TREND - Magazin für Soziale Marktwirtschaft - Ausgaben 1/2 2022

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AKTUELL Interview

sprach exklusiv mit Hendrik Wüst, Ministerpräsident in NordrheinWestfalen, über den Ausstieg aus der Kohle, den Strukturwandel im Ruhrgebiet, die Herausforderungen durch veraltete Infrastrukturen, die Digitalisierung und natürlich darüber, wohin er Nordrhein-Westfalen nach der Wahl führen will.

Das Interview führte Jan-Ulrik Heydorn.

– Das Ruhrgebiet durchläuft einen intensiven Strukturwandel. Welche politischen Impulse setzen Sie hier? Das Ruhrgebiet war lange industrielles Zentrum in Deutschland und Europa. Wir setzen mit der Ruhr-Konferenz seit 2018 Impulse für eine innovative Neuerfindung der Region als internationalem Spitzenstandort. Ein Schwerpunkt dabei ist die Forschung. Am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim etwa forscht der frisch ausgezeichnete Nobelpreisträger Benjamin List; die Universitätsallianz Ruhr bündelt die Kompetenzen von gleich drei Universitäten im Ruhrgebiet. Wir fördern auch das Zusammenleben der Menschen. Es gibt hochklassige Programme zur Stärkung der Kultur- und Bildungslandschaft. 250 Millionen Euro investieren Land und Wasserverbände, um die Region klimafest zu machen. Die erste dezentrale Internationale Gartenausstellung wird das

aus Russland machen. Mit der Wasserstoff Roadmap NRW oder der europaweit einmaligen Initiative IN4climate. NRW gehen wir den Wandel bereits an. Unsere verschärfte Energieversorgungsstrategie sieht bis 2030 einen Anteil von 55 Prozent erneuerbarer Energien vor. Wir werden unsere Kapazitäten bei der Solarenergie mindestens verdreifachen und bei der Windenergie verdoppeln. – NRW galt 2017 als das Stauland schlechthin. Welche Infrastrukturmaßnahmen hat die Koalition umsetzen können? Wir haben 2017 ein schweres Erbe übernommen. Ein marodes, stark sanierungsbedürftiges Straßennetz, einen lediglich eingeschränkt handlungsfähigen Landesbetrieb Straßenbau, ungenutzte Gelder in Berlin und zu niedrige Investitionen in unsere Landesstraßen. Das bin ich als

„Klimaschutz und Industrie „Grüne Ruhrgebiet“ zeigen. Und die Sicherheitskooperation Ruhr vernetzt kommunale und Landesbehörden beim Einsatz gegen Clan-Kriminalität. Wir setzen also Impulse in allen Lebensbereichen. – Zu dem Strukturwandel im Ruhrgebiet kommt die Dekarbonisierung der gesamten Industrie in NRW. Wie gestalten Sie dies? Ein ganz wesentlicher Punkt ist die Begleitung des Ausstiegs aus der Kohleverstromung. Mit dem Fünf-Standorte-Programm stärken wir die betroffenen Kraftwerksstandorte und die gesamte Wirtschaftsregion. Die Kernbotschaft unserer Maßnahmen lautet: Klimaschutz und Industrie miteinander zu versöhnen. Wir beweisen, dass Klimaschutz, gute Arbeitsplätze, Wohlstand und soziale Sicherheit zusammenpassen. Wir haben alle Chancen, Nordrhein-Westfalen zum modernsten und klimafreundlichsten Industriestandort Europas zu machen. Strategisch werden wir vor allem die Chancen des Wasserstoffs nutzen und uns damit auch unabhängiger von Energieressourcen

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Verkehrsminister angegangen. Wir brauchen eine Aufholjagd bei der Instandsetzung unserer Infrastruktur. Dafür haben wir einen nie dagewesenen Schub an Planungen, Genehmigungen und Baumaßnahmen in Gang gesetzt. Mehr Personal und Geld für Planung und Genehmigung, beschleunigte Verfahren und die massive Erhöhung der Mittel für Erhalt und den Ausbau unserer Landesstraßen haben die Trendwende eingeleitet. Mit dieser vorausschauenden Politik haben wir 600 Millionen Euro zusätzlich vom Bund nach Nordrhein-Westfalen geholt. Diese Bilanz kann sich sehen lassen. Klar ist aber auch: Wir laufen bei dem Thema einen Marathon, keinen 100-Meter-Sprint. – Die Digitalisierung erfasst alle Lebensbereiche. Nur in der Verwaltung hat man oft das Gefühl, dass die Entwicklung an ihr vorbei geht. Wie wollen Sie dies angehen? Wir sind mittendrin in der Digitalisierung. Corona war ein Beschleuniger auf allen Ebenen. Mehr als ein Drittel der rund 111.000 Nutzerinnen und Nutzer in der Lan-

TREND 1/2 2022


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