ZENSUR IN DER DR KONGO
Per Verbot in die Charts In der Demokratischen Republik Kongo darf man nicht alles singen, was einem in den Sinn kommt. Doch die Zensurbehörde ist auch nicht immer erfolgreich. Von Jonathan Fischer
Das HipHop-Duo MPR geriet wegen eines gesellschaftskritischen Hits ins Visier der kongolesischen Zensurbehörde.
M
an sagte uns: Wenn Mobutu geht, wird alles besser. Er ist gegangen. Dann sagte man uns: Wenn Kabila geht, wird alles besser. Auch er ist gegangen – und nichts steht zum Besten. Stattdessen verkaufen wir Kolanüsse und Zigaretten auf der Straße, um zu überleben, und sind am Ende noch selbst schuld …« So rappt das kongolesische HipHop-Duo MPR auf Lingala in dem Song »Nini Tosali Te« (auf Deutsch: »Was wir nicht alles versucht haben«).
64 AMNESTY JOURNAL | 03/2022
Im November 2021 brachte das Lied den beiden Rappern in nur vier Tagen fast eine Million Klicks auf YouTube ein, aber auch den Ärger der kongolesischen Zensurbehörde: Die Commission Nationale de Censure des Chansons et des Spectacles verbot umgehend die Verbreitung des gesellschaftskritischen Pophits. Zur Begründung hieß es, MPR habe der Behörde den Videoclip nicht rechtzeitig vorgelegt. Doch hatten die Zensoren ihre Rechnung ohne die Fans gemacht: Die entfachten auf Twitter und in anderen Online-Netzwerken eine leidenschaftliche Diskussion über Meinungsfreiheit. Denn MPR hatten lediglich altbekannte gesellschaftliche Missstände beim Namen
Foto: Official Video
genannt und für alle jene gesprochen, die sonst keine Stimme haben. »Dieses Video schafft es, unsere Leiden in nur vier Minuten einzufangen«, lautete einer der typischen Kommentare auf YouTube, oder: »Ich habe Tränen in den Augen.« »Die korrupte Regierungsführung ist das Krebsgeschwür, das unseren geliebten Kontinent zerfrisst«, erklärte ein anderer Nutzer und schlug vor, den Song zur Hymne der afrikanischen Jugend zu erklären. Stimmen aus Kenia, Angola, Nigeria und der Elfenbeinküste pflichteten ihm bei: »Es ist traurig, aber die Wahrheit.« Während die meisten kongolesischen Popstars ihre Songs in einer eskapistischen Mischung aus Luxusarti-