TREND - Magazin für Soziale Marktwirtschaft - Ausgaben 1/2 2022

Page 54

WIRTSCHAFTSRAT Innenansicht

INTERNATIONALER KREIS

HANDEL, ERNÄHRUNG UND VERBRAUCHERSCHUTZ

Transatlantischer Austausch mit US-Diplomat Clark Price

Pragmatische Agrarpolitik gefragt

Angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sind die deutsch-amerikanischen Beziehungen für die Sicherheit des europäischen Kontinentes und für die Handelsbeziehung auf beiden Seiten des Atlantiks von höchster Bedeutung. Der Internationale Kreis tauschte sich hierzu mit dem Gesandten der US-Botschaft in Berlin, Woodward Clark Price, aus. Das Gremium pflegt traditionell ein sehr gutes Verhältnis zur US-Botschaft und hat in Clark Price einen hervorragenden Ansprechpartner gefunden. Der Diplomat schnitt in seinem Impulsvortrag alle wichtigen Eckpunkte an: Den Bruch von Lieferketten, die Energieversorgung mit Öl und Gas, die Eindämmung des Konfliktes sowie die Rolle Europas. Clark Price betonte, dass die USA weder eine Entkopplung der westlichen Wirtschaft von Russland noch China bestreben würden. Derzeit ginge es allein darum, den Krieg in der Ukraine zu beenden, und zwar so schnell wie möglich. Die gestörten Lieferketten und die Energiepreisexplosion belasten die Volkswirtschaften ohnehin sehr stark. Die engen transatlantischen Beziehungen sind insbesondere dem Internationalen Kreis des Wirtschaftsrates ein wichtiges Anliegen. Zugleich wiederholten die Unternehmer im Internationalen Kreis ihre Forderung, dass wieder Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufgenommen werden sollten. Der Abbau transatlantischer Handelshemmnisse bleibt dringend notwendig. Die brüchigen Lieferketten werden für die Industrie neben den horrenden Energiekosten zur Dauerbelastung. Eine transatlan­ tische Freihandelszone würde hier auf beiden Seiten des Atlantiks zu deutlichen Entlastungen führen. Der Internationale Kreis unterstützt, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner die Initiative ergriffen hat und öffentlich einen neuen Anlauf auf ein l Freihandels­abkommen fordert.

Der Wirtschaftsrat fordert ein Umdenken in der Agrarpolitik. Konkret bringt er e­inen Verzicht auf weitere Quotierungen ins Spiel, etwa der von der Bundesregierung vorgesehenen Ökolandbau-Quote von 30 Prozent. Denn Ökolandbau ist weit weniger ertragreich als konventioneller Landbau und wird kaum in der Lage sein, die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln in Deutschland und Europa gewährleisten zu können. Weiterhin sollte darüber nachgedacht werden, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht noch weiter zu reglementieren. Durch die voraussichtliche Verknappung von Düngemittel mit der rus­ ­ sischen Invasion in der Ukraine besteht ohnehin die Gefahr vermehrter Ernteausfälle in Europa. Auch die ab 2023 bestehende Verpflichtung der Stilllegung von vier Prozent der Ackerflächen hat vor dem Hintergrund steigender Preise und der gleichzeitigen Verknappung von Agrarrohstoffen keine Existenzberechtigung mehr. Aus Sicht des Wirtschaftsrates ist jetzt wichtig, ein Sicherungssystem zur Nahrungsmittelversorgung zu entwickeln und so einen noch höheren Selbstversorgungsgrad zu erreichen. Schon während der Corona-Pandemie hatte die Ernährungswirtschaft mit Lieferengpässen, steigenden Rohstoffbeschaffungskosten und der anziehenden Inflation, auch befeuert durch hohe Energiekosten, zu kämpfen. In der Folge sind bereits die Lebensmittelpreise spürbar gestiegen. Nun wird durch den Krieg in der Ukraine, der Kornkammer Europas, auch die Diskussion der Versorgungs­ sicherheit mit Lebensmitteln neu geführt werden müssen. Vor dem Hintergrund, dass 30 Prozent des globalen Weizenhandels auf die Ukraine und Russland entfallen, kann davon ausgegangen l werden, dass die Preise weiter steigen.

Foto: AdobeStock©Zoran Zeremski

NEUES AUS DEN KOMMISSIONEN 

HIGHLIGHT-WEBTALK MIT DR. CARSTEN LINNEMANN MDB

Wie die Neuausrichtung der Politik gelingen kann Wenige Tage vor seiner Wahl zum stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden konnte der Wirtschaftsrat Dr. Carsten Linnemann MdB zu einem Webtalk begrüßen. Dabei zeigte er auf, wie die Neuausrichtung der Partei gelingen kann. Die Stagflation drohe zur Verarmung großer gesellschaftlicher Bereiche zu führen. Vor diesem Hintergrund sei es ein Glücksfall, dass Friedrich Merz die Urabstimmung zum CDU-Vorsitz so klar gewonnen habe. Die ­Niederlage der CDU bei der Bundestagswahl 2021 sei haupt­sächlich auf die Strategie des „Weiter so“ zurückzuführen. Dies habe dazu geführt, dass die Partei nicht mehr wahrnehmbar gewesen sei. „Die Menschen erwarten von uns, dass wir konstruk-

54

tiv, ­seriös und professionell sind, dass wir Stil und Haltung zeigen, und dass wir als CDU und CSU vernünftig miteinander umgehen“, erklärte Carsten Linnemann. Für die Zukunft wünsche er sich, dass die CDU sich nicht mehr emotional e­rpressen lässt und sich nicht aus Angst vor möglichen Shitstorms davor scheut, klare Positionen zu beziehen. Die Partei müsse sich wieder um die „stinknormalen“ Leute in Deutschland ­kümmern, die L ­ ebenswirklichkeit wahrnehmen und dort z­ u­hören, l wo es wehtut.

TREND 1/2 2022

Foto: Thorsten Schneider

Foto: us.embassy.gov




Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook

Articles inside

Im Spiegel der Presse

2min
page 65

Rückblick | Einblick | Ausblick

14min
pages 59-63

Finanzmarktklausur 2022

0
page 57

Zeitenwende“ darf nicht wackeln

1min
page 58

Klausurtagung Energie und Umweltpolitik

1min
page 56

Neues aus den Kommissionen

6min
pages 54-55

Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken  Friedrich Merz MdB

2min
page 51

Die Globalisierung stockt  Karl von Rohr

2min
page 52

Resilienz boostern  Ralph Brinkhaus MdB Finanzplatz stärken  Oliver Behrens

2min
page 53

Die Geopolitik ist zurück  Dr. Florian Toncar MdB

2min
page 50

Einsparungen überprüfen  Dr. Hagen Lessing Gaslieferstopp wäre leichtfertig  Wolfgang Langhoff

2min
page 49

Versorgunssicherheit geht vor  Andreas Jung MdB Infrastruktur ausbauen  Katherina Reiche

2min
page 48

Laternen als Ladestation  Daniel Kunkel

2min
page 47

Abhängigkeit beenden  Oliver Krischer

2min
page 46

Kein Zurück zur Normalität  Manfred Weber

2min
page 44

Versorgungssicherheit ist keine Selbstverständlichkeit  Patrick Lammers

2min
page 45

Steuern statt Embargo  Prof. Dr. Ricardo Hausmann

2min
page 43

Chance zur Erneuerung nutzen  Ulrich Leitermann

2min
page 42

Versorgungssicherheit in den Fokus nehmen

4min
pages 40-41

Genehmigungsverfahren beschleunigen  Dr. Gisela Meister-Scheufelen

4min
pages 38-39

Autarkie durch Recycling  Herwart Wilms

4min
pages 36-37

Wie sich Unternehmen vor Cyber-Angriffen schützen  Ramon Möhrl

2min
pages 34-35

Konsequente Politik zur Stärkung der Wirtschaft  Julia Klöckner MdB

3min
pages 26-27

Deutschlands Jahrhundertchance

3min
pages 28-29

Klimaschutz und Industrie miteinander versöhnen“  Hendrik Wüst

4min
pages 8-9

Rote Linien aufzeigen  Dr. Tobias Kaiser

4min
pages 6-7

Klimaschutz darf kein Alibi für Staatsdirigismus sein  Prof. Dr. h.c. mult. Roland Koch

4min
pages 18-19

Krypto-Innovationsstandort stärken  Dr. Stefan Berger

2min
page 21

Gemeinsame Ziele formulieren

3min
pages 22-23

Tarifautonomie in Not  Dr. Hagen Lesch

3min
pages 30-31
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.