Surprise Nr. 470

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BILD(1): JUNGES THEATER BASEL, BILD(2): STAPFERHAUS / ANITA AFFENTRANGER, BILD(3): THEO GLINZ / KUNSTMUSEUM THURGAU BILD(4): BETONY VERNON / ALI MAHDAVI

Veranstaltungen

Basel «UNTITLED [2020]», Theater, Do, 12. März, Fr, 13. März; Mi bis Fr, 18. bis 20. März, Do und Fr, 26. und 27. März, weitere Daten bis Do, 30. April, je 20 Uhr, Junges Theater Basel, Kasernenstr. 23. jungestheaterbasel.ch

Wer ab und zu das Gefühl hat, Theater sei irgendwie zu einer leicht überholten Gattung geworden, der muss mal wieder ins Junge Theater Basel, um festzustellen: Dem ist nicht so. Hier werden die Themen auf die Bühne geworfen, die unsere Welt definieren, unser Denken bestimmen, die wehtun und Lust machen. Jetzt gastiert Henrike Iglesias hier, und auch Henrike ist nicht irgendwer. Sondern ein queerfeministisches Theaterkollektiv, das gerne Rollenbilder zerfetzt. Gemeinsam mit sechs jungen Baslerinnen schaut sich Henrike Iglesias in UNTITLED [2020] das emanzipatorische Potenzial von Selbstporträts und Erzählungen über das frauliche Selbst an und fragt zum Beispiel: Welche Versionen von uns wollen wir mit anderen teilen? (Ein paar Möglichkeiten kennen wir ja schon: Frauen, die gerettet werden. Frauen, deren Kopf es nicht aufs Bild geschafft hat. Frauen, die auf Kühlerhauben DIF liegen. Das kann ja nicht alles sein, finden auch wir.)

Lenzburg «FAKE. Die ganze Wahrheit», Ausstellung, bis 28. Juni, Di bis So 9 bis 17 Uhr, Do bis 20 Uhr, jeden Sonntag um 11 Uhr öffentliche Einführung, Stapferhaus Lenzburg, Bahnhofstrasse 49. stapferhaus.ch Dass es in der Literatur so etwas wie einen unzuverlässigen Erzähler geben kann, ist etwas vom Bes-

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ten, was man in der Schule lernt. Also einen Erzähler, der – wie man mit der Zeit merkt – selbst nicht vertrauenswürdig ist. Das ist grossartig und ein bisschen gruselig. Wenn nun das Stapferhaus zu einem «Amt für die ganze Wahrheit» wird und zu Beginn ein sogenannter Chefbeamter eine Einweisung in die Materie gibt, scheint das ein wenig in die gleiche Richtung zu gehen – denn wer kann schon für sich beanspruchen, die «ganze Wahrheit» zu erklären? Das Stapferhaus widmet sich in seinen Ausstellungen drängenden zeitgenössischen Fragen und hat mit dem Fake voll ins Schwarze getroffen. Das Wort können wir vielleicht schon nicht mehr hören, aber hier geht es um mehr als nur Fake News. Sondern darum, was man

mit der Wahrheit alles anstellen kann. – Ehrlich währt am längsten? «Fake» währt aber auch schon sehr lange. Die Ausstellung läuft seit 2018 und ist jetzt bis Juni verlängert worden. DIF

Warth TG «Konstellation 10 - Nackte Tatsachen», Ausstellung, bis Ostermontag, 13. April, Mo bis Fr 14 bis 17 Uhr, Sa und So 11 bis 17 Uhr, Kunstmuseum Thurgau, Ittinger Museum, Kartause Ittingen. kunstmuseum.tg.ch Kleider sind nicht nur funktionale Dinge, sondern waren schon immer auch Zeichen und Bedeutungsträger – man denke nicht nur an Angesagtes wie Hoodies oder Versace, sondern auch an die Uniform, das Ornat, die Mönchskutte oder die Handwerkerkluft. Aber: Auch der nackte Körper ist Bedeutungsträger. Adam und Eva streifen in nackter Unschuld durch das Paradies. Und es ist nur ein Fetzen, der die Blösse des leidenden Jesus am Kreuz verdeckt. Figuren werden entblösst, wenn es um existenzielle Verletzlichkeit oder Verführung geht. Und der schöne Körper ist in der Kunst oft eine Vorstellung von göttlicher Harmonie. Trolle und Ungeheuer dagegen sind hässliche Nackte, die alles Negative der menschlichen Natur – nun eben – verkörpern. Es sind diese symbolischen Aufladungen der Nacktheit, die das Kunstmuseum Thurgau zusammengetragen hat. DIF

Zürich «Rausch», diverse Veranstaltungen, «120 Tage im Rausch», Gruppenausstellung (Eintritt frei), bis Anfang Juli, Mo bis Sa, 9 bis 22 Uhr, Karl der Grosse, Kirchgasse 14. karldergrosse.ch Karls Thema ist bis in den Sommer hinein der Rausch. Der Zustand, der uns die Grenzen der eigenen Wahrnehmung ausloten lässt. Genauer kann man ihn fast nicht fassen, den Rausch. Weil er genauso

sehr angenehmes Sich-berauschen-Lassen sein kann (noch dazu von allem Möglichen wie Literatur, Sport, Sex und Einkaufen) wie natürlich auch ein hässlicher Zustand. Der Rausch ist facettenreich, und so suchen die Künstlerinnen und Künstler im Thema so Unterschiedliches wie Wahn und Vernunft, Ekstase und Mathematik, Fleischliches wie Geistliches. Die Autorin Jana Vanecek bloggt derweil im täglichen Schreibrausch auf furor-poeticus.ch, das Autorenkollektiv JETZT begibt sich auf einen literarischen Trip ins Dunkel der menschlichen Seele, und Ende April erklärt ein Sensorikexperte, wie der nichtsahnende Konsument beim Shopping mit bewegten Bildern, der richtigen Beleuchtung, Musik und gewissen Gerüchen ganz gezielt in den Kaufrausch gestürzt wird. DIF

Winterthur «Federn – wärmen, verführen, fliegen», Ausstellung, bis 1. Juni, Di bis So 10 bis 17 Uhr, Do bis 20 Uhr, Gewerbemuseum Winterthur, Kirchplatz 14. gewerbemuseum.ch Die Feder ist genial. Sie ist multifunktional, wärmt, fliegt. Federt. Schmückt, tarnt. Hält trocken. Alles Fähigkeiten, die man sonst eher von modernen Hightech-Materialien kennt. Die Feder aber ist ein Kunststück der Natur und kommt dennoch alltäglich daher. Aber nicht etwa banal: Sonst hätte sie nicht Eingang gefunden in Kulturgeschichte, Design, Kunst und Popkultur. Die Ausstellung im Gewerbemuseum staunt, wirft aber auch einen kritischen Blick auf die Entwicklung der Biodiversität und das Geschäft mit Vogelfedern. DIF

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