vorwort des Kulturpreisträgers thamm Es hätte vom Timing her ja kaum besser laufen können. Wenige Tage vor Redaktionsschluss dieser edlen Jubiläumsabgabe reißt mich ein Phone Call aus dem fast schon hypnotischen Arbeitsflow. „Hallo, Herr Thamm, hier ist Lehner, Ihre Kulturbürgermeisterin!“ – „Frau Professor Lehner, wie schön, Sie wollen uns bestimmt zur 250. Ausgaben von curt gratulieren!“ – „Ja, also auch, na klar. Natürlich, stimmt ja, das ist ja jetzt.“ – „Ich muss jetzt dann auch direkt weitermachen, damit das Heft ganz supi wird.“ – „Ja, wieso ich eigentlich anrufe ... Sie sind Kulturpreisträger!“ – „... der Herzen, oder?“ – „Nein, nein, tatsächlich. Kulturpreisträger der Stadt Nürnberg. Herzlichen Glückwunsch!“ So, oder so ähnlich könnte es gewesen sein. Der eigentliche Preis, sagt der Chef, bestünde nun gar nicht primär in dem Geld, das mit dem Preis verbunden ist, Geld, sagt er, werde ohnehin überbewertet und verderbe den Charakter, wovor er mich, seinen Schutzbefohlenen, pflichtbewusst bewahren wolle. Er schiebt nervös zwinkernd einen Zettel mit seiner IBAN rüber. Der eigentliche Preis jedenfalls bestünde, in enger Absprache mit dem Amt für Kultur und Freizeit, in der einmaligen Möglichkeit, mich so prominent an dieser Stelle präsentieren zu dürfen. „Das curt-Vorwort, noch dazu zur Jubiläumsausgabe“, sagt er mit tränenerstickter Stimme. „Eine Ehre. Große Kraft, große Verantwortung. Ist mir nicht leichtgefallen“, sagt er, „aber jetzt schenk ich dir das. Zum Kulturpreis.“ – „Ich hab das beim letzten Mal schon gemacht“, sage ich, „und davor auch, glaub ich.“ – „Trotzdem“, sagt der Chef, lächelt ganz selig und legt mir väterlich eine Hand, nein, eine haarige Pfote auf die Schulter. „Mach das mal, bitte.“ Schweißgebadet fahre ich aus meinen wirren Träumen hoch. Wo bin ich, wo sind mein ergonomisches Nackenkissen und mein Kuschelhamster? Schadhaftes Gelächter dringt an mein Ohr, es riecht nach Alkohol, Hundefutter und Pizzabrötchen. Ich bin gar nicht daheim. Ich bin noch immer im Büro. Die Kolleg*innen feiern und trichtern Sekt von der Dachterrasse, während der Chef seinen vollständig entblößten Astralleib in ein selbstgeknüpftes Klettergeschirr schnürt und sich „Aus der Bahn!“-trällernd abseilt. Mit flinken Fingerchen befestigt er ein monumentales Transparent: „curt ist Kulturpreisträger!“, steht da. Das war also gar kein Traum. Das ist die Realität. Mannometer, denke ich. So ist das wohl jetzt. Noch nicht mal zweieinhalb Jahre in dieser Stadt, erst den prestigeträchtigsten Redakteursposten ergeiert, und jetzt das. Deshalb nur ganz kurz, aber notwendig an dieser Stelle: Der Dank gilt der Stadt Nürnberg, dem curt Magazin, Heimstatt aller Kultur!, und den Menschen, die das bezahlen, was da in meine leergefressenen Taschen fließt. Das seid ihr alle, die Menschen da draußen. Ohne euch wäre die Kultur eine traurige Veranstaltung. Und ohne euch gäbe es wohl auch dieses Heft #250 nicht. #232, als ich dazugestoßen bin. Ein Jahr lang war noch alles halbwegs normal, dann ging die Kacke aber mal so richtig los, und dass wir es bis auf diese Seite der Pandemie und bis zur #250 schaffen, das war in dieser Zeitspanne nie so klar, dass man sein Pausenbrot drauf ver-