Essen und Gesundheit
Neurofibromatose
Eine Krankheit mit vielen Gesichtern
„Das Leben mit einer seltenen Erkrankung ist mit Ungewissheit verbunden. Man weiß nie so genau, was kommt.“ Das erzählte uns Claas Röhl vor fünf Jahren in einem TipiInterview zum Thema. Bei seiner Tochter Rhea, damals 6 Jahre alt, wurde bereits im Babyalter die Krankheit Neurofibromatose Typ 1 diagnostiziert. Eine Diagnose, die das Leben der Familie schlagartig änderte. Unzählige Krankenhausaufenthalte, Termine und Untersuchungen gehörten plötzlich zum Alltag. „Bei Rhea wurden mit zwei Jahren krankheitsbedingt zwei Sehnervtumore festgestellt. Sie gehörte damit zu den 20 % der Betroffenen, die das im Laufe der Krankheit entwickeln“, erzählte Claas Röhl damals. Bis sie 4 Jahre alt war, musste sich das tapfere Mädchen einer Chemotherapie unterziehen. In dieser Zeit hätte er mitbekommen, wie lückenhaft es um die medizinische Versorgung der Neurofibromatose-Patient(inn)en in Österreich und um die wissenschaftliche Erforschung der Krankheit generell stand. Das war der ausschlaggebende Grund, selbst aktiv zu werden. Claas Röhl krempelte sein bisheriges berufliches Leben um und gründete den Verein NF-Kinder mit dem Ziel, eine Neurofibromatose-Schwerpunktambulanz zu schaffen, wo sich die Expertise bündeln und jungen Patient(inn)en optimal geholfen werden kann. Was ist Neurofibromatose? Die Krankheit Neurofibromatose, kurz NF, ist angeboren und wird durch eine genetische Mutation verursacht. Sie ist neurokutan, betrifft also vorwiegend das Nervensystem und die Haut. Die meisten Menschen mit Neurofibromatose entwickeln im Laufe ihres Lebens gutartige Tumore auf oder unter der Haut sowie rund um Nervenstränge. Auch an inneren Organen können Tumore entstehen und deren Funktion beeinträchtigen. Weiters kann NF Veränderungen des Skelettsystems zur Folge haben, was zu orthopädischen Problemen führen kann. Neurofibromatose kann in drei verschiedene Typen unterteilt werden. NF Typ 1, 76 | som m er 2021
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© Sissy Steinbrecher (1)
Kein Stein bleibt auf dem anderen, wenn das eigene Kind die Diagnose einer Krankheit erhält, deren Verlauf nicht vorhersehbar ist. Claas Röhl gründete als betroffener Vater den Verein NF-Kinder, der die Versorgung von Neurofibromatose-Patient(inn)en in Österreich bereits ein großes Stück weit verbesserte. Doch es gibt noch viel zu tun … von eva maria wagner
Mit unermüdlichem Einsatz kämpft Claas Röhl für eine bessere Versorgung von NF-Patient(inn)en in Österreich. Immer an seiner Seite: Tochter Rhea.
» Man sucht sich nicht aus, Patientenvertreter zu werden, sondern das Leben sucht sich die Patientenvertreter aus. « Claas Röhl, Gründer und Obmann NF-Kinder
NF Typ 2 und Schwannomatose. Ein Betroffener hat dabei eine der drei Krankheiten, die unterschiedliche Ausprägungen haben. Kein Krankheitstyp kann in einen anderen übergehen.
Bei Rhea zeigten sich im Alter von drei Monaten sogenannte Café-au-Lait-Flecken, die oftmals das erste Anzeichen einer Neurofibromatose vom Typ 1 darstellen. NF 1 ist die häufigste Erscheinungsform von Neurofibromatose. Oft wird sie als die Krankheit mit den vielen Gesichtern bezeichnet, weil sie mit über 500 unterschiedlichen Symptomen einhergehen kann und der Verlauf kaum prognostizierbar ist. Jeder 10. Mensch mit NF erkrankt im Laufe seines Lebens an einem malignen periphären Nervenscheidentumor. Diese bösartige Tumorart kann nur besiegt werden, indem der Tumor rechtzeitig und vollständig entfernt wird. Aber nicht nur körperliche Symptome machen den Patienten zu schaffen. Auch Weiterlesen auf Seite 78.
08.06.21 15:14