Hans Josephsohn, Ausstellungsansicht im Kesselhaus Josephsohn, St. Gallen, Fotos: © Kesselhaus Josephsohn
Hans Josephsohn zum 100. Geburtstag im MASI Lugano „Was hat mich da bloß getrieben?“
A R T M A P P W I N T E R 2 0 2 0/ 21 — A U S FA H R T T E S S I N
„Was hat mich da bloß getrieben, das zu machen. Und was treibt mich überhaupt?“ Eine Frage, die sich der 2012 in Zürich verstorbene Bildhauer Hans Josephsohn angesichts seiner eigenen Werke nicht selten stellte. Aber nicht nur Josephsohn
selbst, auch die Betrachter und die etablierte Kunstszene in der Schweiz standen den archaisch anmutenden Figuren und Halbfiguren des 1920 im preußischen Königsberg geborenen Künstlers zuweilen ratlos, wenn nicht gar zweifelnd gegen über. Was denn den jüdischen Immigranten, der 1938 nach einem Studienaufenthalt in Italien unmittelbar vor den be ginnenden Kriegswirren seinen Weg in die Schweiz gefunden hatte, zeit seines Lebens angetrieben hat, kann man derzeit in zahlreichen Ausstellungen anlässlich des 100. Jahrestages des großen Bildhauers hautnah erleben.
ROH E K R A F T U N D Z Ä RT L ICH E BE RÜ H RU NG
Hans Josephsohn (1920–2012) im Kesselhaus Josephsohn, St. Gallen, 2005
Nähert man sich Josephsohns nicht selten hermetisch und monumental anmutenden Plastiken, ist man zuweilen ver sucht, sogleich wieder zurückzuweichen. Denn man vermag den „Getriebenen“ nahezu physisch zu spüren. Kraftvoll, roh und zugleich konzentriert zeigt sich der Duktus; verschlossen und dicht präsentieren sich Material und Komposition. Aller übermächtigen Präsenz zum Trotz wohnt den seit den 1990er-Jahren zunehmend in die Abstraktion übergehenden