GREEN FLEET Gastartikel Autoumweltliste
Investition in die Zukunft Immer mehr Gemeinden achten bei der Beschaffung von Fahrzeugen auf Kriterien der Nachhaltigkeit. Die Erfahrungen aus vier Gemeinden zeigen, dass es dabei Strategien braucht, die an die lokalen Verhältnisse angepasst sind. Text: Mauro Schmid, Bilder: Giancarlo Cattaneo
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tellen Sie sich eine Ortschaft in den Bergen vor, die vom Schneetourismus lebt. Sie können die Stille und die Bergluft geniessen, denn grosse, laute und stinkende Fahrzeuge sind eine Seltenheit. Egal ob Pistenfahrzeug, Feuerwehrauto, Ortsbus oder Kehrichtlastwagen: Alle sind komplett elek trisch unterwegs. Leider sei dies heute technisch nicht machbar. Zu diesem Schluss kommt der Masterplan Elektromobilität der Gemeinde St. Moritz (GR). Trotzdem hat sich St. Moritz zum Ziel gesetzt, bei der Fahrzeugbeschaffung Nachhaltigkeitskriterien einzubeziehen und alternative Antriebe vorzuziehen, wenn die Machbarkeit gegeben ist. So hat die Gemeinde vor Kurzem ein elektrisches Kleinkehrichtfahrzeug gekauft. Und auch das gemeindeeigene Energieunternehmen St. Moritz Energie hat bereits zwei seiner Dienstwagen durch Elektroautos ersetzt. Kraftpakete nötig In St. Moritz herrschen erschwerte Rahmenbedingungen für den Einsatz von elektrischen Gemeindefahrzeugen. Bei der Anschaffung müsse berücksichtigt werden, dass während eines wesentlichen Teils des Jahres Schnee
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liegt. «Elektro-Nutzfahrzeuge haben oft einfach nicht genug Power, um dem Schnee zu trotzen», sagt Ulrich Rechsteiner, Gemeindeschreiber in St. Moritz. Ausserdem würden Temperaturschwankungen und Steigungen der Batterie zusetzen. Das Problem der Wintertauglichkeit ist auch in der Gemeinde Worb (BE) ein Thema. Dort steht die Beschaffung eines Fahrzeugs für den Werkhof bevor, das auch als Schneepflug genutzt werden kann.
«Es gibt keine Zauberformel für die Reduktion der Fahrzeuge.» Nicolas Poltera, Stadt Genf Ob ein Elektrofahrzeug genügend Leistung und Reichweite für das Räumen bei intensivem Schneefall habe, sei noch nicht klar. «Dies wollen wir diesen Winter herausfinden», sagt Silvia Berger, Projektleiterin Planung und Umwelt in Worb. Deshalb testet die Gemeinde zurzeit ein solches Elektrofahrzeug.
Die Stadt Genf versucht Elektrofahrzeuge vorzuziehen, wo immer dies möglich ist. Aber nicht alle Bedürfnisse der Verwaltung können mit elektrischen Fahrzeugen abgedeckt werden. Darum verwendet die Stadt ergänzend Benzin-, Diesel- und Biogas-Fahrzeuge. Auch die Nutzlast von Elektrofahrzeugen sei je nach Aufgabe noch zu knapp: «Muss eine Strecke darum mehrmals zurückgelegt werden, ist die Umstellung auf ein Elektrofahrzeug nicht unbedingt sinnvoll», sagt Nicolas Poltera, der für die Beschaffung der Fahrzeuge zuständig ist. Der Bundesrat möchte nun mit einer Gesetzesrevision bei leichten Nutzfahrzeugen ein höheres Gewicht zulassen, wenn das zusätzliche Gewicht auf den schwereren Antrieb zurückzuführen ist, um dieses Problem anzugehen. Kostenpunkt Elektrofahrzeug In der Gemeinde Freienbach (SZ) gelten bei der Beschaffung schon seit 2012 soziale Richtlinien. In Zukunft sollen auch ökologische Kriterien einen Einfluss haben. Deshalb hat die Gemeinde ein Beschaffungsreglement ausgearbeitet, das nun ein Jahr lang getestet wird, bevor es dann in Kraft treten soll.