16 FOKUS HANDEL & LOGISTIK
MQ | 10/2020
Innosuisse-Projekt
Die Aktualität zeigt auf, wie wichtig das Risikomanagement in der internationalen Beschaffung ist. Ein Innosuisse-Projekt entwickelt zurzeit eine Methode zur frühzeitigen Erkennung, Beurteilung, Kontrolle und Überwachung von internationalen Beschaffungsrisiken. Der Schweizer Fachverband für Einkauf und Supply Management, procure.ch, unterstützt dieses Projekt.
Paul Ammann, Robert M. Münch, Ralph Lehmann
Bereits im April 2019 beantworteten Beschaf fungsexperten aus 315 Mitgliedunternehmen des Fachverbands procure.ch eine Umfrage der Fachhochschule Graubünden und der Berner Fachhochschule zum Thema «Inter nationales Beschaffungsrisiko-Management». Inzwischen wurde die Logistikbranche durch die Coronakrise im Kern getroffen. So zum Beispiel ComatReleco, ein weltweit führen der Anbieter von qualitativ hochwertigen elektromagnetischen Schaltern, Relais und Schützen aller Art. Die Hauptkunden sind Bahnproduzenten und Automatisierungs anbieter. Die Hersteller wurden von der Co ronakrise stark getroffen, da ihre wichtigsten Lieferanten in China tätig sind. Deren Pro duktionsstätten waren während des chinesi schen Neujahrs 2020 und anschliessend für mindestens einen Monat durch die Krise geschlossen. ComatReleco fehlten dadurch wichtige Teile in der Produktion und das Un
Paul Ammann leitet den Forschungsbereich International Management der Berner Fachhochschule und ist Hoch schulpartner im Innosuisse-Projekt iBERIMA. Robert M. Münch ist CEO der Saphirion AG und Implemen tierungspartner im Innosuisse-Projekt iBERIMA. Ralph Lehmann ist Professor für International Business an der Fachhochschule Graubünden und Hochschulpartner im Innosuisse-Projekt iBERIMA.
ternehmen hatte mit Lieferengpässen zu kämpfen.
Neue Risikomanagementmethode Eine Unternehmensbefragung, die im Rah men des Innosuisse-Projekts iBERIMA durch geführt wurde, bestätigt die Erfahrungen von ComatReleco: Die internationale Beschaffung lässt für Schweizer Unternehmen massgebli che Risiken entstehen – und fast die Hälfte der befragten Firmen gesteht, dass das eigene Be schaffungsrisikomanagement mangelhaft sei. Auf der Grundlage dieser Unternehmens befragung wurde im Rahmen des InnosuisseProjektes eine Risikomanagement methode entwickelt, die es KMU ermöglicht, die Risiken der internationalen Beschaffung frühzeitig zu erkennen, zu beurteilen, zu kontrollieren und zu überwachen. Der Prozess eines solchen sys tematischen Risikomanagements beginnt mit der Priorisierung der Einkaufsteile. Die Teile werden im Hinblick auf ihren Einfluss auf den Unternehmenserlös bewertet. Einkaufsteile mit einem grossen Einfluss werden im Risikoma nagement mit einer höheren Priorität behan delt als weniger wichtige Teile. Für die priori sierten Einkaufsteile und deren Lieferanten werden aufgrund einer umfassenden Checklis te die Risiken bestimmt, die aus dem länderü bergreifenden Einkauf entstehen können. Die definierten Risiken werden danach im Hinblick auf die Eintrittswahrscheinlichkeit und das po
Eine Herausforderung im Risikomanagement ist es, sich frühzeitig über den Eintritt beziehungsweise über die Erhöhung eines Risikos zu informieren.
tenzielle Schadensausmass bewertet. Um die Risiken zu kontrollieren, wird eine der vier fol genden Kontrollstrategien eingesetzt: Risiko vermeidung, Risikoverminderung, Risikoüber tragung, Risikoübernahme. Die Überwachung der Beschaffungsrisiken umfasst schliesslich deren regelmässige Überprüfung mithilfe eines Datencockpits, damit mögliche Änderungen in der Risikolage proaktiv in den Risikomanage mentprozess einfliessen können.
Unterstützte Implementierung Um die KMU bei der Einführung und dem nachhaltigen Einsatz des Risikomanage mentprozesses zu unterstützen, ist die Ent wicklung einer pragmatischen IT-Lösung ge plant. Diese Lösung wird neben dem Risiko
«Risikomanagement soll keine abstrakte Übung bleiben.» management zusätzlich den gesamten Ein kaufsprozess abdecken, da beide Bereiche eng zusammenhängen. Ziel ist es, dass die Risikomanagementaufgaben Identifikation, Bewertung, Kontrolle und Überwachung mit möglichst geringem Aufwand durchgeführt werden können und dabei den maximalen
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Beschaffungsrisikomanagement in Zeiten von Corona