BRANCHENREPORT
REKRUTIERUNGSPROZESS: AUF AKTIVES SOURCING SETZEN
„Personalarbeit ist ein Knochenjob“, sagt Barbara Jäger von Business Pool. Der Rekrutierungsprozess gilt dabei nach wie vor als A und O. „Leider kommt es immer noch vor, dass Unternehmen nicht oder viel zu spät auf Bewerbungen reagieren. Eine Todsünde. Denn die damit verbundene Botschaft ‚kein Interesse‘ kann sich heute kein Betrieb mehr leisten“, sagt die Personalexpertin. Stattdessen rät sie: eine Datenbank für die Personalsuche aufbauen, in der auch Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen werden, für die aktuell keine Stelle frei ist. „Es kommen ohnehin kaum noch Antworten auf Stellenanzeigen. Statt passiv zu warten, ob vielleicht doch was kommt, ist es doch besser aktives Sourcing zu betreiben“, sagt Jäger. Entscheidend sei außerdem: eine einfache Bedienung der Bewerbungsseite, die perfekte Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche und die Möglichkeit, sich direkt mit One-Click auf Stellenanzeigen zu bewerben. UNTERNEHMENSKULTUR: HINSCHAUEN UND HINHÖREN
Die Mundwerbung ist, auf einem so übersichtlichen Markt wie Südtirol, nach wie vor das erfolgreichste Recruiting-Rezept. Darüber sind sich Experten wie Personalverantwortliche einig. Wenn das eigene Team positiv über sein Unternehmen spricht, braucht es keine großen Anstrengungen im Personalmarketing. Und es steigt die Chance, gute Leute länger an das Unternehmen zu binden. „Dafür braucht es ein gutes Arbeitsklima, Partizipation, Vertrauen und viel menschliche Zuwendung“, sagt Esther Ausserhofer von Human&Human. „Wir Südtiroler sind wahnsinnig fleißige Menschen. Doch vor lauter Leisten und Machen wird oft eine wesentliche Führungsaufgabe vergessen: Hinschauen, hinhören und fragen: Wie geht es Dir, wie können wir das gemeinsam machen, welche Inputs hast Du?“, ergänzt Ausserhofer. Ohne diesen Kulturwandel seien 8
Südtirol Panorama | 01.2022
INTERCABLE
DAS BRUNECKER HR-WUNDER
Foto: Patrick Janach
0,5 bzw. 1 Prozent rechnet man in neun Jahren mit einem Gap zwischen Angebot und Nachfrage im Ausmaß von 27.000 bis 46.000 Arbeitskräften. Trotz der düsteren Aussichten gibt es auch gute Nachrichten. Das Defizit an Arbeitskräften dürfte – zumindest in einigen Bereichen – teilweise von der fortschreitenden Digitalisierung ausgeglichen werden. Und: Südtirols Unternehmen sind bereit, dem Umbruch aktiv zu begegnen. Ob und wie ihnen das gelingen kann – Südtirol Panorama hat sich bei Expertinnen und Experten aus dem Bereich Personal umgehört.
Rasant ist das richtige Wort, wenn man die Unternehmensentwicklung des Brunecker Unternehmens Intercable beschreibt. Der managementgeführte Familienbetrieb wuchs in den vergangenen Krisenjahren – trotz Pandemie und Lieferkettenproblemen – jährlich um rund 30 Prozent. Das schlägt sich im PersonalbePatrizia Blanchetti darf nieder: „Als ich im März 2017 ist seit fünf Jahren angefangen habe, waren wir rund HR-Managerin 400 Mitarbeitende. Jetzt arbeiten des Brunecker im Headquarter Bruneck 880 Unternehmens Menschen, weitere 1.000 kommen Intercable. in der Slowakei und 150 in China dazu“, sagt Patrizia Blanchetti, HR-Managerin von Intercable. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres habe es bereits rund 100 Neuanstellungen gegeben. HOHER PERSONALBEDARF IN ALLEN BEREICHEN
Wie aber ist das auf einem leergefegten Arbeitsmarkt zu schaffen? „Oft bewirken wir tatsächlich fast Wunder“, lacht Blanchetti. Vor allem, weil Intercable einen hohen Personalbedarf in all jenen Bereichen hat, die als besonders problematisch gelten: etwa bei Fachkräften für die Fertigung, aber auch bei Fachleuten in Bereichen wie Ingenieurwesen, Maschinenbau, Mechatronik oder IT. „Doch wir müssen gegenüber unseren Kunden wie Daimler, Audi, BWW oder VW die termingerechte Lieferung der Produkte garantieren“, sagt die HR-Managerin. Wie schafft man bei Intercable also solch kleine und größere Wunder? INNOVATION UND UNTERNEHMENSKULTUR
Das wichtigste Ass, das die HR-Managerin im Ärmel hat, ist das Unternehmen selbst. Patrizia Blanchetti beschreibt es wie folgt: „Intercable ist ein Familienbetrieb, in dem Menschlichkeit und persönliche Beziehungen großgeschrieben werden. Wir haben einen sehr hohen Innovationsgrad und ein breites Tätigkeitsfeld mit vielen Entwicklungsmöglichkeiten.“ Da das Unternehmen so stark wachse, hätten Mitarbeitende, die eine neue Herausforderung suchen, auch sehr viele Möglichkeiten, in einen anderen Bereich zu wechseln. „Ihnen wird Verantwortung übertragen und sie haben die Möglichkeit sich einzubringen und die Entwicklung des Unternehmens mit-
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