Programm-Magazin "Boléro"

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BOHUSL AV M A RTIN Ů 14 Konzert für zwei Klaviere und Orchester

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Martinůs dramatische Flucht vor den Nazis sei im Konzert für zwei Klaviere und Orchester nachgezeichnet, der Komponist benutze «die beiden Klaviere wie sich duellierende Kampfflugzeuge, um im Finale einen Wirbelwind der Aufregung zu erzeugen». Der dies schrieb, müsste es wissen: Frank Rybka war seit 1941 enger Freund, Arzt und Biograf Bohuslav Martinůs in den USA.

Für jedes Kunstwerk gilt, dass jede Generation ihren eigenen Eindruck erhält, sich ihr eigenes Bild macht. Ein Mensch in den frühen 1940er-Jahren, Angehöriger einer Nation im Kriegszustand, mag in Martinůs harter, hochtouriger Motorik mancher Abschnitte der Ecksätze des Konzerts die unaufhaltbare Technik einer Kriegsmaschinerie gehört haben, und es ist beileibe kein Widerspruch, dass uns – im seit Jahrzehnten friedensverwöhnten Westeuropa – bei demselben Werk zuvorderst die Virtuosität, die Farbigkeit und die rhythmische Raffinesse von Martinůs Musik auffallen. Martinů selbst hat sich dazu nicht geäussert («Ich glaube, ich kann besser Musik schreiben als über sie schreiben»). Martinů schrieb sein Konzert für zwei Klaviere zu Beginn des Jahres 1943. Zwei Jahre zuvor war ihm und seiner Frau die Flucht nach Amerika geglückt, nachdem er von 1923 bis 1940 in Paris gelebt, dort zu seiner musikalischen Sprache gefunden, eine Französin geheiratet und sich überhaupt sehr wohl gefühlt hatte. Kaum des Englischen mächtig, fühlte sich der Komponist in der Neuen Welt zunächst sehr unwohl. Die gleichförmige Umgebung der New Yorker Blocks, durch die ihn nun seine täglichen Spaziergänge führten, lähmte seine Gedanken.


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