UP #704: Entweder ... Oder (April 2021)

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UNI & LEBEN

EIN LAND KANN NICHT FREI SEIN, WENN DIE FRAUEN NICHT FREI SIND Im Schatten des Arabischen Frühling wurde im Norden Syrien die multiethnische autonome Selbstverwaltung Rojava gegründet. Das revolutionäre Projekt ist Akteuren wie der Türkei oder radikalen Islamisten ein Dorn im Auge. Denn es wird an neuen Formen des Zusammenlebens gearbeitet, die es im Nahen Osten so noch nie gegeben hat. Eine zentrale Rolle spielen dabei die kurdischen Frauen. Von Ariya Azadi

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ei der Überschrift des Artikels handelt es sich um ein Zitat von Abdullah Öcalan, dem Gründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die kurdische Frauenbewegung findet nämlich ihren Ursprung in der PKK. Die PKK wurde im Jahr 1978 gegründet, jedoch nahm sie den bewaffneten Kampf erst 1984 auf. Schon bei der Gründung der PKK waren Frauen dabei, die später zu Symbolfiguren der kurdischen Frauenbewegung wurden. Das Ziel der PKK war damals in erster Linie die Befreiung der KurdInnen, die seit Jahrzehnten einer Zwangsassimilation ausgesetzt waren. Die KurdInnen verleugneten ihre Herkunft und schämten sich für ihre Identität. Das waren die Auswirkungen der systematischen Unterdrückung, der wiederholten Massaker und der Assimilationspolitik seitens der Besatzer.

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Schon im ersten Programm der PKK von 1978 wurde die Geschlechterfrage thematisiert. Die ersten Ansätze für die Gleichberechtigung der Frau waren schon bei der Gründung der PKK da. Viele Quellen belegen, dass Frauen sich damals neben der Unterdrückung der KurdInnen auch mit der Unterdrückung der Frau befasst haben. Die aktive Bekämpfung des Patriarchats begann aber erst Anfang der 1990er Jahre. Fraueneinheit – Frauenkongress – Frauenpartei Im November 1993 hat die PKK begonnen, militärische Fraueneinheiten aufzubauen. Der Aufbau hat in Nordkurdistan das kurdische Gebiet, dass von der Türkei besetzt ist, mit ca. 2300 Kämpferinnen begonnen. Im Jahr 1992 fand der erste Frauenkongress statt. Dieser wurde jedoch von den Frauen innerhalb der PKK

nicht anerkannt, da die männlichen Teilnehmer die Kontrolle über die Diskussion hatten. Der erste offiziell anerkannte Frauenkongress fand dann 1995 statt und darauf folgte die Bewegung der Freiheit der Frauen Kurdistans (TAJK). Eine Organisation, die ihren Schwerpunkt auf die Förderung der politischen und kulturellen Weiterentwicklung der kurdischen Frauen legte. Unter dem Befehl von Abdullah Öcalan wurde im gleichen Jahr der Verband freier Frauen Kurdistans (YAJK) gegründet. Nach dem Abdullah Öcalan 1999 von den türkischen Behörden verhaftet wurde, sprach die PKK einen einseitigen Waffenstillstand aus. Es folgte auch eine offizielle ideologische Neuausrichtung, die jedoch schon lange intern diskutiert wurde. Im Zuge dieser Neuausrichtung und der Reformen wurde die Frauenpartei „Partei der werktätigen Frauen Kurdistans“ (PJKK) gegründet.


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