BIORAMA Wien–Berlin 3 – Deutschlandausgabe

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SPEZIALAUSGABE: WIEN – BERLIN

STADT-LAND-WIRTSCHAFT

Sollen Wildnis und Landwirtschaft doch einfach auf dem Land bleiben?

Zusammen kultivieren: Der Wiener Gemischte Satz als alte Antwort auf den Klimawandel. — 22

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Gemeinsam
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Förderschienen der Städte. — 49
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Wozu fürs Klima auf die Straße gehen – und auf welche? —
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AUSGABE WIEN–BERLIN SOMMER 2023. WWW.BIORAMA.EU — BERLINAUSGABE P.B.B. — 11Z038861 M — 1060 WIEN KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR

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STADTLAND-WAS?

Ja, richtig gelesen. Das Thema, das diese Hauptstadtausgabe von BIORAMA dominiert, ist die Landwirtschaft innerhalb der Stadtgrenzen. Aber keine Sorge: Wir wollen uns und euch nichts vormachen. Weder in Berlin noch in Wien handelt es sich beim Getreide- und Soja-, beim Kartoffel- oder Knoblauchanbau um Alternativen zur globalisierten Weltwirtschaft. Betriebe, die sich im Stadtgebiet behaupten, tun das tendenziell in der Nische. Sie produzieren mit Fokus auf Qualität, dementsprechend hochpreisig und vermarkten ihre Erzeugnisse vielfach direkt. Die breite Masse der Bevölkerung wird sich weder da, noch dort direkt aus der Stadt ernähren lassen. Und selbst wenn das – zum Beispiel beim Gemüse – für beide Städte möglich wäre, bleibt das ein Gedankenexperiment.

Dass unseren Städten die landwirtschaftliche Produktion erhalten bleibt, hat aber mehr als Symbolcharakter. Denn einerseits verlieren wir durch sie nicht völlig aus dem Blick, woher unsere Lebensmittel stammen, was Qualität, Genuss und Kulturlandschaft ausmacht. Andererseits mahnen sie uns, dass wir das Stadtgebiet keinesfalls aussparen dürfen, wenn es um die flächendeckende Ökologisierung unseres Lebensraums geht. Es wäre inkonsequent und ignorant, alle Verantwortung aufs Umland abzuwälzen. Es kann nicht allein sowohl unsere Versorgung sicherstellen als auch Arten, Grundwasser und Boden schützen. Dafür brauchen wir auch in den Städten jeden Quadratmeter. Und dafür braucht eine ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft unsere Kaufkraft, unser Wohlwollen und unser Verständnis. Sie vermittelt uns auch ein Gefühl für Kreisläufe und Kreislaufwirtschaft. Und das brauchen wir weit über die paar tausend verbliebenen Hektar Stadtlandwirtschaft hinaus.

Viele in dieser Ausgabe vorgestellten Betriebe widmen sich deshalb richtigerweise nicht nur der Produktion von Lebensmitteln, sondern auch der (Agri-)Kulturvermittlung. Sie freuen sich über den Besuch von Schulklassen und RentnerInnengruppen, über Stammkundschaft.

Wir wünschen gute Lektüre!

IMPRESSUM

HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORiNNEN Georg Ander, Martin Mühl, Doris Müllner, Thomas Weber GESTALTUNG Nanna Kaiser, Patricia Enigl COVERFOTO Ali Bergen LEKTORAT Barbara Ottawa ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Tanja Grossauer-Ristl, Thomas Weber DRUCK Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT biorama.eu/abo ERSCHEINUNGSWEISE BIORAMA 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien.

BLATTLINIE BIORAMA ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. BIORAMA erscheint sechs Mal im Jahr. Zusätzlich erscheinen wechselnde BIORAMA-Line-Extentions.

BILD BIORAMA/MICHAEL MICKL
3 WIEN–BERLIN EDITORIAL, IMPRESSUM

INHALT

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14 Selbst isst die Stadt

Kann sich die Stadt selbst versorgen?

24 Weinbergwandel

Der Gemischte Satz bewährt sich im Klimawandel.

25 »Meister Eber« und sein Biobauer

Der Biohof Maurer schlachtet alle zwei Wochen ein Schwein.

25 JägerInnen gegen die Sprachgewalt

Der österreichische Jagdverband spricht eine andere Sprache.

30 Die letzte Landwirtschaft im Villenort

Den Erhalt seiner Landwirtschaft verdankt Dahlem Protesten der 1970er-Jahre.

36 Bewegungsverwaltung

Der Elektroumstieg bei den Fahrzeugen der Städte ist endlich auf Touren gekommen.

42 Fürs Klima aktiv

Wozu fürs Klima auf die Straße gehen? Und auf welche?

49 Impact als Pflichtfach

Wien und Berlin haben soziale und ökologische Auswirkungen in ihr Förderangebot integriert.

51 Urban Products

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SELBSTVERSORGUNGSSTADT?

Theoretisch wäre eine solche möglich, sagt die Forschung. Warum Stadtlandwirtschaft wichtig ist.

Vier Beispiele für Produktion aus Stadt und Grenzregion.

56 Kochbuchempfehlungen

Zwei Bücher widmen sich den Unkräutern der Hauptstädte –mit Rezepten und viel Wissen um die Pflanzen und ihre Heimatstädte.

64 Meine Stadt

Berlin

69 Biokulinariktipps

Wien

Editorial
Bilder der Ausgabe
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Street Talk Berlin
4 BIORAMA WIEN-BERLIN ERLEND LOREM IPSUM
BILD MARKUS SANDBICHLER, WIENER LINIEN/MANFRED HELMER, HERBERT LEHMANN, SYSTEM CHANGE NOT CLIMATE CHANGE, DORIS MÜLLNER

WIENER GEMISCHTER SATZ

Dieser Wein ist Klimawandelgewinner und mit ihm die WinzerInnen, die ihn anbauen.

STIMMEN DER STRASSE

Ein universitäres Reportageprojekt über vier KlimaaktivistInnen – und die Wiener Organisationen, in denen sie sich engagieren.

BEWEGUNGSVERWALTUNG

Die Umstellung öffentlicher Einrichtungen in Wien und Berlin auf Fahrzeuge mit E-Antrieb wurde beschleunigt.

STADTKRÄUTERREZEPTE

Mit sehr wilden Zutaten sehr ordentlich kochen: zwei Kochbücher widmen sich dezidiert den Haupstadtunkräutern.

MEINE STADT BERLIN

Doris Müllner zeigt uns ihre Lieblingsplätze und ihre Empfehlungen für Hotspots der Nachhaltigkeit in Berlin/Neukölln.

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44 56 64 5

ZUM BEISPIEL

BILD: REINVENTING SOCIETY

Es könnte 2045 in Wien zum Beispiel aussehen wie hier abgebildet – ein Zukunftsbild, das utopisch, aber möglich ist: Unter dem Titel »Realutopien« sammelt der Verein Reinventing Society e.V. realisierbare Zukunftsvisionen – das umfasst Textbeiträge und Anleitung zum utopischen Denken (»Utopian Charge«), aber auch wortwörtliche Zukunftsbilder: Renderings davon, wie unsere Städte durch Begrünung, durch Instandsetzung von Wasserkreisläufen, durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, aber auch durch umfassendere Grundversorgung der BürgerInnen und durchaus streitbare Ideen zu deren Finanzierung gestaltet, sein könnten. Damit sie und ihre BewohnerInnen ihren Beitrag zur Klimawende leisten können. Abrufbar über die schöne Url zb2045.de/quellen

Als Geschichten erzählt gibt es die Quintessenz dieser Inhalte in Buchform – für »Zukunftbilder 2045« verschwindet ein AutorInnenteam (Stella Schaller, Ute Scheub, Sebastian Vollmar und Lino Zeddies) hinter anonymisierten Beiträgen aus einer fiktiven Zukunft. In verschiedenen Städten Deutschlands wie auch in Zürich und Wien werden jeweils zu je-

BILD WWW.REALUTOPIEN.DE | WIEN URANIA, ZUKUNFTSBILD 2045 | REINVENTING SOCIETY & WIRE COLLECTIVE (CC BY-NC-SA 4.0, FOTO: PHOENIXPIX) BIORAMA WIEN-BERLIN WIEN-BILD DER AUSGABE 6

Die Wiener Urania der Vergangenheit 2022 hat noch so ausgesehen (oben). Gar nicht nicht grün rundherum, aber bei Weitem nicht genug. Ob uns die eher oberflächliche Begrünung versiegelter Flächen, wie sie uns in dieser Zukunftvision (links) bevorsteht, genügt, oder ob wir uns nicht auch viel mehr Solarpanele auf den Dächern wünschen, müssen wir heute herausfinden.

nen Bereichen Gespräche geführt, für eine Stadt auf dem Weg ins Jahr 2045 eine Vorbildrolle für Städte eingenommen hat. Das Nachlesen von Gesprächen, die eine unbekannte mit einer erfundenen Person der Zukunft führt, ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber vielleicht genau so verspielt, wie es mitunter nötig ist, an grundlegende Transformationsprozesse heranzugehen.

Und dieser Ansatz soll, wie Stella Schaller erklärt, »durch einzelne Charaktere und Geschichten aus deren alltäglicher Arbeit greifbar machen«, wie eine der möglichen Zukünfte aussehen könnte. Nach Wien wird etwa als Beispiel für seine Pionierleistungen im Bereich Wirtschaft geschaut – das fiktive Gespräch in der Stadt, die nebenbei 2035 vom motorisierten Individualverkehr befreit wurde, erzählt in erster Linie nach, wie das Bruttoinlandsprodukt durch Gemeinwohlindikatoren abgelöst wurde. Und der fiktive Interviewparter Basti Faber ähnelt auch sonst nicht ganz zufällig einem möglichen künftigen Christian Felber (einst Gründer von Attac Österreich).

BILD PHOENIXPIX
»ZUKUNFTSBILDER 2045 – Eine Reise in die Welt von morgen«, 2023, oekom.
7

Zufälliger sind da laut AutorInnen allfällige Ähnlichkeiten zwischen heutigen Mitgliedern des Berliner Ernährungsrates und Annika Janschen, die 2045 im brandenburgischen Wiesenburg von den alten Zeiten erzählt. Von den 2020er-Jahren, in denen der Berliner Senat davon überzeugt werden musste, »dass Essen keine Privatsache ist« und dazu bewegt »eine Ernährungswende für die Region einzuläuten«. Den Durchbruch hat hier die Wissenschaft ermöglicht: durch eine Studie, die berechnete, ein 100-Kilometer-Radius um Berlin reiche zur Ernährung der deutschen Hauptstadt.

Diese Hauptstadt selbst ist im Buch Schauplatz eines Interviews mit der Wildnisbeauftragten des Weltklimaparlaments, das wir dann längst haben. Sie lässt im Gespräch einige Jahre erfolgreichen Artenschutzes auf Berliner Stadtgebiet Revue passieren. Auf die Frage, wie wir es denn in den 2020ern geschafft haben, dorthin zu kommen, antwortet Stella Schaller aus

8 BIORAMA WIEN–BERLIN BERLIN-BILD DER AUSGABE

dem AutorInnenteam: »In Punkto Artenschutz haben wir in den 2010er und 2020er Jahren verstanden, dass das Thema Biodiversität so wichtig ist wie auch der Klimawandel. Und deswegen kamen viele Faktoren und Initiativen zusammen – von politischer und gesellschaftlicher Seite.« Sie wechselt in das Heute dieses Magazins und fügt an: »Wichtig ist, dass wir die ökologische und die soziale Dimension zusammendenken. Dass wir in allen Städten die Ökosysteme wieder lebendig werden lassen und es so nicht nur dem Klima, sondern auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dient.«

BILD ALEXEY FEDORENKO 9
realutopien.de

Klimaschutz im Hahnumdrehen

Seit 150 Jahren fließt Hochquellwasser klimaneutral nach Wien. Wer Leitungswasser statt abgefüllter Getränke trinkt, schützt das Klima somit im Hahnumdrehen.

Die I. Wiener Hochquellenleitung ist etwas Besonderes. Als die Leitung 1873 in Betrieb ging, war Nachhaltigkeit kein Begriff. Trotzdem ist das Wiener Wasser seit 150 Jahren genau das: ein klimaneutrales Getränk. Das liegt daran, dass die I. Hochquellenleitung nach dem Vorbild der römischen Wasserleitungen erbaut wurde. Der Höhenunterschied zwischen den Bergen und der Bundeshauptstadt sorgt dafür, dass Hochquellwasser nur mithilfe des natürlichen Gefälles – und ohne Pumpen – nach Wien fließt. Auch die Verteilung des Wassers in Wien erfolgt mithilfe der Schwerkraft. Leitungswasser trinken erzeugt damit im Unterschied zum Konsum von abgefüllten Getränken kein CO2.

Nebenbei nutzt Wiener Wasser das Gefälle, um klimaneutrale Energie in Form von Wasserkraft zu erzeugen. Damit wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen. 16 Kraftwerke entlang der beiden Hochquellenleitungen und in Wien liefern jährlich rund 65 Millionen Kilowattstunden

Strom. Das entspricht in etwa dem Strombedarf von Wiener Neustadt. Derzeit wird das 17. Wasserkraftwerk gebaut.

ENTLANG DER WASSERLEITUNG WANDERN

Erkunde selbst die schönsten Abschnitte der I. Hochquellenleitung auf dem Wasserwanderweg. In Kaiserbrunn bietet das Wasserleitungsmuseum einen einmaligen Überblick über die Geschichte. Wenige Schritte vom Museum entfernt liegt die Kaiserbrunnquelle. Sie ist der historische Ursprung der Wasserversorgung Wiens mit Quellwasser aus den Alpen. Im Rahmen einer Führung kannst du die erfrischende Atmosphäre der Quelle hautnah erleben.

Besuche das Museum und lerne so alles Wissenswerte zum Wiener Wasser!

BILD WIENER WASSER / PERNEGGER, PID ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG

JULIA

35, Tierpflegerin

Ich pflanze selbst einiges an, wenn ich so darüber nachdenke. Bei mir zu Hause wachsen zum Beispiel Tomaten, Erdbeeren, Paprika, Koriander, Minze und Petersilie – alles auf einem Balkon.

MARIANNE

72, Rentnerin

Auf meinem Balkon pflanze und pflege ich Brennnesseln, die ich wunderbar für meine Smoothies verwenden kann. Außerdem pflücke ich sehr gern im Schlosspark von Charlottenburg Löwenzahn für Salate.

ÖZCAN

52, selbstständiger Obst-/ Gemüsehändler

In Metropolen ist es schwierig, eigene Lebensmittel zu produzieren. Ich bin in den Bergen aufgewachsen, wo man wirklich alles angebaut hat. Hier lässt der Kapitalismus wenig Platz und Zeit für diese Einstellung und Entfaltung.

DIRKT

49, Trader

Ein guter Teil der Lebensmittel, die ich kaufe, wie aktuell Erdbeeren und Spargel, stammen aus dem nahen Umland von Berlin. So richtig aus der Stadt kommt aber glaube ich nichts davon.

LUCA

20, KFZ-Mechaniker

Ich esse nichts, dass direkt hier in der Großstadt wächst. Ich komme ursprünglich vom Dorf und meine Eltern sowie Großeltern versorgen mich von dort oft mit natürlichen Lebensmitteln vom Acker oder Tier.

LANIS

& DARVIN

16 und 19, Schülerin und Schüler

In Berlin kaufen wir alles in den Geschäften. In unserer Heimat in Spanien werden wir hingegen viel von Familie und Nachbarn versorgt. Man kennt eigentlich immer jemanden, der selbst anbaut und gern teilt oder verkauft. Hier ist die Realität eine andere.

»WAS ISST DU, DAS IN DEINER STADT WÄCHST?«
BIORAMA WIEN-BERLIN STREET TALK STREET TALK BERLIN WIR
12
11
INTERVIEW UND BILD: GEORG ANDER
FRAGEN,
URBANE ANTWORTEN.

SIMONE

50, Lehrerin

Als mein Kind noch klein war, habe ich Tomaten und Paprika auf dem Balkon angebaut. Jetzt sind es nur noch Kräuter, was deutlich einfacher ist. Sonst schau ich im Markt gern nach regionalen Produkten und weiß von Sprossen und Tofu, die direkt aus Berlin kommen.

WILLIAM

23, Gärtner

Ich selbst habe vor allem Bohnen, Minze und Rosmarin aber auch andere Kräuter bei mir. Manchmal kann ich auch etwas Gemüse aus der Gärtnerei mitnehmen, wenn das meine Chefin erlaubt. Auf Arbeit sehe ich, dass die Gärten unserer KundInnen vor allem schön und pflegeleicht sein sollen. Definitiv gibt es hier viel mehr Potenzial im Anbau von Nahrungsmitteln und der Selbstversorgung.

MARKUS

22, Notfallsanitäter

Von verschiedenen Freunden bekomme ich gelegentlich Eier oder Honig. Ich selbst baue Zucchini und Tomaten an, das macht schon Spaß, klappt aber mal mehr und mal weniger gut.

CLAUDIA

41, Erzieherin

Ein paar Kräuter wachsen bei mir daheim, mit denen ich koche. Aber an sich gäbe es deutlich mehr Potenzial im Anbau von Nahrungsmitteln in Berlin. Vor allem auf den Dächern der Stadt, könnte ich mir sehr gut mehr Gärten, Beete und Pflanzen vorstellen.

NORBERT

74, Geologe

Eine gute Menge italienischer Kräuter wächst auf meinem Balkon. Sie sind robust und halten auch durch, wenn ich mal eine Woche nicht zu Hause bin. Gemüse hätte es da nicht so leicht bei mir.

WIEBKE

29, Erzieherin

In diesem Kontext erinnere ich mich noch sehr gut an die Debatten von Genmais bis Mülltonnen bepflanzen aus meiner Vergangenheit. Mein Besti aus Potsdam kennt sich auf jeden Fall sehr gut mit Wildkräutern aus, die wir regelmäßig für Salate sammeln gehen.

12 BIORAMA WIEN-BERLIN STREET TALK

APPETIT AUF ACKERLAND

Kann sich die Stadt selbst versorgen? Theoretisch, sagt die Forschung, wäre das möglich. Warum Stadtlandwirtschaft wichtig ist.

Einst wurde Berlin aus Brandenburg ernährt. Das Oderbruch, ein entwässertes Überschwemmungsgebiet an der polnischen Grenze, galt als Gemüsegarten Berlins. Wie das Marchfeld, die fruchtbare Ebene nördlich der Donau zwischen Wien und Bratislava auch heute noch als Kornkammer Wiens bezeichnet wird und zumindest in der alljährlichen Spargelsaison auch als Anbaufläche ins allgemeine Bewusstsein kommt. Stadt und Umland waren – und sind – da wie dort untrennbar miteinander verbunden. Die Länder Berlin und Brandenburg haben gar einen eigenen Staatsvertrag abgeschlossen, in dem die Hauptstadt dem Umland die Landwirtschaftsagenden überantwortet, sich dabei aber verpflichtet zum Beispiel die Ländliche Entwicklung mitzufinanzieren.

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich zwar unsere Ernährungsweisen individualisiert und auch bei Lebensmitteln die Lieferketten globalisiert. Trotzdem wird sowohl in Berlin, als auch in Wien immer noch nennenswert Landwirtschaft praktiziert. Vor allem findet das in den Randbezirken statt, in ehemaligen Vorstädten und irgendwann eingemeindeten Vororten. Einstige Dörfer der Mark Brandenburg sind heute Berliner Bezirke. In Wien wird oft vergessen, dass weitläufige Bezirke wie die Donaustadt oder Floridsdorf ursprünglich zum Marchfeld gehörten. So wird auf Wiener Stadtgebiet immer noch mehr Getreide angebaut als beispielsweise in den Bundesländern Salzburg, Tirol oder Vorarlberg. Doch verbliebene landwirtschaftliche Flächen sind heiß begehrt: als

TEXT
14

Gewerbegebiet, für den Wohnbau oder einfach als sogenanntes »Stadtentwicklungsgebiet«. Wieviel Produktionsfläche verloren gingen, wiesen zuletzt das Statistische Jahrbuch Berlin 2019 und der Wiener Stadtlandwirtschaftsbericht 2022 aus: Während in Berlin 2005 noch 2406 Hektar für Ackerbau und vereinzelt auch Tierhaltung genutzt wurden, waren es 2016 nur noch 1.845 Hektar. In Wien sank die Anbaufläche von 7414 Hektar im Jahr 2010 auf zuletzt 6336 Hektar, die von knapp 700 Betrieben bewirtschaftet werden. Auf dem Papier zählte Berlin 2019 noch 52 landwirtschaftliche Betriebe. »Die Gruppe der LandwirtInnen in Berlin sind aber überwiegend PferdewirtInnen«, erklärt Katrin Stary, »es gibt auf dem Stadtgebiet von Berlin sehr wenig ›echte‹ Landwirtschaft«. Mit »echt« meint die Geschäftsführerin der Berliner Stadtgüter Flächen, auf denen Lebensmittel produziert werden. Die Pferde werden entweder für den Reitsport gehalten oder zur Landschaftspflege. »Landwirtschaftliche Urproduktion spielt in Berlin keine Rolle mehr. Entscheidend ist es, Berlin als wichtigsten europäischen Markt für Bioprodukte weiter auszubauen«, sagt Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (föl ). Besondere Bedeutung für die Ernährung der Bevölkerung kommt der Landwirtschaft in Berlin also keine zu. Wobei eine zum Jahreswechsel erschienene Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung errechnete, dass die deutsche Hauptstadt – theoretisch – den Gemüsebedarf seiner BewohnerInnen zu bis zu 82 Prozent direkt im Stadtgebiet decken könnte; bodenbezogen produziert und nicht auf Substrat und Nährlösungen oder, technisch aufwendig, in der Vertikalen oder mit künstlicher Beleuchtung. Bis zu 4.000 Hektar Fläche, so die Erhebung, wären dafür verfügbar. Dafür müsste aber ordentlich investiert werden, etwa um Flachdächer umzurüsten oder Bewässerung zu ermöglichen. Auch Geschäftsmodelle müssten erst noch entwickelt werden, wie Stadtklimaforscher Diego Rybski sagt. Denn: »Derzeit be-

wegt sich Urban Farming eher auf EnthusiastInnenniveau.« Sein Einwand: Damit werde in Innenhöfen, Schrebergärten, Gärten von Einund Zweifamilienhäusern aber eher keine effiziente Gemüsegärtnerei möglich sein.

Für Wien hat die sogenannte »sum-Studie« des Umweltbundesamts 2017 ergeben, dass sich die Stadt und ihr Umland (kurz: sum ) theoretisch zur Gänze mit regional produziertem Gemüse ernähren könnte. »Allerdings wird nur zu einem Teil das produziert, was tatsächlich nachgefragt wird«, wie Roman David-Freihsl, der Sprecher der Umweltabteilung ( MA 22) der Stadt erklärt. Die Selbstversorgungsrechnung geht in der Praxis also nicht auf – weil die Nachfrage nach Champignons, Karfiol, Kohl, Paprika oder Tomaten größer ist als die lokal produzierten Mengen; während etwa Erbsen, Karotten, Kraut, Spinat und Zwiebel sogar exportiert werden. Insgesamt würden sogar um 80.000 Tonnen Gemüse mehr produziert, als benötigt werden. Wobei dabei, wie gesagt, die

Bio in Wien

Bereits 31% der Wiener Landwirtschaft sind biozertifiziert.

BILD PAUL PIBERNIG, INES FOTOGRAFIE BERLIN
15 BIORAMA WIEN-BERLIN LANDWIRTSCHAFT IN DER STADT
Die Gärtnerei Herret aus Simmering stellt gerade von konventionellem Tomatenanbau auf Biogemüse und ganzjährige Vielfalt um. glashauskueche.at
»Landwirtschaftliche Urproduktion spielt in Berlin keine Rolle mehr. Entscheidend ist es, Berlin als wichtigsten europäischen Markt für Bioprodukte weiter auszubauen.«
—Michael Wimmer (FÖL)

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Umland-Gemeinden mit erfasst wurden.

Auch in Berlin sieht man die Stadt und ihr Rundherum als Ganzes. Historisch war das nicht nur den Input, sondern auch den Output betreffend relevant. Im 19. Jahrhundert war es eine große Aufgabe der Abwässer der BerlinerInnen aus der Stadt zu bringen. Sie wurden in zwölf Pumpwerken gesammelt und auf Flächen außerhalb verrieselt. Lange steigerte das dort den landwirtschaftlichen Ertrag. »Menschliche Fäkalien sind nichts Schlimmes, sondern Dünger«, sagt Katrin Stary, die Geschäftsführerin der Stadtgüter Berlin. Erst die Industrialisierung brachte Probleme. Teils wurden bis in die 1990er-Jahre Industrieabwässer verrieselt. Weshalb 2.500 Hektar der insgesamt 17.000 Hektar, welche die Stadtgüter heute betreuen, mit Schwermetallen kontaminiert sind. »Für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln sind diese Flächen damit nicht verwendbar.« Diese Flächen dauerhaft bewachsen zu halten, sei eine »Ewigkeitsaufgabe, die noch viele Generationen nach uns beschäftigen wird«, sagt die Managerin. Denn solange sie durchgehend bewachsen bleiben, ruhen Nickel, Kadmium und Blei dauerhaft immobil im Boden. Gelangt allerdings Regen ungehindert darauf, wandern sie ins Grundwasser. Mit Unternehmen, die durch anderweitigen Flächenverbrauch zu Kompensationsmaßnahmen verpflichtet sind, werden diese Flächen langfristig verbessert – und zum Beispiel zu Streuobstwiesen. Lose auf selten gemähten Wiesen wachsende Obstbaumbestände sind nicht nur besonders wertvolle Lebensräume für seltenes Getier und Wiesenpflanzen. Eine Untersuchung mit der Humboldt Universität hat ergeben, dass die Schwermetalle nicht in die Äpfel oder andere Früchte gelangen. Le -

diglich reife Holunderbeeren könnten belastet sein. »Wir weisen natürlich darauf hin, dass die Holunderbeeren kontaminiert sind«, sagt Stary. Jene 14.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen im Berliner Umland, die die Stadtgüter verpachten, seien natürlich sehr begehrtes Land für Siedlungen, Gewerbe- und Infrastrukurprojekte. »Mein Auftrag ist aber in erster Linie, die landwirtschaftlichen Flächen zu beschützen. Wir haben deshalb etabliert, dass wir nichts mehr hergeben ohne entsprechende Tauschflächen«, so Stary. Dass die studierte Landvermesserin und Immobilienökonomin früher das Real Estate Management der Berliner Flughäfen verantwortete und dort auch die Enteignungsverfahren für deren Erweiterung über hatte, ist für harte Verhandlungen wohl kein Nachteil. Lediglich bei der Erhö-

Wiener Landwirtschaftsbericht

Seit 2003 veröffentlichen Stadt Wien und Landwirtschaftskammer alle zwei Jahre einen umfassenden Bericht zur Landwirtschaft im Stadtgebiet. stadtlandwirtschaft.wien

BILD ANDREAS GUGUMUCK
Der von einem Verein betriebene Zukunftshof in Rothneusiedl in Wien-Favoriten möchte zum »Urban Food Hub« werden. Umgeben ist er großteils von Äckern, die bereits als Bauland gewidmet sind. Landwirtschaft, so die Vision, soll Rothneusiedl aber auch weiterhin prägen. zukunftshof.at
17 BIORAMA WIEN-BERLIN LANDWIRTSCHAFT IN DER STADT
»Die eine oder andere Chance wird es in der Direktvermarktung noch geben. Es braucht dafür aber Leute, die bereit sind, sich auf das Abenteuer einzulassen.«
Norbert Walter, Landwirtschaftskammer Wien

hung des Bioanteils der Flächen (derzeit: 9%) ist Katrin Stary vollkommen auf den guten Willen der PächterInnen angewiesen. »Wir würden Bio gerne stärker fördern. Das Problem ist aber, dass es aus historischen Gründen sehr langfristige Pachtverträge gibt, die teilweise bis 2056 laufen. Eine Umstellung geht also nur, wenn das ein/e PächterIn möchte.«

Beim Bioanteil ist Wien deutlich weiter als Berlin. Bereits 31 Prozent der Fläche wird hier zertifiziert biologisch bewirtschaftet. Bis 2025 möchte man in der österreichischen Hauptstadt bei der Produktion und beim Konsum von Biolebensmitteln das Bundesland Nummer eins sein. (Zur Orientierung: Salzburg lag zuletzt flächenmäßig bei 57% Bioanteil.) Die Stadt Wien, mit selbst 2.000 Hektar landwirtschaftlich bewirtschaftet (etwa mit

dem Bio-Zentrum Lobau oder dem Weingut Cobenzl), versteht sich als ökologischer Leitbetrieb, agiert seit Jahren biozertifiziert und verzichtet damit beispielsweise auf synthetische Spritzmittel. Zur Vermarktung ihrer eigenen Bioprodukte (und von Wildbret aus den Wasserschutzwäldern südlich von Wien) hat die Stadt zuletzt die Marke »Wiener Gusto« kreiert. Die Landwirtschaftskammer Wien, Interessensvertretung der hunderten restlichen Agrarbetriebe, propagiert als eigene Marke: »Stadternte Wien«.

Die Berliner Stadtgüter feiern gerade ihr 150-jähriges Bestehen – ab September auch in einer virtuellen Ausstellung. Vor dem Zweiten Weltkrieg umfassten die Stadtgüter 25.000 Hektar, heute sind es 17.000. Nur durch Industrieabwässer kontaminierte Flächen (2500 Hektar) werden nicht bewirtschaftet. berlinerstadtgueter.de

Ob Bio oder konventionell bewirtschaftet: bedroht sind die landwirtschaftlichen Flächen auch in Wien. Norbert Walter, seit Frühjahr Präsident der Wiener Landwirtschaftskammer und selbst Biowinzer, lobte bei seinem ersten offiziellen Auftritt als oberster Bauernfunktionär nicht nur die Vielfalt der Wiener Stadtlandwirtschaft, sondern gelobte auch »darauf zu achten, dass so wenig Boden wie möglich verloren geht oder versiegelt werden«. 85 Prozent der als Vorranggebiet Landwirtschaft gewidmeten Böden seien abgesichert, das dürfe auf keinen Fall weniger werden. Während anderswo Betriebe wachsen, Äcker oder Weinberge dazupachten können, ist das im Stadtgebiet aber nur bedingt möglich. »Die eine oder andere Chance in Nischen oder in der Direktvermarktung wird es noch geben«, ist sich Walter sicher. »Es braucht dafür aber Leute, die bereit sind Risiko auf sich zu nehmen und sich auf das Abenteuer einzulassen.« Seine Vision: Wien als »Innovation Lab« für moderne Landwirtschaft. Dazu soll es künftig auch einen eigenen »Innovation Day« geben. Sehr wahrscheinlich, dass es dabei auch Besuch aus Berlin geben wird.

BILD BERLINER STADTGÜTER GMBH 18 BIORAMA WIEN–BERLIN LANDWIRTSCHAFT IN DER STADT
»Mein Auftrag ist es in erster Linie, die für andere Nutzungsformen begehrten landwirtschaftlichen Flächen zu beschützen.«
Katrin Stary, Stadtgüter Berlin

WIR LÄSST UNS NEUE WEGE GEHEN.

WIR MACHT’S MÖGLICH.

Lösungen entstehen immer im WIR. Dort, wo sie für alle nützlich sind. Dieser Gedanke gilt bei uns nicht nur für Banking, sondern umfasst auch Initiativen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Wissenschaft und Forschung. Darum engagieren wir uns bei Energiegenossenschaften, Gemeinschaftsinitiativen und Crowdfunding-Projekten. WIR macht’s möglich.

Impressum: Medieninhaber: Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien AG, F.-W.-Raiffeisen-Platz 1, 1020 Wien raiffeisenbank.at

STADT ISST IHR GEMÜSE

In Haus- und Schrebergärten, auf Flächdächern, aufgelassenen Friedhöfen und Parkplätzen könnte in Berlin Gemüse angebaut werden. Stadtklimaforscher Diego Rybski erklärt, was dafür nötig wäre.

Der Physiker arbeitet seit 2009 am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Bereich Stadt und Klimawandel und kooperiert mit dem Complexity Science Hub Vienna.

Selbstversorgung mit Gemüse. Die Studie

»A large share of Berlin’s vegetable consumption can be produced within the city«, in: Sustainable Cites and Society, 29. Dezember 2022, von Marion De Simone, Diego Rybski u. a.

BIORAMA: Sie haben ermittelt, dass 82 Prozent des Gemüsebedarfs der BerlinerInnen im Stadtgebiet angebaut werden könnte – wohl mit Betonung auf »könnte«. Erachten Sie das Ergebnis ihrer Studie eher als Gedankenexperiment oder als realistisches Szenario?

DIEGO RYBSKI: Schon eher als Gedankenexperiment. Insofern als wir hauptsächlich die in Frage kommenden Flächen untersucht haben. Den größten Anteil, die Hälfte daran, haben Flächen in Wohngebieten, also Innenhöfe oder Gärten von Ein- und Zweifamilienhäusern. Schrebergärten tragen gut ein Drittel bei. Außerdem haben wir mittels dreidimensionaler Gebäudeinformation ermittelt, welche Flachdächer zur Gemüseproduktion geeignet wären. Alles in allem sind wir auf mehr als 4000 Hektar gekommen. Um ein Gedankenexperiment handelt es sich auch, weil sich natürlich die Frage stellt: Wer soll das denn bewirtschaften? Da müsste man politisch Anreize bieten. Für die urbane Gemüseproduktion deutlich auszubauen, bräuchte es wohl auch kommerzielle Modelle. Ich propagiere deshalb ähnlich wie ein Biosiegel ein Siegel für lokale Produktion, wo sich KäuferInnen drauf verlassen können, dass ein Produkt wirklich in Berlin oder Wien produziert wurde. Mit einem solchen Siegel steigt auch die Bereitschaft, einen höheren Preis zu zahlen.

So wie das von der Wiener Landwirtschaftskammer gegründete Label Stadternte?

Das war mir zwar nicht bekannt, aber ja. Gedanklich weitergesponnen, bräuchte es, wenn man den Anteil der Produktion in der Stadt erhöhen wollte, wohl eine vertragliche Einigung mit GartenbesitzerInnen oder Dachflächen -

eignern, dass ein gewisser Teil bewirtschaftet wird. Derzeit haben bei Mehrparteienhäusern oft ja nicht einmal die BewohnerInnen Zugang zum Dach. Urbane Landwirtschaft brächte jedenfalls auch alle Vorteile, die mit Stadtgrün einhergehen, etwa die Verminderung des Hitzeinseleffekts.

Wann rechnen Sie damit, dass – wie von Ihrer Studie angenommen – auch Parkplätze vor Supermärkten entsiegelt und anders genutzt werden können?

Dabei handelt es sich ja zunächst nur um 2 Prozent der von uns ermittelten Fläche. Und durch die neue Berliner Regierung hat sich wieder einiges relativiert. Doch zumindest im

»Derzeit bewegt sich Urban Farming eher auf EnthusiastInnenniveau.«

Diego Rybski, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Innenstadtbereich bleibt die Entwicklung zu weniger Autos, womit sich auch der Parkplatzbedarf reduziert. Die zu bewirtschaftende Fläche dafür müsste aber nicht unbedingt entsiegelt sein, sondern einfache Hochbeete auf ein paar Parkplätzen weniger können ertragreich sein, sofern systematisch bewirtschaftet. Aber es gibt dasselbe Problem: Irgendwer muss das machen. Derzeit bewegt sich Urban Farming eher auf EnthusiastInnenniveau. Ich schätze das Engagement sehr – und bin selbst Stadtgärtner –, aber zusätzliche Formate sind nötig, um städtische Landwirtschaft auszuweiten.

BILD KARKOW PIK
INTERVIEW
20 BIORAMA WIEN–BERLIN STADTLANDWIRTSCHAFT
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EINE FLÜSSIGE ANTWORT AUF DEN KLIMAWANDEL

Wiener Gemischter Satz Mindestens drei Rebsorten aus einem Weingarten, der größte Sortenanteil einer Rebsorte darf nicht höher als 50% sein, der drittgrößte Anteil muss zumindest 10% umfassen.

Drei Herkunftsstufen Gebietswein, Ortswein und Riedenwein mit eigenen Regeln etwa für den Alkoholgehalt.

Im Ausbau darf der Wiener Gemischte Satz keinen stark wahrnehmbaren Holzeinsatz aufweisen.

Die uralte Weinbauweise des Gemischten Satzes erfreut sich unter diesem Namen nun seit rund 15 Jahren stark steigenden Interesses. Auch weil sie Klimawandelanpassungen erleichtert. Eine besonders große Rolle spielt dieser in Wien in der einzigen Stadt der Welt mit ökonomisch relevantem Weinbau. Und: Je nach Quelle werden aktuell 30 bis 40 Prozent der Weinanbaufläche in Wien biologisch oder biodynamisch bewirtschaftet, in wenigen Jahren wird es wohl die Mehrheit sein. Gemischter Satz bedeutet, dass in einem Weingarten mindestens drei, meist aber noch viel mehr verschiedene Rebsorten stehen. Diese werden gemeinsam zur gleichen Zeit gelesen und dann im Keller weiter verarbeitet. Die gemeinsame Lese sorgt dafür, dass die unterschiedlichen Rebsorten zum Zeitpunkt der Lese unterschiedlich reif sind und eher früh geerntete Trauben im Wein später tendenziell für eine willkommene Säure sorgen und jene die schon deutlich reifer sind und mehr Zucker haben, der sich bei der Gärung in mehr Alko -

hol umwandelt, miteinander für einen komplexen vielschichtigen Weingenuss sorgen. Dies sorgt nicht nur bei jungen Weinen für Komplexität und eine Gleichzeitigkeit – im Idealfall eine harmonische Balance – aus Frucht, Säure, Mineralik oder auch Kraft und Geschmacksvolumen, sondern verspricht in den meisten Fällen auch ein Reifepotenzial, da die Weine noch nach Jahren in der Flasche vielschichtig und frisch sind.

MEHRERE TAUSEND JAHRE

STANDARD

Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war diese Anbaumethode nicht nur in Europa die allgemein vorherrschende und reinsortiger An- und Ausbau eine Seltenheit. Doch in 1860ern kam mit Kulturpflanzen aus Amerika nicht nur die berühmte Reblaus nach Europa, ihre Ausbreitung leitete auch die Abkehr vom bis dato dominierenden Gemischten Satz ein. Sie beendete eine Blütezeit des Europäischen Weinbaus und breitete sich über ganz Europa aus, 30 Jahre schien man ihr hilflos ausgesetzt

Der Gemischte Satz ist ein Klimawandelgewinner und mit ihm die WinzerInnen, die ihn anbauen.
BILD WEINGUT CHRIST
22 BIORAMA WIEN–BERLIN STADTLANDWIRTSCHAFT

zu sein. In manchen Ländern ging der Weinertrag in dieser Zeit um über zwei Drittel zurück. Als einziges Mittel gegen den Schädling erwies es sich, die europäischen Weinstöcke auf amerikanische, gegen die Reblaus immune Wurzelstöcke aufzupfropfen. Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann auf reinsortigen Wein gesetzt, auch wenn nicht zuletzt französische Regionen eine Regionstypizität über die einzelne Rebsorte setzen und erfolgreich vermarkten. Der Gemischte Satz aber, geriet in Vergessenheit.

Wiederentdeckt hat ihn vor fast 20 Jahren eine Runde von Wiener WinzerInnen, darunter Richard Zahel und einige WinzerInnen, die heute als WienWein zusammenarbeiten. Teil dieser Gruppe sind Rainer Christ mit seinem Bioweingut, Fritz Wieninger, der unter seinem Namen und der Naturweinmarke Hajszan Neumann biodynamisch arbeitet und die Weingüter Edlmoser, Cobenzl (bio ab Ernte 2023), Mayer am Pfarrplatz und Fuhrgassl-Huber. Als sie sich 2006 noch mit Zahel als Teil der Gruppe zusammengeschlossen haben, um dem Wiener Gemischten Satz einen neuen Stellenwert zu geben, wurde gemeinsam auf 30 Hektar Gemischter Satz angebaut, heute sind es über 200 Hektar. Damals wurden davon 40.000 Flaschen pro Jahr verkauft, heute sind es über 1,1 Millionen. Seit 2013 gibt es den Wiener Gemischten Satz auch als DAC-Kategorie und er trägt das Slow-Food-Gütesiegel »Presidio-Produkt«. Dem Terroir, vereinfacht der Geschmack eines Gebiets, der sich aus Klima und vor allem dem Boden ergibt, wurde in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit ge-

dern der Geschmack eines Gebiets: »Wenn im Gemischten Satz einzelne Rebsorten dominant werden, ist das Produkt misslungen«, bringt es Rainer Christ auf den Punkt. Die Gebiete, um die es dabei geht, können sehr klein sein: Auch in Wien schmeckt der Gemischte Satz vom Bisamberg nördlich der Donau, anders als jener vom Nussberg südlich der Donau oder jener aus Mauer im Süden Wiens.

DAS SPIEL MIT DER SÄURE

DAC

schenkt. Der Gemischte Satz steht wie wenige andere Begriffe für diesen Zugang – nicht die einzelne Rebsorte steht im Vordergrund, son-

Diese Art des Weinbaus eignet sich ideal für Klimawandelanpassungen: »Beim Gemischten Satz kann ich, wenn einzelne Rebstöcke ausgetauscht werden müssen oder auf Wunsch neue Rebsorten gepflanzt werden sollen, die vielleicht später oder früher reifen, dies tun ohne dadurch die Spezifik des Weins zu verändern«, erklärt Rainer Christ. WinzerInnen müssen sich hier nicht die Frage stellen, welche einzelnen Rebsorten in ihren Weingärten in 10 oder 20 Jahren Wein bringen, sie können in kleinen Schritten modellieren und anpassen. Wichtig sind die einzelnen Rebsorten nämlich schon: Sie bringen die Eigenheiten des Bodens über ihre Wurzeln in die Traube und sind zur Lese eben auch unterschiedlich reif. Auch für Michaela Griesser, die stellvertretende Leiterin des Instituts für Wein- und Obstbau an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien, ist der Gemischte Satz eine Möglichkeit zur Klimawandelanpassung: »Es wird in Zukunft wichtig sein trotz veränderter Bedingungen in den Trauben beziehungsweise einem Wein ein breites und dynamisches Spiel an Säure und Zuckergehalt zu haben – der Gemischte Satz ermöglicht das auch in Zukunft. Hier können Sorten in den Weingarten genommen werden, die heute bei uns noch kein Thema sind, ohne komplett umzu-

Districtus Austriae Controllatus ist die gesetzliche Bezeichnung für besonders gebietstypische österreichische Qualitätsweine. Was typisch für die großen Gebiete ist, macht sich das für Weinbaupolitik im Gebiet zuständige regionale Weinkomitee (Trauben- und WeinproduzentInnen, HändlerInnen) aus.

Kommt es in Zusammenarbeit mit Kammern und dem »Österreich Wein Marketing« zu einem Verordnungsvorschlag, kann dieser Gesetzesrang erlangen. Natürlich gibt auch viel guten Wein abseits dieser Typizität.

BILD RAIMO RUDI RUMPLER, PRIVAT
»Wenn im Gemischten Satz einzelne Rebsorten dominant werden, ist das Produkt misslungen.«
Rainer Christ, Weingut Christ
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»Wein hat den Vorteil, dass er tiefer wurzelt, da die Weinstöcke über viele Jahre stehen und nicht maximal ein Jahr.«
Michaela Griesser, Boku Wien

Heurigenkultur

Der Wiener Gemischte Satz hat eine Tradition in der Heurigenkultur, die 2019 von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe Österreichs erhoben wurde. Sie geht zurück auf das Jahr 1784 in dem Kaiser Joseph II. seinen WinzerInnen erlaubte, ihren jungen Wein direkt vor Ort auszuschenken.

stellen.« Für entscheidend hält sie es außerdem, dass biologisch oder biodynamisch gearbeitet wird. Dies ergibt gemeinsam mit einer möglichst großen Biodiversität im und rund um den Weingarten die gesündesten Böden, die dafür sorgen, dass die Pflanzen gut versorgt werden und dadurch weniger Stress haben und so weniger anfällig sind für Krankheiten, Insekten oder Pilzbefall: »Begrünungsmanagement, Böschungen, Randstreifen und eine diverse Kultur, machen den Unterschied. Pflanzen können dann trotz Trockenheit und höheren Temperaturen weniger Stress haben«, erklärt sie. In ihrer Beobachtung hat sich in diesem Bereich aber in den letzten Jahren viel getan und auch der konventionelle Weinbau arbeitet heute großteils mit mehr Bedacht auf den Boden. »Die Weinrebe ist eine genügsame Pflanze und mit entsprechender Bodenpflege, kann man über Jahre das Ökosystem stärken und aufbauen. Wein hat gegenüber der Ackerlandwirtschaft auch den Vorteil, dass Wein tiefer wurzelt, da die Weinstöcke über viele Jahre stehen und nicht maximal ein Jahr.« Die Umgebung seiner Weingärten weiß auch Rainer Christ zu schätzen: »70 Prozent des Bisambergs werden nicht landwirtschaftlich genutzt und das Gebiet hat eine der größten Artenvielfalten in Europa. Es ist ein Bonus für uns, dass wir eingebettet in so eine Landschaft arbeiten können.«

Alexander Zahel ist der Neffe von Richard Zahel und hat als junger Weinbauer die Möglichkeit bekommen das Weingut nach seinen Vorstellungen umzubauen: Schnell wurde auf biodynamischen Weinbau umgestellt und noch heute ist das Weingut Zahel der einzige Demeter-Weinbetrieb in Wien. Er sucht in seinen Bestrebungen immer noch ökologischer zu arbeiten immer neue Wege. Noch für seine Großeltern war der Gemischte Satz eine Art Risikostreuung: Wenn eine Sorte etwa wegen viel Regen litt, konnte eine andere dafür sorgen, dass genügend Ertrag da ist. Für ihn ist er Gemischte Satz eine Möglichkeit zur Komplexitätssteigerung: »Als Winzer kenne ich die Rebsorten. Ich weiß, welche wann reift und kann durch die Rebsortenwahl und -zusammensetzung trotz

höherer Temperaturen später ernten und den gewünschten Stil beibehalten.« Er ist 2010 bei WienWein ausgestiegen, weil er als junger Mensch komplett frei nach seinen Vorstellungen arbeiten wollte, betont aber das gute Miteinander unter den Wiener WinzerInnen: »Die Zukunft wird darin liegen gemeinsam biologisch, biodynamisch und regenerativ zu arbeiten, dann werden alle gemeinsam erfolgreich sein«, ist er überzeugt.

INTERPRETATION IM KELLER

Auch wenn der Wiener Gemischte Satz vor allem als DAC-Wein eine gewisse Typizität erwarten lässt, haben die WinzerInnen noch viel Spielraum: »Der Ausbau ist die Interpretation der Person die im Weinkeller die Entscheidungen trifft«, sagt Rainer Christ – und die kann ganz unterschiedlich ausfallen. Abhängig natürlich auch vom einzelnen Jahrgang und zum Beispiel den Auswirkungen des Wetters. Ge -

mischten Satz gibt es natürlich nicht nur in Wien, sondern dieser ist etwa auch das Signature-Produkt von Bioweinbauer Gottfried Lamprecht mit seinem »Buchertberg Weiss« aus der Steiermark. Aber nur in Wien ist der Gemischte Satz eine geschützte Bezeichnung. Darüber und über ihren Ansatz erzählen die WinzerInnen von WienWein auch internationalen BesucherInnen, die derzeit oft noch viel reinsortiger und in größeren Maßstäben arbeiten und sich für die Vorteile des Wiener Gemischten Satzes mit seiner langen Geschichte interessieren. Dass der Gemischte Satz als eine Antwort auf den Klimawandel auch Zukunft hat, davon sind alle gleichermaßen überzeugt.

BILD DEMETERHOF ZAHEL 24 BIORAMA WIEN–BERLIN STADTLANDWIRTSCHAFT
»Ich kann durch die Rebsortenwahl und -mischung trotz höherer Temperaturen später ernten und trotzdem den gewünschten Stil beibehalten.«
Alexander Zahel, Weingut Zahel

»MEISTER EBER« UND SEIN BIOBAUER DER DUDEN UND DIE JAGD

Der Biohof Maurer schlachtet alle zwei Wochen ein Schwein.

»Leberwurst ist der Renner«, sagt Biobauer Andreas Maurer. Und die Hühner sind der Bringer. »Unsere Hendln sind die absoluten Selfie-Stars.« Gut sichtbar aus Autos und für neugierige RadfahrerInnen bringt das Geflügel potenzielle Kundschaft zum mobilen Hühnerstall hinter seinem Hof in Wien-Leopoldau – und damit auch vor die zwei Selbstbedienungsautomaten. Darin werden neben Eiern auch Schweinefleisch, Würste und Schmalz verkauft. Gehalten werden die Schweine im neu gebauten Freiluftstall des alteingesessenen Hofs. 20 Sauen und ein Eber (»Meister Eber«) ergeben 400 Ferkel im Jahr; allesamt auch gut versorgt von Bäuerin Lisa Hüller-Maurer, im Hauptberuf Tierärztin. 35 Schweine mästet und vermarktet man selbst. Der Rest wird ins nahe Niederösterreich »exportiert«. Dorthin bringt der junge Bauer auch alle zwei Wochen ein Schwein zum Schlachten. »Sechs Kilometer persönlich begleitet, stressfreier geht kaum«, sagt Maurer. Möglich macht diese Tierhaltung die Direktvermarktung. Das Geld fließt nicht in Transport, Schlachthof und Handel, sondern bleibt zur Gänze am Hof.

Biohof Maurer, Wien 1210, Leopoldauer Platz 17 (Automaten am Stadlweg 34); öffentlich erreichbar mit der U1 (Station Aderklaaer Straße). Besuche im Rahmen von »Schule am Bauernhof« sind möglich. biohof-maurer.at

Jagdverbände versuchen Hauptstädte-

rInnen für die Jagd zu gewinnen.

Der Duden definiert Jagd als »das Aufspüren, Verfolgen, Erlegen oder Fangen von Wild«. Eine knappe Darstellung, wie für Wörterbücher üblich. Zu verkürzt, findet Jagd Österreich, der Dachverband der Landesjagdverbände. Weshalb dieser Anfang des Sommers aktionistisch wurde: Vor der Redaktion des Duden Verlags in Berlin sowie vor dem Sitz des Verlags des Österreichischen Wörterbuchs in Wien, wurden mobile Transparente platziert. Darauf zu lesen: umfangreichere Jagd-Definitionen. Parallel dazu erschien ein offener Brief mit der höflichen Bitte, den aufs Töten reduzierten Jagd-Begriff zu erweitern – beispielsweise um die »ehrenamtliche Förderung der Biodiversität«. Information ist auch das Ziel der mit den Aktionen gestarteten Kampagne »Das ist Jagd«.

Denn einerseits fehlt vor allem Stadtmenschen oft das Verständnis für die Notwendigkeit von Jagd. Andererseits sammelt eine jagdkritische Initiative seit Kurzem Unterschriften für ein Volksbegehren: Radikale Tierrechtsgruppen wie der Verein gegen Tierfabriken (VGT), aber auch der Ökologische Jagdverband fordern ein österreichweit gültiges Jagdgesetz mit u. a. einheitlichen Schonzeiten und einem Verbot bleihaltiger Munition. Den Sinn der Jagd stellt aber nicht einmal der VGT infrage.

dasistjagd.at

THOMAS WEBER
THOMAS WEBER
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»Bio trotzt der Krise«

Wie geht es mit Bio weiter? Klaudia Atzmüller und Andreas Steidl, beide GeschäftsführerInnen von Ja! Natürlich, über Tierwohl und Klimaschutz, wirksamen Bodenschutz und die wachsende Bedeutung pflanzlicher Alternativen.

Der Biomarkt ist in Bewegung. Während im Osten Österreichs im Vorjahr mehr Bäuerinnen und Bauern auf Biolandwirtschaft umstellten, verzichten im Westen vor allem Mutterkuh- und Milchviehbetriebe zuletzt häufiger auf eine Biozertifizierung. Hat Ja! Natürlich auch langjährige LieferantInnen verloren?

Andreas Steidl: Wir verlieren keine Partnerbetriebe, weil z. B. die von der EU Bio-Verordnung verlangten Richtlinienpunkte nach vielen Jahren der Übergangsfrist eingefordert werden. Ja! Natürlich setzte bei der Auswahl der Partnerbetriebe von Anfang an darauf, dass die Grundprinzipien von Bio und der artgemäßen Tierhaltung wie verpflichtender

Weidegang, Auslauf und Bewegungsfreiheit im Stall, erfüllt werden. Daher kommen diese Ausstiegsgründe bei uns nicht zum Tragen. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich der Umstieg auf Bio für die LandwirtInnen in den allermeisten Fällen auszahlt. Alle Meilensteine, die wir als Ja! Natürlich schon über die Biostandards hinaus erreicht haben, wurden in enger Partnerschaft mit den Bäuerinnen und Bauern geschafft, mit denen wir teilweise schon seit der Gründung zusammenarbeiten. Ich bin überzeugt, dass jene Betriebe, die in die erforderlichen Umstellungen investieren, dadurch zukunftsfit werden. Bio eröffnet vor allem auch für kleiner strukturierte bäuerliche Betriebe in Österreich eine große Chance.

BILDER REWE

— Klaudia Atzmüller, Ja! Natürlich

Wie verhalten sich denn die KonsumentInnen im Supermarkt? Halten Sie Bio die Treue?

Klaudia Atzmüller: Die Zahlen zeigen eine anhaltend wachsende Nachfrage nach unseren Produkten – der Sortiments-Anteil von Bio lag im ersten Quartal dieses Jahres wieder über dem des Vorjahres. Der Bioanteil ist stabil bei fast 12 Prozent, ein sehr erfreulicher Wert! Das liegt vor allem daran, dass das Verantwortungsbewusstsein für unseren Planeten und das Interesse und Wissen über die Zusammenhänge heute ungleich größer ist, als bei der Gründung von Ja! Natürlich vor 29 Jahren. Und es wird noch weiter zunehmen. Ebenso die Achtsamkeit bei der Ernährung. Das sind starke Treiber für eine weiterhin hohe Nachfrage im Bioland Österreich. Bio trotzt der Krise, auch weil sich der Preisunterschied zwischen Bioprodukten und den konventionell erzeugten verringert hat. Ja! Natürlich wurde von den gestiegenen Preisen in der Produktion nicht so hart getroffen. Das liegt einerseits an unserem Bekenntnis zur Regionalität – also den geringen Transportwegen. Und andererseits daran, dass die enormen Preissteigerungen durch den Krieg in der Ukraine bei Düngemitteln sich im Biobereich weniger stark auswirken, weil wir ohne fossile Rohstoffe, Kunstdünger und chemisch-synthetische Spritzmittel auskommen.

Häufig wird beklagt, dass sich KonsumentInnen zwar klar für hohe Tierwohlstandards aussprechen, an der Kassa dann aber doch Billigfleisch bevorzugen. Welche Erfahrungen hat denn Ja! Natürlich als Biomarke, die sich seit vielen Jahren für besonders hohe Standards in der Tierhaltung engagiert, in den vergangenen Monaten gemacht?

Steidl: Stimmt, in einigen zentralen Bereichen gehen uns die gesetzlichen Biovorgaben nicht weit genug, vor allem wenn es um das Tierwohl geht. Ja! Natürlich ist daher die einzige Biomarke, die zum Beispiel konsequent auf die Anbindehaltung von allen Tieren verzichtet und garantiert, dass sich die Tiere rund um die Uhr und das ganze Jahr über frei bewegen

BEST OF BOTH WORLDS: MEHR TIERWOHL, MEHR PLANT-BASED

Die Ansprüche ans Tierwohl werden bei Ja! Natürlich laufend erhöht. Aber auch das Sortiment an rein pflanzlichen Produkten wächst laufend. Sieben wegweisende Produkte.

1 Tofu – geräuchert oder natur

Die Sojabohnen für der Tofu von Ja! Natürlich stammt von Wiener Biobetrieben. Eingelegt in Salzlake schmeckt es gebraten wie roh. Das über Buchenholzspänen geräucherte Tofu überzeugt mit intensiver Würze. Eine geschmackvolle vegane Proteinquelle, regional hergestellt, in feinster Bioqualität. Ein sommerlicher Genuss z. B. als falsche saure Wurst mit geschnittenem Zwiebel, Essig und Kernöl.

2 Haferdrink im Mehrwegglas

Vielseitig verwendbar – als vegane Alternative zum Frühstück, in den Kaffee oder als Drink für zwischendurch. Der Biohafer für Ja! Natürlich wächst in Niederösterreich und im Burgenland. Als Haferdrink landet er ungesüßt im nachhaltigen Mehrwegglas.

3 Tomaten und Gurken aus Geinberg

Regional ist gut, bio ist besser – und regionales Bio am besten. Wärme aus dem Boden verlängert am Biohof Geinberg die Saison für die Tomaten und Gurken von Ja! Natürlich vom zeitigen Frühjahr bis in den späten Herbst. Knackig, frisch – und dank Geothermie CO2-neutral im Glashaus gewachsen.

»Was den Klimaschutz betrifft, herrschen viele Mythen vor: Es dominiert immer noch die Vorstellung, eine vegane Ernährungsweise wäre per se die klimaschonendste.«
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON JA! NATÜRLICH

4 Streichfein

Weniger ist mehr, zum Beispiel bei diesem Mischfett aus bester österreichischer Biobutter (80%) und Sonnenblumenöl (20%), ebenfalls aus österreichischer Biolandwirtschaft. Durch seine cremige Konsistenz ist es besonders streichfähig. Pur wie mit Schnittlauch drauf geschnitten – ein streichfeiner Genuss zum Frühstück oder zur Jause.

5 Soja-Faschiertes (vegan)

Wie das neue Soja-Geschnetzelte ist auch das Soja-Faschierte von Ja! Natürlich eine einfach zuzubereitende Eiweiß- und Ballaststoffbasis für Bolognese, Chili, Curry oder andere fantasievolle Gerichte. Es wird einfach in heißer Gemüsesuppe oder Salzwasser eingeweicht, bis es das 3- bis 4-fache Volumen des Trockengewichts erreicht. Anschließend abgeseiht und die überschüssige Flüssigkeit ausgedrückt. Das Biosoja stammt zur Gänze aus Österreich.

6 Faschiertes vom Weidejungrind

Ein Leben, ohne jemals angebunden zu werden, garantierter Weidegang im Herdenverband, muttergebundene Aufzucht von Kalb zum Jungrind und 100 Prozent Biofutter aus Österreich – dieses Fleisch genießt man guten Gewissens.

7 Minutensteak vom Weiderind

Auch hier ermöglicht artgemäße Haltung höchsten Genuss mit gutem Gewissen: Die Weiderinder, von denen die Minutensteaks von Ja! Natürlich stammen, waren keinen Tag in ihrem Leben angebunden, durften im natürlichen Herdenverband leben und auf die Weide –und wurden ausschließlich mit Biofutter aus Österreich gefüttert.

können. Und das erwarten sich unsere KundInnen von einer anspruchsvollen Biomarke wie Ja! Natürlich und bestätigen ihre Treue mit einer konsequent hohen Wiederkaufsrate. Atzmüller: Das Thema Tierwohl ist den ÖsterreicherInnen ein großes Anliegen. In einer ganz aktuellen Studie von Mitte 2022 geben nur 8 Prozent der ÖsterreicherInnen an, dass artgerechte Tierhaltung für die Auswahl von Produkten überhaupt keine Rolle spielt. Somit ist Tierwohl 92 Prozent der ÖsterreicherInnen wichtig. Knapp 30 Prozent wählen immer Produkte aus artgerechter Haltung, auch mit höheren Kosten. 22 Prozent allerdings nur, wenn es nicht mit höheren Kosten verbunden ist. Generell sehen wir einen Trend, weniger Fleisch zu essen, dafür hochwertigeres Fleisch mit höheren Tierwohlstandards.

Gleichzeitig muss man sehen, dass bei Fleisch der Preisunterschied zwischen Bio und konventioneller Ware aufgrund der höheren Haltungskosten größer ist als in anderen Kategorien. Daher ist der Bioanteil bei Fleisch seit jeher geringer als bei Obst und Gemüse oder auch bei Brot und Gebäck. Es ist also nicht überraschend, dass die Menschen in Zeiten, in denen die Haushaltsbudgets angesichts steigender Kosten in allen Lebensbereichen kleiner werden, etwas weniger Biofleisch kaufen. Aber auch insgesamt ist der Fleischkonsum spürbar rückläufig. Achtsame KonsumentInnen essen jetzt weniger, dafür aber höherwertiges Fleisch.

Auch KonsumentInnen, die nicht vegan sind, greifen immer häufiger zu pflanzlichen Produkten. Wie positioniert sich denn Ja! Natürlich bei dieser Entwicklung?

Atzmüller: Genau, die pflanzenbasierte Ernährungsweise ist eine nachhaltige Entwicklung und mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Als Ja! Natürlich sind wir seit jeher gerade für diese wachsende Gruppe an kritischen, ernährungs- und umweltbewussten Menschen da, mit unseren rund 1.100 Produkten in höchster Bioqualität bieten wir neben tierischen Produkten mit höchsten Tierwohlstandards auch ein umfangreiches pflanzliches Sortiment an. Das sind einerseits Produkte, welche per se pflanzlich sind, andererseits erweitern wir unser Sortiment um rein pflanzliche Produkte, die ein direktes Pendant zu tierischen Produkten sind – aktuell sind das bei Ja! Natürlich ca.

»In einigen zentralen Bereichen gehen uns die gesetzlichen Biovorgaben nicht weit genug, vor allem wenn es um das Tierwohl geht.«
— Andreas Steidl, Ja! Natürlich

60 Produkte. Zum Beispiel der Biotofu, der als echter Wiener ein absolutes Highlight ist. Wir haben ihn in den zwei Varianten »Natur« und »Geräuchert« seit Herbst letzten Jahres im Sortiment und was die Verkaufszahlen betrifft, übertrifft er alle Erwartungen. Das Besondere dabei ist, dass die Sojabohnen des Tofus zu 100 Prozent von Wiener Landwirtschaftsbetrieben stammen, es sich bei allen um dieselbe Sorte handelt und die Bohnen jedes Landwirts separat verarbeitet werden. Der jeweilige Wiener Bauer und die Sorte sind auch auf der Verpackung klar ersichtlich. Damit ist dieses Produkt nicht nur ein pflanzenbasiertes Bioprodukt, sondern auch ein 100 Prozent regionales Produkt und somit besonders klimaschonend. Die Räucherung mit Buchenholzspänen in Verbindung mit der Salzlake verleiht dem Tofu einen speziellen würzig intensiven Geschmack. Wir freuen uns besonders, dass solche Innovationen bei unseren KundInnen so gut ankommen – das ist die Art, wie wir als Biopionier dem Trend zu pflanzenbasierter Ernährung begegnen.

Eine rein pflanzliche Ernährung lässt sich schwer mit dem Kreislaufgedanken, der hinter Bio steckt, vereinen. Weil es meist Weidetiere für Düngung und Nährstoffe braucht. Wie lassen sich denn solch komplexe Zusammenhänge an KonsumentInnen vermitteln, die einfach nur »gute« Produkte kaufen wollen?

Atzmüller: Das ist ohne Frage eine große Herausforderung, die Zusammenhänge zu zeigen und den Menschen Orientierung zu geben! Aber das verstehen wir schon seit der Gründung als eine wesentliche Aufgabe eines Biopioniers und daher kommunizieren wir als Ja! Natürlich sehr intensiv mit den KonsumentInnen – auf allen erdenklichen Kanälen. Gerade was den Klimaschutz betrifft, herrschen viele Mythen vor: Es dominiert etwa immer noch die Vorstellung, eine vegane Ernährungsweise wäre per se die klimaschonendste. Dem müssen wir als Ja! Natürlich hinzufügen, dass die Art, wie und wo die pflanzlichen Lebensmittel produziert werden, auch entscheidend ist für deren Klima-Impact. 2021 haben wir gemeinsam mit Greenpeace eine Studie beim Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIbL) in Auftrag gegeben zum Zusammenhang zwischen Lebensmittelkonsum und Klima. Die Studie hat klar gezeigt, dass regio-

nales Bio am klimaschonendsten ist – im pflanzlichen Bereich ebenso wie im tierischen. Im Schnitt können dadurch bis zu 31 Prozent der THG-Emissionen eingespart werden. Wenn also jemand mit seiner Ernährung den Klimaschutz unterstützen möchte, dann ist der Verzicht auf Fleisch ein wertvoller Beitrag. Aber noch deutlich besser ist es, wenn die pflanzlichen Produkte aus regionaler Biolandwirtschaft stammen. Für die Aufklärungsarbeit brauchen wir solche Fakten und unabhängige wissenschaftliche Expertise, die dann für die Kommunikation in einfachere Botschaften heruntergebrochen wird. Auf Basis der angesprochenen Studie haben wir zum Beispiel Einkaufsratgeber herausgebracht –wie kann ich klimaschonend einkaufen – für Erwachsene und in verspielterer Form auch für Kinder.

Eine besondere Bedeutung beim Klimaschutz kommt auch gesunden Böden zu. Wo liegen hier die Stärken der Biolandwirtschaft?

Steidl: Gesunde Böden sind das Fundament einer nachhaltigen Landwirtschaft und unserer Ernährung. Bioflächen weisen durch ihre nachhaltige Bewirtschaftung einen durchwegs höheren Humusgehalt auf, der eine bedeutende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielt. Denn ein gesunder Boden kann nicht nur mehr Wasser aufnehmen, sondern auch mehr CO 2 binden. Zusätzlich können gesunde Böden dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen gegenüber extremen Wetterbedingungen zu erhöhen. Daher hat für Ja! Natürlich der Erhalt gesunder Böden hohe Priorität. Biodiversität, vielseitige Fruchtfolgen und Humuserhalt sind essenziell für einen intakten Boden, den wir dringend benötigen, wenn wir und künftige Generationen noch wertvolle Lebensmittel ernten können wollen.

BILDER REWE
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON JA! NATÜRLICH
Auf Wiener Biobetrieben angebautes Soja wird zum Wiener Tofu von Ja! Natürlich. Im Bild die Biobauern (v. l. n. r.) Thomas und Michael Niedermayer, Stefan Windisch und Stefan Weixlbraun.

DIE LETZTE LANDWIRTSCHAFT IM VILLENORT

Seinen dörflichen Charakter verdankt Dahlem dem Spekulationsgeschick des letzten deutschen Kaisers, den Erhalt der Landwirtschaft Protesten der 1970er-Jahre.

Der alte Anger und die kleine Kirche neben dem Herrenhaus vermitteln noch eine letzte Ahnung vom historischen Dorfkern. Längst ist Dahlem, das vermutlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegründet wurde, eines der Villenviertel der Hauptstadt. Dass Reste des landwirtschaftlichen Betriebs, der einst hunderte Hektar Wiesen und Äcker umfasste, erhalten blieben, verdanken die BerlinerInnen letztlich auch Wilhelm dem Zweiten. Der große Ausverkauf hatte bereits Ende des 19. Jahrhunderts begonnen. Doch der letzte deutsche Kaiser entwickelte die Gegend und hielt die Domäne als Spekulationsobjekt zurück. »Zum Glück«, sagt Bettina Gries. Die Sprecherin der »Stiftung Domäne Dahlem –Landgut und Museum« – einer gemeinnützigen Stiftung bürgerlichen Rechts, die das Landgut heute als Freilichtmuseum und Schaubauernhof betreibt, weiß, dass »Wilhelm zwei« die Ländereien der Domäne »bewusst sehr spät, mit großem Geschick und hohem Gewinn parzelliert hat«. Erhebliche Teile gingen an den

Botanischen Garten oder wurden für Behörden, Gebäude der heutigen Freien Universität und repräsentative Privathäuser verbaut. 1916 waren bereits 418 Hektar der Domäne »verteilt«. Doch noch bis hinein in die 70er-Jahre lieferte sie als Berliner Stadtgut mit 95 Milch-

BILD KONSTANTIN BOERNER
TEXT Thomas Weber
30 BIORAMA WIEN–BERLIN DOMÄNE DAHLEM

kühen täglich 1300 Liter Vorzugsmilch. »Im Kalten Krieg dachte man damals: Wenn alle Stricke reißen, dann haben wir immer noch vor Ort Milch in Berlin«, sagt Bettina Gries. Dass auf der Domäne Dahlem heute immerhin noch vier Stück vom bedrohten Roten Höhenvieh weiden, neben einer Hand voll Langhaarziegen und rauwolligen Pommerschen Landschafen, ist wiederum jenen BürgerInnen zu verdanken, die 1976 nicht hinnehmen wollten, dass das einstige Rittergut komplett veräußert wird. »Wenn die sich damals nicht quergestellt hätten, dann gäbe es jetzt den landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr.« Zwölf Hektar blieben der Domäne erhalten, die lange als BürgerInneninitiative geführt wurde. Einige Engagierte von damals sind noch heute im – wachsenden – Förderverein »Freunde der Domäne Dahlem« aktiv. Zum überwiegenden Teil aber wird die 2009 für ihren Betrieb gegründete Stiftung von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa finanziert. Die Landwirtschaft erhält als Arche-Hof bedrohte Nutztierrassen, ist um Biodiversität bemüht (und baut beispielsweise 20 verschiedene Knoblauchsorten an), bietet als lebendiges Freilichtmuseum aber auch Workshops an – für Kindergruppen ebenso wie Einstiegskurse in die private Hühnerhaltung oder zum Umgang mit Zugrindern. Auch angebaut, geerntet und gekocht wird mit BesucherInnen. Zwei Ausstellungshäuser betreibt die Domäne. Das »Culinarium« widmet sich mit den Schwerpunkten Regionalität, Saisonalität und Lebensmittelverschwendung der heutigen Ernährungskultur. Während das »Museum im Herrenhaus« zeigt, dass nicht alle Ansätze von anno dazumal zwingend von gestern sind. Eines der ausgestellten Objekte: ein historisches Lastenrad zum Ausliefern der Milch.

Domäne Dahlem, 14195 Berlin, Königin-Luise-Straße 49; öffentlich erreichbar mit der U3 (Station Dahlem Dorf) oder Bus 110, M11 und X83; Landgasthaus (Bioland-zertifiziert) domaene-dahlem.de

poolbar Festival #30

6. Juli –14. August

Sound@V

Haiyti

Xavier Rudd

Bilal

1000 Mods

Oddisee & Good Company

Danger Dan

Peaches

Symba

Lalalar

Frittenbude

Digitalism

Gentleman

Sharktank

Ernst Molden & Der Nino aus Wien

Gretel Hänlyn

DIVES

Benjamin Amaru

Ferge X Fisherman & Nujakasha

Mayberg

Helge Schneider

SALÒ

Open Air Kino:

Mehr denn Je

Aftersun

Heaven Shall Burn

Russian Circles

Acid King

Philine Sonny

Kruder & Dorfmeister

The Black Angels

Yukno

Ankathie Koi

The Gardener & The Tree

Junipa Gold

Charlie Cunningham

le:la

Sudan Archives

Bühne: „Sag Du, Florian“

Maschek … Spin!

Tagebuchslam + Jazzbrunch + Poolquiz

+ viele mehr → poolbar.at

So Damn Easy Going

Call Me by your Name

Hallelujah:

So Damn Easy Going

Reichenfeld & Altes Hallenbad

Feldkirch (AT) Vorarlberg

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Gefördert von Stadt Feldkirch, Land Vorarlberg und BMKOES.Kunst&Kultur. Stadt Hohenems (Poolbar Generator). Mit Unterstützung des Ressorts Kultur der Liechtensteinischen Regierung und der Kulturstiftung Liechtenstein

Was WienMobil macht

Die Fotos von Menschen, die ihre Matratze mit der U-Bahn nach Hause bringen oder mit Sack und Pack mit der Straßenbahn und im Bus übersiedeln, sorgen auf Social Media und medial immer wieder für allgemeines Amüsement. Richtig praktisch war der Transport von sperrigen Gegenständen in den Öffis trotzdem nie.

Mit dem Angebot von WienMobil der Wiener Linien ändert sich das. Denn das Angebot der Wiener Linien geht bereits seit längerem über U-Bahn, Bim und Bus hinaus; und nun wurde die WienMobil-Flotte von mittlerweile 3.000 Leihrädern und 100 E-Autos zuletzt um 20 E-Transporter erweitert.

Wie die Fahrräder und E-Pkws sind auch die geräumigen Transporter VW ID.Buzz People und Cargo bequem via App reservier- und buchbar. »Mit Couch und Esstisch in der U-Bahn fahren war gestern«, freut sich Alexandra Reinagl, Geschäftsfüh-

rerin der Wiener Linien. »Die neuen WienMobil Transporter sind der komfortable Packesel für alle jene, die auf den privaten Autobesitz verzichten.«

Dass das immer mehr sind, zeigt die jährliche Mobilitätsstatistik des innerstädtischen Modal Split: Noch in den 1990er-Jahren wurden in Wien 40 Prozent aller Wege mit dem eigenen Auto zurückgelegt. Nur 29 Prozent der WienerInnen waren damals mit den Öffis unterwegs. Bis 2019 hat sich das Verhältnis gedreht: Kurz vor der Pandemie haben die Öffis im Modal Split 38 Prozent erreicht, PKWs 27 Prozent. In den Pandemiejahren haben die WienerInnen ihr Mobilitätsverhalten verändert. Einerseits hat sich das Homeoffice für viele als Option etabliert. Andererseits wird mittlerweile der Großteil der Wege zu Fuß zurückgelegt (35%). Während die Bedeutung des eigenen Pkw weiter sank (26%), stieg die Öffi-Nutzung

Wie die Wiener Linien dabei sind, die Stadt noch lebenswerter, mobiler und bis 2040 klimaneutral zu machen.
BILDER WIENER LINIEN
Der Ausbau der WienMobil Stationen macht es bequem, Öffis, Rad und E-Car zu kombinieren.

wieder auf 30 Prozent. Damit liegt Wien zwar noch unter den sensationellen Vor-Corona-Zahlen von 38 Prozent; aber deutlich vor vergleichbaren Städten wie Berlin, München oder Hamburg.

JEDER AUTOKILOMETER WENIGER HILFT.

Das verkehrspolitische Credo der Stadt Wien und der Wiener Linien ist eindeutig: Jeder Kilometer, der nicht mit dem Auto zurückgelegt wird, steigert in Wien die Lebensqualität – und bringt Wien näher an sein Ziel, als Stadt bis 2040 klimaneutral zu sein. Nicht zuletzt ist der motorisierte Individualverkehr auch der größte Umweltverschmutzer der Stadt. Um die Abkehr vom Autobesitz noch attraktiver zu machen, setzen die Wiener Linien seit 2022 auf ein flexibles und diverses Mobilitätsangebot. »Die Wiener Linien bieten den Menschen in Wien möglichst viele nachhaltige Optionen in der Stadt unterwegs zu sein. Dabei sprechen wir auch jene Menschen an, die noch nicht so aktiv im öffentlichen Verkehr unterwegs sind«, erklärt Daniela Wieser, die bei den Wiener Linien das Referat Multimodale Mobilitätssteuerung leitet.

3.000 Leihräder stehen dafür an 240 quer über das Stadtgebiet verstreuten Standorten bereit und können an jeder dieser WienMobil Stationen zurückgegeben werden. Seit dem Start im April 2022 wurden sie über 400.000 Mal genutzt. Für StammkundInnen (InhaberInnen von Jahreskarten oder Klimatickets beispielsweise) gibt es besonders attraktive Rabatte mit bis zu 50 Prozent Ermäßigung. Das macht WienMobil sowohl für VielfahrerInnen attraktiv als auch für Menschen, die nur gelegentlich aufs Rad steigen

nalen Events wie dem Kultursommer werden weitflächige temporäre Stationen errichtet. Aktuell läuft auch eine Ausschreibung für Lastenräder, die vor allem in Stadterweiterungsgebieten zum Einsatz kommen sollen. Diese bieten aus Planungssicht eine besondere Chance, haben aber auch ihre Herausforderungen. »Bei Stadtentwicklungsgebieten stellt sich die Frage, wann man mit neuen Angeboten startet: bevor eine Vielzahl an EinwohnerInnen eingezogen ist oder erst danach«, berichtet Daniela Wieser: »Ein Umzug bedeutet immer eine Option der Änderung des eigenen Mobilitätsverhaltens, aus diesem Grund wäre natürlich das Angebot gleich bei Beginn sehr sinnvoll. Andererseits ist anfangs aber auch die Nachfrage geringer.«

oder als TouristInnen in der Stadt sind. »Auch PendlerInnen, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Wien kommen, nutzen WienMobil«, weiß Daniela Wieser. »Uns ist wichtig, dass wir bei unserem Mobilitätsangebot laufend auf die Wünsche und Anliegen der NutzerInnen eingehen, das heißt, dass wir unser Angebot laufend bedürfnisorientiert weiterentwickeln«, sagt die Betriebswirtin und Raumplanerin. So sollen 20 virtuelle Ausleihstationen, die im ersten WienMobil Rad-Jahr besonders gut genutzt wurden, zu zusätzlichen fixen WienMobil Stationen ausgebaut werden. Ein Teil der Radflotte verfügt über Kindersitze (die in der App via Filter-Option angezeigt werden können). Bei saiso-

DER »HÜPFER« KOMMT AUF ABRUF.

Aber auch weitläufigere Gebiete mit geringer EinwohnerInnendichte brauchen besondere Lösungen. In Liesing läuft derzeit ein Forschungsprojekt, der WienMobil Hüpfer, umgangssprachlich »Hüpfer« genannt. Der rollstuhlgerechte E-Kleinbus wird gemeinsam mit WLV, Wiener Lokalbahnen Verkehrsdienste, betrieben und ist ein »On demand«-Angebot. Es kann auf Abruf an zahlreichen Haltepunkten rund um die U6-Stationen Alterlaa und Erlaaer Straße sowie Perfektastraße gebucht werden. Das Besondere daran: Das System bündelt automatisch ähnliche Anfragen und bringt so mehrere Fahrgäste gemeinsam an ihr Ziel. »Mit dem WienMobil Hüpfer testen wir ein zusätzliches Mobilitätsservice für die erste und letzte Meile, das unseren Fahrgästen eine umweltfreundliche Alternative zum Privat-PKW bietet«, erklärt Alexandra Reinagl. Übergeordnet geht es also auch beim Hüpfer darum, Fahrten mit dem Privat-Pkw zu vermeiden. Das Projekt wird laufend evaluiert, eine Ausweitung in andere Stadtgebiete geprüft. Raumplanerin Daniela Wieser: »Jede Gegend Wiens ist auf ihre Art besonders und herausfordernd. Ein Baukastensystem ist so gut wie unmöglich.« Sicher ist nur: Wien bleibt weiter in Bewegung. Der Pkw verliert an Bedeutung. Und Kühlschrank und Couch fahren nicht mehr U-Bahn.

BILDER WIENER LINIEN
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER WIENER LINIEN
»Mit WienMobil bieten wir den Menschen in Wien verschiedenste, neue nachhaltige Optionen in der Stadt unterwegs zu sein.«
— Daniela Wieser, Wiener Linien
BILDER WIENER LINIEN
Der »Hüpfer« bringt als Sammeltaxi auf Abruf aus Gegenden mit geringer EinwohnerInnendichte zur U6 – und wieder zurück.

In Wien und Berlin werden bereits rund 80 % der Fahrgäste lokal emissionsfrei und in erster Linie elektrisch mit U-Bahn, Strassenbahnen und teilweise auch Bussen transportiert.

BEWEGUNGSVERWALTUNG

Der Elektroumstieg bei Fahrzeugen, die im Auftrag der Städte unterwegs sind, ist endlich auf Touren gekommen.

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22 Feuerwehr, 133 Polizei und 144 Rettung. Diese Nummern lernt jedes Kind in Österreich auswendig. In Deutschland sind es die 110 für die Polizei und 112 für Feuerwehr und Rettungsdienst. Nummern auf die man sich verlassen können will. Auch in Städterankings spielen nicht nur deren Funktionieren eine Rolle, man will sich auch auf die Müllabfuhr oder den öffentlichen Verkehr verlassen können. Verkehr, Mobilität und Logistik gehören zu den größten Verursachern von Treibhausgas-Emissionen und damit auch das Verkehrsaufkommen der Städteverwaltung. Öffentliche Einrichtungen haben hier eine Vorbildwirkung, können dafür sorgen, dass eine Infrastruktur etwa für alternative Antriebe und deren Lade- bzw. Tanknotwendigkeiten entsteht und müssen gleichzeitig für eine große Ausfallsicherheit sorgen. Aktuell befinden sich viele öffentliche Einrichtungen in einem Umstellungsprozess, in Pilot- und Forschungspro -

jekten zur Nutzung von Fahrzeugen ohne Verbrennungsmotor und teilweise auch im Erfahrungsaustausch untereinander.

DIE MÜLLABFUHR SPART BEIM CO2-AUSSTOSS

Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe haben bereits in der Mitte der 1990er-Jahre begonnen mit gasbetriebenen Fahrzeugen zu experimentieren – seit 2002 sind diese regelmäßig im Einsatz. Derzeit verfügen 190 der rund 330 BSR-Müllwagen über Gasmotoren; der Kraftstoff den sie brauchen, kommt seit 2013 aus der eigenen Biogasanlage der Stadt Berlin. Das dort gewonnene Biogas entspricht 2,5 Millionen Litern Diesel pro Jahr, die Stadt hat errechnet, dass die Aufbereitung des Bioabfalls jährlich mehr als 9000 Tonnen CO2 einspart. Und die Stadtreinigung ist dabei ein gutes Beispiel für die hohen Ansprüche an die Fahrzeuge: dazu gehört ein Einsatz bei wechselnden Witterungsverhältnissen, ein Zweischichtbe -

TEXT Martin Mühl
Wien setzt bereits in vielen Abteilungen und Einsatzbereichen auf E-Mobilität.
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trieb bis hin zur SiebenTage-Woche. Oder die Tatsache, dass Müllfahrzeuge nicht nur einen Antrieb brauchen, sondern zusätzliche Motoren, um die Mistkübel anzuheben und auszuleeren oder auch den Müll im Fahrzeug zu pressen. Mit Ende 2020 waren bei der BSR bereits 75 Prozent der PKW und Kleintransporter Elektrofahrzeuge: Kehrmaschinen, Kehrichtsammelfahrzeuge, ein Papierkorbsammelfahrzeug, ein Abfallsammelfahrzeug, Werkstattwagen oder auch Transporter. Parallel zur Elektrifizierung der Nutzfahrzeuge errichtet die BSR auf ihren Liegenschaften eine Ladeinfrastruktur. Seit 2022 geht die BSR noch einen anderen Weg: Manche der neuen dieselgetriebenen Müllfahrzeuge sind zehn Zentimeter schmäler und kommen so leichter durch die Stadt und sollen außerdem Treibstoff und Emissionen einsparen.

Nicht nur die Berliner Stadtreinigungsbetriebe schreiben sich das Motto »Außen orange, innen ›grün‹« auf die Website, ähnlich sieht man das auch in Wien. Hier sind zwei E-Müllautos seit 2019 und 2021 im Einsatz, ein Wasserstofffahrzeug ist seit Mai 2023 im Testbetrieb. Die für den Abfall zuständige Magistratsabteilung 48 berichtet aus der Praxis, dass die neuen Fahrzeuge vor allem leise und emissionsfrei sind, aber dass man auch auf die mit den Technologien in Verbindung stehenden Vorund Nachteile trifft: Das Wasserstofffahrzeug ist noch teurer als das E-Fahrzeug, hat aber kurze Tankzeiten. Beim E-Müllauto reduziert das hohe Batteriegewicht die Nutzlast und lange Ladezeiten verbunden mit kürzeren Reichweiten reduzieren die Flexibilität. Geladen und betankt werden die Fahrzeuge in Wien einerseits mit dem Strom aus den eigenen Photovoltaikanlagen der MA48 (Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark) an 14 Standorten in Wien oder mit grünem Wasserstoff an der

H2-Tankstelle von Wien Energie im 21. Bezirk. In Wien steht die MA48 mit den anderen Magistratsabteilungen im Austausch – auch weil sie zum Teil für den Einkauf des Fuhrparks aller Magistratsabteilungen zuständig ist. Mit anderen Ländern und Städten gibt es auch einen Erfahrungsaustausch, dieser scheint aber generell weniger strukturiert und tief, als man erwarten könnte.

HOHER ENERGIEBEDARF

Die Wiener Stadtwerke, ausgelagerte Unternehmen der Stadt Wien wie die Wiener Linien, die Wien Energie, oder auch die Wiener Lokalbahnen sind auch als außerordentliche Mitglieder im Verein Council für nachhaltige Logistik vertreten, in dem unter anderem große Speditionsunternehmen Innovations- und Forschungsprojekte zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs umsetzen. Für Werner Müller, Senior Scientist am Institut für Verfahrens- und Energietechnik an der Wiener boku und Geschäftsführer des Council für nachhaltige Logistik, spielen nicht nur die Technologien eine Rolle, sondern immer wieder auch Flächenwidmung und -planung: »In den letzten Jahren gehen in Wien Logistikflächen verloren und werden in Wohnflächen umgewidmet«, gibt er zu bedenken: »Je weiter weg die Logistikflächen rücken, desto länger werden die Transport- und Verkehrswege.« Einen großen Hebel sieht er in einer zukünftig emissionsfreien Baulogistik und Konzepten wie »Charge everywhere«, also eine neue, dezentrale Infrastruktur für E-Fahrzeuge. Die Clean Vehicles

Clean Vehicles

Directive (CVD) ist eine EU-Richtlinie für öffentliche Auftraggeber. Das klimapolitische Ziel ist es, Busse in den kommenden Jahren weitestgehend auf emissionsfreie Antriebe umzustellen, E-Mobilität anzukurbeln, die Luftqualität in den Städten zu verbessern, sowie Treibhausgase zu reduzieren.

BILD PID / VOTAVA, BSR
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Elektrische Kleinkehrmaschinen der Berliner Stadtreinigung auf dem Hof der Hauptverwaltung in Berlin-Tempelhof.

Directive (cvd), eine EU-Richtlinie für öffentliche Auftraggeber zur Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge, gibt einen Kurs in Richtung Klimaschutz vor. Seit August 2021 müssen bei Ausschreibungen mindestens 45 % der Busse saubere Straßenfahrzeuge sein, die Hälfte davon emissionsfrei. Sondereinsatzfahrzeuge sind von dieser Richtlinie ausgenom-

men – diese haben teilweise pro Tag wenig Kilometerleistung zu erbringen, aber insgesamt mehr Energiebedarf, weil sie für andere Funktionen Energie benötigen oder auch das viele Stehen bleiben und wieder Anfahren mehr Energie braucht.

Bei den Wiener Linien sind dank U- und Straßenbahn bereits 80 % der Öffi-Fahrgäste lokal emissionlos und rein elektrisch unterwegs. Bei den Bussen gibt es gerade eine Umstellung und bis 2025 werden 60 E- und zehn Wasserstoffbusse gekauft. Gerhard Siegl, zuständig für Kraftfahrzeuge bei den Wiener Linien: »Beim Umstieg auf emissionslose Antriebe muss jede Stadt die für sie am besten passende Lösung finden. In Wien testen wir sowohl E- als auch Wasserstoffbusse. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich E-Busse vor allem für flachere Gebiete eignen und H2-Busse auch auf anspruchsvolleren, hügeligen Linien eingesetzt werden können.« Gemeint sind damit in Wien Buslinien in die Erhebungen im Nordwesten wie Grinzing oder Richtung Kahlenberg. Für den Wasserstoff-Bereich läuft die Suche nach passenden Anbietern und Fahrzeugen noch. Im Rahmen des Langzeitforschungsprojekts »HyBus« vernetzt sich Wien mit Graz oder auch dem Zillertal um Erfahrungen über mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen zu sammeln. Der Umstieg auf umweltfreundliche Antriebstechnologien erfordert auch die Entwicklung einer Lade- und Betankungsinfrastruktur. Auf dem ehemaligen Busabstellplatz in Siebenhirten errichten die Wiener Linien bis Ende 2023 ein Kompetenzzentrum für E-Mobilität. Die Busgarage Leopoldau wurde bereits gemein-

190 der rund 330 Müllwagen in Berlin fahren mit Gas – seit 2013 kommt der Kraftstoff dafür aus der Biogasanlage der Berliner Stadtreinigung.
BILD WIENERLINIEN / MANFREDHELMER, BSR 36 BIORAMA WIEN–BERLIN EMISSIONSFREI MOBIL
In Wien wird derzeit der Einsatz eines mit Wasserstoff angetriebenen Busses erprobt.
»Wasserstoff-Busse sind beim Tanken-Waschen-Abstellen durchaus mit Dieselbussen vergleichbar. Das Lademanagement von E-Bussen ist komplexer.«
Gerhard Siegl, Wiener Linien

sam mit den Wiener Netzen und Wien Energie zum Kompetenzzentrum für Wasserstoff weiterentwickelt, in dem H2-Busse betankt, gewartet und repariert werden können. Die Wasserstoff-Tankstelle steht auch allen anderen Betrieben der Wiener Stadtwerke und privaten InteressentInnen zur Verfügung. »Wasserstoff-Busse sind beim sogenannten Fahrfertigmachen, dem Tanken-Waschen-Abstellen, durchaus mit Dieselbussen vergleichbar. Sie werden einmal pro Tag betankt und können dann den ganzen Tag unterwegs sein. Das Lademanagement von E-Bussen ist komplexer. Dieses erfordert ein komplett neues System«, gibt Gerhard Siegl Einblick in die bisherigen Erfahrungen. Die Berliner Verkehrbetriebe BVG erforschen gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin und dem Reiner Lemoine Institut Elektromobilität in der Stadt. Hierfür werden 17 elektrisch angetriebene Gelenkbusse der BVG so ausgerüstet, dass sie besonders schnell geladen werden können, darunter ein vollelektrisch angetriebener 18 Meter langer Gelenkbus. Bis 2030 soll der gesamte Busverkehr auf Elektroantrieb umgestellt werden.

TESTFAHRZEUGE IM BLAULICHTEINSATZ

Die Wiener Rauchfangkehrer bewegen sich seit 2021 teilweise auf E-Lastenfahrrädern, die von der Stadt gefördert wurden. Und wie ist das nun mit Polizei, Rettung und Feuerwehr? In Berlin haben Rettung und Feuerwehr Tests mit Elektrofahrzeugen gestartet, seit April 2023 erprobt die Berliner Feuerwehr einen E-RTW, einen vollelektrisch betriebenen Rettungswagen, für zunächst sechs Monate. Die Wiener Berufsrettung wird zu dem Thema in den nächsten Wochen etwas präsentieren. Rosenbauer, der oberösterreichische Hersteller von Einsatzfahrzeugen und anderen Fahrzeugen für Spezialeinsätze hat nicht nur die Linz AG mit dem ersten vollelektrischen Feuerwehrfahrzeug ausgestattet, sondern ist auch an Projekten der Berliner Feuerwehr zur Erprobung von Elektromobilität im Feuerwehreinsatz beteiligt. Die Berliner Polizei ließ sich im Frühjahr 2023 von BMW mit leistungsstarken E-Rollern CE 04 ausstatten, die auch komplett in einem Werk in Berlin Spandau gefertigt wurden. Insgesamt werden hier derzeit 154 Fahrzeuge mit alternativen Antrieben genutzt, davon 27 rein elektrische, zwei mit Wasserstoff und 19 mit Erdgas. Bei der Wiener Polizei wird gerade die wissenschaftlich begleitete Testung von Elektrofahrzeugen im Rahmen des Forschungsprogramms Kiras (Sicherheitsforschung) vorbereitet, die im viertel Quartal 2023 starten soll und bis Ende 2025 dauert. Dafür wurden verschiedene Polizeiinspektionen in Wien, Niederösterreich, Tirol und Salzburg mit 23 VW-Elektrofahrzeugen ausgerüstet. Von Porsche ließ man sich für ein Jahr einen elektrischen Taycan gratis als Testfahrzeug zur Verfügung stellen. Es wird nun vieles schneller gehen.

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@biodiversitaet_friedhof

Der Friedhof als Lebensraum

Der drollige Feldhamster, der sich kalorienreiches Grabkerzenwachs gönnt, begeisterte bereits ein Millionenpublikum. Launig kommentiert von Star-Tierfilmer David Attenborough repräsentierte er in der BBC-Reihe »Seven Worlds, One Planet« die Biodiversität des europäischen Kontinents. (Nachzusehen ist die Episode auf YouTube: »Wild Hamster

Has A Graveyard Feast«.) Früher eine Allerweltsart ist der Feldhamster heute in seinem angestammten Lebensraum – also auf Wiesen und Äckern – sehr selten geworden. In Städten aber fühlt er sich mancherorts wohl; besonders auf Friedhöfen hat er einen letzten Rückzugsraum. Hier gibt es keinen Nutzungsdruck auf die Landschaft. Die ist zwar

Auf Wiens Friedhöfen blüht das Leben. Auch der Asphalt wird immer weniger. Das ist gut für viele Wildtiere, Pflanzen – und nicht zuletzt für das Klima in der Stadt.
BILD FLORIAN IVANIC / FRIEDHOEFE WIEN (BILD REHE)
BILD FLORIAN IVANIC / FRIEDHOEFE WIEN (BILD REHE)
Auch Rehe ruhen hier in Frieden. Die Artenvielfalt auf Wiens Friedhöfen hat sogar ihren eigenen Instagram-Account:

künstlich geschaffen, aber strukturreich, naturnah und ruhig. In der Bestattungsanlagenordnung der Friedhöfe Wien steht sogar festgeschrieben, dass Unkrautbekämpfungsmittel und synthetische Pflanzenschutzmittel verboten sind. Davon profitiert die Tier- und Pflanzenwelt. Besonders auffällig ist das Vorkommen von Reh, Feldhase, Fuchs, Dachs, Marder und Igel. Auch Zauneidechse, Fasan, Waldohreulen und Spechte entdeckt der geschulte Blick. Wieviel Arten insgesamt vorkommen, wird derzeit im Rahmen einer Kooperation der Friedhöfe Wien mit der Uni Wien erforscht. Der Biologe Thomas Filek und sein Team ersuchen für das Projekt »BaF – Biodiversität am Friedhof« auch um Mithilfe der FriedhofsbesucherInnen. Diese sollen Sichtungen –auch von Insekten, Pflanzen und Pilzen – melden. Eine Vielzahl an Biotopen beherbergt der Zentralfriedhof mit seinen 2,5 Quadratkilometern Fläche. 40.000 Quadratmeter davon bleiben als »Naturgarten« bewusst naturbelassen. Die dort geschaffenen Lebensräume werden den Erholung und Ruhe Suchenden auch vermittelt: Informative Schilder erklären, wie wertvoll der Friedhof für Tiere und Pflanzen ist.

ZURÜCK ZUR NATUR

Nähe zur Natur – auch nach dem Tod – ist immer mehr Menschen ein Anliegen. Auf sieben Friedhöfen ist es bereits möglich, in Naturgräbern beigesetzt zu werden – etwa unter einem Baum oder im so genannten Wiener Naturgrab. Im Juni wurde der neue Waldfriedhof am Friedhof Hernals eröffnet. Auch er trägt zum großen Ganzen bei: Die 46 städtischen Friedhöfe sind bedeutsam für das Klima der Stadt. Immerhin machen sie insgesamt 1,2 Prozent ihrer Gesamtfläche aus. Die Dimensionen sind gewaltig: 676.000 Quadratmeter an asphaltierten Haupt- und Nebenwegen sowie 655.000 Quadratmeter an Naturnebenwegen führen zu den insgesamt 550.000 Gräbern. Der Hebel für naturnahe Gestaltung ist riesig. Oder, wie Julia Stering, Sprecherin der Friedhöfe Wien, sagt: »Wir nehmen unsere Verantwortung ernst.« Mehr und mehr asphaltierte Nebenwege sollen in den nächsten Jahren renaturiert werden. Statt aus Beton bestehen die Nebenwege dann aus einem bewachsenen Sand-Schotter-Gemisch. Es ermöglicht – wichtig bei Starkregen – das schnelle Versickern von Wasser. Der Bewuchs sorgt vor Ort für kühlere Temperaturen. Die Entsiegelung passiert Schritt für Schritt; immer dann, wenn ein bislang betonierter Nebenweg saniert werden müsste, heißt es zurück zur Natur.

URBAN GARDENING AM FRIEDHOF

Seit Frühjahr 2023 läuft auf zwei Friedhöfen – am Zentralfriedhof und am Friedhof Südwest in Meidling – auch ein vielbeachteter Feldversuch: Urban Gardening am Friedhof. In Kooperation mit den Ackerhelden, die Selbsternteflächen vermitteln und betreuen, werden vorbepflanzte Parzellen vermietet. »Zur Verfügung stehen Flächen, auf denen nie-

mand beigesetzt wurde«, erklärt Julia Stering. Garteln kann am Friedhof zudem nur, wer über ein Grab auf einem städtischen Friedhof verfügt. Die Buchung ist über das »Digitale Grab« möglich, über das online Gräber und Gedenkräume verwaltet werden. Wenn das Ackerhelden-Projekt großen Anklang findet, wird es vermutlich auf weitere Friedhöfe ausgeweitet. »Uns ist wichtig, dass zu Lebzeiten schöne Erinnerungen auf unseren Friedhöfen gesammelt werden«, gesteht Julia Stering. »Denn wo man schöne Erinnerungen hat, dort lässt man sich auch gerne beisetzen.« Erst recht, wenn sich dort auch Feldhamster, Fuchs und Hase wohlfühlen.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER FRIEDHÖFE WIEN
Urban Gardening am Friedhofsgelände: eine erfolgreiche Kooperation mit den Ackerhelden. Einzigartig in Europa: In Wien können nun erstmalig Särge in einer Naturbestattungsanlage beigesetzt werden. BILDER HARALD LACHNER / FRIEDHOEFE WIEN (BILD NATURGRAB), FLORIAN IVANIC / FRIEDHOEFE WIEN (BILD URBAN GARDENING)

Heiß, kalt und künftig klimaneutral

Es ist unscheinbar und liegt nur wenige hundert Schritte von der Klinik Floridsdorf entfernt: das Rechenzentrum von Digital Realty, ehemals bekannt als Interxion Österreich. Das größte Rechenzentrum Österreichs läuft zwar auch was den Energieeinsatz angeht überaus effizient. Dennoch gab es noch Potenzial zur Optimierung – vor allem, was die Nutzung der Abwärme angeht. Denn während diese in den Serverräumen von Digital Realty bislang gewissermaßen als Abfall anfiel, braucht die Klinik Floridsdorf nebenan für ihren Betrieb, als Wärme. Ab Herbst 2023

nutzt Wien Energie diese Abwärme des Rechenzentrums und verbindet damit die beiden Einrichtungen in einem Wärmekreislauf. Über drei Wärmepumpen, jede davon sechs Tonnen schwer und mit einer Leistung von jeweils ein Megawatt thermisch, kann Wien Energie in Zukunft 50 bis 70 Prozent des Wärmebedarfs der Klinik durch die Abwärme decken. Jährlich erspart das bis zu 4.000 Tonnen CO2.

Dazu hat Wien Energie bei Digital Realty zwei Wärmetauscher errichtet. Sie entnehmen die Abwärme aus dem

BILDER WEIN ENERGIE Wie Wien Energie Abwärme nutzt, effiziente Energiekreisläufe schafft und Erdwärme als Schatz aus 3.000 Metern Tiefe hebt.
BILDER WEIN ENERGIE

Kühlsystem und liefern sie mit wohltemperierten 26 Grad Celsius an das Krankenhaus. Dort sind die drei Wärmepumpen im Einsatz, die dem Wasser rund 10 Grad entziehen und damit Wärme von bis zu 82 Grad Celsius erzeugen, die in der Klinik Verwendung findet. Das 16 Grad kalte Wasser wiederum fließt Richtung Rechenzentrum zurück, wo es wieder zum Kühlen verwendet wird. Und so weiter, und so fort. Rusbeh Rezania, der bei Wien Energie als Abteilungsleiter für die Entwicklung und Realisierung erneuerbarer WärmeErzeugungsanlagen verantwortlich ist, spricht von einer »stimmigen Dreiecksbeziehung zwischen Rechenzentrum, Krankenhaus und Wien Energie«. Für die Klinik ändere sich ökonomisch nichts, sie habe aber eine höhere Versorgungssicherheit durch die regionale Wärmegewinnung. Der Betrieb des Rechenzentrums werde durch die Belieferung mit Kälte aus dem Kälterücklauf aber günstiger – und ressourcenschonender.

Auch die Schnitten- und Schokoladefabrik von Manner in Hernals speist Abwärme aus dem Backprozess in das lokale Fernwärmenetz von Wien Energie ein. So entstehen im weltgrößten Waffelbackofen nicht nur 450 Schnitten pro Minute, sondern auch die Wärme für die Heizung und das Warmwasser von 600 Haushalten. Seit 2016 konnten damit bereits 7.000 Tonnen CO2 vermieden werden.

EIN LEUCHTTURMPROJEKT FÜHRT IN DIE TIEFE

Es mag eine Vielzahl von kleinen Schritten sein, die Wien ans Ziel bringen, als Stadt bis 2040 vollständig klimaneutral zu sein. Bei Wien Energie sind es Riesenschritte, genau-

Sonnenstunden am Zentralfriedhof

Klimaschutz zum Mitmachen: Wie Wiens BürgerInnen bereits 29 Solarkraftwerke und vier Windräder errichten halfen

Auf den davor freien Flächen der Friedhofsgärtnerei am Zentralfriedhof wird bereits in der zweiten Saison Sonnenstrom produziert. Ein Teil der 1,4 Megawatt Leistung, die in der Photovoltaikanlage gewonnen werden, wird gleich vor Ort verwendet; etwa für das Aufladen der Elektrofuhrparks der Gärtnerei. Umgerechnet entspricht die Leistung dem Verbrauch von 570 Wiener Haushalten.

Finanziert wurde das Solarkraftwerk über an interessierte BürgerInnen abgegebene »Sonnenpakete« zu je 250 Euro. Bis zu fünf Pakete konnten pro Person übernommen werden. Dabei wird jedem Sonnenpaket fiktiv ein PV-Modul mit einer Leistung von 300 Watt-Peak zugeordnet. Die Sonnenpakete sind sehr beliebt: In den letzten zehn Jahren haben sich über 12.000 Menschen mit insgesamt rund 40 Millionen Euro an den insgesamt 29 BürgerInnen-Solarkraftwerken von Wien Energie beteiligt.

»Der enorme Erfolg unserer Beteiligungsmodelle für BürgerInnen zeigt klar: Die Menschen wollen am Klimaschutz teilhaben«, sagt Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung. Weitere Aktionen sind geplant. So können sich auch Menschen, die selbst nicht die Möglichkeit haben, eine Photovoltaikanlage zu installieren, für die Energiewende engagieren.

ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG VON WIEN ENERGIE
Geothermie holt das etwa 100 Grad Celsius heiße Thermalwasser aus rund 3000 Metern Tiefe. Bis zu 60 Grad davon werden hocheffizient genutzt. Das abgekühlte Wasser wird wieder zurück in den Untergrund gepumpt.

er gesagt: mustergültige Großprojekte wie die beschriebenen, die nicht nur Wien voran bringen sollen, sondern auch weltweit Beachtung finden und als vorbildlich betrachtet werden. Bis 2028 investiert das Unternehmen der Wiener Stadtwerke fast zwei Milliarden Euro in die Energiewende. Auch Geothermie, Großwärmepumpen und Fernkälte spielen dabei eine Rolle. 80 Millionen Euro fließen bis 2026 allein in die erste Geothermie-Anlage der Stadt, die in Aspern emissionsfreie Fernwärme für bis zu 20.000 Haushalte (bis zu 20 Megawatt) aus der Erde holen soll. Bis 2030 sollen weitere Tiefengeothermie-Anlagen in der Donaustadt und in Simmering eine Gesamtleistung von bis zu 120 Megawatt bringen. Das Thermalwasser wird im ersten Projekt mit etwa 100 Grad Celsius aus 3.000 Metern Tiefe geholt. »Wir pumpen es mit ca. 40 Grad zurück in die Tiefe«, sagt Abteilungsleiter Rusbeh Rezania. Die Differenz von bis zu 60 Grad Celsius wird hocheffizient genützt. Während bei Großwärmetechnologie Wien international als Musterstadt und als Vorreiter gilt, baut man bei der Tiefengeothermie auch auf das Knowhow aus Paris und München. Rezania betont auch den guten Austausch der Stadtwerke Krakau, München, Berlin und Wiens untereinander. Denn eines ist auch klar: Bewältigen lassen sich Wärmewende und Klimawandel nur gemeinsam, in einem Kraftakt, mit vielen kleinen und immer mehr Riesenschritten.

BILDER WEIN ENERGIE
Win-win-win: Die Abwärme des Rechenzentrums wird in der nahegelegenen Klinik Floridsdorf genutzt. Das ermöglicht eine umweltfreundlichere Rechenleistung, eine regionale Energieversorgung und bringt die Stadt Wien einen Schritt näher zur Klimaneutralität 2040. In der Technikzentrale der Klinik Floridsdorf wandeln drei Wärmepumpen, jede davon 6 Tonnen schwer, die Abwärme des nahegelegenen Rechenzentrums von Digital Realty in nutzbare Energie um.

Arbeiten jeden Tag an der Klimawende «

Wien möchte bis 2040 – also noch bevor das der Europäische Green Deal EU-weit vorsieht – eine klimaneutrale Stadt sein. Welche Rolle kommt dabei den Wiener Stadtwerken zu?

Peter Weinelt: Wir sind die Einzigen, die für unsere Millionenstadt die Klimawende organisieren und umsetzen können. Dafür nehmen wir Geld in die Hand und investieren bis 2027 rund sieben Milliarden Euro in klimafreundliche Projekte. Unsere 16.000 MitarbeiterInnen arbeiten jeden Tag an der Umsetzung der Klimawende, vom Elektroinstallateur bis zur U-Bahn-Fahrerin.

In welchen Geschäftsbereichen gibt es denn diesbezüglich die größten Herausforderungen?

Wir versuchen grundsätzlich, in allen Bereichen Klimaneutralität zu schaffen und Herausforderungen gibt es überall. Die größten liegen aber klar in den Bereichen Mobilität und Energie. Bei der Mobilität ist das vor allem die sogenannte »letzte Meile«, also der Weg vom nächsten Bahnhof bis nach Hause. Hier setzen wir auf praktische Lösungen – die Wiener Linien bieten dafür rund 3.000 Fahrräder, 100 Elektroautos und auch E-Scooter zum Verleih an. Im Bereich der Energie wollen wir raus aus Gas. Dafür werden wir die rund 500.000 Gasthermen nach und nach ausbauen und durch umweltfreundliche Fernwärme und Wärmepumpen ersetzen – eine Herkulesaufgabe.

Wie können sich denn die WienerInnen, aber auch BesucherInnen der Stadt

aktiv einbringen, um das große gemeinsame Ziel zu erreichen?

Wir nehmen die Menschen mit auf die Reise in die Klimaneutralität. Seit 2012 baut Wien Energie BürgerInnensolarkraftwerke, wo sich bereits 12.200 WienerInnen ihre Anteile gesichert haben. Sie unterstützen somit nicht nur die Klimawende, sondern profitieren auch finanziell davon – mit einer Investition in Erneuerbare. Den BesucherInnen der Stadt empfehle ich: Erkunden Sie die Stadt mit den Öffis. Sie kommen nicht nur schneller von A nach B, sondern schonen dabei auch die Umwelt.

Der Arbeitskräftemangel beschäftigt alle Branchen. Welchen Mehrwert bieten die Wiener Stadtwerke?

Im Juni 2023 haben wir Gold beim »Brand 4 young talents«Award für unser Lehrlingsmarketing gewonnen. Weil wir unseren Lehrlingen etwas zu bieten haben: 19 Lehrberufe, die wir an die Herausforderungen der Zeit anpassen. Bei uns gibt es die Möglichkeit, an der klimaneutralen Stadt der Zukunft zu arbeiten. Das ist für viele junge Menschen eine enorme Motivation – wir haben 45 Prozent mehr Bewerbungen als im Vorjahr. Gleichzeitig haben wir es geschafft, dass rund 30 Prozent unserer neuen Lehrlinge in technischen Berufen weiblich sind – unser klares Ziel sind 50 Prozent. Wir unterstützen zudem Menschen, die ihren Beruf wechseln wollen mit einem Programm, das den Umstieg erleichtert bzw. ermöglicht und setzen in jeder Hinsicht auf Gleichstellung – es steht bei uns außer Frage, dass Männer und Frauen gleich viel verdienen.

Peter Weinelt, der designierte Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, über eine Großstadt auf dem Weg zur Klimaneutralität, Herausforderungen und Herkulesaufgaben.
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ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG DER WIENER STADTWERKE BILD WSTW JAKWERTH
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»Es steht bei uns außer Frage, dass Männer und Frauen gleich viel verdienen.« – Peter Weinelt, designierter Generaldirektor der Wiener Stadtwerke.

Angelina Scherr, 19 studiert seit einem Jahr Umwelt- und Bioressourcenmanagement und engagiert sie sich bei Fridays For Future Vienna.

WAS SOLL DAS?

Manche sagen: Fürs Klima auf die Straße gehen reicht nicht. Man muss dort auch bleiben. Ein Reportageprojekt von Angelina Scherr und Mira Caterina Schorr.

Was sind das für Menschen, die sich nicht nur durch Teilnahme an Demonstrationen, das Unterschreiben von Petitionen und den Gebrauch des Wahlrechts für eine andere Klimapolitik engagieren – sondern Streiks organisieren, Auen und Wälder besetzen und sich auf Straßen kleben. Zwei Studentinnen der Wiener Universität für Bodenkultur haben im Rahmen eines Freien-Wahlfach-Seminars zum Titel »Mut zur Nachhaltigkeit« ein Nachhaltigkeitsprojekt ent-

Mira Schorr, 21 studiert Agrarwissenschaften und wurde durch ihren Freundeskreis zum Gedanken inspiriert, sich aktivistisch gegen den Klimawandel zu engagieren.

worfen – ihr Semesterprojekt setzte sich dabei zum Ziel AktivistInnen von vier Wiener Klimaschutzbewegungen zu treffen, die Gespräche zu dokumentieren und die Ergebnisse zu veröffentlichen – teils um die vier Organisationen selbst besser kennenzulernen, aber auch, um anderen den Weg in den Aktivismus zu erleichtern. Ein Bericht von Angelina Scherr und Mira Schorr.

»Klimagerechtigkeit heißt für mich, dass alle Menschen, auch kommende Generationen, die Möglichkeit haben, die Welt so wundervoll zu erleben, wie ich das darf!«
— Angelina Scherr
»Ich bin noch nicht Teil einer solchen Bewegung, für mich dienten diese Gespräche dazu, mich zu reflektieren und motivieren, aktiv zu werden. Ich wollte mir die Angst nehmen.«
— Mira Caterina Schorr
44 BIORAMA WIEN–BERLIN STUDIENSUBJEKTE

WOFÜR STEHT …

... Fridays For Future?

Simon Pories: Bei Fridays For Future möchten wir möglichst viele Leute zusammenbringen, um mit uns für Klimagerechtigkeit auf die Straße zu gehen. Ich denke, dass wir in diesem breiten Spektrum von NGOs bis zu systemkritischeren Gruppen diejenigen sind, die auf den großen Demonstrationen alle zusammenbringen und auch neue Menschen dazu holen können.

... Extinction Rebellion und Projekt 3.5?

Merle: Projekt 3.5 will all die verschiedenen Klimaschutzbemühungen zusammenführen, damit die Aktionen mehr Kraft bekommen und damit wir gemeinsam die breite Zivilbevölkerung für die Anliegen mobilisieren können. Das Projekt trägt diesen Namen, weil die Wissenschaft sagt, dass alle historischen Bewegungen, die durch gewaltfreien zivilen Widerstand versuchten, radikale Veränderungen zu bewirken, erfolgreich waren, bei denen mindestens 3,5% der Bevölkerung aktiv beteiligt waren. Wir müssen also nur diejenigen erreichen, die schon verstanden haben, wo wir stehen mit der Welt und vielleicht bereits das Bedürfnis haben, sich einzubringen. Dabei setzen wir auf persönliche Gespräche.

Miri, Letzte Generation:

Wir nennen uns nicht die letzte Generation, weil wir glauben, dass es nach uns keine weitere Generation gibt. Auch wenn es die Zivilisation, wie wir sie heute kennen, nicht mehr geben wird. Wir nennen uns deshalb so, weil wir die letzte Generation vor den Kipppunkten sind, die das Schlimmste noch verhindern kann.

Max Sabitzer, System Change not Climate Change:

Die Organisation System Change not Climate Change gibt es in Wien seit 8 Jahren. Im Mittelpunkt stehen Klimagerechtigkeit und die soziale Perspektive auf Klimawandel und Klimamaßnahmen – wie sie von wem bestimmt werden.

Wir versuchen aufzuzeigen, warum wir die Klimakrise nicht ohne weitgehenden Systemwandel bewältigen können. Wir verbinden Kapitalismuskritik und Klimagerechtigkeit, um für eine bessere Gegenwart und Zukunft zu kämpfen. Wir wollen Scheinlösungen anprangern und denken, dass Klimalösungen nicht ohne soziale Perspektive funktionieren können.

WELCHE AKTIONEN FÜHRT IHR DURCH?

Simon, Fridays For Future:

Alles, was das Thema auf die Straße bringt. Teilweise machen wir Foto-Aktionen, aber der Kern sind die Demonstrationen, manchmal größer, manchmal riesig, manchmal klein. Wir machen das in einer Form, bei der man leicht mitmachen kann.

In nächster Zeit steht vieles an! Wir wollen den Zusammenhang der Klimakrise mit Biodiversität oder sozialer und Gendergerechtigkeit aufzeigen. Aspekte, die wir in den letzten Jahren zu wenig beachtet haben, die aber wahnsinnig wichtig sind. Außerdem bereiten wir den nächsten weltweite Klimastreik im Herbst vor, der wieder groß werden soll.

Merle, Extinction Rebellion & Projekt 3.5: Unser erstes Ziel bei Projekt 3.5 ist, im Herbst 2023 mit Menschen aus allen Ecken der Zivilbevölkerung zu gemeinsamen Aktionen des friedlichen zivilen Widerstands zusammenzukommen.

Meine Hoffnung wäre, dass das ein riesiger Klimastreik wird, der nicht mehr aufhört, bis erste konkrete Forderungen umgesetzt werden. Aber wahrscheinlich werden wir danach weitermachen müssen.

System Change not Climate Change willkommen@systemchange-not-climatechange.at systemchange-not-climatechange.at/de/mitmachen

BILD SYSTEM CHANGE NOT CLIMATE CHANGE
Simon Pories wurde kurz vor seinem Schulabschlus 2019 von seinem Physiklehrer noch mit Folien von Harald Lesch und deren eindeutiger Einordnung konfrontiert – hat daraufhin am ersten weltweiten Klimastreik teilgenommen und begonnen, sich aktivistisch zu engagieren.
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Fridays for Future

welcome.wien@ fridaysforfuture.at fridaysforfuture.at/ mitmachen

Miri, Letzte Generation: Grundsätzlich leisten wir zivilen Widerstand, das heißt, wir stellen uns in die Öffentlichkeit mit Namen und Gesicht und stören. Dafür haben wir verschiedene Protestformen, einerseits das auf der Straße Sitzen und Kleben. Das Kleben machen wir eigentlich nur, um die Störung zu verlängern: Die Polizei kommt immer recht schnell und würde uns sofort wegtragen. Andererseits veranstalten wir neuerdings unangemeldete Protestmärsche. Wir blockieren die ganze Straße und bewegen uns in Schneckentempo in Fahrtrichtung. Also wie die Regierung beim Erlassen von Klimaschutzmaßnahmen.

Wir stellen uns im Prinzip dem Wirtschaftssystem in den Weg, nicht den AutofahrerInnen. Dass einzelne darunter leiden, tut uns auch leid. Wir machen das, um Druck auf Politik und Wirtschaft auszuüben.

Letzte Generation

letztegeneration.at/ mitmachen

Max, System Change not Climate Change: Wir machen Aktionen zivilen Ungehorsams, wir waren beispielsweise bei ›Lobau bleibt‹ und den Blockaden der Gaskonferenzen dabei. Zusätzlich auch Organising-Kampagnen, Vernetzung von Organisationen in Wien und es geht uns um den Aufbau einer starken linken Bewegung in Wien.

WIE BIST DU ZUM AKTIVISMUS GEKOMMEN?

was bewegen, da ist eine Bewegung, wo es wirklich Sinn macht, teilzunehmen!

3 Monate später hab ich maturiert und wollte mich im Sommer einfach mal dem Aktivismus widmen. Und bin hineingerutscht!

Merle, Extinction Rebellion & Projekt 3.5: Ich wollte schon immer als Berufswunsch gerne den Menschen helfen und hab halt dann recht bald gemerkt, dass wir in eine riesige Krise hineinrennen. Und dann hab ich geschaut: Wie könnten wir leben, damit die Erde uns Menschen weiter vertragen und beherbergen kann?

Merle (Kunstname) hat versucht, einen möglichst naturnahen Lebnsstil zu führen, wollte sich dann aber einbringen, um das Leben auch für alle anderen zu verbessern – und ist mit Kind ins Lobaucamp gegangen.

Simon , Fridays For Future: So Anfang 2019, als wir im Physikunterricht schon mit dem Stoff fertig waren, hat der Lehrer noch Folien von Harald Lesch gezeigt und gesagt: ›Ja Leute, wir sind am Arsch!‹ Und ich hab mir gedacht: Na servas, das war mir nicht so bewusst ... Daraufhin war ich beim ersten weltweiten Klimastreik und ich hab irgendwie das Gefühl gehabt, da kann ich

Habe mich mit Selbstversorgung beschäftigt, eine Weile in Gemeinschaftsprojekten gelebt und mich mit Gemüseanbau, Wildkräutern und Heilmittel selbst machen beschäftigt. Doch das war mir zu entrückt von der Gesellschaft. Irgendwie musste ich aktiver werden, mich politisch einbringen, weil man so noch am wirksamsten mitarbeiten kann am guten Leben für alle. Ich bin aufs Lobaucamp gestoßen und habe gemerkt, dass dort meine Hilfe unglaublich sinnvoll war. So hab ich schließlich 4 ½ Monate mit meinem kleinen Sohn dort gelebt, was erstaunlich gut geklappt hat!

Miri, Letzte Generation:

Meine ersten Berührungspunkte mit Klimaaktivismus hatte ich bei verschiedenen Protestaktionen und anschließend bei ›Lobau bleibt!‹. Im Herbst letzten Jahres wurde ich von einem Mit-

Max hat über seine erste Leidenschaft Naturdokus mit 14/15 mehr über die Klimakrise erfahren und über seine zweite – Fotografieren –ist er zu Protesten und deren Organisation gekommen.
46 BIORAMA WIEN–BERLIN STUDIENSUBJEKTE

glied der letzten Generation telefonisch kontaktiert. Ein paar Tage später beschloss ich, dass ich Teil dieser Bewegung sein will und war ich beim Aktionstraining und eine Woche später saß ich schon auf der Straße. Ende Jänner habe ich angefangen, mich intern einzubringen und eine Koordinationsrolle übernommen.

Max, System Change not Climate Change: Ich bin über Dokus und Filme zum Aktivismus gekommen. Mit 14/15 Jahren habe ich begonnen, Naturdokus zu schauen und erstmals mehr über die Klimakrise mitbekommen. Und weil ich sehr gerne fotografiere, bin ich zu Demos gegangen, um dort zu fotografieren. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich gecheckt hab: Da will ich selbst mitmachen. Vor etwa drei Jahren habe ich bei Fridays For Future hineingeschnuppert und bin zufällig bei einer Aktion von System Change vorbeigekommen, habe dort fotografiert, ein paar Leute kennengelernt und begonnen, mich einzubringen.

WIE SCHÖPFT IHR MOTIVATION?

Simon, Fridays For Future:

Ich sehe keine andere Wahl, als sich zu engagieren – wir müssen jetzt einfach was tun! Auch wenn es zu spät sein sollte, möchte ich in den Spiegel schauen können und sagen: Ich habs irgendwie versucht. Außerdem sind Demoorganisation und Eventplanung Aufgaben, die mir Spaß machen. Man lernt wundervolle Menschen kennen – hat das Gefühl, man wird auch verstanden. Das ist sehr wertvoll.

Merle, Extinction Rebellion & Projekt 3.5: Schon lange möchte ich dort wirken, wo meine Ressourcen und Fähigkeiten am besten eingesetzt sind. Für mich ist klar, dass Klima- und Umweltschutz gerade die Dinge sind, die auf dieser Welt am dringendsten gebraucht werden. Ich könnte nicht ruhig und »normal« mit dem Wissen leben, was in den nächsten Jahrzehnten passieren wird. Ich fühle mich in vielerlei Hinsicht in privilegierter Position, um am Weltgeschehen mitzuwirken, daher spüre ich eine große Verantwortung, auch meinem Sohn gegenüber.

Wenngleich Trauer und Verzweiflung oft da sind, ist für mich der größere Motivator das Ge-

fühl von Gemeinschaft und die persönliche Entwicklung und Selbstwirksamkeit.

Miri, Letzte Generation:

In meiner Anfangszeit war ich in einem Zwiespalt, nach einer gelungenen Aktion war ich voller Adrenalin und am Tag darauf habe ich mich gefragt, wieso ich mich bitte mit Superkleber an die Straße klebe. Nach der ersten Gewalterfahrung von PassantInnen bei meiner 2. Aktion war ich auch sehr verwirrt. Mit Gesprächen habe ich mich wieder aufrappeln können, darauf bin ich sehr stolz. Mittlerweile fällt es mir nicht mehr schwer, weiterzumachen. Österreich ist ein kleines, aber mächtiges Land und kann sehr wohl Einfluss nehmen. Ein weiterer Beweggrund ist Solidarität – während es in anderen Ländern nicht möglich ist, sich kritisch zu äußern, kann ich es mir leisten – deshalb mache ich es auch.

Max, System Change not Climate Change:

Das sind auf jeden Fall die anderen Menschen im Aktivismus. Auch wenn man manchmal ein bisschen demotiviert werden kann, ist es unglaublich ermächtigend und horizonterweiternd, wenn man sieht, wie viel Energie Leute in Aktivismus stecken. Ich bin immer extrem begeistert, wie gut sich Leute auskennen und das auch umsetzen können.

WIE KANN MAN BEI EUCH EINEN BEITRAG LEISTEN?

Simon, Fridays For Future:

Die Aufgaben gehen von Demo-Ort und -Route planen bis hin zur Infrastruktur im Hintergrund. Wir brauchen Leute, die unsere Arbeitstreffen organisieren, moderieren, Protokoll schreiben und die schauen, dass wir einen Workspace ha-

XRebellion

Mitmachtelefonnr:

+43 681 812 020

xrebellion.at/werde-aktiv

Mirjam Griebler hat bei Protestaktionen, u. a. in der Wiener Lobau, erste Berührungspunkte zum Klimaaktivismus. Von einem Engagement bei der Letzten Genereation wurde sie telefonisch überzeugt.
BILD MIRA SCHORR, ANGELINA SCHERR 47

ben, wo wir kommunizieren können und dass es eine Website gibt.

Merle, Extinction Rebellion & Projekt 3.5: Wir bieten im Projekt 3.5 eine Menge Strukturen an, zum Beispiel beständige Arbeitsgruppen. Man kann aber auch punktuell helfen – ob man sich in der Organisation einbringt, Banner malt und näht, einen Raum zu Verfügung stellt oder einfach für die AktivistInnen in Aktion eine warme Suppe kocht oder mit Verwandten und FreundInnen darüber spricht, wie man sich in der Klimabewegung beteiligen kann. Wir leiten Leute auch an andere Organisationen weiter, die gut zu ihnen passen.

Miri, Letzte Generation: Die wichtigste Funktion ist die »Protestbiene«, weil wir viele Leute brauchen, die ein Zeichen setzen. Zusätzlich brauchen wir Unterstützung bei den Aktionen mit Film und Foto. Außerdem Menschen, die bei Protesten Flyer verteilen und kurze Gespräche führen. Eine weitere Person achtet während des Protests auf die psychische und physische Gesundheit der AktivistInnen.

Max, System Change not Climate Change: Wir sind in Arbeitsgruppen geteilt, es gibt unterschiedliche Bereiche, um sich einzubringen. Etwa in Recherchearbeit oder organisatorische Prozesse: Arbeitsräume, Essen, Pressearbeit, Vernetzungsarbeit mit anderen Organisationen

sowie die Planung von Aktionen. Ich bin bei der externen Kommunikation, also Presse- und Social Media-Arbeit und Grafik.

INSIDERTIPPS FÜR ANDERE?

Simon, Fridays For Future: Es gibt Leute, die gehen gleich auf ein hohes Aktionslevel und dann gibt’s Leute, die lieber daheim vorm Computer Hintergrundarbeit machen. Das alles ist wertvoll, man muss selbst schauen: Wo kann ich mich mit meinen Fähigkeiten einbringen? Und ich denke, es ist wichtig, mutig zu sein und Organisationen zu hinterfragen. Außerdem muss man darauf achten, dass man nicht hineinkippt und sich komplett überarbeitet. Auch wenn ich sehr viel Zeit in Aktivismus investiert habe, war es mir wichtig, daneben auch ein Leben zu führen.

Merle, Extinction Rebellion & Projekt 3.5: Ich würde immer versuchen, dem zu folgen, was sich richtig und lebendig anfühlt, da wo ich entweder was lernen oder was beitragen kann, wo ein kleiner Funke zu spüren ist. Das kann manchmal zu den unglaublichsten Orten und Situationen führen.

Behaltet euch die Grundintention, Gutes tun zu wollen in der Welt und eine Offenheit dafür, dass dieses »Gute« situationsabhängig immer wieder anders sein kann. Oft braucht es ein Heraustreten aus der eigenen Komfortzone, manchmal aber auch ein »faules« Herumliegen in der Wiese zur Regeneration.

Miri, Letzte Generation: Ich find’s wichtig, mir immer wieder die Frage zu stellen: Wie sehe ich mich in 20 Jahren, wenn ich jetzt nicht für eine bessere, gerechtere Zukunft kämpfe? Wie sieht das Leben meiner Geschwister aus, das meiner potenziellen Kinder? Was kann ich tun, auch wenn ich dabei Abstriche bei meiner Zeit für Uni oder Freunde machen muss? Grundsätzlich ist es wichtig, einfach mal einzusteigen und anzufangen.

Max, System Change not Climate Change: Sprecht Leute auf Demos an! Mir hat es geholfen, dass die Leute dort so nett und offen waren. Immer wieder wird ein Klimacafé veranstaltet, wo sich Leute austauschen und über (Klima-) aktivismus reden. Ohne Druck, einfach als Anlaufstelle für Fragen.

48 BIORAMA WIEN–BERLIN STUDIENSUBJEKTE
Simon beim Gespräch mit Angelina für ihr Uni-Projekt. Angelina und Mira haben über die Kommunikationsplattfom bei Fridays for Future nach InterviewpartnerInnen gesucht. Simon hat sich Zeit genomen.
BILD
MIRA SCHORR, ANGELINA SCHERR, PATPITCHAYA

IMPACT ALS PFLICHTFACH

Wien macht soziale und ökologische Auswirkungen zum Thema in jeder Gründungsberatung und Förderung. Berlin stärkt Social Business.

Laut Austrian Start-up-Monitor haben 49% der im Jahr 2022 gegründeten Start-ups

ökologische oder gesellschaftliche Ziele oder beides als Kern ihres UnternehmerInnentums definiert. Dementsprechend stellen 51 % der Gründungen die Verbesserung eines gesellschaftlichen oder ökologischen Problems nicht an die erste Stelle. Doch auch deren unternehmerisches Handeln hat Auswirkungen – ganz konkret zum Beispiel auf die CO 2 -Emissionen. Die Wirtschaftsagentur Wien macht die Beschäftigung mit der sozialen und ökologischen Wirkung des zukünftigen Unternehmens deswegen nun zum Pflichtfach in ihrer Gründungsberatung. Unter anderem auch, weil Wien es sich zum

Ziel gesetzt hat 2040 klimaneutral zu sein oder weil neue Regularien, die bereits in Kraft sind oder noch verhandelt werden, wie die EU-Taxonomie oder auch Lieferkettengesetze, die Unternehmen zunehmend in die Pflicht nehmen. Und zwar mittelfristig und als LieferantInnen nicht nur die Großen. Auch eine Finanzierung und deren Konditionen wird sich immer mehr zumindest auch an diesen Kriterien orientieren.

»Bei allen unseren Angeboten für GründerInnen und Start-ups wird nun das Thema Impact behandelt, im Founders Lab gibt es die so genannte Impact Journey verpflichtend«, erzählt Gabriele Tatzberger, Director Startup Services bei der Wirtschaftsagentur

49 BIORAMA WIEN–BERLIN SOCIAL BUSINESS
TEXT Martin Mühl

Verified Social Enterprise

Seit Dezember 2022 können sich Unternehmen in Österreich als »Verified Social Entprise« registrieren und diesen Status von externer Stelle kontrolliert ausweisen.

Wien: »Am Ende eines Gründungsstipendiums müssen die TeilnehmerInnen nach sechs Monaten einen Finanzplan und eine Impactbeilage abgeben.« Mehr als 1000 TeilnehmerInnen betrifft das pro Jahr und schon in Orientierungsgesprächen soll es nicht nur um wirtschaftliche Fragen oder die künftige Gesellschaftsform gehen, sondern eben auch um Fragen zur sozialen und ökologischen Wirkung. Für mehr Tiefe kann die Wirtschaftsagentur entsprechende ExpertInnen und weiterführende Angebote empfehlen. In ihrem »Impact Assessment Technologie Report« sammelt sie viele Fakten zu den geltenden und kommenden internationalen Regularien und stellt Tools vor, mit denen Unternehmen ihr Wirken und ihren Fußabdruck berechnen können.

AUSWEITUNG AUF DAS GESAMTE FÖRDERPROGRAMM

macht haben.« Gabriele Tatzberger vermutet, dass es manche nicht ganz so ernst nehmen könnten mit dem Impact und warnt vor negativen Folgen: »Wir werden auch Greenwashing erleben. Aber ›If you claim it, you have to prove it‹ muss gelten, sonst gibt es einen Imageschaden.«

STÄRKUNG DER GEMEINWOHLÖKONOMIE

Berlin und dort die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe unterstützt aktuell viele Organisationen, Netzwerke und Events,

Ökologische Ausrichtung

Laut dem 4. Deutschen Social Entrepreneurship Monitor (2022) arbeiten 88,9 % der deutschen Social Enterprises mehr als einem der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu. 55,4 % adressieren direkt ökologische Zielstellungen.

Plan der Wirtschaftsagentur Wien ist es auch, diesen Zugang ab 2024 im gesamten Förderprogramm zu verankern: »Wir wollen diese Themen in die Förderprogramme integrieren. Ziel muss es sein, keine Projekte zu unterstützen, die sozialen oder ökologischen Schaden anrichten und umgekehrt sollen Unternehmen und Projekte, die diese Themen berücksichtigen eine bessere Bewertung in den Calls bekommen«, skizziert Gabriele Tatzberger künftige Beurteilungskriterien. Die Wirtschaftsagentur Wien ist überzeugt, dass sich dieser Zugang auch für die Unternehmen selbst auszahlt: »Es ist ein Marktvorteil, wenn man ein nachhaltigeres Produkt als das marktübliche hat. Hier ergibt sich ein riesiger Markt, der zu nutzen ist. Ein Beispiel sind Immobilien: der Energieplus-Standard zeigt, wie man etwas mit Impact machen kann und sich dadurch auf lange Sicht viel Geld spart.« Entwickelt werden diese Richtlinien und Programme im Austausch mit Hochschulen, Fachhochschulen und Interessensgruppen, auch bei der Vermittlung wird auf Vernetzung gesetzt: »Wir sind nicht immer die Richtigen, aber wir wissen, wer helfen kann. Das meint sowohl gezielte Fachexpertise als auch GründerInnen, die den Prozess bereits durchge-

— Gabriele Tatzberger, Wirtschaftsagentur Wien

die das Ziel haben Social Entrepreneurship voran zu bringen. Einer der zentralen Hubs dafür ist Social Economy Berlin, eine Plattform, die viel an Information oder auch Kontakte zu Beratungsstellen bietet und erst Mitte Juli 2023 in Berlin die zweitägige Social Economy Berlin Konferenz mit Keynotes, Podiumsdiskussionen, Workshops und auch einem Pitch-Karussell veranstaltet hat. Im November 2022 wurde die neue Start-up Agenda 2026 für Berlin präsentiert, die ebenfalls die Förderung von Impact-Start-ups als eines von fünf Fokusfeldern definiert. Für ganz Deutschland gibt es die »React with Impact«-Förderung die darauf abzielt gemeinwohlorientierte Unternehmen und Start-ups zu stärken.

Aktuell bezieht sich diese Unterstützung in erster Linie auf Personen und Organisationen, die gezielt gesellschaftliche und ökologische Verbesserungen zum Kern und Fokus ihrer Tätigkeit machen.

»Ziel muss sein, keine Projekte zu unterstützen, die sozialen oder ökologischen Schaden anrichten.«
50 BIORAMA WIEN-BERLIN SOCIAL BUSINESS

WIENER FEINKOST BRIGITTENAUER WEIZENWURST

Die Manufaktur Hiel ist eigentlich ein Bio-vegan-Pionier, verkauft ihre Produkte dennoch als »vegetarische Feinkost«.

Das Gassenlokal in der Brigittenau als geräumig zu bezeichnen, wäre übertrieben. Trotzdem ist verhältnismäßig viel Platz, seit ein Teil der Produktion ins nahegelegene Niederösterreich verlegt wurde. Auf den 100 Quadratmetern in der Stadt wird Seitan hergestellt, also verarbeitetes Weizenprotein, »und in Korneuburg alles, was wir in Gläser abfüllen«, erklärt Richard Hiel (41). Die Wiener Produktionsstätte ist unscheinbar wie sich auch die Produkte von Hiel gestalterisch zurückhalten. »Unser Verkaufsargument soll der Geschmack sein.« Auch dass die Produkte vegan sind, bleibt dezent. Sogar die Beschreibung »Vegetarische Feinkost« führt man weiter im Firmennamen; vielleicht aus Nostalgie. Als Vater Peter Hiel (67) 1988 erste Aufstriche herstellte, wären sowohl bio als auch vegetarisch neu gewesen. »Die Produkte waren vegan, aber das war in den 80ern kein Thema.« Heute liefert Hiel seine Seitanwürste und Aufstriche an Heurige, Bio- und Feinkostläden, neun MitarbeiterInnen erwirtschaften einen Umsatz von 800.000 Euro. Vom Vegan-Boom profitiere man schon. Von vielem, was Supermärkte diesbezüglich anbieten, grenzt man sich aber ab. »Ich sehe viele konstruierte Produkte, Hochverarbeitetes, das – weil nicht bio – auf Aromen und Zusatzstoffe setzt«, sagt Hiel, ganz Purist.

THOMAS WEBER hiel.at

BRANDENBURGER ANTRIEB E-MOTORRAD AUS BERLIN

Erockit will mit über 100 km/h und 120 km Reichweite die Welt erobern.

In einem ehemaligen Stahlwerk im Nordwesten Berlins, schon in Brandenburg, im Gewerbehof Nord in Henningsdorf, wurde das Erockit entwickelt und dort wird es auch derzeit noch gebaut. Ein elektrisches angetriebenes Motorrad, dessen Geschwindigkeit wie bei einem Fahrrad über Pedale gesteuert wird, das aber so innerhalb weniger Sekunden auf über 100 km/h beschleunigt werden kann. Und auf der Autobahn gefahren werden darf. Das Erockit soll mit einer Reichweite von über 120 Kilometern den Pendlerverkehr nicht nur elektrifizieren, sondern als Zweirad deutlich weniger Platz und Energie verbrauchen. Begeistert zeigen sich nicht nur das Team (darunter Ex-Manager von Pininfarina oder auch Tesla), sondern auch halbwegs prominente Investoren. Kleinaktionäre können online noch einsteigen, der indische Großinvestor Motovolt könnte dafür sorgen, dass die Produktion international aufgestellt wird, skaliert und künftig einen Einstiegspreis deutlich unter den derzeit rund 13.000 Euro möglich macht. Kaufen kann man ein Erockit, von dem aktuell einige hundert Stück jährlich nördlich von Berlin gefertigt werden aber schon. Das reduzierte Retro-Design ist gelungen und sorgt nicht nur für Blicke, wenn man damit auf der Autobahn mit über 100 km/h radelt.

erockit.de

MARTIN MÜHL
BIL
/
WIRTSCHAFTSAGENTUR WIEN
KARIN HACKL, EROCKIT, HIEL, JAGD OESTERREICH

BERLINER KUNST BROTKULTURFETISCHISMUS

Neuköllner Biobackkunst aus einer gläsernen Backstube mit Einsatz für Brotkultur und Sozialem.

Seit 2011 verköstigt »Endorphina Backkunst« Neuköln mit Biobrot und Biokleingebäck. 80 Tonnen brandenbrugisches Biogetreide werden dafür in Neukölln auch gemahlen – Dinkel, Roggen und Weizen. Gebacken wird in der Gläsernen Backstube in der Elsenstraße 52 in Neukölln vom Nachmittag bis in die frühen Morgenstunden. Die Bäckerei ist Teil der Slow-Food-Bewegung. Besonders die köstlichen süßen Schnecken, Scones oder auch Sauerteigbrote sind einen Besuch der Bäckerei wert. Nicht ganz zufällig wird hier von Kunst gesprochen, denn »Endorphina Backkunst« setzt sich auch für den Erhalt der deutschen Brotkultur, die auch Unesco-Weltkulturerbe ist, ein. Die 30 MitarbeiterInnen aus insgesamt sieben Nationen erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund einer Million Euro und verschreiben sich dabei nicht nur der Endorphinproduktion, sondern auch dem Kiezzusammenhalt – unter anderem als »bester Ausbildungsbetrieb deutschlandweit« (gekürt 2019). Nicht nur Praktikumsplätze, sondern auch Backkurse für Kitas und Schulen werden angeboten.

Der Hunger auf Endorphina-Backwaren kann in der Backstube in Berlin-Neukölln wie an zahlreichen Wochen- und Biomärkten berlinweit gestillt werden. Auch das Hofcafé ist einen Besuch wert, allerdings leider nicht biozertifizierrt.

endorphina.de

BERLINER BACKWAREN VOLLWERT-KOLLEKTIV

Mit hochwertigen Zutaten aus der Neuköllner Backstube versorgt der Mehlwurm Berlin mit Backwaren.

Bereits seit vier Jahrzenten ist die Bäckerei »Mehlwurm« eine Institution in Berlin-Neukölln und gilt damit als eine der ältesten Biobäckereien der Stadt. Das 1983 gegründete Kollektiv aus der linksalternativen Szene hebt sich nicht nur in seiner Führungsform von anderen Bäckereien ab, sondern auch durch die Wahl und Qualität der Zutaten. Wenn möglich wird ohne Hefe gebacken und der selbst angesetzte Natursauerteig verwendet. Auf künstliche Backhilfen wird verzichtet. Das Brotgetreide wird in der Backstube in der Pannierstraße 2 gemahlen – und das schmeckt man auch – Von leckeren Dinkelbrötchen, über Karottenbrote und Spinatstrudeln bis hin zum veganen Franzbrötchen und der umfangreichen Kuchentheke. Für die Sparfüchse gibt es auch Backwaren vom Vortrag zum reduzierten Preis. Im Team aus 26 MitarbeiterInnen wird großer Wert auf ein harmonisches Miteinander gelegt und betont, dass flache Hierarchien gelten und alle überall mitzureden haben. Im Geschäft in Neukölln herrschte jedenfalls bei den bisherigen Besuchen der Autorin jedes Mal auffällig gute Stimmung.

Die Biobackwaren können vor Ort in Neukölln, in der Marheineke Markthalle in Kreuzberg oder samstags am Boxhagener Markt in Friedrichshain sowie in diversen Biosupermärkten erworben werden.

mehlwurm.de

BILD DORISMUELLNER / ENDORPHINA
52 BIORAMA WIEN-BERLIN DAS URBANE PRODUKT

Bio Backhandwerk aus Berlin

Bio Backhandwerk aus Berlin Catering & Business Lunch

Entdecke in deinem Biomarkt unser Sortiment an Backwaren und kulinarischen Spezialitäten : Brot, Brötchen, Kuchen und weitere süße Leckereien. Ofenfrisch, knusprig und megalecker. Lass es dir schmecken!

Entdecken Sie unser breites Sortiment an Backwaren und kulinarischen Spezialitäten: Für Gastronomie, Mittagstische und Events. Seit 1993 täglich frisch zubereitet und geliefert in bester Bio-Qualität!

Das alles steckt in Beumer & Lutum :

Das alles steckt in Beumer & Lutum: .................................

Backhandwerk mit hilfreicher Technik

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Natürliche Teigführung ohne künstliche Zusätze

Natürliche Teigführung ohne künstliche Zusätze

Biologische Zutaten von hoher Qualität

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Regionale Partner wo immer möglich

Regionale Partner wo immer möglich

Intelligente Produkte für eine urbane Ernährung

Intelligente Produkte für eine urbane Ernährung

Umweltschutz als Handlungsleitfaden

Umweltschutz als Handlungsleitfaden Soziale Ausrichtung in wachem Miteinander

Soziale Ausrichtung in wachem Miteinander

beumerundlutum Beumer & Lutum Bäckerei

www.beumer- lutum.de

FREI & WILD

Gekocht wird, was neben dem Bürgersteig wächst. Oder neben dem Gehsteig.

Je mehr kleine Grüne Inseln zusätzlich zu den gepflegten Parkanlagen in die Städte zurückkehren, desto mehr Stellen gibt es auch, an denen Unkräuter wieder einen Platz an der Sonne finden. Und auch unser Blick auf den Löwenzahn vom Wegrand verändert sich. Übler Pfahlwurzler, der sich rasend schnell auch in einem Kopfsteinpflaster ausbreitet, in dem man es aufgeräumt und unkrautfrei haben will, einerseits – auf der Suche nach Abwechslung auf den Tellern andererseits aber schnell nachwachsender Vitaminlieferant mit saftig-bitteren Salatblättern und leuchtend gelben essbaren Blüten. Zwei aktuelle Bücher drehen sich gezielt um das, was in der Stadt wächst und auch darum, wo in der Stadt es wächst.

Die Wildkräuterexpertin Anne SchmidtLuchmann und der Koch Paul Schmidt haben– begleitet von wunderbaren Fotos von Julia Schmidt – dem Unkraut der Stadt Berlin ein Buch gewidmet. Nicht zu kurz kommen dabei auch die Fragen, warum man sie überhaupt essen will: prinzipiell, wegen ihrer Nährstoffdichte und ihres Preises, und im Speziellen we-

gen ihrer individuellen Inhaltsstoffe wie ihrem Geschmack.

Alexandra Maria Raths »Hommage ans süße Wien« – die Fortsetzung ihres erstens Buchs zur Wiener Wildpflanzenküche – liefert eine ungewöhnliche Kombination aus historischem und botanischem Hintegrundwissen zu den Wiener Bezirken, ihren Wild- und Kulturpflanzen und Anleitungen zu einem ordentlichen Küchenregime und ausgeklügelte Rezepte. Etwas schräg mutet in diesem Buch an, dass immer wieder einzelne Zutaten in Bioqualität empfohlen werden (etwa Schokolade), der Großteil der anderen aber nicht (etwa Eier oder Butter). Gestaltet ist das Buch nicht ganz so wild wie seine Protagonisten wachsen – und der Aufbau nach Pflanzen und je einem Bezirk samt historisch-architektisch relevantem Ort, an dem sie vorkommen, macht es auch zu einem sehr brauchbaren Reiseführer durchs Wien der Wildpflanzen.

Als Faustregel empfiehlt sich: Was nicht wild gesammelt wird, besser in Bioqualität beziehen.

56 BIORAMA WIEN-BERLIN WILDE BERLINER KÜCHE
BILD ISTOCK.COM / WILDLIFE, JULIA SCHMIDT. TEXT

BEEF TAGLIATA AUF

GUNDERMANN

Diese Vorspeise bringt die ganze Kraft des Gundermanns zum Vorschein. Kombiniert mit einer würzig-schokoladigen Crema, ist sie ungewöhnlich und überraschend, aber dennoch vertraut. Ein ganzjährig verfügbarer Wildkräuter-Genuss.

ZUTATEN

GUNDERMANN-CREMA

• 2 Schalotten

• 1 TL Butter

• 2 EL Rohrohzucker

• 50 ml Balsamicoessig

• 50 ml doppeltes

Gundermann-Hydrolat (Rezept im Buch)

SALAT

• 3 Handvoll Gundermann

• 1 Handvoll Feldsalat

• 2 EL Olivenöl

• 1 EL frisch gepresster

• Zitronensaft

• 2 Hüftsteaks oder 1 Flanksteak (insgesamt 400 g)

• Salz und Pfeffer aus der Mühle

• 50 ml Espresso

• 200 ml Kalbsfond

• 1 TL Speisestärke

• 2 EL Zartbitterschokolade

• Salz

ZUM ANRICHTEN

• 1 kleiner Apfel

• ein paar frische Rucola-Blüten

ZUBEREITUNG

Schalotten fein hacken und in einem Topf in etwas Butter anschwitzen. Zucker hinzufügen und leicht karamellisieren lassen. Mit Balsamicoessig ablöschen. Gundermann-Hydrolat, Espresso und Kalbsfond angießen und aufkochen. Hitze reduzieren und die Flüssigkeit auf die Hälfte einköcheln. Mit etwasin kaltem Wasser angerührter Speisestärke binden. Die Konsistenz sollte cremig sein. Zum Schluss die Zartbitterschokolade fein hacken, einrühren und die Gundermann-Crema mit Salz abschmecken. Bei Zimmertemperatur aufbewahren.

Den Backofen auf 80 °C (Ober/-Unterhitze) vorheizen.

Gundermann und Feldsalat in Natronwasser waschen (wird zur gründlichen Reinigung der Wildkräuter im Buch empfohlen, Anm.) und trocken schleudern. Olivenöl und Zitronensaft verrühren und die Salatkräuter in einer Schüssel damit marinieren.

Die Steaks in einer Grillpfanne bei hoher Hitze von beiden Seiten 5 Minuten kräftig anbraten und mit Salz und Pfeffer würzen. Danach 10 - 15 Minuten im Ofen ziehen lassen, je nach gewünschtem Gargrad.

Kurz vor dem Servieren das Steak aus dem Ofen nehmen und nochmals 5 Minuten ruhen lassen. Apfel in Spalten schneiden. Salat auf einer Platte verteilen, Steak in breite Streifen schneiden und darauf anrichten. Die Gundermann-Crema darüberträufeln und mit Apfelspalten sowie Rucola-Blüten garnieren.

57 REZEPTE AUS:
»Wilde Stadt –Urbane Wildkräuterküche« Ars Vivendi, 2022.

SIRUP

Beim Sirup nutzt man die ausziehenden Eigenschaften des Zuckers, der in der Lage ist, Aromen, ätherische Öle sowie Farb- und Inhaltsstoffe aus Pflanzen zu lösen und aufzunehmen. Es gibt, je nach Beschaffenheit der Pflanze, die man verwenden möchte (Blüte oder Nadel), unterschiedliche Möglichkeiten, einen Sirup herzustellen.

Für sehr viele Ausgangsstoffe kann man folgendes Grundrezept verwenden:

Die Sirup-Basis (500 g Rohrohrzucker auf 600 ml Wasser) kurz aufkochen, um den Zucker zu lösen, dann abkühlen lassen und Kraut oder Blüten zufügen. Den Sirup am besten in große Vorratsgläser mit Bügelverschluss geben. Fest verschlossen für 2–4 Tage im Kühlschrank ziehen lassen. Den Sirup durch ein Tuch abseihen und ggf. das darin verbliebene Pflanzenmaterial fest auswringen. Zur Lagerung und Haltbarkeit stehen drei Wege offen. Erstens: Im Kühlschrank hält sich ein Sirup 2–6 Wochen. Zweitens: Für sehr lange Zeit hält sich Sirup, wenn man ihn in Schraubflaschen vakuumiert. Dafür die abgeseihte Sirupmasse kurz aufkochen und mithilfe eines Trichters sofort in sterilisierte Schraubfläschchen füllen, fest verschließen und auf den Kopf gestellt auskühlen lassen. Danach dunkel lagern. Drittens: In kleinen Portionen einfrieren. Hierfür die Einmachfläschchen zu zwei Dritteln füllen, offen anfrieren lassen und erst, wenn sich die Masse fertig aus- gedehnt hat, den Deckel aufschrauben.

Diese Art der Sirupherstellung eignet sich für viele Wildpflanzen und Blüten wie Holunder, Wald- meister, Robinie oder Bittersirup aus aromatischen Korbblütlern. Darüber hinaus gibt es auch noch andere Methoden, einer Pflanze ihr Aroma zu entlocken und aus ihr einen Sirup herzustellen (siehe Wildrosen- und Fichtenspitzen-Sirup).

58 BIORAMA WIEN-BERLIN WILDE BERLINER KÜCHE

WILDROSEN-SIRUP

Hierfür die Blütenblätter einer duftenden und farbigen Wildrosen-Art (z. B. Kartoffel-Rose, Rosa rugosa) sammeln und 4 Stunden im Schatten antrocknen lassen. Dann 1 Volumen-Teil Blütenblätter mit 2 Volumen-Teilen kochendem Wasser übergießen und 12 Stunden ziehen lassen. Abseihen und die Blüten ausdrücken. Das rote Wasser aufkochen und wieder dieselbe Menge angetrockneter Rosenblätter dazugeben, 12 Stunden ziehen lassen und abseihen.

Dann die gesamte Prozedur noch einmal wiederholen. Den dreifach angereicherten Rosensaft erhitzen und die gleiche Volumen-Menge Rohrohrzucker (z. B. 1 l Rosensaft auf 1 kg Zucker) darin lösen und etwas Ascorbinsäure zur Konservierung zufügen (pro Liter 3 Prisen), da dieser Sirup schneller schimmelt als andere. Kochend in sterilisierte Fläschchen abfüllen, zuschrauben, stürzen und auskühlen lassen.

WILDROSEN-GIN-FIZZ

Ein guter Wildrosen-Sirup ist vielseitig einsetzbar, so wie in diesem Drink.

Das Schöne daran ist, dass er mit seiner floralen Spritzigkeit auch in den Wintermonaten einen Hauch von Sommer versprüht.

ZUTATEN

• Für 1 Cocktail

• 5cl Gin

• 30 ml frisch gepresster

• Zitronensaft

• 40 ml Wildrosen-Sirup

• Holunderbeersaft

• Rosenwasser

• 1 Bio-Eiweiß

• 3 Eiswürfel

ZUM ANRICHTEN

• 4 große Eiswürfel

• 4 dünn geschnittene

Stücke

• Wassermelone mit Schale (oder Deko nach Saison)

• Rosen-Blüten

• 75 ml Sodawasser

ZUBEREITUNG

Für einen Cocktail Gin, Zitronensaft, Wildrosen-Sirup und je 5 Tropfen von Holunderbeersaft und Rosenwasser in einen Shaker geben und schütteln. Dann das Eiweiß hinzufügen und 20 Sekunden sehr kräftig schütteln. Eiswürfel dazugeben und nochmals 20 Sekunden kräftig vermischen.

1 großen Eiswürfel in ein Tumbler-Glas legen und den Cocktail darübergießen. Die Wassermelonenstücke aufgerollt auf Holzspießchen schieben, nach Belieben mit Rosen-Blüten spicken und in das Cocktailglas stellen. Den Gin Fizz mit Sodawasser auffüllen und sofort servieren.

BILD JULIA SCHMIDT
www.preussenquelle.de Sorry, Wien. Das kriegt nur Berlin und Umgebung. Echte Nachhaltigkeit beginnt mit Regionalität. aus Brandenburg

REZEPTE AUS:

DIE TAUBNESSEL

»SÜSSES WILDES WIEN –genascht wird, was in der Stadt wächst«, Gmeiner, 2023.

Die Taubnesseln gehören als eigene Pflanzengattung zur Familie der Lippenblütler, genau wie auch der Thymian und der Wiesensalbei. Ihr wisst schon, das ist diese riesige Familie, die keiner zu einer Party einladen möchte, weil dann auf einen Schlag 7000 daherkommen. Dafür sind so gut wie alle Mitglieder dieser Familie essbar. Obwohl die Blätter der Taubnesseln denen der Brennnesseln sehr ähneln, sind die beiden nicht miteinander verwandt. Im Gegensatz zu Brennnesseln besitzen Taubnesseln auch keine Brennhärchen. Sie sind also »taub«. Wie so manch Herrschender gegenüber den Bedürfnissen des Volkes auch. Aber das, das ist wieder eine andere G’schicht. Die Gattung der Taubnesseln umfasst jedenfalls weltweit um die 25 bis 30 Arten. Bei uns findet man vor allem die Purpurrote, die Gefleckte, die Weiße und die Stengelumfassende Taubnessel.

Im Mittelalter wurden Taubnesseln bei Menstruationsbeschwerden, Schwäche, Husten, Schlafstörungen und zur allgemeinen Beruhigung verwendet. Sie enthalten neben Kieselsäure noch Schleimstoffe, Vitamin C und A, Zink, Kalium und sogar Protein. Nichts davon hilft tatsächlich bei Schlafproblemen. Im Gegenteil, das enthaltene Kalium regt die Nierentätigkeit an, was einen des Nächtens eher unruhig zur Toilette zwingt. Aber bekanntlich versetzt der Glaube ja Berge und selbst Placebos funktionieren bei vielen Beschwerden. So oder so, heute haben die Taubnesseln in der Volksheilkunde keine relevante Bedeutung mehr, manch einer verwendet sie noch zum spirituellen Räuchern. In die Kulinarik hingegen sollten wir sie auf alle Fälle wieder mit aufnehmen. Sie sind, wie alle Wildpflanzen, ein Geschenk der Natur. Gratis, gesund und gut!

Und, wie schmeckt’s?

Taubnesseln, insbesondere die frischen Blätter, weisen ein recht intensives Aroma auf, was für einige regelrecht abstoßend wirkt. Erhitzt man die Blätter aber, verflüchtigt sich die etwaige Muffigkeit und ein harmonisch, ja fast schon umami-artiges Pilzaroma tritt zutage. Kombiniert man die Blätter mit Schoko- lade, entpuppt sich diese Verbindung als äußerst wohlschmeckend, von leicht bitter über harzig-minzig. Die Blüten der Taubnesseln schmecken in erster Linie süß, genau wie sie auch aussehen. Wenn ihr die Möglichkeit habt, nehmt die Blüten der Gefleckten Taubnessel, diese sind die größten. Aber sammelt nicht zu viele, Lippenblütler enthalten reichlich Nektar, eine – gerade im zeitigen Frühling – willkommene Nahrung für Bienen und die großen Brummer, wie Hummeln.

SAFTIGER TAUBNESSELSCHOKOKUCHEN*

*GLUTENFREI

ZUTATEN

• 200 g Butter

• 200 g dunkle Schokolade (mind. 70 % Kakaoanteil)

• 4 Eier

• 200 g Zucker

• 2 flache EL Maisstärke

• Butter und Brösel für die Kastenform

60 BIORAMA WIEN-BERLIN SÜSSE WIENER WILDNIS

• 1 kleine Handvoll Blätter der Taubnessel

• Blüten der Taubnessel

• 250 g Schlagobers

ZUBEREITUNG

für eine etwa 30x22 cm Kastenform oder eine 26 cm Springform

Wer saftige Schokoladekuchen oder Brownies mag, wird sich hier wie im siebten Himmel fühlen. Ich habe gefühlte 200 (tatsächlich waren es elf) Schokokuchen-Rezepte für euch getestet, umgestaltet und wieder verworfen, um letztendlich diese super saftige, super schokoladige, super gute Variante zu kreieren. Ganz ohne Mehl, nur mit reichlich bester Schokolade, Butter und Eiern sowie einem unbedingt notwendigen Schlagobers-Tupferl. Die Blätter der Taubnessel verstärken das Aroma der Kakaobohnen und geben dem Ganzen Frische, die Blüten punkten durch ihre Süße und Schönheit.

1. Alle Zutaten abwiegen und mise-en-place-mäßig* vorbereiten. Die Taubnessel säubern, die Blätter fein hacken. Die Kastenform mit Butter einreiben und mit Bröseln auskleiden. Statt Brösel könnt ihr auch Mehl verwenden. Ich nehme am liebsten eine größenverstellbare Form, die ich auf ein gebuttertes, bemehltes Backblech stelle.

2. Schokolade und Butter über Wasserdampf schmelzen. Dazu eine Rührschüssel aus Metall (Schneekessel) auf einen Topf mit Wasser stellen. Das Wasser soll heiß sein, aber nicht sprudelnd kochen. Die Schokolade in Stücke brechen, die Butter in Stücke schneiden und beides zusammen schmelzen. Dabei ab und zu mit einem sauberen, aber auf keinen Fall nassen Löffel umrühren. Die Schüssel mit der geschmolzenen Butter-Schoki (Achtung, heißer Dampf steigt auf und der Boden der Schüssel ist nass) vom Topf nehmen und auf ein Tuch gebettet zur Seite stellen.

3. Eier trennen. Die Eidotter in eine große Schüssel geben und zur Seite stellen. Die Eiklar in einem extra Gefäß mit dem Handmixer aufschlagen, bis sie schaumig weiß sind, dann etwa 1/3 des Zuckers dazugeben und fertig zu Schnee schlagen.

4. Danach die Eidotter mit dem restlichen Zucker sehr schaumig rühren. Dafür einfach die vom Eischnee noch nicht gewaschenen Quirlen verwenden. So lange schlagen, bis die Masse cremig-weiß wird. Dauert etwa 4 Minuten. Wir wollen viel Luft im Eidotter, daher geduldig bleiben.

5. Die geschmolzene, aber inzwischen etwas abgekühlte Schoki-Butter-Masse zu der Eidotter-Zuckermischung geben. Maismehl, den steifen Eischnee sowie die gehackten Taubnessel-Blätter unterheben. Die Masse in die Kastenform gießen (Teigschaber), diese sollte etwa 3 cm hoch mit Teig befüllt werden. Der Kuchen geht beim Backen auf, fällt aber während des Auskühlens wieder zusammen!

6. Bei ca. 150 °C Ober- und Unterhitze für 25 Minuten backen. Nadelprobe machen. Der Kuchen soll außen trocken, innen aber noch weich und leicht feucht sein. Aus dem Rohr nehmen und auskühlen lassen. Zum Servieren mit Staubzucker und Taubnesselblüten bestreuen. Schlagobers als barockes „I-Tüpfelchen“ daneben platzieren.

*Mise en place

Die perfekte Vorbereitung des Arbeitsplatzes als auch der benötigten Zutaten und Kochutensilien in der Küche. Schlampereien gibt es nicht! Alles ist in »Habtachtstellung« und wartet auf seinen Einsatz.

CA 50 MINUTEN 61
BILD MAYER MIT HUT

BAUMHASEL –BAUM DER ZUKUNFT

BAUM, NICHT STRAUCH

Fast alle kennen den klassischen Haselstrauch, botanisch als die Gemeine Hasel oder Corylus avellana bezeichnet. Wahrscheinlich deutlich weniger werden die zur gleichen Gattung zählende Baumhasel (Corylus colurna) kennen. Im Gegensatz zur Gemeinen Hasel handelt es sich dabei um einen bis zu zwanzig Meter hohen Baum, der über 300 Jahre alt werden kann. Sein Zuhause: Südosteuropa, Teile Asiens, der Kaukasus bis hin zum Himalaya. Und – selbstredend – Parkanlagen in Wien. Beide zählen zur Familie der Birkengewächse (Betulaceae), was man unschwer an ihren männlichen Samenständen erkennen kann. Früher fand man vor allem am Balkan ganze Wälder voll von Baumhaseln. Allerdings war ihr Holz bis in die etwa 1850er-Jahre für Möbelfurniere so begehrt, dass man diesen Baum heutzutage in freier Natur nur noch gelegentlich antrifft. Einer der wenigen Restbestände findet sich zum Beispiel in den rumänischen Karpaten, in der Nähe der Stadt Oravita. Ein 17 Hektar großer, nahezu urwaldartigen Wald auf kargem Karstboden, ein Genuss für die recht anspruchslose Baumhasel.

FIT FÜR DEN KLIMAWANDEL

Die Baumhasel ist einer der Hoffnungsträger im Bereich Klimaerwärmung. Aufgrund ihrer Robustheit als auch ihrer bis zu vier Meter tiefen Pfahlwurzel meistert sie längere Trockenphasen bis hin zu Dürre ohne große Probleme. Sie verträgt aber auch Starkregen sowie Überflutungen.

Temperaturen um die –20 °C bis +40 °C jucken sie gar nicht. Zudem stellt die Baumhasel keine besonderen Ansprüche auf Böden, einzig zu viel Nitrat ist nicht so ihres. Was bei den heutzutage stark überdüngten Feldern und Böden ein leichtes Problem darstellen könnte. Für Städte ist die Baumhasel ebenso nicht ganz sorgenfrei, da sie doch ordentlich »Mist« macht. Stichwort Blütenstände und Früchte in Form von Haselnüssen samt Verpackung drum rum. In Wien sind wir dies aber von unseren heiß geliebten Kastanienalleen seit Jahrzehnten gewohnt. Wer im Herbst darunter spaziert, läuft Gefahr, von einer Kastanie samt stacheliger Ummantelung getroffen zu werden. Also für uns WienerInnen und vor allem für die Wälder ist die Baumhasel mit Sicherheit ein perfekter Baum der Zukunft. Außerdem sammeln wir und diverse Nagetiere gerne die köstlichen Haselnüsse und futtern diese.

GEBRANNTE HASELNÜSSE*

*VEGAN

ZUTATEN

• 150 g Haselnüsse

• 120 g Zucker nach Wahl

• 60 ml Wasser

• 1 Pkg. Vanillezucker

• 1/2 TL Zimt

Mehr Würze gefällig? Probiert fein gemahlene Aromen eurer Wahl wie Nelke, Piment, Muskat- nuss, Ingwer, Galgant, Kardamom oder Anis.

ZUBEREITUNG

Wonach duftet das Christkind? Nach Weihrauch? Nein, nach gebrannten Mandeln! Oder in unserem Fall: Haselnüssen. Wer kennt ihn nicht, diesen süßen, karamelligen Nussgeruch, der uns auf sämtlichen Weihnachtsmärkten entgegenströmt. Wir sind aber gierig und wollen nicht auf den ersten Christkindlmarkt warten und machen uns die gebrannten Nüsse einfach selbst. Und zwar den ganzen Herbst hindurch. Das Rezept stammt von meinem lieben Freund Peter, einem passionierten Koch, der mich zusammen mit seiner Frau stets kulinarisch verwöhnt.

1. Die frisch geernteten Haselnüsse aus den Schalen lösen und für mindestens 2 Wochen trocknen lassen. Wer nicht so viel Zeit hat, lässt sie im Backrohr bei etwa 180 °C 10 Minuten rösten. Acht geben, dass nichts verbrennt. Anschließend auskühlen lassen.

CA 30 MINUTEN
62 BIORAMA WIEN–BERLIN SÜSSE WIENER WILDNIS
Ernährungsexpertin Alexandra Maria Rath hat sich auf nachhaltige Ernährung spezialisiert und bietet auch Workshops an. Mehr dazu auf wildes-wien.at.

2. Alle Zutaten (bis auf den Zimt) in eine Pfanne geben und bei mittlerer bis hoher Stufe erhitzen. In einer beschichteten Pfanne geht das super easy!

3. Etwa 10 Minuten sanft dahin köcheln lassen. Mit einem Holzlöffel immer wieder umrühren. Den festen Zucker dabei vom Pfannenrand abschaben. Nun den Zimt dazugeben.

4. Ein Backblech mit Backpapier auslegen und bereitstellen.

5. Während des Kochvorgangs verdampft das Wasser und der Zucker verändert seine Eigenschaften. Wenn er beim Rühren anfängt Fäden zu spinnen und immer weiter eindickt, ist besondere Vorsicht geboten. Es kann nun schnell gehen und alles ist verbrannt.

6. Sobald die Nüsse nicht mehr schwimmen, sondern merklich mit einer klebrigen Zuckerschicht überzogen sind, noch kurz weiterrühren. Die fest mit einer trockenen Zuckerschicht ummantelten, heißen Nüsse auf das vorbereitete Backpapier kippen und dort zum Abkühlen ausbreiten.

TIPP

Schmeckt auch hervorragend mit allen anderen Arten von Nüssen.

Info am Rande

Der Klassiker schlechthin sind gebrannte Mandeln. Im mediterranen Raum wurden diese bereits im Mittelalter von der reichen Elite genossen. Allerdings mit Honig. Heute werden Mandeln in Monokulturen angebaut und verbrauchen dabei Unmengen an Wasser. Nicht so unsere Haselnüsse aus Wildsammlung!

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BILD MAYER MIT HUT, ALEXANDRA RATH

MEINE STADT: BERLIN

LIEBLINGSPLÄTZE UND ECO-HOTSPOTS TEXT

Besonders heimisch fühlt sich die österreichische Wahlberlinerin im belebten Neukölln, wo es von Restaurants und kleinen Parks nur so wimmelt. Als Yogalehrerin und Ernährungstherapeutin für pflanzliches und intuitives Essen weiß sie solche Rückzugsorte und kulinarischen Höhepunkte besonders zu schätzen.

1. LANDWEHRKANAL

Mit kurzem »Am Kanal?« wird in meinem Freundeskreis oft der Treffpunkt für den nächsten Abendspaziergang oder Kaffee ausgemacht. Der östliche Landwehrkanal ziert die Grenze zwischen Neukölln, Kreuzberg und Treptow und ist für mich fester Bestandteil meiner Laufstrecke. Ich kann hier einfach nicht oft genug sein und mich nie sattsehen. Es ist ein ganz besonderer Ort, um Menschen und Tiere zu beobachten – nur schwimmen würde ich darin nicht.

3. PRINZESSINNEN GARTEN-KOLLEKTIV

Am Neuen St. Jacobi Friedhof in der Hermannstraße hat sich 2019 das Prinzessinnengarten Kollektiv Berlin mit seinen Gemeinschaftsgärten zum Mitmachen niedergelassen. Davor war der alte Friedhof sehr wild und verwüstet – und nun kann ich über 7,5 Hektar weit durch die Hochbeete wandern, zwischen Insekten vor mich hin sinnieren und die laute Hermannstraße hinter mir lassen. Vielleicht werde ich mich hier auch mal einbringen und mitmachen.

prinzessinnengarten-kollektiv.net

Doris Müllner
64 BIORAMA WIEN-BERLIN MEINE STADT
Supermarche Wiener Str. 16 10999 Berlin

2. KÖRNERPARK

Als ich auf diesen Neuköllner Schloßgarten-ähnlichen Park mit Orangerie gestoßen bin, konnte ich meinen Augen kaum trauen, so schön war er. Der tiefergelegte Park in der Schierker Straße entstand aus einer ehemaligen Kiesgrube und wirkt mit seiner Blumenwiese und kleiner Rasenfläche auf mich wie ein 2,4 Hektar großes Naherholungsgebiet. Ich komme hier zum Lesen und Yoga machen hin oder um mich bei veganer Pizza von »Nini e Pettirosso« (nicht bio) mit FreundInnen auszutauschen.

körnerpark.de

4. KIEZECKEN

Nachhaltigkeit ist ein zentraler Punkt meines Alltags. Als Experiment habe ich 2022 über ein Jahr probiert, keine Kleidung zu kaufen und zu schauen, wie ich ohne den Kapitalismus so auskomme. Durch die Kiezecken, die einige Orte Neuköllns bereichern, konnte ich mir bei Bedarf immer wieder mal ein schönes Unikat ergattern. Ob Geben oder Nehmen, die Kiezecken mit ihren Spenden sind für mich ein wichtiger Teil meiner Nachbarschaft.

gruener-donaukiez.de/kiezecken

5. ORIGINAL UNVERPACKT

Seit 2014 gibt es in der Wiener Straße 16, in der Nähe vom Görlitzer Bahnhof, diesen Unverpacktladen mit großem Biosortiment. Dort fülle ich mir gerne meine Reinigungsmittel ab und stocke meine Vorratskammer auf, wenn es mein Budget erlaubt. Gleich daneben ist ein Bekleidungsgeschäft, »Supermarché«, und manchmal verbinde ich meinen Besuch mit einem kurzen Abstecher dorthin.

original-unverpackt.de

BILD DORISMUELLNER,
3 2 4 1 5 65
KATJA VOGT, ORIGINALUNVERPACKT, ISTOCK/ALLY LEE, KOLLEKTIV BERLIN/NOMADISCH GRUEN

NATURWEIN UND BUNTE TELLER

Die Lokale der Liebling-Gruppe (Liebling, Schadek, …) hatten eines gemeinsam: Vieles ist in erster Linie eine Frage des Stils und der ausgestellten Lässigkeit und nicht eine der Kulinarik. Mit der Eröffnung des »Liebling im Volkstheater« 2022 muss dieses Urteil überdacht werden. Betrieben wird hier neben der partyerprobten Rote Bar, auch ein Restaurant mit begrüntem kleinen Gastgarten im Erdgeschoss. Seit Eröffnung war vieles auf der Karte Bio, nun wird auch der Betrieb teil-biozertifiziert. Style wird dabei immer noch großgeschrieben, der Fokus liegt aber erkennbar auf der Küche und den Weinen – Naturweine und Pet Nats, die auch glasweise verkauft werden. Die Speisekarte wechselt saisonweise und bietet neben Frühstück am Wochenende (Highlight: Striezeltoast!) eine Sommerkarte mittags und ab 16 Uhr eine Abendkarte mit je rund zehn zwischen Vor- und Hauptspeise portionierten Tellern, gedacht zum Probieren und Teilen. Im Sommer 2023 gehören dazu mittags gebratener Romanasalat, Bio Flat Iron Steak (begleitet von einer wunderbaren scharfsauren Sauce), Austernseitlinge oder das Dessert »Bio Kalte Liebe«.

WIEN WIE BESTELLT

Der Name ist Programm. In einer kleinen Seitengasse nahe des Wiener Stephansdoms liegt der Stadtheurige Gigerl. Die Mitarbeiterinnen stecken im Dirndl, die Tischdecken sind rot kariert und hinter der Eingangstür wartet ein vergleichsweise üppiges Angebot an warmen und kalten Speisen als Heurigenbuffet. Die Speisekarte zeigt dann schnell, dass man auch anders will: Die Vorspeisenplatte vereint Kräuterschnecken vom Gugumuck mit Beef Tatar, Ziegenkäse und Pastrami.

Die »Lieblingsteller« ab 16 Uhr bringen unter anderem Bruschetta, Beef Tatar (fein locker, mit untergemischten Sprossen), Ceviche vom Wolfsbarsch (mit viel Passion beim Garnieren mit Maracuja und weniger bei der Beilagenwahl Tortillachips), ziemlich gute Spaghetti Burrata mit Basilikum oder auch großartiges Weißes Zotter-Mousse. Einzelne Portionen könnten größer ausfallen, die meisten Kreationen überzeugen und machen Freude. Eine eigenständige Ergänzung der Wiener Biogastronomie. Die verlässlichste Informationsquelle über das Angebot ist Instagram.

instagram.com/cafeliebling_im_volkstheater

MARTIN MÜHL

Disclaimer: Restaurantleiter Nikolaus Zelewitz ist mit unserer Chefredakteurin verwandt.

Neben Heurigenklassikern wie Braten gibt es auch fast alles andere, für das Wien kulinarisch stehen will: Schnitzel, Hendl, Blunzngröstl, Gulasch und Kaiserschmarrn. Und einiges ohne Fleisch. Es bleibt dabei etwas rätselhaft, wieso Wurst und Käse fast komplett bio sind, Mehl und Eier aber nicht, weswegen dann auch alle Süßspeisen oder auch Käsespätzle nicht in Bioqualität angeboten werden. Auch die Weinkarte erfüllt die Erwartungen an einen Heurigenbesuch. Bis auf leichtes Chaos im Service und ein Steak, das Medium bestellt und durchgebraten gebracht wurde, zeigt der Stadtheurige aber gelungen jene kulinarische Seite Wiens, für die viele in die Stadt kommen – und das mit nachvollziehbarem Preis-Leistungsverhältnis. Es gibt keinen Grund, den Gigerl allein den Touristinnen zu überlassen. MARTIN MÜHL

gigerl.at

BILD BIORAMA,
Gigerl – Der Stadtheurige in Wien
66 BIORAMA WIEN-BERLIN BIOKULINARIK IN WIEN
Liebling im Volkstheater

Patara

Schon seit 2010 bereichert das Patara Wien: ein thailändisches Restaurant einer internationalen Kette, das wohl auch im Zusammenspiel mit seiner zentralen Lage am Petersplatz in Wien eine internationale und polierte Atmosphäre bietet. Innen geht es in erster Linie bunt zu, ein wilder Materialmix bestimmt die Optik. Im Gastgarten dominiert Schwarz in Schattierungen. Geboten wird im Menu und á la carte eine klassische Ausrichtung thailändischer Küche. Es gibt Meeresfrüchte, Fleisch, Tofu und Gemüse. Geschmacklich dominieren Chili, Pfeffer, Kokos, Zitronengras oder auch Früchte wie Ananas. Dem bioteilzertifizierten Lokal gelingt dabei ein durchgehend hohes Niveau, dies basiert freilich auf Zutatenqualität einerseits, aber spürbar auch auf einem gut geölten System aus Erfahrung und Können in der Küche andererseits. Die Geschmacksausprägungen treffen dabei die Erwartungen, die man an ein

thailändisches Lokal mitbringt – wenn jeder Handgriff sitzt, kann aber auch das durchaus begeistern. Die in Honig marinierten gegrillten Schweinefleischspieße verstecken ihren tierischen Ursprung nicht und harmonieren mit der scharfsauren Sauce, die knusprige Frühlingsrollenvariation zeigt, dass auch bei Frittiertem die Füllung unter dem dünnen Teigmantel den Unterschied macht und die slow cooked Biorinderwade fügt sich in die Zitronengras-Chilli-Kokos-Reduktion. Die Weinkarte bietet einige Bioweine, als Hauswein gibt es den Grünen Veltliner vom Bioweingut Ebner-Ebenauer aus Poysdorf. Das Service ist freundlich, flott, souverän, die Preise liegen klar über dem Durchschnitt der Wiener Restaurants – das kann man aber auch über die Qualität der gebotenen Speisen sagen.

patara-wien.at

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Wir schauen aufs Ganze. Die Biobäuerinnen & Biobauern Bio, regional und sicher © BIO AUSTRIA / Christoph Liebentritt Mehr Infos zu Bio & EU-Bio-Logo www.bio-austria.at/EU-Bio-Logo Bio-Information und Bio-Genuss-Adressen findest du online auf bio-austria.at und biomaps.at Wusstest du, dass auf Bio-Betrieben Kühe viel Sonnenlicht und Frischluft tanken?

UND SONST SO, IM BIORAMAUNIVERSUM ...

AUDIO

Staffel 2 der Podcastreihe der Stadt Wien zum Thema Stadtlandwirtschaft

In fünf neuen, abermals von Biorama gestalteten Folgen widmet sich der Podcast der Stadt Wien ihren knapp 700 bäuerlichen Betrieben, urbanen Food Trends und für mündigen Genuss Wissenswertem.

Bevor fünf weitere Gespräche mit ProduzentInnen, Ernährungs-AktivistInnen und innovativen VermarkterInnen im September online gehen, lädt auch Staffel 1 noch zum Nachhören ein. Zu finden überall, wo es Podcasts gibt, und unter buzzsprout.com/1162916

PIZZA GLOKALE

Wer Weizen sät, wird Pizza backen

Wir erinnern uns: Think global, act local. Das gilt mehr denn je in Ernährungsfragen. BIORAMA begleitet deshalb als Medienpartner die Erntesaison des Wiener Welttellerfelds für das Projekt »Pizza Glokale«. Nach der Aussaat von Weizen und dem Anbau von Gemüse im April ist für 22. September nach der gemeinsamen Ernte Mehlmahlen und Pizzamachen direkt im Ofen angesetzt. »Wir wollen unseren TeilnehmerInnen die Möglichkeit geben am interaktiven Welttellerfeld die komplexen Zusammenhänge des globalen Ernährungssystems auf einer konkreten Fläche zu erleben«, sagt Kornelia Zipper, Organisatorin von Afterwork am Bauernhof.

biorama.eu/pizza-glokale-wien

Luisafährtbaden

Luisa fährt baden

Unterwegs mit der Badner Bahn zum Badeteich

»LUISA FÄHRT BADEN«

Ein Bilderbuch von Biorama für die Wiener Lokalbahnen.

Jeden Donnerstag wird Luisa von ihrem Papa und ihrem kleinen Bruder vom Kindergarten abgeholt – heute fahren die drei mit der Badner Bahn an den Teich baden. Beim Aussteigen vergisst Papa die Badesachen und so beginnt ein kleines Abenteuer.

Das Bilderbuch »Luisa fährt baden« wurde von Biorama für die Wiener Lokalbahnen konzipiert und umgesetzt, die Geschichte hat Thomas Weber geschrieben, die Illustrationen sind von Christina Mühlhöfer. Erhältlich ist das Bilderbuch über die Wiener Lokalbahnen.

Ebenfalls für Kinder: die Kurzgeschichte »Zwei Brüder, der König und der Prinz«, verfasst von Biorama für die Bioinfo der AMA (Agrarmarkt Austria). Die Brüder Luka und Ivo verbringen ein abenteuerliches Wochenende auf dem Bauernhof. Die Kurzgeschichte gibt es kostenlos als PDF und kommt ab September im Rahmen der Bioaktionstage im Volksschulunterricht zum Einsatz.

ENTGELTLICHE KOOPERATION MIT DER STADT WIEN
AUSFLUG BILD WIENER LOKALBAHNEN GMBH, CHRISTOPH ADAMEK
69 BIORAMA WIEN–BERLIN AUS DEM VERLAG
CORPORATE PUBLISHING

ABO 70 BIORAMA WIEN-BERLIN AUS DEM VERLAG

BIORAMA IM ABO

Jährlich sechs Ausgaben direkt in deinen Briefkasten!

CRAFT BIER FEST WIEN

Man soll die Craft Bier Feste feiern, wie sie fallen!

Denn dort können neue Biere entdeckt und gemeinsam verkostet werden. Das sechzehnte Wiener Craft Bier Fest fällt auf den 10.–11. November 2023 und wird mit einem noch stärkeren Fokus ein internationales Ausstellerfeld bieten.

Auch wenn biorama ein Gratismagazin ist, kannst du es abonnieren und bekommst jede Ausgabe nach Hause geschickt – bei einem Wohnsitz in Österreich auch unsere Line-Extension biorama Niederösterreich. Für 25 EUR im Jahr bist du dabei und unterstützt unsere unabhängige redaktionelle Arbeit.

teilen auch unsere Biomilch-Lieferanten diese gemeinsame Vision und kümmern sich liebevoll um ihre Tiere. Diese geben beste Biomilch – die Grundlage für unsere SalzburgMilch Bio Premium Produktlinie mit über 40 verschiedenenBio-Milchprodukten, die österreichweit im Großhandel

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BIORAMA BIOKÜCHE 2024

Das BIORAMA-Bookazine für alle ÖsterreicherInnen, die Wert auf biologische Küche legen, geht in die vierte Runde! Wir zeigen die Vorzeigebetriebe der Bioverpflegung genauso wie jene, die deren Grundlagenarbeit machen: BioproduzentInnen von Vorarlberg bis zum Neusiedler See. Bei uns erzählen sie, worauf sie stolz sind und womit sie hadern.

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und Bio-Fachhandel sowie im Bundesland Salzburg bei M-Preis, den meisten Lagerhäusern und bei Spar (Bio Premium Teebutter) erhältlich sind. BIO PREMIUM –EINFACH BESSER BIO Nachhaltigkeit leben. Tiergesundheit schmecken. milch.com 220919_SMP_BB_Biorama_190 12:23:26 KÜCHE AUSGABE 2023 WWW.BIORAMA.EU Heiß! BIO KÜCHE ÖSTERREICH 2023 ÖSTERREICH • 2023 MUT ZUR NISCHE Exotisch ist auch, was kaum mehr wer hat. EIN TOPF Suppenküche fürs ganze Jahr. CHEFS DER REGION So wird der Geschmack eines Ortes komponiert. MAGAZIN
UPCOMING
Im Mitmachteil widmen wir uns schwerpunktmäßig – endlich – der Pasta – in ihrer klassischen, köstlichen High-carb-Form, aber auch den neuen, kreativeren Varianten. Richtig viele, richtig gute Produktempfehlungen, Küchentipps und Rezepte gibt’s obendrauf! +
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