INTERVIEW . Ulrich Kaffarnik, DJE Kapital AG
„Gutes Umfeld für reale Werte“ Die Wirtschaft boomt, die Zentralbanken bleiben expansiv. Dennoch dürfte die Inflation für die Aktienmärkte kaum ein Problem werden, meint Ulrich Kaffarnik von DJE Kapital AG. Aktien bleiben die favorisierte Anlage. MARIO FRANZIN
schaut ebenso wie die Fed einfach durch –
wicklung vor allem am langen Ende – und
sowohl in den USA als auch in Europa.
die Zinserwartungen sind auch die Inflationserwartungen. Wir hatten ja mit einer
die Aktienmärkte steigen auf im-
Bei den Realzinsen haben wir natürlich eine
mer neue Allzeithochs, nachdem sie sich
desolate Situation – sie liegen in den USA
Double Dip Recession in Deutschland eine
seit der Krise bereits mehr als verdoppelt
bei minus 3,5 Prozent, in Deutschland bei
ganz schlechte Ausgangssituation – aber da hat der Markt auch hindurchgeschaut. Die
haben. Vor allem in den USA ist die Inflati-
minus 2,5 Prozent. Aber die Märkte sagen
on stark angestiegen – im April um 4,2 Pro-
auch: Wenn die Inflation vorübergehend ist
Dynamik, die wir jetzt in der Wirtschaft se-
zent, im Mai um 5,0 Prozent –, dennoch zei-
und die Notenbanken auch erst später
hen, kommt natürlich auch aus den Basisef-
gen sich die Renditen an den Anleihenmär-
bremsen, dann wird die Konjunktur auch
fekten. Auch wenn die konjunkturellen Er-
kten in den USA mit derzeit rund 1,5 Pro-
nicht durch eine frühzeitige Zinsanhebung
zent im Zehnjahresbereich und in Europa
abgewürgt. Deshalb sehen wir derzeit stabi-
wartungen für dieses Jahr noch etwas herab gestuft werden, weil man die Nach-
unter 1,0 Prozent (Italien) bzw. minus 0,3
le Aktien- und Bondmärkte.
wirkungen der Pandemie unterschätzt hat, wird das im nächsten Jahr aufgeholt, selbst
Prozent (Deutschland) sehr verhalten. Der Trigger für die Aktienmärkte sind
wenn die Entwicklung etwas abflachen
Herr Dr. Kaffarnik, wie sehen Sie die wei
vor allem die niedrigen Zinsen. Mögli
sollte. Das ist eine Beobachtung, die auch
tere Entwicklung bezüglich der Inflation
cherweise wird die Inflation im zweiten
für die Börsen ganz gut ist. Mit dem Vorbe-
und möglicher Reduzierungen der Unter
Quartal durch Basiseffekte noch eine überschießende Reaktion zeigen. Wie
halt, dass es keine negative Überraschung
stützungen der Zentralbanken? Der Markt geht davon aus, dass bereits vor 2023 eine Zinserhöhung kommen könnte.
auf der Corona-Seite gibt.
wird das von den Märkten aufgenommen werden?
Im Fundmanager-Survey wurde schon im
Aber ist das nicht eine Überstimulierung, wenn die Zentralbanken weiter Anleihen
Mai von rund der Hälfte der Befragten für
kaufen, die Zinsen bei Null halten und
2022 eine erste erwartet. Das hat den Markt
das bei einer kräftigen Wirtschaft? Ja, das ist absolut richtig. Aus dieser Per-
aber nicht wirklich berührt. D.h. die Aktienmärkte steigen weiter – aber wir haben ja auch ein gutes Umfeld dafür. Die Fed liegt mit ihrer im Juni geäußerten Zinserhöhungserwartung ohnehin hinter dem Markt. Das ist deshalb so, weil sie bereits letztes
Wir haben eine extrem hohe Inflation – aber wir sehen diese hauptsächlich als Assetpreis-Inflation.
spektive erleben wir eine extreme Inflation – aber eben eine Assetpreis-Inflation. Die erste sahen wir bei den Staatsanleihen, die zweite bei den Investment Grade (IG)Bonds und die nächste bei den Aktien sowie Immobilien. Natürlich haben wir hier eine
Jahr klargemacht hatte, dass sie bei der Inflation einen Mittelwert nehmen will und
Die Frage ist, wo die Grenze liegt. Wenn bei
Überstimulierung. Sie passiert aber nicht
durchaus auch Raten von mehr als zwei
der Inflation Zahlen kommen, die deutlich
überall. China macht z.B. eine ganz andere
Prozent für einige Monate oder Quartale to-
über sechs Prozent sind, dann dürfte das
Politik – dort gibt es mit fast drei Prozent ei-
lerieren wird. Damit nimmt die Fed eine
eine negative Überraschung sein. Der Markt
nen hohen Realzins, in Japan ist der Real-
sehr vorausschauende Position ein. Was
hat etwa fünf bis sechs Prozent eingepreist.
zins übrigens auch positiv. Und wenn Sie
jetzt inflationstreibend ist, sind sowohl
Aber stellen Sie sich vor, es kommt wieder
die Börsenentwicklung dieses Jahr an-
Nachfrageeffekte als auch Beschränkungen
eine Vier – dann wird der Markt wahr-
schauen, dann ist sie in China enttäuschend
auf der Angebotsseite, die noch nicht ganz
scheinlich den nächsten Move nach oben
gewesen. Ich bin der erste, der in den USA
reibungslosen Lieferketten und die Chip-
machen. Im Grunde folgen die Märkte der
und in Europa eine Überstimulierung sieht.
Problematik. Beides gibt jetzt eine Doppel-
Ansicht der Notenbank. Wenn es nicht so
In Europa wird sie durch eine Allianz der
geschichte bei der Inflation. Aber der Markt
wäre, hätten wir eine ganz andere Zinsent-
Südländer gemeinsam mit Frankreich ange-
8 . GELD-MAGAZIN – Juli/August 2021
Credit: beigestellt
D
ie Wirtschaft läuft extrem gut, die Notenbanken stimulieren weiter,