AKTUELL Interview
Seit dem 24. November ist Friedrich Merz MdB nicht mehr einer der Vizepräsidenten des Wirtschaftsrates. Er hat sein Amt niedergelegt, weil er sich vollständig auf den Wettbewerb um den Parteivorsitz der CDU konzentrieren möchte. Sollte er gewinnen, möchte er der Partei wieder neue Konturen geben, um sie für die breite bürgerliche Mitte attraktiv zu machen. Im -Interview spricht er über den Ampel-Koalitionsvertrag, die Corona-Politik und die internationale Wirtschaft. Interview: Katja Sandscheper
– Herr Merz, alle guten Dinge sind drei. Sie stellen sich erneut als Parteivorsitzender den Mitgliedern zur Wahl. Allerdings unter veränderten Vorzeichen, denn die CDU wird jetzt sehr sicher größte Oppositionspartei. Wie überzeugen Sie die Mitglieder? Die größte Aufgabe der neuen Führung wird darin liegen, sicherzustellen, dass wir auch in einer sich immer weiter ausdifferenzierenden Gesellschaft Volkspartei bleiben. Wir wollen unsere Alleinstellungsmerkmale als Christdemokraten wieder herausstellen. Das ist die große Herausforderung der nächsten zwei bis drei Jahre. Ich gebe dazu nicht die fertigen Lösungen ex cathedra vor, sondern versuche zunächst einmal, die richtigen Fragen zu stellen. Wir wollen uns die Zeit nehmen, die richtigen Antworten dadurch zu entwickeln, dass wir nicht nur auf uns selber
nicht unterschieden zwischen notwendiger Einwanderung in den Arbeitsmarkt und der Begrenzung der Einwanderung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Und es soll in Zukunft einen absoluten Vorrang der regenerativen Energien gegenüber allen Belangen des Natur- und Umweltschutzes geben. Das wird erhebliche Konflikte auslösen, gerade im ländlichen Raum. Eine weitere Schwachstelle sind die Vorschläge zur Zukunft der sozialen Sicherungssysteme. Die sind ungeordnet und widersprüchlich. – Und wie sieht es in der Europapolitik aus? Es bleibt völlig offen, wie sich die zukünftige K oalition denn die Zukunft unserer Gemeinschaftswährung vorstellt. Dazu passt, dass bis heute nicht klar ist, wer dem scheidenden Bundesbankpräsidenten Jens W eidmann
„Wunschkonzert oh schauen, sondern in einen umfassenden gesellschaftspolitischen Dialog eintreten. Und ich habe mit Mario Czaja als Generalsekretär und Christina Stumpp als stellvertretende Generalsekretärin der Partei dazu ein integratives, politisch breit aufgestelltes Personalangebot gemacht. – Das Sondierungspapier der Ampelkoalitionäre haben Sie als „beachtlich“ gelobt. Jetzt ist der Koalitionsvertrag der Ampelkoalitionäre raus. Wie lautet Ihr Urteil? Es ist zwar nur eine Stilfrage, aber zunächst ist der Text extrem schlecht lesbar. Es gibt keine logische Gliederung, keinen roten Faden, man merkt, dass bis zum Ende 300 Leute daran mitgeschrieben haben. Wir müssen jetzt abwarten, wohin die Reise geht. Der Vertrag ist ambitioniert und bringt drei Koalitionspartner zusammen, die eigentlich nicht zusammen gehören. – Was sind aus Ihrer Sicht die größten Schwächen? Inhaltlich ist der Vertrag über große Strecken ein Wunschkonzert ohne Finanzierung. In der Migrationspolitik wird
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nachfolgen soll und wer zukünftig die deutsche Stimme im EZB-Rat sein wird. Es gibt daher allen Grund, sehr wachsam zu bleiben und die zukünftige Regierung gerade bei diesem Thema kritisch zu begleiten. Deutschland muss an den Stabilitätskriterien für den Euro fest halten. – Welche Partei hat aus Ihrer Sicht am meisten durchgesetzt? Man erkennt im Koalitionsvertrag viel FDP-Handschrift. Die ambitionierten Vorhaben funktionieren aber nur mit durchgreifender Entbürokratisierung. Auch das Beteiligungsrecht von Verbänden muss eingeschränkt werden, um Verfahren zu beschleunigen. – Leider hat Deutschland es im Sommer verpasst, sich auf die 4. Corona-Welle vorzubereiten. Bürger und Wirtschaft befürchten bereits einen neuen Lockdown. Was würden Sie unternehmen, wenn Sie in Regierungsverantwortung wären?
TREND 3/4 2021