Forstausbildung in Graubünden

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Bündner Wald

Forstausbildung in Graubünden

Jahrgang 73 | August 2020


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12 Inhalt Titel Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Interview: Im Sinne des Nachwuchses unserer Branche . . . . . 8 Forstwartausbildung Graubünden . . . . . . . . . . . . . . . 12 Interview: Forstwartlernender im 1. Lehrjahr . . . . . . . . . . 16 Forstwartausbildug vor 55 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . 18 Interview: Forstwartlernender im 2. Lehrjahr . . . . . . . . . . 22 Ausbildungsbetriebe Graubünden: Unterschiede und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Interview: Forstwartlernender im 3. Lehrjahr . . . . . . . . . . 29 Die Lehre ist der Königsweg ins Berufsleben . . . . . . . . . . 30 ibW Höhere Fachschule Südostschweiz, Bildungszentrum Wald . 34 Interview: Ehemaliger Forstwartlernender . . . . . . . . . . . . 39 Interview: «Wer die Zusammenhänge verstehen will, ist hier richtig» . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Forstwartausbildung in Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Interview: Lehrabgänger 2020 . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Qualifikationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Lehrabschlussfeier der Bündner und Liechtensteiner Forstwarte in Chur . . . . . . . . . . . . . . . 51 Interview: Berufsbegleitende Försterausbilung ein Novum . . . . 52 Klemmbrett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Resultate der schriftlichen Mitgliederversammlung von GR Wald . . . . . . . . . . . . . . 57 Bündner Jagd 2020: Jagddruck auf Schalenwild wird im Wald verstärkt . . . . . . . . . . . . . . . 60 Vorschau «Bündner Wald» Oktober 2020 . . . . . . . . . . . . 63 Titelbild: Lehrlingsbetreuung bei einem Kurs

(Bild: Flurin Guidon, AWN)

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Am Freitag, 26. Juni, folgten 26 Forstwartabsolventen der Einladung vom Verein Graubünden Wald zur traditionellen Lehrabschlussfeier im Weinbaumuseum in Chur. Anders wie in den Vorjahren waren die Lernenden ohne Begleitung von Lehrmeistern und Eltern aufgrund der Coronapandemie eingeladen. Die Lernenden genossen einen gemütlichen Abend bei einem grosszügigen Apéro riche.

(Bild: AWN)



Editorial Der Erfolg einer Branche hängt von der Qualität der geleisteten Arbeit jedes Akteurs ab. Wir können jeden Baum aufnehmen und jeden Hektar Wald planen, aber wenn die Arbeit im Wald nicht mit Sorgfalt, Professionalität und Leidenschaft ausgeführt würde, wäre die Forstbranche nie erfolgreich. Die Forstarbeit wird oft auf das Fällen von Bäumen reduziert. Das ist aber nur ein Teil dieser sehr schweren Arbeit, welche unter ausserordentlichen Rahmenbedingungen durchgeführt werden muss. Die Forstwartarbeit beeinflusst die Qualität des gelieferten Holzes, der gepflegten Bestände und des betrieblichen Erfolgs. Die Forstwartausbildung spielt also eine zentrale Rolle. Was ein Lernender während seiner Ausbildung lernt, definiert ihn für den Rest seiner Karriere als Forstwart. Die Ausbilder müssen daher technisches und praktisches Wissen, aber auch Feinfühligkeit und Respekt für den Wald weitergeben. Während meines Vorstudienpraktikums arbeitete ich auf zwei Forstbetrieben und besuchte mehrere Kurse zusammen mit den Lernenden. Diese Erfahrungen haben mich persönlich wie auch beruflich bereichert. Es gab dabei nicht nur schöne Erfahrungen, aber die negativen wurden von den positiven übertönt. Die Redaktion dieser Ausgabe hat mich zum Umdenken gebracht, welche Rolle die Ausbildungsverantwortlichen im Unternehmen und die Kurse in meiner Ausbildung gespielt haben. Ein guter Ausbilder muss nicht nur gute und fundierte fachliche Kenntnisse haben, auch die sozialen und didaktischen Kompetenzen müssen vorhanden sein. Jeder Lernende oder Praktikant unterscheidet sich deutlich von den anderen, hat Stärken und Schwächen und befindet sich in einer der heikelsten Lebensphasen – der Jugendzeit. Die Forstwartausbilder und die Lehrbetriebe sind also konfrontiert mit vielfältigen Herausforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen, aber die Belohnungen sind vielfältig. Es ist sicher eine grosse

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Befriedigung für die Ausbilder zu sehen, wie innerhalb von drei Jahren der eigene Lernende seine Schwierigkeiten überwindet und sich entwickelt. Auch wenn die Rollen klar getrennt sind, darf man trotzdem nicht vergessen, dass die Lehre immer – in einer gewissen Art – gegenseitig ist. Dank jeder Erfahrung mit einem Lernenden werden auch die Ausbilder dafür beschenkt und es beeinflusst die nächste Betreuung. Redakteurin Viola Sala


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Im Sinne des Nachwuchses unserer Branche Die Ausbildung zum Forstwart und zur Forstwartin ist in der Schweiz nach wie vor beliebt und findet am schönstmöglichen Arbeitsplatz statt. Verschiedenste Akteure schweizweit auf verschiedensten Ebenen kümmern sich nach wie vor um die qualitativ hochstehende Ausbildung der Lernenden. Rolf Dürig ist einer davon. Er ist Co-Leiter von Codoc und Geschäftsführer der OdA Wald Schweiz.

unser gutes, durchlässiges Ausbildungssystem in der Schweiz fördert die Bereitschaft zur Veränderung im Berufsleben. Kaum ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin bleibt von der Ausbildung bis zur Pension am selben Arbeitsort und im selben Arbeitsbereich. Das Ziel aller Beteiligten rund um die Ausbildung ist aber klar: Wir wollen die besten Forstleute in der Branche behalten. Die Forstwartinnen und Forstwarte sind übrigens als gut ausgebildete Fachleute in anderen Branchen – zum Beispiel auch bei der Polizei, der Grenzwache, etc. – sehr beliebt.

Interview von Brigitt Hunziker Kempf

Welches sind die Akteure und Organisationen rund um die Forstwart/-innen-Ausbildung in der Schweiz? Die wichtigsten sind natürlich die Berufsbildner in den Lehrbetrieben. Die schulische Ausbildung erfolgt in den kantonalen Berufsschulen. Die kantonalen Ausbildungsverantwortlichen und die regionalen OdA Wald organisieren zusammen mit weiteren Partnern, zum Beispiel mit WaldSchweiz, die überbetrieblichen Kurse. Diese vermitteln wichtige Grundkompetenzen. Auf der nationalen Ebene kümmert sich die OdA Wald um die Ausbildungsprofile und ­-inhalte. Schliesslich ist es auf Bundesebene das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, welches die Bildungsverordnung erlässt. Die soeben revidierte Bildungsverordnung und der Bildungsplan wurden natürlich zusammen mit all den erwähnten Partnern entwickelt. Dazu gehören auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, die in der OdA Wald Schweiz vertreten sind. Es sind dies der Waldbesitzerverband WaldSchweiz, der Forstpersonal-Verband und der Verband der Forstunternehmer Schweiz. Codoc leistet als Informations- und Lehrmittelzentrale ebenfalls einen wichtigen Beitrag, siehe dazu auch die Informationsboxen.

Wie viele junge Menschen entscheiden sich jährlich für die Forstwart-Ausbildung? Es sind jährlich zwischen 300 und 330 Schulabgänger, davon jeweils etwa zehn Prozent aus dem Kanton Graubünden. Der Grossteil von ihnen schliesst die Ausbildung nach drei Jahren ab. Weniger als zehn Prozent brechen die Ausbildung ab. Das ist ein sehr tiefer Prozentsatz, was uns natürlich sehr freut. Es zeigt auch, dass die Form und Struktur der Ausbildung stimmig ist. Die Berufsbildner setzen sich für den Nachwuchs ein, die Teams sind klein, man kennt einander. Die jungen Menschen arbeiten gerne im Wald und schätzen ihre Arbeit. Wie viele der ausgebildeten Forstwarte und Forstwartinnen bleiben nach der Lehrzeit der Branche erhalten? Die OdA Wald Schweiz führt jährlich eine Umfrage zu verschiedenen Punkten bei den Absolventen durch. Diese zeigt, dass am Ende der Lehre rund 25 bis 30 Prozent die Branche wechseln und den Arbeitsort Wald verlassen. Das ist für uns keine überraschende Zahl, denn

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Und wie sind die verschiedenen Verant­ wortlichen miteinander in Kontakt? Alle Akteure und Verantwortlichen sind miteinander gut vernetzt. Es gibt dafür verschiedenste, regelmässig gepflegte Kommunikationsplattformen wie Tagungen, Treffen von Kommissionen sowie den Beizug der Akteure in den Fachgruppen der Projekte. Ein Beispiel ist die zweimal jährlich stattfindende Tagung für die kantonalen Ausbildungsverantwortlichen und die regionalen OdA-Wald-Vertreter. Diese Anlässe sind jeweils sehr gut besucht. Während den Tagungen findet ein reger Austausch statt. Welches sind die zukünftigen Herausforde­ rungen für die Ausbildungsverantwort­ lichen? Die Forstbetriebe sind unter Druck. Sei dies aus wirtschaftlicher Sicht, aber auch im Hinblick auf den Klimawandel. Die Ausbildung von Lernenden im Wald verträgt sich jedoch schlecht mit Hektik und Druck während der Arbeit. Vor

Rolf Dürig im Gespräch. Co-Leiter von Codoc und Geschäftsführer der OdA Wald Schweiz.

(Bild: zvg)

«Junge Forstwartinnen und Forstwarte sind die Zukunft unserer Branche.» allem in der Forstbranche müssen die Lernenden ihr Handwerk ohne Hektik erlernen können. Dies auch ganz klar aus Sicherheitsgründen. Mittlerweile gibt es grössere Betriebe, welche mehrere Lernenden beschäftigen und mit diesen für die Arbeit und die Ausbildung eine Gruppe bilden. So können die Lernenden unter guten Rahmenbedingungen ausgebildet werden. Ein anderes Zukunftsmodell könnte auch sein, dass die Lernenden, bevor sie in den Betrieben mitarbeiten, eine gewisse Ausbildungszeit in einer Lernwerkstatt verbringen. Dort würden sie unter anderem die Handhabung der Motorsäge und andere Grundlagen erlernen. Das ist jedoch noch Zukunftsmusik. Was ist rund um die Forstwart/-innen-Aus­ bildung wichtig und wird immer wichtiger? Wir haben in den letzten Jahrzehnten in der Ausbildung der Forstwartinnen und Forstwarte viel erreicht und aufgebaut. Die Struktur und die Inhalte der Ausbildung sind gut. Es ist nun wichtig, dass wir dieses Niveau und diese Qualität beibehalten können, trotz der oben genannten Herausforderungen und Schwierigkeiten. Der Wald braucht gut ausgebildete, motivierte, begabte, sicherheitsbewusste Forstleute. Dafür müssen wir sorgen und Sorge tragen! Die jungen Forstleute sind die Zukunft unserer Branche. Geschichtliches Zeitfenster (Autor: Andrea Semadeni, ehemals stellvertretender Eidgenössischer Forstdirektor im Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL) In der Ausbildung des unteren Forstpersonals bestanden von Kanton zu Kanton ziemlich grosse Unterschiede. Jeder Kanton sorgte sel-

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ber für die Ausbildung seines Forstpersonals. Erst ab 1902, als der Geltungsbereich das Forstpolizeigesetz von 1876 auf die ganze Schweiz ausgedehnt wurde, begann der Bund die Ausbildung der Revierförster und Unterförster zu koordinieren. Im Zentrum stand die Durchführung von achtwöchigen Forstkursen in den Kantonen. Aufgrund einer Schlussprüfung konnte der Kandidat ein Patent zur Bekleidung der Stelle als Förster erlangen. In den Nachkriegsjahren wurde immer klarer, dass die Ausbildung der forstlichen Arbeitskräfte koordiniert und professionalisiert werden muss. 1958 empfahl das Departement des Innern den Kantonen, eine Waldarbeiterlehre anstelle von Kursen einzuführen. 1961 schlug der Forstverein in einer Eingabe dem Bundesrat vor, die Waldarbeiterlehre zu fördern und die Förster nicht mehr in Kursen, sondern in Schulen auszubilden. 1963 verabschiedete das Parlament eine entsprechende Teilrevision des Forstpolizeigesetzes. Bei dieser Gelegenheit wurde auch festgehalten, dass für die Forstberufe auch das Arbeitsgesetz anwendbar sei. Das erste Ausbildungsreglement für die Forstwartlehre hat der Bund 1966 erlassen.

Verband Wald Schweiz

WaldSchweiz ist seit rund 90 Jahren in der forstlichen Aus- und Weiterbildung tätig. Über 30 Standardkurse in deutscher, französischer und italienischer Sprache führt der Verband durch, unter anderem die überbetrieblichen Kurse «Holzernte A, B, C», die Ausbildung von InstruktorInnen und die Schulung von Berufsbildnern. (www.waldschweiz.ch)

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Codoc – Koordination und Dokumentation Bildung Wald Codoc ist eine Fachstelle des Bundes für die Aus- und Weiterbildung in der Waldwirtschaft. Die strategische Führung liegt beim Bundesamt für Umwelt BAFU. Codoc ist Informationsdrehscheibe, Lehrmittelzentrale und Auskunftsstelle für forstliche Ausbildungsfragen. Codoc informiert über die Waldberufe und die vielfältigen Laufbahnen im Wald. Codoc ist administrativ dem Bildungszentrum Wald Lyss angeschlossen. (www.codoc.ch)

OdA Wald Schweiz

Der Verein OdA Wald Schweiz verfolgt gemäss Artikel 2 der Statuten folgende Aufgaben: –– er fasst die in der Berufsbildung aktiven Berufs­organisationen und Institutionen zusammen –– legt die Bildungsziele und -inhalte für die verschiedenen Berufe fest –– erarbeitet Erlasse für die Berufsbildung der entsprechenden Berufe –– verwaltet den Berufsbildungsfonds der Waldwirtschaft –– vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber Bund, Kantonen und anderen Berufs­ organisationen (www.oda-wald.ch)


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Forstwartausbildung Graubünden Den meisten Lesern wird bekannt sein, dass die Ausbildung zum Forstwart drei Jahre dauert und mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) abgeschlossen wird. Daneben gibt es auch die Ausbildung zum Forstpraktiker mit eidgenössischem Berufsattest (EBA), welche nur zwei Jahre dauert und seit 2013 die Anlehre ersetzt. Im Folgenden soll aber vor allem die Ausbildung zum Forstwart EFZ beleuchtet werden und wie diese im Kanton Graubünden abläuft. Dominic Schilling

Im Kanton Graubünden verfügen 58 Forstbetriebe über eine Bildungsbewilligung, davon sind fünf private Forstunternehmer und alle übrigen Gemeindeforstbetriebe. Die interessierten Oberstufenschüler schnuppern die erste Forstluft in einer Schnupperlehre, welche in den meisten Betrieben konsequent verlangt wird. Dies dient zum einen dem Betrieb, eine Selektion der Kandidaten vorzunehmen, zum anderen soll es den Jugendlichen den Forstalltag näherbringen und die richtige ­Berufswahl sicherstellen. Nach der Unterzeichnung der Lehrverträge, welche durch die gesetzlichen Vertreter der meist minderjährigen Jugendlichen erfolgt, werden diese durch das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) sowie das Amt für Berufsbildung (AfB) genehmigt. Dadurch werden verschiedene Mechanismen in Gang gesetzt damit eine reibungslose Ausbildung stattfinden kann.

Das AfB beauftragt die gewerblichen Berufsschulen Chur und Samedan mit dem Unterricht in Berufskunde und der Allgemeinbildung. Dabei sind die Berufsschulen autonom und müssen sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen der Berufsbildung richten. Ebenfalls beauftragt das AfB das AWN mit der Durchführung der überbetrieblichen Kurse (üK) für die neuen Lernenden. Hierzu werden die Lernenden in einer Datenbank erfasst und es wird bereits festgelegt, wann welcher üK stattfinden wird. Bei dieser Planung werden neben den gesetzlichen Vorgaben vor allem die Schulferien berücksichtigt, da die üK-Planung den Unterricht an den Berufsschulen nicht tangieren darf. Die Ausbildung zum Forstwart setzt den Besuch von 47 bis maximal 52 üK-Tagen voraus, die Kantone können hier Schwerpunkte setzen. In Tabelle 1 ist ersichtlich, dass im Kanton

üK

Thema

Tage

Anbieter

Lehrjahr

A

Einfache Holzerei

10

Wald Schweiz Solothurn

1

B

Erschwerte Holzerei

10

Wald Schweiz Solothurn

2

C

Holzbringung (Rücken) Seilkran

10

Bildungszentrum Wald Maienfeld

3

D

Jungwaldpflege (inkl. 2 Tage Ökologie)

7

AWN

1–2

E

Forstliches Bauwesen

10

AWN

2

F

Nothilfe

2

Wald Schweiz Solothurn

1

Tabelle 1: Obligatorische üK im Kanton Graubünden.

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Graubünden die gemäss Bildungsplan vorgeschriebenen üK mit 49 Tagen umgesetzt werden. Neben den ordentlichen üK absolvieren die Lernenden jeweils auch noch ein zweiwöchiges Forstgartenpraktikum im kantonalen Forstgarten in Rodels. Dieses Praktikum dient dem Verständnis der im Forstgarten anfallenden Arbeiten und natürlich auch der Bildung des ökologischen Verständnisses sowie der Pflanzenkenntnisse. Seit der Einführung der obligatorischen Ausbildung im Besteigen von Bäumen wird fakultativ ein eintägiger Baumkletterkurs angeboten, welcher während des Forstgartenpraktikums stattfindet. Ebenfalls wird den Lernenden ein viertägiger Rückekurs angeboten, womit die Fähigkeiten im Bodenzug geschult werden können, falls diese nicht bereits im Betrieb vermittelt wurden. Im ersten Lehrjahr werden den Jugendlichen in ­der Berufsschule und im üK die Grundlagen vermit­telt. Dabei setzt die Teilnahme an den üK gewisse theoretische Grundlagen voraus, zum Beispiel ­ Grundkenntnisse über Baum- und Straucharten sowie über Waldbau in der Jungwaldpflege. Um dies ­sicherzustellen, wird der Lernstoff der Berufsfachschulen auf die üK abgestimmt, um den Lernenden auch praktisch den besten Lernerfolg­ zu ermöglichen. Das Gleiche gilt für das Vertie­fen nach dem üK; hier sind vor allem die Ausbildungsbetriebe gefordert, das Erlernte zu repetieren. Da die praktischen Fähigkeiten in den üK in sehr kurzer Zeit vermittelt werden müssen, fällt­ der Repetition im eigenen Betrieb eine sehr hohe Bedeutung zu, um den Erfolg der Ausbildung sicherzustellen. Von den drei im ersten Lehrjahr stattfindenden Kursen, werden die Kurse A und F von Wald Schweiz organisiert und sind in der ganzen Schweiz identisch. Der A-Kurs thematisiert die Grundlagen der Holzhauerei und führt die Lernenden schrittweise in die Handhabung ihres wichtigsten Arbeitsgeräts, der Motorsäge, ein. Am Schluss des Kurses sollte jeder

Nachgestellte Unfallszene im Nothilfekurs.

(Bild: F. Guidon, AWN)

Lernende in der Lage sein, einen Baum richtig als Normalfall zu beurteilen und entsprechend zu fällen. 2020 finden die A-Kurse Anfang Oktober in Flims und Ende Oktober in Scuol statt. Im F-Kurs werden die Grundlagen der Nothilfe vermittelt und es wird spezifisch auf Unfälle im Wald oder im Betrieb eingegangen. Das Ganze wird mittels Fallbeispielen geübt und vertieft. Als zusätzlicher positiver Effekt erhalten die Lernenden direkt einen Nothilfeausweis, welchen sie für die Führerprüfung verwenden können. Die F-Kurse finden Anfang Jahr jeweils in Chur und Samedan statt. Für die Jungwaldpflege ist das AWN der Kursorganisator und kann auf ein Team von Instruktoren aus dem Kanton zurückgreifen.

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Lernende bei der Ausführung der Jungwaldpflege während des üK D.

Waldpflege und Ökologie Das Team der Pflegekurse setzt sich aus drei Instruk­ toren zusammen, dies sind Jürg Hassler (AWN), Adrian Schorta (Valsot), Lorenz Mutzner (Falknis). Geleitet wird der Kurs von Flurin Guidon (AWN), wobei er je nach Grösse des Kurses auch Instruktionstätigkeiten übernehmen kann. Die meisten Kursobjekte sind bereits ein Jahr vor Kursbeginn definiert und werden einige Monate bis ein halbes Jahr vor dem Kurs rekognosziert. Zur Vorbereitung und Rekognoszierung gehören auch das Festlegen einer passenden Unterkunft

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(Bild: F. Guidon, AWN)

sowie eines Verpflegungszentrums. Da die Kurs­ objekte oft über verschiedene Gemeinden verteilt sind, wird versucht, diesen Ort so zentral wie möglich zu wählen. Der Kursrahmen ist für die ganze Schweiz gleich. Die Kantone können Schwerpunkte bilden und im Rahmen der Vorgaben die Kursdauer definieren. Im Kanton Graubünden werden fünftägige Pflege­ kurse sowie zweitägige Ökologiekurse im Herbst oder Frühling durchgeführt. Die Lernenden kön­ nen also im ersten oder auch erst Anfang des zwei­ ten Lehrjahrs diese Kurse absolvieren.


Im zweiten Lehrjahr geht es bereits im Herbst mit dem B-Kurs weiter, damit wird die überbetriebliche Ausbildung in der Holzerei abgeschlossen und das Gelernte kann bis zum praktischen Qualifikationsverfahren (QV) trainiert werden. Auch dieser Kurs wird von WaldSchweiz angeboten. Er baut auf dem Wissen des A-Kurses auf und führt die Lernenden in die Spezialfälle und die entsprechenden Fällmethoden ein. 2020 finden die B-Kurse Anfang September in Casaccia und Ende September in Arosa statt. Baukurs Für den Baukurs Ende des zweiten Lehrjahrs ist wiederum das AWN der Kursorganisator und kann hierfür auf ein spezialisiertes Instruktorenteam zurückgreifen (Tabelle 2). Der Baukurs wird doppelt geführt, dauert vier Wochen und findet jeweils im Juli während der Schulferien statt. Die Lernenden arbeiten in Kleingruppen und wechseln alle paar Tage die Baustelle, um einen Überblick über alle Baustellen und die jeweilige Tätigkeit zu erhalten. Die Instruktoren sind entsprechend ihrem Spezialgebiet für eine oder mehrere Baustellen verantwortlich. Diese planen sie anhand einer Rekognoszierung und der genauen Bestellung der Standortgemeinde. Die Kursleitung versucht zusammen mit der Standortgemeinde einen möglichst vielfältigen Kurs zusammenzustellen. Dabei soll mit den verschiedensten Materialien wie Stahl, Beton, Stein und natürlich Holz gearbeitet werden können. Der üK C Seilkran findet im fünften Semester statt und ist der letzte Kurs vor dem QV. Anders als alle übrigen Kurse wird dieser durch das Bildungszen­ trum Wald in Maienfeld durchgeführt. Der Kursanbieter verfügt über qualifizierte Instruktoren, die notwendige Gerätschaften und führt den üK C in mehreren Kantonen durch. Der Kurs soll den Lernenden in zehn Tagen die Grundkenntnisse im Auf- und Abbau von Seilkrananlagen und des jeweiligen Einsatzes vermitteln. Die Holzschläge mit

Vorname

Name

Ort

Marco

Hassler

Jenins

Luzi

Scherrer

Pany

Curdin

Gregori

Churwalden

Christian

Putzi

Klosters

Carlo

Bott

Zernez

Gian Cla

Mall

Scuol

Andrea

Schwarz

Zillis Schamserberg

Tabelle 2: Spezialisiertes Instruktorenteam des Baukurses.

dem bereits gerüsteten Holz werden durch die Standortgemeinden zur Verfügung gestellt, damit sich die Lernenden nur auf die Bringung konzentrieren können. 2020 finden die C-Kurse Mitte Oktober und Anfang November im Rheintal statt. Im letzten Semester dürfen keine üK mehr stattfinden, die Lernenden sind ja bereits ab dem März mit dem Qualifikationsverfahren (QV) beschäftigt. Darüber wird aber in einem anderen Kapitel ausführlich berichtet. Dominic Schilling, Produktverantwortlicher Forstbetriebe und Schulung (AWN)

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Forstwartlernender im 1. Lehrjahr Mein Name ist Corsin Wehrli, bin 15 Jahre alt und habe diesen August die Lehre als Forstwart im Forstamt Celerina begonnen. Da ich in meiner Freizeit fast immer draussen in der Natur bin, zum Beispiel beim Biken, Langlaufen oder beim Holzscheiten, dachte ich, dass das dies genau die richtige Lehre für mich sei. Ich wohne mit meinen Eltern und meinen beiden Geschwistern im Oberengadin in Pontresina. Meine Lehre als Forstwart in Celerina werde ich in den Jahren 2020 bis 2023 absolvieren. Die ersten sieben Schuljahre haben mir überhaupt keine Freude bereitet. Doch nun verstehe ich den Sinn des Lernens und ich habe in einigen Fächern wie Naturkunde oder Werken angefangen, mich mehr dafür zu interessieren. Da ich auch gerne handwerklich tätig bin, dachte ich mir, Forstwart könnte mir noch gefallen. Aber einer der Hauptgründe war, dass mein Bruder Flurin auch Forstwart lernte und er hat immer sehr von seiner Arbeit im Wald geschwärmt. Insgesamt habe ich fünf

Schnupperlehren absolviert, aber nur drei als Forstwart. Diese absolvierte ich in Celerina und St. Moritz. Sonst war ich noch als Maurer und Zimmermann am Schnuppern gewesen. Schlussendlich hat mir dann doch Forstwart am besten gefallen und darum habe ich mich gerade an zwei Stellen gleichzeitig beworben. Die Vorfreude, endlich mit Arbeiten beginnen zu können, steigt von Tag zu Tag. Die Arbeit als Forstwart stelle ich mir sehr vielseitig und anstrengend vor. Der Beruf als Forstwart kann vielseitig sein, weil in meinen Schnupperlehren habe ich so manches erlebt, zum Beispiel wie man Bäume fällt, auf was man alles achten muss, die vielen Gefahren, wie man Hangsicherungen baut, wie ein Tag in der Sägerei aussieht, wie man einen Zaun baut und noch vieles mehr. Es ist auch körperlich eine sehr grosse Anstrengung, weil wenn man einen ganzen Tag mit der Motorsäge arbeitet oder wenn man einen ganzen Tag lang in der Sägerei Holz herumtransportieren muss, ist das schon ziemlich anstrengend. Mir ist auch bewusst, dass das ein sehr risikoreicher Beruf ist und dass überall Gefahren lauern. Aber vor allem hoffe ich, dass ich viel lernen und profitieren kann. Wenn ich dann meine Lehre abgeschlossen habe, hoffe ich, dass irgendwo im Engadin eine Stelle frei wird und dass ich mich dort bewerben kann. Es ginge auch eine Stelle im Unterland, aber wenn es möglich ist, will ich hierbleiben. Ich will mich dann sicher weiterbilden und vielleicht ergibt sich in der Lehre dann auch eine Möglichkeit, dass ich den Steigkurs, um auf die Bäume zu klettern, machen und nach der Lehre noch einen Kurs als Ba­umaschinenführer absolvieren kann. Es wäre sicher auch mal spannend, irgendwo ausserhalb von Europa als Forstwart arbeiten zu können. Corsin Wehrli

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Forstwartausbildug vor 55 Jahren Mein Pfad im Wald, für den Wald, Zeno Bontognali erzählt von seinem Leben im Wald. Zeno Bontognali

Über mich Ich bin am 14. Oktober 1946 in Poschiavo gebo­ ren. Nach der obligatorischen Schulzeit besuchte ich während zweier Jahre die Landwirtschafts­ schule Plantahof in Landquart. Danach habe ich die damals zweijährige Lehre als Forstwart beim Forstbetrieb Chur absolviert. Im Jahre 1967 besuchte ich die Försterschule Mai­ enfeld und erwarb das eidgenössische Forstdiplom. Warum habe ich mich für eine Forstwartausbildung entschieden? Mein Vater besass eine Schreinerei. Neben der Schreinerei betrieb er zusammen mit meiner Mut­ ter einen Bauernhof mit etwa 15 Rindern und eini­ gen Schafen. Ich war 16 Jahre alt, als ich die Sekundarschule ab­ geschlossen hatte. Danach kam die Zeit, mich für einen Beruf zu entscheiden. Familienmitglieder und Bekannte fragten mich immer wieder, welchen Beruf ich erlernen möchte. Zu dieser Zeit hatte ich

jedoch noch keine klare Vorstellung. Ich dach­ te:«Ich muss mich mit der Wahl nicht beeilen, denn wenn ich bis zu meinem 25. Geburtstag den richtigen Beruf gefunden und meine Ausbildung mit allen Studien abgeschlossen habe, verbleiben immer noch 40 Jahre Zeit, um meiner Arbeit nach­ zugehen und mit meiner Wahl zufrieden zu sein.» Eines war sicher, ohne meine Deutschkenntnisse zu verbessern, ist die Zukunft auf der anderen Sei­ te des Berninapasses begrenzt. Gemäss dem Rat meiner Eltern zog ich nach Landquart, um dort während zweier Jahre die Landwirtschaftsschule Plantahof zu besuchen und mein Landwirtschafts­ diplom zu erwerben. Am Ende der Ausbildung war ich unsicher, ob ich den Landwirtschaftsbetrieb meiner Familie über­ nehmen möchte. Gleichzeitig wurde im Dorf ge­ munkelt, dass einer der drei Revierförster in den nächsten Jahren in den Ruhestand treten werde. Das war der Ausschlag für mich; ich wollte im und für den Wald arbeiten.

Zeno Bontognali.

Fast wie ein Traum Ich nahm sofort Kontakt auf mit dem lokalen Re­ vierförster Anselmo Tuena der Gemeinde Poschia­ vo, dem Forstingenieur Alfonso Colombo des Po­ schiavo-Tals und dem für die Ausbildung auf kantonaler Ebene zuständigen Forstingenieur Fritz Schmid. Einstimmig rieten sie mir, ein dreiwöchiges Praktikum bei einem Holzfäller zu machen. Ohne Zeit zu verlieren, meldete ich mich bei Holzfäller Arnoldo Bondolfi, welcher gerade bei der Holz­ ernte war. Er sagte mir, ich soll am Montagmorgen um 7.30 Uhr gut gekleidet mit genagelten Berg­ schuhen, Axt, Zappi, Handschuhen und Lunchpa­ ket bei ihm zu Hause erscheinen. Mit der Axt habe ich gut jongliert, aber mit der Zappi waren die

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(Bilder: Z. Bontognali))


Stürze häufig. In der ersten Woche unterwies mich Arnoldo mit Geduld und Erfahrung in der Handhabung dieser Werkzeuge. Nach der zweiten Woche liess er mich seine Kettensäge benutzen, eine Pioneer mit einem Gewicht von etwa 12 kg und einer Blattlänge von 70 cm (Abbildung 1). Die Säge machte einen ohrenbetäubenden Lärm und die Griffe waren ohne Antivibrationselemente ausgestattet. Weil das Gemisch des Treibstoffs zu viel Öl enthielt, rauchte der Motor der Pioneer-Säge sehr stark. Mit dem Daumen musste immer wieder ein Hebel gedrückt werden, um das Öl zu pumpen, welches die Kette schmierte. Die Kettensäge ­wurde nur zum Fällen, Abschneiden der dicksten Äste und um den Stamm abzulängen verwendet. Der Sägenführer benutzte sie ohne jeglichen persönlichen Schutz; wenn ich jetzt daran denke, b ­ ekomme ich Gänsehaut, aber damals habe ich es genossen. Während eines Besuchs des örtlichen Försters und Forstingenieurs zeigten sie mir die Schönheit des Waldes, seine Funktionen, wie man ihn pflegt und warum Holz gefällt wird. Das geschlagene Holz mit seinem duftenden Harzgeruch wird zum ­Bauen, zum Backen des täglichen Brots und zum Heizen der Stube verwendet. Diese Erfahrung in der Praxis, mit den notwendigen sehr detaillierten Erklärungen, faszinierte mich und trieb mich an, mit Leidenschaft zugunsten des Waldes zu arbeiten. Mit einem Herzen voller Freude dankte ich allen, die mit mir zusammen während des Praktikums mitgearbeitet hatten, indem ich sogar die Kettensäge ein wenig benutzen durfte! Am Abend kehrte ich nach Hause zurück und sagte meinen Eltern: «Ich habe meinen Beruf gefunden!» Forstwartausbildung Nach dem Abschluss dieses Praktikums bot mir der kantonale Forstinspektor Fritz Schmid die Möglichkeit, innerhalb von zwei Jahren eine Lehre als Forstwart zu absolvieren. Durch den Besitz meines Landwirtschaftsdiploms am Plantahof war ich nicht verpflichtet, die Be-

rufsschule zu besuchen. Nur einige Tage Berufsausbildung, die vom kantonalen Forstinspektorat organisiert wurden, waren obligatorisch. Im ersten Lehrjahr besuchte ich den dreiwöchigen A-Kurs und im zweiten Lehrjahr absolvierte ich den B-Kurs des Holzeinschlags, welcher vom Schweizerischen Forstwirtschaftszentrum in Solothurn organisiert wurde. Die Lehre konnte ich beim Forstbetrieb Chur absolvieren. Dies war für mich ein grosser Vorteil, denn der Ingenieur Hartmann und der örtliche Förster Lombriser waren meine Ausbildner. Der A-Kurs Der Kurs fand vom 8. November 1965 bis zum 27. November 1965 in Igis statt. Die Lernenden wurden in 6er-Gruppe aufgeteilt zusammen mit einem Ausbildner, welcher die Gruppe führte und

Abbildung 1: Pioneer-Kettensäge (12 kg) im Einsatz.

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anleitete. Stets zu zweit lernten wir mit folgenden Werkzeugen zu arbeiten: Hobelzahnsäge, Axt, Spalthammer, Zappi, Fällkeil, Kehrhaken, Gertel, Baumkratzer und Material zum Schärfen der Werkzeuge. Die persönliche Schutzausrüstung bestand aus guten Schuhen und Knieschoner aus Leder, die sehr unbequem waren. Wer wollte, konnte Handschuhe und eine Baskenmütze tragen. Mit Hilfe der Hobelzahnsäge erlernten wir den Schnitt des radialen Wachstums eines grossen Baumes, den horizontalen Kreisschnitt, den Schnitt des Fallkerbgrundes sowie die Massschnitte des Stammes. Die Axt wurde für den Rest der Holzvorbereitungsarbeiten verwendet, wie zum Beispiel für das Asten. Das Brennholz musste in ein Meter lange Stücke mit einem Durchmesser von mehr als 10 cm geschnitten, gespalten und dann perfekt zu einem Ster gestapelt werden. Wir lernten auch das Schärfen der Werkzeuge, insbesondere der Hobelzahnsäge (Abbildung 2). Theo­rieunterricht hingegen gab es sehr wenig; wir

Abbildung 2: Zweihandsäge.

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mussten unsere eigenen Notizen in einem Heft festhalten, da es im Gegensatz zu heute keine Handbücher oder Unterlagen gab. Der B-Kurs Der Kurs fand im Kanton Zug vom 21. März 1966 bis 2. April 1966 statt. Mein Kurs- und Gruppenleiter war Luis Rigling. Die Gruppen bestanden hier aus vier Lernenden, welche nun individuell arbeiteten. Nur wenige von ihnen trugen einen Aluminiumhelm, denn das Tragen überhaupt eines Helms, war zu dieser Zeit noch nicht obligatorisch. Jeder hatte eine Kettensäge, welche zum Fällen und Holzschneiden eingesetzt wurde. Diese empfanden wir zwar als leicht; im Vergleich zum Gewicht heutiger Kettensägen, konnten diese damals natürlich nicht mithalten. Schnittfeste Hosen, Gehörschutz, Visier und Antivibrationsgriffe der Kettensäge waren nicht erhältlich (Abbildung 3). Für nach hinten geneigte Bäume wurde der «Solo»-Spanner mit 1000 kg Zugkraft, 2 Drahtseilen, 2 Metallverankerungsbindern und einer Umlenkrolle verwendet. Die Bäume waren nicht sehr gross und zum Abschneiden der Äste lernten wir die schwedische Methode; die anderen Methoden, welche heute eingesetzt werden, waren noch nicht bekannt (Abbildung 3). Am Ende dieses Kurses fragten mich Herr Diener, der Direktor der Schweizerischen Forstwirtschaftlichen Zentralstelle in Solothurn (FZ), und Herr Rigling, mein Ausbildner, ob ich bereit sei, eine Aufnahmeprüfung für den Beruf des Holzfällerlehrers abzulegen. Ohne allzu lange darüber nachzudenken, lautete meine Antwort Ja. So kam es, dass ich im Sommer 1966 die Prüfung als Ausbildner in den Solothurner Wäldern erfolgreich absolvierte. Meine Karriere im Wald Am Ende meiner Ausbildung arbeitete ich 43 Jahre lang als Förster in der Gemeinde Poschiavo. Neben dieser beruflichen Tätigkeit widmete ich mein Leben der Ausbildung von Lernenden: Wäh-


rend 50 Jahren war ich Ausbildner und Kursleiter für die Holzerntekurse beim Verband WaldSchweiz und war so im Kanton Graubünden, im Tessin und auch in Italien tätig. Zusätzlich habe ich im Puschlav 19 Jahre lang die Motorsägenkurse geleitet und für die Suva im Bereich Arbeitssicherheit gearbeitet. Auch in meiner Freizeit war ich für den Wald tätig; während 9 Jahren war ich Kassier im Verein Revierförster Verband Graubünden. Schlussüberlegungen In den 70er- und 80er-Jahren hatten die Lernenden, die aus der Landwirtschaftsklasse kamen, im Vergleich zu denen, die aus der Stadt kamen, gute handwerkliche Fähigkeiten. Trotzdem kam es häufig bei Holzschneidekursen mit der Kettensäge zu Beinverletzungen. Mit der Einführung von schnittfesten Hosen sowie von geräuschdämpfenden Kopfhörern, Helm mit Visier, Handschuhen und dem Handbuch für «Holzernte» nahm die Sicherheit zu und die Unfälle gingen zurück. Seit Beginn meiner forstwirtschaftlichen Ausbildung hat sich die Forstarbeit in einem beeindruckenden Tempo entwickelt. Die Angestellten der Forstbetriebe wurden aufgefordert, sich in neuen Einschlagtechniken, in der Rationalisierung der Arbeit und der Anwendung von Sicherheitsmassnahmen zu schulen. Der Kanton Graubünden, der Verband WaldSchweiz sowie die Suva standen seit jeher an vorderster Front der forstlichen Ausbildung. Im Dezember 1966 habe ich den «Bündner Wald» abonniert, der mich stets mit Wissen und neuen Ideen bereichert hat. Auch die Zeitschrift «Wald und Holz» von WaldSchweiz half mir bei meiner Ausbildung. Ich habe es immer genossen, mit jungen Leuten zu arbeiten und einem Schüler zu helfen, der körperlich wie ein Erwachsener aussah, aber intellektuell noch ein Teenager war. Bei jeder Arbeit versuchte ich immer, dem Lernenden zuerst das Positive und dann das Negative zu erklären. Es war für mich

eine Freude, mein Wissen zu vermitteln und nach den Instruktionen zu beobachten, wie der Lernende mit viel Übung die Arbeiten besser ausführen konnte als ich selber. Ich lebte ein Leben für den Wald, hörte seine Musik und sein Wort, schätzte seine altruistische Lebensweise und tröstete den von mir bestimmten Baum, der dann vom Forstwart gefällt wurde. Wenn ich wiedergeboren würde, ich würde nochmals den gleichen Weg einschlagen! Danke Ich danke dem ehemaligen Regional Forstinge­ nieur (RFI) von Poschiavo Alfonso Colombo, dem aktuellen Regionalforstingenieur Gilbert Berchier und dem Amt für Wald und Naturgefahren für die gute Zusammenarbeit im Wald, für die Forstwartausbildung und für die Arbeitssicherheit in unserer gefährlichen Branche. Ich bedanke mich bei allen Leuten, die bei meiner Ausbildungskarriere mitgewirkt haben. Und ich bedanke mich ganz herzlich bei meiner lieben Frau Maria, die mich immer unterstützt hat.

Abbildung 3: Waldpflege ohne persönliche Schutzausrüstung.

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Forstwartlernender im 2. Lehrjahr Während meiner Lehrzeit darf ich bei der Familie Egli in Furna leben, da mein Elternhaus im Zürcher Unterland in Pfungen liegt. Über diese Wohnmöglichkeit bin ich sehr glücklich, da die lange Anreise aus meinem Zürcher Zuhause die Ausbildung in Furna nicht möglich machen würde. Aktuell befinde ich mich im 2. Lehrjahr im Revierforstamt Furna, als jüngster Lehrling von drei Auszubildenden. Meine ganze Schulzeit verbrachte ich in Pfungen, wo ich aufgewachsen bin. Die Fächer Naturkunde, Werken und Geschichte haben mir immer besonders gefallen, wohingegen ich mit Französisch und Physik zu kämpfen hatte. Seit

meiner Kindheit interessiere ich mich brennend für den Beruf als Forstwart und ich verbrachte mit Vorliebe meine Freizeit im Wald. Bei zwei absolvierten Forst-Schnupperlehren in Pfungen und Neftenbach wurde mein Berufsziel bestätigt. Dies konnte ein Praktikum als Zierpflanzengärtner in keiner Weise umstossen. In der 9. Klasse durfte ich nach meiner Bewerbung beim Revierforstamt Furna die Schnupperlehre im Winterdienst erleben. Die Arbeit im Gebirgswald hat mich so fasziniert und die Teamarbeit überzeugt, dass ich mir keinen anderen Ausbildungsort wünschen würde. Die Forstwartarbeit entspricht bisher voll und ganz meinen Berufserwartungen. In meinem Beruf habe ich grössten Respekt vor der ständig anwesenden Gefahr, dass sich ein Unfall ereignen könnte. Ich gehe jeden Morgen sehr gerne zur Arbeit und geniesse das familiäre Betriebsklima im Team. Am liebsten sind mir die Fällarbeiten und das damit verbundene Aufrüsten der Bäume sowie die Waldpflege. Es ist ein Genuss für mich, am Abend zufrieden über die geleistete Arbeit zu schauen. Mein Lehrziel ist, mich möglichst breit auf die verschiedenen Forstwartspezialitäten ausbilden zu können. So freue ich mich, schon bald den Baumsteigerkurs absolvieren zu können. Zudem möchte ich meinen Lehrabschluss mit einer guten Note erreichen, daher setze ich mich auch in meiner Freizeit mit dem Lernstoff auseinander. Meine Zukunft sehe ich im schweizerischen Wald als Forstwart. Dies kann durchaus mit ­einer vorgängigen Erlebniszeit, wie zum Beispiel ein einjähriges Praktikum im sibirischen Wald, begleitet sein. Ich wünsche mir für die Forstwirtschaftsentwicklung gute Lösungen für die Schädlingsbekämpfung und den Klimawandel und natürlich einen guten stabilen Holzpreis. Florian Minder

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Ausbildungsbetriebe Graubünden: Unterschiede und Motivation Die beiden Ausbildungsbetriebe Chur und Valsot stellen sich vor und geben der Leserschaft einen Einblick in ihre Erfahrungen mit der Ausbildung junger Forstwarte. Dominic Schilling, Stefan Becker, Adrian Schorta

Grün und Werkbetriebe Chur Die Abteilung Wald und Alpen der Grün und Werkbetriebe Chur betreut die Wälder, Alpen und Allmeinden der Gemeinde Chur/Maladers und Haldenstein. Die gesamte Fläche beträgt 6'600 ha. Der Wald ist das Kerngeschäft und umfasst eine Fläche von 3'600 ha mit einem Hiebsatz von 1'3000 Tfm. Die Abteilung beschäftigt zwölf Mitarbeiter und drei bis vier Forstwartlernende. Sie werden in Zusammenarbeit mit Unternehmern für

Lernender und Berufsbildner nach erfolgreicher Arbeit.

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(Bild: Grün und Werkbetriebe Chur)

die Waldpflege und den Unterhalt der Infrastrukturen im Wald und auf den Alpen eingesetzt. Ebenfalls bietet der Betrieb diverse Kursobjekte für Lernende und Försterstudenten, zum Beispiel für Holzerei, Seilkran und Baukurse. In der Stadt Chur werden seit der Einführung des Forstwartberufs im Kanton Graubünden Lernende ausgebildet. Somit haben bei der Abteilung Wald und Alpen über 50 Lernende die Ausbildung zum Forstwart erfolgreich absolviert. Der Betrieb bildet in der Regel einen Lernenden pro Jahr aus. Durch die Betriebsgrösse können im Alltag drei bis vier Arbeitsgruppen gebildet werden, dadurch kann eine optimale Betreuung und Ausbildung der Lernenden erfolgen. Ebenfalls können sich die Lernenden untereinander austauschen und vom Wissensstand gegenseitig profitieren. Sie lernen so auch früh, Verantwortung zu übernehmen. Um den richtigen Lernenden zu finden, der auch zum Betrieb passt, absolvieren die potenziell Interessierten eine Schnupperlehre im Betrieb. Dabei werden die Mitarbeiter in die Beurteilung miteinbezogen und auch Referenzen anderer Betriebe eingeholt. Anhand der eingereichten Bewerbungsunterlagen und den erstellten Zeugnissen wird dann der Entscheid gefällt. Für die Ausbildung der Lernenden ist ein Förster verantwortlich. Er betreut den Lernenden administrativ, bei der Erstellung der Arbeitsberichte und verfasst die Bildungsberichte. Die praktische Ausbildung erfolgt durch die ausgebildeten Berufsbildner und Forstwarte. Der Berufsbildner führt dabei die Ausbildungsinstruktionen aus. Informationen werden laufend zwischen Berufsbildnern und Ausbildungsverantwortlichem ausgetauscht.


Die Lernenden werden im Wochenprogramm verschiedenen Arbeitsgruppen zugeteilt. Sie werden dort jeweils instruiert und betreut. Im Winter werden separate Holzschläge mit den Lernenden und ihren Berufsbildnern ausgeführt. Das Erlernte aus den üK (überbetriebliche Kurse) fliesst direkt nach den Kursen in die Ausbildung ein. Speziell vor dem QV (Qualifikationsverfahren) wird das gesamte praktische Wissen nochmals repetiert, es werden aber keine abgegrenzten Vorbereitungskurse durchgeführt. Betreffend Entwicklung der Ausbildung und der Lernenden konnte im Betrieb festgestellt werden, dass die handwerkliche Geschicklichkeit abgenommen hat und das Bewegen im steilen Gelände oft zuerst erlernt werden muss. Das Verfassen von Berichten und Dokumentationen sowie das selbstbewusste Auftreten vor einer Gruppe hat sich verbessert. Der Grund oder die Motivation, Lernende auszubilden, liegt darin, dass der ganze Betrieb gefordert wird. Über die Ausbildung bleibt man ständig auf dem neusten Stand und es ist interessant, junge Berufsleute zu begleiten und in den Berufsalltag zu führen. Ebenfalls wird dadurch ein Beitrag für die Erneuerung des forstlichen Berufsstands geleistet und das Wissen aus dem Betrieb kann weitergegeben werden.

Mein schönstes Erlebnis Das schönste Erlebnis in der Ausbildung von Forstwartlernenden ist zu sehen, wie die zu Lehrbeginn Jugendlichen ihre Lehrstelle als junge Erwachsene und ausgebildete Forstwarte verlassen. Ebenfalls ist es immer wieder ein Erlebnis, ehemalige Lernende als Berufsleute in forstlichen Tätigkeiten anzutreffen. Stefan Becker

Forstbetrieb Valsot Eckpunkte zum Forstbetrieb Valsot Das Forstamt der Gemeinde Valsot liegt im nördlichsten Teil des Unterengadins und grenzt an die Nachbarländer Österreich und Italien. Die Gemeinde Valsot mit rund 875 Einwohnern setzt sich aus elf intakten, kleineren Siedlungen (Fraktionen) zusammen. Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von circa sechs Personen pro Quadratkilometer. Der Forstbetrieb Valsot besteht aus jeweils einem Betriebsleiter, Revierförster, Forstwartvorarbeiter, Forstwart-Seilkraneinsatzleiter, Forstwart, Waldarbeiter-Saisonnier und einem bis zwei Lernenden. Der Forstbetrieb hat sich auf die Holzernte mit dem Seilkran spezialisiert. In einem durchschnittlichen Jahr erfolgt die Holzbringung 70 % per Seilkran, 15 % per Helikopter und die restlichen 15 % per Bodenzug. Für die Bringung der letzteren 15 % besteht die Möglichkeit, mit den Forstunternehmungen zusammenzuarbeiten. Zudem werden jährlich rund 400 m3 im Sortimentsverfahren mit dem Pferd gerückt. All dies erfolgt auf einer Gesamtbewirtschaftungsfläche von 4'800 ha produktiver Waldfläche. Die Ausbildung der Lernenden im Forstbetrieb Valsot Das Forstamt Valsot bildet seit der Fusionierung der Gemeinden Tschlin und Ramosch im Jahre 2013 Lernende aus. Jedoch hatte die Gemeinde Tschlin bereits im Jahr 1992 mit der Ausbildung der Lernenden begonnen. Somit zählen wir seit dem Zusammenschluss 7 und insgesamt 28 erfolgreiche Ausbildungsjahre. Bis zum Jahr 2013 wurde alle drei Jahre ein Lernender betreut und ausgebildet. Seit der Fusion schliesst jedes zweite Jahr ein Lernender seine Lehre als Forstwart bei uns ab, wobei jeweils zwei Lernende gleichzeitig ausgebildet werden. Dies hat sich bewährt und bringt einige Vorteile mit sich. Der Auszubildende im 3. Lehrjahr verfügt bereits über gute Kenntnisse im Arbeitsalltag

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und ist vertraut mit den Abläufen im Betrieb. Durch den wöchentlichen Berufsschulunterricht und die üK ist das theoretische Wissen ebenfalls auf einem guten Stand. Dies ermöglicht ihm, den Lernenden im 1. Lehrjahr zu unterstützen und die damit verbundene Vorbildfunktion wahrzunehmen. Er kann sein Wissen weitervermitteln und ergänzt somit unsere Ausbildung auf eine zusätzliche Art. Eine Arbeitswoche bei uns im Betrieb sieht je nach Jahreszeit unterschiedlich aus. Im Winter, Frühling

und im Herbst sind wir hauptsächlich in der Waldbewirtschaftung tätig. Diese beinhaltet die verschiedenen Holzschläge, Jungwaldpflege, Pflanzungen und Forstschutzmassnahmen. Im Sommer arbeiten wir grösstenteils an den SIS-Projekten. 1 Dabei sanieren beziehungsweise bauen wir neue Lawinenverbauungen oder Dreibeinböcke. Zudem führen wir kleinere SIE-Projekte 2 (Sanierungen/Instandstellungen von Waldstrassen) selbst aus.

Franco Näff (links), Lernender im 2. Lehrjahr, und Curdin Andri, Forstwart EFZ und Ausbildner.

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(Bild: A. Schorta)


Um das theoretische Wissen, das ein Forstwartlernender nach seiner Ausbildung haben muss, zu erlangen, haben die Lernenden jeden Freitag Unterricht an der Berufsschule Samedan. Dies gilt für alle Forstwartlernenden aus dem Engadin, Münstertal, Puschlav und Bergell. Die ergänzenden üK sind im ganzen Kanton Graubünden gleich und finden jährlich anderswo statt. Somit kann es vorkommen, dass wir einen A-Kurs bei uns im Engadin organisieren können. Die Auswahl des neuen Lernenden Um bei uns die Lehrstelle als Forstwart antreten zu können, ist eine vorausgehende Schnupperlehre Pflicht. Durch diese können die Interessenten sich einen Einblick in unseren Berufsalltag verschaffen. Auch von unserer Seite ist diese, meist fünftägige Schnupperlehre, von grosser Bedeutung. Diese ermöglicht uns zu sehen, ob die Interessenten in unser Team passen würden, sie die Arbeit nicht scheuen und wie gross ihr Interesse und die Begeisterung für die Natur ist. Dabei sind die Noten aus der Grundschule bei der Evaluation des Bewerbers zweitrangig. Wir suchen einen offenen, begeisterten, motivierten und arbeitsfrohen Bewerber, der mehr über unsere schönen Wälder erfahren möchte und auch selbst anpacken kann. Bei der schulischen Ausbildung können wir unsere Lernenden unterstützen und begleiten. Bei fehlender Motivation und Freude am Beruf können wir jedoch mit den grössten Bemühungen nichts bewirken. Die zu vergebenden Lehrstellen werden in der lokalen Zeitung sowie im Gemeindeblatt veröffentlicht und ausgeschrieben. Aus den meist zwei bis drei Bewerbungen können wir, mit Unterstützung der Erfahrungen aus der Schnupperwoche, die Lehrstellen vergeben. Fachleute mit grossem Wissen für eine optimale Ausbildung der Lernenden Bei uns sind der Revierförster (Lehrmeister) und der Forstwart (Berufsbildner) für die Ausbildung

der Lernenden verantwortlich. Neben den Verantwortlichen ist der ganze Forstbetrieb an der Ausbildung beteiligt. Die Ausbildung der Lernenden findet täglich im Betrieb, wöchentlich in der Berufsschule und an den fünf üK statt. Die zu schreibenden Arbeitsberichte sind ebenfalls ein wichtiger Teil der Ausbildung. In diesen Berichten vertiefen die Auszubildenden das Erlernte und fassen das Wichtigste schriftlich zusammen. Dadurch kann das Verfassen von technischen Berichten geübt werden, welche auch als Nachschlagewerk für die Vorbereitungen für das QV verwendet werden können. Bei uns im Betrieb ist der Lehrmeister für die Vollständigkeit und die Korrektheit der Arbeitsberichte zuständig. Vorbereitung der Lernenden auf das QV An der Berufsschule in Samedan unterrichten vier Lehrpersonen den Berufskundeunterricht (Anna Mathis, Forstingenieurin ETH; Pascal Murbach, Förster HF; Gisep Rainolter, Förster HF: und meine Person, Adrian Schorta Förster HF). Mit dieser Zusammensetzung der Lehrkräfte können wir sicher sein, dass die Lernenden von Lehrpersonen, die in der Branche noch aktiv arbeiten, unterrichtet werden. Zudem sind die Lehrpersonen aktiv an der Ausbildung der Lernenden beteiligt. Zum Beispiel als Instruktoren bei den üK oder als Prüfungsexperten beim QV. So können wir jedes Jahr vor den anstehenden Prüfungen gezielt Wiederholungstage für die einzelnen Teile des QV durchführen. Bei diesen Wiederholungstagen merken die Lernenden selbst, wie gut sie sich auf das QV vorbereitet haben und wo es allenfalls noch gewisse Unklarheiten gibt. Diese können dann im Vorfeld noch geklärt werden, damit die Lernenden gut vorbereitet das QV erfolgreich durchführen können. Ihr Wissen und Können haben sie sich in den Lehrbetrieben über drei Jahre angeeignet. Meistens geschieht dies, ohne dass die Lernenden es selbst wahrnehmen, da es sich um einen laufenden Prozess handelt.

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Die Ausbildung im Wandel der Zeit Ich selbst arbeite erst seit drei Jahren als Revierförs­ ter und habe meine Ausbildung als Forstwart EFZ im Jahr 2014 abgeschlossen. In der heutigen Zeit muss ein Forstwart alle forstlichen Arbeiten erledi­ gen können. Zudem muss er sich mit der Thematik Ökologie in einem umfangreichen Masse ausken­ nen. Dies war früher sicherlich weniger anspruchs­ voll und hatte nicht die gleiche Bedeutung in der Gesellschaft wie heutzutage. Wir leben in einer vom Tourismus stark abhängigen Region unseres Landes. Deshalb ist es wichtig, den Ansprüchen des Waldes, aber auch denjenigen der Gäste ge­ recht zu werden. Mit den Gemeindefusionen in jüngster Zeit wer­ den die Forstbetriebe in der Umgebung immer grösser. Dieser Trend bringt für die Lernenden ver­ schiedene positive Einflüsse mit sich. Eine Forst­ gruppe kann somit eine reine Forstgruppe sein, wobei die kommunalen Arbeiten der Werkgruppe überlassen werden können. Dies ermöglicht den Forstwartlernenden, über drei Jahre im Kernbe­ reich ihrer Ausbildung tätig zu sein. Die Unterstützung des AWN (Amt für Wald und Naturgefahren) im Bereich der Ausbildung hat über die Jahre stetig zugenommen. Mit der Digita­ lisierung der Forstbetriebe können Informationen schneller ausgetauscht und allfällige Unklarheiten zeitnah angegangen und bereinigt werden. Meine persönliche Motivation, Lernende auszubilden Meiner Meinung nach ist es für unsere Branche und unsere Region wichtig, Lehrstellen anbieten zu können. Gerade in Randregionen wie das Enga­ din wird es immer schwieriger, kompetentes Fach­ personal zu finden, dass hier eine Zukunft aufbau­ en möchte. In unserer digitalisierten Gesellschaft verlieren vor allem die Jungen immer mehr den Bezug zur Natur. Umso mehr freut es mich, wenn wir motivierte Schüler beim Übergang von der Schule ins Berufsleben in unserer schönen Branche

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begleiten können. Dabei übernehmen wir die Ver­ antwortung für die Ausbildung der Lernenden und vermitteln ihnen das Wissen, um auch in Zukunft unsere Wälder gesund und nachhaltig zu unterhal­ ten. Die Lernenden von heute werden die neuen Forstwarte und Forstwartinnen, Förster und Försterinnen sowie Forstingenieure und Forstinge­ nieurinnen von morgen sein, die unsere Wälder pflegen werden. Dominic Schilling Produktverantwortlicher Forstbetriebe und Schulung (AWN) Stefan Becker ist Förster und Ausbilder bei der Grün und Werkbetriebe Chur Adrian Schorta ist Revierförster bei der Gemeinde Valsot 1

Sammelprojekt Instandsetzung Schutzbauten

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Sammelprojekt Instandsetzung Erschliessung

Mein schönstes Erlebnis

In meiner noch jungen Laufbahn als Revierförster und Berufsschullehrer war es befriedigend zu sehen, wie viel Freude die Lernenden an ihrem erfolgreichen Abschluss haben. Wie sie an der Lehr­ abschlussfeier, wenn ihr Name aufgerufen wird, mit Freude auf die Bühne treten und voller Stolz ihr Fähigkeitszeugnis als anerkannter Forstwart EFZ entgegen­ nehmen. Adrian Schorta


Forstwartlernender im 3. Lehrjahr Mein Name ist Benjamin Bosshard. Ich bin 18 Jahre alt und in der Ausbildung zum Forstwart. Zurzeit bin im dritten Lehrjahr und arbeite bei der Gemeinde Ilanz/Glion. Ich wohne mit meiner Familie in Morissen in der Val Lumnezia. Vor 13 Jahren zog ich mit meiner Familie vom Unterland nach Morissen. Meine Schulzeit verbrachte ich in der Scola Lumnezia. Für die Schule interessierte ich mich nie besonders, obwohl mir die meisten Fächer ziemlich leichtfielen. Die Fächer Geografie und Sport machte ich mit Freude. Andere Fächer wie Mathe und Sprachen waren mühsam. Ich träumte viel mehr vom Draussensein in der Natur oder auf einem Berg zu stehen. In der 2. Sekundarklasse absolvierte ich eine Schnupperlehre bei der Gemeinde Ilanz/Glion als Forstwart, was mir sehr gefiel. Trotzdem wollte ich noch etwas anderes sehen und ich schnupperte auch noch als Zimmermann. Letztendlich entschied ich mich jedoch für den Forstwartberuf, da ich sehr gerne im Freien bin. Also bewarb ich mich um die Lehrstelle bei der Gemeinde Ilanz/Glion und bekam diese schliesslich auch. Die Arbeit im Wald gefällt mir immer noch gut. Natürlich gibt es auch Arbeiten, die ich weniger gerne mache, aber auch das gehört dazu, wie in jedem anderen Beruf auch. Am liebsten arbeite ich in einem Holzschlag und fälle Bäume. Am Anfang meiner Lehrzeit hatte ich vor dieser Arbeit ziemlich Respekt, aber nach den beiden Holzerntekursen bekam ich eine gewisse Sicherheit. Einmal in der Woche gehe ich in den Berufskundeunterricht nach Chur. Dies ist immer eine gelungene Abwechslung zum Arbeitsalltag. Neben meiner Lehre bin ich ein sehr ambitionierter Kletterer. In der Wintersaison nehme ich an Nationalen sowie internationalen Wettkämpfen im Eisklettern teil. Seit der Saison 2019/20 bin ich im Swiss Ice Climbing Team. Damit ich neben der Arbeit und der

Schule auch noch drei- bis viermal trainieren kann, brauche ich viel Selbstdisziplin. Dies ist nicht immer ganz einfach, aber mit einer guten Planung geht das inzwischen ganz gut. Meine Ziele für den Rest meiner Lehrzeit sind auch weiterhin unfallfrei zu arbeiten und die Abschlussprüfung mit der Note 5,5 zu bestehen. Nach meiner Lehre habe ich vor, in einer Kletterhalle als Routenbauer und Kletterlehrer zu arbeiten. Mein grösster Wunsch wäre allerdings die Ausbildung zum Bergführer zu machen. Am liebsten würde ich das Führen und die Wettkämpfe kombinieren können. Durch meine Freude zum Wald, so glaube ich, wird er immer ein Teil von mir sein. Benjamin Bosshard

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Die Lehre ist der Königsweg ins Berufsleben Die Berufslehre ist ein Erfolgsmodell. Sie entwickelt sich permanent weiter. So bleibt der grosse Nutzen für Lernende, Lehrbetriebe und Wirtschaft erhalten. Doch die Veränderungen sind in weiten Teilen der Bevölkerung zu wenig bekannt. Jürg Michel

Die bildungsbezogene Weichenstellung Gymnasium oder Berufslehre bringt Belastung und Stress in sehr viele Familien. Der Kampf ums Gymnasium wird von Jahr zu Jahr mit zunehmender Verbissenheit geführt. «Kampfeltern» setzen mittlerweile nicht selten die Lehrpersonen unter Druck. Gymnasiumaspiranten besuchen zusätzliche, privat bezahlte Kurse oder Privatunterricht. Das ganze Prüfungssystem wird zur Klassenselektionsmaschine und es erstaunt nicht, dass der Bündner Grosse Rat derzeit diskutiert, die Prüfung ins Gymnasium abzuschaffen und die Zulassung durch eine dauerhafte Leistung in der Volksschule zu ersetzen. Ob das allerdings der richtige Weg ist? Ich zweifle. Aussagen wie «Wer nur eine Berufslehre ohne Berufsmaturität macht, erweist sich keinen guten Dienst für die Zukunft» sind auch bei uns zu hören. Und wenn sie polemisch untermauert werden, dem eigenen Kind würde ohne Matura die Zukunft gestohlen, werden viele Eltern verängstigt. Dabei sind solche elitären Miesmacher-Phrasen verheerend für die gesellschaftlichen Werte und besonders für jene 80 Prozent der Eltern in Graubünden, deren Kinder nicht ins Gymnasium eintreten. So hängt man der Berufslehre ein soziales Zeichen an, das nichts mit der Realität zu tun hat. Auf die Jugendlichen zugeschnitten Wenden wir uns deshalb der Realität zu: Wer eine Berufslehre – ob dies ein Forstwart, ein Polygraf oder ein Automobildiagnostiker ist – wählt, kommt in jungen Jahren in einer wichtigen Phase für die eigene Entwicklung in einen Arbeitsprozess, in

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dem er sich bewähren muss. Lernende müssen früh Verantwortung für sich selber und ihre Arbeit übernehmen. Sie müssen sich in ein Team einordnen, was nicht mit unterordnen zu verwechseln ist. Wir stellen immer wieder mit grosser Freude fest, dass die jungen Frauen und noch mehr die Männer beim Eintritt in die Lehre viele Hirngespinste im Kopf haben, nach der erfolgreichen Absolvierung der Grundbildung aber als gestandene, reife Persönlichkeiten dastehen, wenn sie das eidgenössische Fähigkeitszeugnis nach drei- bis vier Jahren in den Händen halten. In den letzten Jahren war vermehrt zu hören, dass Lehrabgänger zu stark vorgespurt sind und somit die Gefahr gross sei, auf dem Abstellgleis zu landen. Ich teile diese Haltung keineswegs. Wer den Mangel an Flexibilität von Lehrabgängern kritisiert, hat die Reformen der Berufsbildung in den letzten zwanzig Jahren nicht zur Kenntnis genommen. Der Anteil allgemeiner Kompetenzen wie etwa Sozial- und Methodenkompetenzen sind markant erhöht worden. Heute sind nahezu alle 250   Grundberufe auf einem absolut aktuellen Stand. Und die Nähe zu den Akteuren am Arbeitsmarkt sorgt dafür, dass auch künftige Änderungen der Bedürfnisse an die Berufsbildung auf die Lehrpläne durchschlagen werden. Gerade diese Nähe, die kein anderes Land im Rahmen der Berufsbildung in dieser ausgeprägten Form kennt, ist ein Alleinstellungsmerkmal, das sich von allen anderen Angeboten abhebt und auf das wir in der ganzen Welt beneidet werden.


Die Berufslehre hilft den Hauptakteuren – den Lernenden – enorm, sich persönlich zu entfalten und die eigenen Stärken zu fördern. Das gilt im Vergleich zu anderen Ausbildungswegen nicht nur für die Besten. Schulisch Schwächere vermag sie einerseits früh in ein berufspraktisches Umfeld zu integrieren, was sozialpolitisch sehr erwünscht ist. Anderseits verfügt gerade diese Gruppe sehr oft über technische und manuelle Fähigkeiten, die mit einem Selektionssystem der vollschulischen Ausbildung durch alle Maschen fallen. Ich habe in meinem Beruf in den letzten mehr als 20 Jahren nicht wenige Leute kennengelernt, die eine hohe Präzision und ein gutes Gespür für praktische Fragen aufweisen, die aber keinen korrekten Satz auf die Linie bringen können. Kein Abschluss ohne Anschluss Das Berufsbildungssystem hat sich enorm entwickelt. Die vielen positiven Veränderungen sind leider viel zu wenig bekannt. Bewusst wurde mir dies erst, seit ich mit der Einführung der Berufsausstellung Fiutscher im Jahre 2010 regelmässig die Gelegenheit erhalte, mit Eltern, Grosseltern, Tanten und Onkeln der Berufssuchenden zu sprechen. Das heutige karriereorientierte System ist nicht mehr zu vergleichen mit jenem, welches die früheren Generationen noch selber erlebt haben und in den Köpfen haften geblieben ist. Viel zu wenig bekannt ist aus meiner Erfahrung das Grundprinzip unseres Berufsbildungssystems: «Kein Abschluss ohne Anschluss». Wer eine Berufslehre wählt, kann während oder nach der Lehre die Berufsmaturität absolvieren, die einen prüfungsfreien Zugang zur Fachhochschule FH (Tertiär A) erlaubt. Oder wer eine Berufslehre abgeschlossen hat, kann sich später ohne Matur berufsbegleitend in der Höheren Berufsbildung (Tertiär B) spezialisieren. Es gibt mittlerweile rund 450 eidgenössisch anerkannte Abschlüsse der Höheren Berufsbildung HBB mit drei Stufen: der Höheren Fachschule HF, der Berufsprüfung BP und der sehr anspruchsvol-

len Höheren Fachprüfung HFP, früher Meisterprüfung. Die HBB-Absolventen sind in der Berufspraxis sehr häufig die Teamchefs, die Techniker, die tragenden mittleren Kader. In der KMU-Wirtschaft sind sie nicht selten Betriebsinhaber. Der Forstwart lässt sich nach bestandener Lehre zum Seilkraneinsatzleiter ausbilden, die er über spezielle Module wie Instruktionsmethodik oder Seilbahnkranbau erlernen kann, um sich anschliessend in der ibW (Försterschule Maienfeld) zum Förster HF ausbilden zu lassen. Mit dieser Weiterbildung wird die Aufnahme eines Bachelorstudiums möglich, mit dessen Abschluss der einstmalige Forstwartlernende in der Lage ist, das Ökosystem Wald auf nationaler und internationaler Ebene naturverträglich zu managen oder ein Masterstudium anzuschliessen. Diese Beispiele lassen sich beliebig vermehren. Wer ursprünglich Heizungsmonteur oder Spengler gelernt hat, macht heute mit HBB eine Spezialisierung in Solar-, Wärmepumpen- oder Sensortech-

Jürg Michel an Fiutscher.

(Bild: J. Michel)

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nik oder wird zum Gebäudeautomatiker auf einem Niveau, das einem ausländischen Ingenieurstudium gleichwertig ist. Wer eine kaufmännische Lehre absolviert hat, spezialisiert sich in Rechnungswesen, Marketing oder Wirtschaftsinformatik auf einem Kompetenzniveau eines Uni-Bachelors aus dem Ausland. In der ganzen Wirtschaft wird die digitale Revolution bei uns besser bewältigt, weil auch 30oder 40-Jährige über die Höhere Berufsbildung das neuste digitale Kompetenzniveau erwerben. Die Schweizer Wirtschaft würde zusammenbrechen ohne diese hoch qualifizierten Leistungsträger. Es sind Leistungsträger, die regelmässig mit einer Lehre ihre Karriere eingeleitet haben. Volkswirtschaftlich matchentscheidend für Erfolg Die Schweiz wird im ureigensten Interesse auch in Zukunft gut daran tun, die Berufsbildung stark zu fördern. Die volkswirtschaftlichen Vorzüge dieses Systems sind eklatant. Sie hängen nicht nur damit zusammen, dass die Arbeitslosenzahlen selbst unter Covid-Verhältnissen im Vergleich zum Ausland sehr tief sind. Wer etwas genauer analysiert, stellt fest, dass alle Eckgrössen, die zum Reichtum unseres Landes beitragen, in direktem Zusammenhang mit der Berufsbildung stehen, etwa die hohe Produktivität, die relativ günstigen Lohnstückkosten und die hohe Arbeitsqualität. Ginge es nämlich nach der Lehrbuchökonomie, wäre die Schweiz – gerade wegen der hohen Löhne – international kaum konkurrenzfähig. Weil wir aber dank der Berufsbildung massgeschneiderte Lösungen, hochstehende Qualität und Nischenprodukte anbieten, können wir für unsere Produkte höhere Preise erzielen und mit Erfolg exportieren. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft wird weit mehr von der Berufsbildung als von der akademischen Bildung geprägt, so auch die Swissness in der Arbeitsqualität, die für die Exportfähigkeit entscheidend ist. Jürg Michel ist Direktor des Bündner Gewerbeverbands

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Unkompliziert und informativ Alle zwei Jahre wird es in der Stadthalle in Chur Mitte November laut. Wenn geschweisst, gehobelt, gelötet, geschnitten, gemauert, gefräst oder gezöpfelt wird, ist Fiutscher-Time. Und 2020? Die vom Bündner Gewerbeverband (BGV) organisierte Berufsausstellung soll vom 11. bis 15. November 2020 zum sechsten Mal stattfinden. Sie zeigt mehr als 300 Berufe der Grundbildung und Weiterbildung. Zielpublikum der Ausstellung sind in erster Linie Jugendliche, die vor der Berufswahl stehen. Aussteller sind meist Organisationen der Arbeitswelt (OdA). Lernende und Ausbildner demonstrieren in ihren Berufskleidern, worauf es im Beruf ankommt, geben Tipps und stehen für Fragen zur Verfügung. Der unkomplizierte Umgang mit den Besuchern gehört zu den Highlights der Ausstellung. Während der Banker chic in Schale auftritt, präsentiert sich der Forstwart in seinem lässigen und funktionellen Overall. Fiutscher zeigt die Vielfalt der Berufsbildung und die Karrierechancen auf. Die Ausstellung bietet auch Weiterbildungsinteressierten ein grosses Spektrum an. Die meisten Institutionen, die in Graubünden Weiterbildungen anbieten, sind an Fiutscher präsent. Ob sie wegen Corona durchgeführt werden kann, entscheidet sich spätestens am 1. September 2020.


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ibW Höhere Fachschule Südost­­ schweiz, Bildungszentrum Wald Die ibW Höhere Fachschule Südostschweiz feiert dieses Jahr das 30-Jahr-Jubiläum. Seit ihrer Gründung hat sie sich im ausseruniversitären Bereich zur grössten Anbieterin für eidgenössisch anerkannte Aus- und Weiterbildungslehrgänge in der Süd­ ostschweiz entwickelt. Neben über 550 Dozierenden sind zahlreiche Arbeitnehmer- und Arbeitgeber­ organisationen in die Schule eingebunden. Zur Träger­ schaft gehört auch die Stiftung «Interkantonale Försterschule Maienfeld». In deren Auftrag bildet die ibW im Bildungszentrum Wald Maienfeld Forstfachleute aus. Beat Philipp

Als die ibW 1990 gegründet wurde, war die Idee, die berufliche Aus- und Weiterbildung, welche in der Region zerstückelt und wenig organisiert war, unter einem gemeinsamen Dach professionell aufzubauen. Kanton, Verbände, Gewerkschaften und die Gewerbliche Berufsschule Chur bündelten ihre Kräfte und legten den Grundstein für das damalige Institut für berufliche Weiterbildung, die ibW. Damit begann eine einzigartige Erfolgsgeschichte in Graubünden bzw. in der Südostschweiz – die ibW Höhere Fachschule Südostschweiz ist heute die grösste Anbieterin von Erwachsenenbildung im ausseruniversitären Bereich in der Region Südostschweiz. Seit 2008 gehört auch die Stiftung Interkantonale Försterschule Maienfeld (IFM) zur Trägerschaft. Seither ist auch das Bildungszentrum Wald Maienfeld (BZWM), wo schon vorher während vier Jahrzehnten Förster ausgebildet wurden, Teil der ibW. Umfangreiches Weiterbildungsangebot in sechs Teilschulen In enger Partnerschaft mit Verbänden, Organisatio­ nen der Arbeitswelt und der öffentlichen Hand entwickelte sich die ibW von der einstigen Weiterbildungsschule für gewerbliche und technische

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Ausbildungen in 30 Jahren zu einer umfassenden Weiterbildungsschule mit den inzwischen sechs Teilschulen Wirtschaft, Technik & Informatik, Holz, Bau & Energie, Schule für Gestaltung, Wald sowie Sprachen, Didaktik & Lifestyle (Abbildung 1). An den heutigen Schulstandorten Chur (Gürtelstrasse und Sommeraustrasse), Maienfeld (Bildungszen­ trum Wald, Technologiezentrum sowie altes Rathaus), Sargans und Ziegelbrücke wird ein umfassendes und sich stets den veränderten Bedürfnissen der Wirtschaft angepasstes Weiterbildungsangebot gepflegt und entwickelt. Die ibW Höhere Fachschule Südostschweiz umfasst heute über 30 Abteilungen mit mehr als 100 verschiedenen, eidgenössisch anerkannten Angeboten. Den Studierenden stehen über 550 Dozierende zur Verfügung, die mit wenigen Ausnahmen alle im Nebenamt arbeiten. Damit ist der Bezug zur Praxis jederzeit sichergestellt; die Dozierenden sind in der Lage, auf die Anforderungen in der Wirtschaft sofort zu reagieren. Überzeugendes Engagement für Wald und Holz Die ibW engagiert sich für Wald und Holz aus der Überzeugung, dass der Wald- und Holzwirtschaft die Zukunft gehört. Immer mehr Menschen erken-


Wirtschaft

Technik & Informatik

Holz, Bau & Energie

Schule für Gestaltung

Wald

Spachen, Didaktik & Lifestyle

Unternehmensführung

Autotechnik

Architektur & Ingenieurbau

Produktdesign

Förster/in HF

Berufsbildnerkurse

Elektroinstallation

Baupoliere

Innenarchitektur

Seilkrantechnik

Coiffeure

Elektrotechnik

Energieberatung

Interior Design

Fachkurse

HR & Administration

Gebäudetechnik

Holzbau

Kommunikationsdesign

Marketing & Verkauf

Informatik

Schreiner

Kurse für Gestaltung

Kommunikation

Nachdiplomstudien

Betriebswirtschaft Kaufmännische Bildungsgänge Logistik & Verwaltung

Treuhand & Rechnungswesen

Deutsch für Fremd-sprachige (KIGA-Kurse) Didaktik & Dozentenweiterbildung Sprachen

Systemtechnik

Immobilien Banking SozialVersicherung Privatversicherung Seminare

Abbildung 1: Die sechs Teilschulen.

nen den Wert unserer intakten Wälder als natur­ naher Lebens- und Erholungsraum und als unver­ zichtbarer Schutz vor Naturereignissen wie Lawinen, Steinschlag und Murgängen, welche un­ sere Siedlungsgebiete und Verkehrswege bedro­ hen. In der Waldwirtschaft ist nicht zuletzt deshalb ein Strukturwandel in Gang gesetzt worden, um den steigenden Ansprüchen an die Waldpflege und -nutzung mit professionell und effizient orga­ nisierten Forstbetrieben gerecht zu werden. Mo­ derne Forstbetriebe sind mehr denn je auf allen Stufen auf gut ausgebildetes Personal angewiesen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass praxis­ orientierte Fachleute der Wald- und Holzwirtschaft sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Das Angebot (Abbildung 2) der Schule Wald rich­ tet sich an Forstwarte und Forstwartinnen, welche Freude an ihrer Arbeit im Wald und in der freien

(Bild: ibW)

Natur haben, aber mehr Führungsverantwortung übernehmen möchten, und an aufstrebende jun­ ge Forstleute, welche das Zusammenspiel von ­solidem Handwerk und modernster Technik bei der Waldbewirtschaftung lieben und bei der Ausfüh­ rung dieser anspruchsvollen Arbeiten eine leitende Funktion übernehmen wollen. Im ibW-Bildungs­ zentrum Wald Maienfeld können sich Forstwartin­ nen und Forstwarte zum/zur dipl. Förster/-in HF weiterbilden oder in den Vorbereitungslehrgängen für eidgenössische Berufsprüfungen als Forst­ wartvorarbeiter/-in, Seilkraneinsatzleiter/-in oder Forstmaschinenführer/-in mit eidg. FA ausbilden lassen. Ergänzt wird dieses Angebot mit dem Zer­ tifikatslehrgang Forstwartgruppenleiter/-in sowie mit diversen Fachkursen. Dazu gehören auch über­ betriebliche Kurse (üK) zu den Themen Waldpflege und Ökologie, forstliches Bauwesen und Seilkran­

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mit eidg. Fachausweis

Forstwartgruppenleiter (5)

Dipl. Förster/-in HF

Bachelor in Waldwissenschaften

Bachelor in Umweltnaturwissenschaften

Höhere Fachschule HF

Fachhochschule HAFL, Zollikofen

Eidg. Technische Hochschule ETH mit Vorstudienpraktikum

Forstmaschinenführer/-in

mit eidg. Fachausweis

Seilkraneinsatzleiter/-in

Matura

mit eidg. Fachausweis

Forstpraktiker/-in EBA Grundbildung zweijährige Lehre

(1) (2) (3) (4) (5)

Berufsmatura

Forstwart/-in EFZ Grundbildung dreijährige Lehre

1. Bildungsweg

ForstwartVorarbeiter/-in

Ranger/-in (4)

Master in Umweltnaturwissenschaften (2)

2. Bildungsweg

Waldpädagoge/-in (3)

Master in Life Science (1)

Master in Life Sciences – Agrar und Waldwissenschaften Master un Umweltnaturwissenschaften, Vertiefung Wald- und Landwirtschaftsmanagement Zertifikatslehrgang «Naturbezogene Umweltbildung» SILVIVA/ZHAW Ranger/-in Diplom BZW Lyss Forstwart-Gruppenleiter mit Zertifikat ibW

Abbildung 2: Das ibW-BZWM deckt alle forstlichen Bildungsstufen von der Lehre bis zu höheren Fachschulen ab.

technik, welche im Rahmen der Forstwartausbil­ dung absolviert werden müssen. Schweizerisches Kompetenzzentrum für Seilkrantechnik Das BZWM verfügt über eine lange Seilkrantradi­ tion (Abbildung 3). Es hat sich in seiner über fünf­ zigjährigen Geschichte in der Schweiz und im Ausland einen Namen als Kompetenzzentrum für Seilkrantechnik gemacht und ist auch heute noch massgeblich an der Entwicklung der Holzernte im nicht befahrbaren Gelände beteiligt. Als das schweizerischen Kompetenzzentrum ist das BZWM für die Seilkranausbildung von Forstwart­lernenden, Forstwartvorarbeitern, Seilkraneinsatzleitern und

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(Bild: www.codoc.ch )

Förstern aus der ganzen Schweiz zuständig. Es bietet auch Beratung für Waldeigentümer, Förster, kantonale Forstdienste, Forstbetriebe und Forstun­ ternehmer bei Fragen der Holzerntetechnik im Ge­ birgswald an. Mit einem Team von qualifizierten und erfahrenen Seilkranlehrkräften aus der Praxis können kompetente Auskünfte gewährleistet wer­ den. Für die praktischen Schulungen im Bereich der Seilkrantechnik steht dem BZWM zudem ein Maschinenpark mit eigenen modernen Seilkran­ anlagen zur Verfügung, welcher vom Leiter Werk­ statt instand gehalten wird. Die Seilkrankurse stossen in der Praxis auf ein gutes Echo. So besuchten die meisten Absolventen, wel­ che bisher den Lehrgang zum Seilkraneinsatzleiter


Abbildung 3: Seilkrantechnik hat im BZWM eine lange Tradition.

absolvierten, diese Weiterbildung auf Wunsch ih­ rer Arbeitgeber. Sie sind nach der Erlangung des Fachausweises die technischen Spezialisten, wel­ chen von der Projektierung über die Organisation und die operative Leitung des Arbeitseinsatzes bis zur Evaluation der ausgeführten Arbeiten sämtli­ che leitenden Aufgaben bei der Holzbringung mit dem Seilkran übertragen werden können. Fachstellen für Gebirgswaldpflege und für forstliche Bautechnik von nationaler Bedeutung Nebst dem in langer Tradition entstandenen Kompetenzzentrum Seilkrantechnik sind im BZWM auch die Fachstelle für Gebirgswaldpflege

(Bild: ibW)

(www.gebirgswald.ch) und die Fachstelle für forst­ liche Bautechnik (www.fobatec.ch) angesiedelt, welche beide durch den Bund, die Kantone sowie das Fürstentum Liechtenstein eingesetzt wurden und finanziert werden. Die Schweizerische Fachstelle für Gebirgswald­ pflege unterstützt und berät Förster und Forstin­ genieure bei der Bearbeitung waldbaulicher Pro­ bleme im Gebirgswald. Sie fördert den Austausch zwischen Forschung, Lehre und Praxis und infor­ miert die Öffentlichkeit über die Funktion und Be­ deutung des Schutzwaldes. Die Fachstelle arbeitet eng mit der Schweizerischen Gebirgswaldpflege­ gruppe (GWG) zusammen. Ein Beispiel dafür ist

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die Begleitung der Weiserflächen im Bannwald von Ritzingen, der von Forst Goms, dem Träger des Binding Waldpreises 2013, bewirtschaftet wird. Die Schweizerische Fachstelle für forstliche Bautechnik der beiden Bildungszentren Wald in Maienfeld und Lyss befasst sich mit aktuellen Entwicklungen in der forstlichen Bautechnik. Erfahrungswissen aus der Praxis wird dokumentiert und aufbereitet der Lehre und Berufswelt zur Verfügung gestellt. Vernetzung und Austausch unter den Akteuren Waldbesitzer, Forstbetriebe, Forstund Bauunternehmen, Ingenieurbüros und Forstdienst, aber auch Forschung und Lehre werden durch gemeinsam erarbeitete und durchgeführte Weiterbildungsangebote gefördert. Die strategischen Vorgaben erfolgen durch eine Begleitgruppe aus Bundes- und Kantonsvertretern sowie Berufsleuten aus der Privatwirtschaft. Die Adresse für kompetente forstliche Weiterbildung Dass das ibW-BZWM mehr denn je eine Adresse für kompetente forstliche Weiterbildung ist, zeigen mehrere internationale Anlässe und Besucher, welche in den letzten Jahren im BZWM begrüsst werden durften. Zum Beispiel der Fachausschuss Forstmaschinen des deutschen Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF), das Southern European Regional Meeting des internationalen Vereins von Forststudenten oder das Governing Council Meeting 2019 der Union of European Foresters (UEF), dem Europäischen Forstverein. Durch die Integration des BZWM in die ibW und mit der Präsenz der beiden Fachstellen hat sich in Maienfeld eine Konstellation ergeben, welche seinesgleichen sucht. Die Kombination von forstlichem Fachwissen in der Schule Wald mit den vielfältigen Kompetenzen der übrigen Teilschulen birgt überraschende Möglichkeiten. Wo sonst kann zum Beispiel einfach ein Dozent der Schule für Gestaltung beigezogen werden, wenn es dar-

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um geht, mit Forstleuten einen Innovationsworkshop durchzuführen? Das BZWM will diese guten Voraussetzungen nutzen, um sich für einen naturnahen Wald einzusetzen, bei welchem Flora und Fauna im ökologischen Gleichgewicht sind und welcher dank einer hohen Biodiversität in der Lage ist, die Klimaerwärmung möglichst gut zu verkraften. Das Ziel ist es, die Branche mit Forstfachleuten zu versorgen, welche die wichtigen Anliegen der Waldpflege und der Waldbewirtschaftung professionell und ungefiltert vertreten können, damit diesen Themen in der politischen Diskussion der gebührende Stellenwert zukommt. Beat Philipp ist Schulleiter Wald an der ibW


Ehemaliger Forstwartlernender Mein Name ist Philipp Hälg. Ich absolviere mit meinen 28 Jahren momentan ein Studium zum Forstingenieur an der HAFL in Zollikofen. Ich habe in Maienfeld die Lehre als Forstwart ab­ geschlossen. Zurzeit bin ich unter der Woche in Zollikofen, aber mein Wohnort ist Schaan in Liechtenstein. Ich habe meine Schulzeit in Liechtenstein ab­ solviert und dort die Maturität erlangt. Danach habe ich mich meiner grössten Leidenschaft der Bewegung gewidmet und mich professio­ nell dem Langlaufsport gewidmet und dabei auch sehr viele Orte besuchen und noch mehr Erfahrungen sammeln dürfen. Ich konnte dank meiner Leistungen auf höchster internationaler Ebene starten und auch einige Erfolge feiern. Der professionelle Sport verlangt einem sehr vieles ab und so war es 2017 an der Zeit für mich, einen neuen Lebensabschnitt zu star­ ten. Ich hatte das Glück, eine Lehrstelle beim Zweckverband Falknis in Maienfeld zu bekom­ men und so meine Freude in der Natur zu sein, weiter ausüben zu dürfen. Nach dem Lehrabschluss stellte sich für mich die Frage, was machst du weiter? Die Arbeit im Wald ist unheimlich abwechslungsreich und in­ teressant, jedoch habe ich auch sehr gute schulische Voraussetzungen und bin auch sehr rastlos in gewissen Bereichen meines Lebens. So habe ich mich dafür entschieden, eine wei­ tere Ausbildung zu machen und das Studium zum Forstingenieur zu absolvieren. Dieses Stu­ dium dauert im Idealfall drei Jahre und mein Studienbeginn war im September 2019. Mo­ mentan fehlt mir die Arbeit im Wald, jedoch ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, in der Freizeit dieser Arbeit nachzugehen. Im Studium lernt man auch wieder neue An­ sichten auf den Wald und meine Forstwartlehre hilft mir jeden Tag, gewisse Inhalte zu verste­ hen und einzuordnen. Da meine Leidenschaft auch die Bewegung in der freien Natur ist, ist

mein Ziel, eine Arbeitsstelle in der Forstwirt­ schaft oder im Naturgefahrenmanagement zu finden, in welcher ich auch einen grossen Anteil draussen in der Natur arbeiten kann und etwas bewirken. Der Weg dorthin ist noch ein Stück entfernt und vielleicht werfen sich auch noch ein paar Hindernisse in den Weg. Jedoch habe ich auf meinem Weg bis hier auch schon einige Male wieder aufstehen müssen, weil ich total auf die Nase gefallen bin, jedoch werde ich auch weiterhin immer versuchen aufzustehen. Philipp Hälg

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«Wer die Zusammenhänge verstehen will, ist hier richtig» Martin Feusi aus Maienfeld ist gelernter Forstwart, der nun wieder die Schulbank drückt. Er studiert an der Hochschule für Agrar-, Forstund Lebensmittelwissenschaften HAFL in Bern Waldwissenschaften. «Sein Wissen über Natur und Wald zu vertiefen, macht schon Spass», sagt der 25-Jährige. Interview mit Anke Schütze Text und Redaktion von Christoph Kummer

Du hast eine abgeschlossene Lehre als Forstwart in der Tasche. Was hat dich dazu bewogen, noch einen Schritt weiterzugehen und ein Studium der Waldwissenschaften an der HAFL zu machen? Naturereignisse wie Lawinen und Hochwasser haben mich schon immer fasziniert, ebenso der Wald an sich. Ich erfuhr, dass die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften ein Forststudium mit Vertiefung Gebirgswald und Naturgefahren anbietet. Ich fand das sehr spannend und den Zeitpunkt günstig, da ich jung bin und noch bei den Eltern wohne. Wie anstrengend war es für dich, wieder die Schulbank zu drücken? Ich musste als Voraussetzung die Berufsmaturitätsschule absolvieren, was schon eine Herausforderung war. Aber es ging gut. Und auch im Studium ist bisher alles rund gelaufen. Hast du als gelernter Forstwart Vorteile gegenüber anderen Studierenden? Ich denke schon. Spätestens im 2. Jahr werden sehr forstspezifische Themen behandelt. Und wenn man bereits als Forstwart gearbeitet hat,

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kann man sich Konkretes darunter vorstellen. Zum Beispiel die Holzernte mit Seilkran oder Helikopter: Das habe ich ein paar Jahre lang gemacht. Man weiss halt, worum es geht, kann Theorie von Praxis unterscheiden, denn oftmals klingt etwas in der Theorie einfach, ist dann aber im Wald eine ganz andere Geschichte. Siehst du auch Nachteile zu den Studierenden ohne Berufserfahrung, insbesondere solchen, die direkt vom Gymnasium an die HAFL gekommen sind? Ja, sich an den schulischen Alltag zu gewöhnen, war teilweise anstrengend. Bei bestimmten Fächern, Mathematik oder Chemie etwa, haben Gymnasiasten viel mehr Erfahrung. Aber ich erhielt auch Hilfe von Mitstudierenden und der Austausch ist sehr gut. Habt ihr einen guten Zusammenhalt? Ja, wir sind ein gutes Grüppchen, 6 bis 7 Leute, die sich gegenseitig helfen. Einer hat hier, ein anderer dort etwas mehr Ahnung. Was ist denn dein Lieblingsfach? Von denen, die ich bislang abgeschlossen habe, ist es Geologie. Das war sehr spannend. Wald­ recht fand ich aber auch interessant, da wir viele Beispiele aus der Praxis erhielten. Oder das Fach Gebirgswald im 2. Jahr – das war durch die vielen Bilder, Exkursionen und Beispiele sehr lebhaft gestaltet. Du bist nun fünf Tage pro Woche an der HAFL. Wie beurteilst du das Verhältnis Hörsaal und Praxis im Wald? Ich finde es recht ausgewogen. Dort, wo es Sinn macht, sind wir viel draussen. Man sieht dann gleich, was Sache ist. Das gilt vor allem fürs 2. Studienjahr. Im ersten Jahr gibt es nicht viele Exkursionen, da man oft Unterricht von Grundlagenfächern hat.


Momentan wohnst du auf dem Campus der HAFL. Wie muss man sich das Leben dort vorstellen? Ich finde es sehr cool. Es hat den Vorteil, dass man zeitlich weniger gebunden ist und Arbeiten auch mal am Abend weiterführen kann. Und auch was die Menschen und die Umgebung betrifft, passt es. Man kann hier Sport machen, ein Bier trinken gehen oder mal nach Bern in den Ausgang. Mittags essen wir jeweils in der Mensa und abends kochen wir selbst. Was fehlt dir am meisten, wenn du in Bern bist? Das ganze Umfeld – Freundin, Freunde, Familie, aber es ist nicht schlimm, weil ich immer am Wochenende zu Hause bin. Ich reise meistens am Sonntag oder Montag nach Bern und freitags gehe ich zurück nach Graubünden. Und wie gefällt dir das Mittelland und Bern? Bern ist wirklich eine tolle Stadt. Man kann viel machen: An der Aare sitzen, an ein Eishockeyspiel gehen oder die Altstadt besuchen. Die Menschen hier sind freundlich und locker drauf. Wir haben sowohl in Zollikofen als auch in Bern Unterricht – das gefällt mir, da man in Bern besser einkaufen gehen oder etwas mit Freunden unternehmen kann. Was würdest du deinen Forstwartkollegen, die sich überlegen, ebenfalls an der HAFL zu studieren, für Ratschläge geben? Sie sollten sich bewusst sein, dass die Berufsmaturität als Voraussetzung nötig ist, diese dauert ein Jahr. Durch ein Studium wird das Leben schon auf den Kopf gestellt. Man hat nicht immer um 17 oder 18 Uhr Feierabend, und muss oftmals auch am Wochenende arbeiten oder lernen. Und wenn man aus dem Bündnerland kommt, ist man unter der Woche weg von zu

Egal ob Forstwart oder Student: für Martin Feusi ist der Wald immer noch im Mittelpunkt. (Bild: M. Feusi)

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Hause, und das für mindestens drei Jahre. Man muss sich fragen, ob man der richtige Typ dafür ist. Aber das Studium ist super. Wer die Zusam­ menhänge in der Natur und speziell im Wald besser verstehen will, der erhält hier ein vertief­ tes Wissen. Das ist schon sehr cool. Aber der Job wird dann schon ein anderer sein. Kannst du dir vorstellen, dereinst mit Stift statt mit Motorsäge durch den Wald zu laufen? Ich denke, dass es darauf ankommt. Die beruf­ lichen Perspektiven sind vielfältig. Natürlich arbeite ich immer noch gerne mit der Motor­ säge, aber das kann ich ja weiterhin nebenbei oder während der Ferien machen.

schweiz arbeiten. Hier ist mein Lebensmittel­ punkt. Was den Job selbst betrifft, habe ich noch nicht so klare Vorstellungen. Es wird ir­ gendetwas im Forstingenieurbereich sein. Ich weiss nicht, ob ich gleich am Anfang meinen Traumjob finden werde, aber mit der Zeit be­ stimmt. Wenn es menschlich passt, dann ist man im Forstbereich schnell in einem neuen Team integriert. Anke Schütze ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BHF-HAFL Christoph Kummer ist PR Redaktor an der BFH-HAFL

Hast du denn ein konkretes Berufsziel? Am liebsten möchte ich schon wieder im Kan­ ton Graubünden oder zumindest in der Ost­

BFH-HAFL – das einzige Vollstudium in Waldwissenschaften Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen ist ein Departement der Berner Fachhochschule BFH. Die Hoch­ schule vor den Toren Berns zählt über 900 Studierende, Dozierende und Mitarbeitende. Mit steigenden Studieren­ denzahlen ist in Zollikofen über die Jahre ein Campus mit ausgezeichneter Infra­ struktur entstanden. Nachhaltigkeit ist für die BFH-HAFL mehr als ein Modewort, sie bildet die Basis des Studiums, der For­ schung und der Dienstleistungsprojekte. Der Bachelor an der BFH-HAFL ist in der Schweiz das einzige Vollstudium in Waldwissenschaften. Neben fundierten

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theoretischen Grundlagen erwerben die Studierenden das Wissen in unmittelba­ rem Bezug zur Praxis, zum Beispiel auf Exkursionen in der ganzen Schweiz, bei Fallstudien und während ihrer schriftlichen Arbeiten. Das bringt viel Abwechslung, Erfahrung fürs Berufsleben und eine hohe Akzeptanz bei den möglichen Arbeitge­ bern. Drei Vertiefungen stehen zur Auswahl: «Wald und Gesellschaft», «Gebirgswald und Naturgefahren» sowie «Wald und Holzwirtschaft». Internet


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Forstwartausbildung in Zukunft Der Forstwart, welcher mit der Motorsäge im Wald steht, den brauchte es in der Vergangenheit, es braucht ihn heute und es wird ihn sicherlich auch in der Zukunft brauchen. Flurin Guidon

Die schnelle Veränderung der Waldarbeit Wenn wir die Zeit der vergangenen 20 Jahre im Wald analysieren, stellen wir fest, welch enorme Entwicklung die Waldarbeit geprägt hat. Die Arbeit im einfachen wie auch im schwierigen Gelän-

Besuchstag üK-A im November 2019 in Scuol.

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(Bild: F. Guidon, AWN)

de wurde durch moderne Technik extrem erleichtert. Klar ist, dass der Mechanisierungsprozess im Wald viele Jahre gedauert hat. Einerseits sind 20 Jahre für unser Empfinden eine sehr lange Zeit. Vergleichen wir aber diese 20 Jahre mit dem Gebirgswald, so müssen wir feststellen, dass diese Jahre andererseits nur ein kleiner Teil einer gesamten Umtriebszeit darstellt. Die grossen Veränderungen in der Technik stellen die Grundausbildung immer wieder vor grosse Herausforderungen. Viele handwerkliche Arbeiten von früher werden heute durch Maschinen ausgeführt. Teilweise wird auch nicht mehr grossen Wert darauf gelegt, ob zum Beispiel ein Stamm sauber mit der Motorsäge geastet wird. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass es den einfachen Forstwart mit der Motorsäge auch in Zukunft brauchen wird. Unser Ziel in der Grundausbildung lautet einfach formuliert: «Der ausgelernte Forstwart soll mit dem Erlangen seines Di­ploms eine solide Grundausbildung genossen haben, auf der er auch in Zukunft aufbauen und sich spezialisieren kann.» Wir sitzen alle im selben Boot Die Verordnung über die berufliche Grundausbildung Forstwart EFZ, wurde in den letzten drei Jahren revidiert. Jeder Berufsverband, in dem auch Lehrmeister und Betriebsleiter Einsitz haben, hatte die Gelegenheit, inhaltlich am Aufbau der neuen Bildungsverordnung teilzunehmen. Die neue Bildungsverordnung trat am 1. Januar 2020 in Kraft und ist für die Lernenden mit Lehrbeginn 2020 relevant. Das Resultat dieser revidierten Verordnung ist ein ideales Instrument für die Gestaltung einer vielseitigen Grundausbildung.


Instruktion am Objekt im Baukurs 2019 in Valsot.

Die Verschiedenheit der forstlichen Arbeiten in ­unserem Kanton sind enorm gross und mit kaum einem anderen Kanton der Schweiz zu vergleichen. So finden wir einerseits Orte im Churer Rheintal, an welchen die voll mechanisierte Holzernte perfekt umgesetzt werden kann, andererseits gibt es viele Orte in höheren Lagen, an denen nach wie vor die motormanuelle Holzernte das Bestverfahren darstellt. Ebenfalls pflegen wir subalpine Lärchenwälder im Gegensatz zu verschiedenen Laubmischwäldern in der collinen Stufe. All diesen unterschiedlichen Ansprüchen aus verschiedensten Regionen und Höhenlagen muss die Ausbildung in den überbetrieblichen Kursen, im Lehrbetrieb und in den Gewerbeschulen gerecht werden. Die Lehrbetriebe leisten enormen Aufwand, um den Lernenden möglichst viele Einblicke in die verschiedensten Arbeiten eines Forst-

(Bild: F. Guidon, AWN)

warts zu geben. Ist dies im eigenen Betrieb nicht möglich, wird häufig mit einem Nachbar- oder sogar Austauschbetrieb im Unterland zusammengearbeitet. Dazu kommt das theoretische Hintergrundwissen, welches an unseren Berufsschulen in Samedan oder Chur den Lernenden detailliert vermittelt wird. Für die allgemeine Basis der praktischen Arbeiten werden die Lernenden in den überbetrieblichen Kursen fachmännisch betreut und sicher in die jeweiligen Arbeiten eingeführt. Die Objekte, an denen man die Lernenden in die bestimmten Arbeiten einführt, können sehr unterschiedlich sein. Leider sind sie auch nicht immer optimal. Dies hängt davon ab, in welcher Region die Kurse durchgeführt werden. Die Zugänglichkeit zu optimalen Kursobjekten ist sehr schwierig, dies wird sich auch in Zukunft leider kaum ändern.

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Digital in den forstlichen Alltag Eine viel raschere Entwicklung als in der Mechanisierung in unseren Wäldern, erleben wir in der Digitalisierung in unserem alltäglichen Leben. So schrieb man vor zwei drei Jahren jeden Abend von Hand die ausgeführten Arbeiten mühsam auf den Stundenrapport. Heute kann der Rapport bereits

auf der Fahrt zurück zum Werkhof auf dem eigenen Smartphone ausgefüllt werden. Um eine Seillinie im Wald abzustecken, benutzt der eine Förster immer noch den bereits schon fast nostalgischen Wyssenkompass, der digitale Förster steht mit seinem hochmodernen kompakten Vertexgerät im Wald, welches per GPS nebst der Seillinie ebenfalls die gewünschten Sattelbäume und Anker aufnimmt. In der Grundausbildung wird der Lernende vor allem in der Berufsschule mit der Digitalisierung konfrontiert. Die Meinungen über die verschiedenen digitalen Lernformen gehen stark auseinander. Fakt ist jedoch, dass der Umgang mit den digitalen Geräten, sei es in der Schule oder im privaten Leben, immer wichtiger wird, wenn man am Ball bleiben möchte. Gerade in aussergewöhnlichen Situationen, wie wir dies bei der Coronapandemie erlebt haben, ist der digitale Schulunterricht ein riesiger Vorteil für unsere Lernenden. Wenn alle ihre Hausaufgaben erfüllen Über den enormen Aufwand, Lernende gut auszubilden, sind wir uns alle bewusst. So überwiegen vor allem die schönen Momente, wenn man gut ausgebildete Berufsleute aus der Lehrzeit in die Arbeitswelt entlassen darf. Man freut sich wieder, wenn man voller Elan einem interessierten Schulabgänger das besondere und vielseitige Handwerk eines Forstwarts lehren darf. Den stolzen Forstwart zu sehen, welcher soeben sein Diplom in die Hand überreicht bekommt, ist meist eine grosse Entschädigung für viele harte Ausbildungsstunden im Betrieb, in den überbetrieblichen Kursen und in der Berufsschule. Ich bin überzeugt, wenn wir alle weiterhin brav unsere Hausaufgaben erledigen und gegenüber neuen Techniken und Methoden offenbleiben, werden wir weiterhin unseren Lernenden eine interessante, gute und solide Grundausbildung anbieten können.

Heckenpflege im Ökologiekurs im November 2019

Flurin Guidon ist Ausbildungsbeauftragter im Kanton

in Tamins.

Graubünden (AWN)

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(Bild: F. Guidon, AWN)


Lehrabgänger 2020 Mein Name ist Samuel Disch, ich bin 26 Jahre alt. Ich mache meine Forstwartausbildung in der Gemeinde Sumvitg in der Surselva. Ich wohne mit meiner Freundin in Rabius, von wo aus ich zu Fuss zur Arbeit gehen kann. Ich habe meine Ausbildung im Jahr 2017 angefangen und konnte diese im Juni erfolgreich abschliessen. Ich freue mich auch künftig darauf, in der Natur immer wieder Neues zu lernen und zu entdecken. Ich komme aus Schwändi im Kanton Glarus und bin in der Kindheit und Jugend mit Freunden und Familie gerne in der Natur gewesen. Als ich in die Oberstufe kam, sind wir nach Churwalden gezogen. Dort habe ich die obligatorische Schule abgeschlossen. Damals wusste ich noch nicht, wohin mit mir und ich habe mehrere Schnupperlehren auf verschieden Berufen gemacht. Ich habe mich dann für eine Ausbildung als Maler entschieden und habe eine Lehrstelle bekommen. Bald habe ich gemerkt, dass ich diesen Beruf nicht über längere Zeit ausüben möchte. Aber ich habe die Ausbildung abgeschlossen. Danach habe ich auf verschiedenen Berufen temporär gearbeitet und die Rekrutenschule gemacht; das alles hat meinen Horizont erweitert und mich viele Dinge gelernt. In meiner Freizeit habe ich immer mehr mit Holz gearbeitet oder meine Zeit in der Natur verbracht. So bin ich dann auf den Beruf des Forstwarts gekommen, habe an verschiedenen Orten Schnupperlehren absolviert und bekam beim Revierforstamt Sumvitg die Gelegenheit, die Lehre zu beginnen. Bei der zweiten Lehre ist es anders als bei der ersten, man weiss besser, worauf man achten muss und ist motivierter. So fällt einem das Lernen einfacher und macht mehr Spass. Man ist selbstständiger und kann andere Herausforderungen annehmen. An diesem Beruf gefallen mir vor allem die abwechslungsreichen Tätigkeiten. Ob man bei der Holzernte Bäume fällt,

die zehnmal so viele Jahre auf dem Buckel haben wie man selbst, versucht den besten Standort für kleine Bäume zu finden, dass sie auch mal so alt werden können, oder man verwendet das Holz, welches man selber geschlagen hat, um eine Brücke zu bauen, über die man später beim Wandern geht. Rücken mit dem Helikopter, wo man den ganzen Tag auf zack ist, wenn man zwischendurch Wildtiere und deren Spuren beobachten kann und die Pausen, in denen man die Ruhe in einem abgelegen Seitental geniesst. All das und vieles mehr bereitet mir Freude und lässt mich positiv auf diese Ausbildung zurückblicken. Ich konnte mit einer guten Note abschliessen und habe den zweiten Rang im Kanton erreicht. Das macht mich Stolz und dankbar. Des Weiteren freue ich mich auf viele weitere lehrreiche Jahre. Ich möchte noch circa ein Jahr auf dem Beruf bleiben, um Arbeitserfahrungen zu sammeln und Geld zu sparen. Darauf folgend möchte ich ein langersehntes Ziel wahr machen und für ein halbes Jahr oder mehr nach Kanada gehen, um dort Land, Leute, Arbeit und natürlich die riesenhafte Natur kennenzulernen. Was danach kommt, weiss niemand, jedoch würde ich gerne wieder in den Forst zurück. Samuel Disch

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Qualifikationsverfahren Das Qualifikationsverfahren (QV) beinhaltet alle Bereiche, welche in die Abschlussnoten und damit in das Fähigkeitszeugnis der jungen Forstwarte einfliessen. Es umfasst neben den praktischen auch die schriftlichen Abschlussprüfungen in Berufskunde und im allgemeinbildenden Unterricht sowie die Erfahrungsnoten aus der Schule, dem Betrieb und den überbetrieblichen Kursen. Im Folgenden wird der rein forstliche Teil des QV genauer erläutert. Dominic Schilling

Die Abschlussprüfungen beginnen bereits Anfang März mit dem Qualifikationsbereich Holzernte. Dieser praktische Prüfungsteil dauert acht Stunden und wird als sogenannte vorgegebene Praxisarbeit (VPA) durchgeführt. Das bedeutet, dass der Prü­ fungskandidat einen Arbeitsauftrag erhält und die­ sen umsetzen muss. Geprüft werden jeweils zwei oder bei ungerader Kandidatenzahl ausnahmswei­ se auch drei Kandidaten pro Prüfungstag. Die Ler­ nenden erhalte ein Prüfungsaufgebot vom Chef­ experten Flurin Guidon (AWN), womit sie zu einer der drei Prüfungswochen an unterschiedlichen Or­ ten eingeladen werden. Je nach Klassengrösse werden auch vier Prüfungswochen benötigt, wo­ bei üblicherweise jede Woche in einem anderen Betrieb geprüft wird. 2020 fanden die Holzernte­ prüfungen in den Betrieben Chur, Cazis und Scuol statt, diesen Betrieben sei an dieser Stelle ein grosser Dank für das Gastrecht ausgesprochen. Am Prüfungstag werden die Kandidaten durch den Chefexperten, die eingeteilten Prüfungsex­ perten (PEX) sowie den Maschinisten im Werkhof empfangen. Durch den Chefexperten erhalten sie die notwendigen Informationen zum Ablauf des Prüfungstages und sie werden gefragt, ob sie sich psychisch und physisch in der Lage fühlen, die Prü­ fung abzulegen. Nachdem alles Organisatorische geklärt ist, geht es in den Holzschlag, wo die PEX übernehmen. Sie stellen sich nochmals genau vor

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und erklären den Kandidaten den Prüfungsauf­ trag. Im Prüfungsschlag ist für jeden Kandidaten ein Los abgesteckt und es steht ein Forstschlepper bereit. Die Kandidaten können sich einen Über­ blick über ihr Los verschaffen und sich vorberei­ ten. Die PEX wollen bei jedem Baum jeweils wis­ sen, welche Fällmethode angewendet wird, wie die Fällrichtung ist und wo sich der Rückzugsort befindet. Nach Bekanntgabe dieser Informationen können die Kandidaten mit der Arbeit beginnen und sind für ihr Los verantwortlich. Die Experten beobachten die Arbeiten und protokollieren den Ablauf nach einem vorgegebenen Bewertungsras­ ter. Ebenfalls sind die Kandidaten verantwortlich für das Rücken des von ihnen geschlagenen Hol­ zes, sie müssen dazu den Maschinisten entspre­ chend einsetzen. Gerückt wird im Sortimentsver­ fahren; dazu muss vorab mit dem Maschinisten die Zeichensprache vereinbart werden. Sobald das Holz am Rückeschild des Schleppers ist, hat der Kandidat seine Aufgabe erfüllt und der Maschinist übernimmt. Im Verlauf des Tages wird jeweils einer der Kandi­ daten mittels einer Postenarbeit über seine Fähig­ keiten im Seilkraneinsatz geprüft. Für diesen Fach­ bereich übernimmt ein weiterer PEX und erteilt dem Kandidaten eine vorab definierte Aufgabe, welche er innerhalb der vorgegebenen Zeit zu er­ füllen hat. Eine mögliche Aufgabe ist hier zum Bei­


spiel das Spannen eines Tragseils mit einer vorge­ gebenen Kraft und dazu noch das Erstellen eines Schlaufenspleisses als Nebenauftrag. Die Abschlussnote für den Qualifikationsbereich Holzernte entsteht aus den einfach gewichteten Noten der Holzbringung und des Seilkranpostens zusammen mit der sechsfach gewichteten Note aus der Holzerei. Da es sich bei der Holzhauerei um eine Fallnote handelt, muss dieser Tag zwingend mit einer genügenden Note abgeschlossen werden, ansonsten gilt das QV als nicht bestanden. Das Gleiche gilt für den zweiten praktischen Qualifika­ tionsbereich Waldbau und andere Forstarbeiten.

Nach der ersten praktischen Prüfung haben die Kandidaten eine Pause, um sich auf die schriftli­ chen Prüfungen Anfang Juni vorzubereiten. Dieser Qualifikationsbereich wird für alle Kandidaten an einem Tag zentral geprüft und dauert drei Stun­ den. Geprüft wird der Stoff aus dem Berufskunde­ unterricht, aufgeteilt in die Prüfungsbereiche «Ver­ jüngung und Pflege von Wald und anderen Ökosystemen», «forstliches Bauwesen», «Gesund­ heitsschutz und Arbeitssicherheit» und «Betrieb­ sorganisation». Daraus entsteht eine Abschlussno­ te, welche im Gegensatz zu den praktischen Qualifikationsbereichen keine Fallnote ist.

Erstellte Einzelschütze der Lernenden im Rahmen des zweiten praktischen Prüfungsteils 2020.

(Bild: F. Guidon, AWN)

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Direkt in der Woche nach der schriftlichen Prüfung steht den Kandidaten die letzte praktische Prüfung im Qualifikationsbereich Waldbau und andere Forst­arbeiten bevor. Diese wird jeweils zentral an einem Ort durchgeführt. Pro Tag können acht Kandidaten geprüft werden, somit kann dieser Qualifikationsbereich normalerweise mit vier Prüfungstagen abgedeckt werden. Geprüft werden acht Aufgabenbereiche mittels eines Postenlaufs, wobei pro Prüfungsteil eine ­ Stunde zur Verfügung steht. Als PEX werden normalerweise die Instruktoren der Fachbereiche aus den überbetrieblichen Kursen eingesetzt, ganz nach dem Motto wer lehrt, prüft. Tabelle 1 zeigt die acht Postenarbeiten nach Themenbereichen, inklusive der jeweiligen Notengewichtung. Es fällt sofort auf, dass der Themenbereich Verjüngung und Pflege sowie der Posten Waldpflege am stärksten gewichtet werden. Für die Endnote wird die Waldpflege 12-fach gewertet, im Vergleich wird der Zaunbau nur einfach gewertet. Wie auch beim ersten praktischen Teil werden die Kandidaten am Morgen durch den Chefexperten empfangen und über den Prüfungsablauf informiert. Nach der Vorstellung aller PEX erfolgen die Posteneinteilung und der Transport auf die Arbeitsplätze für den Prüfungsbeginn. Bei der Planung der Prüfung wird jeweils darauf geachtet,

dass sich immer zwei Arbeitsplätze in unmittelbarer Nähe zueinander befinden, somit können die Kandidaten immer in Zweiergruppen unterwegs sein. Die grösseren Verschiebungen zum Beispiel zwischen Werkhof und Pflegeflächen können so in den Pausen erfolgen. Die Notengebung an den jeweiligen Posten erfolgt nach einem vorgegebenen Bewertungsraster. Dabei ist neben der praktischen Umsetzung wie zum Beispiel beim Erstellen eines Einzelschutzes auch ein Wissensteil enthalten wie zum Beispiel bei der Bestimmung der verschiedenen Pflanzenteile und teilweise sogar ein Fachgespräch bei der Beurteilung der ökologischen Qualität einer Hecke oder eines Waldrandes. Nachdem die Kandidaten den letzten der acht Posten erfolgreich gemeistert haben, ist das Qualifikationsverfahren beendet. Sie werden durch den Chefexperten verabschiedet und erhalten wenige Tage nach dem letzten Prüfungstag ihren Prüfungsbescheid. Dominic Schilling Produktverantwortlicher Forstbetriebe und Schulung (AWN)

Themenbereich

Gewichtung

Posten

Gewichtung

Verjüngung und Pflege

4

Waldpflege

3

Artenkenntnis

1

Pflanzung

1

Hecke/Waldrand

1 1

Forstschutz

1

Einzelschutz Zaunbau

1

Einsatz Unterhalt Arbeitsmittel

2

Unterhalt Motorsäge

1

Unterhalt Werkzeug

1

Tabelle 1: Postenarbeiten nach Themenbereichen (inkl. Notengewichtung).

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Lehrabschlussfeier der Bündner und Liechtensteiner Forstwarte in Chur Mitte Juni traten 27 angehende Forstwarte aus dem Kanton Graubünden und dem Fürstentum Liechtenstein den letzten Teil ihrer Lehrabschlussprüfung in Schaan FL an. Die Prüfungen wurden vom Amt für Wald und Naturgefahren organisiert. Die traditionelle Lehrabschlussfeier, welche von Graubünden Wald organisiert wurde, fand am 26. Juni in Chur statt. Dominic Schilling

Am 26. Juni trafen sich in Chur die frischgebackenen Forstwarte zusammen mit ihren Klassenlehrern, um den erfolgreichen Lehrabschluss zu feiern. Aufgrund der Restriktionen des BAG wurde bewusst auf ein grosses Fest mit Angehörigen, Berufsbildner, Experten und Gästen verzichtet. Dennoch sollten die jungen Forstwarte für ihre Leistungen eine würdige Abschlussfeier erhalten. Die Feier im kleinen Rahmen fand im Torculum (Weinbaumuseum) von Chur statt. Nach einer kurzen Einführung wurde durch Flurin Guidon (AWN) eine Rückschau über die vergangene Lehrzeit mittels Bildern und Anekdoten aus den überbetrieblichen Kursen präsentiert. Direkt im Anschluss erfolgte die Würdigung der erfolgreichen Lehrabschlüsse sowie die Prämierung der drei besten Lehrabschlüsse durch Dominic Schilling (AWN). Unterstützt wurde er dabei durch die Berufskundelehrer der Berufsschulen Chur und Samedan sowie Cristina Fisler, Co-Präsidentin von Graubünden Wald.

Den Besten Abschluss mit der Note 5,5 teilen sich Donato Rainolter, Technische Betriebe Zernez; Silvano Vondrasek, Revierforstamt Celerina–Bever; und Flurin Wehrli, Forstamt La Punt Chamuesch. Doch es kann nur einen ersten Platz geben. Diese Ehre wurde mit den besten Resultaten in der praktischen Abschlussprüfung Holzernte Donato Rainolter zuteil. Flurin Guidon überreichte ihm feierlich die begehrte goldene Axt. Für die zweit- und drittbesten Noten gab es ebenfalls ein kleines Präsent. Diese Ehre wurde im zweiten Rang mit Note 5,4 Samuel Disch, Uffeci forestal Sumvitg, sowie im dritten Rang mit Note 5,3 Nicolas Brunies, Revierforstamt Andeer, zuteil.

Donato Rainolter mit der goldenen Axt für die beste Lehr-

Dominic Schilling Produktverantwortlicher Forstbetriebe

abschlussprüfung.

und Schulung (AWN)

(Bild: D. Schilling, AWN)

Insgesamt haben die Prüfung mit Erfolg absolviert (in alphabetischer Reihenfolge): Altstätter Franz, Safiental; Buzzetti Jonathan, Bregaglia; Caprez Dea, Scuol; Conzett Robin, Furna; Cortesi Gianluca, Chur; Dias Paiva Luca, Pontresina/Samedan; Ehrler Andrin, Crestault; Flütsch Kay, Davos; Frey Michael, Balzers FL; Gabathuler Thomas, Furna; Hartmann Andrin, Madrisa; Jenal Laurin, Flims Trin; Manetsch Marco, Mustér; Meier Philipp, Mauren FL; Moreira Flavio, S-Chanf/Zuoz; Niederberger Severin, Surses; Nufer Cla-Ursin, Tujetsch; Pedretti Noah, Chur; Pfiffner Ivo, Forstunternehmung Hemmi; Schäpper Patrick, Forstunternehmung HIFOR; Schlatter Simon, Scuol; Wälte Rolf, Gamprin FL; Zimmermann Nico, Davos

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Berufsbegleitende Försterausbilung ein Novum Beat Philipp ist der Schuleiter im ibW Bildungszentrum Wald Maienfeld. Als solcher ist er auch für die Försterausbildung zuständig. Er gibt dem Bündner Wald Auskunft wie die geplante berufsbegleitende Variante des Försterlehrgangs aussehen soll und welche Hürden noch gemeistert werden müssen bis das Ganze umsetzbar wird. Interview von Mario Lucchinetti

Beat Philipp.

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(Bild: B. Philipp)

Wie hat die ibW die Coronakrise ohne Präsenzunterricht überstanden? Worin lagen die Hauptschwierigkeiten für die Dozenten und die Studenten? Gibt es daraus Erkenntnisse oder gar Veränderungen im Schulbetrieb? Die ibW war zum Glück IT-mässig bestens für diesen Fall gerüstet. Wir arbeiten schon seit mehreren Jahren mit einer Lernplattform, auf welche sowohl Studierende als auch Lehrkräfte von zu Hause zugreifen können. Auch der Online­unterricht konnte sofort hochgefahren werden und funktionierte bereits nach wenigen Tagen erstaunlich gut. Die Lehrkräfte nahmen diese Herausforderung mit viel Elan und Kreativität an und entpuppten sich teils als wahre Naturtalente. Wer hätte gedacht, dass anstatt von zwei drei Bodenprofilen in der Umgebung der Schule plötzlich 20 Bodenlöcher aus der halben Schweiz online verglichen und besprochen werden? Natürlich gab es auch Schwierigkeiten. Nebst technischen Problemen mit den Internetverbindungen waren die Dosierung des «Frontalunterrichts» und die höheren Ansprüche an die Selbstdisziplin der Studierenden die grossen Herausforderungen. Sicher ist, dass wir Möglichkeiten des Fernunterrichts kennengelernt haben, welche wir auch in Zukunft nutzen möchten. Ist das wahr, dass die Försterausbildung nun auch in einer berufsbegleitenden Form absolviert werden kann? Wie kam es dazu? Tatsache ist, dass wir daran sind, einen berufsbegleitenden Lehrgang zum Förster HF zu entwickeln. Der Wunsch nach einer solchen Alternative zum Vollzeitstudium wurde bereits vor zehn Jahren erstmals an die Försterschule herangetragen. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie kam aber damals nicht eindeutig zum Schluss, dass man diese Idee weiterverfolgen sollte. Deshalb und infolge von anderen


Projekten, wie zum Beispiel dem Zusammenschluss mit der ibW, geriet dieses Anliegen wieder in den Hintergrund. 2017 erfolgte dann ein erneuter Vorstoss von Stiftungskantonen, welche sich Sorgen wegen eines drohenden Fachkräftemangels machten. Die Idee war also in erster Linie, mit einem zusätzlichen Lehrgang, der berufsbegleitend absolviert werden kann, mehr Förster und Försterinnen auszubilden. Die Bedürfnisabklärung hat dann gezeigt, dass auch andere Gründe dafür sprechen, einen berufsbegleitenden Försterlehrgang anzubieten. Worin lagen die grössten Hürden, damit die Idee umgesetzt werden konnte? Wie gesagt, ist die Umsetzung dieser Idee noch nicht abgeschlossen, auch wenn die Realisierung Ende Juni vom Stiftungsrat der IFM genehmigt wurde. Die grösste Schwierigkeit ist wohl die von Anfang an mit dem Projekt verbundene Auflage, dass der berufsbegleitende Lehrgang zusätzlich und parallel zum Vollzeitstudium durchgeführt werden muss. Das ist nicht nur organisatorisch eine grosse Herausforderung, sondern beinhaltet auch die Gefahr, dass sich die beiden Varianten gegenseitig das Wasser abgraben. Eine gewisse Hürde wird sicher auch die Rekrutierung von zusätzlichen Lehrkräften sein. Wir denken aber, dass es uns – vor allem auch in Zusammenarbeit mit dem Bildungszentrum Wald Lyss – gelingen wird, den Bedarf zu decken. Wie lange dauert die Ausbildung zum Förster HF? Haben Sie schon einige Anmeldungen für die berufsbegleitende Variante? Ab wann startet der Studiengang? Die Ausbildung zum Förster beginnt im Grunde genommen mit dem Besuch von sechs Grundlagenmodulen, welche als Zulassungsbedingung für den eigentlichen Lehrgang erfolgreich absolviert sein müssen. Für den Besuch

«Als Teilnehmende dieses Lehrgangs sehen wir vor allem Personen mit einer Forstwart und Forstwart-Vorarbeiter-Ausbildung, welche bereits über einige Berufserfahrung verfügen und sich den Vollzeitlehrgang nicht leisten können oder wollen.» dieser ein- und zweiwöchigen Module, der ja schon bisher berufsbegleitend erfolgt, braucht man etwa zwei Jahre. Der Lehrgang im Vollzeitstudium dauert dann inklusive Praktikum nochmals 21 Monate. Dabei muss beachtet werden, dass nur jedes zweite Jahr im Januar gestartet werden kann. Je nachdem wie alles zusammenpasst, braucht man so vier bis fünf Jahre, um sich nach der Forstwartausbildung im bisherigen Modell zur Försterin oder zum Förster weiterbilden zu lassen. Der berufsbegleitende Lehrgang, der Anfang Januar 2021 starten soll, wird voraussichtlich 33 Monate dauern und gleichzeitig mit dem Vollzeitlehrgang 2022/23 abgeschlossen werden. Bis Mitte Juli sind dafür bereits 17 verbindlichen Anmeldungen eingegangen. Darunter sind aber 11 Meldungen von Kandidaten, welche noch die Eignungsabklärung und/oder einzelne Grundlagenmodule absolvieren müssen, damit sie die Zulassungsbedingungen erfüllen. Worin liegen die Vorteile oder die Nachteile dieser neuen Ausbildungsform? Für wen ist die neue Ausbildungsform gedacht? Bei verschiedenen Workshops im Rahmen der Bedürfnisabklärung konnten wir feststellen, dass in der forstlichen Praxis ein grosses Inte­

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«Der berufsbegleitende Lehrgang, der Anfang Januar 2021 starten soll, wird voraussichtlich 33 Monate dauern und gleichzeitig mit dem Vollzeitlehrgang 2022/23 abgeschlossen werden.»

resse an einer berufsbegleitenden Försterausbildung besteht, weil diese für viele potenziell interessierte Personen aus finanziellen und/ oder familiären Gründen eine wertvolle Alternative zur Vollzeitausbildung darstellt. Ebenfalls verspricht man sich durch die stärkere Verbindung von Praxis und Theorie in Form von Teilzeitarbeit und Teilzeitstudium eine positive Wirkung auf die Försterausbildung. Ein weiterer Vorteil könnte aus Sicht der Branche sein, dass der berufsbegleitende Lehrgang bei Bedarf auch jährlich gestartet werden könnte, was dann eine deutliche Erhöhung der Ausbildungskapazität ermöglichen würde. Als Teilnehmende dieses Lehrgangs sehen wir vor allem Personen mit einer Forstwart- und Forstwartvorarbeiterausbildung, welche bereits über einige Berufserfahrung verfügen und sich den Vollzeitlehrgang nicht leisten können oder wollen. Ist die Ausbildung gleichwertig zum klassischen Modell? Nebst der Auflage, dass der erste berufsbegleitende Lehrgang parallel zum Vollzeitstudium laufen muss, war auch von Anfang an klar, dass die beiden Modelle inhaltlich und qualitativ möglichst gleichwertig sein müssen. Ein Un-

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terschied wird sicher sein, dass in der berufsbegleitenden Version kein eigentliches Praktikum vorgesehen ist. Die Idee ist ja, dass die Teilnehmenden die Möglichkeit haben, entsprechende Erfahrung in ihrem Betrieb zu sammeln, wo sie weiterhin mindestens 50 Prozent arbeiten werden. Je nach Betriebskonstellation und Einstellung des Betriebsleiters können diese Möglichkeiten sehr unterschiedlich sein. Deshalb wird es von entscheidendem Vorteil sein, wenn der Besuch des berufsbegleitenden Lehrgangs vom Betrieb unterstützt wird. Birgt diese nicht einige Risiken, dass Unterrichtsstoff auf der Strecke bleibt, wie will man das verhindern? Das Risiko ist nicht, dass Unterrichtsstoff auf der Strecke bleibt, sondern eher wie oben angedeutet, dass gewisse praktische Transfer­ aufgaben im Betrieb zu kurz kommen könnten. Im Gegensatz zum Vollzeitstudium werden wir keine Möglichkeiten haben, darauf Einfluss zu nehmen. Deshalb wird, wie gesagt, die Unterstützung der Betriebe aber auch Selbstinitiative der Teilnehmenden gefragt sein. Allgemein wird das neue Modell höhere Anforderungen an die Selbstdisziplin der Teilnehmenden stellen. Wird sich die berufsbegleitende Form durchsetzen oder gar den klassischen Lehrgang ablösen? Über diese Frage kann nur spekuliert werden. Wichtig ist, dass wir als Anbieter für alle Möglichkeiten offenbleiben und dann entscheiden, wenn wir sehen, wie sich dieses neue Modell bewährt. Ebenfalls ist es wichtig, in dieser Frage nicht nur unser Stiftungsgebiet im Auge zu behalten, sondern in Zusammenarbeit mit dem BZW Lyss die beste Lösung zu finden, um die ganze Schweiz mit genügend guten Fachkräften im Wald zu versorgen.


Findet auch Präsenzunterricht statt oder wird der ganze Lehrgang im Distance Learning abgehalten? Wie oft müssen die Studenten nach Maienfeld? Primär denken wir immer noch an Präsenz­ unterricht. Aber wie schon erwähnt, wollen wir künftig auch die aktuellen Erfahrungen mit dem Fernunterricht einfliessen lassen. Grund­ sätzlich hat man sich auf ein Lernmodell geei­ nigt, das auf den bestehenden Modulen, auf mehrwöchigen Blöcken und 2 ½-tägigen Aus­ bildungseinheiten (Donnerstagmorgen bis Samstagmittag; 20–25 Lektionen circa alle zwei bis drei Wochen) basiert. Insgesamt wer­ den die Studierenden rund 700 Lektionen pro Jahr im Präsenzunterricht, meist in Maienfeld, aber teilweise wahrscheinlich auch in Lyss ver­ bringen.

wie Teile des Stoffs zu delegieren und mit allen Konsequenzen loszulassen. Die Stärke der Försterausbildung ist die starke Bindung zur Praxis, wird die berufsbegleitende Form noch praxisnäher, da die Studierende von Anfang an mit dem Alltagsgeschäft als Förster konfrontiert werden? Grundsätzlich darf man schon davon ausgehen, dass mit dem berufsbegleitenden Modell die Verbindung zur Praxis gestärkt wird. Nicht zu­ letzt auch, weil wir auf Teilnehmer mit viel Be­ rufserfahrung hoffen. Aber wie schon gesagt, hängt viel von dieser Praxis, also den Betrieben der Teilnehmenden selber ab, wie fruchtbar diese Praxisnähe für die Ausbildung sein wird.

Kann man während des Studiengangs auch auf eine berufsbegleitende Form umsteigen oder umgekehrt? Daran haben wir noch gar nicht gedacht. Ich denke, dass es sich jetzt beim ersten Lehrgang um einen Versuch handelt, bei dem sich diese Frage kaum stellen wird. Aber die Überlegung ist interessant. Wo liegen die organisatorischen ­Herausforderungen für die Dozenten im neuen Ausbildungsmodell? Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist die Tatsache, dass viele Unterrichtseinheiten rela­ tiv stark an die Jahreszeiten gebunden sind. Unser aktueller Lehrgang ist optimal auf den Jahresverlauf abgestimmt und so aufgebaut, dass ein Unterrichtsteil auf dem anderen auf­ baut. Dieses Konstrukt wird durch die Vertei­ lung auf drei Jahre ziemlich durcheinanderge­ wirbelt. Ebenfalls eine Herausforderung wird sein, zusätzliche Lehrkräfte einzuarbeiten so­

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Vor rund 40 Jahren wurden uns jungen Forststu­ denten an zahlreichen Übungen und Exkursio­ nen die Grundlagen für den Umgang mit unseren Wäldern vermittelt. Die Verjüngung des Waldes, insbesondere im Gebirgswald sollte vorzugsweise durch die natürliche Ansamung in kleinen Öff­ nungen erfolgen. Die Förster hatten erkannt, dass durch eine kleinflächige Waldbewirtschaftung der Schutz vor Naturgefahren am besten gewährleis­ tet werden konnte. Die Jäger versuchten durch die Regulierung der Huftierbestände dafür zu sorgen, dass die Waldverjüngung auch aufwachsen konn­ te. Die Abwesenheit von Luchs und Wolf als na­ türliche Feinde der Huftiere diente den Jägern als Hauptargument für ihre Tätigkeit. Nach jahrzehn­ telangen Bemühungen müssen wir heute feststel­ len, dass die Huftierbestände ständig angestiegen sind und dass die natürliche Verjüngung in vielen Gebirgswäldern nicht möglich ist. Der Klimawan­ del verschärft die Situation für die Wälder zusätz­ lich. Deren Anpassung erfordert die kontinuierliche Verjüngung mit angepassten Baumarten, was un­ ter dem aktuel­len Wildeinfluss nur sehr beschränkt und oft gar nicht möglich ist. Seit der Rückkehr von Luchs und Wolf gibt es deutliche Hinweise darauf, dass sich die zusätzli­ che natürliche Regulierung der Huftiere positiv auf die Entwicklung der Wälder auswirkt. Aus öko­ logischer Sicht könnten also die Jäger Luchs und Wolf als ihre Partner betrachten. Leider überwiegt aber bei einer Mehrheit der Jäger das Konkurrenz­ denken, da ihnen die Raubtiere die Beute strei­ tig machen. Damit sehen sie auch ihre bisherige Argumentation für die Notwendigkeit der Jagd ­ infrage gestellt. Infolgedessen wird die Forderung nach «Gewährleistung einer angemessenen jagdli­ chen Nutzung» ins Feld geführt. Gemäss Botschaft zum neuen Jagdgesetz kann diese Forderung als Regulierungsgrund gegen den Wolf zur «Verhü­ tung von grossem Schaden» verstanden werden (Art.7a). Diese Interpretation eines grossen Scha­ dens ist absolut unverträglich mit dem Lebensraum

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Wald, solange die natürliche Verjüngung und da­ mit auch die Anpassung an den Klimawandel nicht sichergestellt sind. Es ist überdies unverständlich, dass ausgerechnet die Regulierung grosser Beute­ greifer auf Stufe Kanton hinunterdelegiert werden soll, obwohl in den vergangenen Jahrzehnten klar geworden ist, dass ein modernes Wildtiermanage­ ment eine grossräumige Koordination erfordert. Die Chance, ein Jagdgesetz zu schaffen, das den heutigen ökologischen Gegebenheiten entspricht, wurde verpasst. Nicht einmal Arten wie Schnee­ hase, Schneehuhn oder Birkhahn wurden von der Liste der jagdbaren Tiere gestrichen, obwohl es doch vorrangig um den Artenschutz und nicht um die Interessen der Jagd geht. Es gibt übrigens auch Gruppierungen von Jägern, die das genau so sehen. Die vorliegende Gesetzesrevision ist abzulehnen. Was wir aber brauchen, sind praktikable Bestim­ mungen zum Abschuss von Wölfen, die für Men­ schen gefährlich werden oder bei Nutztieren trotz Schutzmassnahmen Schaden anrichten. Dafür sollten die bisherigen Verfahren im Rahmen des geltenden Gesetzes vereinfacht und beschleunigt werden. Am Klemmbrett die Gastkolumne von Raphael Schwitter


Resultate der schriftlichen Mit­ gliederversammlung von GR Wald Dieses Jahr erhob der Verein Graubünden Wald anstelle der ordentlichen Generalversammlung in Ilanz die Vereinsmeinung zu den statutarischen Geschäften per Post und online. Die bedeutendsten Vorlagen waren Wahlen und die Verabschiedung eines neuen Spesenreglements. 110 Mitglieder nahmen ihr Stimmrecht war. Das seit einem Jahr bestehende Co-Präsidium wurde aufgelöst. Neuer Vereinspräsident ist Walter Krättli, Forstingenieur aus Untervaz. Mario Lucchinetti, Revierförster der Gemeinde Bregaglia, wurde für den nach fünf Jahren abtretenden Dumeni Cavegn, Forstingenieur aus Ilanz, neu in den Vorstand gewählt. Alfred Barbüda und Jürg Brunold

gehören neu zu den Freimitgliedern des Vereins. Auch alle weiteren Traktanden wurden mit grosser Mehrheit angenommen. Danke allen Mitgliedern für ihre Stimmabgabe und die Unterstützung des Vorstands. Ein Dank auch an alle Personen und Institutionen, welche den Verein in unterschiedlichster Weise aktiv unterstützen und so den Austausch innerhalb des Bündner Forstpersonals beleben. Wir freuen uns, euch zahlreich an der nächsten ­Generalversammlung am 28./29. Mai 2021 in Ilanz wieder persönlich begrüssen zu dürfen. Der Vorstand Graubünden Wald

Vorlage

Ja

nein

Enthaltungen

Protokollgenehmigung GV 2019

107

0

3

Genehmigung Jahresbericht 2019

110

0

0

Genehmigung Jahresrechnung und Revisorenbericht 2019

110

0

0

Genehmigung Budget 2020

108

0

2

Belassen der Mitgliederbeiträge

110

0

0

Genehmigung des Tätigkeitsprogramms 2020

108

1

1

Genehmigung des Spesenreglements

109

1

0

Wahl Vorstandsmitglied Mario Lucchinetti

107

2

1

Wahl Präsident Walter Krättli

109

0

1

Freimitgliedschaft Aldfred Barbüda

109

1

0

Freimitgliedschaft Jürg Brunold

107

2

1

Abstimmungsergebnisse in der Übersicht

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CANOPY-Steinschlagschutz – das selbstreinigende Galeriedach Naturkatastrophen infolge des Klimawandels nehmen zu, gleichzeitig steigt auch der Bedarf an Sicher­ heitsmassnahmen insbesondere für Fahrwege in Berg­regionen. Hier müssen Steinschläge manchmal mit unkonventionellen Methoden abgehalten werden, zum Beispiel, wenn Bergstrassen über sehr beengte Platzverhältnisse verfügen. Die Naturgefahrenspezialisten der Firma Geobrugg haben mit dem System namens CANOPY ein flexibles Ringnetzdach entwickelt, das wie eine Galerie schützt. PR-Bericht

Im Gegensatz zu klassischen Barrieren fängt das CANOPY-Steinschlagschutzsystem fallende Felsen in Bergregionen nicht auf. Es leitet sie aus dem Gefahrenbereich über Strassen, Bahnlinien und andere Infrastruktur hinweg in den Abgrund und entleert sich somit selbst.

Bei gleicher Schutzwirkung weist dieses selbstreinigende Galeriedachnetz mehrere Vorteile gegenüber Betongalerien auf: Einerseits kann die Bauzeit signifikant reduziert werden, andererseits ist der Materialverbrauch sehr viel geringer. Beides hat Vorteile in Bezug auf die CO2 -Bilanz des Bauwerks.

Hier wird das CANOPY als eine Verlängerung eines Tunnels eingesetzt.

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Die Kosten und der zeitliche Aufwand für Installation und Unterhalt sind dadurch ebenfalls erheblich geringer. Dies ist besonders wichtig, da in der Praxis ein erhöhter Druck bezüglich der Fristen und Kosten für Bauprojekte auszumachen ist. Auf Basis zertifizierter Systeme konstruiert und getestet Für das CANOPY-System wurden wesentliche Bestandteile getesteter und zertifizierter Geo­bruggSteinschlagbarrieren übernommen. Der neuartige Steinschlagschutz wurde – genau wie auch die Barrieren der Romanshorner Firma – nach der strengen europäischen ETAG-027-Richtlinie getestet. Diese schreibt den Abwurf des Testkörpers im freien Fall vor. Dabei wurde der Lastfall dieser Richtlinie übernommen, das heisst für einen 500 kJ-Test kam ein Wurfkörper mit der Masse von 1590 kg zum Einsatz. Traditionelle Beto­ngalerien absorbieren Einschläge im gleichen Energiebereich wie ein ­CANOPY-System Typ SC-500, nämlich bis zu diesen 500 Kilojoule. Insofern sind sie als Alternative oder als Verlängerung von Betongalerien und Tunnel prädestiniert.

In Vercorin im Wallis schützt das Ringnetzdach im Anschluss an einen Tunnel vor Steinschlägen.

Erste Installationen bewähren sich Bei Vercorin im Kanton Wallis schützt das ­CANOPY-System im Anschluss an mehrere Tunnel die einzige Verbindungsstrasse zum Dorf auf insgesamt über 120 Metern Länge. Durch den geringen Platzbedarf bei der Installation konnte die Strasse während der Bauzeit geöffnet bleiben. Besucher und Anwohner erreichen das Dorf heute erheblich sicherer – und dank der transparenten Konstruktion mit bester Aussicht auf die malerische Bergwelt. Mehr informationen: www.geobrugg.com

Bei einem Test wird der Wurfkörper nach dem Einschlag ins Netz erfolgreich wieder herauskatapultiert.

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Bündner Jagd 2020: Jagddruck auf Schalenwild wird im Wald verstärkt Aufgrund der hohen Schalenwildbestände und des regional sehr starken Wildeinflusses im Wald und in landwirtschaftlichen Kulturen, wird der Jagddruck beim Hirsch- und Rehwild regional stark erhöht, in einzelnen Regionen auch beim Gamswild. In optimierter Form wird die Öffnung beziehungs-­ weise die Teil­öffnung verschiedener Wildschutzgebiete auf der diesjährigen Hochjagd als zusätzliche Mass­ nahme weitergeführt, um die Hochjagdstrecke zu steigern. Adrian Arquint

Dank der hohen Jagdstrecke 2019 und jenen der Vorjahre konnte der Hirschbestand trotz den tieferen Fallwildzahlen im vergangenen Winter stabilisiert bis leicht reduziert werden. Es wurden insgesamt 11 670 Hirsche gezählt (2019: 13 298). Gründe für die tieferen Zahlen waren sicher die wegen der früh eingetretenen Schneeschmelze erschwerten Zählbedingungen, die geringere Zuwanderung wegen des milden Winters und die regional tieferen Bestände. Aufgrund des vorliegenden Datenmaterials kann in diesem Frühjahr von einem leicht tieferen Bestand von rund 16 300 Hirschen ausgegangen werden (2019: 16 500). Der Rehbestand ist im Gegensatz zur Rothirschpopulation nicht zählbar, weshalb bei dieser Wildart die Bockstrecke im September als Indikator für Bestand und Jagdplanung gilt. Beim Gamswild und Steinwild scheint die Bestandssituation stabil zu sein. Schwerpunktbejagung in Gebieten mit grossen Wald-Wild-Konflikten In Gebieten mit grossen Wald-Wild-Konflikten muss weiterhin versucht werden, den Hirsch- und Rehwildbestand weiter zu reduzieren. Bei diesen beiden sich stark vermehrenden Tierarten muss die Bestandsregulation über den Abschuss von weiblichen Tieren erfolgen. In allen Regionen mit grossen

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Wald-Wild-Konflikten wurde beim Hirschwild der Anteil an weiblichen Tieren, die gemäss Abschussplan zu erlegen sind, erhöht. Der Plan ist in diesem Jahr somit erfüllt, wenn mindestens 3154 weibliche Tiere erlegt sind (2019: 3116). Insgesamt liegt der Abschussplan beim Hirschwild mit 5560 Hirschen gleich hoch wie im Vorjahr. Der Abschussplan kann nach der Hochjagd und während der Sonderjagd erhöht werden, wenn dies zweckmässig ist. Die tieferen Zählergebnisse des Hirschbestands im Domleschg seit 2018 und die unveränderte Waldsituation bezüglich des Wildeinflusses zeigen auf, dass in Regionen mit grossen Wald-Wild-Konflikten nebst dem Hirschwild auch weitere Schalenwildarten stärker bejagt werden müssen. Beim Hirschwild wurden zudem neben den bisherigen, neue Schwerpunktbejagungen in den Teilregionen Domleschg und Surses festgelegt. In Gebieten mit grossen Wald-Wild-Konflikten wird die Sonderjagd auf Rehwild unabhängig der Hochjagd­ ergebnisse durchgeführt. Trotz der sensiblen Bestandsentwicklung muss in gewissen Waldgebieten auch das Gamswild stärker reguliert werden. Neben den bereits bestehenden Gebieten mit Schwerpunktbejagung wird neu in den Schutzwäldern der Gemeinden Bergün Filisur, Surses und fast im ganzen Jagdbezirk XI Herrschaft-Prättigau die Jagd auf das Gamswild intensiviert.


Die Öffnung beziehungsweise Teilöffnung verschiedener Wildschutzgebiete wird aufgrund der Erkenntnisse aus den vergangenen Jahren in einer optimierten Form weitergeführt. Diese sollen dabei weiterhin helfen, die Hochjagdstrecke zu maximieren. Die Jäger haben in diesem Jahr zudem die Möglichkeit, an den letzten vier Jagdtagen Hirschspiesser unabhängig der Stangenlänge zu bejagen. Ausblick Für die Jagd und die Jagdplanung ist es seit Langem Aufgabe und Ziel, die Konflikte zwischen Wild, Wald und Landwirtschaft zu entschärfen. In Graubünden reicht die Liste von der Einführung der Steinwildjagd (1977) über die Ausdehnung der Sonderjagd auf den ganzen Kanton (1986), die Neuausrichtung der Gämsbejagung (1990), das neue Rehbejagungskonzept (ab 1996) bis zur starken Erhöhung des Jagddrucks auf den Hirsch seit 2016. Dabei geht oft vergessen, dass in einem Ökosystem die natürlichen Ressourcen wie Qualität der Futtergrundlage, Rückzugsmöglichkeiten und die Witterungsbedingungen das Zusammenspiel von Wild, Wald und auch Mensch sowie auch die Umsetzung der jagdlichen Massnahmen stark beeinflussen. Auch haben wir es mit sehr lernfähigen Wildtieren in einem sich dauernd verändernden Umfeld zu tun. Das erleichtert die Erfüllung unserer Aufgaben nicht, nämlich die Wildtierbestände an deren Lebensraum anzupassen und so eine für die Umwelt verträgliche Wilddichte zu schaffen. Wir brauchen die entsprechenden Witterungsbedingungen vor der Jagd, während der Jagd und im Winter. Wir brauchen die Bereitschaft der Jäger, die hohen Ziele zu erreichen. Wir brauchen die Akzeptanz in der Bevölkerung und auch bei den Schutzorganisationen, die Jagden und insbesondere die konsequente Regulation durchführen zu können. Wir brauchen eine gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Vertretern, die bei der Erfüllung der Aufgabe eine Mitverantwor-

tung tragen (Jagd, Forst, Landwirtschaft, Gemeinden und Tourismus) und wir brauchen Zeit dafür. Die moderne Jagd hat es mit Lebewesen zu tun, denen wir mit dem höchsten Respekt begegnen. Sie darf nicht zu einer reinen Aufgabenerfüllung oder sogar zur Schädlingsbekämpfung verkommen. Die moderne Jagd, sie lebt mit dem Respekt vor der Natur, ethische Grundsätze sind ihr wichtig. Das wollen wir … Den Jägerinnen und Jägern wünschen wir in bocca d'luf. Adrian Arquint ist Vorsteher des Amts für Jagd und Fischerei

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Vorschau «Bündner Wald» Oktober 2020 Forstliche Führungsinstrumente In vielen Bereichen wird zunehmend auf digitale Lösungen gesetzt, so auch im Wald. Ob die Beschleunigung der Digitalisierung der heutige Segen für die Menschheit darstellt, darüber scheiden sich die Geister und es darf weitherum darüber diskutiert werden. Auch hier gibt es nicht nur die Sonnenseite, sondern da und dort müssen (bewusst oder eben unbewusst) Nachteile in Kauf genommen werden. Dank digitalen Lösungen soll die Zeitersparnis fast überall enorm gross sein, zumindest solange diese Lösungen nicht ausgereizt werden, um ständig noch mehr neue Daten zu erheben. Solche Hilfsmittel können in gewissen Situationen Leben retten oder dazu beitragen, Schäden zu mindern. Wir wagen einen kurzen Blick in diese Welt. Vorschau auf die nächste Nummer: Dezember 2020: Standortskunde Redaktion: Viola Sala Redaktionsschluss: 16. Oktober 2020

Redaktion: Jörg Clavadetscher

Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden und der SELVA. Christophe ahnhofplatz 1, CH-7302 Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG,Wald, Südostschweiz CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Herausgegeben von Graubünden Amt fürPrint, Wald und Naturgefahren Graubünden undTrüb, der­BSELVA. Landquart, Telefon + 41 (0)Production AG, 81 300 22 44, buendnerwald  Redaktoren: Jörg Clava­ detscher, Revier forestal da Val Müstair, CH-7535  selva-gr.ch Verlag: © Somedia CH-7007@Chur Sekretariat: SELVA, Amanda Feltscher, ­Bahnhofplatz 1, Valchava, Telefon + 41 (0) 81 858 58 21, forestal-muestair @ bluewin.ch. Sandro Krättli, AWN GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon

CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @  selva-gr.ch Redaktoren: Redaktion: Viola Sala,

+ 41 (0) 81 300 24 11, sandro.kraettli @ awn.gr.ch.

viola.sala@awn.gr.ch. Jörg Clavadetscher, forestal-muestair@bluewin.ch. Die Redaktion behält sich vor,

Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belichtung) : Südost-

Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern. H ­ erstellung: Viaduct, 7000 Chur. Erscheint sechsmal schweiz Presse und Print AG, Südostschweiz Print, Antonin Friberg Druck: Südostschweiz Presse und Print AG, Süd­ostschweiz Print, Postfach 508, jährlich. Auflage: 1700 Exemplare Inserate: Somedia Promotion, Kasernenstrasse 1, CH-7007 Chur, Telefon + 41 (0) 81 255 51 11, Fax + 41 (0) 81 Telefon

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