sanierten Schotterschleusen am Einlaufbereich einer umfangreichen Revitalisierung unterzogen. An der bestehenden rechten Schotterschleuse wurde ein neuer Schützenkörper 8 x 6 m gefertigt. Dieser musste auf die vorhandene Armierung sowie die Gewichtslimitierung des bestehenden Antriebs angepasst werden. Eine weitere 3 m breite und 3,33 m hohe Wehrklappe wurde am Ende des horizontalen Feinrechens beim Krafthaus montiert. Die Klappe führt das von der Rechenreinigungsmaschine entfernte Geschwemmsel in den Unterwasserbereich ab. Eine vierte Wehrklappe mit den Abmes-

Montage der drei jeweils 7 m breiten und 4,9 m hohen Rollschützen am Einlaufbauwerk.

Foto: zek

Bilfinger-Projektleiter Bernhard Brindl

sprünglich nur eine Sanierung der Wehrklappen geplant war, hat sich der Betreiber schließlich doch dazu entschlossen, diese Bauteile inklusive der Lagerung vollumfänglich auszutauschen und die Anlage somit auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Im Gegensatz zu den alten mechanischen Antrieben mit Triebstock und Zahnrädern werden die neuen Klappen jeweils einseitig mittels Hydraulikzylindern bewegt.“ Jede Klappe besteht grundsätzlich aus drei Einzelteilen und wurde nach der Anlieferung auf der Baustelle mittels Flanschverbindungen und Dichtungen zusammengebaut. Bei der Fertigung war höchste Präzision unabdinglich, schließlich mussten pro Klappe insgesamt neun Lager eine exakte Flucht aufweisen und die Flanschstöße auf den Millimeter genau zusammenpassen. Der Einbau der ersten Wehrklappe wurde im November 2018 während der Niederwasserperiode innerhalb weniger Wochen durchgeführt, kurz darauf

Foto: Bilfinger Industrial Services

Schweißarbeiten am neuen Schützenkörper für die Schotterschleuse in der Bilfinger Werkstätte.

Foto: Bilfinger Industrial Services

Bei der Fertigung der einseitig angetriebenen Wehrklappen mit Abmessungen von jeweils 44 x 2,25 m war höchste Präzision gefragt.

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Foto: Bilfinger Industrial Services

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Bei der Erneuerung des Kärntner Kraftwerks Schütt lieferte Bilfinger das gesamte Stahlwasserbauequipment. Die Wehranlage an der Gail wurde mit jeweils vier Wehrschützen 12 x 5,35 m mit aufgesetzten Klappen ausgeführt.

Montage der mittels kardanischer Lagerung aufgehängten Hydraulikzylinder.

sungen 16 x 2,95 m dient als Schutzeinrichtung, damit die bei einem Turbinenausfall entstehende Welle sicher abgetragen wird. Komplettiert wurde der Bilfinger Lieferumfang durch einen Satz Turbineneinlaufdammbalken 9 x 10,5 m, eine Saug­ rohrdammtafel 6,75 x 5,14 m, diverse Grobrechen, Armierungsnischen, Dammbalkenlagerausrüstungen und Panzerungen. Nach einer 2,5-jährigen Umbauphase konnte im Kraftwerk Traunleiten im Herbst 2019 wieder Strom erzeugt werden. Bei einem Regelarbeitsvermögen von rund 91 GWh deckt die Anlage umgerechnet den Jahresstrombedarf von ca. 30.000 Haushalten. In Summe investierte die Wels Strom GmbH rund 48 Millionen Euro in den Ersatzneubau.

Foto: Bilfinger Industrial Services

ENGER TERMINPLAN FÜR KW SCHÜTT Das 1911 fertiggestellte Kraftwerk Schütt an der Gail zählt zu den leistungsstärksten Laufkraftanlagen des südösterreichischen Energieversorgers Kelag und gehört gleichzeitig zu den ältesten Wasserkraftwerken Kärntens. Zwi­ schen dem Sommer 2018 und dem Herbst 2019 wurde das teilweise über 100

4 WEHRFELDER ERNEUERT Von der mit vier Wehrfeldern ausgestatteten Wehranlage blieben nur Teile des Betonbaus erhalten. Der Altbeton wurde den Erfordernissen entsprechend saniert bzw. für den Neubau adaptiert, darüber hinaus wurde der

Oberwasserkanal auf seiner gesamten Länge mit einer Kunststofffolie ausgekleidet. Während der Erneuerung der Wehranlage wurde die Gail durch das alte Flussbett geleitet. Zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit am Querbauwerk wurde eine Fischaufstiegsschnecke installiert. Wie geplant startete Bilfinger im August 2018 die Arbeiten an den Wehrfeldern 1 und 2. Die vier neuen Absperr­ organe wurden als jeweils 12 m breite und 5,35 m hohe Wehrschützen mit aufgesetzten Klappen ausgeführt, wobei jede Klappe 10,4 x 1,9 m misst. Als Antrieb der Wehrschützen kommen jeweils zwei Hydraulikzylinder zum Einsatz, jeder Klappenkörper wird ebenfalls beidseitig hydraulisch bewegt. Beim Einbau wurden die Schützentafeln zunächst in die seitlichen Armierungen gehoben und anschließend die aufgesetzten Klappen verschraubt. „Wegen der Größe der Anlage wurden sämtliche Hydraulikzylinder der Wehr­schützen mittels kardanischer Lagerung aufgehängt. Somit ist sichergestellt, dass etwai­ge Ungenauigkeiten der einzelnen Zylin­ der beim Auf- und Abbewegen zuverlässig aus­ geglichen werden. Die kleineren Hy­

Technische Daten KW Traunleiten

Am Einlaufbauwerk wurde noch 2018 zwei Kanaleinlaufschützen je 9 x 4,35 m in Betrieb genommen.

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Jahre alte Traditionskraftwerk sukzessive saniert, umgebaut, modernisiert und erneuert. Den Zuschlag zur Ausführung des gesamten Stahlwasserbaus erhielt die Bilfinger Industrial Services GmbH, die für die Kelag bereits eine Reihe von Neubau- und Revitalisierungsprojekten erfolgreich durchgeführt hat. „Die Auftragserteilung erfolgte Anfang 2018, im August 2018 musste schon die Montage der ersten Bauteile beginnen. Wir hatten also nur rund ein halbes Jahr Zeit für das Engineering, die statischen Berechnungen und die Fertigung inklusive aller Abnahmen. Um den engen Terminplan einhalten zu können, wurden alle verfügbaren Kapazitäten im Haus voll ausgeschöpft. Durch unsere Flexibilität konnten wir die ambitionierten Termine einhalten“, erklärt Bilfinger-Projektleiter Roland Baminger.

• Ausbauwassermenge: 150 m³/s • Bruttofallhöhe: 13,58 m • Engpassleistung: 17,7 MW • Jahresarbeit: ca. 91 GWh • Wehrklappen: 2 Stk. 44 x 2,25 m • Rollschützen: 3 Stk. 7 x 4,9 m • Turbineneinlaufdammbalken: 1 Satz 9 x 10,5 m • Betreiber: Wels Strom GmbH

KW Schütt • Ausbauwassermenge: 52 m³/s (Schütt 2) • Bruttofallhöhe: 25 m • Engpassleistung: 12,5 MW • Jahresarbeit: ca. 62 GWh • Wehrschützen: 4 Stk. 12 x 5,35 m • aufgesetzte Wehrklappen: 4 Stk. 10,4 x 1,9 m • Kanaleinlaufschützen: 2 Stk. 9 x 4,35 m • Betreiber: Kelag

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ERFOLGREICHES REFERENZPROJEKT Zum Bilfinger-Auftragsumfang zählten auch die beiden jeweils 9 x 4,35 m messenden Kanaleinlaufschützen, diese wurden ebenfalls noch 2018 montiert und inbetriebgesetzt. Die Ausführung der Grob- und Feinrechen inklusive dazugehöriger Rechenreinigungsmaschinen beim Einlaufbauwerk bzw. am Krafthaus wurde als Sub-Auftrag von der Firma Muhr übernommen. Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen 2018 erfolgte die Abnahme der rundum erneuerten Wehrfelder 1 und 2, die Inbetriebnahme der Wehrfelder 3 und 4 wurde im März 2019 abgeschlossen. „Die Erneuerung des Kraftwerks Schütt war definitiv ein sehr erfolgreiches Referenzprojekt für uns. Trotz anfänglicher Skepsis, ob sich der Auftrag in dem engen Zeitfenster überhaupt realisieren lässt, haben alle an ei-

Probelauf der neuen Wehrschützen am Wehrfeld 1 und 2 im Oktober 2018. Um den engen Terminplan zur Fertigstellung der Wehranlage einhalten zu können, musste Bilfinger seine Kapazitäten voll ausschöpfen.

nem Strang gezogen und das scheinbar Unmögliche möglich gemacht“, resümiert Roland Baminger. Trotz eines schweren Hochwasserereignisses im Herbst 2018 konnten die damit einhergehenden Verzögerungen dank vorbildlicher Zusammenarbeit aller beteiligten Unternehmen aufgeholt werden und das rundum erneuerte Kraftwerk im Mai 2019 in den Probebetrieb über-

Foto: Bilfinger Industrial Services

draulikzylin­ der der Wehrklappen konnten mit standardmäßigen Lagerungen ausgeführt wer­­ den“, so Baminger. Die beiden jeweils zwei Wehrfelder regelnden Hydraulikaggregate wurden zum Schutz vor Witterungseinflüssen in Containern auf den Wehrpfeilern untergebracht. Damit die Wehrschützen an den Dichtflächen der Seitenarmierungen im Winter nicht festfrieren, wurde diese mit elektrischen Heiz­elementen ausgestattet.

gehen. Die Summe der durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen führte sowohl zu einer Leistungs- als auch Erzeugungssteigerung der Anlage. Bei einer Engpassleistung von 12,5 MW kann das Kraftwerk Schütt im Regeljahr nun rund 62 GWh Ökostrom produzieren, dies entspricht umgerechnet dem Jahresstrombedarf von ca. 17.000 Kärntner Haushalten.

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Über seine vier Wehrfelder ist das Kraftwerk Laufenburg am Hochrhein in der Lage, ein tausendjährliches Hochwasser problemlos abzuführen. In einem langwierigen Sanierungsprozess wurden bereits drei der vier Wehrfelder auf den Stand der Technik gebracht.

HUNDERTJÄHRIGE MIT MODERNER TECHNIK WIEDER IN SCHUSS GEBRACHT Seit fast einem Jahrzehnt läuft bereits die in Etappen vollzogene Sanierung der Wehrfelder des traditionsreichen Kraftwerks Laufenburg am Hochrhein. Eine herausfordernde und komplexe Aufgabe, bei der zugleich großes Know-how und Fingerspit­ zengefühl gefragt sind, um die 100 Jahre alten Bauteile des Getriebes wieder perfekt auf Vordermann zu bringen. Für drei der vier Wehrfelder hat der Wasserkraft- und Stahlwasserbauspezialist Wiegert & Bähr aus dem Schwarzwald bereits die betagten Windwerke und Wehrbrückenlager saniert. In wenigen Wochen soll nun das einzige auf Schweizer Seite gelegene Wehrfeld folgen. Projektleiter Roland Kistner und der Verantwortliche für die Stauanlagen und die Maschinentechnik im Asset Management Thomas Kohlbrenner, beide in Diensten der Kraftwerksbetreiberin Energiedienst Holding AG, erläuterten in einem Online-Interview die wesentlichen Herausforderungen dieses Mammutprojekts.

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er Bau des Kraftwerks Laufenburg war zweifellos eine Pionierleistung erster Güte – und zugleich ein flussbauliches Wagnis: Schließlich wurde das Kraftwerk, das in den Jahren zwischen 1909 und 1914 realisiert wurde, als erstes seiner Art quer zur Fließrichtung des Gewässers errichtet. Und dabei wurde es auf höchst solidem Fundament gebaut, wie Thomas Kohlbrenner, der Verantwortliche für die Stauanlagen und die Maschinentechnik bei Energiedienst Holding AG, bestätigt: „Der Standort Laufenburg hat sich als Kraftwerksstandort aufgrund der geologischen Bedingungen geradezu angeboten: Bedingt durch den Untergrund, einem eis-

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zeitlich entstandenen Riegel aus rotem Gneis, bildete sich hier eine Engstelle, wo sich die Kraft des Rheins besonders gut und effektiv nutzen ließ.“ Die Anlage, die heute von der Energiedienst Holding AG betrieben wird, kam bei ihrer Inbetriebnahme kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf 40 MW Leistung und galt damals als das leistungsstärkste Kraftwerk Europas. Die Jahreserzeugung lag bei 310 Millionen kWh. Seit 1994 sind zehn Straflo-Maschineneinheiten installiert – mit einer Gesamtleistung von 106 MW. Nach wie vor ein wichtiger Leistungsträger innerhalb der Rheinkraftwerke, für den allerdings die Zeit für eine Generalsanierung gekommen

war. Noch nie zuvor in seiner langen Geschichte war das Stauwehr einer umfassenden Sanierung unterzogen worden. HOCHWASSERSCHUTZ BLEIBT GEWÄHRLEISTET Seit 2012 läuft nun die sukzessive Sanierung der Wehrfelder. Es gilt, den zentralen sicherheitstechnischen Aspekt im Hinblick auf den Hochwasserschutz am Standort zu gewährleisten – auch während der Bauarbeiten. „Die Wehranlage ist auf ein 1000-jährliches Hochwasser ausgelegt. Das heißt, dass sie ein Bemessungshochwasser von 5.200 m3/s ohne Überströmung abführen kann, ohne dabei Schaden zu nehmen. Dies gelingt, wenn die

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Die Dimensionen der über 100-jährigen Bauteile sind enorm. Das schwerste Zahnrad wiegt über 18 Tonnen.

mas Kohlbrenner ein, dass es an den alten Plänen nicht gelegen sei – im Gegenteil: „Die alten Tuschezeichnungen auf A0 sind beeindruckend, da ist jede Niete eingezeichnet. Zudem sind diese Zeichnungen sehr übersichtlich. Was jedoch fehlt, sind direkte Protokolle. Wenn heute eine Demontage am Programm steht, wird diese minutiös geplant und vor allem mit Fotos dokumentiert. Mit den abgelegten Fotos und Protokollen sollte dies für unsere Nachfolger in ferner Zukunft einfacher sein.“ Als äußerst komplex beschreibt Roland Kistner auch die Getriebe mit ihren zahlreichen Wellen und Zahnrädern. „Am Windwerk oberhalb der Wehrfelder durchdringen einander eine Vielzahl an Wellen, Ritzel und Zahnrädern, was auf den ersten Blick verwirrend wirkt. Es ist fast wie in einem Uhrwerk: ein Wirrwarr.“ Die Aufgabe, diese komplexe AnFoto: Energiedienst

EIN HAUCH VON „ARCHÄOLOGIE“ „Die Seitenschilder, die für den Schutz der Gallkette beim Hoch- und Runterfahren sorgen, waren besonders schwierig zu demontieren“, berichtet Projektleiter Roland Kistner. „Die Bauteile waren zum Teil schon etwas verwunden, und das Heikelste war: Man wusste nicht mehr so genau, wie man die ausbauen sollte. Zum Glück konnte sich ein älterer Mitarbeiter noch erinnern, wie das geht. Da mussten wir uns herantasten – es hatte etwas von ‚Archäologie‘.“ Dabei räumt Tho-

Foto: Energiedienst

Schützen des Stauwehrs funktionsgemäß öffnen. Dabei können drei der vier Wehrfelder bereits diese Kapazität erreichen“, erklärt Thomas Kohlbrenner. Somit bleibt auch in den Sanierungsphasen, in denen jeweils ein Wehrfeld saniert wird, gemäß Stauanlagenverordnung der volle Hochwasserschutz erhalten. Jedes der vier Wehrfelder verfügt dabei über zwei eigene Rollschützen, mit denen der Rheinpegel reguliert werden kann. Roland Kistner: „Die Wehrfeldverschlüsse bestehen jeweils aus einem 220 Tonnen schweren Ober- und einem 180 Tonnen schweren Unterschütz, wobei das Unterschütz von der Sohle nach oben gezogen und das Oberschütz für den Verschluss von oben nach unten abgesenkt werden kann. Das Oberschütz dient im Regelbetrieb der Feinregulierung des Rheinpegels.“ Um diese gewaltigen Bauteile bewegen zu können, braucht es auch entsprechende Getriebe und Gewerke. Die Dimensionen der alten Bauteile sind daher auch beeindruckend. Die größten Zahnräder des Getriebes bringen 18 Tonnen auf die Waage, die Gallketten rund 6 Tonnen. Das Handling solcher Komponenten stellt somit an sich schon eine Herausforderung dar.

Foto: PI Mitterfellner

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STAHLKOLOSSE WERDEN SANIERT Der Auftakt für die Arbeiten erfolgte im Jahr 2012 mit der Revision von Wehrfeld 4, dem zum deutschen Ufer nächstgelegenen Wehrfeld. Erstmalig wurden die teils gigantischen Zahnräder demontiert, die nicht nur ob ihres Gewichts und ihrer Dimensionen eine Herausforderung darstellten. „Die Zahnräder wa-

Kraftwerk Laufenburg – Eine Investition für Generationen 1908 wurde die Energiedienst Holding AG als „Kraftwerk Laufenburg AG“ gegründet, um ein Wasserkraftwerk zu errichten. Das Kraftwerk, das zwischen 1909 und 1914 realisiert wurde, war mit einer Leistung von 40 Megawatt (MW) damals das leistungsstärkste in Europa, die Jahresstromproduktion der zehn Francis-Maschinen-Gruppen lag bei 310 Millionen Kilowattstunden (kWh). Aufgrund des rasch steigenden Energiebedarfs wurde das Kraftwerk schon Ende der 1920er Jahre erstmals ausgebaut. Weitere Modernisierungen folgten. Seit 1994 produzieren zehn moderne Straflo-Maschinen-Gruppen Strom mit einer Leistung von 106 MW. Sie liefern im Durchschnittsjahr rund 700 GWh sauberen Strom. Die Energiedienst Gruppe betreibt daneben selbst noch weitere Kraftwerke am Hochrhein und ist an mehreren anderen beteiligt.

Sämtliche Lager wurden demontiert, bis in die kleinsten Einzelteile zerlegt, geprüft, saniert und letztlich wieder remontiert.

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ordnung auseinanderzunehmen und sämtliche Bauteile einer Komplettsanierung zuzuführen, wurde von den Profis des Schwarzwälder Wasserkraft- und Stahlwasserbauspezialisten Wiegert & Bähr übernommen. Im Wesentlichen war das Team aus Renchen für die Demontage der Windwerke und Wehrbrückenlager sowie für deren Montage und Wiederinbetriebnahme verantwortlich. Tatkräftig unterstützt wurden sie dabei auch von den Kraftwerksmitarbeitern.

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konstante Übersetzung sicher. Die Demontage wie die Remontagearbeiten erstreckten sich in der Regel über drei bis vier Monate.

Mittels aufwändigem Sandstrahlverfahren wurden die Teile der Fachwerkskonstruktion aus nicht schweißbarem Walzstahl gereinigt.

und 3 tiefer sind als 1 und 4, weisen diese auch einen höheren hydraulischen Abfluss auf. Im Zuge des Ausbaus zeigte sich, dass hier eine deutlich stärkere Abnutzung der Zahnräder vorlag. Das Team von Wiegert & Bähr erneuerte demnach nicht nur die verschlissenen Ritzel und Zahnräder, sondern auch einige der Gleitlager. Bei den alten Zahnrädern aus Stahlguss wurde die Zahngeometrie im Gussverfahren hergestellt. Bei jenen Ritzeln und Zahnrädern, die neu gefertigt wurden, kam ein hochwertiger Vergütungsstahl zum Einsatz. Um die Laufruhe in den Getriebestufen zu erhöhen, wurden diese mit einer Evolventenverzahnung ausgeführt. Diese moderne Verzahnungsart stellt die Minimierung von gegenseitigem Gleiten und damit verbundener Abnutzung und Wärmeentwicklung sowie eine gleichmäßige Übertragung von Drehmomenten und eine

Der Großteil der Lager, Ritzler und Zahnräder konnte erhalten und erfolgreich saniert werden.

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Zum Glück verfügte man auch noch über Ketten in Reserve, die dank ihrer Rindertalgummantelung bis heute in perfektem Zustand sind.

Foto: Energiedienst

Foto: Energiedienst

ren zum Teil zentimeterdick mit altem Haftfett bedeckt, das aufwändig im Trockeneisstrahlverfahren mit CO2-Granulat entfernt werden musste. Danach konnten die einzelnen Bauteile einer Materialprüfung und anschließend einer Sanierung unterzogen werden. Mit dem Aufbringen eines neuen Korrosionsschutzes waren sie danach wieder bereit für den Wiedereinbau“, erzählt Roland Kistner, der darauf verweist, dass nur sehr wenige Komponenten neu gefertigt werden mussten, der Großteil wiederverwendet werden konnte: „Das Gros der Lager und Gehäuse konnte erhalten werden, lediglich einige Lagerschalen wurden erneuert – und natürlich einige der schnelllaufenden Zahnräder, die doch schon recht abgenutzt waren.“ Dies traf vor allem auf Wehrfeld 2 zu, das von 2019 bis 2020 saniert wurde. Da die innenliegenden Wehrfelder 2

LOGISTISCHE KNACKNÜSSE Die besondere Situierung des Kraftwerks als zweistaatliche Anlage zwischen Deutschland und der Schweiz bringt gerade für ein derartiges Projekt einiges an logistischen Herausforderungen mit sich. Roland Kistner: „Es ist so geregelt, dass sämtliche ausgebauten Teile auf die Schweizer Seite hin abtransportiert werden müssen. Nach der Sanierung in deutschen Unternehmen müssen sie wieder auf die Schweizer Seite verfrachtet werden. Da ein sehr gutes Verhältnis zum Zoll besteht, funktioniert dieser permanente grenzüberschreitende Transfer ausgezeichnet.“ Was die Unmengen von Sand und Abfall angeht, der beim Sandstrahlen an den Wehrfeldern 2 bis 4 anfiel, so musste dieser nach dem Verursacherprinzip entsorgt werden. Konkret wurde der Sand – alleine an der Wehranlage waren es 65 bis 68 Tonnen – über Lkw-große Staubsauger angesaugt und in so genannte „Big Bags“ verstaut, die gemäß Vorgaben des Landratsamtes entsorgt werden mussten. Dem Verursacherprinzip folgend wird also der bei Wehrfeld 1 anfallende Sand auf Schweizer Seite fachgerecht entsorgt werden müssen. Dass die Abstimmung mit den beauftragten Unternehmen bislang sehr gut funktionierte, führt der Projektleiter auf ein hohes Arbeits­ ethos und auf eine Vertrauensbasis zurück, die man sich im Rahmen der Zusammenarbeit über die letzten Jahre aufgebaut habe: „Ein Projekt dieser Größenordnung lässt sich nur im Verbund mit Partnern realisieren, die einander vertrauen. Disziplin und ein langer Atem sind dabei das Wichtigste. Andererseits ist es auch wichtig, alle Mitarbeiter für einen achtsamen Umgang mit den alten Bauteilen zu

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Foto: Energiedienst

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Foto: Energiedienst

Roland Kistner, Projektleiter bei Energiedienst

Weihnachten 2022 soll das Sanierungsprojekt an den Wehrfeldern abgeschlossen sein.

NACHHALTIGE INSTANDSETZUNG Die beiden Verantwortlichen von Energiedienst betonen, dass auch von Seiten der Behörden, die erst unlängst eine Sicherheitsüberprüfung der Stauanlage durchgeführt hatten, die Projektabwicklung positiv gesehen wird. „Es wird goutiert, dass wir großes Augenmerk auf eine nachhaltige Instandsetzung legen und dass wir auch moderne Technik integrieren – und zwar dort, wo es sinnvoll ist. Wir schauen uns an, wo es eventuell Verbesserungsoptionen gibt. Wie zum Beispiel in Sachen Schmiereinrichtungen: Früher wurde eher nach Gefühl und Gutdünken geschmiert. Nun haben wir für jedes Wehrfeld eine eigene Schmieranlage installiert, die die Bauteile nach Bedarf schmiert. Zusätzlich informieren neue Temperatursensoren in den schnelllaufenden Lagern über die aktuellen Temperaturen und mögliche Tendenzen“, erklärt Thomas Kohlbrenner. Letztlich wurde somit nicht nur die Sicherheit an der Anlage verbessert, sondern auch deren Funktionalität, Fehlererkennung und Bedien-

barkeit. Bestimmte Parameter werden jetzt automatisch überwacht und sind in der Leitzentrale in Echtzeit abrufbar. „Auch unsere Partner haben dabei sehr gute Ideen eingebracht. Wie etwa die Firma Wiegert & Bähr, die den Vorschlag gemacht hat, Splitterlacke einzusetzen. Die haben den großen Vorteil, dass es visuell sofort ins Auge sticht, wenn sich eine Schraube ungewollt lockert oder ein Bauteil bricht“, erklärt Roland Kistner, und sein Kollege ergänzt: „Geändert haben wir auch die Einhausungen für die Getriebe, die früher abgeschlossene Blechkästen waren. Heute ist die Technik gut sichtbar und trotzdem geschützt hinter Plexiglas.“ TEILPROJEKT ENDE 2022 ABGESCHLOSSEN In wenigen Wochen wird nun Wehrfeld 1 auf Schweizer Seite in Angriff genommen – mit denselben Partnern und mit dem Know-how aus drei erfolgreich sanierten Wehrfeldern. Das Teilprojekt, das sämtliche Getriebe samt Fachwerksbrücke und Einhausung umfasst, soll Weihnachten 2022 vollendet sein, betont der Projektleiter. Doch damit sind beileibe nicht alle Sanierungsaufgaben am Kraftwerk Laufenburg abgeschlossen. „Wenn wir mit

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Foto: Energiedienst

sensibilisieren. Nur so lassen sich über einen derart langen Zeitraum Schäden vermeiden“, sagt Roland Kistner.

Thomas Kohlbrenner, Verantwortlicher für Stauanlagen und Maschinentechnik im Asset Management

dem Wehrfeld 1 fertig sind, werden die Schützen ins Trockendock gezogen, um sie ebenfalls zu sanieren und mit neuem Korrosionsschutz zu versehen. Außerdem steht längerfristig auch noch die Erneuerung der Stockzahndichtungen, jenen Unterwasserverbindungen zwischen Schütze und Sohle aus Eichenholz mit einem Eigengewicht von 280 Tonnen, auf dem Programm. Uns wird nicht langweilig“, sagt Roland Kistner. Mit den umfangreichen Sanierungsarbeiten schafft die Energiedienst Holding AG die Voraussetzungen dafür, dass das traditionsreiche Kraftwerk leistungsfähig bleibt und betriebsfit in sein zweites Jahrhundert gehen kann.

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ne im .

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Foto: Glanzer

Seit 1. Januar ist Dr. Michael Strugl Vorsitzender des Vorstands der VERBUND AG. Strugl gilt als ausgewiesener „Strom-Stratege“, dessen Know-how in Zeiten dynamischer Veränderungen am Strommarkt mehr als gefragt ist.

Foto: VERBUND

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„DIE ZEIT FÜR UNSERE ZIELERREICHUNG IST KNAPP“ Erst kürzlich hat VERBUND, Österreichs größtes Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Investments in die Energiezukunft in großem Stil angekündigt. Eine halbe Milliarde Euro soll vor allem in die bestehenden VERBUND-Pumpspeicherkraftwerke in Salzburg und Kärnten investiert werden. In einem Interview mit Michael Strugl, seit Jahresbeginn Vorstandsvorsitzender von VERBUND, haben wir uns nach den aktuellen Perspektiven und Herausforderungen für den Stromkonzern erkundigt. CEO Michael Strugl erläutert, in welchem Bereich noch Ausbaupotenziale zu heben sind, räumt aber auch ein, dass es für die ambitionierten Ausbauziele neben der Wasserkraft auch noch andere Technologien brauche. zek: Haben Sie einen persönlichen Bezug zum Thema Wasserkraft? Strugl: Absolut! Mein Vater hat auf Kraftwerksbaustellen gearbeitet und dadurch war Wasserkraft bei uns zu Hause immer ein Thema. Meine ersten Ferialjobs waren in Oberösterreich am Donau-Kraftwerk Abwinden-Asten. zek:Welche Qualität eines langjährigen Politikers bringt den größten Nutzen für die Funktion des Managers des größten Stromkonzern Österreichs? Strugl: Der Energiesektor ist stark von regulatorischen Rahmenbedingungen geprägt – ich weiß, wie politische und legistische Prozesse ablaufen. Und das ist wertvoll, denn Themen wie das Erneuerbaren Ausbau Gesetz beschäftigen uns sehr. Dazu kommt, dass ich als Eigentümervertreter 10 Jahre Aufsichtsrat in der Energie AG war, zuletzt als Aufsichts-

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ratsvorsitzender. Generell bin ich überzeugt, dass es die Durchlässigkeit zwischen Politik und Wirtschaft und auch anderen Bereichen braucht, um starre Denkmuster zu überwinden und frischen Geistes in die (Energie-)Zukunft zu gehen. zek: Wir erleben aktuell einen großen Umbruch am Stromsektor: Wo setzen Sie in dieser schwierigen Phase die strategischen Akzente für VERBUND? Wird sich VERBUND vom Wasserkraftkonzern zu einem diversifizierten Erneuerbaren-Konzern entwickeln? Strugl: VERBUND ist seit über 70 Jahren der Pionier bei erneuerbarer Energie. 97 % unserer Stromerzeugung kommen aus erneuerbaren Energien, wir haben rund 130 Wasserkraftwerke und werden bei Wind- und Sonnenkraft deutlich zulegen. Wir sind das Leitunternehmen der Energiewende und Partner unserer Industriekunden für die Dekarbonisierung.

zek: Rund 130 Wasserkraftwerke – aber der Ausbau ist limitiert: Wo sehen Sie noch Wachstumspotenzial für die Wasserkraft? Strugl: Bei der Wasserkraft spielen Investitionen in bestehende Anlagen eine wichtige Rolle: Effizienzsteigerungen und Revitalisierungen. Und dabei denken wir durchaus in großem Stil: Wir haben vor wenigen Tagen angekündigt, eine halbe Milliarde Euro in die Energiezukunft zu investieren, und zwar in unsere bestehenden Pumpspeicherkraftwerke in Salzburg und Kärnten. Diese Investitionen sorgen mit der hohen heimischen Wertschöpfung gerade in Zeiten wie diesen für nennenswerte wirtschaftliche Impulse. In Kaprun starten wir mit dem Bau von Limberg III, einem Pumpspeicherkraftwerk mit einer Leistung von 480 Megawatt, das wie Limberg II vollkommen unterirdisch zwischen den beiden bestehenden Speicherseen Mooserboden und Wasserfallboden errichtet wird. Bis 2025

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zek: Inwieweit bleibt für Sie die Wasserkraft der wichtige oder ein wichtiger Partner für volatilere Formen der Erneuerbaren wie Wind und Photovoltaik? Strugl: Als einer der größten Stromerzeuger aus Wasserkraft in Europa ist und bleibt die effiziente Stromerzeugung aus Wasserkraft das Herzstück von VERBUND. Dabei liegt der Fokus sowohl auf dem Substanzerhalt der bestehenden Wasserkraftwerke als auch auf der permanenten Optimierung der flexiblen Erzeugungsanlagen, um auch in Zukunft eine CO2-freie Grund- und Spitzenlasterzeugung in den Kernmärkten Österreich und Deutschland gewährleisten zu können. Darüber hinaus werden wir unser Engagement bei Windkraft und Photovoltaik stark ausbauen. Bis 2030 soll ein Viertel unserer Erzeugung aus erneuerbaren Energien kommen. Dazu setzen wir laufend neue Projekte um. Ein Beispiel ist die Flächen-Photovoltaikanlage in Schönkirchen im Weinviertel, die wir im Dezember 2020 zusammen mit der OMV eröffnet haben. Es gibt damit in unserem Portfolio eine stärkere technologische Diversifizierung.

nen Sie näher erläutern, welche Schwerpunkte dabei verfolgt werden und was man sich davon regeltechnisch, aber auch wirtschaftlich erwartet? Strugl: Digitale Lösungen leisten einen wichtigen Beitrag zu weiteren Verbesserungen im Bereich des Betriebs und der Instandhaltung von Wasserkraftwerken sowie der Personenund Anlagensicherheit. In unserem Projekt „Digitales Wasserkraftwerk“ im Kraftwerk Rabenstein in der Steiermark schauen wir uns die systematische Entwicklung und Bewertung von digitalen Testsystemen praxisnah an. Die Digitalisierungsmöglichkeiten in der Wasserkraft sind vielfältig und reichen von Plattformlösungen für unterschiedlichste Bereiche, smarten Sensorik-Konzepten, mobilen Assistenzsystemen, maschinellem Lernen, digitalen Zwillingen, Drohnen, 3D-Druck bis hin zu innovativen Inspektionsgeräten. Alles in allem verfügen wir über eine gewaltige Menge an Daten, deren Wert in der Auswertung liegt, die ein Mensch niemals bewältigen kann. zek: 27 TWh – so lautet der avisierte Kapazitätszuwachs bis 2030: Abgesehen von PV und Wind wären das 5 Freudenau-Kraftwerke: Wie soll das gehen? Strugl: Das ist ein mehr als hoch ambitioniertes Ziel. Deswegen ist es wichtig, jetzt ins Tun zu kommen und auf das gemeinsame Ziel hinzuarbeiten. Vielleicht schaffen wir bis 2030 nicht ganz die 100 %. Aber jede lange Reise beginnt mit den ersten Schritten. zek: Angeblich benötigt Österreich bis 2030 rund 10 TWh an Speicherkapazität: Gibt es

dafür Pläne, wie diese Kapazität erreicht werden kann? Strugl: Je mehr volatile Erzeugung aus Sonnen- und Windkraft wir ins System integrieren, desto mehr brauchen wir ausgleichende Speicherleistung – ca 10 Terrawattstunden Speichermenge werden wir saisonal vom Sommer in den Winter verschieben müssen, weil wir im Winter zu wenig Erzeugung haben. 3,3 TWh stehen derzeit zur Verfügung, hauptsächlich Speicherkraft, also Wasserkraft. Für die in Summe 10 TWh werden wir auch andere Technologien brauchen. Wichtig: Wir müssen mit jeder zusätzlichen Erzeugungseinheit, ob Windkraft oder Solarpark, zeitlich synchron und regional abgestimmt die Speicher wie auch die Netze ausbauen. zek: Für wie wichtig erachten Sie den Ausbau der Stromnetze in Europa – Stichwort Beinahe-Blackout? Strugl: Mit dem Umbau des Energiesystems steigt auch die Vulnerabilität. Das ist eine große Herausforderung für das Management des Systems. Die APG muss fast täglich ins Stromnetz eingreifen um die Sicherheit der Stromversorgung gewährleisten zu können – allein im Jahr 2020 waren an 261 Tagen Redispatch-Maßnahmen erforderlich. Des­ wegen ist der synchrone Ausbau von Speicher- und Leitungskapazitäten parallel zum Erneuerbaren-Ausbau so wichtig, um die Versorgungssicherheit zu erhalten. Beim Frequenzabfall am 8. Jänner im europäischen Stromnetz haben alle ihren Job perfekt Foto: VERBUND

Foto: Glanzer

werden insgesamt rund 480 Mio. Euro in die zukunftsorientierte Stromerzeugung und -speicherung investiert – hohe regionale Wertschöpfung inklusive. Auch in der Kraftwerksgruppe Reißeck errichten wir ein neues unterirdisches Kavernenkraftwerk mit zwei Pumpturbinen und einer Gesamtleistung von 45 MW und investieren bis 2023 60 Mio Euro. Bei beiden Projekten kommen spezielle Maschinensätze zum Einsatz, die hoch flexibel auf den Bedarf an Ausgleichs- und Regelenergie im Netz reagieren können. Wir passen so bestehende Anlagen noch besser an die Anforderungen der Energiezukunft an und stärken die Rolle der Wasserkraft als verlässliche Partnerin von Wind und Sonne.

zek: Wie beurteilen Sie das Ausbaupotenzial in der Wasserkraft hinsichtlich Sanierungen und Revitalisierungen? Strugl: Wir haben eine Reihe von Revitalisierungsprojekten am Laufen: Neben der Kraftwerksgruppe Malta und der Oberstufe Kaprun auch an den Donaukraftwerken Ottensheim-Wilhering und Ybbs-Persenbeug. Österreichs ältestes Donaukraftwerk Ybbs-­ Persenbeug wird seit 2012 stufenweise modernisiert. Nach Abschluss der Revitalisierungsmaßnahmen nächstes Jahr an allen sechs Maschinensätzen wird sich das Regelarbeitsvermögen um 77 GWh und die Engpassleistung um 18 MW erhöhen. zek: VERBUND setzt im Bereich Wasserkraft auch sehr stark auf Digitalisierung: Kön-

Rotortausch im Kraftwerk Ybbs-Persenbeug, Österreichs ältestem Donau-Kraftwerk.

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gemacht. Das Ergebnis der Summe von Sicherheitsmaßnahmen, darunter Regelreserven vor allem aus der Wasserkraft, thermischen Einheiten aber auch aus einem VERBUND­Batteriespeicher wurden in Österreich zugeschalten, haben das Netz stabilisiert. Zudem hat sich die europäische Kooperation am Strombinnenmarkt bewährt. zek: Was erwarten Sie vom Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz? Auch im Hinblick auf die Verfahrensdauer für künftige Projekte?

Foto: Energiedienst

Foto: VERBUND

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VERBUND setzt auf steuerungs- und leittechnische Optimierungen seiner Anlagen. Im Bild: Leitzentrale im Kraftwerk Freudenau.

In Kaprun wird mit dem Bau von Limberg III begonnen: Im Bild: Stollenfräse im Schrägschacht bei den Bauarbeiten zu Limberg II.

Strugl: Wir brauchen ein Regelwerk für den Um- und Ausbau des Energiesystems, damit Unternehmen hier eine gewisse Planungssicherheit – auch bei der Dauer von Genehmigungsverfahren – haben und Investitionen tätigen können. Denn eines ist klar: Die Zeit für unsere Zielerreichung ist knapp. zek: Noch eine Frage zur Wasserstoffschiene: Wann wird der grüne Wasserstoff marktfähig sein? Wie wichtig wird er für VERBUND? Strugl: Wir glauben, dass grüner Wasserstoff

in der Zukunft eine entscheidende Rolle für die Dekarbonisierung und die Sektorkopplung spielen wird. Deswegen engagieren wir uns in unterschiedlichen Projekten und erforschen den Einsatz von grünem Wasserstoff zum Beispiel in der energieintensiven Stahloder Zementindustrie. Aus unserer Sicht wird sich eine Wasserstoffwirtschaft entwickeln, in der zunehmend fossile Energieträger substituiert werden können. Der Zeitpunkt der Markt­reife ist eher mittel- bis langfristig anzusetzen.

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