BILDUNG & SCHULE
FACHSCHULE FÜR LANDWIRTSCHAFT, HAUSWIRTSCHAFT UND ERNÄHRUNG IN DIETENHEIM
Die Erdäpfel Eine Amerikanerin, die zum Inbegriff des Pustertals geworden ist: Die Kartoffel, vulgo „Erdäpfel“, kam vor mehr als 300 Jahren aus Amerika über Umwege ins Pustertal. Viele verschiedene Namen belegen die Bedeutung dieser Knolle für unsere Talschaft, seine Menschen und deren Landwirtschaft. 1712 nachweislich zum ersten Mal verkocht, wie aus dem entsprechenden Speisebuch hervorgeht. Besagtes Kochbuch wird im Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck aufbewahrt und enthält mehrere, von der Köchin selbst aufgezeichnete Rezepte zu verschiedenen Anlässen. Als Beispiel sei hier nur das Menü zum ersten Sonntag im April 1712 angeführt:
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ie Solanum Tuberosum, wie Botaniker die Kartoffel nennen, stammt aus den südamerikanischen Anden, aus dem Gebiet des heutigen Bolivien und Peru. Sie bringt daher bei uns auch noch in höheren Lagen gute Erträge. Die Kartoffel gehört zur Familie der Solanaceae-Nachtschattengewächse, so wie auch die Tomate, die Paprika oder der Tabak. Die agronomischen Früchte der Kartoffel sind Knollen (im Italienischen: tuberi). In ihrer Heimat Südamerika wird sie schlicht und einfach „Papa“ genannt, damit es jedes Kind schon aussprechen kann. Die Spanier, die angeführt von Francisco Pizarro von 1525 bis 1543 Südamerika eroberten, nennen sie in Abwandlung ihres ursprünglichen Namens „patata“. Über die Kanarischen Inseln und Spanien kam die Kartoffel Mitte des 16. Jahrhunderts nach Italien. Hier wurde sie zunächst wegen der schönen Blüten geschätzt und wegen der giftigen, grünen Beeren gleichzeitig verflucht. Nach England kam die Pflanze über Virginia und Irland und wurde in der Grafschaft Lancashire schon um 1684 großflächig angebaut und „potato“ genannt. Etwas später, um 1716 wurde sie in Sachsen, ab 1738 in Preußen auch schon feldmäßig angebaut. Friedrich der Große, der von 1740 bis 1786 regierte, forderte jedoch größere Erträge, weshalb er den berühmten „Kartoffelbefehl“ erließ und die Bauern damit zur Produktion zwang. Im Kloster Sonnenburg, in der Gemeinde St. Lorenzen, wurden bereits 1705 oder 1709 Kartoffeln als Zierpflanzen angebaut und
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Ersten Sontag in Appril Mitwoch in der Paßion wochen Den Convent auf Mitag graue Arbes Suppen, Söz Khiechl, auch Khrebs, so Khrebs gar nicht verhanden, Fisch darvir, Völch Khrapfen, Ponen sallat Ert öppfl vor die Collätion Es kommen neben den „Ert Öppfl“ (Lat. malus terrae) weitere Bezeichnungen im Speisebuch vor, wie „Artuffelen“ oder „Tärtuffelen“. Von diesen Wörtern ist es nur ein kleiner Schritt zu unserer deutschen Bezeichnung Kartoffel, welche sich vom Italienischen „tartufolo“ ableitet, was so viel heißt wie „kleine Trüffel“.
DIE ERDÄPFEL IM PUSTERTAL
Das Kloster Sonnenburg besaß fast 700 Jahre lang viele Bauernhöfe im Gadertal und die Bauern waren zu jährlichen Abgaben, dem „Zehend“, verpflichtet. Es mutet daher schon befremdend an, dass die Gadertaler die Kultur erst 1796 aus Sachsen beka-
Schloss Sonnenburg in St. Lorenzen im Sommer.
Konrad Hofer