Egal was kommt, wir bringen es auf die Bühne
»Egal was kommt, wir bringen es auf die Bühne« Ein Interview mit Fanni Halmburger und Lisa Lucassen
Was bedeutet das Thema Alter für euch persönlich? Lisa Lucassen: Das Erste, was mir aufgefallen ist, als ich älter wurde, ist ein Zuwachs an Souveränität. Seit ich ungefähr vierzig bin, werde ich ernster genommen als die 25-jährige Theaterwissenschaftlerin, die ich zu Beginn meiner Karriere war. Wenn man z. B. mit einer Technikcrew im Theater zu tun hat, wird man als Fünfzigjährige, die den Unterschied zwischen einem VGA- und einem BNC-Anschluss kennt, besser behandelt. Auf diesem Gebiet werden Dinge leichter. Aber es gibt andere Bereiche, da wird alles schwerer: Vor mittlerweile fünf, sechs Jahren haben wir in Stuttgart am Schauspiel gearbeitet und hatten mit einer Schauspielerin zu tun, die als junge Frau der Star des Ensembles war. Sie wurde fünfzig, während wir dort gearbeitet haben. Wir haben sie dann noch in einer Rolle ohne Text gesehen und anschließend wurde ihr angeboten, sie könne als Souffleuse arbeiten. Da haben wir zum ersten Mal verstanden, dass Frauen in unserem Alter von den Bühnen verschwinden. Aus der Politik verschwinden sie nicht, aber von den Theaterbühnen, auf denen es um die Darstellung klassischer Fiktionen geht. Wir haben uns damals sehr dazu beglückwünscht, dass wir uns unsere Arbeitsplätze selbst geschaffen haben und sie deshalb auch behalten können. Wir sind nicht darauf angewiesen, dass es dramatische Texte gibt, die auf uns passen und die von einer Dramaturgie gefunden und ausgewählt werden, sondern wir machen diese Texte einfach selbst. Aber für Schauspielerinnen im Stadt- und Staatstheaterbetrieb oder in Film und Fernsehen ist es ein Riesenproblem. Fanni Halmburger: Als wir 2018 das 25-jährige Bestehen von She She Pop gefeiert haben, haben wir zum ersten Mal ausgiebig gemeinsam zurückgeblickt und diesen Rückblick als sehr bereichernd empfunden. Wir haben unsere alten Arbeiten und alte Fotos gesichtet. Da kam bei mir zum ersten Mal das deutliche Gefühl auf, dass wir gemeinsam gealtert sind. Wir haben uns mit Mitte zwanzig zusammengeschlossen. Beim Jubiläum hatten wir ungefähr unser halbes Leben miteinander verbracht. Bei der Gala, die wir ausgerichtet haben, ging es unter anderem darum, was wir erreicht haben. Es wurde viel davon gesprochen, dass wir Wegbereiterinnen für andere sind, die an unserer Entwicklung seit langer Zeit Anteil nehmen – und davon profitieren, dass es uns weiterhin gibt. Es war schön zu erfahren, dass wir nicht nur für uns selbst da sind und arbeiten, sondern Teil einer größeren
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