Das kleine 1x1 des Elektromotors Es heißt, der Motor eines Elektroautos sei eine simple Konstruktion und bestehe nur aus wenigen Bauteilen. Die Einfachheit der Konstruktion endet hier aber schon wieder. Und es öffnet sich eine bislang weitgehend unbekannte Welt mit nur wenigen gemeinsamen Nennern. Text: Roland Scharf, Fotos: Shutterstock, unsplash.com, BMW, Mahle
Ü
ber die eine – meist rote – Leitung laufen die Ampereschweinchen von der Batterie zum Motor, treiben diesen an und laufen anschließend über die zweite – meist schwarze – Leitung wieder zurück. Ein gewohnter Prozess, den man in der modernen Welt wirklich andauernd um sich hat. Es reicht ja schon ein Blick über die eigene Schulter. Egal ob elektrische Zahnbürste, der Kaffeevollautomat, die Drohne vom Sohnemann oder der Mixer in der Küche, Elektromotoren sind seit Jahrzehnten unter uns und verrichten weitgehend im anonymen Bereich ihren wartungsfreien Dienst. Auch in jedem herkömmlichen Auto – und wenn es nur der Scheibenwischermotor ist. Interessiert hat uns bislang kein einziger davon, da sie ja wirklich nie auf sich aufmerksam machen, doch mit der steigenden Verbreitung der Elektroautos rückt ein Thema immer mehr ins Zentrum, mit dem sich mit Ausnahme der betroffenen Ingenieure so wirklich noch niemand beschäftigt hat: Was steckt da eigentlich unter der Haube?
Grundsätzliches Was wirklich alle gängigen Versionen des Elektromotors eint, ist die Art der Funktion. Zum Einsatz kommt der Effekt des Magnetfelds, dessen Grundprinzip der Anziehungs- und Abstoßungskräfte zwischen Nord- und Südpol dazu genutzt wird, eine Welle zum Rotieren zu bringen. Man kennt das ja von Magneten, die – je nachdem, wie man sie hält – sich entweder anziehen oder abstoßen. Genau diesen Effekt kann man auch mit Magnetfeldern erzeugen, die entstehen, sobald man an
8 electric WOW #3-2021
Moderne E-Motoren für Fahrzeuge kombinieren in einem Gehäuse Motor, Elektronik und Akku
Teile aus bestimmten Metallen Strom anlegt. Ja und das ist die Basis für wirklich alle Elektro motoren. Jetzt geht es nur noch darum, all das richtig in einem kompakten Gehäuse anzuordnen. Vom prinzipiellen Aufbau muss man sich das vereinfacht so vorstellen: Im Gehäuse, auch bekannt als Stator, stecken ein Nord- und Südpol, bestehend aus den oben erwähnten Metallen. Auf der anzutreibenden Welle, dem sogenannten Rotor, sitzt in Form eines klassischen Magneten ein permanent aktives Magnetfeld. Speist man jetzt Strom in die Pole des Stators, sind die dort verbauten Nord- und Südpole sozusagen aktiv. Es entsteht ein zweites Magnetfeld, das so gepolt werden kann, dass das N des Stators das N des Rotors abstößt: Die Welle fängt an, sich zu drehen. Damit sie aber nicht beim Südpol des Stators stehen bleibt (die Pole des Rotors werden von den gegenüberliegenden Stator-Polen ja gleichzeitig auch angezogen), muss man nach spätestens 180 Grad Drehung der Welle die Polung des eingespeisten Stroms schnell umdrehen, das Magnetfeld also neu ausrichten, was bedeutet: aus dem Südpol einen Nordpol machen