"Bündnerwald" Juni 2021 -Wege vom Bündner Holz

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Bündner Wald

Wege vom Bündner Holz

Jahrgang 74 | Juni 2021


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20 Inhalt Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Die gemeindeeigene Sägerei in S-chanf . . . . . . . . . . . . . 8 Graubünden Holz und seine Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . 12 Holzenergie: nachhaltig und klimafreundlich . . . . . . . . . . 16 Die Wege des Rundholzes im Wandel der Zeit . . . . . . . . . 20 Sturm Vaia und seine Folgen für die Gemeinde Poschiavo . . . 24 Die Holzproduktion nur noch als Pflicht? . . . . . . . . . . . . 28 Holzförderung des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Exklusives graubündenVIVA-Mobiliar – echt regionale Designstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Resurses – Ressourcen nachhaltig nutzen . . . . . . . . . . . 42 Baumwipfelpfad «Senda dil Dragun» Laax . . . . . . . . . . . 46 Vaia Cube – Lautsprecher aus Sturmholz . . . . . . . . . . . . 50 Fairtrail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Neufassung der Holzhandelsgebräuche liegt Ende Juni vor . . . 58 AWN-Informationsanlässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Neuheiten aus der AWN-Zentrale . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Vorschau «Bündner Wald» August 2021 . . . . . . . . . . . . 63

Titelbild: Baumwipfelpfad «Senda dil Dragun» Laax.

(Bild: © Flims Laax Falera)

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Holztransport am Mittenberg oberhalb Chur. Jakob Ryffel, ­ Fuhrhalter von Chur, schleift mit dem «Bocker» (Bock­ schlitten) in einer Fuhre 20 «Blöcker» (Trämel) mit einem Volumen von schätzungsweise 21 m3 auf dem gut aus­gebauten Wegnetz der Stadtwaldungen zum Lager­ platz.

(Bild: AWN Graubünden ca. 1950)


Editorial «So schön, aus Holz», denke ich jedes Mal, wenn ich neue Bauten mit oder aus Holz sehe. Im Verwaltungsgebäude Sinergia hätte ich mir schon ein bisschen mehr Holz gewünscht. Die Gründe für die Materialwahl waren sicher vielfältig. Ich hatte und habe Freude an den kleinen Elementen aus Arvenholz, das ist sehr bemerkenswert. Einheimisches Holz wird seit jeher grundsätzlich geschätzt: allgemein als nachhaltiger und CO²-­ neutraler Rohstoff. Die Marktschwierigkeiten sind aber auch bekannt und der Marktpreis widerspiegelt seit Langem nicht die Vorteile von diesem Rohstoff. Viele Waldeigentümer haben damit Schwierigkeiten und es verursacht Frustration. Aber neue Hoffnungen kommen: «Holz-Boom: Auf der ganzen Welt wird Holz knapp – Schweizer Preise steigen», schreibt zum Beispiel der «Blick» im Mai 2021. Holz ist allgemein im Trend. Die USA und China haben ein ungebremstes Interesse an Holz. Man könnte denken, dass das Holzpreisproblem endlich gelöst wird. Wie man hört, sind die Preise von verarbeiteten Holzprodukten gestiegen, haben sich ab und zu sogar verdoppelt, bringen aber auch Wartezeiten mit sich. Hat man eine solche Entwicklung, eine echte unerwartete Explosion der weltweiten Holznachfrage nicht erwartet? Wird die schweizerische Holzbranche mit seiner Wertschöpfungskette, welche für die Weiterverarbeitung stark auslandabhängig ist, wirklich profitieren können? Die Preisänderungen betreffen im Moment die Schnittware. Die Waldeigentümer haben diese Änderung bis jetzt nur leicht gemerkt, beim Rundholz ist man nach dem tiefen Fall des letzten Jahres mit den Massensortimenten normaler Qualität gerade mal auf dem Stand von vor eineinhalb Jahren. Zusätzlich ist es nicht ganz klar, wie lange die Nachfrage und seine Markteffekte dauern werden: Experten reden von einer Blase, denn die Verhältnisse zwischen Kanada und den USA ändern schnell. Oft

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werden auch die Lieferungen aus Skandinavien wiederkommen. Trotz der Unsicherheiten ist das weltweit steigende Interesse an Holz ein gutes Zeichen, das seit Langem nötig war. Ich persönlich bin auf die Weiterentwicklung gespannt. Die Preisnachfrage ist sehr komplex mit vielen unbekannten und bekannten Herausforderungen, welche auf nur lokaler/regionaler Ebene kaum gelöst werden können. Ich bin vielleicht eine Träumerin, aber ich hoffe wirklich, dass die Waldeigentümer, die Holzproduzenten und der Wald von dieser Entwicklung profitieren werden. Es wäre nur noch besser, wenn unser Holz CO²-­ neutral bleiben könnte, ohne Tausende von Kilometern zurücklegen zu müssen. Redakteurin Viola Sala


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Die gemeindeeigene Sägerei ­ in S-chanf A. Schorta, R. Denoth

Eckpunkte Die gemeindeeigene Sägerei in S-chanf beschäftigt heute im Ganzen fünf Vollzeitangestellte und zwei Saisoniers. Die Sägerei wird von Riet Denoth (angehender Förster HF) und Adrian Schorta (Förster HF/Betriebsleiter Forst und Sägerei) geleitet. Zwischen der Sägerei und dem Forstamt entstehen viele Synergien, die man im Arbeitsalltag sehr gut nutzen kann. Der jährliche Rundholzeinschnitt der Sägerei liegt im Durchschnitt bei 5000 m³ Rundholz pro Jahr. Die Sägerei hat sich auf Nischenprodukte aus Lärchen- und Arvenholz spezialisiert. Mit der eingebauten Blockbandsäge können die speziellsten Wünsche der Kunden erfüllt werden. Wir können Stämme mit einer Länge von 1,5 bis 8 m und einer maximalen Dicke von 85 cm einschneiden. Somit sind wir für Spezialaufträge bestens eingerichtet. Geschichte Die Geschichte der gemeindeeigenen Sägerei in ­S-chanf hat im Jahr 1880 in der Fraktion Chapella begonnen. Die Sägerei liegt schon seit dem Jahr der Gründung in der Hand der Gemeinde S-chanf. In den Anfangsjahren arbeiteten ein Säger und zwei Angestellte bei der Sägerei in Chapella. In den

Neue Sägerei Bos-chetta, S-chanf.

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ersten Jahren wurde die Sägerei noch mit Wasser betrieben. Im Jahr 1962 wurde die Sägerei umgebaut und das einzelne Sägeblatt durch einem Vollgatter ersetzt.­ In diesen Jahren wurde auch die Forstgruppe gegründet und die Leitung der Sägerei dem jungen Revierförster Gian Paul Caratsch übergeben. Im ­ Jahr 2010 hat man die neue Sägerei in S-chanf (Bos-chetta) gebaut. Dies war ein grosser Schritt­ in der Geschichte der Sägerei. Schon bald kaufte man fast das ganze Lärchen- und Arvenholz der Engadiner Forstbetriebe. Durch die gute Zusammenarbeit und mit dem Willen der Engadiner Revierförster, das Holz in der Region zu einem sehr geschätzten Produkt verarbeiten zu können, war es für die Sägerei möglich, das benötigte Holz in der Region einzukaufen. Dieses Denken wird vom Schreiner bis zum Endkunden des Möbelstücks sehr geschätzt. Dies zeigt einmal mehr das regionale Denken der Revierförster/Betriebsleiter in der Region. Betrieb Die gefragtesten Produkte sind Klotz- und Parallelbretter in allen verschiedenen Dimensionen. Für den Einschnitt des Holzes ist Andri Thom (Säger)

Sägerei Chapella.

(alle Bilder: Sägerei S-chanf)


Erste Mitarbeiter der Sägerei Chapella, 1930.

verantwortlich. Er arbeitet schon seit über 20 Jahren bei der gemeindeeigenen Sägerei in S-chanf und meint: «Seit dem Jahr 2019 verfügen wir über eine Rundholz-Kalibriermaschine. Damit stellen wir verschiedene Sortimente von Rundholz-Pfosten und Halblatten aus regionalem Holz her. Jeder einzelne Stamm wird zu 100% verwertet und verkauft, und zwar von den Klotzbrettern bis hin zum Sägemehl. Für die Trocknung des eingeschnittenen Holzes verfügen wir über einen eigenen Trocknungsofen.» Die betrieblichen Einrichtungen des Revierforstamts wurden in die Sägerei integriert. Somit entstehen automatisch immer wieder Synergien zwischen dem Forstamt und der Sägerei. Diese können optimal genutzt werden. Bei Schlechtwetter kann

die Forstgruppe in der Sägerei mithelfen oder kleinere Bestellungen, wie Bänke, Brunnen und Engadiner-Zaunpfosten herstellen. Das vom Forstamt geschlagene Holz wird zum grössten Teil in der gemeindeeigenen Sägerei weiterverarbeitet. Heutiger Stand der gemeindeeigenen Sägerei Die Auslastung der Sägerei ist auf einem sehr guten Niveau. Es werden jeden Tag Bestellungen eingesägt und bereitgestellt. Der stetige Fortschritt der Digitalisierung macht auch vor einer «kleineren» und regionalen Sägerei nicht halt. Die Optimierung der Arbeitsabläufe ist ein stetiges Ziel, das wir Tag für Tag anstreben. Die Bereitschaft der Mitarbeiter und die Rückmeldungen unserer Kunden lassen uns positiv in die Zukunft blicken.

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Mondholzbretter, Auslege für Kunden.

Produkte Die Sägerei verkauft alle Standardprodukte einer Sägerei: Klotzbretter, Parallelbretter in verschiedenen Breiten, Standardprodukte wie Dachlatten oder auch Zaunmaterial. Ein Spezialprodukt der Sägerei ist das Mondholz. Dieses kann nur an rund 90 Tagen im Jahr geschlagen werden. Die Grundlage dafür ist der Mondkalender in der Zeitschrift Wald und Holz. Das Mondholz hat im Engadin einen sehr grossen Stellenwert, nicht nur für die Bauherren, sondern auch für die Forst­ämter – da der Verkauf an uns preislich sehr interessant ist. Auch einige Architekten haben sich in der Baubranche auf Mondholz spezialisiert und sind mit unserem Produkt sehr zufrieden. Es gibt sehr verschiedene Meinungen und Studien zum Mondholz, doch bereits bei uns in der Urproduk­tion ist ein Unterschied bemerkbar. Das

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Holz enthält viel weniger Wasser als das übliche im Winter geschlagene Holz, was sicher einen Einfluss auf den Schwund des Holzes hat. Fazit Aus Sicht von Adrian Schorta, Betriebsleiter des Forstamts und zugleich Leiter der Sägerei, ist für ihn eine regionale Verarbeitung des Rundholzes schon fast ein Muss. «Was gibt es Schöneres, als wenn man in seiner Stube oder im Schlafzimmer ein schönes Möbelstück aus einheimischem Holz wertschätzen kann? Ich denke kaum, dass wir ein nachhaltigeres Produkt wie die regionale Verarbeitung der natürlichen Ressourcen finden. Das regionale Denken fängt beim Revierförster an und endet beim Endkonsumenten. Dieser Aufwand wird geschätzt und auch in Zukunft seinen Stellenwert in der Gesellschaft haben.»


Holz einmessen, Sägerei S-chanf.

Zum Nachdenken «Was bewegt mich persönlich zum Kauf eines Möbelstücks bei der Schreinerei im eigenen Tal? Wieso kaufe ich das Möbelstück nicht in einem Laden einer grossen Verkaufskette?» Für Adrian Schorta ist diese Frage ziemlich einfach zu beantworten: «Es hat schon fast etwas Nostalgisches an sich. Wenn ich einen Holzschlag in meinem Revier anzeichnen gehe, weiss ich, dass das geschlagene Holz in der eigenen Sägerei weiterverarbeitet wird. Wenn man dann vor einem alten, reifen Baum steht und dieser seinen Zenit erreicht hat, denke ich jedes Mal, dass wir das Erbe unserer Vorgänger nach Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten ernten können. Dass wir das Holz zudem noch regional einsägen und verkaufen können, erfüllt mich mit Freude und ist meiner Ansicht nach ein Privileg, das wir geniessen und wertschätzen müssen.

Wenn man somit ein Bett oder ein anderes Möbelstück im eigenen Haus oder in der Wohnung betrachten kann und an die Geschichte des Holzes denkt, erfüllt dies einen doch mit Freude? Wenn die Gemeinde S-chanf keine gemeindeeigene Sägerei hätte, würden oder müssten wir wahrscheinlich einen grossen Teil des geschlagenen Rundholzes ausserhalb des Tals, eventuell sogar im Ausland verkaufen. Dies würde nicht nur einen Verlust von Arbeitsplätzen oder der regionalen Wertschöpfung bedeuten, es wäre meiner Ansicht nach ein kulturelles Gut, das wir aufgeben würden.»

Adrian Schorta ist Verantwortlicher für die Sägerei und das Forstamt S-chanf und Zuoz. Riet Denoth arbeitet als Forstwart beim Forstamt S-chanf und Zuoz.

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Graubünden Holz und seine Wurzeln Die Idee, dem faszinierenden Rohstoff Holz im Kanton Graubünden zu mehr Beachtung zu verhelfen und seinen Einsatz als Bau- und Brennstoff nachhaltig zu fördern, ist nicht neu. Zu diesem Zweck wurde im Jahr 1959 die Bündner Aktionsgemeinschaft Holz gegründet. Diese Arbeitsgemeinschaft sollte in allen Fragen der Holzwerbung beratend unterstützen. Vorgesehen war die Schaffung einer Arbeitsgruppe, die Vertreter aller Holzgewerbe, der Waldwirtschaft, des Forstdienstes, des Baugewerbes, freie Berufe usw. vereinigte. Mehr als 40 Jahre später entstand daraus der heutige Dachverband der Bündner Wald- und Holzwirtschaft Graubünden Holz. C. Felix

Zwischen den Jahren 1996 bis 2001 wurde beschlossen, die Aktivitäten zur Förderung des ­ Holzes zu intensivieren. Aus der ARGE entstand LIGNUM Graubünden. Bis im Sommer 2000 hatten sich alle Verbände einverstanden erklärt, als Einheit aufzutreten und mehr Mittel in die Förderung der Holznutzung und Holzverwendung zu investieren. Am 31. August 2000 ging LIGNUM Graubünden in die neue Dachorganisation Graubünden Holz (kurzzeitig HOLZ Graubünden) über. Der ehemalige Regierungsrat Luzi Bärtsch wurde zum Präsidenten gewählt und schaffte mit der Ausarbeitung einer Leistungsvereinbarung zwischen dem Kanton Graubünden und Graubünden Holz die Grundlage für die grosszügige Unterstützung durch den Kanton. Seit bald 20 Jahren besteht in Graubünden eine umfassende Strategie, um der nicht befriedigenden Situation in der Bündner Wald- und Holzwirtschaft zu begegnen. Unter dem Titel «HOLZ futuro» wurden erstmals in den Jahren 2001 bis 2002 in einem auf zehn Jahre ausgelegten Projekt, im Einklang mit der Wald- und Umweltschutzpolitik, konkrete Optimierungsmöglichkeiten für die ganze Holzkette skizziert, die zu einer Holzmehrnutzung und zusätzlichen Wertschöpfung führen soll-

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ten. Mit einer breiten Palette von Massnahmen wurde eine grundlegende Neuausrichtung der Bündner Wald- und Holzwirtschaft angestrebt. Als eine der strategischen Massnahmen entstand im Jahre 2001 die Geschäftsstelle von Graubünden Holz. 2011 wurde Bilanz gezogen und es zeigte sich, dass der Zustand der Bündner Wald- und Holzwirtschaft trotz spürbarem Aufwind nach wie vor ungenügend war. Dies führte dazu, dass im Verlaufe des Jahres 2011 Vertreter der Bündner Verbände der Wald- und Holzwirtschaft, des Regionalverbands Nordbünden und des Kantons Graubünden mit dem Amt für Wald und Naturgefahren sowie dem Amt für Wirtschaft und Tourismus unter der Leitung von Graubünden Holz und eines Beratungsunternehmens, im Rahmen eines Folgeprojekts von HOLZ futuro, die Perspektiven für eine wettbewerbsfähige Wald- und Holzwirtschaft in Graubünden diskutierten. Daraus entstanden ist die Gesamtstrategie HOLZ futuro 2022 mit der Mission, dem Kanton Graubünden in den nächsten zehn Jahren zu einer international wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstruktur in der Wald- und Holzwirtschaft zu verhelfen. Als Dachverband der Bündner Wald- und Holzverbände setzt sich Graubünden Holz auf regionaler


Im Jahr 2004 hat Graubünden Holz seinen Standort in Landquart bezogen. Zusammen mit der Selva, dem VSSM GR, HBS GR und der Holzvermarktung Graubünden AG bilden sie das Holzzentrum Landquart.

Ebene für die gemeinsamen Interessen der Mitgliederverbände, für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Bündner Wald- und Holzwirtschaft und für eine wirksamere Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Teilbereichen ein. Als eine der rund 20 regionalen Arbeitsgemeinschaften der LIGNUM – Holzwirtschaft Schweiz, ist Graubünden Holz auch auf nationaler Ebene in ein Netzwerk für Wissens- und Erfahrungsaustausch integriert. Durch die Mitarbeit in internationalen Projekten wie IN2WOOD oder FOGRA konnte Graubünden Holz in den letzten Jahren auch auf internationalem Level Erfahrungen sammeln und kann nun von gemeinsamen Entwicklungsprozessen, von Projekten, Ideen und

(alle Bilder: Graubünden Holz)

Erfahrungen in einem hoch kompetenten und vielschichtigen Netzwerk profitieren. «Top Holz»-Veranstaltungen Zu einem zentralen Teil unserer Kommunikationsaktivitäten gehört es, die verschiedenen Interessensgruppen über die Vorzüge von Holz zu informieren. Bei unseren Feierabendveranstaltungen, den sogenannten «Top Holz»-Veranstaltungen, welche zwei- bis dreimal jährlich stattfinden, soll der Rohstoff Holz in vielen verschiedenen Situationen und Anwendungen inszeniert und von den Teilnehmern bestaunt werden können. Bei den anschliessenden Networking-Apéros sollen Brücken innerhalb und ausserhalb der Holzkette geschlagen

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Zu Besuch bei Claudio Pagelli (Gitarrenbauer), Chur 2018.

werden. Gemeinsam möchte man so eine hölzige Zukunft schaffen! Besuche beim Gitarrenbauer, bei regionalen Sägereien, Referate und Ausstellungen im Rahmen des Prix Lignum sind einige der erfolgreichen Veranstaltungen der letzten Jahre, bei welchen der faszinierende und vielseitige Roh- und Werkstoff Holz präsentiert werden konnte. Label «ein Stück graubündenHOLZ» Mit dem Label von Graubünden Holz werden die Regionalität und die Qualität als Chance genutzt, um die regionale Wertschöpfung zu erhöhen. Durch das Label von Graubünden Holz wird die Nachfrage nach qualitativem Bündner Holz und dessen Produkten gesteigert und somit eine höhere Wertschöpfung entlang der ganzen Bündner Holzkette erzielt. Das Label zeichnet Holzprodukte

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aus, welche mehrheitlich aus Bündner Holz hergestellt und im Kanton Graubünden produziert werden. Die Verwendung des Labels steht allen Betrieben der Bündner Wald- und Holzwirtschaft offen. Impulsprogramm «gefällt.» Holz erlebt schon seit Längerem eine Renaissance. Dinge aus Holz sind wieder gefragt. Von Spielsachen über Möbel bis zur Architektur. Holz ist ein lebendiges Material, es ist gesund und passt zum modernen Lebensstil. Auch Energieholz bleibt bedeutend für eine erfolgreiche Energiepolitik. Wer eigene Ressourcen optimal nutzt, dem gehört die Zukunft. Mit einem Impulsprogramm möchte man Bündner Holz vielfältig inszenieren und mit einer Kampagne kommunikativ auf eine neue, zeitgemässe Ebene bringen. Es geht um Information,


Vorstellung der neuen CNC-Maschine bei der Uffer AG in Savognin, 2019.

aber auch um Emotion. Denn das Bekenntnis zum einheimischen Rohstoff ist nicht zuletzt eine Sache des Herzens. Die Kampagne ist lediglich der sichtbare Teil. Dahinter steht ein umfangreiches Impulsprogramm. Erklärtes Ziel ist dabei, eine markante Steigerung der regionalen Wertschöpfung von Bündner Holz zu erreichen. Dazu sind verschiedene Massnahmen in Planung, welche ab Herbst 2021 umgesetzt werden.

täten die zeitgemässe Holzverwendung unters Volk gebracht. Die Kommunikationsaktivitäten von Graubünden Holz zielen sowohl auf Gruppen der breiten Öffentlichkeit unter Einschluss der Politik als auch auf das Fachpublikum ab. «Unser Ziel ist noch lange nicht erreicht und wir werden weiterhin mit vollem Einsatz darum bemüht sein, dass unser Lieblingsrohstoff den Stellenwert bekommt, den er schon lange verdient.» sagt Christian Felix.

Jubiläum Graubünden Holz hat in den letzten 20 Jahren verschiedenste Projekte realisiert, Ausbildungen und stark beachtete Fachveranstaltungen angeboten, Bauherrschaften und Baufachleute beraten, lobbyiert und ständig mit Publikationen, einer digitalen Holzplattform, Wettbewerben und PR-Aktivi-

Das Label für Bündner Holz – «ein Stück graubündenHOLZ».

Christian Felix ist Geschäftsführer von Graubünden Holz.

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Holzenergie: nachhaltig und k ­ limafreundlich Der Bündner Wald dient als wichtiges Naherholungsgebiet, gewährt Schutz vor Naturgefahren und ist nicht zuletzt ein zuverlässiger Energielieferant. Holz ist – nach der Wasserkraft – der zweitwichtigste heimische Energieträger. D. Kressig

Bei der Waldpflege fällt nicht nur wertvolles Nutzholz an, sondern auch andere Hölzer, die sich als Energieholz hervorragend eignen. Noch heute wird aber nur knapp die Hälfte des zur Verfügung stehenden Potenzials an Energieholz genutzt. Als grösste Produzentin erneuerbarer Energien in der Schweiz setzt Axpo mit ihrer Tochtergesellschaft Axpo Tegra AG seit 2006 auf Holz als erneuerbare Energiequelle aus regionalen Ressourcen. Dabei verwertet sie Holz in einem Trocknungs- und Verbrennungsprozess zu Strom und Wärme. Mit

Holzkraftwerk in Domat/Ems, Axpo Tegra AG.

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dem grössten Holzkraftwerk der Schweiz sorgt sie in Domat/Ems für eine nachhaltige und klimaneutrale Energieproduktion, für eine sichere und unabhängige Stromversorgung sowie für eine hohe regionale Wertschöpfung. Die Bedeutung des Holzes: von der Steinzeit bis in die Gegenwart Holz war während Jahrtausenden die einzige aktiv genutzte Energiequelle des Menschen. Mit der industriellen Revolution erlangten hingegen fossile

(alle Bilder: Axpo Tegra AG)


Holz als erneuerbare Energiequelle.

Energien – zunächst Kohle, später Erdöl und Erdgas – sowie die Elektrizität eine immer grössere Bedeutung. Die heutige Diskussion über globale Umweltprobleme und knappe Ressourcen lässt einheimische erneuerbare und CO²-neutrale Energieträger jedoch zunehmend in den Fokus des energiepolitischen Interesses rücken: –– Energie aus Holz ist CO²-neutral und damit klimafreundlich. Bei der Verbrennung gelangt nur so viel CO² in die Atmosphäre, wie der Baum zuvor via Fotosynthese gebunden hat. –– 2 kg Holz können mit ihrem Energiegehalt 1 Liter Öl ersetzen. Der CO²-Ausstoss liegt dabei beträchtlich tiefer. –– Holz wächst nach und gehört somit zu den erneuerbaren Energiequellen. –– Die Verwertung von Energieholz schliesst den natürlichen Lebenszyklus des Baums auf opti­

male Weise und ermöglicht eine wirtschaftliche Waldpflege. Holzkraftwerk Domat/Ems: Facts & Figures 200 000 Tonnen Diese Menge an Holz kann das Holzkraftwerk Domat/Ems pro Jahr heute zur Energieproduktion verwenden. Daraus resultiert eine Energieproduktion von 374 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr. 24 000 Haushalte Im Vollbetrieb kann die Anlage der Axpo Tegra AG eine mittelgrosse Stadt in der Grösse von St. Gallen rund um die Uhr mit nachhaltigem Strom versorgen. 33 000 Haushalte Nebst der Stromproduktion entstehen im Holzkraftwerk Domat/Ems grosse Mengen an Wärme. Mit dieser Wärme könnte die Hälfte aller Haushalte des Kantons Graubünden klimaneutral geheizt werden.

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Trockenschnitzel als effizienter Brennstoff oder als Abdeckmaterial.

30 000 Gartenbeete Die Schnitzeltrocknungsanlage nutzt die Abwärme des Holzkraftwerks und produziert damit trockenen, hocheffizienten Brennstoff. Dieser wird für den Eigenbedarf, aber auch für Kunden mit Schnitzelfeuerungen verwendet. Auch als Abdeckmaterial eignen sich die Trockenschnitzel: Mit den jährlich produzierten 7500 Tonnen Abdeckschnitzeln könnten umgerechnet rund 30 000 Gartenbeete abgedeckt werden.

Dampf mit einem hohen Druck von 65 Bar setzt eine Kondensationsturbine in Bewegung, die wiederum einen Stromgenerator antreibt. Der Strom wird ins Netz eingespeist und versorgt umgerechnet 24 000 Haushalte. Zusätzlich wird die benachbarte Ems-­ Chemie mit Dampf für ihre Prozesse versorgt. Daneben wird Abwärme zur werkseigenen Schnitzel­ wtrocknungsanlage geleitet und entsprechend wei­terverwendet.

Energieproduktion aus Holz Das Holzkraftwerk der Axpo Tegra in Domat/Ems besteht aus drei separat arbeitenden Blöcken. Die Holzverbrennung setzt bei jedem einzelnen Block einen thermodynamischen Wasserkreislauf in Gang. Durch die Holzfeuerung heizt sich aufbereitetes Wasser auf bis zu 480 °C auf. Der 480 °C heis­se

Höchste Sorgfalt in Bezug auf die Luftreinhaltung Leistungsfähige Filter sorgen dafür, dass die Anlagen lufthygienisch einwandfrei arbeiten. Der Fein­ staubanteil in der Abluft der Holzschnitzeltrocknungsanlage ist mit Werten unter 0,5 Prozent vernachlässigbar gering. Bei den Staubemissionen

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handelt es sich mehrheitlich um grobe Holzpar­tikel. Die Immissionskonzentration in der Umgebung wird nicht messbar verändert. Schnitzeltrocknungsanlage: effiziente Mehr­ fachnutzung des Holzes Die Schnitzeltrocknungsanlage fügt sich nahtlos in den Verwertungskreislauf ein und erlaubt Axpo eine effiziente und mehrfache Nutzung des natürlichen und erneuerbaren Rohstoffs Holz. Die im Holzkraftwerk entstandene Abwärme wird hier­ für die Trocknung der Holzschnitzel eingesetzt­ und kann so weiterverwendet werden. Der Trocknungsprozess gleicht den schwankenden Wassergehalt von aus der Waldpflege angeliefertem Holz aus, was für den Eigenbedarf, aber auch für Kunden mit Schnitzelfeuerungsheizung interessante Vorteile bringt: –– ruhige und konstante Verbrennung –– geringere Dampfschwadenentwicklung –– kleinerer Asche-/Schlackeanteil –– deutliche Steigerung der Verbrennungseffizienz –– Verbrauchsreduktion beim Rohstoff von bis zu zehn Prozent –– ökonomischer Betrieb dank weniger Ausfällen und tieferen Wartungskosten Axpo Tegra verkauft ihre Trockenschnitzel zudem als Abdeckschnitzel an Bauunternehmen, Gartencenter und Gemeindewerkhöfe. Darüber hinaus werden die getrockneten Holzschnitzel gemahlen und in Einstreuprodukten für Pferde verwendet. Holz: Energie mit Zukunft Soll eine Abkehr von fossilen Brennstoffen langfristig gelingen, gilt es, in Technologien für alternative ­Heizungs- und Energiemodelle zu investieren. Als grösste Schweizer Produzentin von Energie aus erneuerbaren Quellen setzt sich Axpo seit Jahren inten­siv und erfolgreich mit der Verwertung von unterschiedlichen natürlichen Abfallprodukten zur Energiegewinnung auseinander. Mit der Energiegewinnung aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz

Axpo Tegra sorgt für eine nachhaltige und klimafreund­ liche Energieproduktion aus Holz.

legt Axpo den Grundstein für eine gesunde, umfassende und wirtschaftliche Nutzung und Pflege des Waldes. Das Holzkraftwerk mit integrierter Schnitzeltrocknungsanlage fügt sich nahtlos in den Verwertungskreislauf ein und ermöglicht eine effiziente und mehrfache Nutzung des natürlichen und erneuerbaren Rohstoffs Holz. Die konstante Verbrennungsqualität und die gesteigerte Energieeffizienz der Trockenschnitzel reduzieren den Bedarf um bis zu 10 Prozent. Die Energieproduktion aus Holz erlaubt es Axpo, den natürlichen Lebenszyklus des klimaneutralen Energieträgers zu berücksichtigen, ökologischen Maximen zu folgen und dank mehrfacher Nutzung innerhalb des Verwertungskreislaufs wirtschaftlich zu produzieren. Axpo ist stolz auf ihre Innovationskraft, investiert sorgfältig und mit Weitsicht in ­ihren Kraftwerkspark und strebt eine nachhaltige Energiezukunft an.

Daniel Kressig ist Leiter Holzkraftwerk bei Axpo Tegra AG.

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Die Wege des Rundholzes ­ im Wandel der Zeit Im Laufe der Zeit haben sich die Wege des Rundholzes, aber auch der Bedarf an Rundholz und vor allem der Wert des Rundholzes stark verändert. Dies trifft für alle Talschaften in Graubünden zu. Dieser Artikel beschränkt sich jedoch auf das Unterengadin. C. D. Janett

In den vergangenen Jahrhunderten und bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden grosse Holzmen­ gen aus dem Unterengadin ins benachbarte Öster­ reich für den Betrieb der Salzbergwerke in Hall i. T. auf dem Wasserweg getriftet. Hier ein kleiner Aus­ zug aus der Dissertation «Zur Geschichte der Wald­

Rundholzpolter bereit für den Export.

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nutzung im Gebiet des heutigen Schweizerischen Na­tionalparks» von J. D. Parolini: Die meisten Holz­ lieferungen an die Saline Hall und an weitere Holz­ konsumenten im Tirol kamen aus den waldreichen Gemeinden Tschlin und Zernez, gefolgt von Ra­ mosch und Sent. Aber auch aus den Gemeinden

(Bild: Cla Duri Janett)


Rundholzplatz Troger Holz.

Scuol, Ardez, Lavin und Susch wurde mehrmals Holz ins Tirol getriftet. Auch aus Tarasp wurde zeitweise Holz ins Tirol exportiert. Es hatte aber eine Sonderstellung, da es bis 1803 österreichisch war (…). Erst nach 1835 wurden erste Massnahmen zur Eindämmung der Kahlschlagwirtschaft seitens des Kantons Graubünden wirksam. Nach der Einschränkung der Trift und dem Aufbau geregelter Waldnutzungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Holzschläge zusehends ab. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde nur noch vereinzelt Rundholz ins Tirol getriftet. Im 20. Jahrhundert wurde das Rundholz vor allem in den verschiedenen in der Region entstandenen Sägereien eingeschnitten und regional verwendet. Mit dem Bau der RhB (Rhätische Bahn) – Linien

(Bild: Troger Holz)

Samedan–Scuol und Samedan–Tirano – wurde allerdings ermöglicht, Rundholz aus dem Engadin ins Veltlin zu exportieren. Dies geschieht auch heute noch nebst dem Rundholzexport per LKW über den Bernina- oder Malojapass nach Oberitalien. Der Export von Rundholz ins benachbarte Tirol und Südtirol wurde lange Zeit eher vernachlässigt, obwohl es von der geografischen Lage her eigentlich prädestiniert gewesen wäre, wie bereits zur Zeit der grossen Kahlschläge für die Salzbergwerke in Hall. Prädestiniert deshalb, weil der Transport ins Tirol dem Lauf des Inntals folgt und im Gegensatz zum Transport über den Berninapass mit 2300 m ü. M. keine topografischen Hindernisse zu überwinden hat. Erst mit dem Bau und Betrieb der Grosssägewerke (und heutigen Holzindustrien) Pfeifer in Kundl und

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Binderholz in Fügen sowie Troger Holz in Vomp und weitere – gegen Ende des 20. Jahrhunderts – wurde der Export von Rundholz aus dem Engadin, vor allem aus dem Unterengadin ins benachbarte Tirol, wieder interessant. Aktuell werden die Rundholzexporte ins Veltlin und nach Oberitalien entweder mit der RhB oder per LKW durch italienische Transporteure aus­ geführt. Die Rundholzexporte ins benachbarte ­Tirol und Südtirol werden aber mehrheitlich durch einheimische Forstunternehmer und Transporteure ausgeführt, was natürlich auch die Wertschöpfung des exportierten Rundholzes erhöht. Es wird vor allem Fichten- und Föhrenrundholz exportiert. Das Lärchen- und Arvenrundholz wird mehr­heitlich in den Sägereien im Engadin eingeschnitten. Ein kurzer Blick über die Grenze zeigt die Unter­ schiede in der Bedeutung der Holzwirtschaft in ­Tirol oder allgemein in Österreich gegenüber Graubün­ den beziehungsweise der Schweiz: Die drei bereits erwähnten Holzindustrien (Pfeifer, Binder, Troger) im benachbarten Tirol hatten 2019 gemeinsam ei­ nen Jahreseinschnitt von über 2 Millionen fm. Im Vergleich dazu war der gesamte Rundholzein­ schnitt in der gesamten Schweiz 2019 laut BFS knapp 1,9 Millionen fm (Gesamteinschnitt Öster­ reich 2020 ca. 15,7 Millionen fm). In Südtirol beträgt der Jahreseinschnitt rund 600 000 fm, gegenüber einem Jahreseinschnitt von rund 50 000 fm im ganzen Kanton Graubünden. In naher Zukunft wird sich an diesen Verhältnissen nichts Wesentliches ändern, auch wenn es natürlich wünschenswert wäre, wenn mehr Rundholz in der Region weiterverarbeitet würde. Auch im Engadin steigt der Bedarf an Holzproduk­ ten und Halbfabrikaten aus Holz für den boomen­ den Holzbau und dem allgemeinen positiven Trend zu Holzprodukten. Dabei fällt auf, dass die dazu benötigten Schnittwaren und Halbfabrikate dann wiederum mehrheitlich aus dem benachbarten Tirol importiert werden. Somit schliesst sich der Kreis des Rundholzweges zumindest zu einem Teil wieder.

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Bereit für den Export im Dreiländereck.

(Bild: Cla Duri Janett)

Wenn man in einer Grenzregion wie dem Unteren­ gadin wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss man mit den Nachteilen einer solchen geografischen Lage umzugehen wissen und gleichzeitig aber sich auch nicht scheuen, die Vorteile einer Grenzregion zu nutzen.

Cla Duri Janett ist Betriebsleiter der Forstunternehmung Janett Tschlin SA


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Sturm Vaia und seine Folgen für die Gemeinde Poschiavo Es gibt einige Daten, die sich in das Gedächtnis der Menschen einprägen. Für die Bewohner des Valposchiavo, insbesondere für diejenigen, die im und mit dem Wald arbeiten, ist der 29. Oktober 2018 einer davon. D. Battilana

Der Sturm Vaia An einem scheinbar normalen Montag, gegen acht Uhr abends, zog ein stürmischer Wind aus Süden über das Puschlav-Tal. Etwas mehr als eine halbe Stunde reichte aus, um allein in der Gemeinde Poschiavo 43 000 m³ Holz zu schlagen, was fast dem vierfachen der Jahresmenge (12 000 m³) entspricht. Vaia nennen die Meteorologen den Sturm, der vor allem den Nordosten Italiens und am Rand auch die Südalpen getroffen hat.

Nach dem Sturm Am nächsten Tag herrschte eine fast surreale Ruhe, ein dichter Nebel bedeckte die Hänge des Tals. Bei der morgendlichen Besprechung in den Werkhof diskutierten wir über den starken Wind in der Nacht zuvor und die möglichen Schäden. An ein solches Ereignis war noch nie gedacht worden. Als der Tag voranschritt und sich der Nebel lichtete, wurde uns das Ausmass des Ereignisses bewusst. Grosse Flächen umgestürzten Waldes waren hier und da wie

So sah der «Bosch da Vartegna» aus, eines der am schlimmsten betroffenen Gebiete, ein paar Tage nach dem Sturm.

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(Bild: M. Costa)


Auf der gegenüberliegenden Talseite sind die Schäden der «Custascia da Suasar» und des «Bosch da Vartegna» deutlich sichtbar.

offene Wunden zu sehen. Dies wurde durch die stän­ digen Anrufe bestätigt, die wir von den Arbeitern er­ hielten, die zu ihren Arbeitsplätzen wollten oder von Leuten, die zu ihren Maiensässen wollten. Die Berg­ strassen waren fast alle durch umgestürzte Bäume blockiert. Sofort wurde mit dem regionalen Forstin­ genieur Gilbert Berchier telefoniert, um den Vorfall zu besprechen und für den nächsten Tag einen Ter­ min für die erste Krisensitzung zu vereinbaren. Die ersten Schätzungen, die durch Beobachtung der Wälder vom Talboden ausgemacht wurden, be­ liefen sich auf 10 000 bis 15 000 m³. Wir begannen sofort mit der Räumung der Strassen, teils mit eige­ nem Personal, teils mithilfe von Forstunternehmen. Im Lauf der Tage konnten mehr und mehr der be­ schädigten Bereiche erreicht werden. Die Verwüs­ tung wurde immer deutlicher. So war es möglich, sich ein immer vollständigeres Bild von den betrof­ fenen Gebieten zu machen.

(Bild: G. Bergier)

Diese befinden sich vor allem auf der orografisch rechten Talseite, zwischen 1400 und 1800 m ü. M., an den Süden ausgerichteten Hängen in der Nähe von Kuppen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Schutzwälder, wobei glücklicherweise diejeni­ gen, die direkt über Siedlungen oder Kommunika­ tionswegen liegen, verschont oder nur geringfügig betroffen sind. Nach etwas mehr als einer Woche hatten wir be­ reits die Hauptbereiche kartiert und die Hand­ lungsprioritäten definiert. Ausserdem hatten wir die ersten Stockverkaufsverträge mit den drei Forstbetrieben im Tal abgeschlossen. Gleichzeitig hatten wir für das von der Forstgruppe aufbereite­ te Holz Verkaufverträge mit einigen Sägewerken im nahen Valtellina abgeschlossen. Anfänglich gab es keinen Rückgang des Holzpreises, da die gro­ ssen Massen noch nicht auf dem Markt angekom­ men waren. Sie wären auch nicht in unmittelbarer

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Das Forstteam bei der Arbeit im «Bosch da Vartegna». Rechts oben ist auch ein Helikopter zu sehen, der mit dem Abtransport von Bruchholz beschäftigt ist.

Zukunft angekommen, denn der Winter stand vor der Tür. Es war jedoch klar, dass es im folgenden Jahr einen Preisverfall geben würde. Im Nordosten Italiens sprach man von Millionen Kubikmetern Holz, die durch den Sturm gefällt wurden. Zum Glück für uns kam der Winter erst spät und wir konnten bis zu den Weihnachtsferien mit voller Kapazität arbeiten. So war es möglich, mehrere Tausend Kubikmeter Holz aufzubereiten, zu fällen und zu verkaufen. Im darauffolgenden Frühjahr und bis zum Ende des Sommers sank der Holzpreis, wie vorhergesagt, allmählich von 105 auf 86 Franken für die Fichtenqualität BC 3+ und von 70 auf 61 Franken für die Fichtenqualität D. Folglich sanken auch die Preise für Stock Verkäufe an Forstunternehmen. Im Lauf des Sommers wurde uns klar, dass wir die Schäden, insbesondere die Streuschäden, unter-

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(Bild: M. Costa)

schätzt hatten. Dies machte es notwendig, zusätzliche Forstbetriebe aus dem Tessin und der Deutschschweiz hinzuzuziehen. Die Schadensschätzungen wurden daher schrittweise nach oben korrigiert. Im Herbst 2019, in weniger als einem Jahr, war es möglich, das gesamte gefällte Holz zu räumen. Nur in einigen Gebieten oberhalb von 1800 m ü. M. haben wir uns entschieden, nicht einzugreifen. Dies ist auf den hohen Lärchenanteil zurückzuführen, der das Risiko der Ausbreitung des Fichtenborkenkäfers minimiert. Ausserdem wurde das gesamte Nutzholz vor Wintereinbruch verkauft und die Lagerplätze wurden geräumt. Es blieben nur einige grosse Brennholzstapel übrig (6000 bis 7000 m³), die als Vorrat für die Produktion von Hackschnitzeln dienten. Einige davon sind noch auf unseren Lagerplätze vorhanden.


Auf dem Lageplatz in Viale sind die Autokräne voll ausgelastet.

In erster Linie waren wir aber sehr zufrieden, dass das oberste Ziel erreicht wurde: die Räumung der durch den Sturm Vaia verursachten Schäden ohne grössere Unfälle. Langfristige Spuren Die Folgen dieses Ereignisses haben auch im Jahr 2020 ihre Spuren hinterlassen. Der Holzpreis hat sich nicht erholt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Holzvorräte ausreichen, um den Markt zu sättigen, und dass vor allem in Mittel- und Nordeuropa eine grosse Produktion von Käferholz stattgefunden hat. Die Zufahrtsstrassen zu den am stärksten betroffenen Gebieten wurden durch den Holztransport belastet. Vor allem jene, die keine forstwirtschaftlichen Standards hatten. Daher war die Forstsgruppe im Jahr 2020 hauptsächlich mit der Pflege und Wiederherstellung dieser beschäftigt.

(Bild: M. Costa)

Eine weitere Konsequenz für die Gemeinde Poschia­vo betrifft den Hiebsatz, der für die Jahre 2020 bis 2024 von 12 000 auf 7200 m³ reduziert wurde. Auch finanziell hat Vaia seine Spuren mit einem Defizit von circa 450 000 Franken im Jahr 2019 hinterlassen. Vaia und seine Folgen waren für uns eine sehr grosse Herausforderung. Aber dank des Engagements aller, von den Waldarbeiten bis zum Forstingenieur, von den Forstunternehmern bis zu den Sägewerken, konnten wir die Herausforderung überwinden. Als Erinnerung an dieses verheerende Ereignis werden grosse, von Bäumen befreite Waldflächen für kommende Generationen sichtbar bleiben. Bis die Natur – mit der geduldigen Hilfe der Zeit – auch diese Wunden heilten wird. Diego Battilana ist Förster bei der Gemeinde Poschiavo.

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Die Holzproduktion nur noch ­ als Pflicht? Die Holznutzung beeinflusste die Forstwirtschaft während Jahrhunderten sowohl positiv wie negativ. Die Übernutzung der Wälder und die Holzverknappung waren der Auslöser für die Entwicklung einer geregelten, nachhaltigen Waldwirtschaft. Die Holznutzung war auch im Kanton Graubünden immer einer ­­ der wichtigsten Einflussfaktoren, sei es in der Waldpolitik, der Planung, im Waldbau, in der Infrastruktur, den Verfahrens­ techniken u. a mehr. In den letzten Jahrzehnten hat die Bedeu­ tung der Holznutzung im Kanton nicht nur wirtschaftlich abgenommen. Wie beurteilen wir die Zukunft der Holzproduk­ tion im Kanton Graubünden, wird sie zur Pflicht oder wird sie ihre ehemalige Bedeutung zurückerlangen? Dr. R. Gordon

Der Einfluss der Holzproduktion auf die Bündner Waldwirtschaft In der Bündner Waldgesetzgebung wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur kantonalen Waldgesetzesrevision 1995 die Waldbewirtschaftung grösstenteils auf die Holzproduktion ausgerichtet. 1858 wurde in einer revidierten Waldordnung die Grundlage für die Einführung einer geordneten Waldwirtschaft gelegt, indem eine Wirtschaftsplanpflicht eingeführt wurde. Diese schreibt vor: «Behufs einer besseren Bewirtschaftung der Gemeinde- und Korporationswaldungen sind […] Wirthschaftspläne zu entwerfen und so annährend als thunlich, die Nachhaltigkeit der Walderträge zu ermitteln.» Im Kielwasser der Holzproduktion konnten anschliessend aber auch alle anderen gesellschaftlich nachgefragten Leistungen zur Zufriedenheit der Bevölkerung erbracht werden. Waldbau und forstliche Planung waren stark auf die Holzproduktion ausgerichtet. Im Zentrum stand die Schaffung stabiler, aber auch ertragreicher Wälder. Nach der Kahlschlagwirtschaft wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine naturgemässere Bewirtschaftung der Wälder gefordert. Die Plenterwaldbewirtschaftung, welche als Leitziel hatte, nachhaltig die

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grösste Menge an wertvollem Holz mit geringstem Aufwand zu produzieren, wurde zum Vorbild für den Waldbau in Graubündens Gebirgswälder. Mit der gleichzeitigen Einführung der Kontrollmethode nach Biolley als Planungsverfahren wurden Waldbau und Planung eng miteinander verknüpft. Der Waldbau wurde nach und nach den besonderen Verhältnissen im Gebirge angepasst, weg von der Einzelplenterung und hin zu einer Gruppenplenterung. Die forstliche Planung und die Oberziele der Waldnutzung wurden jedoch weiterhin auf die Holzproduktion ausgerichtet. Dies kommt auch aus dem Titel einer der wichtigsten waldbaulichen ­Publikationen jener Zeit, die «Ertragreiche Nadelwaldgesellschaften im Gebiete der schweizerischen Alpen unter besonderer Berücksichtigung Graubündens»¹ klar zum Ausdruck. Die volkswirtschaftliche und die betriebswirtschaftliche Situation der Waldwirtschaft war bis vor rund 50 Jahren vollständig von den Holzpreisen bestimmt. Viele Gemeinden im Kanton konnten einen rechten Teil der Ausgaben der Gemeinden mit den Erträgen aus dem Wald finanzieren. Mit dem grossen gesellschaftlichen Wandel und dem «Waldsterben» in den 1980er-Jahren hat der


Bauen mit Holz ist eine wertvolle Art CO2 langfristig zu speichern.

Wald eine neue Bedeutung bekommen. Sinkende Holzpreise und steigende Kosten führten dazu, dass die ökonomische Bedeutung der Holznutzung sank. Konnten bis Mitte der 1980er-Jahre nur für forstliche Erschliessungen und Schutzbauten Subventionen von Bund und Kanton beantragt werden, wurden nach der Waldsterbedebatte auch für die Pflege von Schutzwäldern Beiträge der öffentlichen Hand gesprochen. Mit den öffentlichen Beiträgen konnten aber die Einnahmeverluste aus dem Holzverkauf nicht ausgeglichen werden. Seit dem Jahr 2000 haben die Bündner Forstbetriebe jedes Jahr Verluste geschrieben. Zukünftige Rolle der Holznutzung Die Wertschätzung für Holz als Bau-, Möbel- und Energieholz hat in den letzten Jahren erfreulicherweise stark zugenommen. Dies heisst aber nicht, dass die Holzpreise gestiegen wären oder in Zukunft steigen werden. Die Bündner Waldwirtschaft

(alle Bilder: AWN)

hofft seit Jahren auf höhere Holzpreise. Die Nachfrage nach Holz wird nach Ansicht der Experten steigen. Das Holz ist jedoch in allen seinen Anwendungsbereichen einem starken Konkurrenzdruck durch andere Baustoffe resp. Energieträger ausgesetzt, was Preissteigerungen enge Grenzen setzt. Aus den Bündner Wäldern kann aktuell fast nur Qualitätsholz gewinnbringend produziert werden, seien es besondere Sortimente oder Stammholz wertvoller Baumarten. Dieses Holz wird aber immer ein Nischenprodukt bleiben. Bei der Produk­ tion von Massensortimenten werden die Bündner Forstbetriebe auch mit grossen Investitionen in eine bessere Infrastruktur und effizienteren Forstbetrieben gegenüber dem Ausland nicht konkurrenzfähig werden. Im Energieholzsektor sind sie – auch wegen der Nähe zu den Hauptkunden – zwar konkurrenzfähig, aber die Energieholzpreise sind viel zu tief, um kostendeckend zu produzieren. Die Preisentwicklung bei den alternativen Energien

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(Wind-/Solarstrom) lässt vermuten, dass auch im Energieholzbereich eher mit Preissenkungen als mit Preiserhöhungen zu rechnen ist. Es gibt auch heute noch einige Forstbetriebe im Kanton, welche – auch dank besonders vorteilhafter Produktionsbedingungen – Holz gewinnbringend verkaufen können. Die erwartete Entwicklung auf dem Holzmarkt und die trotz Rationalisierung beschränkten Möglichkeiten, die Kosten zu senken, werden die Holzproduktion für die Bündner Forstbetriebe immer schwieriger machen. Warum soll trotz defizitärer Produktion im Kanton Graubünden möglichst viel des auf rund 600 000 m3 berechneten Nutzungs­ potenzial genutzt werden? Im Waldentwicklungsplan 2018+ (WEP 2018+) wurden die wichtigsten zukünftigen Handlungsfelder der Waldbewirtschaftung identifiziert. Es sind dies der Umgang mit dem Klimawandel, die Pflege der notwendigen Schutzwaldfläche, die Sicherung der erforderlichen Waldverjüngung und die Finanzierung der öffentlichen Leistungen des Waldes. Die Holznutzung spielt für alle diese eine mehr oder weniger grosse Rolle. Die Holznutzung wird im WEP 2018+ dementsprechend als eine der prioritären Waldleistungen behandelt. Im dazugehörigen Objektblatt wird die Bedeutung der Holznutzung für die Waldpflege dargestellt, die Zielsetzungen und Strategien zur ökonomischen Nutzung des vorhandenen Holznutzungspotenzials festgelegt und das Vorgehen bei Überlagerungen mit anderen Waldfunktionen aufgezeigt. Trotz des mengenmässig hohen Potenzials wird die Holzproduktion nicht mehr als Hauptleistung des Bündner Waldes angesehen, sondern als Koppelprodukt hauptsächlich der Schutzwaldpflege. Der Begriff Koppelprodukt darf in diesem Zusammenhang nicht negativ, sondern soll positiv de­ finiert werden, und zwar als Nutzen, welcher bei der Erbringung einer anderen Leistung anfällt,

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ohne die Hauptmotivation für deren Herstellung zu sein. Holz ist aber nicht nur ein Koppelprodukt der Schutzwaldpflege, sondern spielt auch eine wichtige Rolle in der aktuellen Klimadiskussion und der rasch notwendigen CO²-Reduktion. Die rechtzeitige Verjüngung der Schutzwälder ist das vordringlichste Ziel der Schutzwaldpflege. Dafür muss zwingend Holz geschlagen werden. Ohne Holznutzung würden die Vorräte weiter steigen. Dies führt zu einem höheren Risiko für Zwangsnutzungen oder grossflächigeren Zusammenbrüchen. Würde man nun das für die Schutzwaldpflege geschlagene oder durch Naturereignisse geworfene Holz einfach liegenlassen, würde das gespeicherte CO² wieder in die Luft abgegeben. Mit der Nutzung des Holzes und einer Verarbeitung in langlebige Holzprodukte bleibt das CO² aber noch lange im Holz gespeichert. Verwertet man es als Energieholz, wird zwar das gespeicherte CO² sofort wieder freigesetzt, in der Regel substituiert es aber eine fossile Energiequelle und verhindert damit ein weiteres Ansteigen des CO²-Anteils in der Luft. Die Holznutzung ist also eine wichtige und im Gegensatz zu anderen Massnahmen auch billige Methode, welche dazu beiträgt, den CO²-Gehalt in der Luft zu senken. Die Akkumulierung von Holz im Wald durch eine Vorratserhöhung ist der falsche Weg, um die Herausforderung der CO²-Re­ duktion anzupacken. Wir lösen damit das Problem nicht, sondern schieben es «auf die lange Bank». Die Folgen des Klimawandels werden auch in den Bündner Wäldern sicht- und spürbar werden. Wir wissen aber heute zu wenig, wie sich der Klimawandel konkret auf den einzelnen Waldstandort auswirkt. Welche Merkmale für die Holzproduktion in Zukunft entscheidend sein werden, ist ebenfalls schwer vorauszusagen. Bezüglich Holzproduktion wäre eine aktive Waldbaustrategie, welche nur auf bestimmte Baumarten oder Waldstrukturen setzt, also höchst risikovoll. Anzustreben sind, nicht nur aus der Sicht der Holzproduktion, vielmehr eine


Die Holzproduktion ist aktuell ein Balanceakt zwischen betriebswirtschaftlichem und volkswirtschaftlichem Nutzen.

möglichst diverse Baumartenzusammensetzung und unterschiedliche Strukturen auf kleinem Raum. Soll zudem auch die zukünftige Bedeutung des Waldes berücksichtigt werden, wird die Aufgabe noch schwieriger. Die Lösung dürfte auch hier ein multifunktioneller Waldbau sein, welcher möglichst viele Möglichkeiten bietet, auf neue Anliegen zu reagieren. Setzt sich die Entwicklung wie in den letzten Jahren fort, werden die Holzqualität und die Holzart in Zukunft eine wesentlich kleinere Rolle spielen als heute. Holz kann, wie andere Rohstoffe auch, in «Einzelteile» aufgesplittet und dann zum gewünschten Produkt zusammengefügt werden. Diese Entwicklung hätte aber zur Folge, dass die unspezifische Massenholzproduktion, welche überall auf der Welt erfolgen kann, an Bedeutung zunehmen und der Anteil der Nischenprodukte noch kleiner werden würde als heute. Dies wäre für Nischenprodukte im Kanton eine besondere Herausforderung.

Eine wichtige Rolle bei der zukünftigen Bedeutung der Holznutzung spielt eine funktionierende Holzkette. Im Kanton Graubünden fehlt aktuell ein wichtiges Glied der Kette fast vollständig: die Sägereien. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es sehr schwierig ist, eine Branche aufzubauen, welche wenig oder nur schwach ausgeprägte USP (Unique Selling Proposition²) hat und einer starken Konkurrenz aus dem In- und Ausland ausgeliefert ist. Die bestehenden Sägereien im Kanton leben grösstenteils von solchen USP, sie können aber mit nur circa 10 bis 15 Prozent einen kleinen Teil des geernteten Stammholzes verarbeiten und verkaufen. Neue Sägereien im Kanton sollten vorteilhaft auf eine klaren USP aufbauen und die bestehenden Sägereien im Kanton nicht direkt konkurrenzieren. Aus der Sicht der Holzproduzenten spielt der Holzpreis eine wichtige Rolle. Die Holzpreise werden auf dem internationalen Markt gemacht. Der Bündner Holzmarkt hat, ausser für Nischensorti-

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Produktion von Rundholz als Basis einer regionalen Wertschöpfungskette.

mente, keinen Einfluss darauf. Eine Bündner Sägerei kann, um konkurrenzfähig zu sein, also nicht wesentlich bessere Preise für das Stammholz zahlen als die umliegenden Grosssägereien. Für die Waldeigentümer lohnt es sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht bei den aktuellen oder bei noch tieferen Holzpreisen, immer weniger Holz zu nutzen. Solange das Holz im Ausland verkauft wird und wenig zur Wertschöpfung im Kanton beiträgt, lohnt es sich auch aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht, die Holzproduktion zu fördern. Ohne Massnahmen ist also mit einer sinkenden Holznutzung zu rechnen. Wie könnte die Situation verbessert werden? Wenn jeder Akteur in der Holzkette rein betriebswirtschaftlich denkt, ist kaum ein Fortschritt denkbar. Anders sieht es aus, wenn das Problem regional und aus volkswirtschaftlicher Sicht betrachtet wird.

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Durch die Ansiedlung neuer regionaler Sägereien, welche einheimisches Holz einsagen, könnten neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Gemeinden als Waldeigentümerinnen könnten ihr Holz hauptsächlich diesen Sägereien verkaufen. Die regionale Wertschöpfung entlang der Holzkette könnte noch gesteigert werden, wenn sich für die weitere Verarbeitung der Schnittware neue Betriebe in der Region ansiedeln oder bestehende ausgebaut würden. Mit der Ansiedelung der Sägereien würde ein zusätzlicher, regionaler volkswirtschaftlicher Nutzen entstehen. Ob das betriebswirtschaftliche Defizit aus der Holzproduktion für die Forstbetriebe im Einzugsbereich der neuen Sägereien vermindert werden könnte, ist offen, da diese das Holz nicht wesentlich über dem Marktpreis kaufen können. Muss die Holznutzung aber wegen allfälliger Lieferverträge erhöht oder trotz allenfalls sinkender Holzpreise aufrechterhalten werden, könnten die


Defizite aber sogar noch zunehmen. Das Defizit der Forstbetriebe wäre aber durch den gesamten volkswirtschaftlichen Zusatznutzen für die Region oder die Gemeinde wahrscheinlich mehr als aufgewogen. Somit wären die betroffenen Gemeinden auch eher bereit, ihre Holzproduktion zu erhöhen oder mindestens zu erhalten. Die übrigen Glieder der Holzkette hätten durch den regionalen Ansatz auch ­eine mögliche USP für den Verkauf ihrer Holzprodukte. Ohne zusätzliche betriebs- oder volkswirtschaft­ liche Anreize für die Waldeigentümer beziehungsweise für die Wertschöpfungskette Holz dürfte – auch unter Beibehaltung der bereits heute geleisteten öffentlichen Beiträge für die Waldpflege – weniger Holz genutzt werden, da die Holznutzung dem internationalen Holzmarktverlauf ausgeliefert ist. Soll die Waldwirtschaft die aktuelle Holznutzung erhalten oder erhöhen, ist es aber wichtig, dass die scheinbaren Defizite, welche aus der Holznutzung entstehen, nicht als solche angesehen werden. Die Politik muss dafür sorgen, dass diese Kosten als Investition in die wirtschaftliche Entwicklung einer Gemeinde oder einer Region ausgewiesen werden und nicht als betriebswirtschaftliches Fehlverhalten der Forstbetriebe.

Die grösste Chance für die Holzproduktion in Graubündens Wäldern ist die Nutzung als Koppelprodukt der übrigen Waldleistungen. Die Holzproduktion im Kanton Graubünden hat jedoch eine bessere Zukunft, wenn es der Wald- und Holzbranche gelingt, aus der CO²-Speicherung in langlebigen Holzprodukten einen finanziellen Beitrag zu erhalten und gleichzeitig versucht wird, eine funktionierende regionale Holzkette aufzubauen, dass sogar bei allfällig tieferen Holzpreisen und höheren Produktionspreisen ein volkswirtschaftlicher Mehrwert für die Region und den Kanton geschaffen wird. Dr. Riet Gordon ist Bereichsleiter Waldplanung und Forst­ reviere an der Zentrale des Amts für Wald und Naturge­ fahren in Chur. 1 Eduard

Campbell, Rolf Kuoch, Felix Richard, Walter Trepp

(1955): Ertragreiche Nadelwaldgesellschaften im Gebiete der schweizerischen Alpen unter besonderer Berücksichti­ gung Graubündens. 2 Es

handelt sich dabei um eine besondere Eigenschaft

eines Produkts, die dem potenziellen Käufer einen ein­ deutigen Vorteil bietet. Ein Merkmal, durch das sich das Produkt klar von der Konkurrenz abhebt, sodass sich ein Wettbewerbsvorteil ergibt.

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Holzförderung des Bundes Seit 2009 fördert der Bund Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die den Einsatz von Schweizer Holz stärken. Nun läuft die vierte Runde des Aktionsplans Holz von 2021 bis 2026. Seit 2020 läuft die Wald- und Holzforschungsförderung Schweiz von Bund und Kanton in neuen Strukturen. C.-L. Suter

Der Aktionsplans Holz 2021 bis 2026 Der Aktionsplan Holz, das Umsetzungsprogramm der Ressourcenpolitik Holz des Bundes, fördert innovative Projekte, die den Einsatz von Schweizer Holz stärken und entwickeln (Art. 34a und 34b Waldgesetz). Auf aktuelle Herausforderungen wie das vermehrt anfallende Schadholz aufgrund von Stürmen, Trockenheit und Käferbefall wird reagiert, indem neue Verwertungs- und Einsatzbereiche wie holzbasierte Bioproduktwerke in den Fokus rücken. Für die nächsten sechs Jahre des Aktionsplans Holz haben die Verantwortlichen gemeinsam mit der Branche zwei Schwerpunkte der finanziellen Förderung definiert. Grundlage hierzu bildete wie in den vorherigen Phasen eine Programmevaluation. Neben der «Wertschöpfung Schweizer Holz» sind dies «Klimagerechtes Bauten». Der Aktionsplan Holz fördert Kommunikationsprojekte zu den zwei

Schwerpunkten. Die Innovation bildet ein wichtiges Element bei der Programmumsetzung. Für den Aktionsplan Holz stellt der Bund jährlich rund vier Millionen Franken für Projekte zur Verfügung. Diese können bis zu 50 Prozent subventioniert werden. Für die anderen 50 Prozent braucht es das Engagement seitens der Gesuchstellenden. Die Unterlagen für eine Einreichung der Gesuche sind auf der Seite des BAFU aufgeschaltet. Es gibt neu zwei Eingabetermine für Projektgesuche. Im Jahr 2021 sind dies der 31. März und der 30. Juni. Die Gesuche sind vollständig auszufüllen, wobei das Merkblatt für Gesuchstellende die entsprechende Hintergrundinformation bildet. Für Kommunikationsvorhaben empfiehlt es sich, die «Kommunikationsgrundlagen» zu konsultieren. Für spezielle Kommunikationsgesuche ist ein Kommunikationskonzept Bedingung. Der Aktionsplan Holz konzentriert sich auf flankierende und unterstützende Massnahmen: –– Bildung, Information und Wissenstransfer –– Sensibilisierung, Zusammenarbeit, Abstimmung und Koordination –– Angewandte Forschung und Entwicklung –– Umsetzungsprojekte –– Regulative Instrumente zur Stärkung des Holz­ einsatzes

Schwerpunkte und Querschnittsthemen des Aktionsplans Holz.

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(Grafik: BAFU)

Download der Unterlagen.


Das Projekt «Fagus Suisse» wurde durch den Aktionsplan Holz unterstützt, damit Holzanwendungen aus Buche zum Tragen kommen.

Für die aktuelle Phase hat das BAFU die Organisationsstruktur leicht angepasst. Das BAFU steuert und leitet den Aktionsplan Holz. Ein Begleitgremium mit Vertretungen aus der Wald-, Holz- und Holzenergiewirtschaft, anderen Bundesstellen, den Kantonen, Natur-/Umweltschutz, der Immobilienbranche und der Kommunikation berät in strategischen Fragen. Ein unabhängiges Expertengremium beurteilt mit der Programmleitung die Gesuche, über welche letztlich der Programmausschuss des BAFU entscheidet. Circa zwei Monate nach der Eingabe wird der Entscheid den Gesuchstellenden bekannt gegeben. Viele Projekte wurden durch den Aktionsplan Holz gefördert In den letzten vier Jahren unterstützte der Aktionsplan Holz rund 160 unterschiedliche Projekte. Un-

(Bild: F. Amoser, BAFU)

ter anderem wurden dadurch Grundlagen für den Brandschutz oder Laubholzanwendungen, der Industrie 4.0. Etwa die Hälfte der Projekte hatte den Fokus auf der angewandten Forschung und Entwicklung bis zur Marktzulassung. Die andere Hälfte der Vorhaben und Fördermittel sind in Kommunikationsprojekte geflossen, welche die Marktpositionierung des Holzes unterstützen. Die Ressourcenpolitik Holz 2030 Den Rahmen für den Aktionsplan Holz bildet die Ressourcenpolitik Holz 2030. Holz, einer der wichtigsten erneuerbaren Rohstoffe der Schweiz, natürlich gewachsen und vielseitig einsetzbar, soll optimal genutzt werden. Die Ressourcenpolitik Holz umfasst drei konkrete Ziele:

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Einbettung und Abgrenzung der Ressourcenpolitik Holz.

(Grafik: BAFU)

1. Die Verwendung von Schweizer Holz und Holz­ produkten nimmt zu. 2. Holz und Holzprodukte aus der Schweiz wer­ den auf allen Stufen nachhaltig und nachfrage­ gerecht bereitgestellt, verarbeitet und verwer­ tet. 3. Innovationskraft sichert die Wettbewerbsfä­ higkeit der Wald-, Holz- und Holzenergiewirt­ schaft. Die Ressourcenpolitik Holz ist ein Handlungspro­ gramm des Bundes. Das BAFU übernimmt sowohl die Federführung für diese Politik als auch die Ver­ antwortung für die Umsetzung, insbesondere des Aktionsplans Holz, in Abstimmung mit den rele­ vanten Akteuren. Hierzu zählen insbesondere das Bundesamt für Energie (BFE), das Bundesamt für Raum­entwicklung (ARE), das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), das Bundesamt für Landwirt­ schaft (BLW), das Bundesamt für Kultur (BAK) und das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO), die Schweizer Wald-, Holz- und Holzenergiewirt­ schaft, die Kantone, die relevanten Hochschulen, die Immobilienwirtschaft sowie die Umweltver­ bände.

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Die Wald- und Holzforschungsförderung Schweiz Das BAFU sowie die Kantone unterstützen bereits seit 1946 gemeinsam ein Förderprogramm für die Wald- und Holzforschung. Die Wald- und Holzforschungsförderung Schweiz fördert Projekte, welche die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Wald- und Holzwirtschaft ver­ bessern. Die Beitragshilfen sind als Starthilfe ge­ dacht und sollen die Selbsthilfe und die finanzielle Beteiligung Dritter auslösen. Am 1. Januar 2020 löste die Wald- und Holzfor­ schungsförderung Schweiz den Fonds zur Förde­ rung der Wald- und Holzforschung ab. Die Legiti­ mierung für eine gemeinsame Verwaltung von Bundes- und Kantonsgeldern fehlte mittlerweile. Dies hielt die Eidg. Finanzkontrolle (EFK) in ihrem Prüfbericht von 2017 fest. Die EFK empfahl, das Förderinstrument aufzulösen oder fortan getrennte Entscheid- und Finanzflüsse zu praktizieren. Für die Branche, Bund und Kantone war das bisherige För­ derinstrument einzigartig, denn es schliesst eine Lü­ cke in der Förderlandschaft Schweiz. Somit wurde eine neue Struktur entwickelt mit getrennten Finan­ zierungsflüssen und Entscheidungswegen bei Bund und Kantonen. Die Forschungsschwerpunkte und Fördergrundsätze wurden belassen. Jährlich unter­ stützt der Bund Projekte im Umfang von 470 000 Franken, die Kantone mit 300 000 Franken. Eingabetermine bei der Koordinationsstelle beim BAFU sind der 31. Januar und der 31. Juli. Relevan­ te Informationen für ein Gesuch befinden sich im «Merkblatt Gesuche». Grundlage hierzu sind die «Vereinbarung Wald- und Holzforschungsförde­ rung Schweiz (WHFF-CH)» sowie «Schwerpunkte Forschung und Umsetzung». Unterlagen für Projektgesuche befinden sich auf der Homepage des BAFU. Das BAFU und die Kantone freuen sich auf gute Projekteingaben. Es ist geplant, die Resultate künftig besser zu kom­ munizieren. U. a. auf Aramis, der Forschungsdaten­


Das Projekt «ExtraValBois» der Fachhochschule Bern untersuchte Geschäftsmodelle zur Extraktion und Valorisation von Holzinhaltsstoffen aus Schweizer Holz.

bank der Bundesverwaltung, und durch vermehrten Wissenstransfer. Literatur Glanzmann, Jutta (2021): Was kostet ein Holzbau? Projekt unterstützt durch den Aktionsplan Holz, Bundesamt für Umwelt BAFU. Lignum Magazin. KBOB (Hrsg.) (2020): 2020/1 Nachhaltiges Bauen mit Holz. Empfehlung Nachhaltiges Bauen. Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren, Bern. Landis, Flurina/Walker, David/Tschannen, Amadea/Strotz, Chantal/Schaffner, Dorothea/Feck, Vanessa (2020): Evaluation Aktionsplan Holz, ­Bericht zuhanden des Bundesamtes für Umwelt, Programmsteuerung und Programmleitung Ak­ tionsplan Holz. Interface Politikstudien Forschung

(Bild: Alexander Jaquemet, BFH)

Beratung und Fachhochschule Nordwestschweiz, Luzern/Olten. Lehner, Ludwig (2018): Bioproduktwerk Schweiz. Übersicht zu Anforderungen und Voraussetzungen für eine Machbarkeitsprüfung. .bwc management consulting GmbH. Abensberg. Projekt unterstützt durch den Aktionsplan Holz, Bundesamt für Umwelt BAFU. Lignum (Hrsg.) (2021): Dokumentation Brandschutz 2015. Holzwirtschaft Schweiz, Zürich. WaG (Bundesgesetz über den Wald vom 1. Januar 2017, SR 921.0, BBl 2009 8533)

Claire-Lise Suter Thalmann ist Co-Programmleiterin des Aktionsplans Holz und koordiniert die Wald- und Holzforschungsförderung Schweiz.

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Exklusives graubündenVIVAMobiliar – echt regionale Design-Stücke In Zusammenarbeit mit dem Projektpartner graubündenHOLZ und dem Churer Designund Handwerk-Studio OKRO hat graubündenVIVA eine exklusive Mobiliarlinie aus echtem Bündner Holz entwickelt. K. Kamps

graubündenVIVA ist ein schweizweit einzigartiges Programm zur Stärkung des Wirtschaftsstandor­ts Graubünden über die Themen Ernährung und Kulinarik. Dies mit dem Ziel, die Region als Hochburg der alpinen Genusskultur national und international zu vermarkten. graubündenVIVA schlägt dabei Brücken zwischen Menschen und ihren Traditionen, zwischen Handwerk und Produkt und zwischen Berg und Tal. Wertschätzung für das Terroir und die gewachsene alpine Genusskultur sorgen dabei für immer mehr Wertschöpfung vor Ort.

Fast ein Sattel fürs Kamel ist Ueli Frischknechts «Reiter».

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Wertschätzung von Handwerk und Design Der Anspruch von graubündenVIVA, regionales Schaffen zu fördern und zu präsentieren, beschränkt sich nicht nur auf den Lebensmittelbereich. Auch Design und heimisches Handwerk finden im Projekt ihren verdienten Platz. In Zusammenarbeit mit dem Projektpartner graubündenHOLZ und dem lokalen Design- und Handwerk-Studio OKRO aus Chur sind Möbel aus Bündner Fichte und Ahorn speziell für den Einsatz bei Events entwickelt worden, denn die Bedürfnisse nach modernen und be-

(alle Bilder: graubündenVIVA)


Design der Festwirtschaftsmöblierung von Ueli Frischknecht. Die Klapptische und -bänke wurden in Zusammenarbeit den beiden Schreinereien Gebrüder Maissen AG (Trun) und Ladner Schreinerei AG (Domat/Ems) hergestellt.

sonders hochwertigen Infrastrukturen für Veranstaltungen in der Land- und Ernährungswirtschaft wachsen ständig. Sutga. Der Hocker. Fast ein Sattel fürs Kamel ist Ueli Frischknechts «Reiter». Die Form des Sitzes weist einem den Platz, die gespreizten Beine sind in die Sitzfläche verzapft und geben dem Hocker seine Standfestigkeit. Und auch den Hockenden bringt darauf nichts mehr aus der Ruhe. banc plegabel. maisa plegabla. Die Klappbank und der Klapptisch. Diese Bank ist stapelbar und stapelbar ist auch der Tisch. Doch Ueli Frischknechts Festwirtschaftsmöblierung besteht auch den Test im Atelier, im

Esszimmer, in der Loggia oder im Garten. Und der Klapptisch trägt Schnapsglas, Humpen und Ballon, Wurst, Käse und Brot und stützt die Ellbogen Gereister und Erlebender auf der Rast. Und bei Sturm und Regen lässt sichs unter dem Tisch allein oder zu zweit auch liegen. Die Klapptische und -bänke wurden in Zusammenarbeit der beiden Schreinereien Gebrüder Maissen AG (Thun) und Ladner Schreinerei AG (Domat/Ems) hergestellt. Il stan da martgà. Der Marktstand. Dieser Marktstand ist praktisch und schön. Er ist schnell aufgebaut und hat genügend Platz, all die schönen Produkte auszustellen oder das Gastronomieangebot zu präsentieren. Die Verkaufsfläche kann bequem vom Marktstand zum Degustationsstand verstellt werden.

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Der Marktstand ist eine Reduktion auf das Wesentliche: praktisch, schnell aufgebaut und einfach schön.

graubündenVIVA-Mobiliar für jedermann Die einzigartige Mobiliarlinie aus echtem Bündner Holz besticht durch hochwertige und aussergewöhnliche Design-Elemente, welche bereits bei zahlreichen graubündenVIVA-Veranstaltungen zum Einsatz gelangten. Diese exklusiven, echt regionalen Design-Möbel können jetzt auch von privaten Interessenten erworben, oder aber für Privat- sowie Firmenanlässe und öffentliche Veranstaltungen gemietet werden. Dieser stapelbare Tisch besteht den Test in jedem Zuhause, Homeoffice oder auf der Terrasse, aber auch in der Halle, auf der Wiese oder dem Dorfplatz. Katja Kamps ist zuständig für die Kommunikation bei graubündenVIVA.

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Design: Ueli Frischknecht 2019/CH Produktion: Design- und Handwerk-­ Studio OKRO/Chur Hergestellt: in Graubünden Materialien: Tischblatt, Klappbank und Hocker in Fichte natur, Unterkonstruktion Tischblatt und Klappbank sowie Keile des Hockers in Esche Kontakt und Informationen: contact@graubündenviva.ch Weitere Details, Ausführungen, Abmessungen und Preise findet man auf www.graubündenviva.ch


Frühlingstavolata auf dem Arcas in Chur.

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Resurses – Ressourcen nachhaltig nutzen «Es war einmal ein mutiger Holzbauer aus Surses, der hatte eine Vision und verfolgte diese Schritt um Schritt …» Nein, es ist kein Märchen, das ist Realität! Step 1: Gemeindesägerei Tinizong übernommen, ausgebaut. Step 2: Resurses-Vorzeigeprojekt zur Nachahmung für andere Täler im Kanton. Step 3: «Kantonale Bündner Weiterverarbeitung/Veredelung». Interview mit Enrico Uffer

Doch nun von Anfang an …

Herr Uffer, Sie bauen in Tinizong eine leistungsfähige Säge mit Trocknung auf. Woher stammen die gebrauchten 30 000 m3? Kommt das alles aus dem Tal Surses in passender Qualität zusammen? Mit der Gemeinde Surses konnten wir einen Liefervertrag über den gesamten Holzeinschlag (inkl. Energieholz) vereinbaren. So werden rund 8000 m³ Rundholz aus der eigenen Gemeinde auf dem neuen Sägewerk eingeschnitten. Zurzeit sind wir mit den umliegenden Gemeinden an der Erarbeitung weiterer Holzlieferverträge. Resurses soll zu einem regionalen Gemeinschaftsprojekt aller Waldbesitzer in Mittelbünden zusammenwachsen. Darü-

Rundholzeinschnitt auf der bestehenden Blockbandsäge in Tinizong. So können wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt werden.

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(alle Bilder: Resurses)


ber hinaus werden uns noch verschiedene Forstunternehmer bei der Beschaffung und der kontinuierlichen Anlieferung unterstützen. Holz soll nicht mehr überaltern oder aus Kostengründen ungenutzt im Wald liegen bleiben. Die aktuelle Marktlage zeigt, was wir für Schätze vor der Haustüre haben.

Wir wollen uns mittelfristig auf Halbfabrikate fokussieren, die später einer Holzveredelung in einem Leim- und Hobelwerk zugeführt werden. Spezialitäten und Überlängen sollen die bestehenden Sägereien mit passender Infrastruktur zu entsprechend höheren Einschnittpreisen übernehmen.

Welche Rundholzsortimente wollen Sie verarbeiten? Baumarten? 100 Prozent Nadelholz: circa 95 Prozent Fichte und 5 Prozent Lärche. Durchmesser? 30 cm bis 100 cm. Längen? Aus Effizienzgründen wird unser Sägewerk nur Längen bis 5 Meter einschneiden.

Welche Produkte werden daraus entstehen? Die Veredelung zu klassischem CLT, BSH, KVH, DUO ist ein erster Schritt. Vielmehr wollen wir aber zukünftig innovative Bauteile für die Bauindustrie entwickeln und verkaufen. Ich denke da an marktfähige Hybrid-Kombinationen, die mit einer innovativen Gebäudetechnik

V.l.n.r.: die Förster der Gemeinde Surses: Peter Janutin, Pascal Murbach und Jules Weibel sind motiviert und unterstützen mit grossem Einsatz die Projektidee.

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kombiniert sind. Unsere Zielgruppe ist nicht in erster Priorität der konventionelle Handel, sondern der Endkunde. Auch die Oberflächenbehandlung muss eine wichtige Rolle spielen. Die Bündner Holzbauer und Schreiner sind sehr nahe am Markt und kennen die Bedürfnisse der Kunden. Wir haben viele Ideen … Legen sie Wert auf eine bestimmte Zertifizierung des Rundholzes? Im Schnittholzhandel zählen für uns die Labels Schweizer Holz sowie FSC. Für uns Bündner ist die Herkunft schon wichtig. Wir wollen in unserem Sägewerk nur Holz der kurzen Wege aus Mittelbünden und einige wenige Sortimente

allenfalls aus anderen Regionen des Kantons verarbeiten. Den «Bündner Sympathievorteil» wollen wir auf unsere Produkte übertragen. Nach dem Motto: «FerienHolz für zu Hause» oder «Ein Stück Natur aus Graubünden». Wäre das Schnittholz rein für den Bedarf der Uffer AG oder wird exportiert? Nur ein kleiner Bruchteil des eingesägten Holzes wird in unserem Werk in Savognin verarbeitet. Um das zu ändern, ist eine kantonale Veredelung der Halbfabrikate nötig. Eine sinnvolle Weiterverarbeitung kann aber nur ab 100 000 m³ in der ganzen Produktbreite funktionieren. Wir benötigen dementsprechend, ähnlich wie das

V.l.n.r.: Armando Thomann (Thomann Forst AG), Gian Andri Capeder (Uffer AG), Andrea Florinett (Florinett AG) und Curdin Gregori (Hemmi Forst AG) sind wichtige Partner für die Projektrealisation von resurses.

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Projekt Resurses, weitere Kleinsägereien im Kanton Graubünden. Mit weiteren Sägereistandorten und gemeinsamen Zielen könnte man Waldbesitzer, Behörden, Forstunternehmer und das holzverarbeitende Gewerbe in einer funktionierenden Holzkette abbilden. Jeder kann davon profitieren. Die Energie, Arbeitsplätze, Wertschöpfung bleiben vor Ort, transportiert wird kein Rundholz mehr, sondern halbveredelte Produkte. Das sind wir der heutigen Zeit mit CO²-Problemen und mit zu viel Verkehr schuldig.

stungsprojekte, Baumschulen usw.). Ein gepflegter, intakter Schutzwald muss in jedem Eigeninteresse sein, denn Waldbesitzer, Behörden, Einwohner und Feriengäste können davon profitieren. Es ist eine Aufbruchstimmung spürbar. Diese Welle müssen wir jetzt nehmen, die Voraussetzungen im Waldkanton Graubünden waren nie besser als jetzt. Das Interview führte Silke Schweizer.

Wer würde die «kantonale Veredelung» besitzen? Sie? Oder wäre eine Genossenschaft denkbar? Das soll kein Uffer-Monument werden. Wir sind offen für Partnerschaften, aber der Grundzug muss aus einem Guss kommen und es soll eine «Bündner Lösung» sein, die aus unserer Mitte entsteht und so von den Waldbesitzern unterstützt wird. Wie kann der Wald, wie die Bevölkerung davon profitieren? Einerseits werden wir mit dem Projekt Resurses und einer kantonalen Holzveredelung zusätzliche Wertschöpfung in unserer Region behalten. Anderseits bauen wir Abhängigkeiten im Ausland ab. Es kann wohl nicht sein, dass wir in unserm Waldkanton unsere Ressourcen verschenken und dann dem angeschlagenen globalen Markt ausgesetzt sind. Zudem planen wir einen Nachhaltigkeitsfonds, der viele kleine Umweltprojekte entlang unserer Passstrassen ermöglicht. Bei dieser Idee stehen nicht CO²-­ Zertifikate im Vordergrund, sondern konkret umsetzbare Projekte. Für jeden gefällten Baum wird ein Fixbetrag in diesen Fonds einbezahlt. Es gibt vor allem seitens Revierforstämter viele Ideen, dem Wald etwas zurückzugeben (La­ winen- und Steinschlagverbauungen, Auffor-

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Baumwipfelpfad «Senda dil Dragun» Laax In Laax entsteht mit einer Länge von 1,56 km der längste Baumwipfelpfad in Europa. Über zwei Einstiegstürme führt der Steg in luftiger Höhe durch den Wald und verbindet die beiden Dorfteile ­Murschetg und Laax-Dimplaun miteinander. Der Baumwipfelpfad fügt sich optisch harmonisch in ­ die Landschaft ein und wird den Besuchern neue Perspektiven und Einblicke im Wald und in der Landschaft bieten. M. Cavigelli

Projektidee Unter den Namen «Fascinaziun Laax» hat der Gemeindevorstand von Laax im 2017 mehrere Projekte, Ideen und Visionen zusammengestellt, welche die Attraktivität von Laax steigern sollen.

Visualisierung Ein-/Ausstiegsturm in Murschetg.

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Dabei ist auch die Idee für die Realisierung eines Baumwipfelpfads in Siedlungsnähe entstanden. Mit dem Baumwipfelpfad will die Gemeinde ein einzigartiges Angebot schaffen, das Natur und Landschaft Besuchern und Einheimischen auf eine

(Foto und Visualisierung Hoffmann + Durisch AG)


spezielle Weise näherbringt. Durch die Linienführung von Murschetg nach Laax Dorf können zudem die bestehenden touristischen Angebote der Destination miteinander verbunden und Synergien genutzt werden. Im Dezember 2018 bewilligte die Gemeindeversammlung von Laax einen Baukredit von 7,5 Millionen dafür und ermöglichte so die Rea­lisierung des Baumwipfelpfads. Mitwirkung Forst Als Betriebsleiter des Forstreviers Sagogn-Laax wurde ich schon sehr früh bei den ersten Abklärungen und Begehungen im Gelände in das Projekt involviert. Später wurde eine Projektgruppe bestehend aus den verschiedenen Interessensvertretern von Gemeindevorstand, Bauamt, Tourismus, Weis­ se Arena AG, Forst usw. gebildet. Als Fachspezialisten wurde das Ingenieurbüro CLAR-PLAN GmbH aus Vella und das Architekturbüro Hoffmann und Durisch AG aus Flims beigezogen. In meiner Funktion als zuständiger Revierförster durfte ich zusammen mit dem Bauamt Laax die Koordination und Leitung der Projektgruppe übernehmen. Durch die frühe Integration im Projekt konnte ich die forstlichen Interessen von Anfang an gut einbringen, sodass diese bei der Projektausarbeitung mitberücksichtigt werden konnten. Eines der Hauptanliegen war natürlich für den Bau so viel Holz wie möglich aus unseren eigenen Wäldern zu verwenden. Insgesamt konnten wir rund 1000 m³ Holz aus den Waldungen von Laax und Sagogn dafür liefern. Konstruktion Die Herausforderung bei der Planung der Kon­ struktion war einerseits natürlich die Länge des Pfads und andererseits die stark kupierte Waldtopografie. Dies auch aus dem Grund, weil das Längsgefälle nicht mehr als 6 Prozent betragen durfte, damit der Pfad behindertengerecht begehbar ist. Für den Ein- und Ausstieg zum Pfad sind je ein Turm in Murschetg und Dimplaun Laax Dorf vor-

Montierte und fixierte Stützenböcke.

(Bild: M. Cavigelli)

gesehen. Die Konstruktion der Türme besteht inwendig aus einen Betonkern mit Liftaufzug. Aussenrum wurde eine filigrane Holzkonstruktion gewählt mit integrierter Aufstiegstreppe. Zur Steigerung der Attraktivität wird im Turm Murschetg eine spiralförmige Rutsche von circa 70 m Länge ­eingebaut. Der Steg selber besteht aus 130 Brückenelementen mit einer Länge in der Achse von jeweils 12 m. Jedes Element ist auf vier schräggestellten Stützen aus entrindeten Baumstämmen mit einem Durchmesser von circa 20 bis 40 cm abgestellt. Die Stützen sind einzeln auf gebohrten Mikropfahlfundamenten abgestützt. Diese Fundation erlaubte auch eine sehr bodenschonende Ausführung der Bohrarbeiten ohne grössere Erdarbeiten. Die Bohrungen wurden mit einer kleinen auf Rädern mobilen Bohrlafette ausgeführt, welche auch für Lawinenverbauungen eingesetzt wird. Oberflächlich sind nur die Verbindungsprofile aus Rundstahl sichtbar. Der Pfad hat eine Gesamtbreite von 2 m und ist mit einem maximalen Längsgefälle von 6 % behindertengerecht erstellt. Die Höhe ab Terrain variiert vom tiefsten Punkt mit 2 m ab Boden bis zum höchsten

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Montage der ersten Brückenelemente.

Punkt mit 28 m ab Boden. Wobei über weiten Strecken eine Höhe von 8 bis 10 m erreicht wird. Das Geländer besteht aus einer leichten Stahlkonstruktion mit einem Gitternetz als Absturzsicherung und einem Handlauf aus Holz. Entlang des Pfads wurden vier Plattformen von circa 40 bis 50 m²­ mit verschiedenen Sitzgelegenheiten angelegt. Auf diesen Plattformen erhalten die Besucher verschiedene Informationen über Landschaft und Natur. Bauausführung Mit den Bauarbeiten konnte im Frühsommer 2020 begonnen werden. Dabei wurden in einem ersten Schritt die Fundamente und der Betonkern für die Türme erstellt. Gleichzeitig erfolgten die Rodungsarbeiten für die Schneise für den Pfad. Bei der Planung wurde sehr viel Wert daraufgelegt, die erforderlichen Rodungen möglichst gering zu halten.

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(Bild: M. Cavigelli)

Sehr herausfordernd und intensiv war die Einmessung für die Bohrungen der Stützenfundamente. Die mussten sehr genau erfolgen, dienten doch diese Koordinaten später auch für die Berechnung der genauen Stützenlänge. Aufgrund der Vielzahl von Bohrungen wurde diese mit zwei Gruppen parallel ausgeführt. Die Bohrungen haben circa eine Tiefe von rund 3,0 m. Im Bohrloch wird eine Eisenstange, welche rund 40 cm aus dem Boden ragt, eingegossen. Darauf werden dann die Stützen mit einem Verbindungsprofil aus Rundstahl abgestützt. Parallel zu diesen Arbeiten wurden die Brücken- und die Stützenelemente vorgefertigt. Die Elemente sind standardisiert auf 12 m lang und 2 m breit und sind alle gleich zusammengebaut. Einzig die Gehrung für die Verbindung zum nächsten Element musste bei jeder Richtungsänderung für jedes Element nach Mass angefertigt werden. Die


F­lüge mit drei Montagegruppen gearbeitet. So konnte der Heli abwechselnd die drei verschiede­ nen Montageorten anfliegen. Dabei galt es zu ach­ ten, dass der richtige Stützenbock auch am richti­ gen Ort ankam. In mehreren Etappen wurden zuerst die Stützenböcke montiert und danach die Brückenelemente. Bis im Herbst 2020 konnte so der ganze Pfad im Rohbau erstellt werden. In die­ sem Frühjahr werden noch die Holzkonstruktionen der Türme erstellt, die Geländer fertigmontiert, die ganzen technischen Installationen installiert und verschiedene Umgebungsarbeiten fertiggestellt, sodass der Baumwipfelpfad voraussichtlich im Frühsommer eröffnet werden kann.

Rohbau Betonkern Turm Murschetg.

(Bild: M. Cavigelli)

Stützen mussten einzeln auf die genaue Länge zu­ geschnitten werden und beidseitig für die Verbin­ dungsstücke aus Metall gebohrt werden. Die Boh­ rungen der Stützen erfolgte mit einem Spezialgerät, das eine genau zentrierte Bohrung in der Stamm­ achse ermöglichte. Danach wurden die zusam­ mengehörenden Stützen zu zweibeinigen Stützen­ böcken vormontiert. Alle vorgefertigten Elemente und Stützenböcke wurden für die Montage auf Wiesen in der Nähe des Bauwerks zwischengela­ gert. Die Montage der Teile erfolgte mehrheitlich mit dem Helikopter. Einige konnten auch von der Waldstrasse aus mit einem grossen mobilen Auto­ kran montiert werden. Logistisch und organisato­ risch war die Montage mit dem Helikopter sehr anspruchsvoll. Damit die Montagegruppen genü­ gend Zeit hatten, die Stützenböcke mit Abspann­ gurten zu fixieren, wurde jeweils während der

Betrieb und Unterhalt Für den Betrieb des Baumwipfelpfads konnte mit der Weissen Arena AG (WAG) ein starker und er­ fahrener Partner gewonnen werden. Die WAG übernimmt den ganzen Betrieb der Anlage. Dazu gehören der Betrieb der Kassaautomaten und Zu­ gangssysteme, die Überwachung und Kontrolle während der Betriebszeiten unter Berücksichti­ gung des Sicherheitskonzepts sowie der allgemei­ ne Unterhalt und die Schneeräumung des Pfads. Der Unterhalt der Konstruktion übernimmt das Re­ vier forestal Sagogn-Laax im Auftrag der Gemeinde Laax. Dazu gehören die regelmässigen Kontrollen und Wartungen der verschiedenen Bestandteile so­ wie die Festlegung und Reparatur von Mängeln und Schäden. Ebenso gehören die gesamtheitliche Überprüfung der Statik, Kontrolle der Geländer und Sicherheitsnetze sowie die ganzen sicherheitstech­ nischen Überprüfungen dazu. Im Weiteren ist das Revier forestal Sagogn-Laax auch verantwortlich für die Umgebungssicherheit inkl. Sicherheitsbeur­ teilung und Pflege des Baumbestands entlang des Pfads.

Maurus Cavigelli, Betriebsleiter des Forstreviers Sagogn-­ Laax.

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Vaia Cube – Lautsprecher aus Sturmholz Eine erfolgreiche Geschichte über die Nutzung von Sturmholz und das Einsetzen von Tausenden von Pflanzen. V. Sala

Sturm Vaia hat sehr viele Schäden in Graubünden verursacht, aber auch in Italien. Dort wurden 494 Gemeinden in 4 Regionen (Lombardia, Veneto, Trentino Alto Aduge e Friuli) so stark betroffen (42 500 ha, 8,5 Millionen Kubikmeter Holz), dass man die Schäden auf 3 Milliarden Euro schätzt. Von Anfang an haben sich die betroffenen Gemeinden anhand von Wiederaufbauprojekten mobilisiert. Auch die Unternehmen haben sich mit unterschiedlichen Projekten im Wald und mit dem

Sturmholz stark mobilisiert. Dies hat zur Gründung neuer Start-ups geführt, die nachhaltige Lösungen zur Unterstützung des Ökosystems und der geschädigten Gemeinden gefördert haben. Das Start-up Vaia Aus einer Idee von Federico Stefani, aus der betroffenen Region, aber ohne einen speziellen Bezug zur Forst- oder Holzbranche, entsteht das Start-up Vaia.

Die Gründer: Giuseppe Addamo, Federico Stefani und Paolo Milan.

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(alle Bilder: Vaia s. r. l.)


Vaia Cube im Einsatz.

Federico will seine eigene Region während dieses schwierigen Moments unterstützen. Er hat eine gute Idee, aber allein kann er sie nicht durchführen. Aus diesem Grund involviert er zwei Kollegen: Paolo Milan und Giuseppe Addamo. Ohne externe finanzielle Mittel, nur mit den eigenen Ersparnissen und einer Hypothek, gründeten die drei mutigen Italiener am 19. September 2019 die Vaia s.r. l. Die Idee – so einfach, so erfolgreich Der Vaia Cube ist ein hölzerner Verstärker für Smartphones, der Töne ohne jegliche Stromversorgung überträgt, hergestellt aus dem Holz von Bäumen, die während eines Sturms gefallen sind. Der Vaia Cube hat eine regelmässige Form, einfach und elegant. Das Objekt wurde so konzipiert, um

die entwurzelten Stämme zu nutzen, die die Entwicklung von komplexen und grossen Objekten nicht zuliessen. Auf diese Weise wurde einem Rohstoff, der sonst ungenutzt geblieben wäre, neues Leben eingehaucht. Ausserdem ist jeder Verstärker ein Unikat und kein Stück gleicht dem anderen, denn jeder Axthieb des Handwerkers führt einen Schnitt aus, der der natürlichen Maserung des Holzes folgt und so die Wunde des Waldes heraufbeschwört. Das Start-up basiert auf einem zirkulären Geschäftsmodell, indem es zunächst ein Material wie Holz von umgestürzten Bäumen zurückgewinnt und dann das gestörte Gleichgewicht des Ökosystems wiederherstellt, indem es ein Teil des generierten Gewinns der Natur zurückgibt: Für jede

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Design im Einklang mit der Natur.

verkaufte Produkteinheit verpflichtet sich Vaia nämlich, einen Baum zu pflanzen und so einen Teil des Erlöses für die Wiederbewaldung der von der Umweltkatastrophe gezeichneten Waldgebiete einzusetzen. Darüber hinaus wird der Vaia Cube von Handwerkern und Schreinern aus den vom Sturm betroffenen Gemeinden hergestellt und unterstützt so den wirtschaftlichen Wiederaufbau der betroffenen Gebiete. 50 000 neue Bäume und dann? Das Ziel ist – bis Ende 2021 – 50 000 Bäume zu pflanzen. Aktuell steht man schon bei 74 Prozent. Was passiert dann, wenn durch das Start-up das Ziel erreicht wird? Stefano, Paolo und Giuseppe werden nicht aufhören. Das Unternehmen beabsichtigt, ein Best-Prac­

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tice-Verfahren zu entwickeln und es dort einzusetzen, wo es in Zukunft notwendig sein wird, um die negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die Gemeinden einzudämmen, die durch Ereignisse im Zusammenhang mit dem Klimawandel verursacht werden. Heute unterstützt Vaia die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme und Gebiete der Dolomiten, morgen wird es in anderen Gebieten präsent sein, die durch Naturkatastrophen gefährdet oder von anderen Problemen gezeichnet sind, indem es andere natürliche Ressourcen aufwertet, ihnen neues Leben einhaucht und ihren Wert steigert, indem es sie für die Herstellung nachhaltiger Produkte verwendet, die zur Unterstützung von Gebieten und Gemeinden in Schwierigkeiten bestimmt sind.


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Fairtrail Respekt und Toleranz auf dem Bündner Wegnetz P. Stirnimann

Aktivferien mit Wandern und Biken sind im Trend, verstärkt durch die Einschränkungen infolge der Coronapandemie. Das kann auch in einem Kanton wie Graubünden mit seinem grossen Wegnetz lokal zu «Dichtestress» führen und damit zu Nutzerkonflikten. Mit seiner Kampagne «Fairtrail, nett, suuber und parat» wirbt der Kanton zusammen mit den touristischen Leistungsträgern für ein harmonisches Miteinander auf den Bündner Trails und Wanderwegen: Der gemeinsame Weg ist das Ziel. Die aktive Betätigung in der Freizeit und in den Ferien nimmt in der schweizerischen und auch ausländischen Bevölkerung einen stark ansteigenden Stellenwert ein. Für den Tourismuskanton Graubünden sind betreffend Sommerangebot das Wandern und das Mountainbiken von grossem Interesse. Der Kanton hat mit den Projekten graubündenBIKE (2010–2015), graubündenHIKE (2015 –2020) und graubündenE-MTB (2017–2020) aktiv auf diese

Plakataushang als Teil der Aufklärungskampagne.

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Entwicklung reagiert. In Zusammenarbeit mit den touristischen Leistungsträgern erarbeitete das Tiefbauamt Graubünden als Fachstelle Langsamverkehr Grundlagen zur Entwicklung des Angebots im Wandern und Mountainbiken, förderte die Vernetzung der betroffenen Stellen und Organisationen innerhalb des Kantons und unterstützte die Destinationen gezielt bei einzelnen Projekten. Nicht zuletzt als Resultat dieser Anstrengungen gilt Graubünden als führend im touristischen Langsamverkehr. Koexistenz und Entflechtung Das für den Langsamverkehr nutzbare Wegnetz ist trotz der Grösse des Kantons grundsätzlich begrenzt. Das gesamte von der Landestopografie erfasste Netz von Strassen, Wegen, Pfaden und Wegspuren in Graubünden beträgt rund 20 600 km. Davon sind rund 11 000 km als Wanderwege signalisiert, davon wiederum mit 2100 km Doppelnut-

(Bild: Fairtrail 2020)


So sieht Nahla, 6 Jahre, das aktive Miteinander in der Natur.

zung Wandern und Velofahren/Biken. Rund 700 km sind als reine Bike-/Velorouten beschildert. Mit der Signalisation des Langsamverkehrs ist die bewusste Kanalisierung und damit die Lenkung des Langsamverkehrs, im Speziellen des Mountainbikens, verbunden. Bei der Planung der signalisierten Wege und Routen im Rahmen der Richt- und Nutzungsplanung¹ wird wo immer möglich eine Entflechtung, also eine physische Trennung auf getrennten Wegen angestrebt. Dies ist jedoch nicht immer möglich. Neubauten sind teuer und sind auch aus landschaftsschützerischen Aspekten zumeist unerwünscht. Die gelebte Koexistenz, also die gemeinsame Nutzung der Weginfrastrukturen, ist in den überaus meisten Fällen die einzige Lösung.

(Bild: Einsendung im Rahmen des Zeichnungswettbewerbs Fairtrail 2020)

Mit der technischen Entwicklung des Mountain­ bikes sowie dem stark gestiegenen fahrerischen Können der Mountainbiker, ist von einer flächen­ deckenden Nutzung des Wegnetzes auszugehen. Diese Tendenz wird unterstützt durch die weitverbreitete Nutzung der Social Media im Mountainbikesport mit Tourenvorschlägen, Best of, geführten Touren, Geheimtipps und dergleichen. Diese Entwicklung zeigt sich auch nachdrücklich bei den im Jahr 2020 in der Schweiz verkauften Mountainbikes im Vergleich zu 2019: ein sattes Plus von 33 Prozent bei den E-MTB und 40 Prozent bei den Mountainbikes ohne M ­ otor². Koexistenz und Entflechtung waren und sind wichtige Themen der Projekte graubündenBIKE, grau-

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bündenHIKE und graubündenE-MTB. Beides ist Teil des regelmässigen Austauschs mit den touristischen Leistungsträgern. So wurden beispielsweise bereits in den Jahren 2011 bis 2015 rund 10 000 Veloglocken im Kanton verteilt, welche ein wirksames Mittel zur besseren gegenseitigen Wahrnehmung auf gemeinsam genutzten Wegen sind. Rund 400 Respektschilder wurden 2018 gratis an die Gemeinden abgegeben zur Thematisierung des gemeinsamen Weges. Es darf als Fazit dieser Anstrengungen sicher festgehalten werden, dass trotz der stürmischen Zunahme des Mountainbikens in Graubünden und des damit verbundenen Konfliktpotenzials das Nebeneinander von Wanderern und Bikenden gut funktioniert. Verschiedene Grundlagenarbeiten von graubündenBIKE sind in der Folge vom Bundesamt für Strassen³ und der bfu 4 in ihren Arbeitshilfen übernommen worden.

Eindrückliche Zuwachsraten bei den Mountainbike­ verkäufen.

(Grafik: Velo Suisse)

Fairtrail 2019 bis 2020: nett, suuber und parat mit Bündner Humor Als Resultat eines Workshops im Rahmen von graubündenE-MTB mit den touristischen Leistungsträgern des Kantons und mit Einbezug von Wanderwege Graubünden wurde im Sommer 2019 die Fairtrail-Kampagne zur Propagierung eines fairen Miteinanders auf den Trails lanciert. Zusammen mit der Agentur Trimarca wurden eine Grundlagen-Broschüre, Give-aways inklusive Fairtrail-Veloglocke, Plakataktionen und Social-Media-Plattformen entwickelt. Langsamverkehr-Rangers suchten als Fair-

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dinands den direkten Kontakt mit Wandernden und Bikenden auf den Trails, um das faire Miteinander auf den Trails zu propagieren. Auch das korrekte Schliessen der Zaundurchgänge in der Alp- und Landwirtschaft ist Teil der Kampagne: mit Warnwimpeln, welche gratis bei der Fachstelle bezogen werden können. Die Kampagne wurde von den Destinationen, Hotelbetrieben, Bikeschulen und weiteren Kreisen aktiv unterstützt. Die Rückmeldungen der Fairdinands über ihre Gästekontakte auf den Trails zeigen, dass die Kampagne von den Gästen sehr positiv aufgenommen wurde. Sie darf als gelungener Unique Selling Point mit Bündner Humor bezeichnet werden. Die Kampagne wurde auch von Graubünden Ferien auf ihrer Website als positive Darstellung des Ferienkantons verwendet. Neben den Eigenleistungen der Beteiligten wurde die Kampagne mit Mitteln der Projekte graubündenHIKE und graubünden­ E-MTB finanziert. Fairtrail ist für das friedliche Miteinander auf den Bündner Wegen und Trails auch längerfristig bedeutsam. Befeuert durch neue Gästesegmente auf E-Mountainbikes, dem Trend zu Aktivferien und nicht zuletzt das steigende Interesse an Ferien im eigenen Land infolge der Coronakrise führen zu deutlich mehr Verkehr auf dem LV-Wegnetz. Damit verbunden ist auch ein potenziell höheres Konfliktrisiko mit entsprechenden negativen Medienberichten in Konfliktfällen. Auch 2021 bis 2023 auf dem Fairtrail unterwegs, unterstützt von Nino Schurter Graubünden gilt dank der Anstrengungen aller Beteiligten im Tourismus und natürlich nicht zuletzt wegen seiner einzigartigen Landschaft und Kultur schweizweit als führend im touristischen Langsamverkehrsangebot. Auch europaweit – zumindest im deutschsprachigen Raum – ist Graubünden bekannt für einen offenen, konstruktiven und freundlichen Umgang mit und zwischen Wanderern und Mountainbikern. Diese für einen gedeih-


Auch im 2021 auf dem Trail gehört werden mit der Fairtrail-Glocke.

lichen Sommertourismus unverzichtbaren Rahmenbedingungen gilt es unter allen Umständen zu wahren. Die Vorbereitungen für eine erfolgreiche Kampagne 2021 sind im Gange. Neu ist auch Nino Schurter, das Bündner Aushängeschild im internationalen Mountainbikesport, Botschafter der Fairtrail-Idee. Mit verschiedenen Testimonials wird er für das friedliche Miteinander auf dem Bündner Wegnetz werben. Die Regierung hat die Weiterführung der Fairtrail-Kampagne im Dezember 2020 für weitere drei Jahre genehmigt und die notwendigen Mittel bereitgestellt, davon 514 000 Franken im Rahmen der Neuen Regionalpolitik des Bundes (NRP). Neben dem Tiefbauamt als Projektträger beteiligen sich die Wanderwege Graubünden, die Graubündner Kantonalbank sowie Graubünden Ferien mit weiteren finanziellen Mitteln. Das Gesamtbudget inklusive der verrechenbaren Eigenleistungen der Beteiligten beträgt 1,028 Millionen Franken.

(Bild: Fairtrail 2020)

Weitere Informationen zu Fairtrail finden sich auf der Webseite der Kampagne (https://www.graubuenden.ch/de/fairtrail) Oder auf den Sozialen Medien: www.instagram.com/fairtrailgraubuenden www.facebook.com/fairtrailgraubuenden Peter Stirnimann, Trail Consulting, führt zusammen mit Flurina Marugg von Allegra Tourismus das Projekt «Fairtrail 2021 bis 2023» als externe Projektleitung im Auftrag der Fachstelle Langsamverkehr Tiefbauamt Graubünden. 1 Mountainbike

und Raumplanung, bau- und planungs-

rechtliche Anforderungen für den Bau und die Nutzung von Mountainbikerouten und -anlagen, Amt für Raumentwicklung, Fachstelle Langsamverkehr. 2

Verkaufsstatistik Velo Suisse.

3 Wandern

und Mountainbiken – Entscheidungshilfe zu

Koexistenz und Entflechtung, ASTRA 2020 4

Signalisation Mountainbike-Pisten, bfu 2016.

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Neufassung der Holzhandels­ gebräuche liegt Ende Juni vor Die geltenden Schweizer Holzhandels­ gebräuche für Rohholz sowie für Holz und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau von 2010 bewähren sich in der Praxis, sind aber nicht mehr aktuell. Das hat eine Bran­ chenumfrage 2018 ergeben. Deshalb er­ scheint Ende Juni eine Neufassung beider Teile. Die neuen Holzhandelsgebräuche 2021 sind bei Lignum zu beziehen. Sie treten per 1. September 2021 in Kraft. Lignum

Die Entwicklung seit 2010 im Bereich der Normen, Richtlinien und rechtlichen Bestimmungen (Bauproduktgesetz) erforderte umfangreiche Aktualisierungen der Holzhandelsgebräuche. Aus Sicht der betroffenen Verbände und Organisationen bestand zudem in einzelnen Bereichen Anpassungsbedarf. Die Trägerverbände WaldSchweiz, Holzindustrie Schweiz HIS, Holzbau Schweiz und Lignum haben sich deshalb zu einer Revision des Regelwerks entschieden. Alle relevanten Verbände und Organisationen der Holz- und Baubranche wurden partnerschaftlich in das Unternehmen eingebunden. Sie haben ihre Interessen in den Begleitgruppen eingebracht und mit den Autoren die Festlegungen ausgehandelt. Ein breites Vernehmlassungsverfahren stellt sicher, dass die neuen Holzhandels­ gebräuche allgemein akzeptiert werden. Welche Gliederung weisen die Schweizer Holzhandelsgebräuche auf? Die Holzhandelsgebräuche bestehen aus zwei Bänden, den «Schweizer Handelsgebräuchen für Rohholz» und den «Qualitätskriterien für Holz und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau – Handelsgebräuche für die Schweiz». Die «Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz» ­beschreiben die Sortimente von Rund-, Industrie-

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und Energieholz mit den üblichen Klassierungen, legen die Ermittlung der Verrechnungsmasse fest und ergänzen im kaufmännischen Teil fachspezifische Definitionen (Mengen, Termine, Fristen usw.) sowie branchenübliche Regelungen im Falle von dispositivem Recht des OR. Die «Qualitätskriterien für Holz und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau – Handelsgebräuche für die Schweiz» beschreiben die weiterverarbeiteten Sortimente und Produkte im Bereich des Holzes und der Holzwerkstoffe – Bretter und Kanteln, Hobelwaren, Bauholz (inkl. Leimholz) sowie Holzwerkstoffe – mit Bezug auf die geltenden Normen. Sie ergänzen wo üblich eine Erscheinungsklassierung. Es ist definiert, welche Anforderungen an die Produkte ohne spezielle Vereinbarung zu erfüllen sind. In den rechtlichen Bestimmungen sind für einen Teil der Produkte (Bretter und Kanteln, Hobelwaren, Bauholz, Brettsperrholz) ebenfalls fachspezifische Definitionen und Regelungen im Falle von dispositivem Recht des OR beim Kaufvertrag ­zwischen dem Hersteller bzw. Händler und seinem ­direkten Abnehmer zusammengestellt. Welche Anpassungen sind in den beiden Teilen erfolgt? In der Ausgabe 2021 der «Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz» sind die Veränderungen in


tionalen Anwendungsdokuments ergänzt sind. Die seit der letzten Ausgabe eingeführten Bestimmungen des Bauproduktrechts sind kurz erläutert und bei den betroffenen Produkten integriert. Bei den Hobelwaren sind die Erscheinungsklassen dem ­üblichen Verwendungszweck zugeordnet und die Kriterien entsprechend angepasst.

Das Cover «Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz, Ausgabe 2021»

(Bild: Lignum)

der Praxis des letzten Jahrzehnts und die zwischenzeitliche Entwicklung im Bereich der Normen nachgeführt. Während beim Rundholz neben der leicht veränderten inhaltlichen Gliederung nur Detailanpassungen erfolgten, sind die Inhalte beim Industrieholz dem Strukturwandel nachgeführt. Beim Energieholz ist zudem der Bezug auf eine neue normative Grundlage eingearbeitet. Die Ausgabe 2021 «Qualitätskriterien für Holz und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau – Handelsgebräuche für die Schweiz» basiert weiterhin auf dem europäischen Normenwerk, wobei landesspezifische Gebräuche und Regeln im Sinne eines na-

Ab wann und wo sind die neuen Holzhandelsgebräuche zu beziehen? Die aktualisierten Holzhandelsgebräuche ermöglichen als anerkannte Regeln eine einfache Verständigung zwischen Produzenten, Händlern, Weiterverarbeitern, Architekten, Planern und Endkunden. Die «Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz, Ausgabe 2021» und die «Qualitätskriterien für Holz und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau – Handelsgebräuche für die Schweiz, Ausgabe 2021» sind ab Ende Juni in den Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch im Shop der Lignum erhältlich (www.­lignum.ch ➞ Shop ➞ Fachbücher ➞ Material). Neben der gedruckten Version werden alle Teile in allen Sprachen neu auch als E-Book mit begrenzter Nutzungsdauer angeboten. Wegen weiterhin möglicher Beschränkungen infolge Covid-19 sind derzeit keine Präsenzveranstaltungen zur Einführung der neuen Ausgabe 2021 geplant. Über allfällige alternative Angebote informieren die Trägerverbände ihre Mitglieder direkt über ihre eigenen Verbandsmedien.

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AWN-Informationsanlässe J. Hassler, V. Sala

Nach fast einem Jahr ohne Veranstaltungen, Schulungen und Workshops führte das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) im Frühjahr 2021 wieder Informationsanlässe bei den Waldbau-Gemeinschaften durch (4./7./18./26. Mai). Im Freien wurden unter Einhaltung der Distanzen gemäss kantonalen Vorgaben zu Covid-19 das Habitatbaumkonzept und die HabiApp (Erfassung der Habitatbäume mit dem Smartphone) vorgestellt. Die Erfassung von Baummikrohabitaten über die HabiApp wurde dann direkt mit den Revierförstern und Regionalforstingenieuren an geeigneten Habi­ tatbäumen im Wald geübt. Habitatbäume und Baummikrohabitate Im Jahr 2020 hat das AWN die «Richtlinie zum ­Einrichten und Schonen von Habitatbäumen» pu­ bliziert. Es ist nun möglich, im Rahmen dieser Richtlinie eigentümerverbindliche Verträge für Habitatbäume abzuschliessen. Im Kanton Graubünden wird die Waldbiodiversität schon seit Langem mit Reservaten (Naturwaldreservate, Sonderwaldreservate), Altholzinseln und durch gezielte Eingriffe gefördert. Arten mit eingeschränktem Bewegungsradius wie zum Beispiel der Juchtenkäfer (Osmoderma eremita), der Grosse Eichenbock (Cerambyx cerdo) oder auch Schnecken brauchen oft spezifische Baum­

Das Habitatbaumkonzept wird in der Oktober-Ausgabe vollständig vorgestellt. Man findet das Konzept hier:

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Jürg Hassler vermittelt anhand von Beispielen wertvolle Details über die Wichtigkeit von Baummikrohabitaten.

(Bild: M. Vanoni)

mikrohabitate, welche nicht allzu weit weg sein dürfen. Dank der langfristigen Sicherung von Habitatbäumen können die bereits bestehenden Reservate untereinander vernetzt werden. HabiApp Die Aufnahme von Habitatbäumen und deren Baummikrohabitate erfolgt mit der Smartphone-Applikation HabiApp. Diese Software wurde bei der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) entwickelt und durch mehrere Kantone (auch Graubünden) finanziell unterstützt. Die App ermöglicht durch standardisierte und benutzerfreundliche Oberflächen eine vollständige Aufnahme der Habitatbäume und der wichtigen Strukturen. Die Bäume werden in einer ersten Phase per GPS lokalisiert und anschliessend beschrieben (Baum­


Sorgfältige Baummikrohabitate-Analyse.

(Bild: V. Sala)

art, Brusthöhendurchmesser, Fotos usw.). Danach erfolgt die vollständige Erfassung der Baummikro­ habitate basierend auf der Typologie von Larrieu et al. (2018). Gemeinsam üben und lernen Nach der Begrüssung der Teilnehmer vor Ort wurde das Konzept durch Viola Sala eingehend vorge­ stellt. Die Habitatbäume sind die letzten Mosaik­ steine einer verfeinerten Vernetzung von Naturvor­ rangflächen im Kanton Graubünden. Erst wenn Naturwaldreservate, Sonderwaldreservate und Alt­ holzinseln in den Regionen bereits ausgeschieden und vertraglich geschützt sind, können und sollen Habitatbäume ausgeschieden werden (Fokusflä­ chen). Anschliessend wurden den anwesenden Fachleu­ ten die verschiedenen Baummikrohabitate vorge­ stellt und deren Wichtigkeit im Waldökosystem wurde mit Beispielen untermauert. Während der Informationsanlässe wurden die Teil­ nehmer durch Mitarbeitende des AWN betreut. Sie erhielten bei der Beurteilung der Habitatbäume und bei der Erfassung der Baummikrohabitate zu­ sätzliche Informationen zur Waldbiodiversität. Eine gute und vollständige Aufnahme von Habitat­ bäumen braucht Zeit und Übung. Es wird empfoh­ len, alle sichtbaren Baummikrohabitate am Einzel­ baum zu suchen, zu erfassen und auch mit einem

Bild zu dokumentieren. Die Qualität der Habitat­ bäume mit den wertvollen Mikrohabitaten steht im Vordergrund. Es sollen nicht viele Habitatbäu­ me mit wenigen Mikrohabitaten, sondern wenige Bäume mit vielen und wichtigen Kleinlebensräu­ men erfasst werden. Am Schluss des Informationsanlasses waren die meisten Teilnehmer überzeugt, dass die HabiApp ein gutes Instrument sei, um die Habitatbäume aussagekräftig zu dokumentieren. Die HabiApp hat noch einige Schwächen und Fehler, welche bereinigt werden können. Sie erleichtert aber ­ deutlich die Aufnahme und die Analyse von Baum­ mikrohabitaten. Das AWN erhofft sich, dass die Revierförster die Habitatbäume rege erfassen. Aus diesem Pool werden in den nächsten Jahren die definitiven Ha­ bitatbäume für den Waldeigentümer ausgewählt. Für die Unterschutzstellung von Habitatbäumen werden Verträge abgeschlossen. Auch hier steht die Überzeugung – Qualität vor Quantität – im Vordergrund.

Die Erfassung von Baummikrohabitaten mit der HabiApp wird an geeigneten Bäumen geübt.

(Bild: V. Sala)

61


Neuheiten aus der AWN-Zentrale A. Crisci

Das Auswahlverfahren der Nachfolge von Jan ­Brosi, seit dem 1. März als RFI tätig ist, wurde abgeschlossen. Die Aufgaben werden auf zwei Stellen aufgeteilt. Fabian Dolf – Technischer Sachbearbeiter Erschliessung, Zentrale Chur Fabian Dolf wird in der Zentrale per 1. September 2021 als Technischer Sachbearbeiter Erschliessung die Arbeit beim AWN aufnehmen. Fabian Dolf hat an der Universität Bern Geografie studiert. Er bringt langjährige Erfahrung als Sachbearbeiter und Projektleiter im Bereich Naturgefahren, Risikomanagement und Präventionsarbeiten mit, welche er sich bei der GEOTEST AG in Davos angeeignet hat. Kathrin Niederer – Technische Sachbearbeiterin Naturgefahren und Schutzbauten, Zentrale Chur Kathrin Niederer wird in der Zentrale per 1. November 2021 als Technische Sachbearbeiterin Naturgefahren und Schutzbauten die Arbeit beim AWN aufnehmen. Kathrin Niederer hat ebenfalls an der Universität Bern Geografie studiert. Durch ihre langjährige Anstellung bei der tur gmbh in Davos bringt sie eine breite Erfahrung als Sachbearbeiterin und Projektleiterin im Bereich Naturgefahren und Gefahrenbeurteilung mit. Wir wünschen unseren neuen Mitarbeitenden einen guten Start und freuen uns, sie beim Amt für Wald und Naturgefahren herzlich willkommen zu heissen.

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Fabian Dolf.

Kathrin Niederer.

(Bilder: zVg)


Vorschau «Bündner Wald» August 2021 Seilkran «backstage» Der Seilkraneinsatz betritt dann die grosse Wald­ bühne, wenn die grössten und modernsten Seil­ geräte auffahren. Wir hätten «unseren» Seilgeräten der jüngsten Stunde an der Forstmesse 2021 in Lu­ zern einen grossen und standesgemässen Auftritt gegönnt. Pünktlich zur Forstmesse wollte der «Bündner Wald» eine Ausgabe zum Thema Seilkran mit viel Hintergrundwissen herausgeben. Was von diesen Ansinnen blieb, ist die Seilkran-Ausgabe des «Bündner Wald». Auch beim Seilkran läuft in Bezug auf Digitalisierung und neue Hilfsmittel so einiges … Redaktion: Jörg Clavadetscher Vorschau auf die nächsten Nummern Oktober 2021: Biodiversität Redaktion: Viola Sala Redaktionsschluss: 11. August 2021 Dezember 2021: Rund um die Rutschung Brienz Redaktion: Jörg Clavadetscher Redaktionsschluss: 7. Oktober 2021

Herausgegeben von Graubünden Wald, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden und der SELVA. Verleger: Südostschweiz Presse und Print AG,Wald, Südostschweiz CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Christophe ahnhofplatz 1, CH-7302 Herausgegeben von Graubünden Amt fürPrint, Wald und Naturgefahren Graubünden undTrüb, derB­ SELVA. Landquart, Telefon + 41 (0)Production AG, 81 300 22 44, buendnerwald  Redaktoren: Jörg Clava­ detscher, RevierCH-7302 forestal da Landquart, Val Müstair, CH-7535  selva-gr.ch Verlag: © Somedia CH-7007@Chur Sekretariat: SELVA, Bahnhofplatz 1, Valchava, Telefon + 41 (0) 81 858 58 21, forestal-muestair @ bluewin.ch. Sandro Krättli, AWN GR, Sagastägstrasse 96, CH-7220 Schiers, Telefon

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+ 41 (0) 81 300 24 11, sandro.kraettli @ awn.gr.ch.

Jörg Clavadetscher, forestal-muestair@bluewin.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter F­ orm

Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern Druckvorstufe (Satz, Lithos, Belichtung) : Südost­

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