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nahezu verlotterten Zustand, was durch­ aus seinen Charme hat, man kann zwi­ schen ihnen hindurchgehen, über Kies­ wege und -plätze. Zahlreich und international sind die Take-­aways. Vier dieser Mietvelos, die einst in Paris Furore machten, dann in fast allen grösseren Städten zu finden waren und jetzt von Limebikes und Elektro­scootern abgelöst wurden, warten auf Benutzerinnen. Aufgeben musste ­leider der Haushaltwarenladen, der neben Tabak und Spirituosen auch Spiegel und Bilderrahmen anbot, wie an der Mar­ kise zu lesen ist. Kurzum, der Everything Store, der alles führte, was man zum ­Leben brauchte. Bis Amazon kam. Noch nicht aufgegeben hat das Theater Duo Fischbach, das mit einem bunten Plakat aus dem Grau sticht. Bleibt zu hoffen, dass es noch lange gegen Netflix, Amazon Prime und das Glitzern der Grossstadt bestehen wird.

Tour de Suisse

Pörtner in Küssnacht (am Rigi) Surprise-Standorte: Bahnhof und Coop Einwohnerinnen und Einwohner: 13 087 Anteil ausländische Bevölkerung in Prozent: 21,6 Sozialhilfequote in Prozent: 3,9 Namenszusatz bis 2003: am Rigi

Der Bahnhof Küssnacht am Rigi ist ver­ lassen. Es gibt ein Musiklokal (geschlos­ sen), einen uniformierten Bahnhofs­ vorstand (Schaufensterpuppe), einen Bus (leer), einen Selecta-Automaten (in Be­ trieb) und zwei Sitzbänke (frei). Einzig im Warteraum drängt sich eine Gruppe Halbwüchsiger. Was es gibt, ist eine Aus­ sicht. Auf den See, der Küssnachtersee heisst – einer der weniger bekannten Seitenarme des Vierwaldstättersees – und natürlich auf die Rigi, laut Eigenwer­ bung die Königin der Berge. Womit sich die Frage stellt, warum die Haltestelle nicht Küssnacht an der Rigi heisst. Der Ort selbst hat sich des Problems erledigt, indem er sich nur noch Küssnacht nennt. Laut Duden ist Rigi ein Sub­ stantiv, maskulin oder ein Substantiv, fe­ minin. Handelt es sich also um den ers­ ten Transgenderberg, der korrekt Rig*i Surprise 478/20

heissen müsste? Wenn ein berühmter Ausflugsberg das Geschlecht und eine Gemeinde in der konservativen Innerschweiz den Namen wechseln können, so ist ­wenig stichhaltig, warum Süssigkeiten ihre althergebrachten Bezeichnungen beibehalten sollten. Ein Stück stadteinwärts findet sich das Hotel/Restaurant Bahnhof, das aber auch nicht viel belebter wirkt. Die Stras­ sen­schilder weisen an historische Stätten wie die Hohle Gasse oder die Gessler­ burg, und sogar eine Grand Tour ist aus­ geschildert. Auch eine Bahn auf die Rigi gibt es, allerdings ist dieser Touristen­ magnet besser von der anderen Seite er­ schlossen. Busse und Reisegruppen sind keine zu sehen. Dabei gäbe es schon et­ was zu sehen, alte bis sehr alte Gebäude, stattlich oder verwinkelt, teils in einem

Die überdimensionierte Betontreppe in der kleinen Fussgängerzone vor dem Coop lädt nicht zum Verweilen ein. Und doch stehen hier drei Frauen, die un­ beeindruckt von der kühlen Witterung und der eher dünnen Kleidung der einen lange beisammenstehen und re­ den. Ihr Lunch besteht aus Zigaretten und Red Bull. Im Café füllt die Tochter der Mutter das Kreuzworträtsel aus und lässt sie nicht zu Wort kommen. Es ist, als würde sie ihr eine lästige Aufgabe abnehmen. Lotta rennt, oder wie hiess der Film noch mal? Bald ist das Rätsel gelöst, noch nie haben sie von einem Zürcher Stadtviertel namens Riesbach gehört. Dabei läge auch das an einem See, mit Blick auf ei­ nen Ausflugsberg.

STEPHAN PÖRTNER  Der Zürcher Schriftsteller Stephan Pörtner besucht Surprise-Verkaufsorte und erzählt, wie es dort so ist.

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