Ausgabe III / 2022 Preis: 6,50 € Jung und frech 4. Ausgabe der ARTe Mehr„Ruhestörung“DiscoveryKunstuniversumPulsierendes35.WeltkinoTürenWhiskymesseDeutschlandsFrankfurt23.WiesbadenInterWhiskyältesteöffnetihreWiesbadenExgroundfilmfestArtFairFranfurtalseineInklusionsband Antony Jung Der Kicker aus SichBunteBewusstseinWeinMenschWiesbaden-Mitte14.TatorteRheingauvierteldemKunstKunstrundgangMarx!bestimmtdasReiterinderKunstbegegnen Wiesbadener*in Magazin für Kunst, KulTouren und Lebensfreude
Der Herbst gehört der Kunst, auf jeden Fall in Wiesbaden.„Awildbunch of older bad girls“ – noch bis Ende Oktober feiert der NKV mit Ausflügen nach Absurdistan zum 60. Geburtstag von FLUXUS die Avantgarde-Frauen der Bewegung. Fluxus? „Wenn Du es verstehst, ist es zu spät“, meinte Veteran Willem de Ridder (S. 14). Emotionen, Reisen zu sich selbst und Natu rerlebnisse erwarten die Kunstinteressenten bei den 14. Tatorten Kunst am 29. und 0. Oktober 2022 von 12 – 18 Uhr in den Ateliers von Wies baden Mitte und Rheingauviertel Hollerborn (S. 22). Mit junger und frecher Kunst will die Kunst messe ARTe vom 2. Bis 4. September im RMCC die Besucher begeistern (S. 20). Ähnliches hat auch die diesjährigen Discovery Art Fair in Frankfurt vor (S. 26). Während das Internationale Trickfilmfestival dieses Jahr bereits im Sommer stattfand, prä sentiert exground filmfest wie gewohnt im No vember in seiner 5. Ausgabe wieder lange als auch kurze Werke in den Gattungen Spielfilm, Dokumentarfilm, Animation und Experimentalfilm (S. 24).
Wer es etwas hochprozentiger liebt, der wird auf jeden Fall bei der 2. Ausgabe der Inter whisky in Frankfurt fündig (S. 8).
wiesbadener*in III/2022 menschen & meinungen Wo alles begann! S. 4 Leinpfad Verlag S. 6 Starke Weibs-Bilder S. 7 Gaumenkitzeleien InterWhisky 2022 S. 8 schatz & schätze Goldschmiede feilgold S. 10 kultur & kreatives Ruhestörung S. 11 Im Dickicht der Kultur S. 12 Fluxus-Frauen S. 14 Bunte Reiter S. 16 „Musik ist mein Leben“ S. 19 ARTe Wiesbaden S. 20 TatOrte Kunst 2022 S. 22 5. exground S. 24 Discovery Art Fair S. 26 Mensch Marx! S. 28 NKV hat Geburtstag S. 1 Abschied mit Aussicht S. 2 Tanzkongress Mainz S. 40 Kulturfonds S. 41 Theaterdonner S. 42 tanzhaus nrw S. 4 Theater Saarbrücken S. 44 Tarbut S. 26 magazin KulTouren S. 4 Zusammenleben Leonardo 2022 S. 47 Inhalt IMPRESSUM: Herausgeberin, Gesamtkoordination & Gestaltung: media futura • Inh. Petra Esser • Mittelstraße • 56856 Zell/Mosel • Tel. 06542.954.00.80 • Fax: 06542.954.00.79 • www.media–futura.de • mail@media–futura.de • Gestaltung: Petra Esser • Redaktion: Petra Esser, Tobias Mahlow, Gesine Werner, Konstantin Mahlow • Anzeigenleitung: Tobias Mahlow • Titelbild: Esther Ferrer, Piano con alas, 1986, © Giorgia Palmisano, Courtesy Archivio Conz Berlin• Vignetten: Bernd Schneider • Druck: Printgroup GmbH & Co. KG, 97526 Sennefeld • Redaktionsschluss für die Ausgabe IV/2022: 15.11.2022 • Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages • alle Fotos und Logos wurden uns – wenn nicht anders dokumentiert – von den porträtierten Personen/Institutionen zur Verfügung gestellt.
Das und einiges mehr bietet das vorliegende Magazin. Da wünschen wir Ihnen wir immer viel Vergnügen mit Kunst, Kultur und Kulinarik in diesen aufregenden, unruhigen Zeiten.
Acht leidenschaftliche Musiker:innen mit einer sogenannten geistigen Beeinträchtigung sind Mitglieder der Band „Ruhestörung“ aus Wiesbaden, die seit über zehn Jahren im RheinMain Gebiet auftreten. Und auch dieses Jahr ist sie wieder Special Guest im Programm der Schatzkistenparty für Menschen mit und ohne Handicap: am . September 2022 im Kulturzen trum Schlachthof (S. 11). Unsere Buchempfehlung für den Herbst: „Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte“ von Jens Baumeister – eine wunder bare Gelegenheit, den Menschen Marx kennen zu lernen und zu erfahren, wie eines der ältesten Kulturgetränke der Menschheit eine nachhaltige politische Wirkung erzielte (S. 28).
„Das Licht im Oktober“ ist der Titel des Werkes von Elmira Wilms, zu sehen im Rahmen der Kulturtage AKK in der KünstlerKoalition-Synergie des Kastel-Kostheimer Künstler-Trios aus der Malerin Elmira Wilms, des Musikers Michael Protzen und des Autor Stefan Simon. Mehr unter: kuenstler-koalition-synergie/www.kulturtage-akk.de/events/
menschen & meinungen
W: Hi Anthony! Du bist hauptberuflich Fußballspieler, hast aber vor kurzem das Amadeus in Wiesbaden übernommen. Dass Fußballer in die Gastronomie investieren, ist nichts Außergewöhnliches – wieso aber ausgerechnet dieses Restaurant?
W: Der da wäre?
D
Der Kicker aus dem Rheingauviertel
4 wiesbadener*in III/2022
ie Straßen im Wiesbadener mögenRheingauviertelrausein,doch
die Pflastersteine und der enge Verkehr konnten Anthony Jung auf dem Weg zum Fußballprofi nicht aufhalten. Heute spielt der 30jährige in der Bundesliga für Werder Bremen, kehrt aber schon jetzt wieder zurück in sein altes Viertel: als Restaurantbetreiber des Amadeus. Der WIESBADNER hat sich mit dem Jung(en) aus dem Viertel über sein zweites Standbein in der Gastronomie unterhalten.
AJ: Genau, meine Mutter ist wie gesagt die Geschäftsführerin und ich der alleinige Gesellschafter. Dazu arbeiten noch meine Schwe ster Alina und einige Cousinen hier..., es ist ein richtiges Familien projekt. Der Name Amadeus und das Ambiente wird so beibehalten werden, damit die Stammgäste sich auch weiterhin wohl fühlen. Natürlich wollen wir aber auch unseren eigenen Touch miteinbringen.
AJ: Ich bin in Spanien geboren, meine Mutter lebte eine Zeitlang in Spanien. Wir wollen da ein ge wisses kulinarisches Flair mitein bringen, Tapas, Paella..., aber alles peu a peu.
Wo alles begann!
AJ: Ich bin im Rheingauviertel auf gewachsen. Meine Mutter, die jetzt die Geschäftsführung übernimmt, kommt aus der Gastronomie. Für uns hat sich da einfach eine gute Möglichkeit in unserer Heimat stadt ergeben, eine Chance, die wir nutzen wollten. Am Ende ging alles sehr schnell: Die vorherigen Eigentümer hörten auf und über einen Kontakt ist es zu dem Kauf gekommen. W: Das Amadeus ist jetzt also ein Familienbetrieb?
W: Wegen deiner Karriere als professioneller Fußballspieler hast du in Leipzig gewohnt, in Ingolstadt, in Brøndby in Dänemark und aktuell in Bremen. Kann man trotzdem sagen, dass du ein Wiesbadener Junge bist?
AJ: Auf jeden Fall. Ich bin hier immer noch sehr verwurzelt. Als Kind habe ich auf der Straße im Rheingauviertel gekickt, meine Frau ist Wiesbadenerin, ich habe Familie und Freunde hier. Als ich 2005 zur Eintracht nach Frankfurt gewechselt bin, habe ich weiter in Wiesbaden gewohnt und bin immer mit der S-Bahn gependelt, auch noch im Herrenbereich. Das ging dann natürlich nicht mehr, als ich 201 nach Leipzig gewechselt bin.
AJ: Mal sehen was noch kommt, das kann man jetzt schlecht vo raussagen. Allerdings: Kaffee ist ein großes Hobby von mir. Vielleicht werde ich also mal als Barista hinter dem Tresen stehen (lacht). Das liegt aber alles noch in der Zukunft. Jetzt konzentriere ich mich erst einmal darauf, mit Werder eine gute Saison zu spielen und am Ende die Klasse zu halten.
menschen & meinungen
AJ: Meine Mutter hatte mich als Kind beim 1. FC Nord Wiesbaden zwangsangemeldet (lacht). Ich sollte wohl einfach eine Beschäf tigung haben. Mit dem Wechsel nach Frankfurt wurde es dann langsamer ernster, und mir wurde klar, dass ich Profi werden könnte.
W: Wie bist du überhaupt zum Fußballspielen gekommen?
W: Wenn die vorbei ist, folgt dann eine Laufbahn in der Gastronomie?
W: Wir wünschen dir und Werder viel Erfolg dabei! Text: Konstantin Mahlow Foto: Werder Bremen Zur AnthonyPerson:Jung wurde 1991 in Villajoyosa in Spanien geboren und wuchs in Wiesbaden auf. Nachdem er für mehrere Ver eine in der Landeshauptstadt spielte, wechselte er 2005 erst zur Eintracht und später zum FSV Frankfurt. 201 folgte der Wechsel in die Dritte Liga zu RB Leipzig. Bei seiner Leihe zum FC Ingolstadt 2016 sammelte er die ersten Erfahrungen in der 1. Bundesliga. 2017 ging es für vier Jahre in dänische Liga zum Brøndby FC, mit dem er 2021 Meister wurde. Das Jahr danach wechselte er zu seinem jetzigen Verein Werder Bremen, wo der Linksverteidiger noch einen Vertrag bis Sommer nächsten Jahres hat. Im Mai gelang der Aufstieg in die 1. Liga. Den Auf stieg in die Beletage der Wiesbadener Gastronomie voll zieht Jung nebenbei mit Unter stützung seiner Familie.
Mein großer Förderer war und ist mein Großvater. Er hat mir sehr geholfen in meiner Karriere.
In 25 Jahren 291 Bücher verlegt: Die Verlegerin Angelika SchulzParthu hat bewiesen, dass man mit einem regionalen Verlag nicht nur überleben, sondern auch erfolgreich sein kann. 25 Jahre Leinpfad-Verlag – und nun dürfen andere den Betrieb weiterführen. Zum Abschied hat der WIESBADENER ein paar Fragen an die umtriebige Unternehmerin.
6 wiesbadener*in III/2022
Der kleine Verlag mit dem großen regionalen Programm menschen
Was war dein erster Titel?
Leinpfad Verlag & meinungen
bücher, Kinderbücher, Wander- und Ausflugsführer, Krimis. Wie kam es zu den Kochbüchern mit regionalen Tapas? Das Thema lag 2012 in der Luft – die ersten Straußwirtschaften boten regionale Tapas oder Finger Food o.ä. an. So erschienen im August 2012 die‚ Rheinhessischen Tapas‘ und verkauften sich sofort toll, inzwischen in der 6. Auflage. Ein halbes Jahr später kamen dann die ‚Pfälzer Tapas‘. Inzwischen haben wir Tapas-Kochbücher für alle Wein bauregionen mit einer Gesamtaufla ge von 40.000 Ex. vorgelegt.
Was hat dich dazu bewogen, Ver legerin zu werden? Es war mein Traumberuf. Ich musste mich nur trauen! Denn vor Augen hatte ich lange Zeit nur die großen Verlage und dann wirkt die Grün dung eines eigenen Verlages ja fast größenwahnsinnig. Aber ein Besuch auf der Mainzer Minipressenmesse hat mir dann wunderbare Gegenbei spiele gezeigt: Verleger*innen, die halbtags woanders arbeiten z. B. Also habe ich mich 1 Jahr beurlau ben lassen. Und noch während des Jahres gemerkt: Es könnte klappen und habe gekündigt.
Bei welchem Titel wusstest du von vornherein, dass er erfolg reich sein wird?
Der 1. Farbfotoband ‚Ingelheim am Rhein‘ (es gab zwanzig Jahre lang keinen) und das Kinderbuch von (damals noch) Ulla Sandrock, der späteren Ehefrau von Jürgen Klopp: “Elli und Pit. Oder wer ist der beste Torhüter von Mainz 05“. Was war dein Bestseller/deine Bestseller? ‚Das kleine Ingelheimer Spargel buch‘ mit Rezepten von Michel König, der damals Küchenchef bei Boehringer Ingelheim war. Die Re zepte waren klasse und das Buch ist sehr schön geworden. Kurz: Die Firma Boehringer hat ca. 10.000 Exemplare gekauft und an Kunden verschenkt. Und welches war ein echter Flop (quasi unverkäuflich)? Einige Bücher blieben deutlich hinter meinen Erwartungen, z.B. gleich das erste. Und manchmal war ich von meinen Büchern begeisterter als die Leser*innen … Meistens jedoch haben sich Tops und Flops immer schön abgewechselt und wir haben insgesamt schwarze Zahlen geschrieben. Schreibst du selbst? Nur Klappen- und PR-Texte. Einmal eine kleine Fachkunde für ein Spar gelbuch. Was ist – abgesehen von deinen Titeln – deine Lieblingslektüre? Das wechselt täglich - ich habe 80 Meter gut gefüllte Bücherregale … Im Moment begeistert mich die Old Filth-Trilogie von Jane Gardam. Was machst du nach dem Verkauf deines Verlages? Die Familiengeschichte aufarbeiten: Beide Familien waren Flüchtlinge (früher: Heimatvertriebene) – darü ber möchte ich mehr wissen.
1997 Carlo von Erlanger: ‚Wie ein Blick in die Lande eines schöneren Edens. Zwei Expeditionsberichte‘ von ca. 1900 – mein erster Flop. Wie hast du eine Autor:innen gefunden? Oder war es umgekehrt, und sie haben dich gefunden? Meistens habe sie mich gefunden, den Kontakt aufgenommen und mir Manuskripte geschickt. – Die erste Ausnahme war das Kochbuch ‚Lust auf Rheinhessen‘: Dafür hatte ich Weingüter aufgefordert, mir ihre besten Rezepte zu schicken. Ein Hintergedanke dabei war, dass damit auch das Marketing auf viele Schultern verteilt wurde. Viel wich tiger jedoch war, dass die Rezepte sehr authentisch waren. Dieses Prin zip habe ich dann öfter angewandt, auch bei den ‚Rheinhessische Ta pas‘, ‚Mosel Tapas‘ usw. Schwerpunkte deines Pro grammes? Erstens die Regionalität, hauptsäch lich Rheinhessen. Regionale Koch
Zwei weibliche Fluxuslegenden von über 80 zarten Lenzen: Takako Saito entzückt mit ihrer open Air performten „Headmusic“ und Mutter Gaia, alias Mary Bauermeister, lehnt schmunzelnd an der Hauswand des Nassauischen Kunstvereins und guckt zu.
menschen & meinungen
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Gendern in Absurdistan: Mit der Forderung, auf Sparkassenfor mularen nicht als „Sparer, Kunde, Kontoinhaber“ aufzutauchen, klagte sie erfolglos vor dem BGH. Der lehnte mit der Begründung ab, die männliche Formulierung könne als „geschlechtsblind“ gelten. (Heft Marlies4/2021)
way hatte die Autorin Mitte der Achtziger vier Jahre (!) mit der Uni Frankfurt/Main um ihr ge schlechtsadäquates Diplom kämp fen müssen. Ging dann plötzlich Unterauch.
Auch die Saarländerin Marlies Krämer ist eine „starke Frau“, die sich immer wieder ungewollter „Ge schlechtsumwandlung zum Mann“ entgegenstemmt. Von wegen „Frauen sind nicht der Rede wert“.
der gewitzten Titulierung „Die Recht-Inhaberin“ widmete Lena Giovanazzi kürzlich im Magazin der „Süddeutschen“ der „dezidiert mün digen Bürgerin“ eine umfängliche „WerHommage.sichnicht wehrt, lebt ver kehrt!“ In ihrer autobiografischen Erzählung „Tausend und ein Leben“ (Conte Verlag) berichtet Marlies Krämer in assoziativen Bögen von ihren Erfahrungen als Stadträtin, als Küchenhilfe der Uni-Mensa Saarland, an der die Seniorin dann ohne Abitur ein Studium der Sozio logie absolvierte. Sie setzte sich erfolgreich ein für die gleichberechtigte Namensge bung beim Wetter – zuvor trugen die Tiefs Frauennamen und die Hochs bekamen Männernamen. Marlies Krämer gratulierte Hillary Clinton (!) zur Wahl von Bill zum Präsidenten der USA.
„Du arbeitest ohne Erfolgsdruck. Deine vier Nebenjobs bieten Dir eine Abwechslung zur Kunstwelt. Du weißt, dass Deine Karriere nach achtzig richtig losgehen könnte. Ganz egal, welche Art von Kunst Du machst: Du kannst sicher sein, dass diese als feminin bezeichnet wird. Du sitzt nicht auf einem unbe fristeten Lehrstuhl fest. Du siehst, wie Deine Ideen in den Arbeiten Anderer weiterleben. Du kommst nicht in Verlegenheit, als Genie bezeichnet zu werden. Du wirst in Kunstzeitungen abgebildet – als Gorilla verkleidet.“ Es hat auch nur schlappe sechzig Jahre gedauert, bis die starken Weiber von FluxUs gewürdigt wur den: Nicht nur „bad boys“, auch bad girls haben die künstlerische Landschaft in den Sechziger Jahren revolutioniert (siehe „Flu xusfrauen“). „Art is what you do surprise yourself“ ist das Motto von Fluxus-Legende Takako Saito. Die hurmorvolle Japanerin ist neben Mary Bauermeister, Yoko Ono und Alison Knowles – die zum Goldjubi läum 2012 in Wiesbaden ein letztes Mal auftrat – die letzte lebende Fluxusvirtuosin der ersten Stun de. Takako steuert kregel auf die Neunzig zu und war zum Jubiläum „Fluxus Sex Ties“ in die Fluxuswie ge Wiesbaden gereist. Verschmitzt lächelnd, performte sie open Air ihre legendäre „Headmusic“. Mut ter Gaia, alias Mary Bauermeister, sowie Kollegin Ann Noel nebst Flu xus-Mitgründer Eric Andersen aus Dänemark guckten zu.
Krämer hat eine Biografie über ihren verstorbenen Lebensge fährten Günter Meyer geschrieben, eine „Liebeserklärung“ an den ex zellenten Film-Beleuchter („Rosen für den Staatsanwalt“), dessen Name auf keinem Abspann genannt wird. Der Verlag bezeichnete sie als „der Autor“ und verweigerte die zutreffende Bezeichnung als „die Autorin“. Gendern in Absurdistan, siehe oben. Konsequenz: Das Ma nuskript forderte Marlies Krämer zurück. Gesine Werner, geprüfter Mann und Diplompädagogin
„Besser gleich berechtigt als später“ war in den Achtzigern ein Slogan der Frauenbewegung. Heute sind wir Weibs-Bilder längst gleichberechtigt – in Beruf, Familie, Gesellschaft und in den Künsten sowieso. Schon in den Achtzigern wurden „Die Vorteile eines Künstlerinnen-Da seins“ als ––Nachricht“„Öffentlich-rechtlichevondenGuerillaGirlsdasGewissenderKunstweltpostuliert.
Der „Inhaber“ eines Reisepasses wollte alleinerziehende Mutter von vier Kindern nicht sein, blieb jah relang ohne das Dokument und erreichte über EU-Verhandlungen die Formulierung „Unterschrift der Inhaberin/des Inhabers“ in Perso nalausweis und Reisepass. Geht Bydoch.the
Von starken Weibs-Bildern & ihren Privilegien
Frauen kommen nicht in Verlegenheit, als Genie zu gelten
Endlich wieder zusammenkom men, gemeinsam mit Freunden einen Ausflug machen und gleich zeitig erfahren, welche Neuheiten die Whiskybranche in den ver gangenen Monaten hervorgebracht hat. In diesem Jahr begrüßt die InterWhisky nahezu alle Aussteller aus dem Whisky-Segment und bietet demnach unzählige Möglich keiten an Whisky-Verkostungen mit der Gelegenheit, die ein oder andere Neuheit zu probieren und zu erwerben.
In diesem Jahr lädt die internationale Whiskymesse InterWhisky am ersten Wochenende im Dezember nach Frankfurt ein. Der perfekte Zeitpunkt, um bei einem Whisky der nationalen sowie internationalen Aussteller dem vorweihnachtlichen Stress zu entfliehen. Die Besonderheit der Messe ist die Zelebrierung der Whisky-Kultur in all Ihren Facetten.
So treffen während der dreitägigen Messe Einsteiger, Liebhaber, Profis, Experten und viele weitere Persönlichkeiten aufeinander, um sich auszutauschen. Die InterWhisky findet an insgesamt drei Tagen im Gesellschaftshaus des Frankfurter Palmengarten statt.
gaumenkitzeleien
8 wiesbadener*in III/2022
InterWhisky 2022 vom 02. – 04.12.2022
Drei Tage Whisky-Kultur im Gesellschaftshaus Palmengarten
Auch im Jahr 2022 präsentieren wieder zahlreiche Aussteller die neuesten Whisky-Qualitäten
2. Halbzeiten einzuteilen, um die Besucherströme aufzugliedern, hat sich dabei als sinnvoll erwiesen. So können Engpässe umgangen werden und es entstehen bessere Möglichkeiten, die unterschied lichen Whisky-Qualitäten an den Ständen zu verkosten. Dabei ist es jedem möglich, auch den ganzen Tag zu buchen. Seminare und Masterclasses von Whisky-Experten Mit der 2. Auflage in diesem Jahr ist sie nicht nur die älteste und größte Whiskymesse Deutsch lands, sondern auch ein großes Fest für die gesamte Whisky-Sze ne. Das Programm der Messe beinhaltet u. a. zahlreiche WhiskySeminare sowie weiterführende „Master Classes“ und „GRAND
Der Whiskygenuss im Festsaal sowie der großzügigen Galerie des Gebäudes stellt dabei ein besonderes Highlight dar. Das Konzept, von vergangenem Jahr, die Messe am Samstag in
Master Classes“ bei denen sowohl Einsteiger wie auch Profis allerlei über den Whisky erfahren und erlernen können –natürlich bei gleichzeitiger Verkostung unterschiedlicher WhiskyQualitäten der jeweiligen die Messestän de von nahezu allen namhaften Whisky-Marken, die zahlreiche Abfüllungen und Informationen für die neugierigen Besucher:innen bereithalten.
Wissenswertes
Ein besonderes Highlight für Aco finados ist die Zigarrenlounge mit Zigarren von Balmoral der Scan dinavian Tobacco Group, dem größten Hersteller von Zigarren und Pfeifentabak der Welt. Zudem übernimmt der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Indus trie und Importeure e.V. (BSI) die Schirmherrschaft über das Event. Wir freuen uns auf ein großes Wiedersehen der Whisky-Szene im vorweihnachtlichen Frankfurt. Hohloch
Für alle, die an diesem Abend nicht dabei sein können, gibt es auf dem Messegelände jeden Tag Köstlich keiten aus der schottischen und irischen Küche, die eine optimale Begleitung zu den Whisky-Quali täten darstellen.
Johannes
gaumenkitzeleien Dabei entsteht die Möglichkeit im direkten Austausch mit Markenbotschaftern – wie Laphroaig Brand Ambassador Mark Armin Giesler – Whiskys zu verkosten und zu erwerben 23. Freitag,Öffnungszeiten*60325Palmengartenstr.PalmengartenGesellschaftshausVeranstaltungsortDezembervomInterWhisky02.–04.202211FrankfurtamMain02.Dezember:14.00-21.00 Uhr Samstag, 03. Dezember: (1. Halbzeit) 11.00 - 15.30 Uhr (2. Halbzeit) 16.00 - 21.00 Uhr Sonntag, 04. Dezember:12.00-18.00 Uhr *Änderungen der Öffnungszeiten Tickets,Informationen,vorbehaltenTipps& mehr: www.facebook.com/InterWhiskywww.interwhisky.com
DazuDestillerie.kommen
Whisky Talk & Finest Scottish Food Am Freitagabend, dem ersten Messetag, wird in diesem Jahr ein neues Konzept Einzug halten. Ziel ist es, an einem Abend die WhiskyKultur in all ihren Facetten zu erle ben. Unter dem Titel Whisky Talk & Finest Scottish Food findet ein gesellschaftlicher Abend im Fest saal des Senckenbergmuseums statt, der alles Begehrenswerte rund um das Thema Whisky und seine Herkunft vereint. Dazu gibt es ein schottisches Flying-Menü in lockerer Atmosphäre. Ab Okto ber können dafür Tickets auf der Homepage der InterWhisky erwor ben werden.
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Energie der Szene „Man spürt die Energie, die die InterWhisky auf die Szene aus übt.“ So Gründer und Ideengeber Christian H. Rosenberg. Und wei ter: „Wir freuen uns pünktlich zur besinnlichen Zeit auf ein großes Stelldichein der Whisky-Branche, das weder Whisky- noch ZigarrenLiebhaber verpassen sollten und bei dem jede:r Willkommen ist.“
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Die Kurse können ab sofort ge bucht werden! Inhaber*innen von Gutscheinen werden bevorzugt. Gutscheine der Goldschmiede feil gold – ein wunderbares Geschenk zu (fast) jedem Anlass und zu jeder Jahreszeit passend. Für die Be schenkten bereits ist der Gutschein ein schönes Geschenk, aber am Kurs teilzunehmen ist noch besser. Also ein Geschenk mit doppeltem DieGlücksgefühl!Kurse„aus Alt mach NEU“ finden in nächster Zeit nicht mehr statt, werden aber in 202 ersetzt durch vierteljährlich Goldschmiedekurse.stattfindendeTerminekön nen auch jederzeit der Webseite entnommen oder telefonisch ange fragt Besonderswerden.beliebt sind auch die Trauring- oder Paarkurse. Was gibt es Schöneres als selbst gefertig te Ringe oder Schmuckstück für besondere Anlässe, wie Hochzeit, Verlobung, Jahrestage und der gleichen? Unter fachkundiger An leitung der Goldschmiedemeisterin Susanne Geiger fertigen Paare ihre Schmuckstücke, um ihre besonde re Verbindung zu wür digen. Die Termine hierfür werden stets individuell vereinbart. Aber auch alle ande ren, die lieber durch das Handwerk ent standene Schmuck stücke bewundern, als selbst Hand anzulegen, werden in der Goldschmiede fündig – ob bereits gefertigte oder nach eigenen Entwürfen oder Ideen entstehende Stücke – bei Susanne Geiger sind alle gut aufgehoben. Nach zweijähriger Coronapause findet am 5. November 2022 nun endlich wieder die Jahresaus stellung der Goldschmiede feil gold statt. Wer die vorangegangenen Jahres ausstellung und Susanne Geiger kennt, weiß, dass es stets ein kleines, feines Programm gepaart mit viel aktuell entstandenem Schmuck geben wird. Alle anderen sollten die Ausstellung auch auf keinen Fall verpassen. Das Programm wird auf der Webseite zu finden sein: www.feilgold.de alle Fotos: feilgold Die Goldschmiedemeisterin veröffentlicht regelmäßig neue Kreati onen auf Instagram. Folgen sie ihr! feilgolddewerkstattGoldschmie me. Susanne Geiger Am Schlosspark 103 65203 www.feilgold.deinfo@feilgold.de0611-45032860171-3134456Wiesbaden
Der Sommer neigt sich dem Ende zu, der Herbst ist schon in Sicht, die Tage werden langsam kürzer – für die einen ein Segen, für die anderen ist das Bedauern größer. Wie auch immer, es ist der Lauf der Dinge und jede Jahreszeit hat ihre schönen Seiten (meistens)!
schatz & schätze
Schmuckfeilgoldaus der Goldschmiede für alle Gelegenheiten und alle Jahreszeiten Goldfisch zum Anhängen Opal-Brosche auf Amboss
Zu den schönen Dingen – ganz gleich zu welcher Jahreszeit – ge hören eindeutig die Angebote der Goldschmiede feilgold in Wiesba Nebenden-Biebrich.exzellent und exklusiv ge fertigten Schmuckstücken aus der Hand der Goldschmiedemeisterin Susanne Geiger können Interes sierte in einem der Goldschmiede kurse auch selbst Hand anlegen. Drei Wochenendkurse stehen hierfür im Herbst zur Verfügung: 16. &17. September 2022 14. & 15. Oktober 2022 11 & 12. November 2022
wiesbadener*in III/2022 11 Acht leidenschaftliche Musiker:innen mit einer sogenannten geistigen Beeinträchtigung sind Mitglieder der Band Ruhestörung aus Wiesbaden, die seit über zehn Jahren in der Landeshauptstadt und im Rhein-Main Gebiet die öffentlichen Bühnen bespielen. War die Band anfangs noch ein inklusives Projekt, in dem Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen Musik machten, entwickelte sie sich bereits nach kurzer Zeit frei selbstbestimmt weiter. Bei der Band RUHESTÖRUNG liegt der kreative Prozess und seine Umsetzung komplett in den Händen von Menschen mit einer sogenannten geistigen Beeinträchtigung – eine Beson derheit in der Musikszene nicht nur in Wiesbaden, sondern deutschlandweit.
Im Kulturzentrum Schlachthof Wiesbaden ist die Band regelmäßig Special Guest im Programm der Schatzkistenparty für Menschen mit und ohne Handicap: in diesem Jahr am 3. September 2022 um 19 Uhr zur großen Open-Air-Party. Nicht nur ihre Setlist stellen die Bandmitglieder selbst zu sammen. Neben gängigen Songs aus den Charts gehört seit einiger Zeit auch das selbstgeschriebene Stück „Fire into the engergy“ dazu. Die kreativen Möglichkeiten der digitalen, elek tronischen Welt haben das Musikschaffen der Band erweitert.
kultur & kreatives Musik kennt keine Handicaps „RUHESTÖRUNG“ ist mehr als eine Inklusionsband jekte-der-evim-behindertenhilfe/www.evim-spenden.de/spendenprojekte/die-kulturprohttps://www.facebook.com/ruhestoerung.evim/
Der Frontman zum Beispiel macht Musik auf dem Tablet und hat dabei eine Fingerfertigkeit entwickelt, die in Verbindung mit der mitreißenden Bühnenshow Menschen in Erstaunen ver setzt. Für ihre Performance und ihren Erfolg arbeiten sie hart und proben wöchentlich – auch während der Pandemie. Musikalisch haben sich die Mitglieder beachtlich weiterent wickelt, wobei diese Prozesse bei Menschen mit einer soge nannten geistigen Beeinträchtigung häufig etwas zeit-intensiver ablaufen. Davon haben sich Kay-Uwe Gebert und Robert Portz, die zwei Urgesteine und Gründungsmitglieder von Ruhestörung nie entmutigen lassen. Wer sie auf der Bühne gesehen hat, weiß, wie viel Enthusiasmus und Liebe zur Musik in ihnen steckt. Zusammen mit Wenzel Friebe am Schlagzeug, Stefan Bausch an der Gitarre und Jessica Gottfried, Stefanie Bürger, Manuel Weigelt und Etienne Glaster an den Mikro fonen haben sie jede Menge Songs einstudiert und performt. Mit Markus Schmidt stieg 2021 ein weiterer hochtalentierter Gitarrist bei der Band ein. Im Lockdown waren die Möglichkeiten der digitalen Welt maß geblich daran beteiligt, dass die Band nicht auseinanderbrach. Unterstützt von den Organisatoren der Band Erik Hesse und Edgar Slatnow, trafen sich die Bandmitglieder in Chaträumen, um sich auszutauschen und der drohenden Verein samung entgegenzuwirken. Die beiden Mitarbeiter der EVIM Behindertenhilfe – Evangelischer Verein für Innere Mission in Nassau – unterstützen die Band logistisch und pädagogisch beim Auf- und Abbau des Equipments zusammen mit dem Roadie Hans-Jürgen Kohlstetter, der von der EVIM Behinder tenhilfe betreut wird. Alle Fotos: EVIM, Schatzkistenparty
Neben Auftritten bei Stadt- und Stadtteil festen, Inklusionsveranstaltungen oder wie im Juli 2022 beim Nachhaltigkeitstag an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden sind die „Ruhestörer“ regional und überregional unterwegs.
Im Dickicht
kultur & kreatives
Der „freie Zusammenschluss aus Schauspieler:innen, Regisseur: innen, Musiker:innen und Autor:in nen“ fungiert als eine Art Produkti onsgemeinschaft. Die unterschied lichen Köpfe hinter dem Dschungel sorgen für ordentlich Abwechslung auf der „wilden Bühne“ - natürlich unter freiem Himmel und inmitten von „üppig grünen Wildwuchs“.
Die parkähnliche „Freizeiteinrich tung Unter den Eichen“ war in Wiesbaden früher mal so etwas wie ein Geheimtipp, den glücklicher weise die Kunst für sich entdeckte.
Seit Mitte Juli laufen hier bereits verschiedene Bühnenevents, doch auch den gesamten September über lohnt sich noch der Ausflug in die grüne Oase. So laufen am 26. und 27. August und damit noch gerade rechtzeitig für unsere Leser die beiden letzten Vorstellungen von „Hin und Her“ nach Ödön von Horväth – eine „groteske Komödie über den Irrsinn der Bürokratie und das Schicksal eines Menschen, der unfreiwillig sein zur Heimat gewordenes Land verlassen muss.“ Ein Geschäfts mann, der bei seiner Abschiebung nicht so richtig durchblickte, hängt im Transit fest und wandert zwi schen den Grenzposten hin und, Sie ahnen es, her. Dabei ist er nicht der Einzige, der regelmäßig das Ufer wechselt, wie er bereits nach kurzer Zeit feststellen muss. Die unterhaltsame Komödie stammt aus dem Jahr 19 und kommt den Zuschauer doch erstaunlich aktuell vor. „Impromptu – spiel oder stirb!“ erscheint ein letztes Mal am 28. August. Eine Gruppe chaotischer Schauspieler soll im 17.Jahrhun dert die gelangweilte Mätresse des Königs bespaßen, hat für die Vorbereitungen aber nur wenige Stunden Zeit. Zum Glück hatten die Schauspie ler:innen des Sommertheaters mehr Luft zum Proben, weshalb hier ein sehenswertes Stück auf die Gäste wartet. „Was geschieht, wenn ich meiner Seele ein Sonett Shakespeares als Spiegel vorhalte?“ ist wiederum eine Frage, die sich wirklich jeder von uns schon einmal gestellt hat. In „I AM WILLIAM!“ versuchen sich der Kultur
12 wiesbadener*in III/2022 Am Rande der Landeshauptstadt, wo sich Stadt und Natur gegenüberste hen, hat das „Sommertheater Nerotal“ eine neue Heimat gefunden: im „Kultur-Dschungel“ erwartet die Gäste ein verwun schener Ort mit abwechslungs reichem Programm. Ein kleines, naturnahes Wald stück, nur einen Steinwurf von der Hektik der Großstadt entfernt.
Durchzogen von Installationen und außergewöhnlichen Kunstobjekten, voller kleiner Wege und möglichen Entdeckungen. Und einem Amphi theater als Mittelpunkt dieses ein zigartigen Ortes, der von sich aus schon das Kunststück vollzieht, die pulsierende, lebendige Kraft der Kunst mit erholsamer Ruhe inmit ten von Urbanität zu vereinen. Das alles bietet der „Kultur-Dschungel“ - etwas versteckt in der Nähe der Hochschule Rhein-Main und den noch mitten in der City. Hier fühlen sich nicht nur Flora und Fauna wohl, sondern auch das „Sommer theater Nerotal“, das noch bis zum 1. Oktober mit einem vielseitigen Programm lockt. „Wildes Herz – freier Geist“ – unter diesem etwas pathetisch wirkenden Motto lädt der Kultur-Dschungel in seine Wildnis ein. Das Sommerthe ater Nerotal hat hier einen beson deren Ort der Entfaltung gefunden.
vier Menschen an ihr – nicht ohne Folgen: „Schon bald beginnen Traum und Albtraum ihre Partie um die Vormacht über die Sinne rücksichtlos in den Kammern der Herzen auszutragen. Die Welt, wie sie war, verschwindet und was entsteht, ist die allesentscheidende Frage: „Was werde ich in mir und ineinander entdecken?“ Wer sich mit auf di ese „fantastische Reise“ begeben möchte, hat an jedem Wochenende im September die Möglichkeit dazu. „Die kalte Sonne – Phaeton und Persephone“ ist eben falls noch einige Male zu sehen, darunter auch in der letz ten Aufführung für diese Saison überhaupt am 1. Oktober. In dieser Liebesgeschichte aus der griechischen Mythologie finden zwei zueinander, die nicht zueinander hätten finden sollen – war unter anderem den großen Hades verärgert: „Phaeton lebt als Sohn des König Merops und wird auf sein Leben als künftiger Herrscher vorbereitet, was ihm gar nicht behagt. Er flieht vor der Verantwortung und trifft auf Kore alias Persephone, die wieder einmal in die Unterwelt herab steigen muss, wie es der Vereinbarung auf göttlicher Ebene entspricht. (…) Können die beiden ihrem vorgezeichneten Schicksal entrinnen und gibt es eine Hoffnung darauf, dass sie das Unmögliche möglich machen?“ Eine Frage, die auf jeden Fall noch vor der Winterpause geklärt werden muss. Denn schon bald wird es wieder so weit sein: Die Blätter unter den Eichen werden braun, die Wildnis um das Am phitheater bereitet sich auf die kalte Jahreszeit vor. Der verwunschene Ort am Rande der Großstadt geht in den Winterschlaf, bis der Kreislauf der Natur wieder von vorne beginnt. Also keine Zeit mehr verlieren, solange noch Som mer ist! Alle Informationen und Tickets unter www.kultur-dschungel.de.
wiesbadener*in III/2022
Konstantin Mahlow
14 wiesbadener*in III/2022 Ehre, wem Ehre gebührt! Die fluxiven Frauen sind los! As time goes by… Schlappe 60 Jahre nach dem Urknall von 1962 mit den „Inter nationalen Festspielen Neuester Musik“ im städtischen Museum Wiesbaden werden „schon“ die virtuosen Fluxus-Frauen gewür digt. „Fluxus Sex Ties – Hier spielt die Musik!“ Unerhörtes für Stielaugen & Ungesehenes für Spitzohren. Es geht um klingende Namen wie Mary Bauermeister, Andrea Büttner, Sari Dienes, Esther Ferres, Simone Forti, Guerilla Girls, Dorothy Iannone, Alison Knowles, Shigeko Kubota, Annea Lockwood, Charlotte Moorman, Ann Noél, Yoko Ono, Takako Saito, Andréja Saltyté, Caolee Schneemann & Mieko Shiomi. „A wild bunch of older bad girls!“ Auch Pyla Patterson, Dorte Krog-Andersen und die früh unterstützende Galeristin Christel Schüppenhauer seien erwähnt. kultur & kreatves Fluxus-Frauen – A wild bunch of older bad girls Wiesbaden feiert mit Ausflügen nach Absurdistan zum 60. Geburtstag von FLUXUS die Avantgarde-Frauen Esther Ferrer, Piano con alas,1986, Foto: © Giorgia Palmisano, Courtesy Archivio Conz Berlin Fluxus-Veteran Eric Andersen begleitet Fotografin Dorte Krog-Andersen zum 60. Fluxus-Geburtstag. Auf dem historischen Pressefoto vom Goldjubiläum 2012 im Museum ist er bei den „Piano-Activities“ Emmett Wlliams, mit Philipp Corner, Ben Patterson, Alison Knowles und Geoffrey Higgins zu sehen. Foto: © Gesine Werner
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Wahrlich kein Ruhmesblatt – die Ausstellungshistorie bezeugt „weit gehendes Verschwinden, Überse hen werden oder auch Verschlafen“ der Avantgarde-Künstlerinnen. Die Guerilla-Girls als „Gewissen der Kunstwelt“ betonten schon in den 80ern „die Vorteile des Künstle rinnen-Daseins“: Kein Erfolgsdruck, kein Festsitzen auf unbefristetem Lehrstuhl, Null Gefahr, als Genie bezeichnet zu werden. Und „vier Nebenjobs bieten Abwechslung.“ Der Nassauische Kunstverein feiert 175 Jahre Bestehen und das runde Wiegenfest der weltweiten Avant gardekunst als Doppeljubiläum. Das ganze Haus als Bühne für den „mäandernden Fluss“ von Expo naten, eine vielsaitig-vielstimmige Seh-Reise nach Absurdistan. Archivio Conz, Kulturfonds Frankfurt RheinMain und Stiftung Kunstfonds fördern. Als „Satellitenschau“ CellitetenoptischerImdern.“wolltenwarenNKV(WIESBADENER*INvon„Zuvielisation“BauermeisterFluxus-ImpulsgeberinbrachteMaryihreRauminstallationindieHumorkircheFluxusmäzenMichelBerger2/2022).ImzeigtsiefrüheExponate:„WirästhetischeTerroristenunddieGesellschaftverän„PianoNobile“faszinierteinKlangkörpermitgestalKlavieren,KonzertflügelnundderSammlungArchivioConz.
Der Iannone-Flügel „A Souvenir for Ajaxander“ ist der PR dienlich. „I`m very bored with the concept that art is for a few people – the chosen few. Not making such a snobbish, mysterious thing“ Das Original-Cello, mit dem Charlotte Moorman als „the topless Cellist“ unter Wasser spielte, ist da. Ann Noél blickt mit „The Gospel According to St. Ann“ und persön lichen Tagebuchnotizen hinter die Kulissen und gestaltete Nacht schränkchen als Hommage an Kolleginnen wie Yoko Ono, deren Partituren ein Raum gewidmet ist. Mitgründerin Takako Saito zeigt gewitzte „silent music“: „Wir als Künstlerinnen und Menschen ha ben eine wichtige Aufgabe - uns in jeder neuen Alltagssituation und neu eingegangenen Beziehung neu zu erschaffen, ohne uns an alte Dinge zu heften.“ Auch die Stadt feiert: „Fluxus Sex Ties – 60 Jahre Fluxus – Die ImKünstlerinnen“.Kunsthausgab es ein „Cello im Eisbad - Charlotte Moorman & Nam June Paik“ Fluxus? „Wenn Du es verstehst, ist es zu spät“, meinte Veteran Willem de Ridder.
kultur & kreatives
www.kunstverein-wiesbadeGesine Werner Foto links: Fluxus-Piano( von Dorothy Iannone) im Detail, Foto rechts: Bewundernswert kregel ist Bad Girl Takako Saito. Die Fluxus-Mitbegründerun er weckte mit ihrer legendären Openair-Performance „head music“ ein historisches Exponat der Ausstellung im NKV zum Leben. Fotos: © Gesine Werner Als „Topless Cellist“ war Charlotte Moorman eine berühmte Performance-Pionierin, die sogar unter Wasser Cello spielte. „Moorman, NYC, May 17, 1974“ ist auf dem Corpus des Origi nal-Instruments zu entziffern. Foto: © Gesine Werner
Elmira Wilms (rote Bluse) und ein Teil der kreativen Ateliergemeinschaft „Bunte Reiter“: Elmira Wilms, Michelle Wickman, Theodor Buck, Dagmar Moos, Thi Hoa Phuong Nguyen, Thomas Erbsleben (von links nach rechts) & kreatives
10 Jahre inklusive Künstlergruppe „Bunte Reiter“
kultur
Entstanden ist die Ateliergemein schaft „Bunte Reiter“ 2012 durch Initiative der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Psychosozialen Zentrums Süd der Werkgemein schaft e.V. Es sollte ein Ort entstehen, an dem sich die Klientinnen und Klienten zum künstlerischen Austausch und Ein besonderer Ort für Menschen, die sich in der Kunst begegnen!
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„Es ist ein besonderer Ort für Men schen, die sich in der Kunst begeg nen wollen“, erzählt Elmira Wilms. Und wirklich, jede Künstlerin, jeder Künstler zeigt eine eigene „Hand schrift“, großartige Ideen werden kreativ in ausgezeichnete Kunst umgesetzt. Hier begegnen sich GanzKünstler*innen!nebenbei hat die Kunst auch eine therapeutische Wirkung. „Wenn ich sehe, welche Verände rungen und Fortschritte Menschen durch ihre Auseinandersetzung mit der Kunst, durch die Arbeit und das Miteinander im Atelier gemacht haben, macht mich das sehr glück lich“, sagt Elmira Wilms.
Schon beim Betreten des Ateliers der Bunten Reiter tauche ich ein in die angenehme Atmosphäre, die der Raum ausstrahlt. Nach und nach treffen die Künstlerinnen und Künstler ein. Sofort ist ein Ge fühl von Gemeinsamkeit, großer Freude und gegenseitiger Wertschätzung zu spüren. Die Künstlerinnen und Künstler verwöhnen mich mit Kaffee und Gebäck. Ich bin beeindruckt von der Offenheit, mit der alle mir hier begegnen. Elmira Wilms, Kunstthe rapeutin und Künstlerin, begleitet die Ateliergemeinschaft „Bunte Reiter“ von Beginn an und sorgt mit ihrer empathischen und kom petenten Art für diese inspirierende und von Wertschätzung getragene DasAtmosphäre.Spektrum der Künstler*innen ist so vielfältig, wie die Künstler*innen selbst. Viele haben künst lerische oder grafische Vorerfah rung, andere sind Autodidakten, aber allen ist die Freude an der Kunst gemeinsam. Sie inspirieren sich gegenseitig und können ver schiedene Techniken ausprobieren.
Das Spektrum aller Angebot umfasst inzwischen: - kunsttherapeutische Einzelund Gruppenförderungen für Erwachsene und Kinder - traumazentrierte kunsttherapeutische Einzelförderungen - traumazentrierte Gruppenangebote - mehrfach im Jahr Workshops und Events mit inklusivem Charakter - jährliche Ausstellungen der im Atelier entstanden Werke in öffentlichen Gebäuden - Exkursionen zu Ausstellungen und Museen. Tischka, Atelierhund und Muse
Der für den 10. September 2022 geplante „Tag der offenen Tür“ anlässlich des 10-jährigen Be stehens der Ateliergemeinschaft „Bunte Reiter“ musste aufgrund von Coronaerkrankungen der Mitarbeiter*innen auf den 23. April 2023 verschoben werden.
Johanna Luft arbeitet sowohl mit Gruppen im Atelier als auch in einem anderen Malraum mit ihrer Tongruppe und in den Einzelstun den.
Geplant sind Angebote für die Be sucher, bei denen sie sich auspro bieren können, und natürlich wird die Vielfalt und die Bandbreite der Arbeiten der Bunten Reiter gezeigt. Es wird ein Fest für alle werden: Besucher, Mitarbeiter*innen und Ateliergemeinschaft.
„Fröhliche Häuser“ lautet der Titel der beiden Werke von Andro Bakaloumis Wolf: Sperrholz e.V. DE46 5105 0015 015 2792 0 BIC: NASSDE55 Tag der offen Tür am 23. April 2023 von 11 - 16 Uhr im Atelier Bunte Reiter
wiesbadener*in III/2022 17 gegenseitiger Inspiration treffen könnten. Von Anfang an wurde das Atelier auch für alle Bewohner des Stadtteils geöffnet, die sich als Gast, gegen eine Gebühr, ein schreiben konnten, um ihre künst lerischen Neigungen nachgehen zu Diekönnen.Ateliermitglieder*innen arbeiten eigenständig an ihren Werken. Kreativität und experimentelles Gestalten stehen im Vordergrund. Unterstützung erfahren sie zum einen durch die Künstlerin und Kunsttherapeutin Elmira Wilms und zum anderen durch Johanna Luft, Kulturpädagogin, die auch in einem anderen Raum eigenständige Gruppen begleitet. Beide sind so wohl kunsttherapeutisch als auch traumazentriert ausgebildet.
Theodor Buck, das Multitalent in Aktion unten: Er zeigt, wie seine Holzkunst entsteht. Eine sehr aufwändige und intensive Arbeitsweise! Oben steht er vor dem Plakat. Das Gemeinschaftswerkt ist anläßlich des Krieges in der Ukraine entstanden; ein Aufruf zum Frieden in der Welt. In seinem Stadtteil Wiesbaden-Sauerland ist Theodor Buck unter andem auch beim Stadtteilfest als Musiker und Autor vertreten. Seinen grünen Daumen und sein Talent als Gärtner soll auch nicht unerwähnt bleiben!
aufgezogen Spendenkonto: Werkgemeinschaft
Im Laufe der Jahre sind so the menzentrierte Gruppenangebote unter Einsatz vielfältiger Medien, therapeutische Einzelförderung, ein inklusiver Workshop, eine Kin dergruppe und zahlreiche Ausstel lungen entstanden. Die Ausstellungen sind wichtig. Durch sie erfahren die Ateliermit glieder eine große Wertschätzung als Künstler. „Alle Bilder sind un sere kreativen Kinder“, sagt Elmira Wilms, „und sie möchten das Licht sehen. Und Talent soll auch mit anderen Menschen geteilt wer den.“ Nur so kann die Kunst auch für andere Menschen Inspiration werden und die Kunstschaffenden die Wertschätzung erfahren, die sie Zuverdienen.denHighlights gehören neben den Ausstellung auch die jährlich stattfindenden Exkursionen zu Ausstellung und Museen, die durch Spenden finanziert werden und für die Ateliergemeinschaft eine wun derbare Inspiration bedeuten.
Folie auf
Kunst von Jule
IBAN:
Ich bedanke mich bei den Künstler*innen Andro Bakaloumis, Dagmar Moos, Michelle Wickman, Thomas Erbsleben, Theodor Buck, Thi Hoa Phuong Nguyen und Jule Wolf. Und natürlich bei Elmira Wilms für die großartige Vorberei tung und das inspirierende Inter view und bei Johanna Luft für ihre interessanten Ausführungen. Michelle Wickman präsentiert eines ihrer aktuellen Werke Thi Hoa Phuong Nguyen: Ein neues Kunstwerk entsteht Thomas Erbsleben arbeitet an seinem neuen Exponat „Sonnenuntergang auf Io“ Dagmar Moos mit zwei ihrer aktuellen Bilder Werkgemeinschaft e.V. Psychosoziales Zentrum Süd Atelier Bunte Reiter Stettiner Str. 2a 6520 Wiesbaden Tel.: 0611 / 690 70 Fax: 0611 / 690 70 www.werkgemeinschaft-wiesbaden.de50
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Aber zurück zu den Künstler*innen der Ateliergemeinschaft. Inzwi schen haben alle Künstler*innen ihre Plätze gefunden und mit dem Arbeiten begonnen. Von allen be komme ich einen Einblick in ihre Schaffenswelt, in ihre Motivation und Inspiration. Mich überwältigt diese Kreativität, gepaart mit der entspannten und ruhigen Kon zentration und der gegenseitigen Begeisterung, die dem Atelier eine ganz eigene Atmosphäre verleiht. Eigentlich hat jede Künstlerin, jeder Künstler eine eigene Würdigung verdient!
Kunst von Elmira Wilms ist ab dem 28.08.2022 im Heimatmuseum Kostheim zu sehen. Gemeinsam mit dem Autoren Stefan Simon und dem Musiker Michael Protzen findet die Ausstellung „Synergie“ im Rahmen Kulturtage AKK 2022 statt. Mehr unter www.mirakelart.de.
kultur &
„I Ciogosi“ sind (v.l.n.r.): Harald Becher, Gilbert Kuhn, Veronika Kleber, Susanne Klar, Ako Karim und Jens Mackenthun
Den Master of Music machte er 2012 bei Eddy Vanoosthuyse, Hochschule für Wissenschaft und Kunst, Leuven/Belgien. Seit Studi enbeginn unterrichtet er Klarinette und Saxophon an diversen Mu sikschulen im Rhein-Main-Gebiet, wirkte an interaktiven Orchesterund Theaterprojekten als Musiker und Arrangeur mit.
wiesbadener*in III/2022 19 Klezmer?
Bei dem Schauspiel „Hiob“ nach einem Roman von Joseph Roth, das am 1. Oktober im Staatsthea ter Premier feiern wird, hat er die musikalische Leitung übernommen. Weitere Auftrittstermine seiner Formationen finden sich auf seiner AufWebsite.derBühne zu spielen ist für Ako Karim „so wichtig wie atmen“. Da kann man sich gut vorstellen, wie sehr der Künstler unter der coronabedingten Zwangspause gelitten hat. Das ist nun, so hofft er inständig, vorbei. Weiteres www.ako-karim.deunter „Musik ist mein Leben“
Klassik? Jazz?
Die Klassik hat er im Blut, doch sein Repertoire reicht von Klezmer, Orient und Balkan bis hin zum Jazz. Denn sein größter Wunsch war und ist es, neben Klassik auch Weltmusik zu spielen. Klezmer begegnete er zuerst in Deutschland und war sofort begeistert. Dazu entdeckte er auch noch die tem peramentvollen Blasorchester aus dem Balkan und den Samba. All das setzt er nun mit der Gruppe „I Giocosi“ um, von der es bisher 2 CDs gibt. Musik ist für Ako Karim wie ein großer Baum mit tausenden von Ästen, und er springt mit Lei denschaft und Professionalität von einem zum anderen.
Oder Tango? Der in Wiesbaden lebende Musiker und Musikpädagoge Ako Karim fühlt sich in allen Musikrich tungen zu Hause. „Musik ist mein Leben“, sagt er, und gemessen daran, hat seines im zarten Alter von 12 Jahren begonnen, als er eine Klarinette entdeckte – „das Instrument, das mich gefunden hat“. Auch die ande ren Familienmitglieder waren den Künsten zugetan: Der Bruder ist Kunstmaler, der Vater Schriftsteller, die Mutter Lehrerin. Doch bevor er sich seinen Leben straum erfüllen konnte, musste er schwierige Zeiten überstehen. Da er für sich in Kurdistan, seinem Heimatland, keine Zukunft mehr sah, floh er mit 18 Jahren allein nach Deutschland, wo er die er sten Monate im Aufnahmelager in Zwickau verbrachte. Es dauerte einige Jahre, bis er sich in der fremden Welt und in der fremden Sprache zurechtfand. Bei Wolfram Rocke begann er 1998 sein Musikstudium mit dem Hauptfach Klarinette an der Mu sikakademie Wiesbaden. 200 schloss er es als staatlich geprüfter Musikpädagoge ab. Am Konserva torium denerwarbArnhem-Zwolle/Niederlandeer2008beiFransDejonBachelorofMusic.
Zurzeit formt er eine neue Gruppe, die aus Musikern des Wiesbadener Staatstheaters besteht, ein Streich quinett, das sich bei seinem ersten Auftritt am 5. November in der Me dienbibliothek vorstellt.
Wiesbadens Weltmusiker Ako Karim kreatves
2022 die Wiesbadener Galerien Ostendorff, Kunst-Schaefer, DavisKlemmGallery und der IncubARTor by Galerie Rother in einem Pavillon der Wiesbadener Galerien zusammen geschlossen und zeigen dort einen Ausschnitt aus ihrem jeweiligen Galerieportfolio. Convidence, Öl 120x100cm, 2021
Die vierte Ausgabe der ARTe Kunstmesse in Wiesbaden findet vom 2. bis 4. September 2022 im modernen Ausstellungsambiente des RheinMain CongressCenters im Herzen Wiesbadens statt. Wie in den Vorjahren bespielen 120 Galerien und Künstler*innen die 5.000 qm der klimatisierten Nordhalle und des Foyers und präsentieren jüngste Positionen zeitgenössischer Kunst. Auch im vierten Jahr ihres Beste hens erwartet den Besucher auf der ARTe Kunst im Erlebnisformat: Drei Tage lang lädt die spritzige Kunst messe in das RheinMain Congress Center im Herzen von Wiesbaden zum Flanieren durch ihr breit gefächertes Kunstangebot ein. In einer offenen, Messearchitekturinnovativenpräsentieren 120 Galerien und Künstler*innen drei dimensionale Objekte, Fotografien, digitale Composings, Graphiken und Gemälde.
Ein Teil des Erfolges und Marken kerns der ARTe Kunstmesse ist „der bewusst zusammengestellte Mix aus regionalen, nationalen und internationalen Galerien und Künstler*innen. Dabei ist uns eine gute Repräsentanz aus der Region Rhein/Main und der Landeshaupt stadt selbst besonders wichtig“, so Andreas Kerstan, Geschäftsführer der ARTe Kunstmessen GmbH.
auf Leinwand,
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Rund die Hälfte aller ausstehenden Galerien und Künstler*innen haben ihre künstlerische Heimat in der Rhein/Main-Region oder in der SoLandeshauptstadt.habensichauch
ARTe Wiesbaden im RheinMain CongressCenter
Zeitgenössische Kunst im Herzen Wiesbadens kultur & kreatives Daniel Wimmer,
Gegenwartskunst präsentieren auf der ARTe Wiesbaden wieder zahl reiche Galerien und Künstler*innen aus der Metropolregion Rhein/Main.
Neben den zahlreichen Positionen der Gegenwartskunst findet der Kunstfreund auf der ARTe Wiesbaden zunehmend auch Positionen der Klassischen Moderne – in der diesjährigen Ausgabe z. B. bei Galerie & Kunsthandel Dr. Nöth, Galerie Nieder, Kunsthandel Henneken und Galerie Villa Seiz.
Die starke regionale Präsenz wird durch zahlreiche Künstler*innen direkt aus Wiesbaden untermauert, so z. B. Jana Albrecht, Milanda de Mont, Katja Grandpierre, Stephan Joachim, Ulrich Perret, Anke Rohde und Kerstin Bulma Wegeleben – und eine Präsentation von Werken aus dem Nachlass Helmut Mando. Neben den regional verankerten Ausstellern bereichern auch 2022 rund 60 Galerien und Künstler*innen aus dem In- und benachbarten Ausland das diesjährige ARTe Programm mit ihren breit gefächer ten AuchPositionen.inihrervierten Ausgabe präsentiert die ARTe junge, fre che Kunst, geschaffen von einem „Meistermix“ aus fest im Markt verankerten Künstler*innen, ambi tionierten Newcomern und vielver sprechenden Talenten. Die ARTe Wiesbaden – auch 2022 ein inspirie render Boulevard der Gegenwarts kunst in der Rhein-Main-Region. Ein kulinarisches Angebot und ein Servicepaket aus kostenlosem Einpackservice und bargeldlosem Bezahlen runden das ARTe Kunsterlebnis ab. Die ARTe 2022 in Wiesbaden findet vom 2. bis 4. September 2022 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden statt. Öffnungszeiten sind Freitag von 17 bis 21 Uhr, Samstag von 11 bis 20 Uhr und Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 15 €, ermäßigt 10 €. Für Kinder unter 16 Jahren in Begleitung Erwachsener ist der Eintritt frei. Mehr Informationen gibt es auf: arte-kunstmesse.de/wi-besuchen
Franziska Raffael, All of the time
Katrin Sandmann-Henkel, Berlin
wiesbadener*in
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kultur & kreatives
Emotionen, Reisen zu sich selbst und Naturerlebnisse erwarten die Kunstinteressenten am 29. und 30. Oktober 2022 von 12 – 18 Uhr in den Ateliers von Wiesbaden Mitte und Rheingauviertel Hollerborn. Die Kunst ringt um den Erhalt der Freiheit, für die Menschenrechte, kämpft gegen Gewalt und Zerstö rung mit den Mitteln der Kreativität und setzt so ein Zeichen des ge sunden Widerstands. Der Schaf fensprozess birgt Autonomie und Toleranz gleichermaßen. Zudem ist es auch der Selbstzweck der DerKunst.Schaffensprozess vereint Geist und Hand, um Erkenntnisgewinn und Rettung der Werte. Dem/r Künstler:in ist es frei zu gestalten, was immer dem Geist einfällt.
Der Erhalt der Kunst und der Kampf um die Freiheit der Kunst ist die Nichtunterwerfung unter Ägiden und Maßgaben.
In der Galerie Pokusa: Maciej Chudzicki, der kompakte Granit blöcke in organische, knospende Gebilde verwandelt. Dazu, im Kon trast, die Tuschezeichnungen und Collagen aus Seidenpapier von Elisabeth Springer-Heinze.
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Neu dabei sind: Das frauen museum wiesbaden zeigt Arbeiten von Rosa Loy, in ternational gefragte Künstlerin und Flaneurin aus den Jahren 1997 – 2022. Mike Wosnitzka, zeitge nössischer Maler, der durch die Kunst eine Verbindung zwischen persönlichen und gesellschaft lichen Themen herstellt; Christiane Steitz in der Maß schneiderei Atelier o18, deren Pflanzenbilder an Silhouetten von menschlichen Porträts, an ge presste Blumen, an Abbildungen in alten Poesiealben erinnern. Meggi Hörter war schon immer gern in vielen unterschiedlichen Bereichen von Kunst und Gestal tung unterwegs, egal ob Tierskulp turen, -D Bilder, Cut-Out‘s, Grafik oder Aquarelle. Volker Gerisch mit Fotografien aus den Projekten „Quiet earth“ und „The acid years“: Bilder exakt maßstäblicher, täu schend echt gestalteter Miniaturen der Arbeitswelt der 1950er-Jahre. Vitalis Kubach im E14 mit geteil ten, ausgehöhlten und mit Blattgold ausgekleideten Steinen, und Najel Graf, Maler, der mit Acryl, Aquarell und Kreide arbeitet.
Weitere Künstler*innen: Christa Göppert, die in unter schiedlichen Vorgehensweisen Stimmungen und Eindrücke verar
Nora Katthöfer Tatorte Kunst 2022 am 29. + 30. Oktober 2022 14. Kunstrundgang Wiesbaden-Mitte und Rheingauviertel-Hollerborn von 12 – 18 Uhr
kultur beitet; Bernd Brach – Malerei mit wachsgebundenen Pigmenten auf Wabenkarton oder dünnen Holz platten; Roman Mikos‘ neue Serie „Vor dem Spiegel“ zeigt Bilder, die als figurative Abstraktion konzipiert wurden. Fotoristisch setzt Details in Sze ne und macht sichtbar; Jochen Schnepf verbindet klassische künstlerische Techniken mit di gitalen und experimentellen Me thoden; Sandra Trösch stellt mit Videos, Zeichnungen und Foto grafien den Menschen mit seinen Selbstkonzepten in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten. Eva Raabe-Lindenblatt porträtiert in acht Bildern ein Menschenleben und dessen Verän derung in acht Jahrzehnten; Bernd Schneider fasziniert mit seinen Zeichnungen; die Fotografin und Künstlerin Iris Kaczmarczyk zeigt eigene Arbeiten und stellt dieses Jahr einen neuen Künstler in ih rem Atelier vor; Uta Weil (mit Udo Gottfried) ist den Phänomenen der Natur auf der Spur, Sujets der Ma lerei sind häufig Landschaften, die nur selten konkrete Orte darstellen als vielmehr Assoziationsräume eröffnen; Eva Heinelt widmet sich der abstrakten Malerei, in der sie Emotionen und Eindrücke ihrer Reisen einfließen lässt; Anna Bieler zeigt ihre Bilder „Schöpfung“ von 2012, „Das Leben ist zu groß für den Menschen“ von 2011 und anlässlich des fürchterlichen Kriegs in der Ukraine die Bilder „Der Ab sturz“ und „Auf der Suche nach Frieden“.
In dem nach langjähriger Arbeit fertig gestellten Buch „Lebensläufe“ lassen Mireille Jautz (Künstlerin) und Stefan Krüger (Lyrik) Texte und Bilder eine Wechselwirkung eingehen, so dass in den Augen der Leser:innen ein neues Werk entsteht.
In der Galerie H22 sind Malereien von Nataliy Schenkmann und Jaqueline Kastenholz sowie Skulpturen von Rita Thompson zu sehen. Eva van der Horst zeigt poetisch abstrakte Collagen, Bruno Zaid vorzugsweise Männer in melancholischer Atmosphäre.
Der Berufsverband Bildender Künstler:innen zeigt mit der Gemeinschaftsausstellung „Im Vorbeigehen „Das Ungeplante, Beiläufige. Das Besondere im Un scheinbaren, das was wir in den Augenwinkeln wahrnehmen, ohne Plan und ohne Absicht“.
& kreatives
Birgit Reimanns „Wiedergeburt der Venus“ löst das Gemälde von Botticelli aus seinem gewohnten Rahmen. Zwei prägnante Bildele mente werden in einem gemein samen Transformationsprozess in einer Performance neu erfahrbar gemacht, umgesetzt von dem Mu siker Shahram Moghaddam, der Choreografin und Tänzerin Ezra Rudakova und dem Tänzer Anton Rudakov – zu sehen im Video der App. Kraus-Fu zeigt seine Wächterfiguren, hergestellt aus Haushaltsmüll und Fundstücken, entstanden während der Pande mie; Andrea Frank kreiert Licht und Schatten (Öl auf Leinwand); in Petra Kubes Tonobjekten set zen sich geometrische und florale Fragmente zu neuen sinnlichen Objekten zusammen; Julia Isterling ist fasziniert von der Äs thetik des Schattens und seinen Assoziationswelten.
Alle Infos
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Im Hof dreiundzwanzig sind Minia turen, Kinetische Objekte, Irisfoto grafie, Stahlwerken, Keramik und Installationen zu besichtigen.
Daswww.tatorte-kunst.deunter:Team: Mireille Jautz, Heidi Wörner, Andrea Frank, Bruno Zaid, Jochen Schnepf, Bernd Schneider
Die Sponsoren: SV Sparkassenversicherung, Naspa, Kulturamt, Ortsbeirat Wiesbaden Mitte und Rheingau viertel Hollerborn Katja Rosenberg Mike Wosnitzka
Die Kunst schafft Nora Katthöfer eine Möglichkeit, sich mit aktuellen Themen auseinanderzusetzen. „Beim Malen stößt der Pinsel im mer wieder auf Fragen, die nach Antworten suchen“; Richard Seelbach malt und fotografiert; Katja Rosenberg sucht in Wiesbaden Plätze, an denen ver schiedene Welten und Kulturen aufeinanderstoßen und lässt aus ihren Zeichnungen und Fotos Col lagen entstehen.
24 wiesbadener*in III/2022
Vom 11. bis 20. November 2022 präsentiert exground filmfest in seiner 35. Aus gabe wieder ein großartiges Filmund Rahmenprogramm in Wiesbaden. Gezeigt werden sowohl lange als auch kurze Werke in den Gattungen Spielfilm, Dokumentarfilm, Animation und Experimentalfilm. Zudem vergibt exground filmfest in sieben Wettbewerben Geld- und Sachpreise im Wert von über 15.000 EUR – darunter im Deutschen Kurz film-Wettbewerb und im Internatio nalen Kurzfilm-Wettbewerb. Neben einem spannenden Filmprogramm aus nationalen und internationalen Produktionen sowie diversen Rah menveranstaltungen wie der legen dären exground GONG-SHOW, einem Filmquiz, Karaoke in der Kry pa und den „Viewers Digest“ – also komprimierte Leinwandklassiker im Kurzfilmformat – präsentiert das weit über die Stadtgrenzen bekann te und renommierte internationale Filmfestival traditionell einen Län derschwerpunkt, der in diesem Jahr dem Filmschaffen aus Portugal ge widmet ist. Auch 2022 unterstützt der Kulturfonds Frankfurt RheinMain den Länderschwerpunkt von exground filmfest großzügig und ermöglich damit wieder nicht nur Filmauffüh rungen in Wiesbaden, sondern auch in Kooperationskinos in Frankfurt am Main und Darmstadt. Der diesjährige Länderschwerpunkt ist dem vielfältigen Filmschaffen der aufstrebenden und überaus krea tiven Regiegeneration in Portugal gewidmet. Portugals Demokratie ist eine noch recht junge. Nach der sogenannten Nelkenrevolution, dem Militärputsch, der den Übergang aus der Diktatur einleitete, wird das Land im Zuge des reaktionär-auto kratischen Rechtsrucks in Europa oft als Beispiel für einen anderen Weg angeführt. Eine sozialistische Regie rung hält die absolute Mehrheit, und Politik und Gesellschaft sind lange weitgehend verschont geblieben vom Boom der extremen Rechten.
Motiv:
Mit dem kommenden Länderfokus Portugal soll beim exground filmfest der Frage nachgegangen werden, wie sich die liberalen Konzepte, die sozialen Bruchstellen und das Erbe von mehr als 40 Jahren Diktatur im Filmschaffen einer jungen Ge neration widerspiegeln. Die junge Filmszene zeichnet sich besonders durch ihren Mut zum Überwinden von etablierten Grenzen aus, etwa zwischen Dokumentarismus und Fiktion. Neben der Präsentation von aktuellen Kurz- und Langfilmen wid 35. exground filmfest Länderschwerpunkt Portugal, erste feststehende Programmpunkte, erneut zweigleisige Planung THE ORDINARIES, Filmbild, „Mit freundlicher Genehmigung von BANDENFILM“ & kreatives © Wiesbadener Kinofestival e.V. / Ottmar Schick
kultur
wiesbadener*in III/2022 25 met exground filmfest der internati onal gefeierten und in Deutschland dennoch wenig beachteten Filme macherin Teresa Villaverde eine kleine Retrospektive. Neben dem Filmprogramm und den begleitenden Diskussionen planen wir in Koopera tion mit anderen Kulturinstitutionen Ausstellungen zur aktuellen Videound Fotokunst, eine Lesung, ein Konzert sowie einen portugiesischen EinKaraoke-Abend.Programmpunkt in unserem Langfilmwettbewerb „Made in Ger many“ steht bereits fest: Das fan tastische Spielfilmdebüt von Sophie Linnenbaum THE ORDINARIES! In einer Welt, die in Haupt- und Neben figuren unterteilt ist, werden Figuren mit Filmfehlern unterdrückt und aus Eingegrenzt.weiteres Highlight im Festival programm ist das Filmkonzert „Vor tex - A Tribute To HÄXAN“. Der Film HÄXAN von Benjamin Christensen (1922) ist nun 100 Jahre alt und wird von Vortex in einem speziellen LiveRitual zu neuer Wirkung gebracht. Besonders am Herzen liegt ex ground filmfest der Jugendfilm. Daher wurde 2004 eine eigene Jugendfilmsektion etabliert, die so genannten exground youth days, um Jugendliche von 14 bis 18 Jahren an das Medium Film heranzuführen – aber auch, um Heranwachsende zu eigenen Einzel- oder Gruppen arbeiten zu animieren. Mit dem Wiesbadener Jugendfilm-Wettbe werb bietet exground filmfest den Jugendlichen eine Plattform, um eigene Einzel- oder Gruppenarbeiten einzureichen und auf der großen Leinwand präsentieren zu können.
Ab 20. Oktober 2022 ist das kom plette Festivalprogramm unter www.exground.com zu sehen – und ab 28. Oktober 2022 startet der Ticketverkauf, ebenfalls über die Homepage von exground film fest. kultur & kreatives „Vortex - A Tribute To HÄXAN“, Foto: © Sebastian Kiener Fotografie
Als Lohn winkt nicht nur der Applaus des Publikums, sondern auch Geldund Sachpreise im Wert von 650 EUR. Zudem haben Jugendliche im Rahmen der exground youth days die Chance, Teil der Jugendjury zu sein, die unter Betreuung einer er fahrenen Medienpädagogin über den Sieger bzw. die Siegerin im Wettbe werb um den besten internationalen Jugendfilm entscheidet. Hier lernen die Jugendlichen, über gesehene Filme zu diskutieren, unterschied liche Blickwinkel kennenzulernen, Kriterien für einen guten Film zu entwickeln – und sich zusätzlich mit Gästen zumeist in Englisch auszutauschen. Auch hier ist es für konkrete Titel zu früh – allerdings liegen Filme aus Italien, Island und der Schweiz über heranwachsende Jungen und Mädchen in schwierigen Lebensverhältnissen gut im Rennen. Und im Rahmen der Kooperation von exground filmfest mit dem Me dienzentrum Wiesbaden plant das Festivalteam, den deutschen Doku mentarfilm GIRL GANG in der Reihe „Kino macht Schule“ zu zeigen, in dem die Regisseurin Susanne Regina Meures der 14-jährigen Influ encerin Leoobalys durch die Höhen und Tiefen ihres Alltags folgt. Wie im Vorjahr muss das Organisa tionsteam coronabedingt zweigleisig planen, also das bevorstehende Festival als hybride Veranstaltung konzipieren. Zum einen soll das Film- und Rahmenprogramm vor Publikum in der Caligari FilmBüh ne, im Murnau-Filmtheater und der Krypta der Marktkirche vor Publikum stattfinden, natürlich unter Einhal tung der im November gültigen Verordnungen. Dank eines weiter entwickelten On-Demand-Modells werden die Filme und Kurzfilmpro gramme dann im Anschluss an das Festival mittels Geoblocking online über eine Streaming-Plattform nur in Deutschland und nur für begrenzte Zeit verfügbar sein.
Als einzige Kunstmesse der Main-Metropole gehört die Discovery Art Fair zu den wichtigsten Kunstmessen und bedeutendsten Entdecker- und Verkaufsplattformen für aktuelle Trends der Gegenwartskunst. Bereits zum fünften Mal zeigen in diesem Jahr wieder rund 120 Aussteller am ersten November-Wochenende in der Halle 1 des Frankfurter Messegeländes ein facettenreiches Spektrum an zeitgenössischer Kunst, das man vor Ort nicht nur bewundern, sondern auch gleich erwerben kann. Nicht nur die klassischen Aus drucksformen wie Malerei, Fotogra fie, Grafik oder Skulptur sind fester Bestandteil der Entdeckermesse, auch aktuelle Positionen jenseits der klassischen Kunstsparten wie Street- und Urban Art, Medien kunst oder Mixed-Media-Arbeiten mit ungewöhnlichen Materialien, und vor allem viel Spartenüber greifendes, Experimentelles und Überraschendes erwartet die Besucherinnen und Besucher der diesjährigen Messe. Mit ihrem vielschichtigen Angebot hält die Discovery Art Fair für jeden
Discovery Art Fair Frankfurt, Hallenansicht, Foto: © Thomas Gessner Feromontana, Balloon Dog meets Hirst – Pink Series, 2022
Bekannte Namen und neue Talente zeigt die Discovery Art Fair Frankfurt auf dem Frankfurter Messegelände
kultur & kreatves
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kultur & kreatives Geschmack und jedes Portemon naie das Richtige bereit. Damit spricht die Entdeckermesse mit ihrem Mix aus bekannten Künstlern und interessanten Newcomern sowohl junge Interessenten an, die hier zum Teil ihre ersten Kunst käufe tätigen, als auch erfahrene Sammler, die ihre Kunstsammlung erweitern oder neue Positionen für sich entdecken möchten.
Kunstliebhaber, Käufer und Fach publikum schätzen die Gelegen heiten zu realen Begegnungen und direkten persönlichen Gesprächen mit Künstlern und Galeristen. Be sucher genießen insbesondere die lebendige und offene Atmosphäre, die diese Messe so besonders macht. Neben renommierten Galerien wie 0works-Galerie (Köln) oder gräfe art.concept (Berlin) und jungen Galerieprojekten wie Mu nich Art Gallery oder Ultraneon Galerie (Halle/Saale), die aus dem deutschsprachigen Raum anrei sen, werden auch internationale Positionen wieder zahlreich auf der Messe vertreten sein. So präsentiert die koreanische Aria Gallery spannende, aufstrebende Positionen ihres Heimatlandes, die Galerie Ars Cracovia setzt ihren Schwerpunkt auf etablierte, be kannte, aber auch junge Vertreter der polnischen Kunstszene, und der international bekannte indische Pop-Art-Künstler Sanuj Birla prä sentiert in seiner Solo-Show von Superhelden, Filmcharakteren und Zeichentrickfiguren bevölkerte Ge mälde, die sich insbesondere bei jungen Sammlern großer Beliebt heit erfreuen. Die 9.000 Quadratmeter große Messehalle ermöglicht zudem besonders gestaltete Sonderflä chen für bildhauerischen Arbeiten und Installationen, eine Neuerung des letzten Jahres, die bei Besu cherinnen und Besuchern großen Anklang fand. Außerdem gehören auch diesmal täglich stattfindende Kuratorenführungen sowie zahl reiche Specials zum Rahmenpro gramm der Messe. Ein spannungs reiches Messeerlebnis ist demnach garantiert.
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Discovery Art Fair Frankfurt 4. – 6. November 2022 | Opening . November 2022 Messe Frankfurt, Halle 1 Ludwig-Erhard-Anlage 1 6027 Frankfurt am Main Öffnungszeiten: Freitag – Samstag: 11:00 bis 20:00 Uhr Sonntag: 11:00 bis 18:00 Uhr Eintrittspreise: Tagesticket inkl. Katalog 20 EUR | ermäßigt 15 EUR Online Tickets & weitere Informationen: discoveryartfair.com Günther Uecker, Bewegtes Feld, Prägedruck im Messeprogramm von Uecker-Werke Discovery Art Fair, Messeimpression2021, Stand Galerie 0works, Foto: © Thomas Gessner
1989 kam Jens Baumeister nach Trier, um zuerst Wirtschaftswis senschaften und Geografie, später klassische Archäologie und Kunst geschichte zu studieren. Karl Marx war ihm allerdings schon während der Schulzeit am Wirtschaftsgym nasium über den Weg gelaufen, dank eines streng neoliberal einge stellten Lehrers, der einige MarxTexte zur Pflichtlektüre erhob, mit dem Argument, dass man wissen müsse, wie der Klassenfeind denkt.
machte der in Trier lebende Jens Baumeister ein spannendes und unterhaltsames Buch – Anlass für das Magazin WIESBADENER*IN, den Autoren, der zugleich Kunsthistoriker, Weindozent, daneben VHS-Dozent, Gästeführer und Ausbilder von weitVerkaufszahlen,jahrvorgesehen,sprünglichBuchDasMoselGesprächStadtführer*innenzukünftigenist,zueineminderDomstadtanderzutreffen.mittlerweilepreisgekrönte–sieheweiterunten–warurfürdenregionalenMarktdochdasJubiläums2018sorgtefürbeachtlichemachtedenTitelüberdieStadtgrenzenhinaus bekannt und brachte die Autoren zahlreiche Anfragen zu Lesungen aus ganz Europa und sogar China. Und auch wenn es anfangs nicht so geplant war, veröffentlichte er, zusammen mit seiner Frau als CoAutorin, im Laufe der Jahre weitere Marx-Bücher: „Karl Marx zwischen Pfandhaus und Champagner“, „Weinfreunde Marx und Engels“ und derzeit in Vorbereitung: „Wir haben ja immer noch Paris. Marx & Engels in der Ville Lumière“.
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Mensch
Oder:
Als die Stadt Trier 2018 den 200. Geburtstag ihres berühmten Sohnes Karl Marx mit vier Ausstellungen und mehr als 600 Einzelveranstaltungen feierte, stach unter den zahlreichen Veröffentlichungen eine Publikation besonders he raus: „Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte“. Das im Eigenverlag herausge brachte Werk, das bereits 2017 zum 199. Geburtstag erschien, zeigt auf, dass Marx nicht nur Weintrinker und zeitweilig Mitbesit zer eines Weinbergs war, sondern auch in seiner Eigenschaft als Chefredakteur der Rheinischen Zeitung aktiver Streiter für die oft mals verarmten Moselwinzer – zu gleich Marxens erste Berührung mit seinem späteren Lebensthema AusNationalökonomie.dieserKonstellation
Als er dann in Trier als Gäste führer sein Studium finanzierte und als erster eine Weinführung kreierte, kam er auf die Idee, nach einer Verbindung zwischen dem Rebensaft und dem am Ort stets präsenten Philosophen zu suchen. Marx! Wie eines der ältesten Kulturgetränke der Menschheit eine nachhaltige politische Wirkung erzielte Karl, der kulturRauschebart&kreatives
Über die Frühzeit in Trier, das Marx im Alter von 17 Jahren verließ, war kaum etwas bekannt. Und so entstand der Plan, über den Men schen Marx zu recherchieren, was sich mit der Beobachtung des Au tors deckte, dass die Besucher in Trier sich nicht so sehr fürs Manifest interessierten, sondern lieber der Person Marx näherkom men wollten – sowie ein Tourist aus Texas, der in den 70er Jahren Trier besuchte und viel Geld bot, um eine Nacht in Marx‘ Bett schlafen zu Baumeistersdürfen. Anspruch ist es dann auch, für ein breites Publikum zu schreiben, Themen anzusprechen, die nicht so geläufig sind, wissen schaftliche Unterhaltungsliteratur zu bieten, die präzise recherchiert ist, aber ohne Fußnoten, Anhänge und Literaturliste auskommt. Und dem Buch einen Titel zu geben, der neugierig macht. Und wie reagierte der Klassenfeind auf das Werk? Mehrmals hielt Baumeister im Ost berliner Karl-Liebknecht-Haus vor gestandenen Altkommunisten Vor träge und erinnert sich, dass man che Zuhörer sehr gerührt waren, wie ein junger Mensch aus dem Westen so fundiert über „ihren“ Marx erzählen konnte.
Die Nachricht der chinesischen Übersetzung sprach sich herum bis zu Edouard Cointreau, dessen Familie den gleichnamigen, be rühmten Likör erfand, und der 1995 den Gourmand World Cookbook Award ins Leben rief – ein interna tionaler, jährlich ausgeschriebener Preis, der die besten Koch- und Getränkebücher der Welt in unter schiedlichen Kategorien auszeich Beinet. einem seiner Besuche in China wurde er auf das Buch aufmerk sam, nominierte es für den Award 2022 und lud Baumeister nach Schweden zur Verleihung ein.
kreatives
Der Kontakt brachte dem Autor noch im gleichen Jahr eine Einladung ins „Reich der Mitte“, wo er u. a. Bekanntschaft mit chinesischem Wein machte.
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Zum Geburtstag bekommt man in der Regel Geschenke, und so ge schah es auch am 5. Mai 2018. An diesem Tag, dem 200. Marx-Ge burtstag, wurde in Trier eine 5,50m hohe Bronzeskulptur feierlich enthüllt – ein Geschenk Chinas an dessen Geburtsstadt. Der chinesische Botschafter in Berlin, Shi Mingde, bezeichnete die Statue als „Zeugnis unseres freundlichen Austausches“. Damit wolle die Volksrepublik „dem groß en Karl Marx unseren Respekt und das Gedenken Chinas und der chi nesischen Bevölkerung vermitteln“.
Die Veranstaltung rund um die Verleihung der Gourmand Awards dauerte insgesamt vier Tage und fühlte sich für Baumeister ein wenig an wie ein großes internati onales Familientreffen. Es waren Teilnehmer aus mehr als 60 Na tionen und allen fünf Kontinenten in Umeå. Zu seiner Überraschung gewann sein Buch den Gourmand Award als weltbestes Buch in der Kategorie „Drinks History“.
Unter den zahlreichen Ehrengästen aus China war auch die Spitzen winzerin Wang Fang, liebevoll „Crazy Fang“ genannt, die in der Region Ningxia für den Weinanbau zuständig ist.
Tatsächlich hatte er sich keine großen Chancen ausgerechnet den Preis zu gewinnen, da die anderen acht in seiner Kategorie nominierten Bücher allesamt in renommierten Verlagen publiziert Autor Jens Baumeister kultur &
Die Weingutsbesitzerin, die auch deutsch spricht, entdeckte das Buch von Baumeister, war sofort begeistert und setzte sich in den Kopf, es auf Chinesisch zu publi zieren.
Dabei stieß er auf Lücken in den bestehenden Marx-Biografien.
Drei lange Jahre dauerte es, bis die chinesische Ausgabe auf den Markt kam – die staatliche Zen sur passte den Text chinesischen Vorstellungen an. Vor allem Marx‘ Ideen über die Bekämpfung der Zensur kamen hier erwartungsge mäß nicht gut an.
Mit einiger Verspätung kam der Autor dort an – um 0.45 Uhr Ortszeit bei strahlendem Sonnen schein. Untergebracht wurde er im „Gamla Fängelset“, einem ehe maligen Gefängnis aus dem 19. EsJahrhundert.heißtjaimmer, zur Biographie eines echten Intellektuellen gehöre auch ein Gefängnisaufenthalt. Marx selbst hat übrigens nur eine einzige Nacht im Knast verbracht – in Brüssel –, Baumeister bereits drei Tage und vier Nächte.
Mit einem Zitat aus dem Marxwerk
Warum also nicht erst Marx, dann Bond? Weitere Infos zum Autor findet man www.baumeisterundbaumeister.comunter:
kultur & kreatives
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Projekt beschäftigt sich mit einem fiktiven Helden. „Weder geschüttelt noch gerührt. Wein trinken wie James Bond“ heißt der Titel des Buches, in dem es unter anderem darum geht, dass der Agent in den Filmen nicht nur Wod ka-Martini, sondern auch erlesene Weine trank.
„Die deutsche Ideologie“ verab schiedete Jens Baumeister uns: „In der Kommunistischen Gesellschaft ist es möglich, heute dies und morgen jenes zu tun – morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirte oder Kritiker zu werden“. Es ist diese Idee, dass jeder seinen Interessen nachge hen kann, statt sich nur mit einer einzigen Sache zu beschäftigen.
Dabei ist nach Baumeisters Ein schätzung James Bond gar nicht so weit weg von Karl Marx, der einst sehr eingängig den Fetisch charakter der Waren beschrieb. Es geht ums Habenwollen, und da ist James Bond der Protagonist, der diese Haltung wie kein zweiter verkörpert. Nirgendwo wird der Fetischcharakter der Waren so hemmungslos zur Schau getragen wie in den James Bond Filmen.
Umso größer war die Freude, den 1. Platz erreicht zu haben. Und eine Veröffentlichung in Englisch ist nun in greifbare Nähe gerückt.
wurden: Oxford University Press, CNRS Paris (Centre national de la recherche scientifique), De Gruyter und Harvard University Press.
Zurzeit arbeitet Baumeister an zwei Büchern, eines davon trägt den Titel „Wir haben ja immer noch Paris. Marx & Engels in der Ville Lumière“. In Paris, das der Autor aus einer Zeit als Reiseleiter sehr gut kennt, hatte Karl Marx nicht einmal zwei Jahre gelebt, doch diese Zeit war für den Philosophen sehr prägend, professionell wie privat. Hier beschäftigte er sich intensiv mit der Wirtschaftslehre, wandelte sich vom Radikaldemokraten zum Kommunisten, lernte er seinen kongenialen Freund Friedrich Engels kennen und wurde Vater. Ohne Zweifel war die französische Metropole der genius loci des Karl DasMarx.andere
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„Weder geschüttelt noch gerührt…“ verspricht ein spannendes und unterhaltsames Werk zu werden; erscheinen soll es nächstes Jahr.
Ein
Mende überreichte die Goldene Stadtplakette mit symbolischen „Brillanten“, sprich Zirkonia-Steinen. Und noch ein Jubiläum: Seit 20 Jahren prägt Elke Gruhn, international vernetzte Kunsthistorikerin vom Niederrhein mit einem Händchen für Talente und Kooperationen, höchst erfolg reich die Geschicke des NKV. Der NKV-Vorstand sagte Danke „durch die DasBlume“.benachbarte Museum war mit Chef Dr. Andreas Henning und den Kuratoren Dr. Jörg Daur & Dr. Peter Forster sowie der „Guten Seele des Hauses“ Walter Büttner gut vertreten. Exground-Chefin Andrea Wink und Fluxusfreunde wie Gerrit van Velsen und Jockel Kroecker feierten mit. Young Flu xus from Frankfurt – Studierende der Hochschule für Musik und Dar stellende Kunst Ffm. präsentierten „klassische“ Fluxus-MutterFluxus-Partituren.Gaiasaßlocker
Saito zeigte sich strahlend als Bad Girl. Groß und Klein machte mit bei ihrer köstlichen Performance „Pi Pa Po!“ Lauthals freute sich ein Gast:„Das ist ja wie Kindergeburts tag!“ Alles Fluxus eben. Text und Foto: Gesine Werner
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Alt-OB Achim Exner war „mit`m Radl da“ und plauderte mit Kunst mäzen Frank Brabant. Mit Margarethe Goldman und Rita Thies schauten zwei frühere Kultur dezernentinnen Fluxus-Künstlerinrein.Takako
Nassauischer
Geburtstag
„Hier spielt die Musik!“ Und ob! Fluxus-künstlerin Ann Noél zeigt neben kreativ gestalteten Nachtschränkchen als Hommage an Kolleginnen wie Yoko Ono & Co. ein hinreißend gestaltetes Piano im Nassauischen Kunstverein Jubiläum mit Aufzug und „Pi, Pa, Po“ Kunstverein zelebriert 175. und 60 Jahre Fluxus Wiesbaden
im Doppel-Pack
„Hoch sollen wir leben, hoch wollen wir leben, 175 mal hoch!“ Wenn ein Doppel-Jubiläum kein Grund für zünftiges Feiern ist: Der Nassauische Kunstverein Wiesbaden – am 16. Juli 1847 im Herzogtum Nassau von Wiesbadener Bürgern als „Gesellschaft der Freunde bildender Kunst“ gegründet – zelebriert „175 JA!re“. Und der 60 Geburtstag der FLUXUSInternationale Festspiele Neuester Musik, die 1962 mit der spektakulären Pianodestruktion für Furore sorgten und zum respektlosen Bürgerschreck taugten, wird erst recht bejubelt. Denkmalschutzgerechter Innenaus bau und Aufzug kosteten 80.000 Euro, die Kommune gab 278.000 Euro, der „Rest“ sind Spenden. Der Erbbaurechtsvertrag für die an sehnliche Altbauvilla wurde schon 2007 bis ins Jahr 207 geregelt. Ein Prosit auf die kommenden 25 Jahre, beim 200. Geburtstag sehen wir Draußenweiter.vor der Tür erinnert die Openair-Möblierung „uns Einge weihte“ an das Goldjubiläum 2012 und den legendären „Identical Lunch“ nach Alison Knowles uff de Gass - damals die ganze Strecke zwischen Museum und NKV. Die fluxiv-virtuosen Weibs-Bilder waren beim 50. Wiegenfest zu kurz ge kommen. Trotzdem ist die OpenairPerformance von Alison Knowles am Museum unvergesslich. „Occu py Fluxus“ - Fluxus geschieht nicht auf glatten, gewöhnlichen Wegen“ verkündete der sitzende Goethe vor zehn Jahren. Am 14. Juli 2022 – ja, am franzö sische National-Feiertag - wurde jetzt der runderneuerte NKV mit gebührendem Tamtam wiederer öffnet. Die dreiteilige Ausstellung „FLUXUS SEX TIES – Hier spielt die Musik“. Okkupiert das ganze Haus. Respekt. Es ist vollbracht - der NKV hat endlich (s)einen Aufzug und ist barrierefrei. Eine illustre Schar war zum Gra tulieren da. FLUXUS-Veteran Eric Andersen kam aus Dänemark und aus Holland kam Harry Ruhé, Insider und „lebende Infosäule“ von 2012. In der Schau prominent vertreten, brachte Fluxuskünstlerin Ann Noél einen fluxistischen Toast OBaus.Gert-Uwe
auf der Treppe, plauderte aus dem Nähkästchen und über ihren „Tristan-Akkord“. Mary Bauer meisters Komposition wurde vom „Broken Frame Syndicate“ intoniert, das als Marchingband durchs Treppenhaus mäanderte. Das weckte Erinnerungen an den Super-Tuesday Anno 2012 von Fluxus-Mitgründer Ben Patterson, der damals den kompletten NKV bespielte und höchstpersönlich den „Akt eine knarrende Holztreppe im NKV herabsteigend“ gab.
Tosender Applaus im Opernhaus am
DankeSpielzeitund„unfassbarsagteintendantEnsembleGoetheplatz.MannheimerDasgesamtewurdebejubelt.OpernAlbrechtPuhlmannGMDAlexanderSoddy,derTollesgeleistet“habealsKonzertdirigentnocheinewirkt,zumAbschieddurchdieBlumen.
Im Jungen NTM Alte Feuerwache und im Studio Werkhaus geht es weiter wie gehabt. „Wir ziehen mit Euch um die Häuser!“ Als Spielstät ten empfehlen sich für Oper, Tanz & Schauspiel die OPAL-Halle am Luisenpark, das Alte Kino Franklin, das NTM-Tanzhaus Käfertal, der Pfalzbau Ludwigshafen und das Schlosstheater Schwetzingen. Mit Karacho nahm die brillante Ballettkompanie Abschied und zauberte den furiosen Doppelabend „Speed“ aus dem Hut. Ein Faszi nosum mit Langzeitwirkung: Alles dreht sich um Zeit. Tanzintendant Stephan Thoss reizt mit seinem „Short Play“ vor XXL-Ventilatoren unter kühl weißem Lichtobjekt musi kalisch-dynamische Optionen aus, mixt Zeitebenen und Genderrollen auch in den Kostümen, gibt Hektik
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kulturGeneralsanierung.&kreatives
Mannheim macht sich mit einem neuen „Ring“ im Herbst „Auf zu neuen Ufern“ „Bis bald, liebes Spielhaus!“ Mit persönlichen Anekdoten, Zeichnungen und Grüßen verabschiedete sich das Publikum vom angejahrten Theaterbau vor der
Durch die musiktheatrale „Götter dämmerung“ in der performativ-in stallationsfreudigen Sicht von Yona Kim und den Kampf um den Ring des Nibelungen endete vorerst die Geschichte von Göttern und Menschen. Mit der letzten Opern premiere hat auch der marode Bau fertig: „Bis bald, liebes Spielhaus!“ Das NTM wird in voraussichtlich fünf Jahren runderneuert und machte mit gebührendem Tamtam die Schotten dicht. Gäste aus Wiesbaden hielt auch das Chaos der Bahn von der Dernière nicht ab. Die Abschiedstafel animierte zu persönlicher Botschaft: „Die Musik und der Tanz waren im mer schön. Das Schauspiel seltsam und lustig!“ Im Foyer lud die großformatige Fo toschau von Hans Jörg Michel zur facettenreichen Seh-Reise durch „7 Jahre Theaterfotografie“ mit ein drucksvollen Augen-Blicken. Das Festwochenende frönte mit Blick auf die Interimszeit der Devise: „Auf zu neuen Ufern“.
Schwanengesang mit Speed und ein Abschied mit Aussicht Nationaltheater
wiesbadener*in III/2022 und Ruhe, Ironie, Groteske, Sein und Schein gebührend tänzerischen Raum. Szenischer Witz ist Trumpf. Faust-Preisträger Thoss hatte vorab in der „Begegnung“ mit den Freunden und Förderern des NTM sympathisch locker ins Nähkästchen Einegeblickt.Klasse für sich: 2014 uraufge führt, machte das neu einstudierte Tanzstück „Kosmos“ des vielfach ausgezeichneten griechischen Cho reografen Andonis Foniadakis schon beim Zusehen atemlos. Bodyper cussion und vulkanisch explosive Rasanz, kräftezehrender DerwischTanz und waghalsige Pirouette. Der hinreißende Doppelabend wurde ausdauernd bejubelt und sollte un bedingt weiter gezeigt werden. „Zu End ewiges Wissen“.16 Stunden Musik, inzestuöse Familiendramen zwischen Nibelheim und Walhall. Macht, Liebe und Gewalt. Die Göt terdämmerung beginnt ja schon im DerRheingold.Rheinfließt, die Götter gehen unter. Brünnhilde allein zu Haus – ein starkes Bild.
kultur & kreatives Zum Schwanengesang hatte die Opernsparte geladen, Wagners „Ring“ geschmiedet und die Premiere von Wagners „Götterdämmerung“ am letzten Abend auf die Bühne gebracht. Das Publikum stärkt sich Open air in der Pause.
Yona Kim zeigt Wagners Men schendrama nicht naturalistisch als frisches Musiktheater-Erlebnis auf der Bühne, im Graben und im Saal, mit Livekamera (Benjamin Lüdtke) unterstützt. Auch Instrumente „performen“, das NTM-Orchester entfaltet dynamisch Wagnersche Klangpracht. Für vokalen Glanz und ausgezeichnete Verkörperung stehen Lise „Brünnhilde“ Lindström, Jonathan „Siegfried“ Stoughton, Joachim „Alberich“ Goltz, Patrick „Hagen“ Zielke, Astrid „Gutrune“ Kessler, Thomas „Gunter“ Berau und die Rheintöchter Mirella Hagen, Rebecca Blanz & Maria Polanska. Der „neue Mannheimer Ring“ gastiert im Oktober in Daegu/Südkorea. Text und Fotos: Gesine Werner
Im unteren Foyer mit seinen architektonischen Besonderheiten und den Designersesseln zum Hineinsinken verabschiedete sich Theaterfotograf Hans Jörg Michel mit der großen Bilderschau „7 - Siebenunddreißig Jahre Theaterfotografie“ in den Ruhestand.
Ein
Callas, Nurejew, Caruso und das „Fenster zum Osten“
Arbeiterwohlfahrt kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus Die unendliche Geschichte der Skrupellosen vom Stam me Nimm zieht sich in Wiesbaden und Frankfurt weiter hin und sorgt zuverlässig für Schlagzeilen. Ein „Problembär“ ohne Scham und Schuldbewusstsein ist Frankfurts OB Peter Feldmann. Der „Sonnenkönig im Sumpf“ (Spiegel 21/2022) ist wegen Vorteilsannah me im Amt angeklagt, klammert aber und muss sich der Abwahl stellen. Kostenpunkt 1,6 Millionen. Immerhin wurden alle Prozesse der AWO Wiesbaden in punkto Rückzahlungen ungerechtfertigter Gehälter und Honorare gewonnen, vermeldete KreisverbandsChef Wolfgang Hessenauer. Das Arbeitsgericht Wies baden verurteilte Hannelore Richter zur Rückzahlung von 750.000 Euro. Scheinarbeitsverhältnisse der AWO Wiesbaden fliegen auf, die Rückforderungen sind rech tens: Das Arbeitsgericht Freiburg verurteilte die Tochter des Ex-Stadtverordneten Wolfgang Gores zur Rückzah lung von 70.000 Euro nebst Zinsen. Das Arbeitsgericht Wiesbaden gibt der Frankfurter Immobilienmaklerin Me lanie Roth die Rückzahlung von 116.000 Euro auf. Ge gen die Ehefrau des früheren AWO Frankfurt-Kitaleiters Klaus Roth erhob die Staatsanwaltschaft Ffm. Anklage vor dem Schöffengericht wegen Beihilfe zur Untreue: 28.600 Euro Honorare ohne Gegenleistung. Die AWO Ffm. erweiterte die Schadensersatzklage gegen Jürgen Richter, dessen Frau Hannelore und Andere. Hier stehen 6, Millionen Euro Schadensumme im VonRaum.wegen „Doktor“: Das Amtsgericht Ffm verurteilte Ex-AWO-Boss Richter als angeblichen „Doktor“ wegen Titelmissbrauchs zu 80000 Euro Strafe. Das „Minijob-System“ der früheren AWO-Spitze und Verdachtsmomente gegen Stadtrat Christoph Manjura sind ungeklärt. Der Revisionsausschuss sollte auf Aus kunftspflicht des Magistrats bestehen. Neu bei der AWO Wiesbaden ist Geschäftsführer Ba stian Hans. Der Diplom-Kaufmann aus Goslar mit brei ter Erfahrung (Wohlfahrtsverband und Privatwirtschaft) steht für „Transparenz“ und will die Bedeutung von Ortsvereinen und Ehrenamt wertschätzen. Text und Foto: Gesine Werner
Die historische Villa im Nerotal war die längste Zeit das noble Domizil der Arbeiterwohlfahrt Wiesbaden. Wohl im Herbst steht ein Umzug in angemes sen kleinere Räumlichkeiten an.
KulTouren
4 wiesbadener*in III/2022
Text und Foto: Gesine Werner
„Die Welt zu Gast in Wiesbaden“
Möchtegern-„Doktor“ und ein Problembär ohne Scham oder Schuldbewusstsein
Sonderschau „Vorhang auf!“ des Stadtmuseums am Markt flankierte in der Kurhaus-Kolonnade die Internationalen Maifestspiele 2022 Die Callas als „Begrüßungskomitee“ draußen vor der Tür der Kurhaus-Kolonnaden.„Vorhang auf!“ war die vom IMF-Förderkreis angeregte Sonderschau des sam - Stadtmuseums am Markt betitelt. Eine gut recher chierte „Seh-Reise“ in die 125- jährige Geschichte der Internationalen Maifestspiele - auf kaiserlichen Wunsch von Willem Zwo 1896 ins Leben gerufen - flankierte die Vorstellungen im Musentempel. Auch hier wurden pandemiebedingt „125 Jahre plus Eins“ der Festspiele zelebriert. Schirmherr der Sonderschau war Minister präsident Volker Bouffier, der Kulturfonds Frankfurt RheinMain förderte. Vorhang auf! Nein, Box-Ikone Max Schmeling sang nicht in den IMF und Big Caruso war erst im Oktober 1908 als Rigoletto in Wiesbaden. Und Benito Mussoli ni? Der diente als Vorbild der Kurz-Oper „Der Diktator“. Doch Rudolf Nurejew zeigte mit dem Royal Ballet London den „Korsaren-Sprung“, zwei Jahre nach der KuratorinFlucht. Dr. Vera Klewitz scheute den assoziativen Bogen nicht, präsentierte auf dem Roten Teppich auch fiktive Tagebücher. Ein Zeitstrahl führte von „Des Kai sers neue Festspiele“ und „Neuerfindung und Gleich schaltung“ sowie „Völkerverständigung und Kalter Krieg“ bis zu „Visionen und neue Wege“. Als „Fenster zum Osten“ waren die IMF bis 1989 wichtig. Eingeweihte schwelgten in Erinnerungen - Alternative Maifestspiele! - und entdeckten Bekannte auf Fotos. Figurinen, Requisiten technisches Gerät und Hör- und Videostationen informierten. „Bühnen-Bilder“ konnten betreten werden, „Fidelio“-Kostüme luden zum Anpro bieren. „Historische Personen“ plauderten aus dem Nähkästchen. Ein Wieder-Sehen mit der Installation des „lupenreinen Demokraten“ und Gazprom-Aufsichts rat Gerhard Schröder, der beim Gastspiel des GogolCenters Moskau im Mai 2018 als „Geisel“ für Kirill Se rebrennikow dienen sollte, bot die Schau auch.
Ein Gesamtkunstwerkberührendes
Die irische Companie Teac Damsa fasziniert mit der Inszenierung MAM So geht Irish Dance heute: Solo, getanztes Duett, Ensembleszenen, folkloristische Elemente und zwölf tänzerische kraftvolle Individuen. Mitreißend, Mythen erzählend, zutiefst berührend und exzellent getanzt ist „MAM“. Augenschmaus und Ohrenfreude. Großen Anteil am Erfolg hat der Konzertina-Virtuose Cormac Begley mit dem Musikkollektiv stargaze.
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Ein Fingerschnipsen als Anfang: Der humorvolle irische StarChoreograph Michael Keegan-Dolan inszeniert mit seiner Companie Teac Dansa – Haus des Tanzes die gefeierten Produktionen wie MAM in intensiven Gemeinschafts-Improvisationen. Zur Eröffnung der großen Landeschau „Der Untergang des römischen Reiches“ befasste sich Prof. Dr. Marcus Trier, Direktor des RömischGermanischen Museums Köln in seinem anschaulichen Vortrag mit der Römischen Nachbarprovinz Colonia im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. und wird auf dem Bild von Kuratorin Dr. Ellen Riemer und Landesmuseumsdirektorin Dr. Birgit Heide flankiert.
KulTouren
Die erkennbare Gemeinschafts- Inszenierung der irischen Companie Teac Dansa („Haus des Tanzes“) und ihres feinfühlig humorvollen Star-Choreografen Michael Keegan-Dolan war 2020 für den Laurence Olivier-Award als beste Tanzproduktion nominiert. 2021 nominierte der Critic`s Circle das Stück gleich doppelt für den National Dance-Award. Mit dem exzellenten Werk „MAM“, das viele Stühle, einen Widderkopf und spannende Performance-Ele mente aufweist, auch das zehnjährige Töchterchen Ellie Poirier-Dolan als naives Kind oder kecke Göre mitwirken lässt, sorgt Teac Damsa nach der Premiere beim Dublin Festival 2019 für Furore.
Text und Foto: Gesine Werner
Prima Idee, das Publikum durch die prägnante Film doku „The Dance“ von Pat Collins in der Caligari FilmBühne vorab mit dem bodenständigen Starchore ografen und seinem internationalen Ensemble bekannt zu machen. Mit der Produktion „Rian“ war der Chore ograf, der Pina Bausch als „Inspiration“ schätzt, 2012 erstmals in Wiesbaden. MAM entsteht in acht intensiven Arbeitswochen. Im provisationen. Gemeinsames Leben und Proben in ländlicher Abgeschiedenheit, das Stück entwickelt sich geradezu organisch und gibt individuellen Impulsen viel Raum. „A bunch of people enjoy!“ Ein Fingerschnipsen zum Anfang. Behutsamkeit und Respekt, spontane Einfälle, meditative Elemente und spielerische „Kämp fe“ ziehen das Publikum in Bann. Der Beifall hat Sturm stärke. Text und Foto: Gesine Werner Einblicke in versunkene Welten Spannende Ausstellungen und Vorträge im Landesmuseum Mainz Publikumsliebling „Kelti“, der winzige Glashund aus Wallertheim, hat sich mit anderen „Schätzen“ der Son derschau zum 75. Geburtstag des Landes RheinlandPfalz aus der Großen Bleiche verabschiedet. Jetzt laden hier „High Tech Römer“ zur Bekanntschaft mit dem „Phänomen römischer Erfindungen“ ein. Das Landesmuseum Mainz steht für Kunstschätze aus frühester Siedlungszeit bis in die Moderne und offeriert die Sonderausstellung „Niedergang oder Neuanfang? – Mainz und Köln zwischen Antike und Mittelalter“. Die von Dr. Ellen Riemer kenntnisreich kuratierte Schau in Kooperation mit dem Römisch-germanischen Museum Köln zeigt erlesene Exponate des spätantiken Mainz. Die Schau flankiert als Begleitprogramm die große Lan desausstellung „Der Untergang des Römischen Rei ches“ im Rheinischen Landesmuseum Trier. Eine breit gefächerte Vortragsreihe bietet Einblicke in längst vergangene Zeiten. Es ging um das römische Militär, spätantike Grenzsicherung am Mittel- und Ober rhein, Entstehung und Entwicklung des Christentums in Mainz und das spätantike Theater von Mainz. Über „das spätantike Köln im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr.“ informierte erfrischend anschaulich Prof. Dr. Mar cus Trier aus Köln. Der Direktor des Römisch-Germa nischen Museums Köln bekannte sich schmunzelnd zu „missionarischer Archäologie“. Bislang wurden In archä ologischen Grabungen 1,8 Millionen Objekte geborgen. Die rund 87.000 Amphorenteile fanden als „Plastiktüten der Antike“ Verwendung. Colonia am Rhein war Haupt stadt der Rheinfranken und Bischofssitz sowie Zentralort zu Beginn des 6. Jahrhunderts im Großreich des Sal franken Chlodwig aufgegangen, blieb administratives, wirtschaftliches, religiöses und kulturelles Zentrum im Nordwesten des Imperiums Romanum Am 0. August informiert Dr. Marion Witteyer über „Orte der Toten“, am 27. September geht es um das „Kastell Alzey und die Spätantike in Rheinhessen“. Am 25. Oktober stellt Dr. Guido Faccani aus Basel die rheto rische Frage: „Spätantike unter St. Johannis? Das auch noch…“ Die Vorträge im Landesmuseum finden nach Möglichkeit hybrid statt. www.landesmuseum-mainzanmeldung@gdke.rlp.de
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Text und Foto: Gesine Werner
„Abschied und Aufbruch“ das Motto im ge schlossenen Museum für antike Scbifffahrt. Nach fast 0jähriger Geschichte wird die Dauerausstellung um gebaut. 202 soll Eröffnung der Ausstellung sein.
Chris Pichler & Haydn-Ensemble Wiesbaden bezaubern im Theaterfoyer „ich bin a Narr. Des is bekannt.“ Genau so kann ein mozärtliches Sternstündlein anfangen, das als Finale mit einer „Welturaufführung“ überrascht. Mozart kann DerDirigent!Funke springt sofort über die Rampe und macht brieflich „textil“ oder nach Noten mit dem genialischen Wolfgang Amadee Mozart und dessen Mädels auf köst lich unterhaltsame Art bekannt. „Mozarts Frauen“: Das Vergnügen ist eine szenische Steilvorlage, als „Lesung mit Musik“ unzureichend be titelt. Nannerl, Bäsle, Stanzerl. Das Weaner Allround talent Chris Pichler zelebriert nach eigenem Konzept in Rokoko-Kostüm und Strubbelmähne - life gepudert - genüsslich den charmant frechen Kobold Wolferl, trauernden Sohn, verliebten Ehemann und Sottisen verteilenden Komponisten. Ein wunderbares Wieder sehen (und -Hören) mit perlenden Sopran-Koloraturen aus der „Entführung“ bescherte Faust-Preisträgerin Gloria Rehm (Die Soldaten). Goldkehlchen Rehm & Chris Pichler präsentierten sich schon mehrfach als perfektes Gespann. Das Haydn-Ensemble Wiesbaden mit Ausnahme-Piani stin Erika LeRoux am höchst wohltemperierten Klavier, Thomas Richter an der Querflöte, Violine Uta Lorenz & Judith Hiller-Schumann, Viola Pamela Kremer, Vio loncello Tobias Galler & Jochen Steinmetz am Kontra bass spielt hinreißend. Bei den IMF 2019 wurde Chris Pichler mit der Kammermusikvereinigung im 24Stun den-Mozart-Marathon mit „Amadeus! - Wolfgang in Deutschland, Amadeo in Italien de Mozartini“ gefeiert. In der Matinee der Jubiläums-IMF amüsierte sich das aufgekratzte Publikum wie Bolle. Standing ovations und Bravorufe. Die Neun von der Klangstelle kamen nicht ohne Zugabe davon: Wolferl leiht sich die Krücke eines Herrn aus, Mozart hat einen „Taktstock“ und gibt den Dirigenten. Da capo! Text und Foto: Gesine Werner Das Wolferl ist quicklebendig und kann sogar noch Dirigent! Mit einer pfiffigen „Welturaufführung“ überraschte das Allroundtalent Chris Pichler im ausverkauften Prunkfoyer des Musentempels. Bestens disponiert, legten sich Haydn-Ensemble und Goldkehlchen Gloria Rehm bei der „Zugabe“ nochmal tüchtig ins Zeug.
Mozärtliches Vergnügen mit Welt-Uraufführung
Spiel-Raum für Rob und Händel Neues Leibniz-Zentrum für Archäologie als Filiale des Staatstheaters Mainz Das Römisch-Germanische Zentralmuseum - LeibnizZentrum Forschungszentrum für Archäologie hat „fast fertig“ und wird vor seiner offiziellen Eröffnung im Früh jahr 202 einem Stresstest unterzogen: Das Staatsthe ater Mainz bespielt eine neue „Filiale“. Während der zweiten Theatertage Rheinland-Pfalz hatte Regisseur Wolfgang Menardi die anspruchsvolle Architektur die Kulisse für seine Inszenierung von Eft hymis Philippous „Rob“, angelehnt an „Roberto Zuco“ von Bernard Koltés aus den Neunzigern, geboten. Die Zeit ist nicht nur „ein sonderbar Ding“, wie die Rosenkavalier-Marschallin weiß. Sie kann auch als winziges Korn aus einer XXL-Sand-Uhr rieseln, an eine Wüste denken lassen und vor partiell spiegelnder Wand und „Vorhang“ aus Blüten sichtbar werden.
Bei Händels „Il Trionfo del tempo del Disinganno“/ „Triumph der Zeit und der Enttäuschung“ im Leibniz-Zentrum für Archäologie“ ist der chinesische Regisseur Chang Tang der feinfühlige Spielleiter.
Georg Friedrich Händels Oratorium „Il Trionfo del tempo del Disinganno“/ „Triumph der Zeit und der Ent täuschung“ passt bestens in ein Archäologie-Zentrum. Klug nutzt Christophe Oouvrad auch die Freitreppe als Bühnen-Bild.
KulTouren
Carlos Wagners Inszenierung mit asia tisch anmutender und tänzerischer Personenführung (Butoh-Coach Tadashi Endo) geht unter die Haut. Mit vokaler Brillanz und anrührender Gestaltung be geistern „Schönheit“ Alexandra Samouilidou, „Enttäu schung“ Sonja Runje, „Piacere“ Karina Repova und „Tempo“ Bryan Lopez Gonzalez in den „sprechenden“ Kostümen von Angelo Alberto. Das Philharmonische Staatsorchester unter GMD Her mann Bäumer spielt in Höchstform. Als einfühlsamer Spielleiter sorgte der chinesische Regisseur Chang Tang, auch an der August EverdingTheaterakademie München engagiert, mit viel Finger spitzengefühl hinter den Kulissen für den perfekten Ablauf. Das Publikum applaudiert allen Mitwirkenden Derweilbegeistert.ist
Text und Foto: Gesine Werner Babylon als Turmbau von Wiesbaden! Spektakuläres Großprojekt von Jörg Widmann & Peter Sloeterdijk startet das Jubiläum der IMF 2022 Respekt. Als Eröffnungs-Schmankerl zum Jubiläum „125 plus 1“ gönnten sich die Internationalen Maifest spiele als drittes Haus nach der Münchner Urauffüh rung 2012 ein veritables Großprojekt. Hochkarätige Besetzung, zwei Chöre und mit Gongs, Schofaroth, Glasharfe und Akkordeon erweitertes Orchester in AuchHochform.hinter den Kulissen gingen sämtliche Gewerke mit Leidenschaft an ihre Grenzen und sorgten für ein erstklassiges Gesamtkunstwerk in sieben packenden Bildern. Der Schlussapplaus für alle Beteiligten, darun ter Komponist-Klarinettist Jörg Widmann sowie Libret tist Peter Sloeterdijk, hatte Sturmstärke. Die Ovationen wollten nicht enden. Die biblische Turmbau-Geschichte ist mit der Lovestory von Priesterin Inanna (Sarah Traubel) und Exilant Tam mu (Leonardo Ferrando) verschränkt. Mit der bildge waltigen „Babylon“-Inszenierung und ausgefeilter Per sonenführung debütierte Regisseurin-Bühnenbildnerin Daniela Kerck, die zuvor mit den Schauspielen „Admis sions“ und „The Minutes“ überzeugte, als Opernregis seurin von Abflughalle,Format.unglückliche
Text und Foto: Gesine Werner
Schritt weiter ist die SEG in Sachen City-Passa ge, die nach rund sechs Jahren Leerstand abgerissen wird zugunsten der „Mauritius-Höfe“. Das Areal wird ein von Gassen aufgeteiltes Quartier mit Läden, Bü ros, Gastronomie, Wohnungen und einem Hotel. Der Kaufvertrag mit der Art-Invest Real Estate Management GmbH & Co. KG in Frankfurt (Kostenpunkt 27 Millio nen Euro) wurde notariell beurkundet, gaben SEG und städtische Holding WVV gemeinsam mit der Käuferin Umbekannt.ihreInteressen zu wahren, sicherte sich die Stadt mit umfangreichen Regelungen im Vertrag ab. Jetzt geht es in die Detailplanung und die Abstimmung mit Ämtern und Behörden. Laut Vertrag muss ein geneh migungsfähiger Bauantrag spätestens ein Jahr nach Beurkundung bei der Bauaufsicht eingereicht sein vom Projektentwickler. Läuft alles gut, machen die Mauriti us-Höfe ab 2027 aus dem „Sorgenkind“ einen Anzie hungspunkt in der „Herzkammer der Stadt“.
KulTouren
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Langer Atem für das Herz der Stadt Stadtentwicklungsgesellschaft SEG ist einen Schritt weiter mit den „Mauritius-Höfen“ „Wir entwickeln Wiesbaden!“ Die im Namen symboli sierte Devise setzt den sprichwörtlich „langen Atem“ gerade bei ambitionierten Großvorhaben voraus, welche die Stadtentwicklungsgesellschaft in Taten um Imsetzt.Juli hatte sich (endlich) das Viererbündnis aus Grü nen, SPD, Linke und Volt auf eine Kooperation geeinigt hat inklusive neuer Ressortzuschnitte. In dem fast 140 Seiten starken Kooperationsvertrag bekommen auch kostenintensive Großprojekte wie Walhalla, City-Pas sage/Mauritius-Höfe und Sportpark Rheinhöhe grünes Licht. Und trotz Haushaltssperre will die Landeshaupt stadt Großprojekte wie Walhalla, Sportpark Rheinhöhe, Ostfeld-Erschließung rund Rathaus-Sanierung schul Einentern.
Otto Katzameier, als stimmgewaltiger Bassbariton und vielschichtig agierender „Tod“ im schwarzgefiederten Kostüm umjubelt, feiert die gelungene „Babylon“-Premiere mit Tänzerin Carla Peters in der Theaterkolonnade.
Die City-Passage hat die längste Zeit den Charme von „Bonjour Tristesse“ ausgestrahlt. Läuft alles glatt, sind ab 2027 hier die „Mauritius-Höfe“ als attraktiver Innenstadt-Kiez am Start.
Liebe, Apokalypse, Tsunami wellen des Euphrat, „Du wolltest, Himmel, selbst die Hölle werden…“ Unter der exzellenten musikalischen Leitung von Chordirektor Albert Horne überwältigte das brillant aufspielende Staatsorchester mit monumentaler Klangpracht, der Chor trumpft klangmächtig auf. Mit prachtvollem Gesang und darstellerischer Bravour betören auch die virtuose Andrea Baker (Euphrat), Countertenor Philipp Mathmann, Michelle „Seele“ Ryan, „Priesterkönig“ Claudio Otelli, „Priester“ Ralf Hachbauer, Publikumsliebling Stella An (Bote/Kind) und als clownesk agierender „Tod“ der Bassbariton Otto Katzameier. „Babylon“ – ein Opernhighlight mit Nach hall.
Das Sammeln, Konservieren und Zugänglichmachen von Nachlässen verbindet die beiden Einrichtungen. Seit 2012 stellt die Stadt der KunstArche im Stadtarchivgebäude ein Domizil zur Verfügung. Das Sammeln von Nachlässen Wiesbadener Persönlichkeiten und das Sammeln von Kunstwerken als Nachlass - historische Perspektive und kunsthistorischer Blickwinkel am selben Ort habe sich „im mer wieder als Glücksfall erwiesen“, führte der Dezernent aus. Auch dem rührigen Verein zur Förderung des Stadtar chivs, der unter dem Vorsitzenden Ulrich Kirchen wichtigen finanziellen und ideellen „Input“ leistet und demnächst ein Buch mit „Wiesbadener Geschichte/n“ von Zeitzeuginnen & Zeitzeugen herausbringt, erwies Axel Imholz Reverenz. Passend zum Jubiläum hatte das Team des Stadtarchivs doppelte Freude. Fachgerecht gesäubert und professionell verpackt, kamen knapp 100 historische Urkunden inklusive der Sonnenberger Stadtrechte von 151 ins Stadtarchiv retour. Die sogenannte Umbettung in säurefreie SpezialKartons sichert schonend die sicherste Aufbewahrung „für dieses unersetzliche Kulturgut“ freute sich Archivleiter Dr. Peter Quadflieg.
Doppeljubiläum KunstnachlässeStadtgeschichtefür&
www.kunstverein-bellevue-saal.deTextundFoto:GesineWerner
Das Stadtarchiv Wiesbaden zelebriert 130. Geburts tag und die Kunstarche 10. Wiegenfest Bei tropischen Temperaturen wurde im Stadtarchiv – dem Gedächtnis der Stadt - doppelt runder Geburtstag zweier Institutionen mit historischer Dimension gefeiert: Neben einer Fotoschau historischer Bilder aus 10 Jahren Archiv geschichte und einem Archivquiz mit Gewinnspiel wurde eine Performance von Bernd Brach und das Brettspiel „Unter den Eichen“ durch Studierende der Hochschule RheinMain präsentiert. Zwar war schon im 16. Jahrhundert der Uhrturm in der Marktstraße Lagerort für Urkunden. Erst im Jahr 1892 stellte die Stadt mit Christian Spielmann einen „Profi“ als Stadtarchivar ein, wie Kulturdezernent Axel Imholz aus führte. Der Stadtrat dankte in seinem launigen Grußwort dem Gründertrio und Felicitas Reusch für ihre ehrenamt liche Arbeit für die KunstArche, die vor zehn Jahren von den Künstlern Professor Wolf Spemann, Johannes Ludwig und Arnold Gorski gegründet wurde.
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Beim „Stadtarchiv-Fest zweiundzwanzig“ freuten sich Kulturdezernent Axel Imholz, Stadtarchivleiter Dr. Peter Quadflieg und FördervereinsChef Ulrich Kirchen über das Doppelte Jubiläum: Das Stadtarchiv ist seit 10 Jahren das „Gedächtnis der Stadt“ und die KunstArche feierte 10. Geburtstag. KulTouren Klangvolles Schmankerl der Extraklasse Abschiedskonzert von Flötist Thomas Richter mit Komponist Gregor A. Mayrhofer „Composer in Residence – Gregor A. Mayrhofer” war der Titel. Und ein Sternstündlein bekam das be geisterte Publikum von Orchesterflötist Thomas Richter mit der Kammermusikvereinigung Wiesbaden und Pia nist Levi Hammer an Klavier und Cembalo im ausver kauften Foyer geboten. Schostakowitsch trifft Gregor A. Mayrhofer, Thomas Larcher mit Deep Purple-Motiven trifft Franz Naspa-Stiftung,Schubert.Staatsorchester-Förderverein sowie Theaterfreunde Wiesbaden unterstützten und Vorsit zender Helmut Nehrbaß sagte Dank „durch die Blume“. Ausnahmemusiker Richter zelebrierte seinen „Schwa nengesang“ als Porträtkonzert mit einem veritablen Absolventen der New Yorker Juliard School, Jahrgang 1987. Er stellte den vielfach ausgezeichneten Münch ner Komponisten Gregor A. Mayrhofer auch als feinfüh ligen Dirigenten und exzellenten Pianisten mit Jazzfai ble vor. Hochkarätern wie Kiril Petrenko, Andris Nelson und Paavo Pärt hat er assistiert. Und sein Klaviersolo „Finding Light“ ist nicht zufällig Sir Simon Rattle gewid met. Sein „Held“ brachte ihn mit dem Film „Rhythm´ is it!“ zur Musik, holte ihn später als Assistent zu den Ber liner Philharmonikern. Als Flötist spielte Thomas Richter seit 1984, also fast vier Jahrzehnte, im Hessischen Staatsorchester, schätzt „die wunderbar kollegiale Atmosphäre“ dort und viele „tolle Aufführungen in Oper und Konzert“. An der Musikhochschule München ausgebildet, gilt seine schon im Familienensemble geweckte Liebe der Kam mermusik. Für das Orchesterspiel bei den Münchner Philharmonikern begeisterte ihn Sergiu Celibidache. Unvergesslich sind ihm Orchester-Mitwirkung in den Bayreuther Festspielen und Aushilfen in der Staatska pelle Berlin unter Daniel Barenboim. Seit 1997 ist Thomas Richter in der Organisation der Kammermusikvereinigung aktiv (rund 400 Konzerte), spielte rund 80 Konzerte. Aktuell in diversen Formati onen engagiert, hatte er sich mit dem Haydn-Ensemble Wiesbaden und Schauspielerin Chris Pichler in den IMF „Mozarts Frauen“ gewidmet. Jetzt ist Thomas Richter pensioniert, doch nicht im Ruhestand. Für 202 kündigte der Mann mit dem langen Atem und der bril lanten Spieltechnik „ein Klimakonzert“ an mit der Kam mermusikvereinigung.
Text und Foto: Gesine Werner
Ein Abschiedskonzert mit langem Atem. Flötist Thomas Richter und die Kammermusikvereinigung Wiesbaden mit Dirigent Gregor A. Mayrhofer betören das Publikum im Prunkfoyer.
Das 23.Internationale Trickfilm-Festival Wiesbaden als „Sommer-Event“ Ein Hoch auf die Kunst der Animation - erstmals im Juni. Das Publikum des 2. Internationalen Trickfilm-Festivals Wiesbaden vergab die Preise an „Affairs of the Art“ von Joanna Quinn, an „La Bestia“ von Marlijn van Nuenen, Ram Tamez & Alfredo Gerard Kutikatt und an „People in Motion“ der Produktion Lauenstein & Lauenstein, wie Detelina Grigorova-Kreck verkündete. Die Filmexpertin ist zusammen mit Filmkoryphäe Joachim Kreck eingebunden in das Oral History-Projekt „Erlebte Geschichte & Geschichten“ des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden. Das traditionsreiche Festival basiert auf Zu sammenarbeit mit dem Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesbaden, FBW, Omnimago GmbH und der Caligari DenFilmBühne.Kulturamtspreis der LH Wiesbaden hatte Amtslei ter Jörg Uwe Funk persönlich überreicht an Christoph Lauenstein, Studio Lauenstein & Lauenstein Hamburg.
Ein Oscar-Preisträger als Doppelgewinner
Als kulturpreisgekrönte „Freunde der Filme im Schloss“ zeigen die Krecks im Trio mit dem unverzichtbaren „Dritten Mann“ Michael O. Fechner am 2. September (19.0 Uhr) in frisch restaurierter 4K-Originalversion das legendäre Countrymusic-Epos NASHVILLE von Robert AmAltman.2. September (20 Uhr) kommt das amüsante RED ROCKET als erste Comedy von Sean Baker im eng lischen Original mit Untertiteln ins Filmschloss am Rhein. www.filme-im-schloss.de
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Wildgeschnitztes grobes Holz Furioses Klangfeuerwerk der Combo „Wildes Holz“ frenetisch gefeiert bei den IMF 2022 So ein Applausgewitter vom tüchtig aufgekratzten Pu blikum hat es im ausverkauften Prunkfoyer lange nich gegeben - und das bei den kaiserlichen Maifestspielen. Schuld war das „Wilde Holz“, das „grobe Schnitzer“ angekündigt hatte und sich als grandioses InstrumentalTrio erwies. Da capo! Stillsitzen is nich. Die Füße wippen und der Funke springt mit der ersten Note des rasanten Abends über die Rampe. Ein furioses Klangfeuerwerk gab es auf die gespitzten Ohren, die Augen wurden groß. Blockflöte von Sopranino bis „Ofenrohr“-Subbass hat Flötist Rei sige dabei, spielt zwei Hölzer zugleich und kann mit „Einhand-Trommel“ und Flöte – gleichzeitig! – dem Film helden „Rocky“ huldigen. Die Boygroup mit dem selbst ironisch unterfütterten Humor ist als Gesamtkunstwerk auf dem Holzweg weit neben der Spur eines handels üblichen Konzertes. Sie „duellieren“ sich und springen umher wie die Blues Brothers. Eine Heavy Metal-Gabel wird gesichtet und schon sind wir in Wacken – mit Fal co! Eine Polska aus Schweden reißt mit ausgeklügelter Choreografie hin. „Apache“ klingt nach Westernsong und „drei Tanzbären“ beglücken in filmreifer Szene. Kein „neumodisches Zeug“, alles handgemacht und mundgeblasen. Gar zier liche Tanzschritte werden kredenzt, die winzige Mandoline erklingt vom Balkon. Im Breitwand-Filmsound mit Modern-Jazz auf den „Highway to hell“? No problem. „Sie fallen vom Glauben ab!“ Eine Loopstation machts möglich, den „Kanon mit sich selbst“. Headbangen im Trio, dann zielen Bass, Gitarre und Flöte „Gewehrhal ber“ in den Saal. Südliches Flair fehlt nicht. Und Jethro Tull kann einpacken, den Ian Anderson mit gelupftem Bein kann Tobias Reisige auch.
KulTouren
Text und Foto: Gesine Werner Musik für Stielaugen und Spitzohren: „Wildes Holz“ ist einfach köstlich, grandios, phantastisch und höchst überraschend. Tobias Reisige bringt uns die Flöten-Töne bei, pfeift auch auf dem letzten Loch. Markus Conrads ist bass und bässer und Johannes Behr ist der viel-saitige Guitarrero.
Mit seinem Bruder Wolfgang 1989 Oscarpreisträger ge worden, zeigte der sympathisch Bodenständige seinen Oscar-Film „Balance“ außer Konkurrenz – und heimste für seinen neuen Puppen-Trickfilm „People in Motion“ hoch verdient noch den Publikumspreis ein.
Der Kölsche Jung Johannes Behr ist als virtuoser Gui tarrero der Neue im Trio, Markus Conrads greift Kontra bass und Mandoline beherzt in die Saiten, ist auch ein „bässerer“ drummer. Klassisch können die Jungs von der Klangstelle aus dem Effeff, an Klezmer-Können und Filmmusik hapert es nicht und auch der „Mensch vom Hebbed“ ist in der Holzversion ein atemberaubender Genuss.
Text und Foto: Gesine Werner Er kam aus Hamburg angereist und fuhr mit zwei Preisen an die Waterkant retour: Oscarpreisträger Christoph Lauenstein bekam den Kulturamtspreis der Landeshauptstadt Wiesbaden und den Publikumspreis für seinen neuen Puppen-Trickfilm „People in Motion“.
Das Projekt „Time Capsul“ von Finn Lakeberg, Amber Panasters und deda productions zeigten in kurzen Video porträts, was Tänzerinnen und Tänzer wirklich umtreibt. Ein „Open Space“ bot Raum für eigene Themen.
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forschungen“ loteten hoch konzentriert diverse Varianten von Gangarten aus.
Im „Dance Tunnel“ auf der „Seuf zerbrücke“ zwischen Grossem und Kleinem Haus gab es Gelegenheit zum Grooven. “Dance more!“ war hier die DasDevise.vor zehn Jahren von William Forsythe gegründete „Motion Bank Projekt“ wird als &ForschungsprojektinterdisziplinäresvonFlorianJenettScottdeLahuntaanderHochschule Mainz fortgeführt und gab Einblicke in die Arbeit der letzten Jahre.
Der Kongress tanzt und teilt Tanzkongress „Sharing Potentials“ in Mainz
Hauptsache Spaß an der Bewegung! Patricia Carolin Mai (Kampnagel Hamburg) stellt die Individualität eines jeden Körpers in den Mittelpunkt. Mit Drummer Andreas Kubitzki aus Mainz bot die Choreografin und Tänzerin „City Moves“ an unter der Devise: und „(K)ome together“ ging als Erfolg über
die Bühnen
Text und Fotos: Gesine Werner Tanzmainz-Chef Honne Dohrmann und Kuratorin Ingrida Gerbutaviciute,.neue Intendantin des tanzhauses nrw Düsseldorf, entwickelten den Tanzkongress Sharing Potentials“ mit Unterstützung des Staatstheaters Mainz.
„(K)ome together“ Der Kongress ging mit den „City Moves“ der Choreografin Patricia Carolin Mai direkt in die Stadt und animierte Groß und Klein zum Spaß an der Bewegung. Vorkenntnisse nicht nötig.
Teilen als Motto. „Sharing Potentials bedeutet Vielfalt der Stimmen“. Und dieser Vielfalt sowie den hierarchischen Strukturen von Teilhabe und Macht widmete sich der Tanzkongress 2022 der Kulturstiftung des Bundes. Die hatte die legendären Kongresse der 20erJahre von Mary Wigmann und Gret Palucca 2006 wiederbelebt. 2022 wurde tanzmainz / Staatstheater Mainz mit der Organisation beauftragt. Unter Corona-Bedingungen entwickelte Tanzdirektor Honne Dohrmann als Programmleiter mit Ingrida Gerbutaviciute, der international renommierten Dramaturgin und neuen Intendantin des tanzhauses nrw e.V. als Chefkuratorin, ein breit gefächertes Programm. „Gemeinsam wollen wir verstehen, wo der Tanz steht, wohin er sich bewegt und was er benötigt“. In zwölf Themenmodulen wurde der Gedanke des Teilens durchdekliniert. 19 internationale Kurator:innen wurden angeheuert, sechs Fachberaterinnen „gaben Input bezüglich Inklusion, Diversität und Nachhaltigkeit“. Am Eröffnungsabend begeisterte Norwegens Nationalcompany Carte Blanche mit der hinreißenden Urauf führung von „But Then, We`ll Disap peare (I´d Prefer Not To)“. Zwischen „Ich“ und „Wir“ oszillierend, zog das faszinierende Stück wie ein Sog in den Bann. Standing Ovation auch für die tanzmainz-Uraufführung „Sphynx“ von Rafaele Giovanola & Rainald Endraß. Die Cocoon Dance-typischen „Körper
Beim Kongress ging es auch um The men, die Tanzschaffenden unter den Nägeln brennen wie „New Friendships? – Freie Szene und Kulturinstitutionen“. Frei von der Leber weg hieß es auch „Let´s talk about gender“.
wiesbadener*in III/2022 41 Seit 15 Jahren fördert der Kulturfonds Frankfurt RheinMain Leuchtturmprojekte / “hier leben“ als neuer Schwerpunkt 60 Jahre „Internationale Festspiele Neuester Musik“ in Wiesbaden und die feminine Fluxus-Kunst steht erstmals im Mittelpunkt in der Fluxus-Wiege Wiesbaden. Der Nassauische Kunst verein e.V. präsentiert zum Jubiläum ein Festivalprogramm mit vielen Highlights: „FLUXUS SEX TIES! - Hier spielt die Musik!“ Der jetzt 175 JA!re junge NKV, der im Doppeljubiläum auch den 60. Geburtstag von Fluxus zelebriert, war ihr „bis jetzt nicht un bedingt als Konzerthaus bekannt ge wesen.“ Schmunzelnd bekannte Karin Wolff bei der Preview-Pressekonferenz ihre „Unkenntnis“ und genoss einen ersten Rundgang durch die kenntnis reich kuratierte Ausstellung. Der Fonds unterstütze „mit Freude die lebendigen Ideen der Fluxus-Bewegung in aktu ellen Kunstproduktionen“, wünschte die Geschäftsführerin „erfolgreiche DerFestspiele“.2007gegründete, seit 15 Jahren gezielt fördernde Fonds will die Region einen und international ausrichten. Aktuell werden unter dem Titel „hier leben“ Projekte gestützt, die sich der Gegenwart widmen. Frühere Themen waren „Transit“ und „Erzählung.Macht. Identität“. Kuratorin Dr. Julia Cloot verweist auf Fluxus-Künstler John Cage, der einen „Bedarf des Wandels“ skizzierte und „Ineinanderwirken“. Als selbst aufgelegtes Vorhaben wurde ein Essayprojekt gestartet mit Profis der Sparten Literatur, Philosophie & Sozio logie, die Beiträge zu 24 Begriffen von „Atmosphäre“ bis „Zeit“ liefern. Auch „Festen für alle Sinne“ widmet sich der Fonds. Großformatige För derung ging an die Internationalen Maifestspiele Wiesbaden in der „Jubiläumssaison 125 plus 1“mit der fulminanten Eröffnung durch das Operngroßprojekt „Babylon“. Auch die sinnträchtige Kooperation des Stadt museums mit dem Staatstheater in den Kurhauskolonnaden gegenüber des Musentempels war gefördertes Kulturereignis. „Vorhang auf!“ offerierte eine gut recherchierte Zeitreise durch 125 Jahre Internationale Maifestspiele Wiesbaden. Erinnerung satt für Einge weihte, Info für Interessierte. Der Förderantrag der „WiesbadenBiennale – International Arts Festival“, von Kilian Engels neu kuratiert, „hatte es in sich und ging an die Obergrenze des Kleinen Verfahrens“, berichtete Geschäftsführerin Wolff im Prunkfoyer. Das Konzept mit Zusammenführen der Sparten, Einbindung lokaler Instituti onen und Anknüpfen an die Biennale Venedig habe überzeugt. Das Förderprogramm KUNSTVOLL feiert Jubiläum. Seit 10 Jahren werden Kulturinstitutionen & Schulen verknüpft, 220 Projekte sind realisiert, 2 Millionen Euro wurden vergeben. Als Beispiel könnte das Projekt „AufBruch“ von Kul turpreisträgerin Priska Janssens die nen. Die gelungene Kooperation von Semiramis e.V. mit der Fluxus-Schule Wiesbaden hatte Premiere. Auch mit Blick auf den Beitritt der Landkreise Offenbach und RheingauTaunus-Kreis wurde das Budget für Kulturelle Bildung erhöht und aktuell 2 Kooperationen gefördert. „Nach zwei außergewöhnlichen Schuljahren blicken wir optimistisch auf den Projekt beginn im Spätsommer.“ www.kulturfonds-frm.deTextundFotos: Gesine Werner Künstlerisches Schaffen für ALLE möglich machen kultur & kreatives Auch die Stadt Wiesbaden ist Mitglied als Kulturfonds und feierte des NKV-Jubiläum: Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende überreichte zum 175. Geburtstagg die Stadtplakette in Gold mit „Brillianten“ (Zirkoniasteine) an NKV-Chefin Elke Gruhn. Pressekonferen zum Doppeljubiläum von Nassauischem Kunstverein und Fluxus mit NKV-Chefin Elke Gruhn, Kulturfonds-Geschäftsführerin Karin Wolff und Fluxuskünstlerin Ann Noel (von links).
Mit der formidablen Inszenierung „Königin Lear“ mit Genderswitch (Buch: Tom Lanoye) bietet Regisseur Gustav Rueb in den Darmstädter Kammerspielen (Bühne: Florian Barth, Video Jan Heck) aktuelle Szenen aus dem Industriellenmilieu, die unter die Haut gehen. Das exzellente Ensemble um Titelfigur Karin Klein und Hubert Schlemmer (Kent), den „Söhnen“ Thorsten Loeb, Bela Milan Uhrlau und Nesthäkchen Marielle Layher spielt Interessenkonflikte knallhart aus. Tüchtiger Beifall. MAM von und mit dem irischen Teatr Damsa - Haus des Tanzes des StarChoreografen Michael Keegan-Dolan bietet tänzerisch-musikalischen Genuss ohne Tapdance-Folklore. Das Ensemble ist multinational und hat das facettenreiche Stück in achtwöchigen Proben mit dem Konzertina-Virtuosen Cormac Begley und dem Musikkollektiv stargaze als gemeinsame Kreation erarbeitet. Ein umjubeltes Schmankerl.
Hitchcock meets Tarantino meets David Lynch. Kopflos mit Bunuel auf der Titanic. Oder so. Mit dem artistisch versierten Ensemble „Peeping Tom“ aus Belgien sorgte die Tanzsparte von Bruno Heynderickx für Furore. Das bizarre „Triptych“ aus „The missing door” und „The last room“ sowie „The hidden floor“ reißt mit surreal-grotesken, filmisch anmutenden Bildern zu Grusel und Applaussturm hin.
TheaterDonner auf den Bühnen in Wiesbaden und Darmstadt
kultur & kreatves Hashtag OMG! Eine „Eskorte“ auf den Stufen zum Foyer? Köstlicher Clou, diese „Zugabe“ nach der Premiere von „Instame“. Mit Lena Hilsdorf, Klara & Maria Wördemann, Philipp Steinheuser & Anna Lena Owen hat der Schauspieler Christoph Kohlbachers (Bunbury) sein eigenes Stück als hinreißende Realitätsflucht in die pinkfarbene GlitzerParallelwelt inszeniert mit Elvis, Rocky & Harry Potter. Fehlt nur noch der Walkürenritt. „It`s so nice!“ Hat das Zeug zum Renner.
Königin Lear trifft auf Kalldewey, Farce. Peeping Tom ist auch da. Schmankerln auf den Bühnen der Region unter Pandemieregeln.
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Blick nach Wiesbaden Vor 40 Jahren uraufgeführt, sprach lich angejahrt, doch amüsant, kommt Bernd Mottls rasante Ver sion von „Kalldewey, Farce“ daher - in buchstäblich auf den Punkt/die Punkte gebrachtem Bühnenbild & Kostüm von Friedrich Eggert. Ja, Botho Strauß konnte schon 1981 „Komödiant der untersten Garnitur“ sein. Und das formidable Ensemble - Christian Klischat, Sybille Weiser, Evelyn M. Faber, Lina Habicht, Felix Strüwen & Jan Diener - gibt dem Affen Zucker. Einfach köstlich. Final verschmelzen die Figuren mit der Bühne. Das Publikum klatscht sich die Hände wund.
42 wiesbadener*in
Ohne Krone und ohne Halt. Shakespeares Dauerbrenner „König Lear“ zeigt Uwe Eric Laufenberg (Bühne Rolf & Marianne Glittenberg) als packendes Drama an einem langen Abend. Durchhalten lohnt. Das konzentriert aufgelegte Team um Titelheld Nicolas Brieger nötigt Hochachtung ab. Uwe Kraus, Michael Birnbaum, Lukas Schrenk, Tobias Lutze, Klara & Maria Wördemann (alternierend als Cordelia & Narr) Christina Tzatzaraki, Lina Habicht, Christoph Kohlbacher, Christian Klischat, Paul Simon sowie Noah L. Perktold werden angemessen gefeiert. Blick nach Darmstadt Industriemagnatin Elisabeth Lear ist eine moderne „Königin“ Lear. Im Stück von Tom Lanoye ist sie so anmaßend borniert wie ihr Shake speare-Urahn im 16. Jahrhundert. Mit Livekamera hat Gustav Rueb markant inszeniert. Tolles Ensem ble – viel Beifall.
Text und Fotos: Gesine Werner König Lear wäre auch als Königin Lear vorstellbar
Das Spielzeitmotto „May I hug you?“ thematisiert „körperliches Erleben in pandemischen Zeiten“. Die neue Hausherrin offerierte mit Lucie Ort mann & Philipp Schaus (Dramaturgie) und Akademie-Leiterin Dörte Kordzum dieke als Team den zukunftsweisenden Spielplan. Ein „Ort der Vernetzung“. Die Bereiche „intime Körperlichkeit“ und „Körperlichkeit der Gemeinschaft sowie „expansive Körperlichkeit“ wollen gesellschaftlichen Diskurs und Distanz aufbrechen.
Künstlerische Umarmung für Klein & Gross
Davon kann Wiesbaden nur träumen – ein eigenes Haus für den Tanz. Das tanzhaus nrw wird als eingetragener Verein geführt. Das Haus der freien Szene basiert auf den Säulen Bühne – mit 350 und knapp 100 Plätzen – und Akademie. Alle Generationen sind eingeladen zur Freude an Tanz und Bewegung in der „neuen Normalität“. Am Anfang steht eine Umarmung. Mit der preisgekrönten Dramaturgin und Produzentin Ingrida Gerbutaviciute aus der litauischen Hauptstadt Vilnius bahnt sich eine verheißungsvolle Ära an. Die neue Intendantin kuratierte in Mainz den Tanzkongress 22 unter dem Motto Sharing Potentials“ (S. 40).
Die neue Intendantin Ingrida Gerbutaviciute macht aus dem tanzhaus nrw zu Düsseldorf einen Ort der Vernetzung „May I dance with you?“ Die nrw-tanzhaus-Akademie lädt schon Zweijährige zu Kursen ein: Daniel Luka (Tap), Leiterin Dörte Kordzumdieke, Carlo Melis (Modern Dance/Jazz), Manis Sjahroeddin (Orientalisch) und Hausherrin ingrida Gerbutaviciute (von links) freuen sich auf die neue Spielzeit. Neuintendatin Ingrida Gerbutaviciute bindet internationale Hochkaräter wie Choreograf Fabien Prioville und den interdisziplinär wirkenden Tänzer Ben J. Riepe (rechts) an das nrw tanzhaus.
„Eine Institution mit Vielen und für Viele“ ist das nrw tanzhaus.
„May I dance with you?“ In die Akademie ist „jedes Alter, jedes Level!“ ab 2 Jahren eingeladen, die Kursleitungen sind alte Hasen und Häsinnen wie Carlo Melis, Manis Sjahroeddin (die orientalischen Tanz auch schon im Wiesbadener Studio von Beate von Gruenewaldt lehrte) und Tapdancer Daniel Luka. Das Programm wird erweitert und ein Pi lotprojekt lädt Menschen mit Demenz ein. Eine hochkarätige Masterclass mit Chien-Ming Chung, Probenleiter der Hofesh Shechter II-Company, lädt ein. Das Eröffnungswochenende am 16. bis 18. September bringt Sami-Cho reografin Elle Sofé Sara aus Oslo mit „Vastadus eana/The answer is land“ und ihre Jork-Vokalisen sorgen für Gänsehaut pur. Sehen mit den Oh ren bietet das „House of Labrys“ von levaKrish/Litauen & Nimanis/Lettland – es wird ein vierstimmiger Tanz“. Und sieben Tänzerinnen treiben mit „Queen Blood“ in den Tanzrausch, bevor die Late Night im Foyer zum „Happy Hype“ Nebenbittet.
internationalen Gastspielen und Residenzen mit Austausch und gemeinsamer Reflexion widmet sich das Haus der Nachwuchs-Förderung und setzt auf Nachhaltigkeit, auf Barri erefreiheit und Inklusion. Hochkaräter freuen sich auf die neue Chefin. „May be data ist the new dada?“ Der fran zösische Choreograf Fabien Prioville bringt Tanzerfahrung im Pina BauschEnsemble mit und forscht zu Tanz & Bewegung im digitalen Raum: „Tanz & DerDigitalität“.spartenübergreifend wirkende Tanzkünstler und Bildende Künstler Ben J. Riepe steht für internationale Projekte, wirkt am Haus und bereichert die Internationale Tanzmesse NRW Ein2022.Netzwerk aus Kooperationen: Aerowaves – European dance net work for research and cross-bordwer presentation gehört das nrw-Tanzhaus nun an, ist Partner von New Italian Dance und dem italienischen Kulturin stitut Köln. Im Rahmen von „Take off“ wird die Zusammenarbeit mit Schulen verstärkt. Nachwuchs der Ballettszene wird in Kooperation mit der Oper am Rhein im Programm „Step by Step“ weiterhin gefördert. „Dancing is power!“ tanzhaus-nrw.de/de Text und Fotos: Gesine Werner
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Saarländisches Staatstheater Saarbrücken erobert sich neue Spiel-Räume Auf den Plakaten im Schaukasten des Saarbrücker Musentempels treffen sich „Carmen“ und „Paul“ und laden zum Theaterbesuch im Großen Haus und im Historischen Museum Saar am Schloss ein.
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„Bühne frei!“ ist in Saarbrü cken Trumpf. George Sands „Gabriel*le trifft den Dänen prinzen im Doppelpack und Paul hat ein Rendezvous mit Carmen. Das Theater mäandert in die Stadt. Der charakteristische Musentem pel am Tbilisser Platz hat mit dem neuen Spielort am Saarbrücker Schloss eine spannende „Filiale“ bekommen. „Es soll nicht wer den, wie es war. Es soll doch bitte besser werden oder wenigstens gut.“ Paul, ein mittelalter Normal bürohengst und Hobbysänger, hat Talent zum Fabulieren. Die Pan demie zeigt seine Einsamkeit und provoziert Rückblenden in Kindheit und PaulJugend.röhrtwie Satchmo und gibt den Gitarrero. „Aber Im Netz sich zeigen? Wer ist denn so verzwei felt?“ Für ihre feinfühlige Inszenie rung von Sibylle Bergs Monolog „Paul oder Im Frühling ging die Erde unter“ - Ausstattung Matthias Kowall, Musik Stefan Wurz, Drama turgie Horst Busch – macht Lucia Reichard die unterirdischen Kase matten zum genialen Bühnen-Bild. Bernd Geiling, als Salieri („Ama deus“) gefeiert, ist anrührend und wandlungsfähig als empfindsamer Teenie, Möchtegern-Rockstar und Normalo mit erotischen Sehnsüch ten. „Paul“ – ein Kabinettstückchen besonderer Art. Bravo! Mal eine ganz andere Carmen, in blondem Kurzhaar schnitt ohne Löwenmähne und Rüschenrock. Doch sterben muss die freiheitsliebende Außenseiterin, die soziale Klassen nicht akzep tiert und Hierarchien überwinden will, in der Machowelt dann doch. Packend und mit frischem Zugriff fernab übicher Klischees hat Jan Eßinger in Sonja Füstis filmreifem Bühnenbild mit GanghoferAppeal (Kostüme Benita Roth) den Dauerbrenner von Georges Bizet grandios inszeniert. „Feuer“-Zau ber inklusive. Das Staatsorchester „Carmen“ mal anders: Folkloristische Schnörkel und wohlfeile Gassenhauer-Klischees - Fehlanzeige. Regisseur Jan Eßinger bringt den Georges BizetKlassiker mit „Feuer“-Artistik in expressiven Szenen auf die Bretter kultur & kreatves Für Frieden und Freiheit in Europa
Die unterirdische Burg des Historischen Museums Saar am Saarbrücker Schloss als faszinierende Kulisse: Der preisgekrönte Mime Bernd Geiling geht als anrührender „Paul“ mit seinem offenherzigen Monolog dem Publikum unter die Haut. Das Saarbrücker Barockschloss ist auf den Resten älterer Burg- und Festungsanlagen errichtet. Das Historische Museum Saar ist d a s Museum zur Landesgeschichte und ist kooperiert mit dem Staatstheater Saarbrücken
wiesbadener*in II/2022 45 unter GMD Sébastien Rouland, in Wiesbaden in bester Erinnerung, zeigt sich im straffen Dirigat von Stefan Neubert in Höchstform. Gesungen und gespielt wird ganz ausgezeichnet, das Publikum spendet Szenenapplaus. Neben der virtuosen Carmen Seibel in der Titelpartie, dem prägnanten Angelos Samartzis (Don José), dem markanten Stefan Röttig und der stimmstarken Micaela von Vir ginia Ferentschik machten Bettina Maria Bauer, Melissa Zgouridi, Max Dollinger, Algirdas Drevisnkas, Chanyang Choi, Markus Jaursch und Nils Hollendieck rundum bella Figura. „Für Frieden und Freiheit in Europa!“ Das Haus signalisiert „Solidari tät mit der Ukraine“. Für „Help 4 Ukraine e.V.“ werden Spenden Auchgesammelt.inSaarbrücken wird Wagners „Ring“ geschmiedet. Am 18. Sep tember geht das „Rheingold“ unter komplett femininer Leitung an den Start. Regie, Bühne & Kostüme verantworten Alexandra Szemeré dy & Magdolna Parditka, Dramatur gin ist Frederike Krüger. „Anders! In welcher Welt?“ ist das Motto der Theatersaison 2022/2 Generalintendant Bodo Busse, in Wiesbaden aus seiner Zeit als beliebter Operndramaturg der Ära Beilharz prägnant in Erinnerung, eröffnet am 11. September augen zwinkernd die neue Spiel-Zeit: „Die schreckliche theaterlose Zeit ist endlich vorbei“ ist die Devise beim Theaterfest & Promenadenkonzert mit GMD Rouland, dem Saar ländischen Staatsorchester und Solist*innen des Musiktheaters auf dem Tbilisser Platz. Text und Fotos: Gesine Werner kultur & kreatives
Am 20. November betritt „Gurgulit za“ die Bühne – ein deutschisraelisches Trio, das sich 2018 auf einer musikalischen Reise in den Bulgarischen Bergen gründete. Inspiriert von den Nitsannikensüdosteuropäischenarchaischen,GesangstechsammelnNettaShachar,BernsteinundMadlenStan
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In diesem Jahr beginnt „Tarbut“ am 6. September mit der Ausstel lungseröffnung im Rathaus, die sich der jüdischen Hilfsorganisation „La Benevolencija“ widmet. Die Or ganisation hat während der Bela gerung Sarajewos im Bosnienkrieg in den Neunziger Jahren unter schwersten Bedingungen humani täre und konfessionsübergreifende Hilfe für alle Betroffenen leistete.
eit nunmehr 15 Jahren stellt die Jüdische Gemeinde Wiesbaden in Kooperation mit dem Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesba den ein hochwertiges Programm zusammen, das sie unter dem Titel „TARBUT – Zeit für jüdische Kultur“ präsentiert.
Die Reise des jiddischen Liedes von seiner Heimat in Osteuropa bis zu New Yorks Lower East Side steht am 27. November im Mittel punkt dieses Programms der ge feierten lettischen Sängerin Sasha Lurje und dem amerikanischen Violinisten extraordinaire Craig Judelman. Musik und Geschichten, erzählt auf Deutsch und Russisch, entführen den Hörer in das goldene Zeitalter von Odessa, durch die en gen Gassen des jüdischen Vilnius und auf die grandiose Fanfare des amerikanischen jiddischen Thea ters (ab 17 Uhr im Kulturforum, Friedrichstr. 16).
Weitere Infos unter: www.jg-wi.de Lebedik, Foto: © Shendl Copitman
Am 7. September begibt sich Yuriy Gurzhy „auf die Suche nach dem neuen jüdischen Sound in Deutschland“. Zusammen mit Wladimir Kaminer begründete er die legendäre „Russendisko“. In Wiesbaden stellt er sein neues Buch mit dem spannungsreichen Titel „Richard Wagner und die Klezmerband: Der neue jüdische Sound in Deutschland (ab 20 Uhr im KESSELHAUS, Murnaustr. 1).
S
Das diesjährige Programm ist wie der gespickt mit spannenden Auf führungen, Künstlern und Themen, von denen wir hier einige nennen möchten.
Mit unbedingtem Aufstiegswillen er obert er als Dandy die Wiener Ge sellschaft und ist der festen Über zeugung, dass ihm niemand etwas anhaben kann. Bis 198 die Nazis in Österreich einmarschieren. Aus Bruchstücken, Überliefe rungen, Recherchen und Doku menten setzt Shelly Kupferberg bei ihrer Lesung am 22. November das Leben ihres Urgroßonkels zusammen. (ab 19.30 Uhr im Kulturforum, Friedrichstr. 16).
In der Caligari FilmBühne werden Ab 8. Oktober drei Spielfilme ge zeigt (Marktplatz 9).
ge alte Lieder auf ihren Reisen und arrangieren sie neu (17 Uhr im Kulturforum, Friedrichstr. 16). Eigentlich war sein Name Israel. Bekannt wurde er weniger verrä terisch unter dem Namen Isidor Geller. Weit war sein Weg aus dem ärmlichen Winkel Ostgaliziens, bis hin zum Kommerzialrat und Berater des österreichischen Staates.
kultur & kreatives
Schüler:innen von heute mit Ideen von morgen: 2005 von der Wiesbaden Stiftung initiiert, um Teamgeist zu wecken und das Selbstbewusstsein der Schüler zu fördern, fand der Wettbewerb nach erzwungener Coronapause endlich wieder statt. An die hundert Leonardo-Projektteams stellten sich dieses Jahr den fachkundigen Jurys aus sechs Ka tegorien. Ein Team der Gerhart-Hauptmann-Schule gewann den Leonardo in der Kategorie „For a better planet“ für das Projekt „Dem Mülltütenskandal auf der Spur“. Das überprüfte, wie kompostierbar die so genannten Biomülltüten tatsächlich sind. Der Leonardo in der Kategorie „Der gesunde Mensch“ ging an ein Team von der Friedrich-List-Schule mit dem Projekt „Ordnung in die Unordnung – mit der CO2 Ampel“, dass die Luftqualität in Klassenräumen misst. Das Projekt „Wald für Wiesbaden“ der Mit telstufenschule Dichterviertel, das sich dem Thema Wald in vielfältiger künstlerischer Weise widmete, gewann in der Kategorie „Lebensraum Stadt“. In der Kategorie „Zusammenhalt“ konnte sich das Projekt „Anti-Mobbing-Tag“ von der Martin-Niemöl ler- Schule durchsetzen. Das Projekt „Spuren der Erinnerung“, das dem Leben jüdischer Mitbürger in Wiesbaden nachspürt, entschied die Auswahl in der Kategorie „Schule fürs Leben“ für sich. Und schließlich gewannen die „Museumsguides“ vom Gymnasium am Mosbacher Berg, die ein innova tives Führungsformat für das Museum Wiesbaden entwickelt hatten, in der Kategorie „Alles ist Kunst“. Über den „Anerkennungspreis Theater“ konnte sich die Schauspielgruppe von der IGS Kastellstraße mit dem Stück „Momo“ freuen. Zwischen den einzelnen Verleihungen zeigten Schülerteams verschiedener Altersklassen, was sie können: Einrad fahren, Smoothies zubereiten, singen, rappen, Klavier- und Cellospielen. Ganz besonders gespannt wurde auch der Lehrer*innenPreis erwartet. Über diesen konnte sich diesmal Eva Giovannini von der IGS Kastellstraße freuen, die vier Projekte sehr erfolgreich betreut hatte. Zum Abschluss der beeindruckenden Gala sang das Publikum im voll besetzten Staatstheater „Imagine“ von John Lennon. Mehr Informationen in Wort und Bild www.leonardo-award.de
wiesbadener*in III/2022 47 Neu gestartet und erfolgreich abgeschlossen: mit einer im Stile einer Oscar-Verlei hung inszenierten, spektakulären GalaVeranstaltung wurde der Leonardo-Schul-Award 2022 in Wiesbaden gefeiert. Am Sonntag durften die Gewinnerteams auf der Bühne des Großen Hauses des Staatstheaters die Preise für heraus ragende Ideen und Projektarbeit entgegenneh men, wofür es die begehrten Leonardo-Trophäen sowie Geldpreise gab.
zusammenleben
Die nach den Sternen greifen Leonardo-Gala 2022