38
SPORT
Ein Leben im Handball Bereits als Jugendliche setzte Tina Welter alles aufs runde Leder, war der Handball ihre große Leidenschaft. Nach intensiven Jahren in der Bundesliga hat sich das nicht geändert, mit gerade einmal 30 Jahren setzt sie jetzt zur nächsten Etappe an. Plötzlich ändert die Stimmlage, ihre Begeisterung wird greifbar, als wir von einer eher nüchternen Analyse der aktuellen Situation zum nostalgischeren Rückblick wechseln: „Das war mega! Ich war gerade einmal ein paar Tage bei Göppingen, als es gleich gegen das Champions League-Team aus Wittigheim ging. Mein erstes Spiel in der 1. Bundesliga, ein paar Tausend Zuschauer, ich war total nervös und ich bekam gleich zwanzig Minuten Spielzeit. Ich warf auch mein erstes Tor, Tausende unbekannte Menschen, die dich total anfeuern, das vergesse ich nie mehr.“ Trotz ihrer Schnelligkeit war es aus dem Süden des Landes ein langer, anstrengender und beschwerlicher Weg bis in die erste Bundesliga zu Frisch Auf Göppingen. Als sie am letzten Spieltag den Abstieg nicht vermeiden konnten, blieben weitere spannende Angebote aus und nach gerade einmal zwei Spielzeiten ging es wieder zurück zum Heimatverein HB Käerjeng. In ihre sportliche Karriere hat Tina Welter viel investiert, auch die schulische Laufbahn geopfert. Leid tut es ihr nicht: „Ich bereue nichts und bin total glücklich über das, was ich erreicht habe. Ich weiß, dass ich meinen Sport gemacht habe, weil ich es wollte.“
Geld war zweitrangig, ihre Frage war vielmehr, wie weit sie es schaffen kann. Die Eltern wollten es weniger. Natürlich freuten sie sich über die Erfolge der Jugendlichen, unterstützten sie, mahnten aber auch die Schule nicht zu vergessen. „Ich habe nicht wirklich zugehört“, lacht sie unbekümmert und ergänzt: „Die Schule hat gelitten.“ Es war die Zeit ab 16 Jahren, als sie in anderthalb Vereinen spielte und Käerjeng als „Roude Léiw Bascharage“ auch im deutschen Handball mitmischte. Sie hatte ihre „9ème“ und „10ème Paramédicale“ absolviert, als sie sich 2012 als erste Frau für die Elitesportsektion der Armee bewarb. Doch im
großen Duell des luxemburgischen Frauenhandballs gegen den HB Düdelingen war sie am Samstag umgeknickt, begann montags die Grundausbildung mit jener Verletzung und musste nach zwei Monaten aufgeben. Eine halbherzige „11ème“ zur „aide-soignante“ folgte. die Frage, Schule fertig machen oder Handball, stellte sich ihr nicht wirklich: beim TV Nellingen forcierte sie ihre sportliche Karriere. Morgens eigenes Training, dann ein Minijob auf 450 Euro-Basis, abends dann erst ihr Training mit dem zweiten Team und danach noch die erste Mannschaft aus der zweiten Bundesliga. Täglich drei Trainingseinheiten als schlecht entlohnter Halbprofi: „eine super Erfahrung“, findet sie. Zuhause sei man in seiner Komfortzone, hier musste man sie diese schnell verlassen, härter trainieren und sich gut organisieren, um den Tagesablauf und die Müdigkeit zu bewältigen. Eine Nationalmannschaft der Frauen gab es zu dieser Zeit nicht mehr, und so durfte sie auch lange keinen zweiten Anlauf bei der Armee starten. Während ihren erfolgreichen Jahren bei den Trierer Miezen in der zweiten Bundesliga durfte die Stammspielerin 2018 dann aber vier Monate Grundausbildung und an den „freien“ Wochenenden Training und Spiel miteinander verknüpfen. Auch jene Grundabsicherung durch die Armee ermöglichte den Sprung in die erste Bundesliga. Denn überraschend sagt sie: „In der zweiten Liga verdiente ich mehr als in der ersten. Dort hatte ich mir einen Namen erarbeitet, in der ersten war ich nur eine kleine Luxemburgerin.“ Geld war bei ihrer sportlichen Leidenschaft jedoch immer zweitrangig, ihre Frage vielmehr wie weit sie es schaffen kann. Selbst als Profi, noch weniger im Frauenbereich, wird man in den wenigsten Fällen und Sportarten reich. Vielmehr erinnern zahlreichen ihrer Aussagen an den „grand seigneur“ des luxemburgischen (Männer-)Fußballs: Als junger Profi fühlte sich Paul Philippe gekränkt, als sich der neue Trainer bei Standard Lüttich wunderte, dass man in Luxemburg überhaupt richtig Fußball spielte. Seither macht er es sich zur Lebensaufgabe, dem großherzoglichen Fußball internationale Anerkennung zukommen zu lassen.