AUSSENANSICHT
Gute Wirtschaftspolitik Der Corona-Schuldenberg engt die Verteilungsspielräume ein. Das ist nicht schlimm. Will die neue Regierung die drei großen Reformaufgaben unter den Stichworten Klima, Infrastruktur, Demographie wirklich voranbringen, muss sie in erster Linie teure gesetzliche Blockaden lösen.
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ie deutsche Wirtschaft tut sich schwerer als gedacht mit dem kraftvollen Durchstarten nach der Covid-Rezession 2020. Statt des erhofften Wachstums von fast vier Prozent wird in diesem Jahr nur eine zwei vor dem Komma stehen. Das in Wellen immer wieder erstarkende Virus stört die Liefer ketten unerwartet heftig – auch wenn nicht alle Materialengpässe, die die Industrie beklagt, der Pandemie geschuldet sind. Die Impffortschritte waren ausgerechnet in Deutschland, dem Sitz des führenden Impfstoffherstellers Biontech, nicht groß genug, um die Ansteckungsgefahr für den Winter zu bannen. Neue Einschränkungen verzögern die Erholung. Zusätzliche Risiken resultieren aus dem für die Bürger nun spürbaren Inflationsdruck. Zwar hält der Sachverständigenrat fast fünf Prozent
Heike Göbel Foto: Frank Röth
Verantwortliche Redakteurin für Wirtschaftspolitik Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Zeigt die neue Regierung, dass sie es sich selbst nicht leicht macht, wird sie Anerkennung ernten in der Wirtschaft.“
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Wirtschaftswachstum 2022 möglich, warnt aber vor „bedeutenden Risiken“ für die weitere Entwicklung. Die neue Bundesregierung sollte also lieber nicht darauf bauen, dass ihr Start durch einen außerordentlichen Aufschwung erleichtert wird, der Beschäftigung sichert und die Kassen füllt. Sie sollte sich daher auf wachstumsfördernde Reformen konzentrieren, die wenig Geld kosten. Statt Unternehmen mit Subventionen die Anpassung an die scharfen Klimaschutzziele oder die Digitalisierung zu erleichtern, sollte sie gesetzliche Hürden senken und so hausgemachte Wettbewerbsnachteile beseitigen. Das ist politisch schwieriger und langwieriger, weil im Föderalstaat viele Ebenen die Regulierung beeinflussen und Knoten schwer zu lösen sind. Zeigt die neue Regierung, dass sie es sich selbst nicht leicht macht, wird sie Anerkennung ernten in der Wirtschaft, die sie mit ehrgeizigen Klimazielen unter Druck gesetzt hat. Auf den Rückhalt der Unternehmerinnen und Unternehmer ist die Politik jetzt mehr denn je angewiesen. Sie mit Staatshilfen zu umwerben, ist teuer und stört den Wettbewerb. Oft profitieren nur große Konzerne, die sich durch das Anforderungs- und Dokumentationsdickicht der Subventionen finden. Verringert die Koalition allgemeine Standortdefizite, gewinnen alle Unternehmen. Ansetzen muss die Regierung im eigenen Spielfeld, beim Staat. Sand im Getriebe der privaten Wirtschaft
sind lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, überzogene oder widersprüchliche Auflagen für Umwelt- und Klimaschutz, schwammige Datenschutzregeln, fehlende Digitalisierung wichtiger Ämter oder schwer einschätzbare Einspruchswege. Schnellere Vergabeverfahren, verlässliche Behördenauskünfte und eine zügige Justiz könnten Investitionsentscheidungen positiv beeinflussen, die hohen deutschen Steuern und Abgaben wögen weniger schwer. Trotz wiederholter Versprechen, Abhilfe zu schaffen, haben diverse Planungsbeschleunigungsgesetze nur punktuelle Fortschritte gebracht. Oft wird der Stillstand auf einheitliche
TREND 3/4 2021