~ Hintergrund ~ EINLEITUNG
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Wohnen im Alter
Trends und Gegentrends
Von FRANÇOIS HÖPFLINGER (Text)
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ie letzten Jahrzehnte waren durch eine Zunahme von Kleinhaushalten gekennzeichnet, und dies gilt auch für ältere Menschen. Während die «jungen Alten» primär in Paarhaushalten leben, steigt im hohen Lebensalter der Anteil an Alleinlebenden, speziell bei Frauen. Gegenwärtig leben gut vier Fünftel der über 80-jährigen Frauen, die in ihren Häusern oder Wohnungen leben, allein. Im hohen Alter werden Menschen, die jahrzehntelang selbstbestimmt gelebt haben, oft mit einem Wechsel in ein Alters- und Pflegeheim konfrontiert; eine Wohnform, die mit eingeschränkter individueller Eigenständigkeit in Verbindung gebracht wird. Bis Mitte der 1990er-Jahre wurde die stationäre Alterspflege in vielen Regionen der Schweiz ausgebaut. Danach wurden vermehrt ambulante Pflegestrukturen (Spitex) gefördert. Dies erlaubte ein längeres Verbleiben alter Menschen in privaten Haushaltungen. Zwischen 2000 und 2019 hat sich damit der Anteil
an 80-jährigen und älteren Personen, die in Alters- und Pflegeheimen lebten, von 21 Prozent auf knapp 15 Prozent verringert. Festzustellen ist zudem ein Trend in Richtung einer Auflösung der klassischen Zweiteilung «Daheim» oder «im Heim». Flexible Betreuungsstrukturen wurden eingeführt, wie betreute Wohnformen oder dezentralisierte Pflegewohngruppen. In den letzten Jahren entstanden vermehrt alternative Wohnformen, die unter drei Stichworten zusammengefasst werden können: a) «gemeinsam statt einsam», b) «zusammen statt getrennt» und c) «individuell betreut statt institutionell versorgt». GEMEINSAM STATT EINSAM Wohngemeinschaftliche Lebensformen wurden in den 1960erund 1970er-Jahren von der Jugend- und Studentenbewegung als kulturelle Gegenentwürfe zur bürgerlichen Kleinfamilie entwickelt. Ab den 1980er-Jahren wurden private Formen eines
# 04~ 2021