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MAGAZIN FÜR HOFÜBERNEHMER IM BÄUERLICHEN FAMILIENBEtrieb

Ja zu Milchvieh – aber warum? Seite 06

Schweinemast neu gedacht Foto: © pistipixel.at

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Advertorial

Neue Roll-Bar 125 Die neue Roll-Bar 125 ist der Nachfolger des Bestsellers im Segment der Festkammerpressen, der BR6090.

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stabilen Stabkette des bewährten Roll-Bar Ballenkammersystems sorgt für eine frühe Kernbildung und einen sicheren Ballenstart bei den unterschiedlichsten Bedingungen und Erntegütern – von trockenem Stroh bis zu nasser Silage. Das auffälligste neue Merkmal der Roll-Bar 125 ist die mit dem neuen Design eingeführte Seitenabdeckung. Die Seitenverkleidung öffnet, unterstützt von Gasdruckfedern, weit nach oben und gewährt damit einen einfachen Zugang zu den Wartungspunkten. Außerdem befindet sich hier der Stauraum für Ersatznetzrollen. Der Hauptrahmen der Ballenpresse wurde modifiziert, und auf beiden

Seiten wurde ein Stoßdämpfer zwischen dem Hauptrahmen und der Heckklappe angebracht, um ein geräuscharmes Schließen zu gewährleisten. Ein hochprofessionelles Händlernetz und die Verpflichtung von New Holland zu höchster Qualität garantieren ultimative Wertschöpfung für jeden einzelnen Kunden. Unter der Seitenverkleidung wurden weitere Details verbessert, die für eine längere Lebensdauer und geringere Wartungskosten sorgen: hochwertige Antriebsketten mit verchromten und gehärteten Kettengliedern sowie neue abgedichtete Lager sorgen für eine noch längere Lebensdauer.

Firmenbericht

ie baut mit dem bewährten Roll-Bar™-Ballenkammersystem auf der soliden DNA ihres Vorgängers auf und verbessert mit neuen Features ihre Leistung, Wartungsfreundlichkeit und Haltbarkeit noch weiter. Die neue Ballenpresse ist in zwei Versionen erhältlich: Rotorförderer ohne Schneidwerk und Schneidrotor mit bis zu 15 Messern. Sie besticht durch ein neues, modernes Design mit einer großen Seitenabdeckung, die einen einfachen Zugang für Wartungsarbeiten ermöglicht. Die Roll-Bar 125 zeichnet sich durch ihre hervorragende Flexibilität aus: Die Kombination aus großer Bodenwalze, Starterwalze und der

www. newholland. com

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ROLL BALER

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36 | In Schlägl macht Bio Schule

18 | Seminare: Learning never ends

52 | Gemma Germer stechen

Impressum

familie und betrieb

HERAUSGEBER Klaus Orthaber EIGENTÜMER

06 Ja zu Milchvieh – aber warum? 10 Das „Müsli“ für das Rind 12 Hofübergabe: Will denn keiner den Betrieb? 21 Lebensqualität trotz Hofübergabe 38 From farm to table 40 Die Hühnerflüsterer 43 Kunde und Investor 48 Schweinemast neu gedacht

UND

VERLEGER

SPV

Printmedien

GmbH,

­F lorianig. 7/14, 1080 Wien CHEFREDAKTEUR Stefan Nimmervoll (nimmer­v oll@blickinsland.at) ANZEIGEN­L EITUNG Prok. ­Doris Orthaber-Dättel (daettel@blickinsland.at) ­R EDAKTION & ANZEIGENANNAHME Florianig. 7/14, 1080 Wien. Tel.: 01/5812890, Fax: 01/5812890-23, redaktion@ unserhof.at LAYOUT Gerald Mollay ­( mollay@ blickinsland.at) Logoleiste Titel­seite: Grafic Design ­P ucher FIRMEN­B UCHNUMMER: FN 121 271 S. DVR 286 73 ­H erstellung proprint.at GmbH, 8042 Graz, Tel.: 0316/890791, ­office@proprint.at, www.proprint.at VERLAGSORT Florianig. 7/14, 1080 Wien P.b.b., ZUL.-NR. 14Z040154 M. Alle ­Zuschriften und ChiffreBriefe an BLICK INS LAND, Florianigasse 7/14, 1080 Wien. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Unterlagen besteht keine Gewähr auf Veröffent­ lichung oder Rücksendung. Einzelpreis: € 5,– Jahresabo Inland: € 12,– · Jahresabo Ausland: € 18,–

im gespräch 11 Die Kuh als Klimaretter 30 Auf Augenhöhe erklären

digitalisierung 32 Vom Acker zur App 46 Ein kleiner Neuanfang

forstwirtschaft 58 Mit dem Holz per du 60 Unternehmen pflanzen Bäume

kommunikation 18 Seminare: Learning never ends

betriebsführung 28 Die Fabrik der Zukunft 56 Wie funktioniert denn …? 72 Auf den Unterschied achten!?

AQUAKULTUR

bildung 36

In Schlägl macht Bio Schule

Diskussion 15 Mut, offen zu reden

Almen 52 Gemma Germer stechen

24 Fischers Fritz fischt frische Fische

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Familie Oktober Juniund 2019 2021 Betrieb | INHALT

Alles neu?

06| Ja zu Milchvieh – aber warum?

40 | Die Hühnerflüsterer

landwirtschat international

69 | Steile Hänge – fleißige Drohnen

buchtipp 65 Die Anziehungskraft des Waldes

66 Tausche Kühe gegen Kürbis 69 Steile Hänge – fleißige Drohnen

-Partner

Die Landtechnikbranche vermeldet Rekordumsätze. Und das trotz Corona. Oder vielleicht sogar wegen Corona. So viele Traktoren und Maschinen wie derzeit wurden jedenfalls schon lange nicht mehr verkauft. Die Branche jubelt. Man braucht nur in seinem persönlichen Umfeld schauen: Hier steht ein neuer Traktor, dort eine neue Sämaschine und auch die neue Ballenpresse soll hoffentlich bis zur nächsten Saison geliefert werden. Aber sind alle diese Investitionen sinnvoll? Die Antwort ist jein! Eine moderne Landwirtschaft braucht auch moderne Gerätschaften. Die Möglichkeiten im Rahmen der Digitalisierung am Feld und im Stall können nur genutzt werden, wenn auch die entsprechende Technologie zur Verfügung steht. Und in manchen Produktionsbereichen haben sich die Preise zumindest etwas erholt und lassen Luft zum Durchschnaufen. Die Corona-Hilfspakete der Bundesregierung haben ihren Teil zum Aufschwung der Wirtschaft beigetragen und auch die Landwirtschaft umfasst. Für viele Anschaffungen konnten Förderungen abgeholt werden. Die Motivation, in das eigene Unternehmen zu investieren, ist also da. Dennoch braucht es dazu auch Augen­maß. Welche Maschine brauche ich wirklich, welche Technologie hat Zukunft? Wie viel an Krediten kann und will ich zurück­zahlen? Gerade in Zeiten, in denen sich die Rahmen­ bedingungen so schnell ändern, müssen die Weichen richtig gestellt werden. Horuck-Käufe aus dem Bauch heraus können einen auf Jahre binden. Umso wichtiger ist es, sich beraten zu lassen und mit kühlem Kopf zu planen. Damit aus einer Zukunftsentscheidung eine zukunfts­ trächtige Entscheidung wird.

Stefan Nimmervoll

Chefredakteur

Eine Medienkooperation von:

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Familie und Betrieb

Foto: © agrarfoto.com

Ja zu Milchvieh – aber warum? Drei junge Hofübernehmer erzählen von der Übernahme und vom Leben auf dem Milchviehbetrieb. Milchviehbetriebe haben ein eigenes Image: Hohe Arbeitsspitzen, die körperliche Belastung, ständige Verfügbarkeit – was macht dennoch die Begeisterung für diesen Betriebszweig aus? Immerhin gibt es in Österreich 25.608 Milchlieferanten, die ihre Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch an 84 Verarbeitungsbetriebe liefern. Von Margit Fischer

I Margit Fischer ist Projektleiterin des Vereins Perspektive Landwirtschaft, der sich die Förderung der außerfamiliären Hofübergabe vorgenommen hat.

m Jahr 2019 haben 4 % der Milchviehbetriebe aufgehört. Gegen diesen Trend stellen sich die drei in diesem Beitrag vorgestellten Hofübernehmer-Paare, die ganz unterschiedlich zu ihrem Wunschberuf gekommen sind: Sie haben den Familienbetrieb übernommen, haben außerfamiliär nach einem Milchviehbetrieb gesucht, ein Hof wurde sogar von Grund auf neu belebt und für die Milchwirtschaft umgebaut. Wie und warum, das erzählen sie in den nachfolgenden Kurzportraits. Die drei Betriebe, die hier vorgestellt werden, haben Hofübernehmer gefunden. Nicht alle haben so viel Glück, die fehlende Hofnachfolge ist der häufigste Grund für die Aufgabe des Betriebs. Diese

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hängt, wenn es Kinder gibt, oft mit der hohen Arbeitsbelastung zusammen. Viele Landwirte wünschen sich für ihre Kinder sogar einen anderen, einen „besseren“ Beruf mit mehr Sicherheit und geregelten Arbeitszeiten. So bleibt die Frage nach der Hofnachfolge lange ungeklärt, in den Hof wird nur mehr das Nötigste investiert und es wird immer schwieriger, eine Hofnachfolge zu finden.

Über das gute Leben Das gute Leben – gibt es das überhaupt? Wie kann die hohe Arbeitsbelastung in der Milchwirtschaft gemeistert werden? Was hat die persönliche Lebensqualität

mit einem funktionierenden Betrieb zu tun? In Österreich bietet die Initiative „Lebensqualität Bauernhof“ mit dem bäuerlichen Sorgentelefon ein kostenloses Beratungsangebot für Bäuerinnen und Bauern in herausfordernden Situationen. Hauptthemen dabei sind die Hofnachfolge und Generationenkonflikte. Gerade die fehlende Hofnachfolge kann eine große Belastung darstellen, ist doch die Weitergabe des Lebenswerks fest im bäuerlichen Denken verankert. Hier bietet der Verein „Perspektive Landwirtschaft“ Unterstützung an und bietet mit der Hofbörse einen Ort der Begegnung für Hofübergebende und Hofsuchende. unserhof 3/2021


Familie und Betrieb

Die außerfamiliäre Hofübernahme Wie stellst du dir dein Leben als Milchbäuerin vor? Bianca: Schön – anstrengend, aber schön. Weil man Arbeit und Familie verbinden und das Rohprodukt selber verarbeiten kann. Das mein ich eher für den Eigenbedarf, z. B. Käsekugeln, Rahm abschöpfen, Butter kneten, für uns und Verwandte. In die Direktvermarktung würden wir im Moment nicht gehen, das wäre bei uns mit Familie und Arbeitsaufteilung zu aufwändig, mein Mann will weiterhin arbeiten gehen. Aber vielleicht kommt uns in ein paar Jahren die Idee, wir haben so viele ... schauen wir, was wir davon umsetzen.

Wie glaubst du wird das mit der Arbeitsbelastung mit den Tieren und welche Rolle spielen eure Hofübergeber? Bianca: Meine erste Reaktion war: Hilfe, man kann nichts mehr tun!, aber unsere Übergeber wollen, dass wir auch noch ein Leben haben, wir rechnen also fest mit ihnen. Die Altbauern wollen weiterhin mitarbeiten, sie wollen nicht jeden Tag aufstehen und in den Stall gehen, aber bei der Ernte, oder wenn was mit den Kindern ist, da helfen sie immer mit. Sie sind sehr großzügig und werden so übergeben, wie wenn wir ihre Kinder wären.

Ihr kanntet eure „Altbauern“ vor­ her nicht: Wie ist das Verhältnis zwischen den Generationen, eher beruflich oder familiär? Bianca: Unsere Kinder sagen Oma und Opa zu unseren Übergebern, wir essen miteinander, wenn wir dort sind und 2– 3 Mal die Woche wollen wir das beibehalten, auch um zu besprechen, wie man die Arbeiten aufteilt. Wenn man öfter beieinander sitzt, kann man die Woche besser planen: wie wird das Wetter, was macht man wann, wer kocht. So stellen wir uns das vor. Wir haben ein sehr familiäres Verhältnis miteinander. Manche können das gar nicht verstehen, dass wir zu fremden Leuten ziehen. Aber es kann auch in der eigenen Familie zu Reibereien kommen. Trotzdem, ganz viele reden uns sehr gut zu und sagen „wow ihr seid mutig!“. Auch wenn es in der Familie Zweifel gibt, wir gehen unseren Weg und haben hier unsere Heimat gefunden. Hier können wir tun, was wir wollen, außer Pferde (lacht). Es ist schön, diese Freiheit zu haben.

Was war bisher dein schönstes Erlebnis auf dem Betrieb? Bianca: Unser schönstes Erlebnis bisher war die erste Geburt vom Kalb Vroni, dass wir das alleine gemeistert haben. Da waren unsere Altbauern grad unterwegs. Was sind die größten Herausfor­ derungen?

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Foto: © Privat

Und trotzdem entscheidet ihr euch für Milchvieh? Bianca: Mein Mann ist auf einem Milchviehbetrieb groß geworden, er wollte das immer schon. Und ich mag das Melken auch immer schon und alles drum herum, vom Besamen bis zum Kalb, und dann wird es meine eigene Milchkuh, dieser Kreislauf. Man lebt mit den Tieren von Anfang bis zum Ende mit, man fiebert und leidet und freut sich mit.

Bianca: Die Abhängigkeit vom Milchpreis, darüber reden wir oft. Wer weiß, wie lange es sich noch rentiert. Aber dann würde uns sicher was anderes einfallen. Mit Alt und Jung da wird es sicher auch noch Konflikte geben, aber insgesamt sind wir optimistisch. Unsere Hofübergeber haben den Betrieb total im Griff mit Zuchtverband usw. Wir können noch viel von ihnen lernen. Sie haben auch immer viele Weiterbildungen gemacht. Man merkt, dass sie sich wirklich mit der Materie auseinandergesetzt haben und sie das ernst nehmen. Wenn ein Kalb sterben würde, wäre das für sie auch emotional ein schwerer Verlust, da sind wir uns sehr nahe von den Werten her, das Tierwohl steht für uns alle über dem Profit.

Bianca ist über die Liebe zum Milchvieh gekommen, war in der Volksschule schon immer im Stall bei jeder Gelegenheit und hat den landwirtschaftlichen Facharbeiterbrief der LFS Hohenlehen. Letztes Jahr haben sie und ihr Mann über die Hofbörse des Vereins Perspektive Landwirtschaft ihre „Altbauern“ samt Betrieb im Mühlviertel gefunden und befinden sich mitten in der Hofübergabe.


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Die Hofübernahme von den Großeltern Erzählt uns bitte etwas über eu­ ren Betrieb! Manuel: Wir sind auf diesem Betrieb seit fast 4 Jahren, heuer mit 1.1. haben wir den Betrieb von den Großeltern meiner Frau übernommen. Es sind ca. 50 Milchkühe am Hof, wir bewirtschaften knapp 6 Hektar Acker, wo wir eigentlich alles anbauen, Getreide und Mais, das wir für unseren Betrieb brauchen. Dann bewirtschaften wir noch knappe 40 Hektar Grünland und unseren Wald. Bisher hatten wir den Betrieb gepachtet. Die Großeltern wohnen auch hier, aber wir haben komplett getrennte Wohn- und Lebensbereiche. Warum wolltet ihr mit Milchvieh weitermachen? Manuel: Der Onkel meiner Frau ist 2017 bei einem Unfall ums Leben gekommen, ich habe dann hier einen Zivildienst gemacht. Da kann man sich melden beim Land, und ich hatte das Glück, auf unserem Betrieb unterzukommen. Ich hatte dann 9 Monate die Möglichkeit, das Leben am Betrieb kennenzulernen. Vorher hatte ich keine

landwirtschaftliche Ausbildung, habe aber viel in der Familie überall mitgeholfen. Das Milchvieh hat uns dann einfach getaugt und wir haben gesagt, wir machen genauso weiter, wie der Betrieb so dasteht, mit Melkroboter und auch sonst gut ausgestattet. Wir wollten auch weiterhin die Milch an Woerle liefern. Direktvermarktung hatten wir nicht wirklich überlegt – bei unserer Größe kann man sowieso nicht alles selbst vermarkten und auch vom Fleisch her finde ich das weniger interessant, zum Probieren hatten wir letztes Jahr 4 Sauen am Hof für den Eigenbedarf innerhalb der Familie und Freunde. Aber wir bleiben bei den Milchkühen! Wie teilst du dir Freizeit und Ar­ beit ein? Manuel: Das ist eben eine Einteilungssache. Wenn die Arbeit passt, wenn grad nichts zu heuen ist, da haben wir bisher meinen Schwager gefragt und der ist eingesprungen. Einen Betriebshelfer hatten wir bisher nicht, das wäre dann eine ganze Woche und man kann es ja doch eher schwerer einteilen.

Was war dein schönstes und dein herausfordernstes Erlebnis bisher? Manuel: Immer wenn alles gut geht, wenn die Qualität und die Milchleistung passt, wenn man sieht, dass das funktioniert, was man gerne macht. Also eigentlich wenn man sieht, dass die Arbeit einen Sinn macht, das tut gut. Auf der anderen Seite ist es schwierig, dass man überhaupt mit allem klar kommt, dass die Einteilung auch passt. Bei uns ist auch Wald dabei, und wir hatten vor Kurzem einen großen Sturmschaden, dann noch der Käfer, und zugleich hätten wir heuen müssen. Da wird es dann schwierig, alles unter einen Hut zu bringen. Wie hast du dir dein Leben als Milchbauer vorgestellt? Manuel: Naja, eigentlich habe ich es mir genauso vorgestellt. Man kann kurzfristig am Vormittag was erledigen, man ist sein eigener Chef. Wenn was nicht passt, dann weiß man, dass man es das nächste Mal anders machen könnte.

Manuel und Elisabeth Ensinger, 22 und 23, haben Anfang 2021 einen Milchviehbetrieb in Neumarkt am Wallersee übernommen. Die Milch ihrer 50 Kühe liefern sie an die Käserei Woerle. Mit seinen fruchtbaren Böden sind der Flachgau und das angrenzende Mondseeland heute eine der größten zusammenhängenden Heumilchregionen Österreichs. Manuel und Elisabeth engagieren sich auch bei den Artenvielfalt-Projekten von Woerle.

Foto: © Privat

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Familie und Betrieb

Übernahme und Umstieg auf Milchvieh Warum wolltest du Milchvieh machen? Robert: Für mich war das die einzige Option, dazwischen hat es nichts gegeben. Entweder Milchwirtschaft im Vollerwerb oder ich lass es ganz, weil hobbymäßig wollte ich es nicht machen. Es ist nicht mehr Sicherheit, nebenbei eine Arbeit zu haben, man kann jederzeit rausgeschmissen werden. Hier bin ich mein eigener Chef. Hast du dir deinen Beruf so vor­ gestellt? Robert: Ich hab es mir genauso vorgestellt. Bei mir ist es so, es ist alles voll automatisiert, ich bin also nicht so an die Zeiten gebunden, das macht es flexibler. Im Sommer ist es schon stressiger, das ist klar. Aber wenn ich mal einen Tag nicht so viel mach, dann tu ich das einfach. Wobei, ich gebe zu, dass das noch nicht oft der Fall war! Wie war das mit der Übernahme bei euch? Robert: Mein Vater ist nebenbei in die Arbeit gegangen 20 Stunden und hatte Kälbermast, ich war 40 Stunden arbeiten. Dann hab ich mich entschlossen, auf Milchvieh umzusteigen. Im September 2020 wurde übergeben, am 21. September wurde mit dem Bau begonnen und die Kühe sind im Februar gekommen. Es ist wirklich schnell gegangen! Von einem Betrieb, der aufgehört hat, hab ich auf einen Schlag 15 Kühe gekauft, und jetzt hab ich auf 33 aufgestockt. Platz ist noch für 53 Stück. Mein Vater hat mir schon sehr geholfen, aber der Großteil der Ideen sind meinem Kopf entsprungen. Wie ist das mit der 365 Tage Ver­ fügbarkeit? Robert: Man arbeitet mit Vieh, die brauchen 365 Tage im Jahr Aufmerksamkeit. Aber das ist auch bei Selbstständigen so, dass man immer daran denkt, bei jedem, der eigenständig als Unternehmer einen Betrieb führt.

Robert Eder ist 27, lebt in Mondsee und hat den elterlichen Kälbermast-Betrieb im Nebenerwerb im September 2020 übernommen. Er wollte Vollblut-Bauer sein oder gar nicht. Sofort nach der Übernahme investierte Robert in einen neuen Stall mit vollautomatisierter Stalltechnik und stellte auf Milchviehbetrieb im Vollerwerb um. Die Milch seiner 33 Kühe liefert er an die Käserei Woerle. Foto: © Privat

Man kann da nicht einfach so abschalten. Das gehört dazu. Und meine Eltern helfen mir bei der Arbeit, im Stall, wenn ich nicht da bin. Aber sie mischen sich nicht in Entscheidungen ein, sie haben wirklich losgelassen, das macht es mir einfacher. Was sind die größten Herausfor­ derungen? Robert: Dass uns der Handel fertig machen will, wir sind am Ende der Kette, obwohl wir das Wichtigste liefern. Wir müssten das wieder in die eigenen Hände nehmen. Selbstvermarktung

würde helfen und den Handel ausschalten. Direktvermarktung muss man mögen, das bin ich nicht. Da steckt so viel Arbeit dahinter, da muss auch die Lage passen. Ich hoffe, dass das Heimische wieder mehr wert wird und unsere Produkte verwendet werden. Im Moment passt der Milchpreis. Die Herkunftskennzeichnung wäre für uns Bauern sehr wichtig, da werden die Konsumenten für blöd verkauft. In der Gastronomie werden nur 9 % heimische Produkte verwendet, weil es von woanders billiger ist. Wir brauchen Preise, von denen wir leben können.

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diskussion

Das „Müsli“ für das Rind Leinsamen sind gesund. Das wissen nicht nur Gesundheitsapostel, die Leinsamen im Frühstücksmüsli essen. Auch Tiere können von den Omega-3Fettsäuren profitieren. Ganz nebenbei wird auch der Methanausstoß reduziert.

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achhaltigkeit ist in aller Munde und die „Kuh als Klimakiller“ ist zum geflügelten Wort geworden. Neben dem fossilen Kohlenstoffverbrauch gilt das Methan, das bei Wiederkäuern vorne ausgestoßen wird, als mitverantwortlich für den Klimawandel. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen, den „Klauenabdruck“ der Rinder zu reduzieren, um damit den Kritikern, die sogar zum Verzicht auf Fleisch und Milch aufrufen, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein möglicher Lösungsansatz dafür kommt von der Firma Garant und wird ins Futter des Viehs gemischt: Mit extrudierter Leinsaat, die nach einem patentierten Verfahren hergestellt wird, kann es gelingen, den Methanausstoß pro Liter Milch – je nach Einsatzmenge der Leinsaat – um mehr als 10 Prozent zu reduzieren. Wenn agrarpolitische Auflagen kommen, könnte diese Leinsaat zur Geheimwaffe der Nutztierhalter werden.

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„Die Leinsaat wäre dann der Retter in der Not“, meint der St o

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Leiter des Produktmanagements bei der Garant Tiernahrung, Marcus Urdl. Die Atmosphäre reagiert recht träge auf Veränderungen beim viel besprochenen CO2. Methan wirkt um ein Vielfaches stärker auf den Treibhauseffekt als CO2, wird aber in der Atmosphäre auf natürliche Weise wieder abgebaut. Eine Minderung des Methan-Ausstoßes bringt also raschere Effekte. „Die Carbon Trust Validierung für die extrudierte Leinsaat unseres Partnerunternehmens Valorex aus Frankreich liest sich sehr positiv“, sagt Urdl. Diese unabhängige Organisation bestätigt, dass beim korrekten Einsatz von extrudierter Leinsaat die Methanemissionen bei Wiederkäuern verringert werden. Da dieses Verfahren patentiert ist und von der Garant Tiernahrung in Österreich unter Lizenz angewendet wird, kann dieselbe Aus­ sage auch für das heimische Produkt der Garant getroffen werden. In Aschach an der Donau wurde von dem zu Raiffeisen gehörenden Futtermittelhersteller ein eigener Turm für die Extrusion der Leinsamen errichtet. Darin werden die Rohstoffe gemahlen, enzymatisch behandelt und thermo-mechanisch stabilisiert. Seit dem Frühjahr wird das daraus gewonnene Produkt im Mischfutter eingesetzt. Seit kurzem ist es auch als Einzelkomponente erhältlich. Es enthält neben dem Trägermaterial Rapsschrot

und Rapskuchen als Hauptbestandteil 60 Prozent europäische Leinsaat. „Eingesetzt wird das Futter in erster Linie beim Milchvieh, aber auch im Mischfutter für Kälber, Zuchtsauen, Wild, Fische und Pferde“, so Urdl. „Wir haben damit bei Garant ein tolles innovatives Produkt und können gemeinsam mit unseren Kunden von der langjährigen Erfahrung und Forschung unserer französischen Partner profitieren“, meint der Produktmanager. Neben der Methanwirkung ist besonders der gesundheitliche Effekt für die Tiere hervorzuheben. Die Leinsaat verhält sich im Futtertrog ähnlich wie in der Müslischüssel der Menschen: Die ungesättigten Fettsäuren in der Nahrung wirken sich positiv aus. Beim Milchvieh zum Beispiel in einer Milchleistungssteigerung und in einer besseren Fruchtbarkeit. Altbekannter Weise fördert Leinsaat die Gesundheit der Tiere. „Die Leinsaat hat einen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, der mit dem ersten Aufwuchs einer Weide vergleichbar ist und das das ganze Jahr über“, unterstreicht Marcus Urdl. Die Effekte hätten in Studien sogar generationsübergreifend auf Kalbinnen gewirkt. Das Produkt sei damit absolut im Premiumsegment angesiedelt. „Futterrationen umzustellen und die Landwirte von Neuerungen zu überzeugen, dauert manchmal eine gewisse Zeit. Wir sind sicher, dass wir mit der extrudierten Leinsaat einen Problemlöser für die Nutztierhaltung anbieten können.“ unserhof 3/2021


im gespräch

Die Kuh als Klimaretter unserhof: Nachdem beim Klima­ wandel lange Zeit hauptsächlich über die Reduktion von CO2 gesprochen wurde, rückt nun Me­ than mehr in den Fokus. Zurecht? Gerhard Bauernfeind: Die Atmosphäre ist ein Gemisch aus verschiedenen Gasen, die unterschiedliche Klimawirkung haben. Methan kommt in geringer Konzentration vor, hat aber, was den Treibhauseffekt betrifft, eine 25-fach stärkere Wirkung als CO2. Und es ist eine Tatsache, dass Methan zunimmt, wie die Daten vom Sonnblick in den letzten zehn Jahren zeigen. Welchen Anteil hat die Rinderhal­ tung an dem Problem? Bauernfeind: Methan kann aus natürlichen oder fossilen Quellen stammen. Analytisch kann nachgewiesen werden, woher der zusätzliche Gehalt in der Atmosphäre kommt. Nur 13 Prozent des Methans kommen von Rindern, und die Rinderbestände in Österreich waren zuletzt leicht rückläufig. Dazu muss man auch festhalten, dass es Wiederkäuer in natürlichen, großen Herden schon sehr lange gibt, viel länger als den Klimawandel. Außerdem ist das von den Kühen emittierte Methan Teil des biogenen Kreislaufs und kann über den Abbau zu CO2 wieder in Biomasse eingebaut werden. Zu sagen, die Kuh hätte Schuld, ist aus meiner persönlichen Sicht sehr weit hergeholt. Die Kuh ist also gar kein Klima­ killer? Bauernfeind: Die Kuh kann im Gegenteil sogar zum Klimaretter werden. Eine Reduktion der Methan­ emissionen kann aufgrund des im Vergleich zum Kohlendioxid kürzeren Lebenszyklus in der Atmosphäre einen raschen Effekt bringen und den großen Emittenten aus fossilen Rohstoffen mehr Zeit verschaffen, Lösungen zu finden.

Foto: © Franz Gleiß

Welche Möglichkeiten habe ich als Landwirt, den Klauenabdruck meiner Tiere zu verringern? Bauernfeind: Garant reduziert seinen eigenen Fußabdruck und damit auch den „CO2-Rucksack“ des Futters. Durch die Inbetriebnahme der von der RWA gebauten Solar-Biotop-PV-Anlage in Pöchlarn im September ist es erstmals gelungen, Sonnenstromproduktion mit ökologischen und biodiversen Aspekten zu verbinden. Diese Anlage ermöglicht es uns, 50 Prozent des in Pöchlarn gebrauchten Stroms aus Solarzellen zu decken. Zudem kann man über innovative Futterkonzepte den Methanausstoß von Rindern direkt reduzieren. Leinsaat dämpft diesen nicht nur im Labor, sondern auch unter realen Bedingungen im Stall. Parallel dazu machen wir auch Versuche mit dem Futterzusatzstoff Agolin, der natürliche ätherischen

Dr. Gerhard Bauernfeind ist Geschäftsführer der Garant Tiernahrung

Öle enthält, und anderen Komponenten, die Einfluss auf die Emissionen von Nutztieren darauf haben. Spielt auch das Management im Stall eine Rolle? Bauernfeind: Ja. Man kann die Methanproduktion indirekt reduzieren, indem man die Nutzungsdauer der Tiere verlängert, die Futterverwertung und -effizienz verbessert oder Tierverluste durch bessere Tiergesundheit verringert. Bei der Fütterung ist eine möglichst gute Grundfutterqualität von ausschlaggebender Bedeutung, da weniger Zellwandbestandteile, also weniger Fasern, zu weniger Methanemissionen führen. In die gleiche Richtung gehen Maßnahmen zur Verkürzung der Verweildauer des Futters im Pansen und stärkereichere Rationen.

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www.garant. co.at.


familie und betrieb

Hofübergabe: Will denn keiner den Betrieb? Wie wird aus einem Betrieb, der in die Jahre gekommen ist, ein Objekt der Begierde? Wer führt den Landwirtschaftsbetrieb weiter? Wie und mit wem? Diese Fragen stellen sich bei jeder unklaren Hofnachfolge. Von Sandra Thaler

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nd hier sind viele Betriebe in guter Gesellschaft. Was macht einen Betrieb für die junge Generation richtig attraktiv, sodass sie sich samt den regionalen Standortbedin-­­ g­ungen sowohl im Haupt- als auch im Nebenerwerb eine Zukunft wirklich vorstellen kann?

Sandra Thaler ist Mediatorin, Juristin und Unternehmensberaterin und beschäftigt sich seit zwanzig Jahren mit Hofüber­ gaben.

www. sandrathaler. com

Seit rund zwanzig Jahren begleite ich Familienbetriebe im Zuge der Hofnachfolge. Traditionell sind es die Familienmitglieder selbst, die Söhne und Töchter, die den Betrieb übernehmen und weiterführen und für die Arbeit verantwortlich sind. In den letzten Jahren gewinnt die außerfamiliäre Hofnachfolge zunehmend an Bedeutung, das zeigen Praxis und Statistik. Dafür gibt es mehrere Gründe. Ein Grund dafür sind andere Pläne der Nachfolger. Vielfach werden wertvolle Chancen vergeben, weil neue Ideen, Innovationen und Kooperationen keinen Platz finden.

Überzeugungskraft und klare Kommunikation Damit digitale Vermarktungs- und Vertriebsmöglichkeiten der nächsten Generation überhaupt neue Ertragsmöglichkeiten schaffen können und Technologien, Spezialisierung und innovative Produkte wirklich Chancen bringen, gilt es zuerst innerhalb des Betriebs Überzeugungskraft zu leisten. Eine klare Arbeitsaufteilung,

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Freiräume und Gestaltungsspielraum sind für die junge Generation enorm wichtig.

Beispiel: Landwirtschafts­ tourismus umstellen Das Ehepaar Stefan und Julia wollen den Hof von Stefans Eltern weiterführen. Ihre Idee, Urlaub am Bauernhof anzubieten, stößt auf Widerstand. Eine wesentliche Rolle dabei spielt die Meinung der Geschwister, weil sie auf ihre Eltern einen großen Einfluss haben. Die Kommunikation läuft zu einem großen Teil unbewusst ab. Nach einigen Konflikten ist es durch eine Mediation gelungen, alle in den Entscheidungs- und Informationsprozess einzubinden. Mit dem Konzept „Urlaub am Bauernhof“ und regelmäßigen Gästen im Haus können sich am Ende alle identifizieren, weil ihre Bedürfnisse berücksichtigt und respektiert werden. Die Nachfolger konnten die Widerstände abbauen und durch klare Kommunikation die anderen mitnehmen und „führen“.

Beispiel: Investitionen zulassen Martin beabsichtigt, als Hofnachfolger neue Investitionspläne zu erstellen und diese umzusetzen. Es geht dabei um Maschinen, Um- und Zubauten und eine Photovoltaikanlage. Nach heftigem Widerstand von den Übergebern liegen seine Pläne auf Eis. Die Nach-

folge steht auf dem Spiel. Nach einem gemeinsamen Klärungsgespräch ist klar, dass die Eltern aufgrund von Fehlinformationen Angst vor den enormen Veränderungen hatten, dass es eine Möglichkeit für die Investitionen gibt und alle mit den Veränderungen gut zurechtkommen können.

Betriebsführung und Lebensqualität Das Privatleben ist im Landwirtschaftsbetrieb räumlich und zeitlich eng mit der Arbeit verbunden. Neben Ertrag und Wachstum geht es vielen jungen Hofnachfolgern um die Verbesserung der eigenen Lebensqualität und eine Ausgewogenheit zwischen Betrieb und Privatleben. Das zu erkennen, macht den Betrieb attraktiv. „Wenn mein Sohn bei mir nur Arbeit sehen würde, würde er sich sicher gegen den Hof entscheiden. Auch die Lebensqualität muss stimmen!“, stellt ein erfolgreicher oberösterreichischer Landwirt ehrlich fest und will ein gutes Vorbild sein.

Hobby oder Vollgas? Die Entwicklung größerer Organisationsstrukturen Viele Übergeber zeigten bei ihrer Übernahme enorm hohen Idealismus für den elterlichen Betrieb. Gewinn­ absicht stellten sie von vornherein hintan, wie ein Landwirt, der die Meinung vertritt: „Gewinn kann ich unserhof 3/2021


Familie und Betrieb

Buchtipp zur Vorbereitung der Hofnachfolge: „Erfolgreiche Hofübergabe“ von Sandra Thaler, Verlag Cadmos, ISBN 9783840 430442.

nur erzielen, wenn ich die Arbeitszeit nicht berechne. Die Landwirtschaft muss mein Hobby sein, damit es ein Gewinn sein kann“. Das ist für seinen Sohn aber keine Option mehr. Er will aus einem familiengeführten Kleinbetrieb ein mittelständisches Unternehmen machen oder einfach nicht übernehmen. Wie größere Organisationsstrukturen entstehen können, zeigt sich an folgendem Beispiel: Aus einem intensiven Ackerbaubetrieb in Familienhand entwickelten die Hofübernehmer nach und nach einen mittelständischen Betrieb mit über hundert Mitarbeitern. „Wir wollten durch den Betrieb Arbeitsplätze für die Menschen in der Region schaffen. Zwölf Jahre nach der Hofübernahme wurde ein Handelsbetrieb in der Rechtsform einer Gmbh gegründet. Entscheidend dabei war das Umdenken dahingehend, Verantwortung auch an familienfremde Personen zu übertragen. Eine eigene Marketingabteilung wurde eingerichtet und sukzessive wurden diverse Zuständigkeiten, wie beispielsweise die EDV, ausgelagert.

Ein Onlinehandel wurde eingerichtet und wird tourlich optimiert. Der Handelsbetrieb wird von regionalen Biobetrieben beliefert und sichert somit auch den Bestand vieler anderer Betriebe.

Tipp: Big Picture – stellen Sie passende Fragen und machen Sie große Pläne Tragfähige Veränderungen vollziehen sich immer Schritt für Schritt. Schriftliche Ziele, beispielsweise in Form eines Businessplans, sowie ein Maßnahmenkatalog schaffen Orientierung und Klarheit. Werden die Pläne sichtbar platziert, wird auch an schlechteren Tagen an „das große Ganze“ erinnert und bleibt motiviert. Nützliche Fragen vor der Hofübernahme sind: 1. Welche Stärken haben wir? Welche Sorten passen noch zu unserem Boden? 2. Wo liegen unsere Schwächen? 3. Wo liegen unsere Chancen?

4. Wo lauern die Gefahren, wenn wir nichts verändern? Was ist das Schlimmste, das uns passieren kann? Aus den Antworten lassen sich konkrete Ziele und Maßnahmen ableiten und umsetzen. Der Vorteil, alle Beteiligten in die eigenen Entscheidungsprozesse miteinzubinden, liegt darin, dass die Motivation, an einem Strang zu ziehen, steigt, und Widerstände sofort sichtbar und bearbeitet werden. Bedenken Sie: Mit dem Respekt für die Bedürfnisse der Menschen, genug Freiraum und Gestaltungsmöglichkeiten steigt die Chance, neue Wege zu gehen und aus einem Betrieb ein „Objekt der Begierde“ zu machen.

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diskussion

Mut, offen zu reden Michaela Gruber ist ungewollt kinderlos. Jahrelang hat sie diese Tatsache psychisch sehr belastet. Ein emotionales Facebook-Posting war für sie ein Befreiungsschlag, für den sie viel Respekt gezollt bekommen hat. Von Stefan Nimmervoll

M

uss eine „echte“ Bäuerin Kinder haben? Ist es mein Fehler, dass wir den Hof nicht weitergeben können? Und wer wird später einmal am Betrieb mithelfen, wenn wir nicht mehr die Kraft haben, alles selbst zu machen? Fragen wie diese haben Michaela Gruber jahrelang gequält. Gerade sie, die gelernte Kindergartenpägagogin, die so von den Kleinen geliebt wird und so gut mit ihnen umgehen kann, hat trotz aller Bemühungen nie Nachwuchs bekommen. Jedes Treffen mit Freunden, die über ihren eigenen Nachkommen erzählt haben, war eine Herausforderung, jeder gut gemeinte Ratschlag von Bekannten und jede Frage von Zimmergästen, wo denn die Kinder des Hauses seien, war ein Nadelstich. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat schließlich die Vorstellungsrunde bei einer Bäuerinnen-Veranstaltung: Dort mussten sich die Teilnehmerinnen nach der Anzahl ihrer Kinder sortieren. „Da bin ich dann als fast 50-Jährige alleine mit einem jungen Mädchen in der Gruppe jener gestanden, die keine haben“, erinnert sich die Pinzgauerin an den bedrückenden Moment. Er war aber auch der Wendepunkt für einen neuen Umgang mit dem Thema. „Zornig habe ich mich zum Computer gesetzt und habe meine Gedanken hineingetippt“, erzählt Gruber. Das Feedback war überwältigend. „Nie hätte ich gedacht, wie viele andere Bäuerinnen in einer ähnlichen Situation sind.“ Auch ehemalige Kindergartenkinder von ihr haben sich gemeldet und ihr gesagt, was für eine tolle Pädagogin sie gewesen ist.

Die Rückmeldungen haben Michaela Gruber Kraft gegeben. Heute weiß sie: „Einen Menschen soll man weder danach beurteilen, wie viele Kinder er hat, noch wie viele Kühe in seinem Stall stehen.“ Sie hat den Mut gefasst, offen über ihre Gefühle zu reden und auch einzufordern, dass sie das Thema nicht mit jedem besprechen will. Zugleich will sie ihre Erfahrungen an andere weitergeben: „Mir gefällt der Begriff Selbsthilfegruppe nicht und ich kann auch niemanden betreuen, der gerade in einer Trauerphase steckt. Dafür braucht es Profis. Aber ich könnte mir vorstellen, eine Lebensfreude-Gruppe zu gründen, in der wir darüber reden, was uns alles gut gelungen ist. Foto: © unserhof

Bei Michaela Gruber und ihrem Mann Kurt ist das eine ganze Menge: Sie haben ihren Hof mit der vielleicht schönsten Aussicht über den Zeller See zu einem Vollerwerbsbetrieb gemacht und bieten Urlaub am Bauernhof an. Die 11 Kühe geben nicht nur Milch, sondern sind auch im wahrsten Sinne des Wortes Mitarbeiterinnen der Bäuerin. Über Vermittlung der Bauernhoftiere findet Gruber als Naturcoach Zugang zu Menschen in schwierigen Lebensphasen. „Leute, die eine Hemmschwelle haben mit jemandem zu reden, weil zum Beispiel Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, können diese damit überwinden. Eine Katze wertet nicht und korrigiert nicht“, so Gruber. So können große Fortschritte in der Integration gemacht werden. Neben dieser Tätigkeit für einen Verein will die Bäuerin vom Kronawendthof auch „NaTierliche Glücksmomente“ vermitteln. Dafür gibt es eine Spielgrup-

pe, in der kleine Gäste von 15 Monaten bis vier Jahren Stall und Weide erkunden, um Beziehungen zu den Tieren aufzubauen. Ganz nebenbei lernen sie im Umgang mit diesen dann soziale Kompetenzen. „Ein lebender Hase will nicht immer gestreichelt werden. Das muss man erkennen und respektieren“, erklärt Gruber. Zudem kann sie auch Grundlegendes über das Leben auf einem Bauernhof vermitteln. „Man sollte meinen, dass die Kinder in einem ländlichen Umfeld das wissen. Es ist aber nicht so.“ Mit ihren Angeboten bleibt die Kindergärtnerin zudem mit der Pädagogik in Verbindung, auch wenn sie nicht mehr in ihren ursprünglichen Berufen arbeitet. Bis zu einem gewissen Grad sind die vielen Gäste am Hof wohl auch Ersatz für die nicht vorhandenen eigenen Kinder. Womit Michaela Gruber wieder zu ihrem Herzensthema zurückkehrt.

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www. grubermichaela.at


Advertorial

„Born to Farm“ Massey Ferguson präsentierte im Rahmen der digitalen Produktvorstellung „Born to Farm“ neue, smarte Maschinen und digitale Lösungen

Modell MF 7S

Die MF 6S Modelle von 135 bis 200 PS mit EPM sind Alleskönner. Mit den 4,9 Liter AGCO Power 4-Zylindermotoren bieten sie eine außergewöhnliche Leistung für ihre Größe, sind leicht, aber enorm stark und bieten das beste Leistungsgewicht ihrer Klasse sowie ein hohes zulässiges Gesamtgewicht von bis zu 12,5 t und ein Gesamtzuggewicht von 44,5 t. Alle Modelle sind mit stufenlosem Dyna-VT Super-Eco Getriebe mit neuem Automatikmodus oder 24 x 24 Dyna-6 Super-Eco Getriebe, Semi-Powershift mit AutoDrive, erhältlich. Der Wendekreis von 4,75 m bietet maximale Wendigkeit – der engste, der bei einer 200 PS Zugmaschine möglich ist – und macht den neuen MF 6S zu einem Traktor mit unübertroffener Ladeleistung.

Die Baureihe MF 7S von 155 bis 220 PS mit EPM, mit einem Radstand von 2,88 m und einem 6,6 Liter 6-Zylinder AGCO Power Motor, ist serienmäßig hochwertig ausgestattet. Die Super-Eco Version des Dyna-VT Getriebes verbessert die Effizienz, indem der Traktor bereits bei 1.450 U/min 40 km/h erreicht. Alternativ steht für alle Modelle bis zum 180 PS starken MF 7S.180 das hocheffiziente und zuverlässige Dyna-6 Super-Eco 24 x 24 Semi-Powershift-Getriebe zur Verfügung. Der neue MultiPad-Fahrhebel bietet eine umfassende Bedienung mit nur einem Hebel und die Platzierung bei den Modellen Efficient und Exclusive auf der Armlehne. Das einfach und logisch zu bedienende Datatronic 5 Touchscreen Terminal verfügt über einen neuen und übersichtlicheren Touchscreen. Es verwaltet nicht nur alle Traktorfunktionen, sondern steuert dank ISOBUS-Konnektivität und GPS-Si-

gnal auch die MF Precision Farming Lösungen.

Update Modelle MF 8S Mit der Einführung der neuen Modelle MF 8S.285 und MF 8S.305 umfasst die Baureihe MF 8S nun sechs Modelle mit Höchstleistungen bis 305 PS und einem Engine Power Management. Neben den bisherigen Dyna E-Power und Dyna-7 Getrieben wird nun auch das stufenlose Dyna-VT Super-ECO Getriebe (CVT) mit neuem Automatikmodus für die gesamte MF 8S Baureihe angeboten. Mit 305 PS ist der MF 8S.305 das neue Flaggschiff der Baureihe. Dieser ist serienmäßig mit dem Dyna-VT Getriebe und der „Exclusive“-Ausstattung von MF ausgestattet. Die „Exclusive“Ausstattung bietet z. B. Datatronic 5 und MF vDisplay, eine aktive Kabinenfederung, einen automatisch luftgefederten Sitz, eine Multifunktionsarmlehne inklusive MultiPad-Fahrhebel, vier elektrische Steuerventile und 16 LED-Arbeitsscheinwerfer.

Firmenbericht

Modell MF 6S

www. austrodiesel. at

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kommunikation

„Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“

„Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“ (Philipp Rosenthal, Unternehmer)

(Benjamin Britten, England)

Seminare: Learning never ends Schon mit 30 kann der Landwirt das vor Jahren erworbene Wissen nicht mehr voll anwenden. Der kurze Wissenszyklus und die dauernden Veränderungen in der Erzeugung und Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte erfordern eine permanente Aktualisierung des Wissens. Von Rolf Leicher

W Dipl. Betriebswirt Rolf Leicher, Heidelberg

egen der rasanten Entwicklung bei der Düngung, im Pflanzenschutz, und bei der Fütterung ist es schon für den jungen Landwirt ein Muss, lebenslanges Lernen zu akzeptieren. Es ist wie im Sport, wo nur regelmäßiges Training Voraussetzung für gute Ergebnisse ist.

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Hindernisse überwinden Wissensaneignung ist auf verschiedene Weise möglich: Seminarbesuche, Teilnahme an Kongressen, Fachlektüre und Erfahrungsaustausch mit Kollegen. Seit einiger Zeit macht sich eine gewisse Seminarmüdigkeit breit. Geplante Seminarbesuche werden immer wieder verschoben,

die Arbeit auf dem Feld und im Stall ist wichtiger. Der Landwirt u-25 argumentiert, dass er gerade erst seine Ausbildung abgeschlossen hat und jetzt nicht wieder „auf die Schulbank“ gehen möchte. Wer eine ausgeprägte Lernbereitschaft hat, wird sich der permanenten Weiterbildung nicht verschließen. Mangelndes Interesse an Fortbildung des Einzelnen beruht unserhof 3/2021


„Eine Fähigkeit, die nicht immer wieder zunimmt, geht allmählich zurück.“ (aus China)

Foto: © Adobe Stock – gustavofrazao

gelegentlich auf Selbstüberschätzung eigener Fähigkeiten. Die Meinung, man wisse doch (fast) alles, ist ein echter Seminarkiller. Ist die Ehefrau oder Partnerin des Landwirts im Betrieb tätig, dann nimmt sie auch an Seminaren teil, sodass sie den gleichen Wissenstand hat, und beide miteinander auf Augenhöhe diskutieren und entscheiden können. Über die Fachpresse und das Internet kann man sich über Tagungen und Seminare informieren, unabhängig von den Einladungen, die regelmäßig eintreffen. Es gibt auch Seminarbewertungen auf Facebook oder in Bewertungsportalen. Teilnehmergebühren dürfen nicht im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Das Seminarergebnis ist wichtiger als die Kosten.

Weiterbildung langfristig planen Der Seminarmarkt ist komplex, die Angebote vielfältig, der Landwirt verliert schnell den Überblick. Wissensgebiete sollten unterschiedlich bewertet werden: Tiergesundheit, Ökolandbau, Agrartechnik, Milchvieh und Rinder, Geflügelhaltung, Ackerbau und Grünland und Betriebsführung sowie Marketing. Die

Landwirtschaft ist komplexer geworden, bestimmte Themen stehen besonders im Fokus. Der Landwirt hat bestimmte Kernkompetenzen, hat sich auf Alleinstellungsmerkmale seines Betriebs festgelegt. Er muss seine Fachkompetenz ständig aktualisieren.

Bildung durch Seminarbesuche misst sich an der Zukunft, nicht an der Gegenwart. Für den fortschrittlichen Landwirt gilt die Überlegung: Welche Seminarinhalte sind für meine Kompetenz zukünftig wichtig? Je näher neu zu lernende Kenntnisse an der Schnittstelle zwischen Wissen

Beurteilungskriterien

Punkte: je günstiger, desto mehr 1

1.

Passgenauigkeit des Seminarthemas (Trifft auf voll auf mich zu)

2.

Termin der Veranstaltung (passt mir sehr gut)

3.

Persönliche Voraussetzung zur Weiterbildung (ist vorhanden)

4.

Veranstaltungsort ( kurze Entfernung zum Wohnort)

5.

Teilnehmergebühr (entspricht meiner Vorstellung, dem Budget)

6.

Eigenes Zeitbudget (durch Planung gut möglich)

7.

Identifikation mit dem Teilnehmerkreis (passt sehr gut)

8.

Bekanntheitsgrad des Anbieters/Referenten ( ist groß)

9.

Zertifizierung des Lehrgangs (wird angeboten)

10.

Gesamteindruck der Seminarausschreibung (beeindruckend)

11.

Programmpunkte des Seminars (entsprechen meinem Interesse)

12.

Transfermöglichkeiten in die betriebliche Praxis (gute Chancen)

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3

4

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kommunikation

Paradoxes über Seminarbesuche Je mehr wir lernen, desto mehr wissen wir.

und Nichtwissen liegen, desto leichter und schneller können sie nach dem Seminar in die Praxis integriert werden. Eine weitere Überlegung gilt der Frage, welche Seminarinhalte wichtig sind und welche dringend. Dringendes Wissen wird bevorzugt, Wichtiges kann später realisiert werden. Wissen anzunehmen verlangt vom Teilnehmer eine ausgeprägte Lernbereitschaft und den nötigen Veränderungswillen. Planung umfasst vor allem langfristige Überlegungen. Üblich ist ein festes Budget für Weiterbildung, das sich am Gewinn des Betriebs orientiert. Im Familienbetrieb wird dieser Satz verdoppelt, wenn die Ehefrau des Landwirts an Veranstaltungen teilnimmt. Seminare konzentrieren sich auf wenige Themen, Kongresse sind umfassender und es gibt meist mehrere Referenten mit ganz unterschiedlichen Themen. Die größere Teilnehmerzahl erschwert es, persönliche Fragen in der Veranstaltung zu stellen, andererseits kann der Kontakt zu anderen Teilnehmern bei Kongressen intensiver wahrgenommen werden. Das Seminarergebnis ist wichtiger als die Kosten. Was viel kostet, schafft auch berechtigte Erwartungen, man verpflichtet sich selbst zu Ergebnissen. Je mehr der Landwirt sich für die Weiterbildung motivieren kann, desto größer ist die Chance auf eine erfolgreiche Teilnahme.

Fazit Was heute noch aktuell ist, kann morgen schon veraltet sein. Es kommt darauf an unter den Ersten zu sein, die eine neue Entwicklung erkennen und sich beteiligen. Referenten bei Tagungen sind Experten auf ihrem Fachgebiet, beschäftigen sich mit Zukunftstrends, wagen den Blick auf Morgen. Dabei darf es nicht stören, dass es bei Veranstaltungen auch um Visionen geht.

Webinar – die Alternative zum Präsenzseminar ? Ob Tagesseminar oder Live-Vortrag über das Web, die neue Lernform steht im Blickpunkt. Durch die Digitalisierung wurde schon vor Jahren das „Web-Se-

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Je mehr wir wissen, desto mehr vergessen wir. Je mehr wir vergessen, desto weniger wissen wir. Je weniger wir wissen, desto weniger vergessen wir. Je weniger wir vergessen, desto mehr wissen wir. Warum also ein Seminar? minar“ entwickelt, jetzt ist es aus dem Dornröschenschlaf erwacht und steht im Wettbewerb mit der althergebrachten Seminarform. Die Vorteile des Webinars werden immer wieder betont: Der Seminarteilnehmer spart Reisekosten und die Übernachtung. Der Landwirt sitzt in der guten Stube und erlebt das Onlineseminar am Bildschirm Ein Webinar lässt sich aufzeichnen, so kann der Teilnehmer die Aufnahme zu einem späteren Zeitpunkt nochmal ansehen. Lässt sich das herkömmliche Bildungssystem also ersetzen? Im Vergleich zu den Präsenzseminaren bieten Seminare im Netz sowohl Vorteile als auch Nachteile. Der Anteil des Präsenztrainings ist augenblicklich noch recht hoch. Seminare am Bildschirm verlangen vom Landwirt eine besondere Konzentration. Bei Befragungen haben sich über die Hälfte der Webinar-Teilnehmer zunächst noch skeptisch geäußert und nur eine Seminardauer von zwei bis drei Stunden täglich für sinnvoll gehalten. Teilnehmer müssen

bei Onlineseminaren sehr diszipliniert auf Bewegungen achten und Hintergrundgeräusche vermeiden. Je mehr Personen an einer Schulung teilnehmen, desto kleiner ist der Bildausschnitt. Der Landwirt muss sich erst mit der Technik der digitalen Wissensvermittlung beschäftigen, benötigt auch die technische Ausstattung. Als Teilnehmer muss er sich daran gewöhnen, dass die „Tuchfühlung“ zu anderen Teilnehmern und dem Referenten entfällt, dass eine gewisse Distanz im Webinar nicht zu überwinden ist. Der Erfahrungsaustausch ist kaum möglich, der Kontakt in der Pause entfällt, man spricht von „sozialer Isolierung“. Die Pausengespräche untereinander und das „Get-together“ nach der Veranstaltung werden von Teilnehmern geschätzt. Digitale Seminare erschweren den Erfahrungsaustausch in der Gruppe. Für den Landwirt als Teilnehmer an Seminaren und Tagungen ist der Seminarort auch ein Tapetenwechsel, kann für die Wissensaufnahme eine Chance sein. Für den Mitarbeiter ist es ein Ausdruck der Wertschätzung, wenn er die Kosten für Reise und Übernachtung übernimmt und nicht nur die Ersparnis durch Webinare in den Vordergrund stellt. Die Kritik von Teilnehmern: „Es ist schon ziemlich eintönig, den ganzen Tag am PC zu sitzen, es fehlt mir die Gruppendynamik im Seminar.“ Die Seminaratmosphäre lässt sich nicht digital umsetzen. Im Präsenzseminar können sich die Teilnehmer anschauen und beschnuppern.

Webinar-Besuche aus Teilnehmersicht Vorteile

Nachteile

1.

Einsparungen von Reise- und Übernachtungskosten

Soziale Isolierung des Teilnehmers mit der Gruppe

2.

Freie Wahl über den Raum und Umgebung

Ablenkungen durch Telefon und sonstige Störungen, weniger Konzentration

3.

Meist etwas preisgünstigere Teilnahmegebühren

Weil Webinare weniger kosten, werden sie nicht so ernst genommen

4.

Kompakte Wissensvermittlung in kurzer Zeit möglich

Besonders hohe Konzentration erforderlich, erschwerte Wissensaufnahme

5.

Digitalisierung in der Weiterbildung liegt im Trend

Die Umstellung auf online ist nicht jedermanns Sache

6.

Attraktivität des E-Learnings

Teilnehmeraktivität durch Moderation des Referenten ist eingeschränkt

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Familie und Betrieb

Foto: © www.aufleben.tirol

Lebensqualität trotz Hofübergabe Franz, Bärbel und Hannes junior haben sich entschlossen, gemeinsam ein Hofübergabeseminar zu besuchen. Gespannt lauschen sie den Ausführungen der Referentinnen und Referenten. Informationen über rechtliche, fördertechnische und betriebswirtschaftliche Inhalte sind ja in Ordnung. Aber Hofübergabe aus zwischenmenschlicher Sicht beleuchten? Braucht es das? Von Angelika Wagner

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Familie und Betrieb

Lebensqualität Bauernhof – Beratung und Begleitung in herausfordernden Lebenssituationen: Das Angebot richtet sich an alle Bäuerinnen und Bauern, die Beratung und Begleitung in schwierigen Lebenssituationen in Anspruch nehmen wollen.

www.lebens­ qualitaetbauernhof.at

W

enn Familien unter der Hofübergabe/ Hofübernahme leiden, zeigt sich, dass es sich mehrheitlich um Themen aus dem persönlichen und zwischenmenschlichen Bereich handelt. Es ist allerdings schwer in Worte zu fassen, was alles auf Gefühls­ebene passiert. Das Hauptthema der Beratungen von Lebensqualität Bauernhof kommt aus dem Themenbereich Generationenkonflikte. Eine Hofübergabe muss daher grundsätzlich auch mit folgender Frage zu tun haben: Angelika Wagner, MSc, Referat Lebens­ qualität Bauernhof, LK Tirol

Wie stellen wir uns das Zusammenleben miteinander vor? In ein paar Punkten soll im Folgenden erörtert werden, wie auf das gute Zusammenleben geachtet werden

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kann. Die Inhalte sind allesamt aufgebaut aus den Erfahrungen der Praxis. 1.) Wertschätzung des Alten: Wie soll ich denn etwas schätzen, das ich so niemals machen würde, weil es altmodisch und überholt ist und sich nicht rechnet? So höre ich es manchmal. Von der Gestaltung der Ferienwohnungen, über den Umgang mit Maschinen, Viehhaltung, bis hin zur Ordnung in der Werkstatt gibt es wohl kein Thema, wo es nicht Auffassungsunterschiede geben würde. Im Großen und Ganzen gilt als Faustregel, dass es für die Eltern leichter ist zu vertrauen, dass eine Hofübergabe gut wird, wenn die Jungen zwar nicht gleicher Meinung sind, aber akzeptieren, wie das Bisherige geschehen ist. Das ist ein besonders guter Türöffner, wenn es den Hofübernehmern gelingt zu schätzen,

dass die meisten Eltern nach bestem Wissen und Wollen den Hof bewirtschaftet haben. Ich betone extra: die meisten. Es gibt nur sehr wenige Hofübergeber, die es nicht wirklich versucht haben oder frustriert gescheitert sind. Deshalb eine Haltung, die helfen wird: Ich ehre das, was ihr bisher gemacht habt und bin dankbar, dass ihr es mir anvertraut. Das Mindeste, was es als Basis brauchen wird: Ich versuche, dir gegenüber als Mensch respektvoll zu sein. 2.) Vertrauen in das Neue: Bei den Hofübergabeseminaren werden Hof­ übernehmer und Hofübergeber für eine Übung geteilt. Sie versuchen, getrennt zu beschreiben, was ihnen im Zusammenleben besonders wichtig ist. Und was kommt bei den Jungen heraus? unserhof 3/2021


Familie und Betrieb

schon „anpassen“ wird. Deshalb braucht es etwas ganz besonders: 3. ) Bereitschaft zu Kompromissen: Irgendwann begegnete mir das etwas ungewohnte Wort der Zweinigung. Es beschreibt aber bei genauerem Hinsehen sehr gut, was es im Zusammenleben braucht. Viele der alltäglichen Herausforderungen können auf unterschiedliche Arten geregelt werden. Wählt man zum Beispiel den etwas überholten, aber doch gut funktionierenden Weg oder ist der neue, teurere und effizientere Zugang besser? Viele Wege führen bekanntlich nach Rom, sprich, unterschiedliche Wege führen auch beim Arbeiten, bei der Betriebsführung und auch im Zusammenleben zum Ziel. Es ist eine Frage von Kompromissen und Diskussionen. Besonders in der Übergangszeit von einer Betriebsführung in die nächste braucht es den Erfahrungsaustausch.

Foto: © www.lebensqualitaet-bauernhof.at

Der Respekt ist auch das Hauptanliegen der Jungen, wenn sie in den Hofübergabe-/Hofübernahmeseminaren erarbeiten, worauf es für sie beim Zusammenleben ankommt. Eltern, denen es gelingt, die Jungen rechtzeitig und in Verantwortungsübernahme mitdenken zu lassen, haben eine gute Voraussetzung für die Zukunft geschaffen. Vertrauen haben in die Jungen heißt aber auch, zu berücksichtigen, dass sie noch nicht alles gut genug können, dass sie Fehler machen und das auch dürfen. Besonders kritisch erlebt wird die Partnerwahl der Jungunternehmer. Plötzlich kommt eine neue Art des Lebens und Betrachtens in die Familie. Was sich anfänglich häufig als erfrischend erleben lässt, zeigt sich in der Folge als Herausforderung des Vereinbarens. Ganz insgeheim wird gehofft, dass sie oder er sich dann

4.) „Dienstbesprechung“ unter der Leitung des Betriebsführers/ der Betriebsführerin: Kaum ein Punkt hat im Zusammenleben eine so hohe Wichtigkeit wie das Gespräch. Und zwar: ein richtiges Gespräch. Damit ist gemeint: keine Nebentätigkeiten, keine Nebengeräusche (Traktor, Staubsauger oder Melkmaschine …). Die gute Atmosphäre eines Gesprächs wird unterstützt von gutem Hinhören und einer Begegnung auf Augen­höhe, und zwar von allen Beteiligten.

Reden auf Augenhöhe: Du bist wichtig und ich bin wichtig. Mit Dienstbesprechung ist auch gemeint, dass regelmäßig vereinbarte Termine Konflikte vermeiden helfen. Regelmäßigkeit heißt auch, dass man Übung im miteinander Reden und Planen bekommt. Natürlich ist es auch eine Herausforderung, zu entscheiden: was muss angesprochen werden und wo können es die Einzelnen auch einmal gut sein lassen. Geheime Sammellisten von Fehlern der anderen könnten getrost

ausgetauscht werden gegen offene Aussagen wie etwa, da ist etwas gut gelungen, lasst uns das fortsetzen. 5. ) Wohldosiertes Zusammensein: Die Erfahrungen von Lebensqualität Bauernhof lassen eine Tendenz von gewünschter Nähe erkennen: Während sich Eltern einen intensiveren Kontakt zu den Jungen wünschen und die Hofübernehmer und Hofübernehmerinnen oft zwischen den Ansprüchen stehen, wünschen sich die hinzugekommenen jungen Partner und Partnerinnen mehr Abstand und Rückzugsmöglichkeit. Rückzug brauchen alle. Auch die Übergebenden. Anklopfen, abschließen dürfen, aber sich auch ab und zu gegenseitig einzuladen, unterstützt das Familienklima. Mit „wohldosiert“ ist auch gemeint, Rückzug zu akzeptieren. Das ist in erster Linie ein Schutz für die junge Familie. 6. ) Freude und Sinn im Leben: Wenn dieser Punkt in den Hofübergabe-/Hofübernahmeseminaren zur Sprache kommt, dann können viele sagen: Ich würde mich ja über das Leben freuen, wenn das Zusammenleben und die Übergabe richtig geregelt wären. Das ist ein Zeichen von großer Verantwortung für den Betrieb und auch eine materielle Orientierung im Leben. Vielleicht auch, weil es viele bisher gar nicht gewohnt sind, anders zu denken und sich Wünsche zu erlauben. Es entspannt die Stimmung im Haus sehr, wenn es möglich ist, sich am Leben zu erfreuen. Da gehört das Betriebliche dazu. Wichtig ist dennoch auch Freude und Sinn in anderen Dingen zu sehen, die nichts mit dem Hof zu tun haben. So gelingt es, über manches großzügig hinwegzusehen.

Zusammenfassung Eine andere und mich selbst wertschätzende, lernfreudige und gelassene Lebenshaltung dient einem gelingenden Miteinander auf den Höfen. Es braucht Respekt füreinander und einen gelassenen Umgang mit dem Anderssein und Denken.

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Der Blog für Menschen in der Landwirtschaft, die auf ihre Lebens­ qualität achten und Impulse für ein gelingendes Leben am Hof suchen:

www. aufleben. tirol


AQUAKULTUR

Fischers Fritz fischt frische Fische Das Land Oberösterreich sieht mehrere Formen der Fischereiförderung vor. Zuständig ist die Abteilung Land- und Forstwirtschaft. Die für die Fischereiförderung zuständige Leiterin der Arbeitsgruppe 1 ist Manuela Kopecky, sie bringt einen Überblick über die aktuellen Förderungen.

Kremstal Garnelen

www. kremstal­ garnelen.at

Fasziniert von der Idee, mitten im Herzen Österreichs Meeresgarnelen zu züchten, gründeten Ulrich Weiss, Günther Mörtenhuber und Andreas Reckenzain die Kremstal Garnelen OG. Finanziert mit Eigenmitteln, die durch eine Förderung der Leaderregion Alpenvorland aufgestockt wurden, ging es nach einer knapp zweijährigen Planungs- und Vorbereitungsphase los mit dem Aufbau des Betriebs. Unzählige Wochenenden, Schweiß und Hirn­ schmalz flossen in die Errichtung der Anlage in Kremsmünster. Jede Leitung, jede Steckdose, jedes Becken wurde selbst installiert. So kennen die Gründer ihren Betrieb nun besser als die eigene Westentasche. Getreu dem Spruch: „Fischers Fritz fischt frische Garnelen“ werden die Garnelen nach Bestellungseingang immer frisch abgefischt. Dadurch ist ein mit Tiefkühlware nicht zu vergleichendes, intensives Geschmackserlebnis gesichert. Möglich ist die Aufzucht dieses grundsätzlich im Meer zu findenden Tiers durch eine ökologisch nachhaltige Warmwasserkreislaufanlage, die mit Biofiltern ausgestattet ist. Diese Filter reinigen das zirkulierende Wasser auf natürliche Weise und stellen so ideale Lebensbedingungen für die Tiere sicher. Wer Garnelen konsumieren möchte, musste bisher auf tiefgefrorene Produkte aus Fernost oder Mittelamerika zurückgreifen. Die Tiger-Garnelen aus Kremsmünster wollen eine nachhaltige und fangfrische Alternative zu gefrorenen oder bereits gekochten Importshrimps sein. Die lokale Produktion im Herzen Oberösterreichs sichert für die Kunden absolute Spitzenqualität! Die drei Gründer verstehen sich als Binnenfischer, die moderne, innovative Landwirtschaft betreiben. Dadurch sind sie in der Lage, ein landwirtschaftliches Spitzenprodukt anzubieten, das in der Region unter Einhaltung hoher österreichischer Qualitätsstandards erzeugt wurde.

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m Rahmen der „allgemeinen Fischereiförderung“ werden unter anderem wissenschaftliche Projekte, bestimmte Besatzmaßnahmen (z. B. zur Bestandsstützung oder Wiederansiedelung bestimmter Wassertierarten) und Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraums in natürlichen Gewässern gefördert, wobei der Fokus auf die Erhöhung der Biodiversität und fischökologisch wertvolle Maßnahmen gerichtet ist. Es soll dadurch insbesondere zur Erhaltung intakter Fisch-, Muschel- und Krebsbestände bzw. zur Wiederansiedelung von Arten und zur Verbesserung des aquatischen Lebensraums beigetragen werden.

Die Förderung „Bäuerliche Fischproduktion“ Diese sieht unter anderem die wirtschaftliche Unterstützung von landwirtschaftlichen Betrieben und die Steigerung der Eigenversorgung mit heimischen Fischen vor. So wird z. B. die Neuerrichtung oder Sanierung von Fischteichen und Hälterungen sowie Einrichtungen für die unserhof 3/2021


V. l. n. r.: Ulrich Weiss, LR Max Hiegelsberger, Günther Mörtenhuber Foto: © Land OÖ

Erbrütung und Brutaufzucht heimischer Fischarten oder die Herstellung von Schutzeinrichtungen zur Abwehr fischfressender Tiere gefördert. Es werden nur Anlagen gefördert, deren Produktivität 200 kg fischereilichen Jahresertrag nicht unterschreiten. Das entspricht einer Zulaufwassermenge von etwa 2 l/s bei Forellenteichen bzw. einer Teichfläche von 2000 m² bei Karpfenteichen. Zudem müssen die erforderlichen Bewilligungen für die Anlage nachgewiesen werden.

Präventionsmaßnahmen Zur Abwehr fischfressender Prädatoren werden auch außerhalb der Bäuerlichen Fischproduktion gefördert. Als Förderwerber kommen Bewirtschafter von Teichen im Rahmen von Fischzuchtbetrieben/Aquakulturanlagen oder von sonstigen Teichanlagen, wenn die Maßnahme positive Auswirkungen auf Fließgewässer erwarten lässt, in Betracht. Als Präventionsmaßnahmen werden unter anderem die Einzäunung von Teichen, Vergrämungs- und Abwehrmaßnahmen (akustische und visuelle

Alpenkaviar Was bereits den alten Griechen, den Phöniziern, den Ägyptern und den russischen Zaren mundete, ist heute für Feinschmecker aus aller Welt eine höchst bekömmliche Delikatesse. Und auch heute noch gilt: je sorgsamer und qualitätsvoller Aufzucht und Ernte, desto besser schmeckt das „schwarze Gold“. Genau dieser Symbiose aus Genuss und Qualität haben sich Helmut Schlader und seine Familie in Steyrling, einer 500-Seelen-Gemeinde in den oberösterreichischen Kalkalpen, verschrieben. Seit 2012 werden dort sibirische Störe und Sterlets feinster Güte gehalten. Produziert wird sibirischer Stör-Kaviar, der in Dosengrößen von 30 bis 1.000 Gramm angeboten wird, und frisches, gefrorenes und geräuchertes Störfleisch. Mit seinem Alpenkaviar konnte Helmut Schlader bereits beachtliche Erfolge erzielen. Mittlerweile hat der Innovative auch den Sterlet (Acipenser ruthenus), der 2014 vom österreichischen Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz zum österreichischen Fisch des Jahres gekürt wurde, mit ins Programm aufgenommen. Und mit einer weiteren Rarität wartet Familie Schlader seit 2015 auf: Almas, auf Russisch Diamant, ist der Kaviar des besonders seltenen Albino-Stör. Die Perlen sind weiß-gelblich bis goldig und auch im Geschmack unvergleichlich exquisit: Sie haben eine äußerst dünne Haut und einen besonders cremig-sahnigen Geschmack. Pro Jahr werden nur wenige Kilogramm weltweit produziert, dementsprechend gilt der weiße Kaviar mit einem Kilopreis von bis zu 30.000 Euro als eines der teuersten Lebensmittel der Welt. Nicht nur der Alpenkaviar, auch das Fleisch des Störs, der zirka zwölf Jahre benötigt, um den begehrten Kaviar zu produzieren, ist überaus köstlich. Mit Exklusivität im Sinne von höchster Qualität und Genuss für alle jene, die ein Geschmackserlebnis der besonderen Art zu schätzen wissen, hat Helmut Schlader mit seinem Alpenkaviar noch große Pläne.

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www. alpenkaviar. at


AQUAKULTUR

v. l. n. r.: LR Max Hiegelsberger, Ulrich Weiss

Foto: © Land OÖ

Signale, Duftstoffe etc.), der Einsatz von Fluchtkörben, die Errichtung gesicherter Hälterungsanlagen (z. B. im Zusammenhang mit einer Trockenlegung der Teichanlage über den Winter) oder die Schaffung von Alternativ­ nahrungsangeboten (Ablenkteiche) gefördert. Mag. Manuela Kopecky: Informationen über die Fördervoraussetzungen und die Antragstellung der einzelnen Förderungen sind auf der Homepage des Landes Oberösterreich, Abteilung Land- und Forstwirtschaft, unter folgendem Link abrufbar: www. land-ober­ oesterreich. gv.at/ foerderung_ LFW.htm

EMFAF 2021–2027 Beim EMFAF 2021–2027 (Europäischer Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds 2021-2027) handelt es sich um eine sogenannte „EU-kofinanzierte“ Förderung, d. h. die Fördermittel setzen sich aus EU-, Bundes- und Landesmitteln zusammen. Ziel dieser Förderung ist die Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen bei der Erschließung des Markts und Etablierung der Aquakultur als nachhaltige Alternative zum Meeresfischfang. Das EMFAF-Programm leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der österreichischen Aquakulturproduktion. Das genaue Programm befindet sich im Moment noch in der Genehmigungsphase. Eine vorläufige Antragstellung ist für folgende Maßnahmen bereits möglich:

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1. Produktive Investitionen in die Aquakultur, wie beispielsweise Neuerrichtung bzw. Erweiterung und/ oder Modernisierung bestehender Aquakulturanlagen, Bruthäuser für Setzlinge, technische Ausrüstung, Verbesserung der Arbeits- und Sicherheitsbedingungen, Verbesserung der Haltungsbedingungen und Tiergesundheit sowie Sanierung bestehender bzw. Revitalisierung stillgelegter Fischteiche; 2. Investitionen zur Verringerung der negativen Auswirkungen oder zur Steigerung der positiven Auswirkungen der Aquakulturanlagen auf die Umwelt, einschließlich Erhöhung des Bio-Anteils in der Aquakultur, Erhöhung der Ressourceneffizienz, Verbesserung der Wasserqualität und der Qualität des Abwassers (Reduktion von Chemikalien, Reduktion des Arzneimitteleinsatzes etc.); 3. Investitionen zur Anpassung an den Klimawandel und für den Klimaschutz (CO2-Reduktion) sowie für einen nachhaltigen Energieeinsatz, z. B. durch Steigerung der Energieeffizienz von Aquakulturbetrieben oder durch Förderung der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen;

4. Investitionen in den Bereichen Diversifizierung und Direktvermarktung, insbesondere Steigerung der Qualität der Aquakulturerzeugnisse, der Diversifizierung der Aquakulturerzeugnisse (speziell im Hinblick auf die Auswirkung des Klimawandels), Diversifizierung der Einkünfte von Aquakulturunternehmen durch den Aufbau ergänzender Tätigkeiten sowie Direktvermarktung (z. B. Hofläden, online); 5. Innovation, z. B. Entwicklung neuer oder verbesserter Erkenntnisse in technischem, wissenschaftlichen oder organisatorischen Bereichen mit Fokus auf Umweltauswirkungen (Substitution von Fischmehl, etc), Ressourceneffizienz, Klimawandelanpassung, Tierschutz, nachhaltige Produktionsmethoden, nachhaltige Methoden zur Krankheitsbehandlung, neue Zuchtarten, Verwaltungs- bzw. Organisationssysteme, Prüfung der technischen Durchführbarkeit oder der Wirtschaftlichkeit von Innovationen, Erzeugnissen oder Verfahren. Die Antragstellung für andere Maßnahmen, wie zum Beispiel für die Verarbeitung und Vermarktung, wird voraussichtlich ab Jänner 2022 möglich sein. unserhof 3/2021


Wir brauchen eine gemeinsame Vision und verbindende Botschaften in der österreichischen Landwirtschaft. Das ist eine Meinung dazu, was unsere Landwirtschaft in den kommenden zehn Jahren ausmacht. Die gesamte Strategie mit den Beiträgen der anderen 1.500 Teilnehmer/-innen finden Sie hier:

www.zukunftlandwirtschaft2030.at

WIR ALLE SIND DIE LANDWIRTSCHAFTSSTRATEGIE 2030!


Betriebsführung

Fotos: © Claas

Die Fabrik der Zukunft Claas läutet mit der Eröffnung des Traktorenwerks im französischen Le Mans das digitale Zeitalter der Produktion ein und will neue Standards setzen. Nach dreijähriger Umbauzeit wurde die „Zukunftsfabrik“ im Nordwesten der Republik im Sommer offiziell in Betrieb genommen.

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er Startschuss für die Großinvestition war bereits 2017 gegeben worden. 40 Millionen Euro wurden vor allem in die komplette Erneuerung der Montage und die digitale Transformation des Werks gesteckt. Damit summieren sich die Investitionen in Le Mans, dem Entwicklungszentrum in Vélizy und dem Test- und Validierungszentrum in Trangé seit der Übernahme von Renault Agriculture im Jahr 2003 auf rund 80 Millionen

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Euro. Damit ist die Verwandlung der ehemals orangen Zugmaschinen auf echte, lindgrüne Schlepper mit entsprechendem Image abgeschlossen. „Unser runderneuertes Werk in Le Mans setzt neue Maßstäbe in der Produktion von hochwertigen und vernetzten Traktoren“, freut sich der Vorsitzende der CLAAS Konzernleitung, Thomas Böck, „damit schaffen wir eine wegweisende Basis für unser weiteres globales Wachstum.“ Bereits im Jahr 2019 war die Modernisierung der Fabrik

in Frankreich als Vorzeigeprojekt in der Industrie und als „Industrie der Zukunft“ ausgezeichnet worden. Die Erneuerung des Werks schaffe völlig neue Möglichkeiten, immer komplexere und individuell konfigurierte Traktoren zu fertigen, erklärt Böck. Dafür wurden viele komplexe Prozesse neu gedacht – insbesondere bei der innerbetrieblichen Logistik. Durch Einsatz modernster Virtual-Reality-Technologien konnten bereits bei der Werksplanung unserhof 3/2021


Betriebsführung

alle Prozesse digital durchlaufen werden, selbst mit Traktormodellen, die noch gar nicht produziert werden. Mit 3D-Animationen und VR-Brillen wurden unzählige Möglichkeiten durchgespielt, um alle Montageschritte vom Antriebsstrang bis zum fertigen und geprüften Traktor durchzuspielen. Auch notwendige bauliche Veränderungen wurden so frühzeitig erkannt. Ein wesentlicher Faktor für die Auto­ matisierung der Produktion war die Einführung sogenannter Automated Guided Vehicles (AGV). 40 dieser autonomen Trägerfahrzeuge transportieren die Traktoren fahrerlos und komplett automatisch von der ersten bis zur letzten Montagestation und können bis zu 20 Tonnen Last bewegen. Damit bringen sie nicht nur ausreichend Traglast für aktuelle Baureihen mit, sondern auch für kommende, noch leistungsstärkere Modelle. Künftig sollen so bis zu 75 Traktoren am Tag produziert werden – aktuell sind es 50. Hochgerechnet bedeutet dies zukünftig eine jährliche Produktionskapazität von 13.000 Traktoren im Vergleich zu heute rund 10.000 Einheiten. Vom runderneuerten Werk profitieren vor allem auch die Mitarbeiter. Durch die neue Logistikinfrastruktur haben sie an den ergonomisch gestalteten Montageplätzen deutlich mehr Platz, denn es werden nur noch Teile ans Band geliefert, die unmittelbar benötigt werden. An einigen Stationen können sich die Mitarbeiter per Headsets einfacher verständigen. Zusätzlich sorgen helle Farben gemeinsam mit modernster LED-Lichttechnik für eine konzentrierte und angenehme Arbeitsatmosphäre mit Tageslichtcharakter.

„Bei der Gestaltung der neuen Fertigung standen neben der Effizienz vor allem die Arbeitsbedingungen im Vordergrund“, erläutert deshalb Martin von Hoyningen-Huene, der Leiter der Claas Traktorensparte. „Wir konnten die Abläufe und die Ergonomie deutlich verbessern, was sowohl die Motivation wie auch die Konzentration unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigert. Das ist wie auch die neue Logistik ein grundlegender Baustein für die Fertigung von Traktoren nach höchsten Qualitätsansprüchen.“ In Le Mans werden derzeit fünf Traktorenbaureihen von 75 bis 460 PS gebaut. Zusammen mit dem Entwicklungszentrum in Vélizy bei Paris und dem Test- und Validierungszentrum in Trangé sind in Le Mans rund 1.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Standorte arbeiten eng mit weiteren Entwicklungszentren und Werken zusammen, wie beispielsweise in Deutschland mit

der Claas E-Systems in Dissen oder mit der Claas Industrietechnik in Paderborn, wo die Terra Trac Laufwerke für den Axion 900 Terra Trac und die stufenlos-leistungsverzweigten Getriebe für die Baureihen Arion 500 und Arion 600 gebaut werden. Mit der offiziellen Wiedereröffnung geht zusätzlich eine eigene Seite innerhalb des Claas Internetauftritts für das Traktorenwerk Le Mans online. Unter excellence-lemans.claas.com finden sich Informationen, Daten und Fakten rund um das Werk, den Standort Le Mans und geschichtliche Hintergründe, abgerundet durch einen Überblick über die wichtigsten technischen Meilensteine und Innovationen. Darüber hinaus bieten eine 360-Grad-Werks­ tour, Bildergalerien und zahlreiche Videos die Möglichkeit, das Werk und seine Mitarbeitenden näher kennenzulernen.

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excellencelemans. claas.com


im gespräch

Auf Augenhöhe erklären Die AMA-Marketing will in ihrem Podcast „Über den Tellerrand“ schauen und dabei auch heikle Themen ansprechen. unserhof hat Host URSULA RIEGLER zu ihrer Herangehensweise befragt.

Ursula Riegler hat sich Anfang 2020 nach einigen langjährigen Stationen in der Politik und bei zwei internationalen Unternehmen mit einem Beratungsunternehmen selbständig gemacht und arbeitet hauptsächlich, aber nicht ausschließlich mit Unternehmen und Organisationen, die etwas mit Lebensmitteln oder Landwirtschaft zu tun haben. Gemeinsam mit Christoph Cecerle hostet sie seit dem Frühjahr 2021 den Podcast „Über den Tellerrand“.

unserhof: Wer soll denn über den Tellerrand schauen: die Bauern oder die Konsumenten? Ursula Riegler: Beide. Wir wollen uns mit Themen beschäftigen, die für jeden relevant sind. Wir wollen dabei niemandem vorgeben, wie er zu denken hat. Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, sondern viele Schattierungen. Wir bewerten als Hosts nicht, ob richtig oder falsch, sondern wollen den Horizont unserer Hörer erweitern. Wer wird zu solchen Diskussionen eingeladen? Riegler: Jeder, der eine gute Geschichte zu erzählen hat. Der AMA-Marketing und uns war von Anfang an klar, dass wir die Gespräche unabhängig gestalten können müssen. Da wird nicht hineingefunkt. Wir wollen keine Belangsendung machen, sondern offen Gespräche führen und ein Thema so breit wie möglich beleuchten. Dafür ist uns eine Mischung aus Wissenschaft, Experten und Praxis wichtig. Heißt es dann nicht trotzdem „Das ist halt eine Werbung von der Landwirtschaft“? Riegler: Wir erhalten fast durchwegs positives Feedback. Da wäre noch nicht einer dabei gewesen, der sagen würde, dass das, was wir machen, eine gewisse Färbung hat. Ich denke, dass es uns mit den bereits online verfügbaren Episoden gelingt, Unabhängigkeit, Transparenz und die Freiheit von Bewertung unter Beweis zu stellen.

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Wie viele Konsumenten erreicht man realistischerweise mit sol­ chen Angeboten? Riegler: Wir haben mehrere hundert Hörer pro Episode und erwarten uns noch eine Steigerung. Profis sagen uns, dass es mindestens ein halbes Jahr dauert, bis ein Podcast eine gewisse Bekanntheit erreicht. Er ist aber eine angenehme Kommunikationsform, weil man ihn angenehm nebenbei verfolgen kann. Beim Autofahren, im Stall, am Traktor – egal wo. Das erweitert die Reichweite. Podcasts sind zuletzt in Mode ge­ kommen. Jede Organisation, die etwas auf sich hält, bietet momen­ tan solche Formate an. Erleben wir nicht gerade eine Inflation an agrarischer Information? Riegler: Es wirkt vielleicht so, weil das Format Podcast gerade sehr strapaziert wird. Nicht alles davon wird bleiben und nicht alles ist ein Podcast. Oft sind es wirklich einfach Marketingkanäle ohne journalistischen Anspruch. Agrarische Information kann es aber eigentlich gar nicht genug geben. Also wird es in Zukunft auch mehr Bauern geben, die selbst podcasten? Riegler: Ich hoffe schon. Für jene Landwirte, die in Kontakt mit den Konsumenten treten wollen, ist ein Podcast sicher eine Möglichkeit, ihre Botschaften zu transportieren. Vor allem im städtischen Bereich gibt es hier ein großes Potential an Hörerschaft. Ich empfehle aber eine Produktion gemeinsam mit einem Profi,

weil der Aufwand nicht zu unterschätzen ist. In der Landwirtschaft sprechen wir eine eigene Sprache mit vielen Fachvokabeln. Wie sehr müssen wir unsere Botschaften glattbügeln, um verstanden zu werden? Riegler: Unsere Sprache ist sehr technisch geworden. Natürlich hat jede Branche ihre Fachbegriffe. Damit lassen sich aber schwer Emotionen vermitteln. Ich muss mir überlegen, wie was ankommt. Immerhin geht es um Lebewesen und nicht nur um „Genmaterial“. Es hilft auch nichts, den Konsumenten zu belächeln, wenn er etwas nicht weiß. Man muss auf Augenhöhe erklären. Früher sind alle um 19.30 Uhr vor der „Zeit im Bild“ gesessen. Heute sieht sich jeder im Internet das an, was ihn interessiert. Entstehen damit nicht Echokammern, in de­ nen jeder das hört, was ohnehin seiner Meinung entspricht? Riegler: Vor allem im Social-Media-Bereich sucht sich jeder das aus, was ihn oder sie interessiert und bekommt damit seine eigene Meinung bestätigt. Bei den klassischen journalistischen Medien ist der Ausgleich an Informationen noch besser. Da haben wir im österreichischen und im europäischen Umfeld noch ein sehr positives Umfeld. Heute nimmt man es schnell persönlich, wenn jemand eine andere Meinung vertritt. Deshalb müssen wir uns bemühen, andere Sichtweisen zu akzeptieren und eben über den Tellerrand zu schauen. unserhof 3/2021


www. tellerrand.io

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digitalisierung

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Vom Acker zur App Das neue Innovationszentrum INNOVATE arbeitet kostenlos mit Klein- und Mittelbetrieben gemeinsam an der Digitalisierung.

Die Vor­ stellung des Innovations­ zentrums war Teil des Bäuerlichen Jungunternehmertags der Landjungend.

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ereits kleinste Investitionen in Handy-Apps können die Arbeit erleichtern durch die Dokumentation von am Feld durchgeführten Tätigkeiten unmittelbar bei ihrer Ausführung. Das bietet einen einfachen Einstieg in die Digitalisierung. „Der Start in die Digitalisierung kann ganz einfach sein“, weiß Reinhard Streimelweger, Experte des neuen Digital Innovation Hubs INNOVATE.

Anfang dieses Jahres ist das Innovationszentrum INNOVATE gestartet, um zusammen mit österreichischen Klein- und Mittelbetrieben digitale Lösungen zu erarbeiten. Dabei wird ein spezieller Fokus auf die Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Holzwirtschaft und Energiewirtschaft gelegt. Von Weiterbildungsformaten bis zur echten Projektumsetzung werden Kleinund Mittelbetriebe kostenlos von DigitalisierungsexpertInnen begleitet.

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Eine Unterstützung der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, der Smart Agri Hubs Initiative und der Bundesländer Kärnten, Oberösterreich und Wien machen das kostenlose Angebot möglich.

Digitalisierung als Vorsprung Die fortschreitende Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt hat auch die Land- und Forstwirtschaft, die Holzwirtschaft und die Energiewirtschaft längst erfasst. Betriebe, die vermehrt auf Digitalisierung setzen und bspw. verschiedene Anwendungen, Geräte und Maschinen verknüpfen, erzielen durchschnittlich einen höheren Betriebserfolg. So lassen sich über den Einsatz digitaler Technologien beispielsweise Ressourcen effizienter einsetzen, Lebensmittel oder Strom nachhalunserhof 3/2021

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digitalisierung

tiger produzieren, Arbeitsprozesse erleichtern und die Arbeitssicherheit erhöhen. „Digitalisierung bedeutet immer Vorsprung. Gerade in den Branchen der Land-, Forst-, Holz- und Energiewirtschaft sehen wir großes Digitalisierungs- und Innovationspotential. Vor allem unter dem Aspekt des Klimawandels wird es in Zukunft notwendig sein, Prozesse innovativer zu gestalten und Boden und Ressourcen effektiver zu nutzen“, sind sich die beiden Leiterinnen von INNOVATE, Valerie Herzog und Pia Seeberger, einig.

Techniker trifft Landwirt Bei INNOVATE treffen Computerprofis und BranchenexpertInnen aus der Land-, Forst-, Holz- und Energiewirtschaft aufeinander. INNOVATE ist ein Zusammenschluss verschiedener Digitalisierungszentren und will aufgrund seiner überregionalen Reichweite punkten. Von Techhouse initiiert, vervollständigen BOKU, TU Wien, VetMed, Josephinum Research, Blue Minds Solutions, Wood K Plus, Möbel- und Holzbau-Cluster, Fachhochschule Salzburg, Montanuniversität Leoben, Institut für Höhere Studien, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und Know-Center den nicht gewinnorientierten Verein. INNOVATE agiert laut eigenen Informationen unabhängig, kostenfrei und praxisnah. Die Kompetenzen des INNOVATE Teams beinhalten unter anderem: Feldrobotik, Bildanalytik, Präzisionslandwirtschaft, Farmmanagementsysteme, Drohnen in der Landwirtschaft, Photovoltaikanwendungen, Augmented und Virtual Reality, 3D-Druck, Digitaler Zwilling, Intelligentes Waldmanagement, Intelligente Ernte, Building Information Modeling, Sensorik, Transport und Logistik, Energieeffizienz, regionale Energiesysteme und Energiegemeinschaften.

Pioniergeist und Tradition INNOVATE möchte punkten durch die Verbindung von Traditionellem und

Neuem, Ungewissen. Daher ist der Fokus nicht nur auf neue Technologien gerichtet, sondern auch auf die Menschen dahinter, auf Datenschutz und auf Nachhaltigkeit. Wichtig ist dem INNOVATE Team, dass Digitalisierung oftmals das Handwerk nicht ersetzt, sondern unterstützt und dabei Zeit und Ressourcen spart.

Intelligente Erdbeeren Bereits im Juni fand das erste INNOVATE Umsetzungsprojekt „Digitales Gesundheitsscreening in Erdbeerkulturen“ statt. Einige ErdbeerproduzentInnen und TechnologieexpertInnen trafen zusammen, um ein Monitoring- System für die Erdbeerproduktion zu entwickeln, mit dem Krankheiten, Schädlinge bzw. die Nährstoffunterversorgung frühzeitig erfasst werden können. Dabei kamen einerseits Multikopter mit Kameras/ Multispek­tralkameras zum Einsatz sowie Bodenfahrzeuge, auf denen die Sensoren implementiert sind. Eine Bildauswertung soll nun Auskunft geben über den zukünftigen Gesundheitszustand der Erdbeerkulturen. Die Ergebnisse dieser Versuche werden in einer weiteren Veranstaltung gemeinsam analysiert.

Roboter als Freund und Helfer „Assistenzsysteme für die Holzbe- und verarbeitung kombinieren die Kreativität des Menschen mit der Objektivität und Wiederholgenauigkeit eines Computersystems“, philosophierte INNOVATEExperte Martin Riegler bei der Weiter­ bildungsveranstaltung im Juni zu Digitalisierung in der Holzverarbeitung. Beim Zusammenbau von Objekten oder bei der Qualitätssicherung werden Menschen bei ihren Tätigkeiten unterstützt und nicht durch Maschinen ersetzt.

Zu Veranstaltungen kann man sich direkt auf der Website des Digital Innovation Hub INNOVATE (www.dih-innovate.at) anmelden. Teilnehmen können alle österreichischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe und Klein- und Mittelunternehmen. Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe eignen sich die folgenden Veranstaltungen: • 11.11.21 Umsetzungsprojekt: Echtzeit-Austausch von Daten zur Optimierung landwirtschaftlicher Prozessketten, Wieselburg • 18.11.21 Workshop: Waldwirtschaft im Klimawandel – digitale Lösungen für die Zukunft • 14.12.21 FarmHack – Ideenmarathon für Agrartechnologie, der online und in Waizenkrichen stattfindet

Idee gesucht Ebenso bietet INNOVATE die Möglichkeit, eine Idee für die Umsetzung eines Digitalisierungsprojekts im eigenen Betrieb einzureichen, die die INNOVATE ExpertInnen in die Praxis umsetzen. Unschlüssige können sich außerdem für eine Digitalisierungssprechstunde anmelden, um herauszufinden, wo digitale Maßnahmen den Betriebserfolg steigern oder Kosten senken können. Das INNOVATE Team ermittelt dies mit Ihnen im Rahmen eines Einzel­ gesprächs. Termine können über hallo@dih-innovate.at kostenlos gebucht werden.

Jetzt mitmachen Wer von dem kostenlosen Angebot des Digital Innovation Hubs profitieren möchte, hat mehrere Möglichkeiten.

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INNOVATELeiterinnen Pia Seeberger und Valerie Herzog

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Advertorial

Betriebsführung mehr genießen Zeitsparend einkaufen verschafft neue Freiheiten

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aatgut recherchieren, Düngerbedarf berechnen, Tierfutter wechseln, Folien nachbestellen … irgendwas steht immer an. Der Agrareinkauf ist für viele Landwirte und Landwirtinnen ein Dauerthema, aber oft nicht die beliebteste Tätigkeit dieses natur- und technikbezogenen Berufs. Warum den Einkauf also nicht einfach beschleunigen, damit mehr Zeit für wichtigere Entscheidungen, die Familie und Hobbys bleibt?

viel selbst angeeignet, aber dennoch ist die Beratung in manchen Dingen Gold wert. Auch wenn wir nicht die Massen an Betriebsmitteln kaufen, lohnt es sich allemal. Im Moment möchten wir generell den Betrieb im Hinblick auf Düngemittel etwas umstellen, und dabei bietet uns Agrando natürlich eine große Hilfe!“

Weniger Stress im Nebenerwerb

Auch für Haupterwerbslandwirte lohnt sich die Unterstützung beim Einkauf. Für Bernhard Barkmann, 48 Jahre, ist die Zukunft des Agrarhandels digital. Der Familienvater managt einen kleinbäuerlichen Betrieb mit ca. 50 Hektar Ackerland, 1.500 Mastschweineplätzen und 150 Mastbullen. Agrando Pro und die zugehörige App nutzt er, um sich noch besser über Angebote in seiner Region zu informieren und proaktiv Vorschläge zu bekommen: „Die Betriebsanalyse zu Beginn hatte für mich den allergrößten Mehrwert, weil der Betrieb relativ klein ist. Und für mich ist die Marktübersicht eindeutig am interessantesten. Agrando Pro ist das richtige Modul für Landwirtinnen und Landwirte, die wissen, was sie wollen und gleichzeitig offen für Neues sind.“

Die gelernte Landwirtin Ann-Christin Kahler, 26 Jahre, hilft regelmäßig auf dem Hof ihrer Eltern und Brüder. „Da meine Familie den Betrieb im Nebenerwerb führt, ist die Zeit natürlich immer knapp“, berichtet sie. „Nach der Arbeit geht es dann raus aufs Feld oder in den Stall. Nebenbei hat man dann noch Hobbys und die Familie und dann wird es schwer, alles unter einen Hut zu bekommen.

Mehr Marktüberblick passend zum Betrieb

Bei dieser wenigen Zeit ist es schwierig, ausgiebig nach Angeboten und Betriebsmitteln zu schauen. Irgendwann möchte man auch mal aufs Sofa.“ Seit ein paar Monaten nutzen sie Agrando Pro zur Einkaufsunterstützung. „Wir haben generell mehr Zeit und können sogar bei den Händlern vor Ort einkaufen. Deswegen ist Agrando Pro für uns ein echter Zugewinn. Die Büroarbeit liegt uns allen nicht so. Noch ein wichtiger Punkt für mich und meine Brüder ist die kompetente Beratung durch die Kundenberater. Meine Brüder und mein Vater haben alle eine andere Ausbildung und machen die Landwirtschaft als Hobby nebenbei. Sie haben sich schon sehr

15 Zei tspar-Tipps für F eld, Stall und Büro

Firmenbericht

Jede gesparte Stunde ist wertvoll: Vom effektiven Zeitmanagement bis hin zu automatisierten Stallprozessen. Jetzt kostenloses Infoblatt mit Tipps aus der Praxis herunterladen: https://agrando.com/de-at/magazin/zeitsparen-tipps-landwirtschaft

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kommunikation

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In Schlägl macht Bio Schule Selbst Bäume fällen, Brot backen, Joghurt herstellen, neue Produkte kreieren – klingt nicht nach Unterricht? Ist es aber an der landwirtschaftlichen Fachund Berufsschule (Bioschule) Schlägl, der ersten Fachschule für biologische Landwirtschaft in Österreich.

Dir. Ing. Johann Gaisberger, Leiter der Fach- und Berufsschule (Bioschule) Schlägl

Bioschule Schlägl www. bioschule.at Tel.: 0732/ 7720 34100

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raxisunterricht wird hier großgeschrieben. Knapp ein Drittel der gesamten Unterrichtszeit steht daher unter dem Motto „Learning by doing“ und ist nicht nur für die Erzeugung und Vermarktung von regionalen Lebensmitteln reserviert, sondern auch für handwerkliche Praxis, Forstpraxis sowie frei wählbare Praxisschwerpunkte. Damit werden an der Bioschule nicht nur Wissen, sondern vor allem auch Fähigkeiten erlernt, die im späteren Leben immer wieder gebraucht werden, wie etwa: – Wie werden Maschinen repariert? – Was braucht ein Tier, um gesund zu sein? – Wie kann ich mich gesund ernähren? Wie koche ich ein einfaches Menü?

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– Wie erziele ich ein Einkommen, mit dem ich auskomme? – Wie produziere ich Käse, Brot, Wurst? Wie hält man Bienen? An der Bioschule kann man sich ausprobieren und finden, was einem gefällt. Die große Vielfalt an Praxisunterricht ermöglicht es, vieles auszuprobieren, was als zukünftiges Berufsfeld gefallen könnte.

Direktvermarktung an der Bioschule Zu wissen, wo Lebensmittel herkommen und wie sie produziert wurden, ist für immer mehr Menschen von zentraler Bedeutung. An der Bioschule wollen wir die Bedeutung kleiner,

aber vielseitiger Strukturen hervorheben und dies in unserem Schulalltag vorleben. Daher verknüpfen wir die Themen „Biologische Landwirtschaft“ und „Regionalität“, indem wir unseren Schülern das Handwerkszeug für eine gelungene Direktvermarktung auf ihrem Betrieb mitgeben. Im Fach „Produktentwicklung“ werden die Schüler von Lehrkräften von der Produktidee über die Produktion von Prototypen und das Feilen an der Rezeptur bis hin zur Vermarktung des fertigen Jahrgangsprodukts begleitet. Theorie wird dabei durch „Selbermachen“ angreifbar, indem Inhalte der Bereiche Marketing (Wie gestalte ich ein ansprechendes Etikett? Was ist das Alleinstellungsmerkmal meines Produkts? Wie kann ich es optimal unserhof 3/2021


bildung

bewerben?) sowie Recht (Welche Informationen müssen auf dem Etikett angegeben sein? etc.) für die Schüler erlebbar werden. Gleichzeitig bietet der schuleigene Bioladen einen Lehrraum, in dem die Schüler die Produkte, die zum Teil vorher in den Praxiseinheiten selbst hergestellt wurden, verkaufen und sich im Umgang mit Kunden üben.

Lernen im Kreislauf der Jahreszeiten Wir wissen, dass die Herausforderungen unserer Zeit nicht von einem Fachbereich oder von einer Person alleine gelöst werden können. Es braucht einen Brückenschlag zwischen allen Fächern bzw. Disziplinen. Aus gesamtheitlicher Perspektive haben wir dafür das „Schlägler Blocksystem� entwickelt: Fächerübergreifende Module ermöglichen es den Schülern, wichtige Querverbindungen herzustellen und schulen interdisziplinäres Denken und Handeln. Die Abfolge der Module ist dabei an die Jahreszeiten angepasst, sodass die Schüler ihr Theoriewissen auch gleich in der Praxis erproben können. Das ist einzigartig in Österreichs Landwirtschaftsschulwesen! Deswegen besuchen viele Schulen und Experten der Schulentwicklung aus anderen Bundesländern die Bioschule Schlägl.

Von der Landwirtschaft übers Handwerk bis zur Matura … Durch die vielseitig praktische Ausbildung gibt es anschließend für über 100 Lehrberufe eine Anrechnung für das erste Lehrjahr. In der dritten Klasse Fachschule kann bereits die erste Berufsschulklasse besucht und dann direkt ins zweite Lehrjahr eingestiegen werden. Darauf aufbauend stehen die Türen für die Absolvierung der Berufsreifeprüfung offen. Gelegenheit, um in den Unterricht an der Bioschule hineinschnuppern zu können, gibt es am Tag der Offenen Tür (8. Dez. 2021) und den Schnuppertagen.

Biokompetenzzentrum Wir verstehen uns nicht nur als Schule, sondern wollen als Dienstleister Lösungen für Menschen in der Region kreieren. Im Biokompetenzzentrum Schlägl, das seinen Sitz in den Räumlichkeiten der Schule hat, suchen wir nach Lösungen, um die Fragen der Biolandwirte in der Region zu beantworten: Von der Engerlingthematik, Schlägler Roggenzüchtung, Sortenversuche, abgestufter Wiesenbau, Lupinenanbau, bis zum Biomaisanbau führen die wissenschaftlichen Mitarbeiter Versuchstätigkeit an der Schule und in der Region Mühlviertel durch. Mit dem Forschungsinstitut für Biolandbau (FIBL) konnte ein international agierender Partner nach Schlägl geholt werden. Die Verknüpfung von Wissenschaft, Praxis und Ausbildung sehen wir als ein vielversprechendes Instrument zur Weiterentwicklung eines standortangepassten Biolandbaus. Wir vereinen mit dem Biokompetenzzentrum Forschung und Bildung zur Biologischen Landwirtschaft an einem Standort. Da die Mitarbeiter auch als Lehrer an unserer Schule tätig sind, ist die Bioschule Schlägl somit Drehscheibe von „Biokompetenz� zwischen Ausbildung, Biolandwirten und Wissenschaft.

Schlägler Biogespräche Seit 17 Jahren werden mit unseren Partnern Bio Austria und dem Land OÖ international gefragte Referenten ins obere Mühlviertel geholt. Ziel dabei ist ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Boden Pflanze, Tier und Mensch.

Projekte des Bio­ kompetenzzentrums – Schlägler Roggenzüchtung: Die älteste eingetragene Roggensorte besticht weniger im Ertrag als durch ihre Winterfestigkeit und den Geschmack. Seitdem das Biokompetenzzentrum Schlägl diese „seltene Kulturpflanze“ wieder züchtet, wird diese auch für Spezialbrote von namhaften Bäckereien verwendet.

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Bei der Verkostung hat der Geschmack des Schlägler Roggenbrots bei der Messe „Brot und Krume“ in Wien eine Goldmedaille errungen. Das Stift Schlägl, als Besitzer der Sortenrechte, verwendet das Getreide für sein „Schlägler Bioroggen Bier“. – Mühlviertler Granit-Lavendel: Dabei soll der Lavendelanbau im Mühlviertel etabliert werden. Die gesamte Produktionskette vom Anbau der Pflanzen über die Entwicklung von Ernte- und Aufbereitungstechniken bis hin zur Produktentwicklung soll dabei speziell für die kleinstrukturierte Landwirtschaft im Mühlviertel entwickelt und erprobt werden! Die Landwirte der Bergkräutergenossenschaft, eine Maschinenbaufirma und das Biokompetenzzentrum Schlägl ziehen mit dem OÖ Lebensmittelcluster an einem gemeinsamen Strang. – Biomaisanbau: Der Maisanbau bringt für die Mühlviertler Landwirte neben der Beikrautregulierung vor allem auch die Herausforderung der Bodenerosion mit sich. Gemeinsam mit einigen Landwirten werden verschiedene Szenarien mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union (EIP) untersucht und begleitet.

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Biokompetenzzentrum www.biokompetenzzentrum.at Tel.: 0732/ 7720 3412


Familie und Betrieb

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From farm to table Die Herkunft der Rohstoffe in der Gastronomie ist ein heißes Thema. Immer mehr Wirte wollen möglichst regional einkaufen. Der Tiroler Stephan Mauracher geht so weit, dass er dafür sogar einen Bauernhof übernommen hat.

D www.lindnertraktoren.at

as Lindhof-Ei auf der Speisekarte des Zwei-Hauben-Restaurants Alpenrose in Kufstein ist Regionalität vom Feinsten. Die Zutaten für das Signature Dish des Gourmettempels, einem panierten weichen Ei auf einem Spinatspiegel, kommen aus dem nahen Thiersee und werden dort vom Patron des Lokals selbst erzeugt. Seit fünf Jahren gehört der namensgebende Lindhof

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zum kleinen, aber feinen Imperium der Familie Mauracher. Neben dem Stammhotel in Hinterthiersee umfasst dieses das Stadthotel und das Restaurant in Kufstein und ein weiteres Haus in der Steiermark. Groß geworden sind die Hotelliers mit der Idee, indisches Ayurveda mit Tiroler Tradition zu verbinden. „European Ayurveda Resort“ lautet das Zauberwort von Stephan Mauracher und seinen Geschwistern.

Entwickelt hat das Konzept ihre Mutter. Sie hat erkannt, dass das exotische Gesundheitskonzept und die Bergwelt erstaunlich gut zusammenpassen. „Ein europäischer Körper verträgt die Intensität der dort verwendeten Produkte oft gar nicht“, sagt Mauracher. Also wurde die ursprüngliche Philosophie mit dem Wissen von so manchem alten Tiroler Kräuterweiblein kombiniert und daraus ein heimischer Ableger gezogen. „Ayurveda betrachtet den Körper unserhof 3/2021


Familie und Betrieb

ganzheitlich und hat viel mit Ernährung zu tun“, meint Stephan Mauracher. Während eine Schwester die Expertin für die Anwendungen in Hinterthiersee ist, findet er dabei seine Erfüllung in der Alpenrose. Und eben als Bauer am Lindhof. Einige Saisonen war der Junior als Restaurantleiter in der Schweiz tätig, bevor er in die Heimat zurückkehrte und das Stadthotel übernahm. Der Bauernhof war zunächst das Herzensprojekt des Vaters, der jedoch im Vorjahr verstorben ist. Nun brennt Stephan Mauracher dafür, die Idee weiterzuführen. „Der Lindhof gehört mittlerweile einfach zu unserem Konzept dazu. Möglichst viel von dem, was unten in Kufstein in die Pfanne kommt, soll von hier stammen.“ Lebensmittelaffine Mitarbeiter aus der Küche sind im Bauerngarten beim Anbau des Gemüses dabei und erleben so den gesamten Zyklus der Produktion. Neben den Tomaten, Gurken und Artischocken gedeihen am Hof auch 220 Obstbäume. Bestäubt werden diese von den eigenen Bienen. Im Stall stehen Hochlandrinder, auf der Weide Schafe und Hühner. Sogar der Traktor ist regional und kommt aus demselben Bezirk, von der Firma Lindner in Kundl. Auch wenn die Gastronomenfamilie bis vor kurzem keinen eigenen Bauernhof hatte, besteht die Begeisterung von Stephan Mauracher für die Landwirtschaft schon lange. „Als Bub habe ich viel Zeit bei einem Onkel am Hof und auf der Alm verbracht. Traktorfahren habe ich schon mit sieben können.“ Vieles sei aber „Learning by Doing“, auch weil der Vater mit seinem Wissen als Bauernsohn nicht mehr da ist. „Ich rufe oft die Oma an und frage, wie man dies und das jetzt genau macht.“ Das meiste gehe schon sehr gut, manches, wie zum Beispiel der Anbau von Ingwer, auch noch in die Hose. Mauracher legt aber Wert darauf, in jedem Fall ein richtiger Bauer und nicht bloß ein Investor zu sein. „Ich habe eine Aushilfe, die mir beim Füttern hilft, sonst mache ich die Arbeiten am Hof aber größtenteils selbst.“ Ziel sei es, dass sich die Land-

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wirtschaft bald auch finanziell selber trage. Möglich soll das über Direktvermarktung und Veranstaltungen am Hof werden. Wenn die Renovierung abgeschlossen ist, möchte er auch in das schmucke Gebäude einziehen. Stephan Mauracher sieht sich mit seinem Ansatz als Vorbild für andere Wirte, die ihre Produkte oft noch über den Großhandel und von irgendwoher

beziehen. „Wir importieren Fleisch aus Australien, obwohl wir die beste Qualität vor der Haustüre haben. Das kann nicht sein.“ Mauracher wünscht sich mehr Selbstbewusstsein, einen gerechten Preis zu verlangen. „Ein Kalbsschnitzel unter 20 Euro ist zu billig. Die regionale Landwirtschaft und die Gastronomie müssen viel enger zusammenarbeiten. Dann ist es möglich, gemeinsam erfolgreich zu sein.“

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Stephan Mauracher

lindhof-tirol. at


Familie und Betrieb

Die Hühnerflüsterer Isabella und Peter Kerschbaumer besitzen keinen Traktor und nur wenig Grund. Dennoch haben sie mit viel Enthusiasmus ihre Nische für die Entwicklung eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs gesucht und gefunden. STEFAN NIMMERVOLL war vor Ort.

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ine Schar Hennen ersetzt einen Psychiater – und die Eier gibt es gratis dazu. Diese Analyse einer Ärztin können augenscheinlich viele Menschen nachempfinden. „Die Leute sind ein paar Stunden bei uns am Hof und schon löst sich die Angespanntheit“, bestätigt auch der Biobauer Peter Kerschbaumer. Dementsprechend boomt die Hühnerhaltung, bisweilen sogar auf den Balkonen der Großstadt. Was das Frühstücksei aus eigener Haltung dann letztendlich kostet, ist vielen egal. „Hendl zu halten, ist eine Familienaufgabe, die zusammenschweißt“, hebt der Steirer die soziale Komponente hervor, „sogar in Kindergärten und Schulen betreuen wir Brutprojekte.“ Die Henne ist also am Weg, der neue Schoßhund zu werden, könnte man überspitzt meinen.

Wer mit so viel Motivation in die Kleinstlandwirtschaft einsteigt, will deshalb dann oft nicht bloß die Standardgenetik haben, wie sie in jedem großen Legebetrieb verwendet wird. An diesem Punkt kommt der Ursteirerhof als Bewahrer und Vermehrer von exotischen und seltenen Varianten ins Spiel. „An Rassehühner zu kommen, ist gar nicht so einfach“, erklärt Isabella Kerschbaumer. Dementsprechend groß ist die Nachfrage. Die beiden Bauern bieten Bruteier von Tieren mit so ausgefallenen Namen wie Kawasaki Bankiva, Lavender Araucana oder dem Schwedischen Blumenhuhn an.

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Damit die Zucht im Wohnzimmer gelingt, können die Kunden auf der Homepage auch gleich Zubehör vom Aufzuchtfutter bis zur Greifvogelabwehrkugel und Hühnergesundheitsprodukten bestellen. „Der Einstieg ist leicht, solange der Boden frisch ist und keine Parasiten da sind“, sagt die Bäuerin, „die Herausforderungen kommen mit der Zeit.“ Damit diese zu bewältigen sind, hat sie eigene Mischungen aus Wildkräutern und Mineralstoffen zusammengestellt. „Wir zeigen, wie man eine Hühnergruppe giftfrei halten kann.“ Viele Kunden buchen mit der Anschaffung der ersten Bruteier auch gleich einen Kurs in der „Hühnerschule“ am Hof in Markt Hartmannsdorf mit und lernen den Umgang mit dem Federvieh dort von der Pieke auf. Auch für Fortgeschrittene kann die kreative Landwirtin viel Wissenswertes rund ums Huhn erzählen. Dabei sind die beiden Hennen-Experten als blutige Anfänger eingestiegen. „Als wir zum ersten Mal die Vogelmilbe gehabt haben, waren wir ziemlich hilflos“, meint Peter Kerschbaumer. Denn rund um die Betreuung von Einzelindividuen gebe es relativ wenig Material. Selbst spezialisierte Geflügeltierärzte würden meist nur einen großen Bestand als Ganzes betrachten. Genau diese Nische der Hennenflüsterer füllen die Kerschbaumers nun aus: „Wir sind Ansprechpartner für alte Rassen und die Hobbyhaltung.“ Damit

erfüllen sich die beiden gemeinsam mit ihren fünf Kindern den Lebenstraum von der eigenen Landwirtschaft. Das malerisch auf einem Hügel gelegene Anwesen war zwar schon lange im Besitz der Familie, die dazugehörigen Äcker aber längst verpachtet. „Wir sind hergekommen, weil wir die Großeltern pflegen wollten, und haben die Vision gehabt, aus dem kleinen Hof etwas zu entwickeln“, so Isabella Kerschbaumer. Sie ist gelernte Lehrerein, ihr Ehemann bei kirchlichen Institutionen und als Leiter eines Weltladens. Zugleich hat dieser aber auch eine grundsolide kaufmännische Ausbildung gemacht und war zuletzt Geschäftsführer des regionalen Maschinenrings. Öffentliche Förderungen bekommt der Betrieb aufgrund seiner Kleinheit keine. „Auch wir müssen aber wirtschaftlich denken“, will der Quereinsteiger mit dem Verdacht aufräumen, Höfe in der Größenordnung wie seine Frau und er ihn führen, seien eine reine Liebhaberei. Bei allem Idealismus sei es ihm von Beginn an wichtig gewesen, mit der Landwirtschaft auch ausreichend Geld zu verdienen, um die Familie zu ernähren. „Ich bin über den Maschinenring in viele Höfe hineingekommen und habe Erfolgsgeschichten, aber auch Leute, die sich für nichts zu Tode gerackert haben, gesehen. Ob die Betriebe groß oder klein waren, ist dabei zweitrangig gewesen“, so Kerschbaumer. Das unserhof 3/2021


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Familie und Betrieb

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Ehepaar hatte etwas Geld gespart und als klares Ziel vor Augen, dass beide von der Landwirtschaft leben können. Wären die Bruteier, auf die sie gesetzt haben, nicht das Richtige gewesen, hätten sie eben wieder außer Haus arbeiten gehen müssen.

www. ursteirerhof. at

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Die Kugel ist mit dem Hennen-Boom aber augenscheinlich auf die richtige Zahl gefallen. „Beim ersten Tag der offenen Tür sind über tausend Leute gekommen. Das war dann sogar zu viel“, meint Isabella Kerschbaumer, „mittlerweile haben wir viermal im Monat offen, und die Leute können auch jederzeit in Eigenregie kommen und sich die Hennen anschauen.“ Erreichbar ist man aber nur zu gewissen Zeiten, um Kapazitäten für die Arbeit am Hof und das Familienleben zu haben. Sonn- und feiertags ist ganz geschlossen: „Es muss alles bewältigbar bleiben. Bauernhöfe waren aber immer

Orte der Begegnung, und genau ein solcher soll unser Hof wieder sein.“ Wichtig ist Peter Kerschbaumer jedenfalls, seinen Kursteilnehmern trotz aller Liebe für die Tiere eine Portion Realismus mitzugeben. „Ich sage allen unseren Kunden, dass sie auch bereit dafür sein müssen, ein Hendl zu schlachten, wenn es notwendig ist. Und auch die produzierende Landwirtschaft gehört dazu, weil wir die Menschen mit Lebensmitteln versorgen müssen“, will er einen Fokus nur auf die Kleinbauernidylle vermeiden. Kerschbaumer will den Menschen deshalb die Zusammenhänge erklären. „Die Leute kommen mit einer Vorstellung davon, was Dinge wie Bodenhaltung oder Freiland sind. Der Wirklichkeit entsprechen diese aber meist nicht.“ Letztlich gehe es ihm auch darum, den Leuten zu ermöglichen, die Schönheit der Schöpfung wieder zu entdecken. unserhof 3/2021


familie und betrieb

Kunde und Investor Familie Ganger hat ihren Gartenbaubetrieb „mitten in der Stadt“ Wien. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. Um das Unternehmen weiterzuentwickeln, haben die Gemüsebauern sich ein interessantes Crowd-Founding-Modell ausgedacht. ALOIS BURGSTALLER ließ sich in diesen Seitentrieb der Finanzierung einweihen.

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wischen zwei U-Bahn-Stationen im Norden Wiens verkehrt jener Bus, der die Gärtnerei Ganger mit dem Öffi-Netz der Bundeshauptstadt verbindet. Wer den Bus am Kagraner Platz besteigt, fährt später an einem Gebäude vorbei, das für das Thema dieses Beitrags steht. Der unscheinbare Bau

aus dem frühen vorigen Jahrhundert fügt sich wohltuend in die Umgebung ein. Fast ist man versucht zu glauben, die hellgrüne Färbelung könnte eine Anspielung auf die Eigentümer sein. An der Giebelseite steht in großen Lettern: Gärtner-Bank. Früher war sie unter diesem Namen eigenständig als Bank der Wiener Gärtner, jetzt

steht der Name nur symbolisch da, denn die Bank ist jetzt eine Tochter der Volksbank Wien. Banken haben in ihrem ureigensten Geschäftszweig, der Kreditvergabe, ihr Monopol eingebüßt. Neue Mitbewerber rittern ums Finanzierungsgeschäft. Auch der Gartenbaubetrieb Ganger hat sich für die Finanzierung etwas einfallen lassen. Foto: © Burgstaller

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kommunikation

tion, aber er gerät aktuell in Bedrängnis. So gut der Standort für den Gartenbau ist, so bedroht ist er. Wien ist eine der am stärksten wachsenden Großstädte der EU. Wohnraum ist knapp. Und die Gemeinde Wien mobilisiert jeden Quadratmeter für neue Siedlungen. Die Hälfte der Flächen, die Ganger bewirtschaftet, gehören städtischen Wohnbauträgern. Wird das gallische Dorf namens Ganger dem Ansturm der Siedler standhalten können? Dass Gangers jetzt auf viele Mitstreiter zählen können, ist eine unbeabsichtigte Rendite seines betrieblichen Finanzierungsmodells.

Plastik-Geld-Modell Ganger Junior hält mir eine Handyhülle entgegen. Dieses Plastikteil, das das Handy beim Aufprall auf dem Boden schützt, wurde durch Crowd-Funding serienreif gemacht. Es war die gemeinsame Idee der Gangers, so eine Finanzierung auch für ihren Hofladen zu versuchen. Der in die Jahre gekommene Hofladen sollte nämlich heutigen Ansprüchen gerecht werden. 2017 wurde mit dem Bau des großzügigen Gebäudes nach einer 7-jährigen Planungsphase begonnen. Neben Eigenmitteln und auch einem Bankkredit stellte das Crowd-Funding seine dritte Finanzierungsquelle dar.

Geld genießen

Foto: © Burgstaller

Der Fluch der guten Lage Freundlich professionell begrüßt mich der Juniorchef, Daniel Ganger, im lichtdurchfluteten Hofladen. Zusammen mit seiner Frau Marianne und den Schwiegereltern Marianne und Franz führt er den Betrieb. Genau genommen sind es zwei Betriebe:

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der Ab-Hof-Laden ist eine GmbH und die Gärtnerei ist ein landwirtschaftlicher Betrieb. Seit 1898 bewirtschaftet die Familie in fünfter Generation diesen Hof in der Aspernstraße. Auch eine sechste Generation ist schon auf den Beinen. Der Familienbetrieb hat an diesem Platz Tradi-

Das Instrument ist schnell erklärt. Person XY kauft einen sogenannten Genuss-Schein um 1.000 Euro. Von einer Person können maximal fünf Scheine erworben werden. Im Lauf der folgenden 10 Jahre erhält die Person jedes Jahr einen Genuss-Gutschein im Wert von 125 Euro. Aus jeder Investition von 1.000 Euro wird so bis zum Ende der Laufzeit ein Warengegenwert von 1.250 Euro. Der Genuss-Gutschein berechtigt zum Erwerb aller Produkte, die Gangers in ihrem Ab-Hof-Laden anbieten. Jeder Käufer erhält eine Urkunde für sein „Investment“. Mindestens 14 Tage nach erfolgtem Kontoeingang bekommt der Sponsor im Laden seine Kundenkarte ausgehändigt, auf der das Guthaben gebucht ist. Die Kassierin sieht an der Kassa sofort, dass es sich unserhof 3/2021


familie und betrieb

hier um einen ganz besonders wichtigen Kunden handelt. Diese Vorausbezahlung stellt für den Betrieb einen immensen Vertrauensbeweis dar. Zuerst fließt das Geld der Kunden, das sie in zehn Jahrestranchen in Form von Produkten des Hofladens aufgewertet zurückerhalten.

Gangers Erklärung für seinen Erfolg mit der Gutschein-Aktion Die wichtigste Währung bei diesem Vorgang ist Vertrauen. Die Vorauskäufer vertrauen darauf, dass sie ihr Geld in ein langlebiges Projekt stecken. Gangers sind auf Grund ihrer 100-jährigen Betriebs­tradition eine Marke. Während andere Gärtner schon aufgegeben haben, haben Gangers immer wieder Innovationen umgesetzt und sich als dynamische, zukunftsorientierte Unternehmer erwiesen. Ein weiterer vertrauensfördernder Aspekt ist die Kontinuität in Familienhand. Der Übergang von einer Generation auf die nächste stellt Familienbetriebe vor große Herausforderungen. Die Genussscheinkäufer konnten sehen, dass die Kontinuität von der

Foto: © Burgstaller

weichenden auf die übernehmende Generation gesichert ist. Gangers bewirtschaften die Hälfte ihres Betriebs im Freiland als Biobetrieb und im Glashaus nach der Integrierten Produktion. Das kommt den Wünschen ihrer Kunden im großstädtischen Umfeld sehr entgegen. Nicht nur die Bio- und Integrierte Produktion steht bei den Ganger´schen Kunden in der Gunst weit oben, sondern auch die Nahversorgung, die Regionalität und der Direktbezug frischer Lebensmittel. So umzingelt Gangers Gartenbauflächen im Wohngebiet liegen, so viele Käufer gleich ums Eck zu haben, das fördert die Identifikation. Den Kunden dürfte es ein Anliegen sein, mit ihrem Kapital etwas zur Erhaltung ihres Nahversorgers tun zu können. Die Stadtplaner könnten daraus den Schluss ziehen, dass Wohngebiete sehr gut mit Gartenbauern harmonieren.

Kundenfindungs­ programm Über Gangers Crowd-Founding-Modell bekommen die Investoren die Gewähr, Produkte, die im Ab-Hof-Laden angeboten werden, sei es Frischgemüse,

verarbeitete Produkte, Blumen oder Jungpflanzen aus dem Sortiment der Gärtnerei, kaufen zu können. Andererseits geben die Genuss-Gutschein-Besitzer der Familie Ganger Freiheit bei der Gestaltung der Angebotspalette und auch bei der Preiskalkulation. Die Kunden verlassen sich dabei auf eine faire Preisgestaltung im Ab Hof-Laden. Sollte jemand aus irgendwelchen Gründen nicht mehr in der Lage sein, seine Käufe durchzuführen, kann der Genussschein gerne an Verwandte oder Freunde übertragen werden. Eine Barauszahlung oder vorzeitige Auflösung der Genussschein-Vereinbarung ist nicht möglich. Es gelten die jeweils gültigen Endverbraucherpreise. Gangers Kunden akzeptieren, dass der Laden im Winter drei Monate geschlossen ist. Gelebte Saisonalität! Andererseits hilft Ganger die Kombination aus geschütztem Glashaus und Freilandkultur, Ertragsausfälle zu minimieren. So kann er ein kontinuierliches Angebot meist auch dann gewährleisten, wenn Kulturen durch Wetter, Schädlinge oder Krankheiten in Mitleidenschaft gezogen werden.

Drei Fragen Drei Fragen, empfiehlt Daniel Ganger, sollten Interessenten dieser Art der Finanzierung vor dem Crowd-FundingStart klären. Wer könnte sich angesprochen fühlen? Was will ich von ihnen haben? Was kann ich ihnen bieten? Obwohl das Projekt schon 2017 gestartet wurde, können nach wie vor Genuss-Scheine via Homepage gezeichnet werden. Das Sympathische an dieser Finanzierungsvariante ist für Ganger, dass sich die „Schulden“ auf viele Köpfe verteilen, die zugleich Teil des Kundenstocks werden. Für wichtig hält Ganger es, einen Steuerberater in die Planungen einzubinden, um die rechtlich und finanziell beste Variante auszutüfteln. Gangers haben trotzdem den Großteil der Finanzierung mit einem Bankkredit abgedeckt. Der Genussschein bietet ihren Kunden aber die Möglichkeit, an der Fortsetzung einer über 100-jährigen Gärtnergeschichte mitzuwirken und diese Stadtlandwirtschaft lebendig zu erhalten.

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Das CrowdfundingKonzept der Familie Ganger wurde beim Bäuerlichen Jungunternehmertag der Land­ jugend vorgestellt.


Fotos: © Lely

Ein kleiner Neuanfang Der Milchbauernhof der Familie Wippl in Wieselburg ist einer der ersten Betriebe, auf denen das System Lely Horizon zur digitalen Herdenüberwachung zum Einsatz kommt. Jungbäuerin Frederike Sczepan erklärt, warum.

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igentlich ist sie ja ein klassisches Nordlicht, geboren und aufgewachsen im deutschen Schleswig-Holstein. Die Liebe hat sie aber ins Mostviertel und auf den Hof von Lukas Wippl verschlagen. Dort hat Frederike Sczepan nicht nur ihren Lebenspartner, sondern auch ein Umfeld gefunden, in dem sie ihr daheim erworbenes Wissen über die Milch praktisch umsetzen kann. Dass sie zudem auch noch bei der Firma Lely in Enns beruflich tätig ist, rundet alles noch ab. Denn die junge Bäuerin bringt viel frischen Wind und neue Ideen auf den ohnehin zuvor schon sehr innovativen Hof in Wieselburg.

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So ist der Betrieb einer von nur zwei in Österreich, die das neue Herdenmanagementsystem Horizon von Lely schon vorab testen und auf seine Tauglichkeit für die Alpenrepublik abklopfen durften. „Wir sind sogenannte First Movers“, ist Sczepan stolz, „wenn es bei uns funktioniert, kann das System auch auf die anderen Bestandskunden ausgerollt werden.“ Seit Anfang Oktober können also alle Besitzer eines Lely-Melkroboters ihre Daten digital auf der neuen Plattform verwalten. Sczepan wischt begeistert auf dem Display ihres Smartphones umher: „Da schau, die Kuh hat eine gute Milchleistung, aber bei der Gesundheit

gibt es noch etwas Verbesserungsbedarf. Das werden wir uns dann gleich einmal genauer anschauen.“ Mit den Daten aus dem Stall hat die Familie Wippl die insgesamt 80 Fleckviehkühe immer gut im Blick. „Wenn wir in der Früh aufstehen, sehen wir gleich, welche Maßnahmen uns das System vorschlägt, welches Tier besamt werden könnte, wie sich die Milchleistung entwickelt und ob eine Kuh weniger wiederkäut oder Fieber hat“, erzählt Sabine Wippl, die künftige Schwiegermutter. Je nachdem weiß man, wie viel Arbeit ansteht und ob man gemütlich beim Frühstück sitzen bleiben kann oder sich lieber unserhof 3/2021


digitalisierung

Bäuerin, „trotzdem bleibt die Lieblingskuh die Lieblingskuh.“ Jede einzelne Maßnahme, die Horizon vorschlägt, ist nur eine Entscheidungsgrundlage. In letzter Instanz bleibt es den Bauersleuten und ihrem Bauchgefühl überlassen, zu bestimmen, was wie gemacht wird. Der Computer liefert aber plausible Daten dafür. „Um mit dem System erfolgreich zu sein, braucht man sicher ein grundsätzliches Interesse am Herdenmanagement“, räumt Frederike Sczepan ein, „die Umsetzung der Digitalisierung ist sicher ein kleiner Neuanfang am Betrieb.“ Je nach Begeisterung für den technologischen Fortschritt lasse sich aber viel herausholen. Sabine Wippl hat sich vom Enthusiasmus der Jungen anstecken lassen: „Wir waren immer bei denen dabei, die gleich etwas ausprobieren wollten. Jetzt, wo die Rike da ist, sind wir in diesem Bereich natürlich nochmals besser aufgestellt.“

beeilen sollte. Zum Melken muss sie ohnehin nicht unbedingt hinaus. Das erledigt seit zehn Jahren der Roboter. Mit der Erweiterung ist es nun aber gelungen, nochmals flexibler zu sein und (Familien-)Zeit zu sparen. In seiner vollen Ausbaustufe berechnet Lely Horizon sogar die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Rinds. „Wir geben die Kosten für unsere Betriebsmittel, Besamungen, Gesundheitskosten und den aktuellen Milchpreis ein. Dann sehen wir bei jedem Tier, ob sein Deckungsbeitrag positiv oder negativ ist“, sagt Sczepan. Rutscht eines in die roten Zahlen, besteht Handlungsbedarf – nicht nur finanziell, sondern auch, weil ihm vermutlich beim Wohlbefinden etwas fehlt. Interessant ist dabei, dass es gar nicht die, wie früher gemeint, „besten Kühe“ sind, die am meisten einbringen. „Das System lässt alle Emotionen weg und liefert eine nüchterne Betrachtung“, meint die

www.weilich-will.at

Lely Horizon Erlebe den neuen Standard der Betriebsmanagement Software! Lely Center Enns GmbH, Tel.: 07223 84903, Mail: info@lely.at www.lely.com/horizon unserhof 3/2021 47


Familie und Betrieb

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Schweinemast neu gedacht Der Zukauf von Eiweißfutter aus Übersee ist einer der großen Kritikpunkte an der Nutztierhaltung in Europa. Innovative Landwirte wie BERNHARD KEFERBÖCK gehen neue Wege. unserhof war mit ihm in Sipbachzell im Schweinestall.

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aum 18 und schon Betriebsführer. Die Verantwortung, die seine Familie ihm zugetraut hat, ehrt Bernhard Keferböck. Noch bevor er überhaupt volljährig war, hat der Absolvent des Agrarbildungszentrums Lambach mit der Planung seines eigenen Maststalls begonnen. „Meine Eltern haben schon immer Zuchtsauen gehabt, ich bin also

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den nächsten Schritt gegangen“, erzählt der Jungbauer beim Spaziergang über den Hof im Hausruckviertel. Also wurden die vorhandenen Betriebsflächen geteilt. Die Eltern behielten die Ferkelproduktion, Keferböck junior, heute 22, darf sich in der Mast austoben. „Logischerweise fließt da viel an Erfahrung und Ratschlägen der Eltern mit ein, ich

kann aber meine Ideen gut selber entwickeln“, sagt er. Eines war Bernhard Keferböck von Beginn an klar: Er möchte einen Stall bauen, der auch in einigen Jahren noch den Anforderungen des Gesetzes und den Erwartungen der Konsumenten entspricht. „Ich wollte von Anfang an für ein Markenfleischprogramm produunserhof 3/2021


Familie und Betrieb

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zieren, geworden ist es dann Gustino Stroh Klimafit.“ Seine Schweine seien damit als Premiumprodukt in der konventionellen Schweinehaltung positioniert und das Fleisch in diversen Supermärkten und Fleischereien, aber auch in der Gastronomie zu finden. Für die besseren Haltungsbedingungen zahlt der Verband landwirtschaftlicher Veredelungsproduzenten Oberösterreich attraktive Preiszuschläge. So geht Keferböck davon aus, mit 520 Mastplätzen zumindest mittelfristig auf wirtschaftlich stabilen Beinen zu stehen. Ein wesentlicher Unterschied zum gewöhnlichen Standardprodukt ist die Herkunft des Futters. Im Gustino-Programm ist der Einsatz von gentechnikfreiem, europäischem Eiweiß vorgeschrieben. Die Sojabohnen dafür wachsen, grob gesagt, in den Anrainerstaaten der Donau. Für die Aufbringung setzt sich der Verein Donau Soja, der sich um die Ausweitung des Anbaus verdient gemacht hat, ein. In Ländern wie Ungarn, Rumänien, Ser-

bien, aber auch der Ukraine, gedeihen heute jene Bohnen, die man nicht mehr aus ehemaligen Regenwaldgebieten in Brasilien importieren will. Damit legen die engagierten Soja-Botschafter auch die Basis für die Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels, das künftig vermehrt auf regionalem Eiweiß basieren soll. Die Familie Keferböck möchte aber noch einen Schritt weiter gehen und ihr Futter aus Österreich, noch besser direkt aus dem Raum Wels, beziehen. Daher ist gerade eine Sojatoastungsanlage in einer Arbeitsgemeinschaft von 25 Landwirten in Planung. Dort sollen die rohen Bohnen so aufbereitet werden, dass ihr Schrot für den Schweinemagen verträglich wird. Als Nebenprodukt wird Sojaöl anfallen. „Bei uns im Zentralraum wird viel Soja angebaut. Es wäre widersinnig, diesen nicht in unseren Trögen zu haben“, sagt Leopold Keferböck, der Vater von Bernhard. Er ist der Motor des Projekts und hat als Obmann der Bezirksbauernkammer Wels auch

einen besonders guten Einblick in die kommenden Herausforderungen in der Schweinehaltung. „Neben der eigenen Ernte wollen wir Kontrakte mit Landwirten in der Region abschließen und über regionale Händler Ware einkaufen“, kündigt er an.

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Familie und Betrieb

mit dem Einsatz der eigenen Bohnen aber die Kosten senken. „Nicht zuletzt steigt auch die Qualität des Fleisches. Ich füttere selber keinen Mais mehr, das merkt man im Geschmack“, unterstreicht Bernhard Keferböck. Er ist überzeugt, dass seine Branche insgesamt in Richtung bessere Haltungsbedingungen und regionale Futtermittel gehen wird. Dafür wird es aber auch besseres Geld geben müssen: „Mehr zum selben Preis wird nicht möglich sein.“

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Errichtet soll die Anlage direkt am Hof der Keferböcks werden. Die Landwirte der ARGE kommen dann mit ihrem Rohstoff und toasten diesen nach Bedarf. „Sojaschrot ist nicht so lange lagerfähig, trockene Bohnen schon“, erklären die Projektbetreiber. Eine Handvoll

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Bauern wird in die Bedienung der Anlage eingeschult. Einer davon wird wohl Bernhard Keferböck selbst sein. Nicht alle teilnehmenden Bauern sind aktuell Lieferanten von Programmen, die regionale Eiweißfuttermittel vorschreiben und entlohnen. Auch diese könnten

Die Jungbauern haben heuer eine Kampagne unter dem Motto „Regionale Genießer sind Klimaschützer“ gestartet. Dabei wurden österreichweit 255 Feldtafeln aufgestellt, die den Konsumenten zeigen sollen, weshalb sich der Griff zu regionalen Produkten mehrfach lohnt. Ein Thema war dabei der Anbau von Sojabohnen.

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Advertorial

John Deere 5M: Kompakt und stark zugleich! Die neuen 5M Traktoren von John Deere haben einen kurzen Radstand von nur 2,35 m und mit einem angebauten Frontlader haben diese einen engen Wenderadius von 4,6 m. Mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen bietet Ihnen die 5M Serie eine Nutzlast von 3,6 Tonnen – so haben Sie entsprechende Reserven in der Zuladung.

Firmenbericht

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urch die niedrig gestaltete Motorhaube, die neue Frontscheibe und das Panoramadach bietet die Kabine des neuen 5M optimale Sichtverhältnisse bei Frontladerarbeiten. Die Modelle 5090M–5115M haben einen sparsamen und leistungsstarken John Deere 4,5 Liter Motor der Abgasstufe V. Die Traktoren besitzen einen Partikelfilter und ein SCR System und brauchen nur eine geringe Menge an AdBlue. Sie haben die Wahl zwischen dem Getriebe der Einstiegsklasse, dem

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Modulationssteuerung. Hierbei können Sie die Modulationsgeschwindigkeit der Reversierschaltung je nach Fahrerpräferenz und Arbeitsanforderung genau anpassen. Für Frontladerarbeiten konzipiert dank der Hydraulikpumpe mit einer Leistung von 70 l/min. Es stehen Ihnen ein mechanischer Multifunktionshebel zur Steuerung des Frontladers zur Verfügung, mit dem auch die Gangschaltung möglich ist. Ab sofort ist der neue 5M zum Aktionspreis ab 51.900 Euro exkl. MwSt. erhältlich!

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almen

Foto: © Michael Nistelberger

Gemma Germer stechen Der Österreichische Alpenverein und seine Mitglieder leben indirekt von der Arbeit der Bergbauern, die die Kulisse für den Alpinsport zur Verfügung stellen. Damit das so bleibt, unterstützt die Organisation die Bewirtschafter ehrenamtlich beim Freihalten der Almen.

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reative Ideen gibt es genug: „Für jede ausgerissene Latsche ein Schnapserl auf der Michlbauerhütte“, grinst Rainer Vogl vom Alpenverein Edelweiss, „dann würden sich die Wanderer ihre Berge selber bewuchsfrei halten.“ Weil aber nicht ganz so sicher ist, ob wirklich jeder Bergbegeisterte eine Latsche zweifelsfrei erkennt und weiß, wo sie wachsen darf und wo nicht, braucht es doch andere Wege. Wie zum Beispiel das Bergwaldprojekt, das Vogl betreut. Für eine Woche begeben sich Freiwillige der Wiener Organisation in die Mürzsteger Alpen und helfen dort beim Germer stechen und Latschen entfernen. Vom Herrn Doktor abwärts erfahren dabei alle möglichen Gesellschaftsgruppen, was es bedeutet, ordentlich Kreuzweh zu haben.

Früher waren es Großfamilien, die die über 8.000 Almen Österreichs betreut und gepflegt haben. Heute wird es für die oft im Nebenerwerb wirtschaftenden Betriebe zunehmend schwierig, das alte Kulturgut der alpinen Landwirtschaft zu pflegen. Davon kann auch der Michlbauer Manfred Holzer ein Lied singen. Er hat gemeinsam mit anderen Landwirten die Weiden auf der Schneealm in der Gemeinde Neuberg an der Mürz in der Steiermark gepachtet. Zuletzt hat man sich dabei nur mehr auf die Kernzonen konzentrieren können. „Wir haben unser Einforstungsgebiet mit dem neuen Vertrag mit den Bundesforsten von 2.000 auf 500 Hektar reduziert. 200 Hektar davon sind Reinweidegebiet, der Rest Latschen und Felsen.“ Da das Areal Einzugsgebiet der Wiener Hochquellenwasserleitung ist, sind dort besonders strenge Vorga-

ben zu beachten. „Die Bundesforste und die Stadt Wien beobachten ganz genau, was wir machen“, sagt Holzer. Eine besondere Herausforderung stellen auf der Schneealm die Latschen und der Weiße Germer dar. Erstere überwuchern die offenen Flächen und verkleinern damit das beweidbare Areal. Zweiterer wird von den Tieren gemieden, weil er giftig ist, und breitet sich dementsprechend rasant aus, wenn er nicht ausgestochen wird. Beides sind Tätigkeiten, die viel Zeit und Kraft in Anspruch nehmen. Zwei Voraussetzungen, die auf vielen Almen nicht mehr unbeschränkt verfügbar sind. Dementsprechend – und auch, weil immer weniger Vieh aufgetrieben wird – ist die Gefahr groß, dass Almen verkleinert oder gar nicht mehr bestoßen werden. „Wir sieben Bauern, die ihre Rinder noch

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www. alpenvereinedelweiss.at


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hier heraufbringen, haben auch so genug Arbeit“, gibt der Michlbauer unumwunden zu.

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Umso dankbarer ist er, dass acht Mitglieder des Alpenvereins bei der Pflege der Alm mithelfen. Ursprünglich kommt die Idee der Bergwaldprojekte von der Unterstützung in den Schutzwäldern und wurde in der Schweiz geboren. „Mittlerweile führen wir jedes Jahr 40 solcher Aktionen durch, viele davon auch, um Almen zu schwenden“, erzählt Susanne Gahn vom Alpenverein. Sie würden zwei Ziele verfolgen: Einerseits die tatsächliche tatkräftige Hilfe auf einer ausgewählten Alm und die Entlastung der Bauern. „Andererseits betreiben wir damit auch Öffentlichkeitsarbeit und wollen die Menschen für ökologische Zusammenhänge sensibilisieren.“ Es soll gezeigt werden, dass Naturschutz auch mit der Erhaltung der Kulturlandschaft zu tun unserhof 3/2021


almen

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hat. „Wer einmal dabei war, kann nicht mehr Wandern gehen, ohne nebenbei Latschen und Germer auszureißen.“ Für die Bauern ist die Hilfe eine Motivation, mit ihrer harten Arbeit weiterzutun. „Zu sehen, wie sich die Menschen engagieren und wie viel Energie sie hineinstecken, macht ganz viel Freude und nimmt uns auch in die Pflicht, selber aktiv zu werden“, meint Manfred Holzer. Viele der Mitarbeiter würden später auch privat auf seine bekannte Hütte kommen und damit praktisch kontrollieren, ob die versprochenen weiteren Tätigkeiten schon umgesetzt wurden. Das Wissen, dass es sich bei der Almwirtschaft um einen Knochenjob handelt, bleibt jedenfalls im Kopf. „Letzten Endes macht es aber auch ganz viel Spaß, mit so unterschiedlichen Leuten zusammenzuarbeiten“, so Holzer. Das obligatorische Stamperl auf der Hütte gehört da ganz sicher dazu.

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www. michlbauerholzer.at


betriebsführung

Wie funktioniert denn …? Der Maschinenring testet in praktischen Versuchen mit Landwirtinnen und Landwirten neue Techniken und Methoden, etwa wie der Ersteinsatz von RTK funktioniert, wie praxistauglich Controlled Traffic Farming ist, wie mittels Maschinenring GIS die bodennahe Gülleausbringung dokumentiert werden kann oder wie sich der Nachsaaterfolg von Rotklee im Dauergrünland verbessern lässt. Hier stellen wir einige Versuche und erste Erkenntnisse vor.

… RTK für Einsteiger? Zwei Kärntner Betriebe testen den Ersteinsatz von RTK am Betrieb: der Betrieb Toff setzte ab dem Wirtschaftsjahr 2020 ein Maschinenring RTK-Signal zur präzisen Bestimmung geografischer Positionen mit Hilfe mehrerer GPS-Satellitensignale in der Landwirtschaft ein. Seine Erfahrungen mit dem Maschinenring Signal flossen in einen Frage-Antworten-Katalog für RTK-Einsteiger ein, der auf der Maschinenring Website zur Verfügung steht. Der Bio-Betrieb Hatzenbichler wiederum setzt ausschließlich auf einen einzigen Traktor mit RTK-Signal, mit dem alle Arbeiten durchgeführt werden. Das präzise RTK-Signal ist eine Grundvoraussetzung, damit sich der Landwirt nicht mehr aufs Fahren bzw. Spurhalten, sondern auf die Arbeitsvorgänge wie Säen oder Hacken im Speziellen konzentrieren kann. https://www.maschinenring.at/faq-rtk-einsteiger Betrieb Toff: https://www.maschinenring.at/ rtk-ersteinsatz-am-betrieb Betrieb Hatzenbichler: https://www.maschinenring.at/rtk-ersteinsatz-im-biologischen-ackerbau

Foto: © Hatzenbichler

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Foto: © Maschinenring

… Controlled Traffic Farming? Unter Controlled Traffic Farming versteht man das kontrollierte Befahren von Nutzflächen. Das Festlegen von „virtuellen Fahrgassen“, die wir für im Idealfall alle Arbeitsgänge nutzen und diese über Jahre beibehalten, kann unser Grünland schonen: Die Belastung und damit verbundene Bodenverdichtung würden sich auf wenige Fahrspuren beschränken. Die Voraussetzung sind mit Bedacht gesetzte, absolut exakte Fahrspuren. Gemeinsam mit dem Mühlviertler Landwirt Bernhard Himmelbauer macht der Maschinenring in einem CTF-Feldversuch den Praxistest: Wo sind die Knackpunkte, wie können wir sie lösen? Bringt diese Art der Bewirtschaftung wirklichen Nutzen? Mit Hilfe der Maschinenring Smartantenne wurden im ersten Schritt die natürlichen Feldaußengrenzen erhoben und Fahrspuren generiert. Das funktionierte problemlos. Die so erhobenen Daten wurden von Markus Schwaiger vom Maschinenring Oberösterreich und Bernd Klamminger von geo-konzept ins Traktorterminal importiert. Ab nun werden die im Lenksystem gespeicherten Fahrgassen genutzt und ein Jahr lang die Ergebnisse dokumentiert. Der auf die Fahrspuren konzentrierte Bodendruck und die Auswirkungen des Wegfalls von Bodendruck auf der Restfläche werden mittels Stechzylinderbeprobungen erhoben und ausgewertet. unserhof 3/2021


… die Rotklee-Nachsaat im Dauergrünland?

Foto: © Maschinenring

… die digitale Aufzeichnung von bodennaher Gülleausbringung? Die Allgäuer Agrar KG aus Feldkirch erprobte gemeinsam mit dem Maschinenring, ob sich mittels der Handy-App Maschinenring GIS die bodennahe Gülleausbringung einfach und praktikabel dokumentieren lässt. Die Versuchsflächen wurden gemeinsam ausgewählt. Anschließend wurden im Maschinenring Auftragsbearbeitungsprogramm Agraraufträge mit den jeweiligen Schlagbezeichnungen angelegt und ins Maschinenring GIS eingespielt. Dann konnten die Polygone über die jeweiligen Flächen gelegt und den Aufträgen zugeordnet werden. Zusätzlich wurde im ICM Tracking ein Button mit bodennaher Gülleausbringung hinterlegt, um die Aufzeichnungen für die Auswertung besser erkennbar zu machen. Beim Erstversuch wurde Florian Allgäuer vom Versuchsbetrieb die Maschinenring ICM Handy-App erklärt, dann konnte es losgehen: Bei der Frühjahrsdüngung nutzte er über mehrere Tage die App. Ausgebracht wurde mit einem Zunhammer 18.500l Polyesterfass mit 15 m Schleppschuhgestänge, welches von einem Massey Ferguson 7722 gezogen wurde. Fazit: Je nach Anzahl der Flächen ist der Vorabaufwand sehr groß, die Dokumentation mittels GIS war dann einfach. Die Vorteile der digitalen Aufzeichnung sind klar ersichtlich: Es lassen sich wichtige Daten wie Ausbringungsmenge pro Feldstücke, Ausbringungsmenge pro Schnitt oder gesamt leicht erfassen. Weiters werden Daten wie Straßenfahrzeit, Standzeit, Füllzeit und Ausbringungszeit erfasst. Alle diese Daten sind unter anderem nützbar für die Optimierung der Ausbringung. Außerdem kann durch die Aufzeichnung der Fahrspur vermieden werden, dass bei jeder Ausbringung im Grünland in derselben Spur gefahren wird (Bodenverdichtung, Streifenbildung usw.). unserhof 3/2021

In diesem Versuch wurde zweierlei untersucht: Erstens, mit welcher umbruchlosen Bodenbearbeitungsmethode (Striegel oder Streifenfräse) sich Rotklee am besten in Dauergrünlandbeständen etablieren lässt. Zweitens, welche Auswirkung die Düngung von Schwefel sowie Phosphor auf den Trockenmasseertrag und die Inhaltsstoffe des Futters haben. Der Versuch umfasste 48 Versuchsparzellen. Mit der Einsaat von Rotklee im Dauergrünland erhofft sich der Salzburger Betrieb eine verFoto: © Florian Mackinger besserte Trockenheitstoleranz des Grünlands und eine bessere Stickstoffbindung im Boden. Geerntet, beprobt und analysiert wurden die 4 Schnitte in der Vegetationsperiode 2020. Im Durchschnitt konnte sich der Rotklee am besten bei den Striegelvarianten etablieren. Beachtlich ist auch, dass der Rotklee auch ohne narbenöffnende Bodenbearbeitung auf den Vergleichsparzellen gut anwuchs – hier ist jedoch auf den lückigen Ausgangsbestand hinzuweisen. Die Phosphor- und Schwefeldüngung hatte bei den ersten Aufwüchsen keine signifikante Auswirkung auf den Ertrag; in den Folgeaufwüchsen konnte eine klare Tendenz zu höheren Eiweißgehalten festgestellt werden. In den Parzellen mit Rotklee-Einsaat war an den wesentlich höheren Trockenmasseerträgen als auf den Originalflächen der zusätzliche Stickstoffeintrag aus der Luft deutlich ersichtlich. https://www.maschinenring.at/nachsaaterfolg-von-rotklee-im-dauergruenland

… das Überspielen von Feldaußengrenzen von John Deere zu Steyr? Mittlerweile kommen viele Traktoren mit Spurführungssystemen und RTK-Genauigkeit (Real Time Kinematic) zum Einsatz. Die Datengrundlage zum Fahren mit Lenksystem ist meist die gleiche, aber die unterschiedlichen Terminals verstehen nicht immer die gleiche ISO-XML-Datei. Vor dieser Herausforderung steht auch Landwirt Andreas Patschka aus Aspersdorf. Auf seinem Betrieb nutzt er zwei John Deere Traktoren mit RTK-Lenksystem. Mit ihnen hat er auch die Feldaußengrenzen aufgenommen und somit digitalisiert. Er ist Teil einer Maschinengemeinschaft mit einem Steyr CVT 6200. Andreas Patschka will die aufgenommenen Daten von seinem John Deere Terminal auch auf das Terminal des Gemeinschaftstraktors bekommen. Der Maschinenring unterstützt ihn dabei, Fragen zu beantworten wie: Ist der korrekte Download der Daten vom John Deere Terminal möglich? Welches Datenformat wird geliefert? Wie hoch ist der Aufwand, die Feldaußengrenzen so aufzubereiten, dass auch exakt dieselben Konturen mit dem Steyr Traktor bearbeitet werden können? Mit welcher Software ist es möglich, die Transformationen durchzuführen? Versteht das Terminal von Steyr die aufbereitete Datei? Die ersten Schritte wurden bereits erfolgreich abgeschlossen: Der Export der Daten aus dem John Deere Terminal war unkompliziert, auch das Einspielen in die Webplattform MyJohnDeere war schnell erledigt. Nach dem Export mussten die Daten mittels eines Farmmanagement-Programms von der „Sprache“ des John Deere Terminals in die „Sprache“ des Steyr Terminals übersetzt werden. Der Versuch wird noch im Herbst abgeschlossen, sobald der Gemeinschaftstraktor wieder vom Landwirt eingesetzt wird und er ein Fazit über den (erfolgreichen) Ex- und Foto: © Maschinenring Import der Daten ziehen kann.

* Diese Versuche sind Teil des Projekts Versuchs- und Demonstrationsbetriebe im Maschinenring Cluster zur Förderung der agrarischen Kooperation. Es wird unterstützt mit Mitteln von Bund, Ländern und europäischer Union. Zu den Versuchs- und Demonstrationsbetrieben: https://www.maschinenring.at/cluster/versuchs-und-demonstrationsbetriebe Nähere Informationen zu den Innovations-Projekten des Maschinenring Clusters: https://www.maschinenring.at/cluster r www. maschinenring.at

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forstwirtschaft

Mit dem Holz per du Die 20-jährige Natalie Üblacker aus Neuhofen an der Ybbs ist seit Beginn des Jahres Niederösterreichische Waldkönigin. Sie hat die Bergbauernschule in Hohenlehen besucht, arbeitet in einer Tischlerei und war 2018 Europameisterin in der Waldarbeit.

„Massivholz und Naturöle sind mir in der Tischlerei wichtig. Man soll die Natur noch sehen.“

„Holz wird mich ein Leben lang begleiten.“

„Bewirt­ schaftete Wälder sind wichtig, um Ertrag zu bekommen.“

„Ich darf die Maschinen in der ehemaligen Tischlerei meines Onkels nutzen und eigene Projekte umsetzen.“

„Die Forstwirtschaft ist ein gefährlicher Job. Das Risiko und die Lasten für den Körper sind extrem.“ Foto: © agrarfoto.com

Foto: © lazyload

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„Wer in der Forstwirtschaft erfolgreich sein will, braucht auch das theoretische Wissen dazu.“

„Die Wettbewerbe legen den Fokus nicht nur auf Schnelligkeit, sondern auch auf Genauigkeit und Sicherheit.“

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„Über die Wettbewerbe wird man mit der Säge per du.“

forstwirtschaft

„Mein Ziel als Waldkönigin ist es, den Wald und seine nachhaltige Bewirtschaftung interessant zu machen.“

„Bisher hatte ich wegen Corona nicht viele Auftritte. Es bleiben aber noch zweieinhalb Jahre, in denen ich mich bewähren kann.“

„Holz ist ein lebendiges Produkt. Jeder Baum hat andere Eigenschaften und ist anders gedreht. Damit sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.“

„Die richtigen Handgriffe müssen dir so in Fleisch und Blut übergehen, dass du sie im Wald automatisch richtig machst. Das hilft, Unfälle zu vermeiden.“

„In der landwirtschaft­ lichen Fachschule haben wir die Waldarbeit positiv vermittelt bekommen.“

„Ich habe Hochachtung vor jedem, der in den Wald geht. Schade, dass die Holzpreise nicht besser sind.“

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Agrarkultur

Foto: © pistipixel.at

Unternehmen pflanzen Bäume Vielerorts schaut es traurig aus im Waldviertel – der Borkenkäfer hat die Fichten dahingerafft. Große Lücken klaffen in der Landschaft. Damit das nicht so bleibt, tun sich Unternehmer aus der Region mit Waldbesitzern zusammen und organisieren die Wiederaufforstung der Kahlflächen. unserhof hat sich bei den Teilnehmern eines Aktionstags umgehört.

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forstwirtschaft

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ür mich ist es wichtig, die Wälder so zu erhalten und wiederherzustellen, wie ich es von klein auf gewohnt bin – auch für meine Kinder. Mein großes Ziel ist es, meinen Betrieb CO2-neutral zu führen, und dieses Projekt hilft mir dabei. Ich kann mit dieser Aktion direkt vor meiner Haustür etwas für die Region bewirken und gleichzeitig etwas gegen den globalen Klimawandel beitragen.

Ich habe mir aus dem Projekt viel forstliches Hintergrundwissen mitgenommen. Der Wald hat unglaublich viele Funktionen und Aufgaben, die uns oft gar nicht so bewusst sind. Natürlich ist er Einkommensquelle für die Waldbesitzer und Erholungsraum für die Bevölkerung, aber auch ein wichtiger Lebensraum für die Tier- und Pflanzenwelt. Er ist unverzichtbar für frische Luft, sauberes Wasser und gutes Klima. Nicht zu vergessen die Schutzwirkung des Waldes, die auch wir im Waldviertel

brauchen. Dort, wo der Wald fehlt, sehen wir in den letzten Jahren immer wieder die Auswirkungen von Extremwetterereignissen. Ich sehe der Zukunft positiv entgegen. Mit unserem Verein unterstützen wir Waldbesitzer bei der Wiederaufforstung klimafitter Wälder. Ein Sprichwort sagt: Der beste Zeitpunkt, einen Baum zu pflanzen, war vor 20 Jahren, der nächstbeste Zeitpunkt ist jetzt. Darum unsere Devise: waldsetzen.jetzt!

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Thomas Göttinger, Unternehmer und Initiator des Aufforstungsprojekts waldsetzen. jetzt


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Janine Pointner, Mitarbeiterin Dessert­ manufaktur Göttinger Foto: © pistipixel.at

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ür mich ist es einfach schön, gemeinsam mit meinen Kollegen etwas für die Umwelt direkt in unserem Lebensraum tun zu können. Wenn man zusammenhilft, kann man wirklich etwas bewegen.

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Und wenn viele Chefs das Projekt auch in Zukunft unterstützen und gemeinsam mit uns Mitarbeitern viele solcher Pflanztage durchführen, trägt das zur Zukunft der Forstwirtschaft im Waldviertel bei. unserhof 3/2021


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er Wald ist mein Herzensthema. Ich möchte die Bedeutung und Leistung der österreichischen Land- und Forstwirtschaft wieder ins Bewusstsein der Menschen rufen. Mit diesem Projekt kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits können wir betroffenen Waldbesitzern bei der Wiederaufforstung klimafitter Wälder unter die Arme greifen. Andererseits haben wir die Möglichkeit, „land- und forstwirtschaftsfremde Personen“ zu erreichen, mit unserer Arbeit vertraut zu machen und ihnen die „Wirklichkeit“ zu zeigen. Die Leute sind unglaublich wissbegierig. Einige hatten Großeltern, die von einem Bauernhof stammten und können sich noch vage an das eine oder andere erinnern. Aber viele haben keinen Bezug mehr zur Forstwirtschaft und sind unglaublich interessiert. Das Miteinander steht einfach im Vordergrund, nicht nur das Miteinander im Unternehmen, sondern auch das Miteinander von Unternehmensmitarbeitern und Waldbesitzern. Kurz gesagt: der Zusammenhalt in der Region. Für die Zukunft der Wälder kommt eine große Herausforderung auf uns zu. Natürlich werden wir noch Wälder haben, aber die sehen ganz anders aus und müssen auch ganz anders bewirtschaftet werden. Fichtenmonokulturen werden verschwinden und klimafitte Misch­ wälder werden sich etablieren. Und in 40 Jahren wird der eine oder die andere bei den heutigen waldsetzen.jetzt-Flächen mit Kindern und Enkelkindern vorbeispazieren und voller Stolz berichten, wie das damals im 21er Jahr war.

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Viktoria Hutter, waldsetzen. jetzt – Schnittstelle zwischen Unternehmen und Wald­ besitzer


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Herbert Diesner, Waldbesitzer

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ch habe große Kahlflächen, meine Wälder sind dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Die Wiederaufforstung stellt mich vor eine große Herausforderung und ich bin für die Unterstützung wirklich dankbar. Für uns Waldbesitzer ist die Wiederaufforstung oft ein Muss, und wenn man

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im Frühjahr Tausende an Bäumen zu setzen hat, kann einem schon mal die Motivation abhandenkommen. Aber zu sehen, wie die verschiedensten Leute mit Freude bei der Sache sind und innerhalb kürzester Zeit so eine Fläche mit 1.700 Bäumen aufgeforstet werden kann, freut auch mich.

Wie sie Zukunft des Waldes aussehen wird, ist schwer zu sagen. Es wird vieles anders werden. Wir setzen jetzt mehr Laubholz, aber die Sägeindustrie ist auf Nadelholz – vor allem die Fichte – eingestellt, da muss sich einiges tun. unserhof 3/2021


buchtipp

Die Anziehungskraft des Waldes Jetzt einmal ehrlich: Wann hatten Sie das letzte Mal ein Buch in der Hand? Wenn Sie sich noch erinnern können, dürfen Sie sich auf die Schulter klopfen. Und jetzt kommt die Nagelprobe. Haben Sie es auch zu Ende gelesen? Von Alois Burgstaller

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en Stress, ein Buch um viel Geld gekauft, es aber dann mangels Begeisterung nicht ausgelesen zu haben, werden Sie bei diesem Buch sicher nicht verspüren. Es ist so aufgebaut, dass man gar nicht

auf die Idee kommt, es in einem Zug durchlesen zu wollen. Es ist einer Film-Doku sehr ähnlich. Man darf das Waldbuch liegen lassen, Staub ansetzen lassen, und dann irgendwo wieder weiterlesen. Handy und Computer haben unsere Aufnahmefähigkeit gründlich verändert. Lange Phasen der Konzentration sind fast nicht mehr zu schaffen. Darauf nimmt dieses Buch Rücksicht und bereitet seine Informationen kompakt auf. Nur eine Grafik samt ein paar Informationen zu lesen, geht sich immer aus. Wissenswertes in bekömmlichen Happen bildhaft, aber nicht zu bunt präsentiert und somit auf das Wesentliche reduziert – so werden gute Fachbücher gemacht. Es war höchst an der Zeit, Information in dieser Art und

Weise unter die Leute zu bringen. Wer dieses Buch gelesen hat, den wird so schnell keine Frage eines „Waldlaien“ überraschen. Waldbesitzer und Waldbewirtschafter werden in diesem Buch keine Handlungsanleitung zur Waldnutzung finden. Aber sie werden verstehen, warum der Wald auf uns nach Reste von Wildnis schmachtende Europäer eine so magische Anziehungskraft ausübt. Zumindest 60.000 Baumarten sind bis dato entdeckt. Das klingt nach Superlativ. Der Stammesälteste unter den Schattenspendern auf unserem Globus hat es bisher auf vermutlich 4.995 Jahre gebracht. Er lebt und transpiriert in Kalifornien, lesen wir. Zwar steht Österreich nicht vor der Situation, dass der Wald verschwindet, ganz im Gegenteil, aber auch hier setzen ihm die Begleiterscheinungen der Klimaerwärmung zu. Global geht es ihm hingegen sehr ans Geäst. Wo Gefahr ist, wächst aber das Rettende auch, heißt ein Sprichwort. Ist vielleicht die Verbindung aus Land- und Forstwirtschaft, genannt Agroforstwirtschaft, die rettende Zukunft? Sie vereint viele Vorteile in sich, auch wenn sie betriebswirtschaftlich noch nicht wettbewerbsfähig ist. Viel Gutes geschieht bereits, auch manch Eigenartiges. Wessen Neugier unersättlich ist, der findet im Quellenverzeichnis zusätzliche Nahrung.

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Esther Gonstalla, „Das Waldbuch“, oekom verlag, München 2021 ISBN 97839 62382117, 128 Seiten, 24 EUR


LANDWIRTSCHAFT INTERNATIONAL

Tausche Kühe gegen Kürbis Slowenien ist wie daheim. Nur abgefuckter. Das meine ich positiv. Denn bodenständig und herzlich können wir uns ruhig von unseren Nachbarn abschauen. Foodbloggerin BIANCA BLASL war 4 Tage in der slowenischen Landwirtschaft unterwegs.

Ü DI Bianca Blasl aka melange. in.gummi­ stiefeln macht Kommunikation in der Landwirtschaft anders und ist auch als Journalistin unterwegs.

berlebensmultitasking und Schnaps zum Frühstück. Die Bauern in Slowenien haben oft viele verschiedene Einkommensquellen am Hof, damit sich alles irgendwie ausgeht. Von Gästezimmern über Lohnarbeit für Nachbarn bis hin zum Ab-Hof-Verkauf und Führungen für Touristen. Ach ja, und die klassischen Bauernhofdinge machen sie auch. Sie nennen es Vielfalt, ich nenne es Überlebensmultitasking. Ein Hocker steht auch auf drei Beinen besser. Anscheinend ist es ganz normal, seine Gäste um 9 Uhr in der Früh mit Schnaps abzufüllen. Ich bin mit vielen europäischen Journalisten in Slowenien eingeladen. Unsere

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erste Station führt uns zu Dujan und seiner Frau.

Tausche Kuh gegen Kürbis Die beiden haben vor zwei Jahren ihre 60 Kühe rausgeschmissen und sind jetzt Kürbisbauern. Der Milchpreis ist mies – wohlgemerkt, so mies wie bei uns –, die Großeltern zu alt zum Mitarbeiten. So ist sich das mit den Milchkühen nicht mehr ausgegangen. Die beiden erzählen von dem ewigen Radl des Melkens, das sie nicht mehr ausgehalten haben. Arbeit rund um die Uhr, hohe Investitionskosten für einen neuen Stall und eine Melkanalage.

Ohne uns! Heute pressen sie Öl, machen Mehlspeisen aus Kürbiskernen, verkaufen auf Märkten in der Umgebung, trocknen Saatgut für Nachbarn und machen Führungen am Hof. Aus unserem Bus wird die bunte Journalisten-Reisegruppe in einen Hof geleitet. Nur keine Zeit verlieren: zack zack. Eine kleine Betonbrücke führt über ein Bächlein in den Hof. Ein Teil der Fassade ist nagelneu. Der andere ist halbfertig und irgendwie verfallen. Schräge Kombi. Am Ende des Hofs stehen zwei alte Traktoren unter einem Dach. Nein, keine Oldtimer, wie wir sie uns vorstellen. Einfach alt. Aber sie machen ihren Job, freut sich Dujan.

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LANDWIRTSCHAFT INTERNATIONAL

Investition? Zum Auslachen! Ich frage Dujan, was er investieren musste: Weg von den Kühen hin zum Kürbis. Er lacht: „ Die Kammer schreibt uns vor zu investieren, um an Förder­ gelder zu kommen. Also haben wir eine Ölpresse für viertausend und eine Erntemaschine für zweitausend Euro gekauft. Damit meine Frau die Jungbauernförderung bekommt. Mehr Geld haben wir nicht. Alles andere haben wir selbst gemacht.“

Sag niemals Pfusch zu ihm Aus Edelstahlgittern und Holzplatten hat Dujan die Trocknungsanlage für seine Kürbiskerne gebaut. Sie schmiegt sich außen an die alte Stallmauer. Neben den in die Jahre gekommenen Traktoren sieht sie aus wie ein Alien. Von der Wärmepumpe im Nebenraum wummert ein dumpfes Dröhnen, als Dujan aufdreht. Simpel mit Sinn, würde ich das Ganze nennen. Damit sich die Anlage rentiert, trocknet er darin auch Grassamen für die Nachbarn. Die werden dann wieder zu Saatgut. Warum tausende Euro für neue Technik ausgeben, wenn es auch so geht?

Kaltgepresste Kalkulation Es riecht nussig und herb, als wir den winzigen Raum mit der Ölpresse betreten. Hier werden die Kerne zu

Fotos: © Bianca Blasl

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damit sie am Hof bleiben. Dujans Frau ist seit den Kürbissen Vollzeit am Hof angestellt.

Wie man einen Bauern zum Weinen bringt

Foto: © Bianca Blasl

Öl. 10 Kilo braucht es für einen Liter kaltgepresstes Öl. Ja, hier wird das Kernöl kaltgepresst. Anders als bei uns. Das dunkelgrüne, dickflüssige Öl schmeckt nach purem Kürbiskern. Als würde man sich eine Hand voll frischer Kerne direkt in den Mund werfen. Ganz anders, fast gewöhnungsbedürftig. G´sund muss das sein, denk ich mir. Kaltgepresst, Wahnsinn! Doch es kommt immer anders, als man denkt: Nicht etwa wegen des Geschmacks oder der Gesundheit pressen sie das Öl kalt. Der Grund ist das Geld. Eine Warmpresse kostet 5 Mal so viel. Ehrlichkeit währt am längsten.

Das Image der Bauern in Slowenien Wie auch bei uns sind in Coronazeiten viele Menschen aufs Land gezogen. Lärm, Geruch und die täglichen Arbeiten am Bauernhof gehen ihnen dann aber schon sehr auf die Nerven. Nicht selten wurde Dujan gefragt, ob es nicht reiche, ein Mal im Jahr zu düngen und wozu denn unbedingt ein Hahn notwendig sei. Das Verständnis ist auf beiden Seiten enden wollend. So geht man sich halt gegenseitig auf die Nerven. Nicht anders als bei uns. Weil ja durch´s Reden die Leute zamm kommen, frage ich Dujan,

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was er für einen Dialog tut. Er zuckt kurz mit den Schultern: „Ich stehe am Markt und rede dort mit den Menschen. Über das Essen, das ich verkaufe, kommt man ins Gespräch über Landwirtschaft.“ So kommen Essen und Leut´ zamm. Deshalb würden ihm die Menschen auch vertrauen. Er erzählt ihnen von seinem Hof und wie er arbeitet und warum. Auch von den Problemen erzählt er seinen Kunden. Fragt nach, was sie von diesem und jenem halten und denken. So finden sie oft auch gemeinsame Lösungen. Immer sei das nicht so einfach, sagt er. Oft fehlen Zeit und Nerven. „Aber wie soll jemand eine Ahnung von Landwirtschaft haben, wenn man nicht ehrlich darüber redet?“, fragt mich Dujan.

Klein und daneben Die slowenische Landwirtschaft ist ähnlich der unseren: klein und meist von Familien gemacht. Durchschnittlich hat ein Bauernhof 7 Hektar Land. Zum Vergleich, bei uns sind es 45. Die meisten Familien können nicht mehr von der Landwirtschaft leben. Viele Bauernhöfe werden im Nebenerwerb bewirtschaftet. Auch Dujan geht Vollzeit arbeiten. Die Landwirtschaftskammer fördert junge Landwirte,

Wir werden in einen großen hellen Raum geführt. Die Sonne blinzelt bei den Fenstern hinein. Es riecht nach Speck und Kürbiskernöl. Alles ist nagelneu. Man sieht die weißen Tischtücher fast nicht mehr vor lauter Köstlichkeiten. Die Tische biegen sich vor hübschen Häppchen, Brot und Wein. Wir schnabulieren. Alle zufrieden. Dujan lehnt auf einer Heurigenbank sitzend, mit dem Rücken an der Wand. Er beantwortet unsere Fragen. Seine Frau und Schwiegereltern wuseln derweil zwischen uns herum. Versorgen uns mit Schnaps, Wein, Kaffee. Weil das „Hinter-die-Fassade-Schauen“ bekanntlich das Spannendste ist, frage ich Dujan nach ihren größten Herausforderungen. Er schaut in die Runde. Er erzählt uns von dem Raum, in dem wir sitzen. Der war einst ein Schweine­ stall. Er hat alles mit seinen eigenen Händen umgebaut. Dujans Stimme bricht. „Ihr seid die Ersten, denen ich das zeigen kann.“ Im Raum wird es für einen Augenblick still. Das freudig essende Geplauder verstummt. Ihm kommen die Tränen. In dem Moment als er weitersprechen will, plappert ihn die Lady von der örtlichen Bauernkammer nieder: Ihres Zeichens dafür verantwortlich, die Umstellung von Kuh auf Kürbis zu begleiten. Ein Schelm, der Böses denkt.

Die Geschichte vom Strudel Was uns ein Strudel, ist den Slowenen die Potica: Germteig gefüllt mit Nüssen. Quasi ein Nationalgebäck, gibt es die Potica an jeder Ecke und überall zu kaufen. Jede Familie hat ein eigenes Rezept. In der Gegend um Ptuj im Nord­osten des Landes ist die Potica traditionell mit Kürbiskernen gefüllt. Weil es die halt dort gibt und nun mal keine Nüsse. Eigentlich logisch. Gefragt nach dem Rezept, lacht die Familie nur: ein Geheimnis. unserhof 3/2021


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Sprühdrohne, Action: Eine Drohne beim Ausbringen von Pflanzen­ schutzmittel im Weingarten Winninger Hamm.

Fotos: © Markus Habisch

Steile Hänge – fleißige Drohnen Obwohl es allein im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz mit 64.000 Hektar Weinanbaufläche um etwa 16.000 Hektar mehr Rebfläche als in ganz Österreich gibt, haben die dortigen Weinbauern mit den gleichen Herausforderungen wie die österreichische Weinwirtschaft zu kämpfen. Von Markus Habisch

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Agrarkultur

Steillagenvollernter: Der kompakte und kurze Schüttelkopf wurde gemeinsam mit der vollelek­ tronischen Ansteuerung genau an die Erfordernisse im Steillagenweingarten angepasst. Foto: © Markus Habisch

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Ing. Markus Habisch ist Agrarjournalist aus Frauental in der Steiermark.

ie Weingärten im Gemeindegebiet von Winningen an den Mosel gehären zu den steilsten Weinbaulagen der Welt. Nicht nur das mit teilweise 50–70 Prozent Hangneigung schwierig zu bearbeitende Gelände macht den hiesigen Winzern zu schaffen. Genau wie die Weinbauern in Österreich müssen sie bereits jetzt mit massiven Auswirkungen des Klimawandels klarkommen. Durch die milderen Wintertemperaturen treiben die Reben immer früher aus. Das erhöht die Gefahr von Schäden durch Spätfröste, die vor allem entlang der Mosel mit Temperaturen unter null Grad häufig bis in den Mai hinein auftreten. Außerdem verursacht der Anstieg der Temperaturen kurz vor und während der Ernte ebenfalls zusätzliche Probleme. Dadurch steigert sich nämlich das Risiko einer Verschlechterung des Traubenzustands kurz vor der Ernte enorm.

Einerseits werden in Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen,

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dem Julius-Kühn-Institut, verschiedene Forschungsprojekte über die Wiederbelebung alter Rebsorten und die Züchtung neuer widerstandsfähiger Rebsorten durchgeführt. Bei der Rebsortenforschung geht es hauptsächlich um Resistenz gegen Schädlinge und extreme Witterungsbedingungen. Außerdem wird in der Forschung und Entwicklung auf umweltverträgliche Produktion bei geringem Arbeitsaufwand Wert gelegt. Andererseits führen im Elektronikzeit­ alter an der Einführung von Robotik und Digitalisierung im Weinbau keine Wege mehr vorbei. Besonders in den Steillagen entlang der sogenannten Terrassenmosel boten sich somit entsprechende Praxisversuche geradezu an.

Drohnen sichern Weinbauzukunft Hier sieht man vor allem im Einsatz von Drohnen enormes Potenzial für den Steillagenweinbau. Bisher kommen häufig Hubschrauber zum Einsatz, wenn es zum Beispiel um die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln geht. Mit Blick auf die

Sicherheit für Mensch und Umwelt könnte sich das ändern – neben der Lärmbelästigung und der Unfallgefahr könnte der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch eine exakte Festlegung der Flughöhe und die zielgenaue Ausbringung verringert werden. Neben dem Pflanzenschutz kann die Drohne aber noch zahlreiche weitere Aufgaben im Weinberg übernehmen: Die Aufzeichnungen aus der Luft geben auch Aufschluss über Wachstum, Düngebedarf, Reifezustand und Krankheiten der Reben. Die Drohnentechnik leistet so einen großen Beitrag zur Steigerung der Produktivität und der Rentabilität. Insgesamt ist die Bewirtschaftung von Steillagen für die örtlichen Winzerinnen und Winzer bisher nur mit sehr großem Arbeitsaufwand zu leisten. Fast alle Arbeiten im Weinberg müssen in Handarbeit durchgeführt werden. Die konkreten Arbeitserleichterungen durch den Drohneneinsatz können langfristig dazu beitragen, die Bewirtschaftung von Steillagen für Winzerinnen und Winzer attraktiver zu machen. unserhof 3/2021


LANDWIRTSCHAFT INTERNATIONAL

Steillagenvollernter: Trotz der kompakten Gesamtmaße lässt ein je nach Variante mit 650 bzw. 800 Liter großer Traubenbehälter das Durchfahren von langen Reihen ohne Unterbrechung des Erntevorgangs zu. Foto: © Markus Habisch

Neben der Praxiserprobung des Drohneneinsatzes wurde kürzlich aber noch eine weitere serientaugliche Weltneuheit präsentiert.

Erster serientauglicher Steillagenvollernter Genauso wie beim Drohnenprojekt war auch bei der Entwicklung des Steillagenvollernters das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Mosel in Bernkastel-Kues der wichtigste Projektpartner des vom deutschen Landwirtschaftsministerium über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gemeinsam mit der Firma Hoffmann realisierten Projekts. Die Maschine kann sowohl in steilsten Hängen (bis zu 75 Prozent Hangneigung) als auch in Terrassenweinbergen eingesetzt werden. Steillagen-Weinbau bedeutet immer auch Qualitätsweinbau. Das Gesamtziel des Projekts war die Sicherung einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Steil- und Terrassenlagen im qualitätsorientierten Weinbau durch eine Mechanisierung der Hauptarbeitsspit-

ze (Traubenlese), die den heutigen Qualitätsansprüchen einer Vollernterlese entspricht. Die hohe Qualität des Leseguts und der schonende Umgang mit der Reb­anlage hatten bei der Entwicklung des Vollernters oberste Priorität. Aufgrund der Gewichtsbeschränkung durch den Einsatz am Hang liegt systembedingt eine nicht so selektive mechanische Lesemöglichkeit vor. Bei dieser modernen Technik allerdings wird die durch die Handlese gewohnte Qualität der Steillagenweine auch durch die Aussortierung von qualitätsmindernden Faktoren im Rahmen der unmittelbaren mechanischen Sortierung bei der automatisierten Ernte erreicht. Das Fahrwerk der auf Ketten fahrenden Raupe verteilt das Gewicht des Ernters mit einer Auflagefläche von 1,2 Quadratmetern sehr großflächig und verursacht so einen geringen Bodendruck. Die Maschine wird mit einer elektronischen Hangelwinde mit 1.500 Kilogramm Zugkraft an einem Anhänger am oberen Ende des Steillagen-Weinbergs gesichert. Geerntet wird von oben nach unten. Bei der Rückfahrt wird der Erntekopf geöffnet und

die Maschine fährt über die Zeile hinweg. Außerdem ist das Fahrzeug imstande, auf Steilhängen zu wenden. Der sogenannte CH 500 ist kleiner, leichter und kompakter als jeder herkömmliche Vollernter für die Ebene. Inzwischen laufen bereits 10 dieser Steillagenvollernter im Praxisbetrieb, auch nach Österreich wurde bereits das erste Exemplar geliefert. Dass neben den neuesten Technologien entlang der Steil- und Terrassenweingärten an der Mosel schon seit Jahrzehnten auch sogenannte Monorackbahnen eingesetzt werden, scheint dabei schon fast selbstverständlich. Diese Einschienen- Zahnradbahnen kommen zur Bewältigung von extremen Steigungen im unwegsamen Gelände zum Einsatz. Sie überwinden Steigungen von bis zu 100 Prozent Hangneigung und können bis zu 250 Kilogramm Last befördern. Im Steillagenweinbau dienen sie als Transportmittel für Pfähle, Düngemittel und die Trauben bei der Weinlese, oder auch nur als Aufstiegshilfe für den Winzer oder die Winzerin.

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Betriebsführung

Auf den Unterschied achten!? Für jeden Betriebsführer ist die Erstellung des Jahresabschlusses eine gut investierte Zeit, zumal damit der jährliche Betriebserfolg ermittelt wird. Bei der doppelten Buchhaltung wird durch die Aufstellung der Bilanz auch das Vermögen (Anlage- und Umlaufvermögen) dem Kapital (Eigen- und Fremdkapital) gegenübergestellt. Das Ergebnis besagt, wie das Vermögen finanziert ist. In diesem Beitrag erklärt LK-Experte MICHAEL SCHAFFER den Unterschied zwischen Anlage- und Umlaufvermögen mit einigen Beispielen.

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enn man sich jährlich intensiv mit dem Jahresabschluss auseinandersetzt und eine mögliche Fehlentwicklung erkennt, hat man in der Regel noch genügend Zeit, um gegenzusteuern. Wer also rechtzeitig die richtigen Schlüsse zieht, den schützt die Buchhaltung vor einer betrieblichen Schieflage. Kümmert man sich hingegen um die wirtschaftliche Lage des Betriebs erst dann, wenn ein Liquiditätsengpass herrscht oder Vermögen veräußert werden muss, kann es schon oft zu spät sein. Auch eine Betriebsführung nach Konto­ stand macht eine verlässliche betriebswirtschaftliche Beurteilung der Lage nicht möglich, da dieser saisonal sehr stark schwanken kann. Daher müssen immer eine periodenreine Beurteilung und ein Vergleich erfolgen. Des Weiteren müssen auch unbedingt die Regeln einer ordnungsgemäßen Buchhaltung eingehalten und diese auch richtig angewendet werden, weil falsch geführte Aufzeichnungen ebenso fatal sein können. Nämlich in die eine, aber auch in die andere Richtung. Daher ist es ratsam, sich vor

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allem am Anfang von einem „Profi“ unterstützen zu lassen. Auch für die Ermittlung einer Kapitaldienstgrenze (wieviel an zusätzlichem Fremdkapital kann sich ein Betrieb bei einer Investition leisten?) sind saubere Aufzeichnungen eine Grundvoraussetzung. Die Bilanz gibt daher Aufschluss darüber, ob der Betrieb an Eigenkapital (Substanz) dazugewonnen oder letztlich von der Substanz gelebt hat. Der erstellte und vorhandene Jahresabschluss ist aber erst der Anfang.

Vergleiche sind wichtig Es wäre nahezu fahrlässig, sich nicht im Detail damit zu beschäftigen. Man sollte sich die Fragen stellen: Warum ist das Ergebnis so wie es ist? Und: Hat der Betrieb im einen oder anderen Bereich Verbesserungspotenziale? Hier ist es wesentlich, sich aber auch mit anderen Betrieben der gleichen Produktionssparte zu vergleichen. Eine Vergleichsmöglichkeit bieten zum Beispiel die öffentlich zugänglichen Buchführungsergebnisse des Grünen Berichts. Denn es ist zu beachten, ob das Ergebnis des eigenen Betriebs den

generellen Trend widerspiegelt oder ob man nach oben oder unten ein anderes Ergebnis aufweist. Vor allem bei einem deutlich anderen Ergebnis nach unten muss hinterfragt werden, aus welchem Grund das so ist. Und: Wo sind die Schrauben, an denen man drehen kann.

Anlagevermögen und Abschreibung Das Anlagevermögen dient dem Betrieb langfristig (mehr als ein Jahr). Es muss, um als solches qualifiziert zu werden, einen Mindestanschaffungspreis von 480 Euro brutto aufweisen. Da es sich beim Anlagevermögen oftmals auch um sehr große Investitionen handelt (Beispiele: Stallbau mit mehreren Hunderttausenden Euro; Traktorkauf), wird dadurch auf lange Zeit sehr viel an Kapital gebunden, das auch wieder verdient werden muss. Dafür wird in der Buchhaltung die sogenannte Abschreibung angesetzt. Im Gegensatz zu steuerlichen Aufzeichnungen – hier wird die Nutzungsdauer vorgegeben – ist es bei betriebswirtschaftlichen Aufzeichunserhof 3/2021


Betriebsführung

Foto: © agrarfoto.com

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Betriebsführung

nungen wichtig, eine entsprechende realistische wirtschaftliche Nutzungsdauer anzunehmen. Denn: Je kürzer die Abschreibungsdauer, desto höher die Abschreibung und damit auch die Auswirkung auf das Betriebsergebnis. Des Weiteren ist auch immer auf den aktuellen Wert (Buchwert) des Anlagevermögens zu schauen. Ist ein Großteil des Anlagevermögens bereits abgeschrieben, erzielt der Betrieb zwar auch ein höheres Betriebsergebnis, ist aber auch der Gefahr ausgesetzt, dass höhere Instandhaltungskosten oder vielleicht auch wieder größere Reinvestitionen anfallen.

Anlagevermögen – Grundverbesserungen: Drainagen, Rodungen, Hangangleichungen. – Bauliche Anlagen: Wirtschaftsgebäude, Hallen, Wege usw. Die Bewertung des baulichen Anlagevermögens erfolgt von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese oder die Abschreibung müssen um die Förderungen gekürzt werden. Falls keine Rechnungen mehr vorhanden sind, durch Baukostenrichtsätze. Beim Einstieg in die Buchhaltung wird der aktuelle Buchwert ermittelt.

Ing. Michael Schaffer, BA, Abteilung Betrieb und Unternehmen, LK Steiermark. Der Artikel ist dem Kammer­ organ „Landwirtschaftliche Mitteilungen“ entnommen.

– Maschinen und Geräte: Traktoren, Erntemaschinen, Seilwinde, Aufstallung, Tanks, Fütterung, Einrichtungen, PKW, EDV-Ausstattung etc. Zu den Maschinen und Geräten zählt alles, was nicht fix mit Grund und Boden verbunden ist und ohne Substanzverlust verkauft oder woanders aufgebaut sowie genutzt werden kann. Bei Gemeinschaftsmaschinen und Maschinen, die auch privat genutzt werden, wird nur der jeweilige Anteil im Anlagevermögen erfasst. – Sonstiges Anlagevermögen: Genossenschaftsanteile (Molkerei, Heizwerk, Bank), mehrjährige Pflanzenbestände (Obst- und Weinanlagen). Zum Anlagevermögen zählen auch Anteile, die ein Betrieb an anderen Unternehmen besitzt. In der Regel können solche Anteile nicht sofort zu

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Geld gemacht werden, deshalb gehören sie auch zum Anlagevermögen. Pflanzenbestände, die über mehrere Jahre Erträge erzielen, gehören auch im Anlagevermögen aktiviert.

Umlaufvermögen: Schulden sollten nicht höher sein Im Gegensatz zum Anlagevermögen dient das Umlaufvermögen dem landwirtschaftlichen Betrieb kurzfristig. Es unterliegt auch einer höheren Umschlagshäufigkeit, weil Betriebsmittel laufend eingekauft und selbsterzeugte Vorräte ständig produziert werden. Die goldene Bilanzregel besagt, dass vor allem langfristiges Vermögen (im Besonderen bauliche Anlagen) durch das Eigenkapital gedeckt sein soll. Im Umkehrschluss könnte man aber auch sagen: Dass der Schuldenstand eines Betriebs nicht höher sein soll als die Summe der realisierbaren Verwertungserlöse aus dem Umlaufvermögen und zusätzlich eventuell auch Maschinen. Daher ist eine richtige Bewertung des Umlaufvermögens von enormer Bedeutung. Eigene Vorräte sollten zu Herstellkosten beziehungsweise dem im schlechtesten Fall erzielbaren Preis bewertet werden. Eine derzeitige Besonderheit ist: Dass das Geldvermögen, welches auch zum Umlaufvermögen gehört sowie die liquiden Mittel auf dem Girokonto oder dem Sparbuch nicht nur durch die Inflation, die Spesen und die nahezu „Nullzinsen“ weniger wert werden. Sie gewinnen nicht an Wert, was in Zeiten höherer Zinsen deutlich anders war.

Umlaufvermögen – Geldvermögen: Bargeld, positive Girokonten, jederzeit auflösbare Sparbücher, Bausparer – zum Geldvermögen zählen alle liquiden Mittel, die einem Betrieb sofort oder innerhalb von wenigen Tagen zur Verfügung stehen. Daher ist es von Bedeutung, die vorhandene Liquidität laufend zu beurteilen, ob diese ausreicht, um allen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachkommen zu können. – Vorräte: Selbsterzeugte Vorräte wie Getreide, Obst, Wein, Holz etc. Tier-

vermögen und zugekaufte Vorräte wie Diesel, Pflanzenschutzmittel, Dünger etc. – egal, ob selbsterzeugte oder zugekaufte Vorräte, sie dienen dem Betrieb in erster Linie als Betriebsmittel für die Produktion. Vorräte zu bewerten hat einen enormen Einfluss auf das betriebliche Vermögen. Vorräte können aber nur in einer doppelten Buchhaltung abgebildet werden. – Stehendes Holz: Holzvorrat, der zur Ernte zur Verfügung steht und bei Bedarf durch Eigen- oder Fremdschlägerung geerntet werden kann. Ein Großteil der steirischen Betriebe verfügt auch über Forstflächen. Darauf ist bei der Bewertung nicht zu vergessen: Der Vorrat an stehendem Holz (Vorratsfestmeter) hat oft einen enormen Wert und kann auch in liquide Mittel umgewandelt werden.

Beratungsangebote: Betriebswirtschaft Die Landwirtschaftskammern bieten attraktive Beratungs- und Bildungsangebote: – Betriebskonzept: Dabei wird die Einkommenssituation in der Ausgangs- und Zielsituation gemacht. Das Betriebskonzept unterstützt bei der Entscheidungsfindung bei Fragen der betrieblichen Weiterentwicklung. – Betriebswirtschaftsberater: Er hilft bei betriebswirtschaftlichen Fragen zur Wirtschaftlichkeit, Finanzierbarkeit und Liquidität weiter. – Kontakt: Betriebswirtschaftsberater in der zuständigen Bezirkskammer. – Arbeitskreis Unternehmensführung: Mitglieder dieses Arbeitskreises erhalten Unterstützung beim Führen von Aufzeichnungen, bei der Erstellung des Jahresabschlusses und dessen Auswertungen. Und: Sie können sich im Rahmen des Arbeitskreises umfassend betriebswirtschaftlich weiterbilden. – Kontakt: www.arbeitskreise.at unserhof 3/2021


Advertorial

STEYR: Neue Multi und Kompakt Modelle Die Serien Multi und Kompakt als meistverkaufte Steyr Modelle sind jetzt mit einem neuen 3,6-l-Motor erhältlich. Dank neu entwickelter, verbesserter Abgasnachbehandlung erfüllen die Traktoren die Emissionsvorschriften der Stufe V und bieten eine höhere Leistung und mehr Drehmoment.

Neuer Motor für den Multi

Serie Kompakt aufgerüstet Die Traktoren der Serie Steyr Kompakt sind leicht, gut manövrierbar und flexibel einsetzbar und bieten trotzdem viele Vorteile größerer Traktoren. Die vier Modelle mit 80 bis 120 PS erfüllen jetzt auch die Emissionsvorschriften der Stufe V, und zwar dank des neuen 3,6-l-F5-Motors von FPT, der auch im Multi zum Einsatz kommt. Die Motorleistung wurde gesteigert und das Drehmoment modellabhängig um bis zu 10 % erhöht, wobei das maximale Drehmoment schon bei einer kraftstoffsparenden Motordrehzahl von 1.300 U/min erreicht wird. Wie bei den Multi Traktoren profitiert die Kompakt Serie jetzt von einem wartungsfreien Dieselpartikelfilter und selektiver katalytischer Reduktion in einem einzigen, kompakten Aggregat unter der Motorhaube, was für exzellente Sicht und Manövrierbarkeit sorgt. Die Wartungsfreundlichkeit wurde ebenfalls verbessert, denn Kraftstoff- und Ölfilter sind jetzt von der gleichen Traktorseite aus zugänglich.

Firmenbericht

Der Multi, bewährt als vielseitiger Spezialist für die Landwirtschaft im alpinen Raum, bietet ein 32x32-Getriebe mit automatischem Gruppenwechsel, einen niedrigen Schwerpunkt und die „Made in Austria-Qualität“, die Steyr auszeichnet. Die drei Modelle mit 99 bis 117 PS sind jetzt mit einem neuen 3,6-l-F5-Motor von FPT mit 4 Zylindern ausgestattet. Damit profitiert der Traktor von den Vorteilen der Common-Rail-Einspritzung, vier Ventilen pro Zylinder und mehr Hubraum als der frühere Stufe-IV-konforme 3,4-l-Motor. Da trotz der höheren Leistung Maße und Kühlpaket des Motors unverändert sind, bleibt das kompakte Format der Traktoren erhalten. Dazu trägt auch die neue Abgasnachbehandlung bei: Sie beruht auf einem Dieseloxidationskatalysator, einem wartungsfreien Dieselpartikelfilter und selektiver katalytischer Reduktion in einem einzigen, kompakten Aggregat unter der Motorhaube. Das sorgt für

exzellente Sicht für den Fahrer und eine hohe Manövrierbarkeit des Fahrzeugs. Die neuen Modelle 4100 Multi und 4110 Multi bieten etwas mehr Motorleistung und alle neuen Modelle warten mit leistungssteigernden 5 % mehr Drehmoment auf. Das maximale Drehmoment erreichen sie jetzt schon bei 1.300 statt bei 1.500 U/min, was den Kraftstoffverbrauch weiter verringert. Darüber hinaus können die Multi Traktoren jetzt auch mit den bewährten Steyr Bedienelementen für das elektronische Fronthubwerk – mit oder ohne Frontzapfwelle – ausgestattet werden, und für die mechanischen Hecksteuergeräte stehen elektro-proportionale Zwischenachs-Ventile zur Verfügung. Alle Modelle bieten jetzt eine an die größeren Traktoren angelehnte Luxus-Kabinenausstattung, einschließlich Bodenteppich und Lederlenkrad, und übernehmen das Styling der anderen neuen Steyr Traktoren. Zwei zusätzliche LED-Arbeitsscheinwerfer an den hinteren Kabinensäulen sorgen für bessere Sicht und mehr Sicherheit.

www.steyrtraktoren. com

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steyr-traktoren.com

Gibt‘s einen, der alles schafft? ABSOLUT. Der neue STEYR ABSOLUT CVT mit bis zu 271 PS.

Österreichische Post AG MZ14Z040154 M SPV Printmedien GmbH, Florianigasse 7/14, 1080 Wien Retouren an „Postfach 555, 1008 Wien“


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Auf den Unterschied achten!?

7min
pages 72-76

Tausche Kühe gegen Kürbis

5min
pages 66-68

Die Anziehungskraft des Waldes

1min
page 65

Unternehmen pflanzen Bäume

3min
pages 60-64

Schweinemast neu gedacht

4min
pages 48-51

From farm to table

3min
pages 38-39

Ein kleiner Neuanfang

2min
pages 46-47

Kunde und Investor

5min
pages 43-45

Vom Acker zur App

6min
pages 32-35

Auf Augenhöhe erklären

3min
pages 30-31

Die Fabrik der Zukunft

3min
pages 28-29

Hofübergabe: Will denn keiner den Betrieb?

4min
pages 12-14

Fischers Fritz fischt frische Fische

5min
pages 24-27

Lebensqualität trotz Hofübergabe

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pages 21-23

Seminare: Learning never ends

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pages 18-20

Mut, offen zu reden

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pages 15-17

Das „Müsli“ für das Rind

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page 10

Die Kuh als Klimaretter

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page 11
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