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«Auf der Bühne wird die Utopie vorgelebt» Inklusion Tanz kann Menschen mit einer körperlichen oder kognitiven Schwäche integrieren. Warum, erklärt Isabella Spirig, die Gründerin des Projekts IntegrArt.

Isabella Spirig, wie kommt es, dass Sie sich für die Inklusion über den Tanz engagieren? Als junge Tänzerin nahm ich an einem inklusiven Tanzworkshop des britischen Choreografen Adam Benjamin teil und war beeindruckt vom kreativen Umgang mit aussergewöhnlichen Situationen. Ein weiterer Grund ist, dass ich inzwischen Mama eines Sohnes bin, der mit einer Behinderung lebt. Jeden Tag sind kreative Lösungen angesagt, die viele Bereicherungen schaffen. Inklusion schafft neue Möglichkeiten, für alle.

FOTO: CAROLINE MINJOLLE

INTERVIEW  LARISSA TSCHUDI

Worum wird es an Ihrer Tagung im September gehen? Die Tagung richtet sich an Politiker*innen sowie Kulturschaffende mit Entscheidungsgewalt. Also an Regisseur*innen, Intendant*innen von Theaterhäusern oder Leiter*innen von Festivals, an denen Tanz und Theater programmiert wird. Wenn Menschen mit Behinderung an den Tanzschulen zugelassen werden und in leitende Positionen kommen sollen, müssen bestehende Strukturen aufgebrochen und neu gedacht werden.

Wie erleben Sie das Echo Was kann der Tanz, was andere auf Ihre Forderungen? Kunstformen nicht können? Das erste Echo ist immer sehr gut. NieIsabella Spirig hat 2007 das Netzwerk­ Beim Tanz ist man gezwungen hinzumand sagt, Inklusion sei eine Schnaps­ projekt IntegrArt des Migros-Kulturprozent schauen und sich mit dem Körper der Tänidee. Danach muss man aber darauf achins Leben gerufen. Sie war als Tanzpädago­ zerin oder des Tänzers auseinandersetzen. ten, dass wirklich etwas verändert wird. gin, Tänzerin und Produktionsleiterin tätig. Man kann sich ihm nicht entziehen. Der Will man etwa eine Fachexpertin im Roll1998 übernahm sie die Leitung des Fachbezeitgenössische Tanz hat aus meiner Sicht stuhl in eine Kommission integrieren, reiches Tanz beim Migros Kulturprozent die Aufgabe, gesellschaftspolitische Framuss das Sitzungszimmer rollstuhlgängig und dessen Tanzfestivals Steps. gen zu stellen. «L’art pour l’art» finde ich sein. Es fallen vielleicht Kosten an, und weniger interessant. Der Tanz ist ein Mitdann entsteht rasch Widerstand. Persotel zum Zweck: Das Ziel ist die Inklusion. Alle sollen gleichbenen, die bei der Umsetzung konsequent bleiben, empfinden die rechtigt sein, niemand soll mehr ausgegrenzt werden. Auf der Inklusion aber immer als Bereicherung. Bühne wird diese Utopie vorgelebt. Es wäre schön, wenn die Was wünschen Sie sich für die Zukunft? ganze Gesellschaft so funktionieren könnte. Ich wünsche mir mehr Mut zum Konsequentsein. Denn die MögIntegrArt ist ein Netzwerkprojekt, das inklusive lichkeiten der Inklusion sind noch lange nicht ausgeschöpft. Ich Bühnenkunst fördert. Welche Ziele verfolgt es dabei? freue mich auf den Tag, an dem ein Tanzhaus oder ein Theater IntegrArt strebt die Gleichstellung von Künstler*innen mit und von einer Fachperson mit Behinderung geleitet wird. ohne Behinderung an, und zwar sowohl in den Darbietungen wie auch in den Leitungspositionen. Was haben Sie auf dem Weg dahin bereits erreicht? Wir haben erreicht, dass der Begriff «Professionalität» anders definiert wird. Die Gesuche von inklusiven Theater- und Tanzproduktionen wurden früher alle abgelehnt, weil es hiess: «Die sind nicht professionell.» Heute verlangen wichtige Schweizer Kulturinstitutionen nicht mehr zwingend ein Diplom von einer Tanzakademie, sondern anerkennen auch Praxiserfahrung. Ein anderer wichtiger Fortschritt ist, dass unsere Tänzer*innen jungen Menschen mit Behinderungen als Vorbild dienen. Die Jungen werden ermutigt, ihre eigenen Träume zu leben. 24

Netzwerkprojekt IntegrArt Seit 2007 engagiert sich das Migros-Kulturprozent mit IntegrArt für die selbstbestimmte Einbindung von Menschen mit Behinderungen in den Kunst- und Kulturbetrieb. Das Projekt vernetzt alle zwei Jahre inklusive Festivals und Theaterhäuser aus der Schweiz für gemein­ same Tanz- und Theaterproduktionen. «Strukturen neu denken», Tagung, Di, 21. und Mi, 22. September, Gessnerallee Zürich. Ziel ist der Austausch mit Kultur und Politik. www.integrart.ch/de/tagung

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