Rückblick
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Ein Streifzug durch das Billeder Kirchenjahr
E
s gab viele Angebote das ganze Jahr über. Es begann im Winter mit der Kreuzwegandacht, die in der Fastenzeit am Sonntagnachmittag stattfand. Der Chor sang die schönen Fastenlieder, der Pfarrer ging von einer Station zur anderen und betete den Kreuzweg. Dann folgte der Karfreitag. Am Morgen fand die Karfreitagsmesse statt, nachmittags war die Grablegung. Das Heilige Grab befand sich links neben dem Haupteingang, das empfanden wir als einen sehr geheimnisvollen Ort, als wir noch Kinder waren. In der Nachkriegszeit war das Heilige Grab für ca. ein Jahr vorne in der Kirche, wo der Taufbrunnen stand. Da betete vermutlich so manche Mutter, die Mann oder Kind im Krieg oder in Russland verloren hatte. Die Einwohner von Billed waren straßenweise eingeteilt, zur Anbetung zu kommen. Die Schulkinder beteten den Schmerzhaften Rosenkranz vor, die Singmädchen sangen die „Fünf Wunden“ und die anderen Kirchenbesucher beteten ebenfalls. Das Heilige Grab war immer schön mit Frühlingsblumen geschmückt. Am Samstagabend war dann die Auferstehungsprozession, woran das ganze Dorf teilnahm. Der Weg führte mit Blasmusik durch bestimmte Gassen, in den Fenstern waren Kerzen angezündet worden. Die Maiandachten im Mai waren für viele Leute die schönste Zeit des Kirchenjahres. Diese Andacht besuchte ich schon mit meiner Urgroßmutter, um die schönen Marienlieder zu hören. Der erste Kantor, an den ich mich erinnern kann, war der Dorflehrer Herr Hager. Später dann, als Maria Jost, Susi Ballmann und Magdi Roos
Barbara Franz
und andere Kantorinnen waren, habe ich schon aktiv im Kirchenchor mitgesungen. Es sind sehr schöne Erinnerungen, die uns auch in der Zeit in der „neuen Heimat“ niemand nehmen kann. Ein großes Ereignis war in den letzten Jahren unsere Radna-Pilgerfahrt, so um den 15. August oder Anfang September. Früher pilgerten die Menschen zu Fuß oder mit dem Pferdewagen zu diesem Wallfahrtsort, in meinen jungen Jahren fuhren wir mit dem Zug. Zuletzt, bis zu meiner Ausreise, wurden Busreisen organisiert. Während der Fahrt wurde der Rosenkranz gebetet und gesungen. Der Kreuzweg in Radna führte leicht bergauf, ungewohnt für uns Bewohner der Ebene. An den einzelnen Stationen wurde gebetet und gesungen. Unvergesslich sind die Radna-Fahrten, an denen die Blechmusik teilnahm, unter der Leitung von Jakob Groß, weil sie religiöse Zeremonien musikalisch unterstützten, was dem Ganzen einen besonders feierlichen Rahmen verlieh. Im Oktober fanden dann die Rosenkranzandachten statt, die aber nicht so gut besucht waren. An Weihnachten wurde oft ein Krippenspiel aufgeführt, was immer als besonders empfunden wurde. Die altbekannten Weihnachtslieder kamen alle an die Reihe, u.a. „Der Friedensfürst“. Nach der Mette stieg die Solistin Hannelore Slawik (Ortinau) und / oder andere Musiker in den Kirchturm und spielten das weltberühmte, unvergleichliche Weihnachtslied „Stille Nacht“. Das sind meine schönen Erinnerungen an das Billeder Kirchenjahr, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.