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MORGEN SCHON BESSER ALS HEUTE Zwischen Selbstentwurf und Optimierungsdrang
von Yannic Hoffmann Die meisten Menschen würden wohl mit der Aussage konform gehen, dass wir in einer sich immer weiter beschleunigenden Zeit leben. Aber woraus resultiert die Beschleunigung? Geht es ausschließlich um beschleunigte wirtschaftliche Prozesse und welche Rolle spielt das Subjekt in diesem Kontext? Denker wie ByungChul Han und Slavoj Žižek stehen für ein radikales Denken und bieten mit ihren aktuellen Analysen alternative Perspektiven auf Problemstellungen unserer Zeit. Byung-Chul Han ist Philosoph, Essayist und lehrt an der Universität der Künste Berlin Philosophie und Kulturwissenschaft. Slavoj Žižek ist ebenfalls Philosoph, aber auch bekannt als Kulturkritiker und Theoretiker der lacanianischen Psychoanalyse. „Wir unterstützen den Turbokapitalismus und die neoliberale Leistungsgesellschaft, indem wir alle zur Ware werden. Der einzige Wert, der noch existiert, ist der Ausstellungswert. Das ist eine dramatische Reduktion des Lebens und des Daseins.“ (Han 2012: 3)
Das Leistungssubjekt zerbricht an den immer wieder auftretenden Forderungen, neue Leistungen zu produzieren, weiterhin dem entkernten, bloßen Leben und dem paradoxen Imperativ des „Sei frei!“. Um zu verstehen, welche Folgen eine wachs-
tumsorientierte Gesellschaft nach sich zieht, betrachten wir einmal die dahinterliegende Anerkennungslogik des narzisstischen Leistungssubjektes, welche Han in seinem Werk „Agonie des Eros“ zeichnet: Der Andere wird degradiert zum Spiegel des einen, wobei der Andere die Bestätigung für das Ego des einen ist, als Folge eines Erfolges innerhalb der Leistungsgesellschaft (vgl. Han 2012: 7). Diese Anerkennungslogik ist es, welche das Leistungssubjekt immer tiefer in sein Ego zieht und ferner als Ursache für die Entwicklung einer Erfolgsdepression gesehen werden kann. Die Gründe für die gesundheitliche Ausbeutung des Leistungssubjektes können durch die Unterscheidung von Können und Sollen erklärt werden: Die Leistungsgesellschaft ist durchzogen von dem Modalverb Können. Im Gegensatz dazu ist die Disziplinargesellschaft, welche Verbote ausspricht, ganz auf dem Sollen aufgebaut. Zur Steigerung der Produktivität wird ab einem gewissen Punkt das Sollen in ein Können überführt. Das „du kannst“ erzeugt massive Zwänge, an denen das Leistungssubjekt zerbricht. Die Aufforderung nach mehr Motivation, Eigeninitiative und selbstständig organisierten Projekten ist viel effektiver für die Ausbeutung als Be20
„Weil wir ständig wachsen, werden wir.an diesem Wachstum zugrunde gehen.“ – Byung-Chul Han..