„Mein Wohnen hat sich über die Jahre verändert – genauso wie unsere Bedürfnisse. Vor allem will ich mich zu Hause wohlfühlen.“
Theresas größte Freude im Haus ist das Blumenstecken.
war nicht die einzige große Wendung in ihrem Leben. Damals, Anfang der Neunziger, war sie noch Geschäftsführerin eines mittelständischen Textilproduzenten. In sechster Generation und unter strenger Beobachtung ihrer Onkel, ihres Vaters und des Cousins leitete sie die Firma M. Faber & Co. Eine zierliche Frau in einem Männerhaus. Mit viel Ehrgeiz erarbeitete sie sich Ansehen und Vertrauen im Unternehmen. Doch dann, 1999, wurde die Firma insolvent. Damals ging es vie len Textilproduzenten in Österreich ähnlich. Außerdem war ihr Produkt, der Spitzenvorhang, aus der Mode gekommen. Mit einem Ausgleich konnten der Standort und die Firma erhalten bleiben, und ein komplett neues Familienunternehmen startete durch. Diesmal im Team: Theresas Schwester und zwei Mitarbeiterinnen. Gemeinsam verkauften sie die großen Lagerbestände von Spitzenvorhängen. Viel Staub, Einsatz und Demut waren der neue Alltag. Die Marke Texx Factory Outlet wurde geschaffen, um gemeinsam mit dem Fabriksverkauf der Firma Backhausen einen Standort für textilen Abverkauf zu etablieren. Aber auch dabei sollte es nicht bleiben. Der Kachelofen im Salon kommt aus dem Landschloss Orth.
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Die Nachfrage nach Dekorstoffen war groß, und so wurde schrittweise neue Lagerware zugekauft. Die erste Charge war sogar noch ein Gegengeschäft für die Ausrüstungsstraße der Textilproduktion. Als meine Mutter
dann zum ersten Mal als Einkäuferin auf eine Stoffmesse fuhr und nicht mehr als Ausstellerin ihrer eigenen Firma, nahm sie mich mit (und ein paar Tage aus der Schule). Seitdem bin ich mit dem Unternehmen mitgewachsen. Genauso lief es bei meiner Schwester Anna, die das Beraten ihrer Kundinnen und Kunden zur Kunst erhoben hat. Mit unserem Einstieg veränderte sich das Geschäft zusehends. Die Stoffauswahl wurde über die Jahre größer und einer strengeren Geschmackskontrolle unterzogen. Wir haben viel technische Expertise angesammelt, fast schon nebenbei wurde der Geschäftsraum immer schöner und – worauf wir besonders stolz sind – unser großartiges Team ist gewachsen. Das alles geschah nicht von allein. Mit der Hilfe einer systemischen Unternehmensberaterin setzen wir uns seit vier Jahren mit unserer Arbeitsumwelt auseinander. Dabei erarbeiten wir unsere Vision und die bevorstehende Übergabe – eine wertvolle Erfahrung mit viel Mehrwert. Vor allem haben wir das Glück, dass wir uns als Familie auch beruflich mit einer gemeinsamen Leidenschaft befassen: dem Gestalten und Einrichten von Räumen. Das Wohnen ist der gemeinsame Nenner in unserer Familie. Da gibt es zwar auch das Kochen, Essen und Feste-Feiern, aber viel leidenschaftlicher wird umgestellt (Möbel), umgehängt (Bilder) und neu gedacht (Wände). Schon früh wurde dieses Interesse sichtbar: Die Kinderzimmer wurden regelmäßig umgestellt und unsere Wohnwünsche erfüllt. Dann haben sich alle Möbel einmal im Kreis gedreht, Wände wurden umgestrichen, Betten an die Decke gehängt. Heute ist es nicht anders: Wir verbringen ganze Sonntage damit, Möbel von einer Ecke des Hauses in eine andere zu tragen, zu schieben,
zu rollen – um dann am Ende doch alles wieder rückgängig zu machen. Aber wir versichern uns gegenseitig, dass es sich trotzdem gelohnt hat. Für das eine Stück, das jetzt an einer besseren Stelle steht als vorher. Natürlich kann es passieren, dass dabei etwas übrig bleibt, dass sich der eine oder die andere aus der Umstellerei herausnehmen muss, denn es gibt ja noch die Küche und die Wäsche, die kleinen Kinder, irgend eine andere wichtige Beschäftigung, und die Umgestaltung bleibt stehen. Dieser Zustand ist für manch eine (Theresa) besonders schwierig auszuhalten, allerdings weiß auch sie seit der Lektüre von Marie Kondo: So muss es sein. Vor der Ordnung kommt das Chaos. Und natürlich wird zwischendurch oft innegehalten, viel diskutiert, was, wie und warum besser wäre. Und viel Probe gesessen: „Der Blick von hier ist super!“ Oder auch aufgegeben: „Ich fahr’ jetzt nach Wien.“ Was dann als Letztes kommt, ist ganz besonders wichtig. Da wird begutachtet und gelobt: „Warum sind wir nicht schon früher daraufgekommen?“ Oder: „Ihr seid großartig!“ Ja, das kann man ohne Übertreibung sagen. Bei jeder Umräumaktion gibt es viel Freiheit und (bei allen Ansprüchen) wenig Perfektionismus. „Lieber prompt selber machen als perfekt“, so lautet die Devise. Es sind vergnügliche Familienmomente, wenn wir dann den Tee in der neu geschaffenen Sitzecke trinken. Die alten Nägel bleiben sicherheitshalber noch eine Zeit lang in der Wand ... vielleicht brauchen wir sie ja noch für die nächste Runde. I N F O B OX
M. FABER & CO Stoffe und Maßvorhänge Himberger Str. 2, 1100 Wien Tel. +43 1 6881537 www.mfaber.at Öffnungszeiten: Montag–Samstag, 10–17 Uhr
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