Kultur
Joseph Thomas Haller Ein großer Erforscher der ladinischen Sprache aus Ridnaun – Teil 1 von Paul Felizetti
Vor nunmehr 200 Jahren ist Joseph Thomas Haller (1781 – 1853) aus Ridnaun zu einem regelrechten Pionier der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Erforschung der ladinischen Sprache geworden. Er hat auch eine beachtliche Beamtenkarriere hingelegt, die ihn vom damals ärmlichen Hochtal von Ridnaun in die prunkvolle Residenzstadt Salzburg geführt hat. Um die zehnte Abendstunde des 13. Dezember 1781 erblickte in Ridnaun im Haus Nr. 30 Joseph Thomas Haller das Licht der Welt. Tags darauf wurde er von seinem Paten Thomas Kuen von Kalchern zur Kirche getragen und vom Kuraten Johann Gabriel Umhaus getauft. Die Eltern des Neugeborenen waren der Mesner Peter Haller und dessen Ehefrau Maria Anna Hofer. Die beiden hatten sich am 12. Februar 1781 in der Kuratiekirche von Ridnaun das Ja-Wort gegeben. Peter Haller hatte ursprünglich eigentlich Einsiedler werden wollen, hatte dann aber „Haus und Mesnerei“ übernommen und sich für den Ehestand entschieden. Das Amt des Dorflehrers übte er vermutlich seit 1773 aus, wobei er seinen Schützlingen nicht nur das Lesen und Schreiben, sondern auch die Christenlehre beizubringen hatte. Seine Braut Anna Maria Hofer war Organistin, was für die damalige Zeit sicherlich eher ungewöhnlich war. Auch ihr Vater Simon Hofer war Organist im Dekanat Zams, bei Landeck im Ober-
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Erker 04/21
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Eintrag im Taufbuch der Kuratie Ridnaun inntal gelegen. Dieser stammte aus Rodeneck und war in Zams nicht nur als Organist, sondern auch als Mesner und Lehrer an der dortigen einklassigen Schule tätig – eine Kombination von Tätigkeiten, wie sie damals in Tirol gang und gäbe war, wobei der Verdienst als Organist oft um einiges höher angesetzt war als jener des Schulmeisters. Nachdem es in Ridnaun wohl auch nicht viel anders gewesen sein wird, lohnt sich vielleicht ein kurzer Blick auf die 1779 vom zuständigen Pfarrer und Dekan erlassenen Richtlinien für den Zamser Organisten, Mesner und Lehrer Simon Hofer. Richtlinien für Organist, Mesner und Lehrer Als Organist sollte er es unterlassen, „Tänzlein, eitle Menuette und dergleichen in der Kirche unanständige Stücke zu schlagen und übel lautende, halbweltliche Lieder zu singen“. Auch sollte er beim Amt „keine anfangende Schüler oder solche Knaben singen lassen, deren Gesang zum Gelächter dient und das Volk in der Andacht störet“. Als Mesner hatte er genauestens darauf zu
achten, dass die Glocken pünktlich geläutet würden. Das Glockenhaus und die Sakristei waren stets zu verschließen und deren Schlüssel nur ehrbaren Leuten, „durchaus keinem Buben oder Weibsbild“, anzuvertrauen. Die Turmuhr hatte er höchstpersönlich oder durch taugliche Leute, „keineswegs durch Buben oder Kinder“ rechtzeitig aufzuziehen. Ausdrücklich wurde er daran erinnert, dass die Feldarbeit auf keinen Fall von der persönlichen Verrichtung des Dienstes entschuldige. Er hatte immer anwesend zu sein, „so oft ein Priester etwas zu verrichten hat“, überhaupt sollte der Mesner ohne Erlaubnis des Pfarrers nicht vom Ort abwesend sein. Die Kirchenparamente mussten in guter Ordnung gehalten werden und „sowohl im Aufrichten als auch im Abnehmen der Altarzierden kein ungeschickter Bub, noch weniger ein Weibsbild zu Hülf genommen werden“. Die Lichter an den Altären sollten „nicht zum Schaden der Kirche und mit Unehrbietung von ungeschickten oder halbnackenden Buben anzunden oder ausgelöscht werden“. Als Schulleiter sollte sich
Hofer an die Vorschriften halten, „was immer die unwissenden Aeltern der Schulkinder dawider murrten“. Die vorgeschriebene Schulzeit war genau einzuhalten sowohl für das Lesen und Schreiben als auch für die Christenlehre. Die Schulkinder sollte er zwar „mit Sanftmut traktirn, aber auch von bösen Aeltern derselben nicht abschrecken lassen, dieselbe nach Maß des Verbrechens mit Bescheidenheit zu strafen“. Von allen Schulkindern sollte tunlichst eine genaue Aufschreibung und Tabelle „der Fehigkeit, des Fortganges und des Ausbleibens“ erstellt werden. Auch bei den Christenlehren in der Kirche hatte er anwesend zu sein. Die Schulstube musste sauber und mäßig warm gehalten werden. Die „Mägdlein“ hatten getrennt von den Knaben ihre „Oerter“ allein zu besetzen. Als Schulleiter hatte er überdies dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder ehrbar gekleidet waren, in der Kirche sich „züchtig“ verhielten, auf der Gasse keine Unanständigkeiten betrieben, sondern „ohne Umschweife“ nach Hause gingen. Dem Lehrer wird dabei ein probates Mittel ans Herz gelegt: