NACHHALTIGKEIT
Potenziale im immobilen Bereich Bahn fahren statt fliegen, Fahrrad statt Auto fahren: Wenn es um das Thema CO2 -Reduzierung geht, wird häufig ein verändertes Mobilitätsverhalten gefordert. Aber auch im immobilen Bereich gibt es diesbezüglich Möglichkeiten – nicht nur bei Gebäuden, sondern auch bei der nachhaltigen Energieerzeugung. Ein kleiner Inselstaat legt sich mit der Weltgemeinschaft an: Im Jahr 2011 bat Palaus Präsident Johnson Toribiong die UN-Vollversammlung um ein Rechtsgutachten, um zu klären, ob das Völkerrecht Staaten beim Ausstoß klimaschädlicher Gase in die Pflicht nehmen könne. Jedoch scheiterte dieser Vorstoß, den neben Deutschland auch zahlreiche andere Staaten unterstützten, an der fehlenden Kompromissbereitschaft Chinas und der USA. Dass ausgerechnet Palau Treibhausgasemittenten in die Pflicht nehmen wollte, ist zwar einerseits verständlich, schließlich besteht der Südseestaat aus vielen kleinen Korallenriffen, die oft nur wenige Meter aus dem Meer ragen und ist deshalb vom Klimawandel massiv bedroht. Jedoch entbehrt das Gesuch
Jochen Sautter Geschäftsführer Blue Energy Europe GmbH
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auch nicht einer gewissen Ironie: Mit ca. 58 Tonnen hatten die ca. 17.000 Palauer im vergangenen Jahr den mit Abstand größten pro Kopf-Ausstoß von CO2 weltweit (das zweitplatzierte Katar kommt auf „nur“ ca. 38 Tonnen). Zum Vergleich: In Deutschland war jeder Einwohner statistisch für 9 Tonnen CO2-Emission verantwortlich, was weltweit den 28. Rang bedeutet. Insgesamt emittierte die Bundesrepublik damit 753 Mio. Tonnen, der sechshöchste Wert weltweit. Immerhin: Der Ausstoß des Treibhausgases ist hierzulande seit einem Höchststand von über 1.100 Tonnen Anfang der 1980er Jahre kontinuierlich zurückgegangen. Damit sich dieser Trend weiter fortsetzt, hat die Bundesregierung kürzlich ein Klimapaket verabschiedet, dessen Herzstück eine CO2-Bepreisung für Verkehr und Wärme ab dem Jahr 2021 ist. Hierbei setzte sich die SPD mit ihren Plänen gegenüber den Vorstellungen der Union durch, die auf eine Kohlendioxid-Reduzierung durch Emissionshandel setzte. Ob der von der Bundesregierung beschlossene CO2-Preis von 10 Euro pro Tonne, der bis 2025 auf 35 Euro steigen soll, wirklich ei-
Stefan Keller Geschäftsführende Gesellschafter te-Gruppe und SKAPA Invest
nen Klimaschutzeffekt hat, wird von zahlreichen Experten jedoch angezweifelt.
Einsparpotenzial bei Immobilien Wie bei vielen anderen Klimaschutzmaßnahmen wird auch beim CO2 -Preis häufig vor allem an dessen Auswirkungen auf die Mobilität gedacht. Jedoch bleibt auch die Immobilienbranche davon nicht unberührt, wie Stefan Keller erläutert: „Die Bepreisung des CO2Ausstoßes trifft auch die Wohnimmobilien.“ In diesem Zusammenhang weist der geschäftsführende Gesellschafter der te-Gruppe und der Crowdinvestingplattform SKAPA Invest auch darauf hin, dass ein Großteil des aktuellen Wohnungsbestands aus einer Zeit stammt, in der der Energieverbrauch nur eine untergeordnete Rolle spielte. „Rund 62 % aller 19 Millionen Wohngebäude in Deutschland wurden vor über 40 Jahren gebaut.“ Wenn dieser Bestand erneuert würde, könnte somit ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz getan werden. „Heute errichtete Gebäude werden unseren Energieverbrauch durchs ganze 21. Jahrhundert hindurch prägen“, so Keller weiter, der aber auch darauf verweist, dass das Ziel Klimaschutz mit einem sozialpolitischen Ziel kollidieren könnte: „Nachhaltigkeit bei gestiegenen Baukosten darf nicht zur weiteren Verteuerung des Wohnens führen.“ Die Bauindustrie sollte das aber weniger als Problem, sondern viel mehr als Herausforderung auffassen. „Daher denkt die te-Gruppe in Skaleneffekten, neuen Werkstoffen finanzwelt Special 06 | 2019