de’ignis Magazin Nr. 64

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Nachhaltigkeit

Wie werde ich nachhaltig glücklich? Wie gestalten wir unsere Zukunft? – Nr. 64

Annika, Therapeutin in der de’ignis-Fachklinik

Arbeiten mit Gott – für die Gesundheit meiner Nächsten.

Wir sind eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Und wir glauben. Daran, dass Menschen dann am besten helfen können, wenn es ihnen selbst gut geht. Dafür tun wir so einiges – Sie werden angenehm überrascht sein. Und wenn Sie glauben, dass Beruf Berufung sein sollte, dann möchten wir Sie kennenlernen.

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2. Platz in der Kategorie „Kliniken“

Wir leben auf einem wunderschönen Planeten, der Erde. Sie ist großartig und einzigartig von Gott erschaffen. An jedes kleinste Detail hat er gedacht. Gottes Auftrag an die Menschen zum Umgang mit der Erde und allem Lebendigen auf ihr lesen wir in der Bibel in Genesis 1,28: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ In Genesis 2,15 heißt es: „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“

Die Schöpfung zu bewahren ist von jeher ein Thema des Menschen. Wir wissen, dass wir auf die Natur und das Miteinander mit ihr angewiesen sind. Und doch ist eine Entfremdung von der Natur, von der Schöpfung Gottes, festzustellen (Seite 14) Wir sehen den sich abzeichnenden Klimawandel und erleben Klimakatastrophen in allen Teilen der Welt. Werte in der Gesell schaft verändern sich grundlegend. Hier steht die Frage nach Nachhaltigkeit im Zentrum: ökologisch, wirtschaftlich, soziolo gisch, theologisch, usw. – Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche. Mit der Agenda 2030 der Vereinten Natio nen und ihren 17 Zielen für eine sozial, wirt schaftlich und ökologisch nachhaltige Ent wicklung, die 2015 verabschiedet wurde, ergibt sich eine Herausforderung an die Gesellschaft und Institutionen, diese Ziele zu erreichen (Seite 10).

Eines dieser Ziele ist Gesundheit. Die eigene Gesundheit zu fördern, um möglichst lang zu leben, steht für viele Menschen im Mittelpunkt. Zahlreiche Maßnahmen werden ergriffen, darunter innovative Medizin, gesunde Ernährung, mehr

Bewegung, ausreichend Schlaf und andere (Seite 36, Seite 40 und Seite 44). Welche Gefühle erzeugt ein nachhaltiger Lebensstil in uns und was brauchen wir, um nachhaltig glücklich zu sein (Seite 26)? In Anbetracht der steigenden Anzahl an psychischen Erkrankungen spielt auch die nachhaltige psychische Gesundheit zunehmend eine große Rolle (Seite 6). Doch trotz allen Versuchen einer nachhaltigen Gestaltung des Lebens sieht sich der Mensch mit den eigenen Grenzen und, schließlich, seiner Vergänglichkeit konfrontiert (Seite 18). So greift es der Psalmist auf: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ (Psalm 90,12).

Das Thema Nachhaltigkeit bewegt uns, es ist aktuell, vielfältig und weitreichend. Deshalb haben uns ihm in dieser Ausgabe des Magazins gewidmet und konnten fachkundige Autor:innen unterschiedlicher Hintergründe gewinnen, die uns um ihre

Darüber hinaus berichten wir wieder über aktuelle Entwicklungen in unseren de’ignis-Organisationen.

Wir freuen uns, wenn Sie unser Engagement zur psychischen Gesundheit auf christlicher Basis für Menschen in schwierigen Lebenslagen unterstützen. Zudem suchen wir für den stetig wachsenden Behandlungsbedarf psychisch erkrankter Menschen weiterhin Ergänzung für unsere Teams.

Wir wünschen Ihnen wertvolle Impulse und viel Freude beim Lesen.

Titelbild: Tim Mossholder / unsplash; Editorial: Florin Gogran / unsplash
Liebe Leserin, lieber Leser Ihre Herausgeber Sebastian Hartmann Geschäftsleitung, de’ignis-Fachklinik Winfried Hahn Geschäftsführender Heimleiter, Sozialtherapeutisches Zentrum de’ignis-Wohnheim, Vorstandsvorsitzender de’ignis-Stiftung Polen
Editorial
Claus J. Hartmann Geschäftsführer, de’ignis-Fachklinik und de’ignis-Institut

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Lektorat: Kristin Krause

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Nachhaltigkeit

Impulse und Erfahrungen

10

• „Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben“ – Die Agenda 2030 als Herausforderung für die Gemeinden Ulrich Holland

14

• Den Schöpfungsauftrag leben –eine aktuelle Herausforderung Helge Keil

18

• Nachhaltige Lebensgestaltung unter dem Blickwinkel der Ewigkeit Prof. Dr. Gerhard Maier

20

• Die sieben Motivationssünden als Feind der Nachhaltigkeit Dr. med. Ute Horn

26

• Das Ende des billigen Lebens PD Dr. med. Herbert Scheiblich

Therapeutische Fachartikel

06

• Nachhaltigkeit in der Lebensberatung und Psychotherapie Dr. med. Matthias Samlow

32

• Psychische Gesundheit durch Naturerfahrung Darius Götsch

36

• Förderung von Schlafqualität Dr. med. Karla Kränzlein

40

• Bewegung und Sport im Wandel der Zeit Tobias Ziegler

44

• Gesunde Ernährung Melanie Ziegler

Theorieentwicklung

48

• Person und Personalität im Neuen Testament Zur Diskussion von Winfried Hahn Aktuell

54

• Was hat sich entwickelt? Welche Angebote gibt es? Berichte, Termine und Aktuelles von de’ignis Fachklinik, Institut, Wohnheim und Stifung

05 10 44 20

in der

Lebensberatung und Psychotherapie

Nachhaltigkeit

• „That blew my socks off.“ Das ist der Kommentar, den Lynda Powell ausrief, als sie die Ergebnisse ihrer eigenen Metastudie zur Kenntnis nahm.1 Sie hatte etwa 200 Studien über den Zusammenhang von Religiosität und Lebenserwartung gesichtet, die bis 2003 vorlagen. Lediglich 99 konnte sie einschließen, weil nur diese ihren strengen Qualitätskriterien genügten. Immerhin musste der Zusammenhang von „religiöser Aktivität“ und Lebensdauer deutlich werden, weitere Einflussfaktoren (Nikotin- und Alkoholkonsum, Bewegung und Ernährung) mussten kontrollierbar sein. Was dabei herauskam: Menschen, die mindestens einmal pro Woche in den Gottesdienst, die Synagoge oder den Tempel gehen, haben eine um 25 Prozent höhere Lebenserwartung.2 That blew her socks off. Ein so deutliches Ergebnis hatte sie nicht erwartet.

Lynda Powell ist eine in den USA bekannte und renommierte Epidemiologin. Sie schreibt Lehrbücher über Gesundheitsstatistik: Wie man große Untersuchungen mit möglichst geringer Verzerrung gestaltet, damit nicht automatisch das rauskommt, was im Sinne der Autor:innen herauskommen soll. So hat sie sich Mühe gemacht bei der Sichtung der genannten 200 Studien. Dabei wurden die auch in Deutschland anerkannten Moose-Kriterien3 angewandt.

Bei Untersuchungsgruppen von insgesamt über 10.000 Personen müssen die Kriterien einfach aber klar definiert gestaltet werden. Als Bedingung wertete sie schlicht die „religiöse Aktivität“ („religious activity”). Das war bei den meisten, vornehmlich US-amerikanischen Untersuchungen der Gottesdienstbesuch. Auch einige europäische und israelische Studien wurden eingeschlossen. Bei letzteren wurden religiöse und nicht-religiöse Kibbuzim miteinander verglichen. Weiterhin wurde eine japanische Studie, in der es um den Tempelbesuch ging, untersucht. Es gab keine Studie innerhalb des Islam.

Was bedeutet „25 Prozent höhere Lebenserwartung“?

Die von Powell eingeschlossenen Studien erstrecken sich über Zeiträume von zwei bis zu 31 Jahren. Kleine Studien umfassten 25, die größte 22.789 Proband:innen. Zu Beginn wurden die Teilnehmenden unter anderem über ihre religiöse Aktivität befragt. Am Ende der jeweiligen Studie wurde erfasst, wie viele Proband:innen noch lebten. In den Gruppen religiöser Aktivität von mindestens einmal pro Woche lebten noch 25 Prozent mehr Personen als in den Gruppen mit geringerer oder gar keiner religiöser Aktivität.

Andere Studien untersuchten weitere Bedingungen. Wenn die Befragten angaben, dass die Religiosität in ihrem Leben eine sehr zentrale Rolle spiele und diese als positiv erlebt werde, war der Effekt noch ausgeprägter. Wie nun kann man diese ungewöhnlichen Ergebnisse interpretieren? Lynda Powell macht in ihrer Studie hierzu keine Angaben.

Denken wir über mögliche Zusammenhänge nach:

Aaron Antonovsky 4 beschreibt in seiner „Salutogenese“ das Kohärenzgefühl, also das Empfinden, eingebettet zu sein in einen größeren Sinnzusammenhang. Er verglich in Israel Frauen, die mit vergleichsweise geringen Beschwerden den Holocaust überlebt hatten, mit Frauen, die eine stärkere psychosomatische Belastung aufwiesen. Frauen, die in der Katastrophe und der weiteren geschichtlichen Entwicklung Sinnhaftigkeit sahen, hatten weniger Beschwerden.

Arieh Shalev, ein international bekannter Forscher zur Bewältigung traumatisierender Situationen, beschreibt ein effizientes Debriefing, die Behandlung von Personen direkt nach der traumatischen Erfahrung: Die Vermittlung von Hoffnung sei ein wesentliches Element, das zur deutlichen Milderung posttraumatischer Symptomatik

Foto links: Gabrielle Henderrson / unsplash Rechts: Nathan Dumlao / unsplash 07

Die Vermittlung von Hoffnung sei ein wesentliches Element, das zur deutlichen Milderung posttraumatischer Symptomatik beitrage.

beitrage.5 Er weiß, wovon er spricht. Als ehemaliges Mitglied einer israelischen Eliteeinheit hat er massive Traumatisierungen erlebt.

Die Erkenntnis und das Empfinden, in einen größeren Sinnzusammenhang eingebettet zu sein, vermittelt Hoffnung. Dies hat eine nachhaltig symptomlindernde Wirkung auf den pneumato-psycho-somatischen Organismus, nicht nur in Bezug auf die Besserung einer aktuellen psychischen Erkrankung. In der Auseinandersetzung mit weltanschaulich-religiösen Themen wird ein größerer, hoffnungsvoller Sinnzusammenhang hergestellt. Die Beschäftigung mit der Beziehung zu Gott, der Liebe zu seiner Schöpfung und seine Zuwendung durch seinen Sohn Jesus Christus stellen uns in einen deutlich größeren Rahmen als jenen, den wir alltäglich, vordergründig vor Augen haben. Weiterhin wird uns hier eine positive und hoffnungsvolle Zukunftserwartung vermittelt.

Die Zurkenntnisnahme einer positiven, biblischen Eschatologie hat eine nachhaltig heilsame Wirkung. Dies erlebe ich insbesondere bei der Begleitung Schwerkranker und Sterbender. Die im Judentum und unter Christen zum Teil sehr lebendige Erwartung eines messianischen Reiches auf der Erde, das die Konflikte überwinden wird und in dem Herrschende nach den Prinzipien der Liebe und der Wahrheit regieren werden, vermittelt eine intensiv therapeutisch wirksame Hoffnung.

Mit der Gewissheit, dass das Weltgeschehen unter der Obhut eines liebenden und mächtigen Gottes steht, nehme ich die Nachrichten weniger angespannt zur Kenntnis. Damit ist Stress reduziert, der wesentliche

Belastungsfaktor für körperliche und seelische Gesundheit. Der Sympathikotonus hat einen direkten Einfluss auf immunkompetente Zellen. 6 Damit wäre ein geistlichseelisch-körperlicher Zusammenhang hergestellt (Pneumatopsychosomatik).7

Die biblische Botschaft stellt uns als Einzelpersonen in einen großartigen Sinnzusammenhang. Die dort mitgeteilte Heilsgeschichte beginnt mit einer großartigen Schöpfung, führt durch die Niederungen unter der Herrschaft des Menschen, der selbst versucht, Gott zu sein – mit den entsprechenden, katastrophalen Konsequenzen – und endet mit der Vollendung, deren Schönheit mir die Tränen in die Augen treibt. An Nachhaltigkeit ist das nicht zu überbieten.

Fußnoten

1 Kalb, C.

2 Powell, L. H.

3 Ressing, M.

4 Antonovsky, A.

5 Hobfoll; Shalev

6 Felten in Birbaumer

7 Samlow, M.

Literatur

• Antonovsky, A. (1997): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: dgvt-Verlag.

• Birbaumer, N.; Schmidt, R. F. (2010): Biologische Psychologie. Springer.

• Felten, S., Felten, D. L. (2001): Innervation of lymphoid tissue. In: Ader, R., Felten, D., Cohen, N. (Hrsg.): Psychoneuroimmunology. San Diego: Academic Press, 3rd ed. Zitiert in: Birbaumer.

• Hobfoll SE; Shalev A (2007): Five essential elements of immediate and mid-term mass trauma intervention: empirical evidence. In: Psychiatry. Interpersonal and Biological Processes. Winter; 70. S. 283–315; discussion 316–69. doi: 10.1521/psyc.2007.70.4.283.

• Kalb, Claudia (2003): Faith and Healing. Newsweek 10.11.2003: http://www.newsweek.com/ faith-healing-133365

• Powell, L. H., Chida, Y., Steptoe, A. (2009): Religiosity/spirituality and mortality. A systematic quantitative review. Psychother Psychosom. 78(2):81–90.

• Ressing, M., Blettner, M., Klug, S. J. (2009): Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen. Teil 6 der Serie zur Bewertung wissenschaftlicher Publikationen. Deutsches Ärzteblatt International 106(27):456–63. (DOI: 10.3238/arztebl.2009.0456)

• Samlow, M. (2023): Pneumatopsychosomatik in Integrative Beratun.g (Arbeitstitel)Vandenhoeck& Ruprecht. Geplanter Erscheinungstermin 2023.

Autor

Dr. med. Matthias Samlow studierte Humanmedizin und anschließend Philosophie. Danach folgte eine psychotherapeutische Ausbildung in der Existenzanalyse und Logotherapie in Wien, sowie die neurologische und psychiatrische und tiefenpsychologische Ausbildung an der Ruhr-Universität Bochum zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Seit 2001 leitet er eigene Praxen in Stuttgart und Baiersbronn und ist Dozent an verschiedenen Bildungseinrichtungen.

de’ignis-magazin – Therapeutische Fachartikel Foto: Anastasia Vityukova / unsplash
09

„Geliehen ist der Stern, auf dem wir leben“ Die Agenda 2030 als Herausforderung für die Gemeinden

• Es herrscht große Sorge! Das Klima auf dieser Erde verändert sich. In den Medien hören und sehen wir das täglich – und in diesem heißen Sommer erlebten wir es auch jeden Tag. Wir leben mit dem Gefühl, zu wenig zu tun. Wird auch die nächste Generation auf diesem geliehen Stern leben können?

Es herrscht Sorge! Auch durch den Krieg, der uns seit dem 24. Februar 2022 frei Haus geliefert wird. Dabei wollten wir doch Frieden schaffen ohne Waffen.

Es herrscht Sorge! Auch weil Corona unseren Alltag verändert hat. Dabei hat sich unsere Generation so um ihre Gesundheit gekümmert!

Diese Sorgen herrschen ebenso in unseren Gemeinden. Als Gemeindepfarrer in Egenhausen erlebe ich diese Sorgen in den Klassenzimmern, wenn die Grundschüler für E-Autos beten. Ich nehme die Sorge ums Klima in den Sitzungszimmern wahr. Man überlegt, was unsere Gemeinden gegen die Klimaerwärmung tun können. Diese Sorgen höre ich in den Wohnzimmern, wenn wir ins Gespräch darüber kommen, was uns bewegt. Sorgen und Angst herrschen. Dabei ist die größte Sorge noch gar nicht genannt. Laut Umfragen sorgen sich die meisten Menschen in Deutschland um die Inflation: wer kann das bezahlen? Wer hat so viel Geld? Verlieren wir unseren Reichtum? Können wir uns den Stern auf unserem Auto noch leisten? Die Agenda 2030 trifft mit ihrem Anliegen den Nerv unserer Gesellschaft, aber vergrößert auch die Sorgen. So lautet eine der Kernbotschaften der UN in der Agenda: „den Planeten schützen“. Direkt davor lesen wir: „Es ist deine Entscheidung“. Es ist deine Entscheidung, den Planten zu schützen und dass es Wohlstand für alle gibt. 17 Ziele nennt die UN, 17 Punkte, was der Mensch tun kann. Diese „Tu Du’s“, wie sie die UN nennt, reichen von „Helfe Obdachlosen“ über „Rette Lebensmittel“ und „Iss vegetarisch“bis zu „Gehe Blut spenden“. Es herrscht Sorge und diese 17 „Tu Du’s“ treffen den gesellschaftlichen Nerv. Sie werden in den Nachrichten verbreitet. So machen auch diese Nachrichten Angst. Mitten in unseren Gemeinden im Nordschwarzwald, wo wir doch eigentlich in Frieden und Sicherheit leben.

In diesem sorgenvollen Klima unserer Gesellschaft möchte ich mit der Kirchengemeinde einen anderen Weg gehen!

Es sollen nicht einfach die Nachrichten ausgeschaltet werden! Es wäre töricht, die Augen vor der Realität zu verschließen. Denn die Menschen in unserer Nachbarschaft haben weiter Sorge. Die wärmeren Sommer werden so nicht kühler. Damit regnet es nicht mehr! Krieg, Klimaveränderung und Corona können nicht einfach geleugnet werden. Aber man sollte sachlich informieren, auch die Stimmen Andersdenkender hören. Ins Gespräch kommen mit den Kollegen, die unsere Überzeugung nicht teilen. Gegen die herrschende Sorge sollten wir einen Blickwechsel wagen: Wenn wir unseren „geliehenen Stern“ verstehen wollen, dann sollten wir auf den hören, der uns den „Stern“ geliehen hat. Nicht auf „Sterndeuter“, sondern auf den Herrn der Welt wollen wir achten.

1. Jesus Christus herrscht und hilft mit seinem Wort gegen die Utopie der Welt. Wir Menschen wollen etwas tun. Auch gegen Klimaerwärmung, Krieg und Corona. Aber unsere Gefahr ist, dass wir uns überschätzen. Erliegen wir nicht zu schnell der Utopie, diese Welt retten zu können? Ja, wir können viel. Aber wir Menschen haben auch unsere Grenzen. Gleich die ersten Kapitel der Bibel zeigen uns diese Grenzen auf. Am Ende der Schöpfungsgeschichte setzt Gott, der Herr, den Menschen in den Garten Eden, „dass er ihn bebaute und bewahrte“ (1. Mose 2,15). Ein Kapitel später lesen wir vom Sündenfall. Am Ende dieser Geschichte erhalten die Menschen nur noch einen begrenzten Auftrag: dass der Mensch „die Erde bebaute“ (3,23). Auch in Kapitel 4 ist nur noch vom Bebauen zu die Rede (4,12). Von der „Bewahrung der Schöpfung“ lesen wir nach dem Sündenfall nichts mehr in der Bibel. Es scheint, dass der Vater im Himmel unseren menschlichen Auftrag für die Welt begrenzt. Wir sollen die Schöpfung bebauen. Bewahren ist biblisch gesehen eine Utopie. Der Vater im Himmel kann diese Welt bewahren. Niemand sonst!

Im Grunde nimmt Jesus Christus diesen Gedanken auf. In Matthäus 28, bei seiner Himmelfahrt, spricht er vom Ende der Welt. Aber er sieht diesem Ende nicht einfach machtlos zu. Im Gegenteil: Er bekennt zu seiner Macht: „[ihm] ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“ (Mat. 28,18). Dieser Mächtige ist auch bei uns. Auch am Ende der Welt (Mat. 28,20). Dieser letzte Satz Jesu im Matthäusevangelium erinnert an das Versprechen des himmlischen Vaters: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1. Mose). Nicht wir retten die Welt. Nicht wir retten das Klima oder die Kirche. Der Vater im Himmel hat Jesus Christus diese Macht gegeben. Das ist Jesu Versprechen. Diesem Jesus Christus zu vertrauen, hilft gegen die Utopie, die Welt retten zu müssen.

2. Jesus Christus herrscht und macht uns in seinem Wort Mut, fröhlich anzupacken in der Welt. Aus diesem Gottvertrauen könnte ein Trugschluss folgen: Gott fordert von uns keine Bewahrung der Schöpfung. Also können wir leben und leben lassen. Also ist alles möglich – und wir müssen uns um nichts mehr kümmern. Das wäre ein tragischer Trugschluss, der leider von manchen auch begangen wird. Man zieht sich zurück ins Private – und überlässt die Welt sich selbst. Aber sowohl in Gottes Wort als auch in der Kirchengeschichte erleben wir das Gegenteil: Christen haben zu allen Zeiten fröhlich angepackt. Die ersten Christen sehen die Not der verarmten Menschen. Sie kümmern sich um die Schwachen in ihrer Gemeinde und bald auch darüber hinaus. Das fiel auf. So sind viele Menschen auf den christlichen Glauben aufmerksam geworden. Wer an Jesus Christus glaubt, der hat ein Herz für Gottes Schöpfung, auch für die armen Menschen.

In diesem Glauben wurde 1837 auch der erste Tierschutzverein in Stuttgart gegründet. Der evangelische Pfarrer Albert Knapp, Dichter des Liedes „Der Herr ist gut in dessen Dienst wir stehen“, begründete am 17. Juni 1837 in Stuttgart einen Verein zur Verhütung der Tierquälerei. Wer an Jesus

Foto: Carlos Lindner / unsplash 11

Christus glaubt, der hat ein Herz für Gottes Schöpfung, die Tiere. So bringen wir Christen uns fröhlich nach unseren Möglichkeiten ein und packen mit an. In Spielberg-Egenhausen ist der kleine, von Christen organisierte Verein DHHN (Deutsche Humanitäre Hilfe Nagold) ansässig. Seit Jahren kümmert er sich bereits um Menschen in Osteuropa. So auch in diesem Frühjahr: Während viele Hilfsorganisationen nur an die ukrainische Grenze fahren, fährt Julian Kirschner mit seinem Team auch in Kriegszeiten in die Ukraine hinein. Das fällt auf. Darum haben die Kommunen im Landkreis Calw diese Christen unterstützt. In den ersten Tagen des Ukrainekrieges gaben alle Städte und Gemeinden unseres Landkreises ihre Spenden für die Ukraine an die DHHN. Sie wussten: die packen fröhlich mit an. Hier gibt es Hilfe, die ankommt. Wer an Jesus Christus glaubt, der hat ein Herz für Gottes Schöpfung, auch die notleidenden Menschen.

Ebenso beim Umweltschutz: selbstverständlich sparen wir Strom und Wasser, gehen sorgsam mit unserer Energie um. Wer an Jesus Christus glaubt, der hat ein Herz für Gottes Schöpfung. Aber wir haben keine panische Angst vor dem, was kommen mag. Sondern wir packen fröhlich mit an. Denn wir wissen: nicht die Sorgen sollen uns beherrschen, sondern Jesus Christus herrscht!

3. Jesus Christus herrscht und macht durch sein Wort Mut zu einem Gottvertrauen in dieser Welt. Jesus Christus ist alle Gewalt über diese Erde gegeben (Matthäus 28). Jesus herrscht. Das heißt aber nicht, dass wir uns von der Welt abwenden. Im Gegenteil: wir lesen, dass dieser herrschende Gott unsere Welt liebt (Johannes 3,16). Er liebt sie so sehr, dass er für diese Welt, für die Menschen, alles gibt. In Matthäus 13,45–46 lesen wir das folgende Gleichnis: Das Himmelreich, also unser Gott, gleiche einem Kaufmann. Dieser fand eine kostbare Perle. Nun ging er hin und verkaufte seinen kompletten Besitz. „Alles, was er hat“ gab er, um diese eine Perle zu kaufen. Wenn mit dieser Perle wir Menschen gemeint sind, dann ist das eine grandiose Aussage: Gott sieht das Potential, das wir haben. Er sieht nicht nur unsere Begrenzung. Er weiß um unsere Sünde. Aber er sieht unsere Möglichkeiten. Er sieht in uns eine Perle. Um diese Perle zu erwerben, gibt Jesus alles. Er möchte uns erwerben. Er möchte uns loskaufen von der Sünde. Er gibt sein Leben für uns!

Dieser gläubige Blick auf Gott kann uns zu einem Vertrauen helfen. Nicht, dass alles heil wird in dieser Welt. Vielleicht wird noch nicht einmal alles in unserer Ehe heil; oder beim Konflikt am Arbeitsplatz, oder in unsere Gesundheit. Aber unser Gott weiß um unsere Probleme. Dieser Blick auf den Gott, der herrscht und uns liebt, der hilft uns, auf Gott zu vertrauen. Hilft uns, voller

Die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) ist ein globaler Plan zur Förderung nachhaltigen Friedens und Wohlstands und zum Schutz unseres Planeten. Seit 2016 arbeiten alle Länder daran, diese gemeinsame Vision zur Bekämpfung der Armut und Reduzierung von Ungleichheiten in nationale Entwicklungspläne zu überführen. Dabei ist es besonders wichtig, sich den Bedürfnissen und Prioritäten der schwächsten Bevölkerungsgruppen und Länder anzunehmen –denn nur wenn niemand zurückgelassen wird, können die 17 Ziele bis 2030 erreicht werden. Mehr Infos auf www.unric.org

Gottvertrauen auch auf die Welt zu schauen. Trotz dieser Welt, der ein Ende gesetzt ist. Ja, in der Welt haben wir Angst und Sorge. Auch wir, die auf Jesus Christus vertrauen wollen, kennen diese Ängste. Wenn wir auf einem geliehenen Stern leben, dann gehen wir selbstverständlich mit einem geliehenen Gegenstand wertschätzend um. Aber ganz gewiss nicht angstvoll. Nicht panisch. Und wir überlegen uns, von wem wir diesen „geliehenen Stern“ anvertraut bekommen haben. Deswegen lassen wir bei uns nicht die Sorge herrschen. Sondern bei uns herrscht Jesus Christus. Er hilft uns gegen die Utopie der Welt. Er lässt uns fröhlich anpacken. Er hilft uns zu vertrauen auch wenn die Herausforderungen groß sind. Er gibt uns Talente (Matthäus 25). Zu diesen Gaben zählt auch seine Schöpfung! Für diese Talente tragen wir Verantwortung. Aber er weiß auch: in dieser Welt haben wir Angst. Aber er macht Mut: seid getrost, ich habe die Welt überwunden (Johannes 16,33). Darum vertraue ich dem Herrn Jesus Christus, der gut herrscht.

Autor

Ulrich Holland ist Gemeindepfarrer der Kirchengemeinde Spielberg-Egenhausen.

Foto: Mika
/ unsplash de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen
Baumeister
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Den Schöpfungsauftrag leben – eine aktuelle Herausforderung

de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen

• Der Schöpfungsauftrag

In den ersten zwei Kapiteln der Bibel wird die Schöpfung vor dem Sündenfall geschildert. Schon damals hatte der Mensch einen Auftrag und eine Verheißung. Beides gilt weiter und kann und sollte uns auch heute als Leitlinie dienen.

In Gen. 1,26 heißt es: „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen herrschen [Hebr.: rabah] über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen!“ 1 Und in Vers 28: „Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, und füllt die Erde, und macht sie euch untertan [Hebr.: kabasch]; und herrscht [Hebr.: rabah] über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!“ Neben dem Vermehren wird dem Menschen hier ein klarer Auftrag gegeben: „herrschen“ bzw. „untertan machen“. Die beiden hier verwendeten hebräischen Wörter haben ein breites Bedeutungsspektrum2: Aufsicht haben, führen, dienstbar machen, aber auch unterdrücken oder niedertreten. In Vers 29 folgt die Verheißung, dass die Erde dem Menschen Nahrung geben wird.

In Genesis 2,15 heißt es: „Und der Herr, Gott, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, ihn zu bebauen [Hebr.: abad] und ihn zu bewahren [Hebr.: schamar].“ Das erste Wort bedeutet neben „bebauen“ auch „dienen“, „arbeiten“ und „Sklave sein“. Das Bebauen findet im Auftrag eines anderen statt. „Schamar“ bedeutet neben „bewahren“ auch „behüten“ und „bewachen“ und findet sich z. B. im aaronitischen Segen: „Der Herr segne und behüte dich!“ (Num. 6,24). Das Substantiv dazu wird unter anderem mit „Hirte“ übersetzt. An dieser Stelle wird deutlich, dass es um einen positiven und heilvollen Auftrag geht. Die erste Konkretion ist die Namensgebung für die Tiere, eine Ordnungsaufgabe. Es geht darum, die Linien in der Schöpfung zu erkennen und die Tiere entsprechend sinnvoll zu benennen. Auch im zweiten Kapitel des Buchs Genesis dient die Erde dazu, dem Menschen Nahrung zu geben.

Hans-Jürgen Zobel fasst den Auftrag des Menschen treffend zusammen: „Aus dem Sachverhalt, dass das Herrschen der Menschen auf Erde und Tierwelt begrenzt, aus seiner Ebenbildlichkeit hergeleitet und als Segensinhalt verstanden wird, ergibt sich mit notwendiger Stringenz die Folgerung: Die Herrschaft des Menschen ist eine ihm von Gott verliehene Machtstellung und hat seinem [Gottes] Ordnungsgefüge zu dienen […]. Seine Herrschaft hat für das Beherrschte positiv zu sein; in ihr hat er sich als Mensch zu bewähren und menschlich zu bleiben […]. Somit kann die Herrschaft des Menschen nur als ein Gott gegenüber zu verantwortendes Handeln des Menschen verstanden werden. [… Die Herrschaft] des Menschen soll also zur Erhaltung und Förderung der Schöpfung Gottes beitragen.“ 3

Das wird noch einmal deutlich, wenn wir den beiden Aufträgen schamar und rabah weiter folgen.

In Jeremias 31,10 heißt es: „Hört das Wort des Herrn, ihr Nationen, und meldet es auf den fernen Inseln und sagt: Der Israel zerstreut hat, wird es wieder sammeln und wird es hüten wie ein Hirte seine Herde!“. Gott selber ist der Hirte, der sich um sein Volk kümmert. Diese Linie zieht sich durch die ganze Bibel über so bekannte Texte wie Psalm 23 und den kurzen Psalm 121, in dem das Wort „schamar“ trotzdem sechsmal vorkommt, bis hin zu Jesus als gutem Hirten in Joh. 10. Die Qualität des Hirten wird dabei deutlich in seiner Zuwendung, Fürsorge und Hingabe (Joh. 10,9–11; 14–16;27–29). Der Mensch ist als Ebenbild Gottes beauftragt, dem Ursprungsbild zu entsprechen, das heißt so zu handeln, wie es Gott entspricht. Im Blick auf die Welt bedeutet es, sie als guter Hirte zu bewahren und zu behüten. Wie das konkret aussehen soll, wird z. B. in der Hirtenrede beim Propheten Ezechiel in Kapitel 34,1–16 deutlich. In Vers 4 geht es wieder um das Herrschen aus Genesis 1: „Die Schwachen habt ihr nicht gestärkt und das Kranke nicht geheilt und das Gebrochene nicht verbunden und das Versprengte nicht zurückgebracht und das Verlorene nicht gesucht, sondern mit Härte habt ihr über sie

geherrscht [Hebr.: rabah] und mit Gewalt.“ Es gibt also ein gutes und ein schlechtes Herrschen. Ein Herrschen im Sinne Gottes und einen Missbrauch der Möglichkeit zu herrschen. Das erklärt auch die oben erwähnte Bedeutungsbandbreite dieses Worts. In der Umkehrung der Kritik an den schlechten Hirten kann man positiv festhalten, dass es die Aufgabe des Menschen, dass es unsere Aufgabe ist, Schwache zu stärken, Kranke zu heilen, Gebrochenes zu verbinden, Versprengtes zurückzubringen und Verlorenes zu suchen. Damit sind wir von einer anderen Seite aus wieder bei der Sendung Jesu selbst, der in Lukas 4,18f. einen ganz ähnlich formulierten Auftrag aus Jes. 61,1–2 auf sich bezieht: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, Gefangenen Freiheit auszurufen und Blinden, dass sie wieder sehen, Zerschlagene in Freiheit hinzusenden, auszurufen ein angenehmes Jahr des Herrn.“

Diese Art, in guter Weise Hirte zu sein, ist der Grundauftrag an den Menschen im Blick auf die Tiere und die Erde (Gen. 1,26–28; Gen. 2,15). Wir haben darin Teil an Jesu eigener Sendung (Joh. 20,21).

Die Folgen des Sündenfalls

Für das Miteinander von Mensch und Tier bzw. Erde hat der Sündenfall etliche Folgen, die in Genesis 3,15–19 geschildert werden: Feindschaft zwischen Mensch und Schlange, auch generell Feindschaft zwischen Mensch und einem Teil der Tierwelt. Ursprünglich stellte kein Tier eine Bedrohung für den Menschen dar. Mühsal bei der Schwangerschaft und Schmerzen bei der Geburt. Mühsal bei der Bearbeitung der Erde und auf dem Weg zur Ernte. Und: der Mann wird herrschen („maschal“) über die Frau. Im Paradies gab es keine Herrschaft eines Menschen über einen anderen Menschen. Alle Menschen sind als Bild Gottes gerufen zu herrschen und in guter Weise mit der Welt und den Tieren umzugehen. Aber kein Mensch sollte über einen anderen herrschen. Die Herrschaft des Mannes über die Frau ist eine der negativen Folgen des Sündenfalls. Das wird auch dadurch deutlich, dass hier mit „maschal“ ein anderes Wort verwendet

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wird als in Genesis 1 und 2. Obwohl das Wort eine ähnliche Bedeutungsbandbreite hat und gute und schlechte Arten zu herrschen beschreiben kann, hat das Herrschen des Mannes über die Frau nichts zu tun mit dem positiven Schöpfungsauftrag an den Menschen. Wir sollten uns von daher davor hüten, die Herrschaft des Mannes in irgendeiner Weise zu rechtfertigen oder schönzureden. Es ist offensichtlich, dass Gott sich das so nicht gedacht hatte! In der Auseinandersetzung um Ehescheidung macht Jesus deutlich, dass der ursprüngliche Wille Gottes das Kriterium ist (Mk. 10,2–9).

Von daher gilt auch hier: Die Herrschaft des Mannes über die Frau ist eine negative und zu überwindende Folge des Sündenfalls. Diese Linie wird im Blick auf die Zukunft in Galater 3,28 in der Verbindung mit Christus selbst begründet.

Die aktuelle Herausforderung

Der Schöpfungsauftrag, die Erde zu bebauen und zu bewahren, ist nie zurückgenommen worden. Auch die Verheißung, dass die Erde uns Nahrung geben soll, gilt weiter. Es ist lediglich anstrengender geworden. Der Auftrag zu herrschen wird in der Bibel positiv gefüllt mit der Art und Weise, wie Gott selber herrscht und es in Jesus vorgelebt hat. Dabei weitet sich der Blick über Erde, Natur und Tiere aus auf den Umgang mit anderen Menschen.

Damit sind wir bei den ganz konkreten Fragen und Aufgabenfeldern von heute angekommen:

[a] Das Wort „maschal“ umfasst das Herrschen im eigenen Leben. So wird Kain in Genesis 4,7 mit diesem Wort aufgefordert, sich nicht von der Sünde bestimmen zu lassen. Umgekehrt gilt es in unserem ganzen Leben, dem guten Hirten zu entsprechen und das 24 Stunden pro Tag an 365 bis 366 Tagen pro Jahr. Wir sind als Diener in diese Welt gestellt und ein erster Dienst ist der Umgang mit uns selbst. Entspricht unser Umgang mit uns der Art und Weise, wie Gott mit uns umgeht? Ich gehe davon aus, dass wir alle hierbei noch Luft nach oben haben. Das ist ganz normal. Wir bleiben Lernende, Jünger, Schüler unser Leben lang.

Dabei ist dieser erste Aspekt wichtig, denn die Art und Weise, wie wir mit uns selbst umgehen, besitzt eine große Außenwirkung.

[b] Dann geht es um unseren Umgang mit der Natur und den Tieren. Ja, sie sollen uns zur Nahrung dienen (Natur wird bereits in Genesis 1 und 2 behandelt, Tiere ab Genesis 9), aber wir sollen so mit ihnen umgehen, dass es ihnen dabei gut geht, dass die Schöpfung und die Tierwelt erhalten bleiben und aufblühen. Das beschreibt das direkte Gegenteil jeder Ausbeutung und auch jedem Schwerpunkt auf der Maximierung von eigenem Gewinn. Im Sinne Jesu sollen wir so „herrschen“, dass es der Natur und den Tieren gut geht – und dürfen dann auch die Früchte der Arbeit genießen. Für die meisten von uns stellt sich die Frage vermutlich beim Einkauf am konkretesten. Welche Nahrungsmittel kaufe ich? Achte ich darauf, dass die, die sie für mich erarbeiten, in guter Weise mit der Natur und den Tieren umgehen? Ja, das hat Konsequenzen. Dann muss ich in der Regel mehr Geld ausgeben. Im Blick auf die Erde insgesamt stellt sich die Frage nach einem guten Umgang mit den Ressourcen. Was kann ich in guter Weise nutzen? Was brauche ich gar nicht? Und wieder: Wie werden die Sachen hergestellt, die ich kaufe? Hineingestellt in unsere aktuelle Welt werden wir nicht überall eine optimale Möglichkeit finden. Aber es wäre gut, wenn wir uns Schritt für Schritt oder Bereich für Bereich die Frage stellen, was es bedeutet, dass wir auch in diesem Bereich als Diener Gottes leben. Bereiche können dabei z. B. Kleidung, Elektronik, Fortbewegung etc. sein.

[c] Dieser Bereich geht dann nahtlos über in den dritten großen Bereich, unseren Umgang mit anderen Menschen. Natürlich mit jenen Menschen in unserem direkten Umfeld, aber auch mit den Menschen auf dieser Welt insgesamt. Sind wir gute Hirten oder schlechte Hirten? Tragen wir dazu bei, dass Armut und Ausbeutung bekämpft werden? Dass Menschen gesund werden? Dass Schwache gestärkt werden? Dass die Botschaft von Jesus lebensstiftend und freimachend verkündet wird?

Wir sind zuerst dazu gerufen, für andere

Christen zu sorgen. (Gal. 6,10; auch in Matt. 25,31–46 geht es um den Umgang mit Christen. „Brüder“ in Vers 40 ist eindeutig. Der Text nimmt damit die Linie von Matt. 10,40–42 auf.) Darüber hinaus sind wir jedoch aufgerufen, für alle Menschen Sorge zu tragen. Gerade dieser von Gott bestimmte Umgang mit anderen Menschen hat dem Christentum zum Durchbruch verholfen. So schreibt Kaiser Julian: „Die gottlosen Galiläer [die Christen] ernähren außer ihren eigenen Armen auch die unsrigen: die unsrigen ermangeln unserer Fürsorge“ und „Am meisten ist die Gottlosigkeit (das Christentum) gefördert worden durch die Philanthropie in Bezug auf die Fremden und durch die Fürsorge für die Bestattung der Toten.“ 4

Der Schöpfungsauftrag gilt nach wie vor: diese Welt, die Natur, die Tiere und die Menschen im Sinne Gottes behüten und bewahren!

Fußnoten

1 Alle Bibelzitate aus: Elberfelder Bibel, Pocket Edition (2016). Witten; Dillenburg: SCM R. Brockhaus; Christliche Verlagsgesellschaft.

2 Diesen und den anderen hebräischen Begriffen sind die Ausführungen im THWAT zugrunde gelegt: Ringgren, H. (Hrsg.) (1986): Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament. Stuttgart; Berlin; Köln; Mainz: Verlag W. Kohlhammer.

3 Ebd., S. 357

4 Zitiert bei Adolf von Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, Berlin 1924, S. 187 und S. 190.

Autor

Helge Keil ist evangelischer Pfarrer und Pilger auf dem Weg zur himmlischen Heimat. Er arbeitet als theologischer Referent im Philadelphia Verein mit den Schwerpunkten, Christen zu helfen, ihren Gott zu verstehen, ihren Glauben im Alltag zu leben und Brücken zu bauen zwischen Christen unterschiedlicher Prägung und Konfessionen. Er ist mitverantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut.

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Der Schöpfungsauftrag gilt nach wie vor: diese Welt, die Natur, die Tiere und die Menschen im Sinne Gottes behüten und bewahren!

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Nachhaltige Lebensgestaltung unter dem Blickwinkel der Ewigkeit

mit Agape und Irene in der Katakombe Marcellino e Pietro, um 290. Die Beischriften lauten: „Agape misce mi“ und „Irene da calda“ (frei übersetzt: „Agape mische Wein für mich“ und „Irene reiche mir gewärmten Wein“).

Von Prof. Dr. Gerhard Maier
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Totenmahl

• Ein solches Thema ist völlig uninteressant für alle, die den Gedanken an eine „Ewigkeit“ aus weltanschaulichen Gründen ablehnen. Allerdings trifft ein solcher nordatlantischer Atheismus in einen Gegensatz zur Menschengeschichte:

• Soweit wir wissen, hat man die Toten mit Grabbeigaben bestattet, um sie für die Reise ins Jenseits auszurüsten.

• Soweit wir wissen, brachte man den Göttern Opfer dar.

• Für die Indigenen Südamerikas und Afrikas sind Geister aus dem Jenseits etwas Selbstverständliches.

• Für die römischen Katakomben denke man an die berühmte Wandmalerei mit der Inschrift „Agape misce mi; Irene da calda“ („Agape mische Wein für mich, Irene reiche mir gewärmten Wein“). Das Bild auf Seite 18 zeigt ein Totenmahl, an dem Lebende und Tote teilnehmen.

I. Eine Reihe von Antworten zu unserer Lebensgestaltung

Zu allen Zeiten fanden Menschen verschiedene Antworten auf die Situation an der Grenze zwischen Diesseits und Jenseits:

So den selbstgewählten Suizid, der heute „bestens“ vorbereitet wird. Oder ein volles Ja zur Todesstrafe, die manche Staaten verhängen. Gesellschaftliche Regelungen, beispielsweise die Tötung aller Über-Sechzig-Jährigen bei den Druiden. Oder der Glaube an ein „Rad der Wiedergeburten“, also immer neue Inkarnationen, wie z. B. im Hinduismus. Der Glaube an ein Nirwana, das heißt ein Erlöschen des Ichs und den Eingang in eine Weltseele, z. B. im Buddhismus. Der Glaube an eine Allerlösung, das heißt: ein liebender Gott nimmt am Ende alle an, wie in der modernen kritisch-christlichen Theologie gelehrt wird.

II. Die christliche Sicht

1. Die christliche Sicht wird seit zwei Jahrtausenden zentral bestimmt durch die Auferstehung Jesu von den Toten. Dabei geht es nicht nur um einen „Glauben“ an die Auferstehung. Für die urchristlichen Zeugen der Ereignisse geht es um ein geschichtliches Faktum: „Der Herr ist wahrhaftig auferstanden“ (Lukas 24,34). Gestützt wird

diese Anschauung durch die lange Linie der Prophetie im Alten Testament, beispielsweise Jesaja 26,19; Hesekiel 37,1–14 sowie Daniel 12,2. Wir besitzen im Neuen Testament zahlreiche Zeugenberichte, die Jesu Auferstehung bestätigen, darunter auch von ehemaligen Gegnern oder Distanzierten (Paulus’ Apostelgeschichte 9,3 ff; Jesu Bruder Jakobus nach Johannes 7,5).

2. Eine nachhaltige Lebensgestaltung in christlicher Sicht umschließt beides: das Leben vor dem Tod und das Leben nach dem Tod. Es kommt ein Ganzes in den Blick, das einmalig ist: ein Leben mit Gott, das alle gewohnten Grenzen überschreitet. Wir werden wie Jesus Christus auferstehen als leibhaftige Personen, mit unserem einmaligen Gesicht, wir werden uns persönlich erkennen und wieder begegnen. Vor allem: „Wir werden [Gott] sehen, wie er ist“ (1. Joh. 3,2).

III. Ein solcher Blickwinkel der Ewigkeit macht es möglich, dass wir zu unseren irdischen Grenzen ein Ja finden

In dem Ausdruck „nach-haltig“ steckt ein kleines entscheidendes Wort, nämlich „Halt“. Wer seinen Halt im christlichen Glauben hat, der kann einen langen Weg gehen: zu Erfolg wie zu Misserfolg, durch gesunde und durch kranke Tage, durch Bescheidenheit inmitten der Erfolge anderer, eventuell durch ein langes Krankenlager und immer wieder zur Akzeptanz der eigenen Grenzen.

Gott kann es schenken, dass wir sogar die Erfolge anderer in Ruhe ertragen und begleiten können. Wir leben schon in dieser Welt in einem Reichtum des Gebets: „[…] in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!“ (Philipper 4,6).

Autor Prof. Dr. Gerhard Maier ist ehemaliger Landesbischof der evangelischen Landeskirche in Württemberg, Gastprofessor an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel und an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Heverlee, Leuven (Belgien).

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Die sieben Motivationssünden als Feind der Nachhaltigkeit

•Kennen Sie die sieben Motivationssünden Stolz, Neid, Habsucht, Zorn, Trägheit, Völlerei und Wollust? Menschen, die in der katholischen Kirche zu Hause sind, werden gleich die Assoziation von den sieben Todsünden haben. Der Ursprung der Motivationssünden jedoch liegt weiter zurück. Er findet sich bei den sogenannten Wüstenvätern, die ca. 300–500 nach Christi in Ägypten in der Wüste lebten. Einer von ihnen, Evagrius von Pontus (345–399), beobachtete seine Mönchsbrüder im Prozess der Selbsterforschung und stellte eine Liste von sieben Wurzelsünden auf, die sich nur unwesentlich von der heutigen Aufzählung unterscheiden. Später wurde dann die Liste von Papst Gregor dem Großen (540–604) wiederentdeckt und diente in seelsorgerlichen Gesprächen als Vorlage. Bis heute beschäftigen sich viele Menschen (unter anderen der Evangelist Billy Graham) damit und erachten sie als eine Checkliste voller Weisheit. Den Motivationssünden gegenübergestellt werden die sieben Tugenden Demut, Gönnen können, Wohltätigkeit, Langmut, Zielstrebigkeit, Mäßigkeit und Enthaltsamkeit.

1. Stolz / Hochmut

Biblisch gesehen bedeutet ein stolzer Mensch einen Menschen, der keinen Gott braucht, weil er ganz auf seine eigene Kraft baut. Im Gegensatz dazu sagt der Demütige: „Ich vermag alles durch den, der mich stark macht: Jesus Christus“ (Philipper 4,13). Hochmut ist laut Heiko Ernst die Todsünde der Könner. Er ist die „Intellektuellensünde“ schlechthin. Der Stolz basiert auf Leistung, Macht und Erfolg. Das ist gefährlich und führt leicht zur Überschätzung und danach zum Absturz. Was hat das nun mit Nachhaltigkeit zu tun? Wir sollten nicht nur mit unserer Natur ehrfurchtsvoll umgehen, sondern auch mit unserem Körper. Wenn Leistung bei mir auf dem Thron sitzt und ich aus Angst vor Ablehnung schlecht Nein sagen kann, laufe ich Gefahr, einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder Magengeschwüre zu bekommen. Oft wird die andauernde Leistung mit einem erhöhten Kaffeekonsum, Bewegungsarmut, ungesundem Essen, Schlafmangel und entstehenden Süchten erkauft. Wenn ich nach

Anerkennung lechze, bin ich in der Gefahr, mich zu überfordern und aus Menschengefälligkeit im Burnout zu enden. Kann uns der Bibelvers 1. Thessalonicher 5,18: „Seid dankbar in allen Dingen“ die richtige Richtung weisen? Wie schnell können wir in die Situation kommen, arbeitslos oder krank zu werden und müssen am eigenen Leib erleben, wie abhängig wir von der Gnade Gottes und anderer Menschen sind? Dann helfen mir meine gute Ausbildung oder mein großer Einsatz auf der Arbeit nicht. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer schreibt: „Im normalen Leben wird es einem gar nicht bewusst, dass der Mensch unendlich mehr empfängt, als er gibt und dass Dankbarkeit das Leben erst reich macht. Man überschätzt das eigene Wirken und Tun in seiner Wichtigkeit gegenüber dem, was man nur durch andere geworden ist.“ Ist es deshalb nicht angebrachter, dankbar und demütig in Abhängigkeit von Gott zu leben?

2. Neid

Der Neid zieht sich wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte in der Bibel und ist deshalb wahrscheinlich auch in den Zehn Geboten zu finden. 2. Mose 20,17: „Du sollst nicht begehren (neidisch sein auf) deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Rind, Esel, noch alles, was dein Nächster hat.“ Wie entsteht Neid? Durch Vergleichen, Konkurrenzdenken und durch Minderwertigkeit, verbunden mit einem Gefühl, dass ich nicht weiß, wer ich bin, was mich ausmacht, was ich kann. Der Neidische ist grundsätzlich der Verlierer und zutiefst unglücklich und oft einsam, weil er die Menschen meidet, auf die er neidisch ist. Oft empfindet der

Neidische auch Gott als ungerecht, der die Menschen in Christen der ersten und zweiten Klasse einteilt und seinen Segen gibt, wem er will, aber bestimmt nicht mir, dem Neidischen. Hier trifft uns Gottes Frage: „Glaubst du in der Tiefe deines Herzens, dass ich gut bin und es gut mit dir meine? Worin hast du deine Identität? Im Mangel oder der Kindschaft Gottes?“ Unglücklich sein verbunden mit Einsamkeit kann die seelische Gesundheit gefährden. Wie kann man lernen, mit dem, wer man ist und was man hat, zufrieden oder sogar glücklich zu sein? Wie lernt man gönnen können? Da Neid und Eifersucht im alltäglichen Sprachgebrauch oft gleichbedeutend verwendet wird, möchte ich den Unterschied gerne anhand eines kleinen Beispiels erklären. Stellen Sie sich das Zusammentreffen eines Singles mit einem Ehepaar vor. Der Single ist neidisch auf den Ehemann, weil er eine Frau hat, während der Ehemann eifersüchtig ist, wenn seine Frau mit dem Single flirtet. Der Neidische hat nicht und möchte haben, während der Eifersüchtige hat. Deshalb hat er Angst, zu verlieren. Interessant ist auch, dass von Gott an keiner Stelle gesagt wird, dass er neidisch ist, weil ihm ja alles gehört, aber es steht in 2. Moses 20,5: „Ich bin ein eifersüchtiger Gott“, weil er Angst hat, uns an andere Götter zu verlieren.

3. Habsucht / Geiz

Im Wörterbuch steht als Definition von Habsucht: „zwanghafter Drang, immer mehr (Besitz) haben zu wollen, ohne Rücksicht auf andere und unabhängig vom Nutzen“. Als Geiz bezeichnet man eine übertriebene Sparsamkeit, damit verbunden auch den Unwillen, Güter zu teilen. Wenn ich unter dem

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„Im normalen Leben wird es einem gar nicht bewusst, dass der Mensch unendlich mehr empfängt, als er gibt und dass Dankbarkeit das Leben erst reich macht.“
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Joch von Habsucht oder Geiz stehe, werde ich leicht verleitet, Geld um jeden Preis anzusammeln oder nicht auszugeben. Damit wird die Tür weit aufgemacht für Schwarzarbeit, Steuerhinterziehen, Diebstahl am Arbeitsplatz, Betrügereien durch falsche Aussagen bei Versicherungen. Ich kenne einen Mann, der viel Geld am Staat vorbei in der Schweiz angelegt hatte. Er hielt sich für sehr clever und wollte dann als Rentner von dem Geld viele Reisen machen. Eines Tages jedoch holte ihn das schlechte Gewissen ein, er verbrachte schlaflose Nächte, erlebte Freudlosigkeit bis zu depressiven Verstimmungen. Er hatte ständig Angst, erwischt zu werden. Schließlich zeigte er sich selbst an und zahlte die Steuern nach. Dabei musste er eine ganze Lebensversicherung aufgeben. Aber als er alles in Ordnung gebracht hatte, konnte er wieder gut schlafen. Die Bibel warnt uns an vielen Stellen. Hier soll nur eine zu Wort kommen. Epheser 5,3: „Von Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein.“

Was denken Sie: Liebt Gott Schnäppchenjäger? Viele gehen gerne über Trödelmärkte. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie gehen über den Trödelmarkt und eine ältere Frau verkauft Legosteine. Sie bietet sie für drei Euro pro Beutel an. Sie denken vielleicht: Wenn ich sie auf zwei Euro drücken kann, ist das ein echtes Schnäppchen. Wie würden Sie reagieren, wenn Gott Ihnen sagen würde: „Die alte Frau ist Witwe und besitzt nicht viel. Wärst du bereit, ihr pro Beutel fünf Euro zu geben?“ „Na ja, dann könnte ich aber nicht damit angeben, wie günstig ich die Legosteine bekommen hätte. Dann könnte ich gleich neue kaufen.“ Kommen Ihnen solche Gedanken dann in den Sinn? Beim Schnäppchenjäger kann man die Wurzelsünden Stolz und Habsucht finden. Geht es wirklich darum, immer und überall das Günstigste zu bekommen? Ist Gottes Reich wirklich auf Kaufen und Verkaufen aufgebaut oder eher auf Verschenken und Beschenkt werden? Könnten wir nicht nachhaltiger leben, wenn wir nicht alles neu kaufen und uns genau überlegen würden, wie viel wir wirklich brauchen? Muss ich vier Hosen haben oder reichen auch zwei? Ein Name Gottes ist Jahwe Jireh, was bedeutet „Gott sieht“ oder „Gott versorgt“. Wir haben

oft erlebt, dass Gott uns einen Gedanken ins Herz gab, zum Beispiel: „Spende einen bestimmten Betrag an …“ und durften erfahren, dass die beschenkten Menschen vorher Gott um Geld gebetet hatten. Auch ich habe erlebt, dass ich um einen Anorak, ein günstiges Auto, eine Wohnung gebetet habe, und von Gott überrascht wurde. Wer weiß, welche Zeiten noch auf uns zukommen? Könnte es sein, dass Menschen um etwas beten und Gott andere motiviert, genau das zu verschenken? Haben Sie Gott schon als Versorger kennengelernt? Und konnte er Sie dazu anregen, großzügig anderen abzugeben, auf dass die Güter dieser Erde gerechter verteilt werden?

4. Zorn

Kennen Sie die Zornestreppe: Irritiert, genervt, mürrisch, ärgerlich, wütend, zornig, hasserfüllt, rachsüchtig? Sie haben die Wahl, Stufe für Stufe weiterzugehen oder die Entscheidung zu treffen, den Aufstieg zu meiden. Die deutsche Sprache sagt: „Ich ärgere mich.“ Ich entscheide mich, auf die Fliege an der Wand mit einem Wutanfall zu reagieren und muss zuzugeben, dass die Fliege mich nicht ärgern, sondern einfach nur leben will. Die Bibel sagt: „Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn sei fern von euch“ (Epheser 4,31) und „Lasst die Sonne nicht untergehen über eurem Zorn“ (Epheser 4,26). Offensichtlich können wir selbst etwas gegen den zerstörenden Zorn tun. Vor Jahren habe ich die Entscheidung getroffen: „Ich werde mich nicht mehr über meinen Mann ärgern. Ich werde ihm helfen mich zu lieben, indem ich ihm sage, was mir gut tut.“ Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens und hat sich sehr nachhaltig und positiv auf unser Ehe- und Familienleben ausgewirkt. „Behüte dein Herz mit allem Fleiß“ rät uns Sprüche 4,23. Ich habe festgestellt, dass ich sehr unterschiedlich auf das Verschütten des Kakaos meines Sohnes reagierte, je nachdem, wie gestresst ich war. Wenn es mir gut geht, ärgerte ich mich nicht und gab ihm den Rat, das Verschüttete wegzuwischen und sich einen neuen Kakao zu machen. Aber wenn ich im Stress war, beschimpfte ich ihn. Die Situation war dieselbe, aber meine Reaktion war eine jeweils andere. Das war eine

wegweisende Erkenntnis. Welche Situationen machen Sie wütend? Und könnte Scham die Wurzel von Zorn sein? Welche Situationen erinnern Sie, in denen Sie ausgerastet sind? Fühlten Sie sich gestresst, enttäuscht, beschämt, überfordert, frustriert oder ungerecht behandelt? Gottes Angebot für die richtige Reaktion auf Wut ist Vergebung: „Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater im Himmel auch nicht vergeben“ (Matthäus 6,15). Vergebung bedeutet, einer Person etwas zu geben, was sie rechtmäßig nicht verdient hat: Begnadigung. Wenn Sie einen Lebensstil der Vergebung eintrainieren, werden Sie den meisten Zorn ablegen können. Und nehmen Sie sich noch ein Bibelwort zu Herzen: „Ihr Väter reizt eure Kinder nicht zum Zorn“ (Epheser 6,4). Wir können mit dazu beitragen, dass andere Menschen nicht zornig werden. Wenn Sie anderen Menschen mit Langmut begegnen, erfüllen Sie den Rat aus Sprüche 15,1: „Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“

5. Trägheit

Lukas 19,13: „Handelt, bis ich wiederkomme“ ruft uns Jesus zu. Was lähmt Sie? Faulheit, Bequemlichkeit, Entscheidungsschwäche, Gleichgültigkeit, Resignation oder Angst? Was Trägheit auf menschlicher Ebene bedeutet, ist uns gut bekannt, aber gibt es auch Trägheit auf geistlicher Ebene?

a. Jesus sagt zu den Emmausjüngern in Lukas 24,25: „O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben.“ Glauben Sie den Prophetien in der Bibel und Prophetien, die Sie persönlich bekommen haben?

b. Und sind Sie brennend im Geist? In Römer 12,11 steht: „Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend (nicht nur glimmend) im Geist. Dient dem Herrn.“

c. Das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden in Lukas 19,13ff lehrt uns, was es für Folgen hat, seine Gaben nicht einzusetzen und damit träge zu sein, oder umgekehrt, mit den uns anvertrauten Pfunden klug zu hauswirtschaften. Jeder Knecht hatte ein Pfund bekommen. Am Schluss erhielt der, dessen Pfund zehn eingebracht hatte, die Belohnung, dass er über zehn Städte gesetzt

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Könnten wir nicht nachhaltiger leben, wenn wir nicht alles neu kaufen und uns genau überlegen würden, wie viel wir wirklich brauchen?

Foto: Tyler Nix / unsplash 23

wurde. Der Untätige hingegen besaß am Ende gar nichts, bekam auch keine Verantwortung übertragen. Sind Sie bereit, für die Stadt, in der Sie leben, das Beste zu suchen (Jeremia 29,7)?

d. Wir sollten am richtigen Platz zur richtigen Zeit sein, ansonsten sind wir träge. Das lehrt uns die Geschichte von David und Batseba. Wenn David als Kriegsherr mit seinen Männern in die Schlacht gezogen wäre, wäre der Ehebruch mit Batseba nicht geschehen. „Und als das Jahr um war, zur Zeit, da die Könige also auch David, ins Feld zu ziehen pflegten, sandte David Joab und seine Männer mit ihm und ganz Israel, damit sie das Land der Ammoniter verheerten und Rabba belagerten. David aber blieb in Jerusalem“ (2. Sam. 11,1).

Menschliche und geistliche Trägheit streben danach, unterhalten zu werden – Wellness Lobpreis, Geselligkeit ja; Jüngerschaft nein. Dostojewski soll gesagt haben: „Langeweile ist, wo Gott nicht ist. Wenn wir ganz nahe an Jesu Herz sind, können wir die Dinge tun, die ihm wichtig sind und diese Welt zielstrebig und nachhaltig beeinflussen.“

Ursprünglich hatte Völlerei nichts mit übermäßigem Genuss von Nahrungsmitteln zu tun, sondern mit einer übertriebenen Aufmerksamkeit und einem starken Begehren in Bezug auf Ernährung. Und damit sind wir auch im 21. Jahrhundert angekommen und können verschiedene Gruppen ansprechen: a. Menschen, bei denen die Ernährung zum Mittelpunkt der Gesundheit wird, b. Gourmets, die stets nur das Beste essen wollen, c. aber auch die Fastfood-Lobby, bei der alles schnell und bequem zugehen muss. Wurde das schon bei Paulus bemängelt? Römer 16,18: „Denn solche dienen nicht unserm Herrn Christus, sondern ihrem Bauch.“ Völlerei kann uns blind für andere machen, so wie wir es beim reichen Mann und dem armen Lazarus nachlesen können in Lukas 16,19. Lazarus lag jeden Tag vor des Reichen Tür, ohne dass das Herz des Reichen berührt wurde. Eine Hundertjährige wurde gefragt, wie man so alt werden könne und sie antwortete: „Iss dich immer nur zu neunzig Prozent satt.“ Hatte diese Frau die Tugend

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„Lasst die Sonne nicht untergehen über eurem Zorn.“
6. Völlerei
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der Mäßigkeit? Bei Völlerei besteht zusätzlich die Gefahr, dass ich mich von meinem Verlangen nach Genuss beherrschen lasse und immer mehr aus den Augen verliere, dass ich von dem wahren Brot Jesus Christus lebe. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht“ (Matthäus 4,4).

Der Wollüstige ist ich-zentriert und will nur seinen sexuellen Hunger stillen. Über die Befriedigung hinaus ist er am Menschen nicht interessiert. Die Wollust ist mitten in der Gesellschaft und in ganz normalen Familien angekommen mit den Einladungen zu Pornografie, Prostitution, Sexorgien und One-Night-Stands. Allgegenwärtig ist die Verführung in Werbung, Filmen und täglichen Talkshows. Im 1. Kor. 6,18–20 heißt es: „Lasst euch unter keinen Umständen zu sexueller Unmoral verleiten! (Flieht die Hurerei.) Was immer ein Mensch für Sünden begehen mag, bei keiner Sünde versündigt er sich so unmittelbar an seinem eigenen Körper wie bei sexueller Unmoral. Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Gott hat euch als sein Eigentum erworben; denkt an den Preis, den er dafür bezahlt hat!“ Gottes Wunsch an uns im 1. Thessalonicher 4,3–5 lautet: „Denn dies ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass Ihr euch nämlich der Unzucht enthaltet, dass jeder von euch sich seine Frau zu erwerben weiß in Heiligung und Ehrbarkeit, nicht in Leidenschaft der Begierde wie die Heiden, die Gott nicht kennen [Jeder Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe galt als Unzucht]“. Stellen Sie sich vor, wir Menschen würden nur einen Rat Gottes beherzigen und den Geschlechtsverkehr nur in der Ehe ausführen, wie viel Leid könnte sich die Menschheit ersparen: Geschlechtskrankheiten verbunden mit der Gefahr der Unfruchtbarkeit, sexuell verursachte Ehebrüche, Prostitution mit Menschenhandel, Pornografie mit Suchtpotential, viele ungewollte Kinder mit der Gefahr der Abtreibung, um nur einige zu nennen. Gott hat uns die Sexualität als Ehepaare geschenkt, um eine tiefe Verbundenheit zwischen Mann und Frau

herzustellen. Epheser 5.31–32: „Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein.“ Die sexuelle Liebe ist die einzige Liebesform, die nur meinem Partner gehört. Enthaltsamkeit als Tugend kommt in der Erziehung der nachfolgenden Generation nicht mehr sehr ausgeprägt vor, würde aber viele positive Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und den Umgang miteinander haben. Für das Intimwerden verwendet die Bibel den Begriff „sich erkennen“. „Und Adam erkannte sein Weib Eva und sie ward schwanger“ (1. Mos. 4,1). Wenn wir das jetzt auf unsere Beziehung mit Gott übertragen, sehnt er sich auch nach diesem Einswerden mit uns, damit wir ihn erkennen, so wie er wirklich ist. Und aus diesem Erkennen heraus entwickelt sich in der Intimität mit Gott eine auf ihn ausgerichtete Anbetung um seiner selbst willen.

Zwei Wölfe

Eines Abends erzählte ein alter Cherokee seinem Enkelsohn am Lagerfeuer von einem Kampf, der in jedem Menschen tobe. Er sagte: „Mein Sohn, der Kampf wird von zwei Wölfen ausgefochten, die in jedem von uns wohnen. Einer ist böse. In ihm wohnen Stolz, Neid, Habsucht, Zorn, Trägheit, Völlerei und Wollust. Der andere ist gut. In ihm sind Demut, Gönnenkönnen, Wohltätigkeit, Langmut, Zielstrebigkeit, Mäßigkeit und Enthaltsamkeit zu finden.“ Der Enkel dachte einige Zeit über die Worte seines Großvaters nach und fragte dann: „ Welcher der beiden Wölfe gewinnt?“ Der alte Cherokee antwortete: „Der, den du fütterst“.

Buchempfehlungen

• Heiko Ernst: Wie uns der Teufel reitet – Von der Aktualität der 7 Todsünden, Herder Verlag

• Christian A. Schwarz: Die 3 Farben der Gemeinschaft, NCD Media

• Marco Schulz: Gedanken zu den Wüstenvätern, Häuser der Erneuerung

Autorin

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Dr. med Ute Horn ist Dermatologin. Außerdem ist sie viel gefragte Referentin, mehrfache Buchautorin und Seelsorgerin aus Krefeld.

Das Ende des billigen Lebens

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Der Artikel beschäftigt sich mit dem bedeutsamen Thema der Nachhaltigkeit und ist in zwei große Abschnitte gegliedert. Zunächst wird Nachhaltigkeit im gesellschaftlichen Kontext untersucht, darauf folgt eine Betrachtung der persönlichen individuellen Ebene.

Allgemeine Vorbemerkung

Die überall beobachtbare Verwendung des Wortes Nachhaltigkeit suggeriert, dass durch sie eine Bewältigung der Klimakatastrophe und anderer gesellschaftliche Krisen möglich wäre.

Die Definition von Nachhaltigkeit ist banal, denn bei jeder Entscheidung kommt es zu bleibenden Effekten bzw. Konsequenzen. Diese sind sowohl negativer wie auch positiver Natur. Die heute vorherrschende Begrenzung des Konzept der Nachhaltigkeit auf positive Effekte gaukelt eine falsche Sicherheit vor. Daher ist es sinnvoller, auf bekannte Einordnungshilfen wie die KostenNutzen-Analyse oder das simple Abwägen von Vor- und Nachteilen zurückzugreifen. Mit diesen Schemata kann man einfacher und ehrlicher arbeiten. Voraussetzung ist die Überschaubarkeit aller möglicher zu erwartender positiver oder negativer Effekte. Dies ist jedoch bei komplexen Systemen wie dem Klima oder der menschlichen Gesellschaft trotz größter Sorgfalt nicht realistisch.

Nachhaltigkeit im gesellschaftlichen Kontext

Die heutige Gesellschaft steht vor der Frage, ob sie so weitermachen könne wie bisher oder ob sie am Ende sei. In beidem steckt Wahrheit: Um überhaupt weitermachen zu können, muss sich etwas ändern.

Die aktuelle historische Lage macht allen klar, dass wir nicht mehr genau so weitermachen können wie bisher:

• Die Klimakrise wird verdeutlicht durch Artensterben, die Vermüllung der Weltmeere, den Rückgang der Fischbestände, die zunehmende Knappheit bestimmter Rohstoffe, die weltweite Bodenerosion, die Zunahme klimatischer Extremzustände und viele andere mehr. Wir verwüsten die Erde und bedrohen unser Wohlergehen, vor allem das unserer Kinder und Enkel.

• Die derzeitige wirtschaftliche Organisation unserer Gesellschaft mit ihrer Mentalität der Ausbeutung von Mensch und Erde und der gleichzeitigen Nutzung der Erde als Müllkippe schafft Probleme, die so gewaltig sind, dass nur noch ein Hin- und Herschieben von Ressourcen möglich ist. Unsere heutige Lebensweise, die ständig mit einem Mehr an Produktion und Konsum pro Zeiteinheit sowie Geldzuwachs einhergeht, bringt Menschen in Zwänge, die eine individuelle Lebensgestaltung unmöglich machen. Endlose To-do-Listen, Fristen einhalten, Entscheidungen fällen – all das unter dem Motto, Spaß im Leben zu haben.

• Die aktuelle historische Entwicklung mit dem Rückfall in barbarische Kommunikationsmechanismen wie Krieg offenbart unsere Selbstüberschätzung. Wir dachten, dass wir bestimmte aggressive und böse Anteile unserer Natur überwunden und bessere Konfliktlösungen wie Wandel durch Handel entwickelt hätten. Aktuell leben wir in einer Umbruchsituation, im Kampf zwischen demokratischen Gesellschaften mit ihren Wohlfühlthemen und autokratischen Systemen, die eine ganz andere Auffassung von Menschenrechten haben. Der Kampf ökonomischer Interessen und Konkurrenz der Werte geht in eine offene Eskalation mit Gewaltandrohung über.

Auf der anderen Seite steht der Glaube, mit all diesen Problemen durch eine Kombination von politischen, administrativen und maßnahmentechnischen Innovationen besser umgehen zu können. Dahinter steckt die

Fantasie, dass eine Umstellung unseres individuellen Lebensstils und eine Abkehr von einer Wirtschafts- und Gesellschaftsform, die auf ständiges Wachstum programmiert ist, nicht erforderlich sei. Man meint, die Umstellung auf umweltverträgliche Technologien werde unseren wirtschaftlichen Wohlstand nicht nur sichern, sondern auch weiter steigern. Grün, bio und Nachhaltigkeit sind die ideologischen Schlagworte dieser Grundhaltung.

Um wirklich nachhaltig zu sein, brauchen wir jedoch eine andere Kultur des Konsums, der Abfallwirtschaft und der Organisation unserer Wirtschaft:

• Eine Reduktion der Konkurrenz, die alle Lebensbereiche der Menschen zunehmend deformiert.

• Eine Umkehr der Beschleunigung. Wir müssen Abstand dazu gewinnen, möglichst viel aus diesem Leben herausholen zu wollen, weil keine Hoffnung auf ewiges Leben besteht. Möglichst viele Glückserwartungen in das Leben hineinzupressen, indem wir uns in ein Hamsterrad begeben. Das Ideal unserer Gesellschaft nach Authentizität und Selbstbestimmung wird durch diese beiden Mechanismen zur Qual und Last.

Es ist daher erforderlich, dass wir unsere Denkfehler aufgeben:

• hoher Lebensstandard versus Umweltverträglichkeit

• Geld falsch ver(sch)wenden versus soziale Gleichheit

• Energieverschwendung versus ökologische Energiegewinnung

Foto: Annie Spratt / unsplash.com 27
Um wirklich nachhaltig zu sein, brauchen wir jedoch eine andere Kultur des Konsums, der Abfallwirtschaft und der Organisation unserer Wirtschaft.

Sie greifen zu kurz und sind nicht umfassend. Diese Zwickmühle ist Folge der gefallenen Schöpfung, in der jedes menschliche Verhalten automatisch positive und negative Effekte hat. Sie beruht auf der Entfremdung des Menschen von Gott, von sich selbst, der Realität und dem Anderen.

Es gibt verschiedene christliche Denkansätze, um mit diesem Dilemma umzugehen:

• Die Strategie, darauf zu hoffen, dass der Herr bald komme und daher die oben beschriebenen Schwierigkeiten nur ein Zeichen und damit verbunden eine Vorbereitung auf die Wiederkunft Christi seien. Luther antwortet auf die Frage, was er tun würde, wenn er wüsste, dass morgen Jesus wiederkäme: einen Baum pflanzen, ein Buch schreiben und einen Sohn zeugen (eigene Wiedergabe des Autors).

• Die Strategie, die Schöpfung zu erhalten und zu pflegen. Dabei kommt es auf jeden einzelnen an und darauf, wie er mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten umgeht:

• Das Leben einfacher gestalten,

• zufrieden zu sein mit weniger und

• Konsumgüter anschaffen, die zwar teurer aber nachhaltiger sind.

Solche Vorgehensweisen setzen ein allgemeingültiges gleiches Verhalten voraus und benötigen Zeit, aber vor allem die Bereitschaft, den Lebensstandard zu senken. Es gab in früheren Zeiten bereits Versuche, durch die Nivellierung des Einzelnen in einer sozialistischen Gesellschaft ein irdisches Paradies zu schaffen. Diese schöne Hoffnung einer gerechten ökologischen und damit nachhaltigen Gesellschaft im Sozialismus ist an der Eigenheit der gefallenen Schöpfung und der Entfremdung des Menschen zu sich selbst gescheitert. Die Entfremdung zu Gott, zu den anderen und zur Realität ist durch äußere Maßnahmen nicht zu überwinden, sondern nur durch Aufhebung der Selbstentfremdung.

Die „Erhalte-die-Schöpfung-Strategie“ ist illusorisch und gescheitert. Der Erde ist es gleichgültig, ob Menschen auf ihr leben oder

nicht. Sie kommt ohne uns besser aus. Es ist daher nicht das Ziel, das Klima zu retten oder die Gesellschaft zu ändern, sondern es ist an der Zeit, dass wir uns als Einzelne ändern.

Gutes Leben und psychische Gesundheit

Die Pandemie der letzten drei Jahre hat neben den seit mehreren Jahrzehnten mehr oder weniger bekannten Krisen und Problemen die Gesellschaft und den Einzelnen zusätzlich belastet.

Zu Beginn der Pandemie gab es eine große Unsicherheit, da keine ausreichenden wissenschaftlichen Daten vorlagen. Dies führte zu Angst aber auch zu der offenen Frage: Was ist die richtige Reaktion auf diese Herausforderung? Die Folge war das nahezu komplette Herunterfahren des öffentlichen und privaten Lebens.

Viele Menschen erlebten dadurch soziale Isolation und bekamen das Gefühl, der Staat greife ungebührlich in ihre Grundrechte ein. Es wurden weniger soziale Kontakte verordnet: kein Besuch der Gastronomie und kultureller Einrichtungen. Auch das Lieblingsverhalten der Menschen, der Konsum, war betroffen. Es war nur noch erlaubt, in bestimmten Geschäften unmittelbar notwendige Produkte zu kaufen.

Auch die Arbeitswelt wurde neu organisiert, mit Home-Office oder totalem Berufsverbot. Einerseits wurde das von vielen als Wohltat wahrgenommen, andere sahen jedoch darin eine Belastung, besonders allein lebende Menschen oder Menschen in einer belastenden Partnerschaft. Es entwickelte sich ein chronisch toxischer Stress. Besonders Kinder litten darunter. Sie waren dem Homeschooling ausgesetzt, worauf weder Eltern, Lehrer noch Schüler entsprechend vorbereitet waren und wobei sie nur mangelnde Unterstützung erhielten. Die psychosozialen Defizite dieser Isolation sind in Abhängigkeit vom sozioökonomischen Status der Eltern sehr gravierend. Es kam zu einem Verlust von kulturellen Kompetenzen wie Lesen und damit zur Reduktion des IQ. Chancen zu einer nachhaltigen Weiterentwicklung des Schulsystems wurden vom Staat leider nicht aufgegriffen. Die Anzahl von Ängsten, Depressionen und sozialen

Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen stiegen gewaltig an und vertieften ihren chronischen Stress.

Die Pandemie führte bei vielen Menschen zu einem massiven finanziellen Verlust und obwohl es kompensatorische Zahlungen des Staates gab, konnten diese nicht in allen Bereichen die Verluste auffangen. Es kam einerseits zum Verlust von Arbeitsplätzen, andererseits zur Überbelastung in bestimmten Berufen.

Die Angst vor der Infektion und ihren Folgen mündete auch in Weltuntergangsfantasien, um das schwer Verstehbare einer Pandemie erklärbar zu machen.

Für die Betroffenen hatten die genannten Faktoren eine schädliche Wirkung auf die psychische und körperliche Gesundheit. Das Gehirn bewertete diese Stressfaktoren als Gefahr und aktivierte das körpereigene Stresssystem, so dass entsprechende Verhaltensreaktionen eingeleitet wurden. Körpereigene Stresssymptome sind im autonomen Nervensystem gesteuert, welches Adrenalin, Noradrenalin und andere Transmitter ausschüttet und in der Stressachse, welche Cortisol ausschüttet, reguliert. Der Mensch ist optimal auf diese Kampf-, Flucht-, oder Totstellreaktion vorbereitet. Es werden auch die Sinnesorgane, die internen Organe und die Muskulatur auf diesen Zustand hin aktiviert. Wird diese Stressreaktion nicht überwunden, stellt sich nicht wieder das alte Gleichgewicht her, in dem der Körper sich erholen kann, sondern es entwickelt sich eine überschießende und lang andauernde Stressreaktion.

Das gleiche Stressverhalten erlebt der Körper in bestimmten extremen Wetterzuständen. Der Körper ist allgemein auf die Messung von Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und elektrischen Ladungen der Umgebung eingestellt, um auf das Wetter optimal zu reagieren. Viele Menschen leiden unter Allergien oder Unverträglichkeiten, die dann chronische Erkrankungen aktivieren oder die Symptomatik verschlimmern. Zu kaltes Wetter führt zu Muskelverspannungen und infolgedessen zur Zunahme von Beschwerden der Lendenwirbelsäule. Zu hohe Temperaturen belasten das Herz-Kreislauf-System. Über den Flüssigkeitsverlust bei gleichzeitig

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Das bisher vorherrschende Gemeinschaftsgefühl in der Gesellschaft von Sicherheit und Zuverlässigkeit ist zusammengebrochen.

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Wir benötigen Nachhaltigkeit, aber diese beginnt bei uns selbst.

mangelnder Flüssigkeitszufuhr kommt es dann zu einer Dehydration mit Kollaps, der zum Tod führen kann.

Das Zusammenspiel zwischen klimatischen Faktoren und den aktuellen historischen Umbruchsituationen führen bei Menschen zu tiefgreifenden veränderten kognitiven und emotionalen Erfahrungen sowie dem Verlust der Beherrschbarkeit und Kontrolle hinsichtlich der weiteren Entwicklung ihres Lebens. Neben Depressionen und Ängsten, Wut und Trauer entwickelt sich ein Gefühl der Ohnmacht. Dieses wiederum aktiviert das Stresssystem des Gehirns und des autonomen Nervensystems: Flucht-, Kampf- oder Totstellreflex.

Das bisher vorherrschende Gemeinschaftsgefühl in der Gesellschaft von Sicherheit und Zuverlässigkeit der sozialen Abläufe, Berechenbarkeit der Zukunft mit der Erwartung, dass es immer besser wird, ist zusammengebrochen. Die Folgen davon sind ein Nachlassen der Solidarität und die Entwicklung von aggressiven Verhaltensweisen in der Gesellschaft.

Der Einzelne kann sich nicht mehr am Kollektiv orientieren und wird mit seinen Problemen, Bewältigungsmechanismen und Coping-Strategien zunehmend überfordert. Dieser Vorgang mündet in einem Anstieg der psychosozialen Auffälligkeiten. Dies stellt eine negative Nachhaltigkeit dar. Wie ist damit umzugehen?

Die aktuelle Frage ist daher: Wie gehe ich als Einzelner nachhaltig mit dieser Situation um?

Es bedarf einer Änderung und existenziellen Einstellung. Die Konzentration auf das individuelle Glück muss sich im Verhältnis des Menschen zu sich selbst verändern: keine Selbstoptimierung mehr, sondern Selbstregulation und Aktivierung der Selbstdistanzierung. Diese Fixierung auf augenblickliche Glücksmomente kann man am Beispiel der Sexualität gut verdeutlichen. Der Sexualpartner wird nicht nur als Mittel zur eigenen Befriedigung benutzt, sondern in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen. Die Bedürfnisbefriedigung wird nicht direkt gesucht, sondern durch die Konzentration auf den anderen als befriedigend erlebt, und damit zu einer beglückenden Selbsterfahrung. Die

Preisgabe der Fixierung auf die erotische Glückserfahrung ist nicht eine Frage der Achtsamkeit, sondern der Aufmerksamkeit und dem Erlernen von Selbstbegrenzung und Selbstregulation.

Ein weiterer Weg ist das Beachten von Werten. Dieses Streben nach Verwirklichung von Werten wie Menschlichkeit, Sinnerfüllung und anderen steht im Widerspruch zur derzeitigen Lebens- und Wirtschaftsweise. Sie zwingt uns, unsere innere Haltung zu verändern und in eine andere Ebene der Kommunikation zu treten. Huber beschrieb drei Arten der menschlichen Kommunikation:

• Instrumentalkommunikation: man will etwas vom anderen.

• Manipulative Kommunikation: Diese Form der Kommunikation ist die häufigste Umgangsart untereinander und bedeutet, alles einzusetzen, um von den anderen etwas zu bekommen oder etwas durch sie zu erreichen. Daher passt die bisherige Lebensweise zu dieser Art der Kommunikation.

• Menschliche Kommunikation: Diese Kommunikationsform bedeutet den Einsatz für eine Sache oder Situation, ohne einen unmittelbaren Profit zu erhalten, unabhängig von eigenen Interessen und unabhängig von vorhandener Sympathie für das Gegenüber. Diese Art der Kommunikation setzt die Fähigkeit voraus, Distanz zu sich selbst zu nehmen. Dadurch entsteht eine Art von Selbsttranszendenz, die Jesus mit der Aufforderung zur Feindesliebe beschreibt. Dadurch wird die seit dem Sündenfall entstandene Entfremdung des Menschen zu sich selbst und zu seinen Mitmenschen aufgehoben. Dies gelingt jedoch nur, wenn der Mensch aus einer anderen Quelle als aus sich selbst lebt. Dies ist aus christlicher Sicht Jesus und die Beziehung zu ihm.

Im Grunde versuchen wir immer, unser Leben zu erhalten und wir merken, dass wir es zunehmend verlieren. Dies ist eine negative Nachhaltigkeit des menschlichen Lebens, wie wir sie in allen Bereichen erleben. Wer aber sein Leben verliert um Jesu Willen, wird es erhalten. Dies ist eine positive Nachhaltigkeit der christlichen Existenzund Transzendenzerfahrung.

Das bedeutet: Wirkliche Nachhaltigkeit ist nur in der Aufhebung der Entfremdung zu Gott möglich. Sie ist in der Selbsttranszendenz zum anderen (Selbstdistanzierung), zu sich selber (Selbstregulation) sowie zur Realität (Selbstgenügsamkeit, Selbstzufriedenheit) zu erzielen.

Fazit

Wir benötigen Nachhaltigkeit, aber diese beginnt bei uns selbst. Wenn viele einzelne Nachhaltigkeitseffekte bei Individuen auftreten, ist das Ergebnis mehr als die Summe ihrer Teile und führt zur Nachhaltigkeit der Menschen im Umgang mit sich selbst und im Umgang mit der Schöpfung.

Diese Strategie Jesus ist aus meiner Sicht die richtige Vorgehensweise zur Bewältigung unserer Situation. Daraus resultierend entwickeln sich nicht die negativen Grundgefühle von Trauer, Angst, Wut, Scham und Ekel, sondern die positiven Grundgefühle von Freude und Faszination.

Man kann nur hoffen, dass wir diese Transformation und Konversion zustande bringen, ansonsten gehen wir auf noch schwierigere Zeiten zu.

Autor

PD Dr. med. Herbert Scheiblich ist Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychotherapie. Er ist in eigener Praxis tätig, zudem ist er Mitglied der de’ignis-Institutsleitung.

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psychI sche gesunD heIt Durch natur erfahr ung

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• Wald fasziniert nicht nur mich. Gerade in unserer überladenen Zeit voller Veränderungen sehnen wir uns nach Beständigkeit, Schönheit, Geborgenheit, Gelassenheit, Weite und Freiheit – der Wald liefert das alles. Und viel mehr. Neulich wurde ich eingeladen zu einem Radiosender. Fast eine Stunde stellte die nette Moderatorin Fragen zum Wald, ich erzählte. Am Ende der Sendung war etwas Unplanbares geplant: die Fragen der Zuhörenden. Ich hatte Respekt davor und, wie es sich zeigte, völlig zurecht. Denn fast alle Zuschauer:innen hatten Fragen zum Thema Gesundheit im Sinn. Eine Frau wollte von mir wissen, welchen gesundheitlichen Nutzen sie von ihrem neu erworbenen massiven Kiefertisch zu erwarten hatte. Dass dieser Nutzen in großem Umfang vorhanden war, stand für sie fest, aber sie wollte nun die Details in Erfahrung bringen. Da war ein guter Rat teuer. Und grundsätzlich war die Erwartung der Zuhörenden richtig. Der Wald liefert Gesundheit. Am meisten, wenn man ihn aufmerksam durchwandert, aber es ist erstaunlich, dass allein der Blick ins Grüne unsere Genesungsprozesse beschleunigt. Roger Ulrich beobachtete für eine Studie Patienten nach einer Gallenblasenoperation: wenn sie nach der Operation aus ihrem Krankenhausfenster einen Baum oder ins Grüne sehen konnten, benötigten sie weniger Schmerzmittel und ihre Wunden heilten schneller und sie konnten früher nach Hause entlassen werden als jene Patienten, durch deren Fenster keine Natur zu sehen war. Bei Waldaufenthalten erfolgt die Reduktion des Stresshormons Cortisol (besonders in Nadelwäldern). Auch eine Beduftung in geschlossenen Räumen mit Terpenen zeigte Erfolge. Mischwälder wirken hingegen besser hinsichtlich einer Verbesserung der kardiovaskulären Aktivität (z. B. Senkung des Blutdrucks, Entspannung des Herzschlags). Eine interdisziplinäre Studie aus dem Jahr 2019 im Auftrag vom Heilbäderverband BadenWürttemberg resümiert: „[Patient:innen]

profitieren maßgeblich davon, wenn zusätzlich zu den stationären und ambulanten Interventionsmaßnahmen Achtsamkeitsübungen im Wald durchgeführt werden“. In Japan werden Waldbesuche per Rezept verschrieben und auch hierzulande erfreut sich das „Waldbaden“ zunehmender Beliebtheit. Es wird langsam Zeit für uns Christen, den Wald aus den Händen der Esoteriker zu nehmen und ihn als Gottes Beweis und sein Geschenk an uns und unsere Gesundheit zu propagieren. Für mich ist der tägliche Waldbesuch eine oft beglückende Erfahrung. Ich gehe mit Gebet hinein und schleppe treu und begeistert meinen Fotoapparat mit dem riesigen Teleobjektiv. Obwohl ich meistens die gleiche Strecke gehe, erlebe ich täglich Neues, Faszination ergreift mich immer noch und ich lerne dazu. Schönheit, Vielfalt und Weisheit der Schöpfung, die mich täglich umarmen und beschenken.

Einen meiner wichtigsten Grundsätze erfahre ich im Wald auf Schritt und Tritt: Gib nicht auf. Niemals. Unter keinen Umständen. Mach weiter. Es sind vor allem Bäume, die mir diese Botschaft vermitteln. Gerade in den dunklen Buchenwäldern entdecke ich am Boden scheinbar verhungernde junge Pflanzen. Die Großen lassen nur ca. drei Prozent des Lichtes durch. Man könnte sich da schon beklagen: Umzug nicht möglich, Auswandern keine Option – aber es wird ausgeharrt, bis der Tod kommt.

Aufgeben ist nicht vorgesehen. Aber auch die Tierwelt begeistert mich mit Bildern, die meine Resilienz fördern.

Den Kobel, eine Art Nest des Eichhörnchens, konnte ich auch die Tage zuvor nicht ohne Mühe in einer der alten Eichen zehn Meter über dem Boden lokalisieren. Aber heute richte ich die Kamera aus und suche und suche und zweifle an meiner Zurechnungsfähigkeit. Kein Kobel zu sehen. Ich entdecke das Eichhörnchen in den Strahlen der aufgehenden Sonne. Es sitzt etwas apathisch, scheinbar ohne die sonstige übersprudelnde Energie. Ich schöpfe einen Verdacht: ein Pärchen Eichelhäher, das ich hier neu entdecke, hat wohl den Kobel in die Tiefe stürzen lassen. Das Eichhörnchen läuft den Baum hoch und runter, irgendwie nicht fassend, dass sein Zuhause nicht mehr existiert. Ich gehe zu dem Baum und finde den Kobel aufgerissen auf dem Boden. Wie traurig. Ich schaue etwas nachdenklich auf die Trümmer und muss an die Enttäuschungen in meinem Leben denken. An die Sachen, in die ich viel investierte und durch Andere zerstört wurden. Der Verlustschmerz war groß. Was tut man dann? Was wird nun das Eichhörnchen tun? Zwei Tage später entdecke ich den Kobel aufgebaut. Nach der Phase des Schocks und der Trauer nutzte das Eichhörnchen das alte Material, um einige Bäume weiter ein neues Zuhause zu errichten.

Foto: Tim Mossholder / unsplash.com 33
Einen meiner wichtigsten Grundsätze erfahre ich im Wald auf Schritt und Tritt: Gib nicht auf. Niemals.

Auch uns bleibt nichts anderes übrig, als das Geschehene zu akzeptieren, es zu verarbeiten und dann weiterzumachen. Jammern und Bedauern kommt im Wald nicht vor. Man stellt sich entschlossen den Schwierigkeiten und glaubt unerschüttert an einen guten Ausgang. Und arbeitet hart. Mit etwas Glück wird man auch erfolgreich. Auch ich werde irgendwann meinen Enkeln von meinen Niederlagen erzählen oder Bücher darüber schreiben. „Wisst ihr, als der Großpapa noch jung war…“ Das Schlimme von heute wird übermorgen Geschichte sein. Wenn wir mutig neu anfangen, wird uns der heutige Verlust stärker machen. Die Welt steht dir und mir genauso wie dem Eichhörnchen offen. Es gibt genug Baustoff und es gibt genug Bäume. Es wird Mühe kosten, ja, aber es ist alternativlos. Und wir schaffen es auch. Lasst uns weiter machen und Neues entstehen lassen. Und wie es Winston Churchill mal sagte: „Gib niemals, niemals, niemals auf“. Das gleiche Thema sehe ich einige Bäume weiter. Ich kann mein Glück nicht fassen: ich habe eine Höhle der seltenen und

wunderschönen Schwarzspechte entdeckt. Als ich meine Kamera drauf halte, kann ich kaum glauben, was ich sehe. Aus der Dunkelheit der Höhle erscheint ein Ei. Mit Würde durch den Mann ausgeflogen, verlässt die Hoffnung auf Nachwuchs die Höhle. Bebrütet und viel Kraft investiert, aber es hat nicht funktioniert: das Ei wird jetzt entfernt. Auch das ist traurig. Für die Spechte ist es kein Grund aufzugeben. Einen Monat später sehe ich das bestätigt. Aus der Höhle schauen mich die frechen Gesichter des Nachwuchses an. Nach dem Verlust haben die Spechte es sofort noch einmal versucht – Ersatzgelege nennen es die Ornithologen. Ich nenne es „nicht aufgeben“. Weitermachen. Auch wenn es schmerzt und mühevoll ist. Auf geht’s!

Autor

Darius

Götsch ist Forstwissenschaftler, Veranstalter von Fortbildungs-Events für Führungskräfte im Wald, Autor und Redner.
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Fotografien von Darius Götsch, die während seiner Waldspaziergänge entstanden. Links der Kobel eines Eichhörnchens. Daneben die Höhle eines seltenen Schwarzspechts mit Nachwuchs.

Jammern und Bedauern kommt im Wald nicht vor. Man stellt sich entschlossen den Schwierigkeiten und glaubt unerschüttert an einen guten Ausgang.

Foto rechts: Sule Makaroglu / unsplash.com 35

Förderung von Ssssssssssschlafqualität

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• Im Schlaf kann sich der Körper regenerieren. Blutdruck und Puls fallen, die Atmung ist langsam und tief. Energieverbrauch und Körpertemperatur sinken. Es finden Reparaturen und Wachstumsvorgänge im Körper statt und das Immunsystem wird gestärkt. Stresshormone werden abgebaut. Die Erlebnisse und Sinneseindrücke des Tages werden verarbeitet. Wichtige Erinnerungen werden abgespeichert und mit vorhandenen Gedächtnisinhalten verknüpft. Dabei spielen Traumphasen eine wichtige Rolle. Viele Träume sind chaotisch und eine symbolische Mischung davon, was einen in letzter Zeit bewegt hat, in manchen Träumen werden Dinge klar. Es lohnt sich allemal, auf die eigenen Träume zu achten. Die nötige Schlafdauer nimmt im Lauf des menschlichen Lebens ab, Erwachsene brauchen zwischen fünf bis zehn Stunden Schlaf, abhängig von der Person und auch der Situation.

Manchmal klappt es aber leider nicht mit dem Schlafen. Das Einschlafen dauert lange, man wacht ständig auf oder der Schlaf endet ungewollt um vier Uhr nachts vorzeitig. Oder man ist am Morgen nicht erholt, obwohl man lange genug geschlafen hat. Schlafstörungen sind in der Gesellschaft ein weit verbreitetes Problem. Auch viele unserer Patient:innen leiden aus ganz unterschiedlichen Gründen unter Schlafstörungen. Das hat negative Folgen für den ganzen Menschen. Mit zunehmender Dauer der Schlafstörung steigt das Stresslevel und die Nerven liegen blank. Die Konzentration sinkt, die Stimmung ist gedrückt. Man ist deutlich weniger belastbar und reizbarer als sonst. Psychische Erkrankungen verschlechtern sich oder treten neu auf. Menschen werden infektanfälliger. Der Schlafmangel kann sich auch negativ auf das Gewicht, den Blutdruck, eine vorhandene Diabeteserkrankung oder auf andere körperliche Erkrankungen auswirken. Es treten oft Stresssymptome

wie Kopfschmerzen, Schwindel, MagenDarm-Beschwerden, Muskelverspannungen, Schmerzen, Zähneknirschen, sexuelle Funktionsstörungen usw. auf.

Welche Ursachen können Schlafstörungen zu Grunde liegen? Es ist wichtig, diese herauszufinden, um effektive Therapieansätze anwenden zu können. Ich teile die Ursachen in äußere schlafstörende Faktoren oder Verhaltensweisen, körperliche, psychische und existentiell-geistliche Ursachen ein und werde bei einigen auf mögliche Therapieansätze eingehen.

Äußere schlafstörende Faktoren oder Verhaltensweisen:

• Lärm, Licht, falsche Temperatur, schlechte Matratze

• große Mahlzeiten vor dem Schlafengehen

• Schichtarbeit, zu viel Arbeit

• zu langer Tagschlaf, Jetlag

• mangelnde Schlafhygiene: aufregende Inhalte, Medienkonsum und übermäßige Anstrengung vor dem Schlafen

• schlafstörende Substanzen: z. B. Koffein, Nikotin, Alkohol oder auch bestimmte Medikamente wie Diuretika (sog. „Wassertabletten“), Cortisontabletten, zum Teil auch Schlafmittel

• aufregende bevorstehende oder gerade zurückliegende Ereignisse

• chronische Konflikte

Manche Faktoren lassen sich leicht ändern, beispielsweise bei einer hellen Laterne vor dem Fenster den Rollladen zu schließen.

Andere Faktoren, die den Schlaf durcheinander bringen, wie zum Beispiel die Babyphase der eigenen Kinder, sind vorübergehend und haben auch ihre sehr positiven Seiten. Insgesamt ist es ratsam, für gute Schlafbedingungen zu sorgen. Die meisten Menschen schlafen am besten in ruhigen, dunklen, kühlen und gut gelüfteten Räumen. Die Bettdecke sollte der Temperatur angepasst sein. Insbesondere bei schmerzbedingten Schlafstörungen zahlt sich die Investition in eine gute Matratze und ein gutes Kissen aus. Wer einen leichten Schlaf hat, kann unter Umständen von Schlafbrille und Ohrstöpseln profitieren. Schlafpositionen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile: Die „Fötus-Haltung“ (auf der Seite liegend und eng zusammengerollt) kann zu Verspannungen führen. Bei Seitenschläfer:innen kann es zu einem

Foto links: Camille Brodard / unsplash; Illustration rechts: Good studio / Adobe Stock
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„Der Himmel hat den Menschen als Gegengewicht gegen die vielen Mühseligkeiten des Lebens drei Dinge gegeben: Die Hoffnung, den Schlaf und das Lachen.“ Immanuel Kant

Taubheitsgefühl an den Händen kommen, je nach Handposition. Auf dem Bauch zu schlafen verstärkt Nacken-Beschwerden. In Rückenlage ist die Wirbelsäule zwar entspannt, aber es kommt häufiger zu Schnarchen. Achten Sie, soweit es ihre Umstände zulassen, auf ihren angeborenen Biorhythmus und ihr individuelles Schlaftor. Die meistens Menschen neigen entweder dazu, „Frühaufsteher:innen“ oder „Nachteulen“ zu sein. Frühaufsteher:innen profitieren davon, früh ins Bett zu gehen, Nachteulen genießen es, ausschlafen zu können. Im Laufe des Abends verspüren die meisten Menschen eine oder mehrere Phasen der Müdigkeit, in denen sie schnell einschlafen, wenn sie ins Bett gehen – dieses Phänomen nennt man „individuelles Schlaftor“. Gehen sie zu einem anderen Zeitpunkt ins Bett, brauchen sie deutlich länger um einzuschlafen. Ein kurzer Mittagsschlaf kann sehr erholsam sein und neue Kraft und Konzentration geben. Nach einem längeren Mittagsschlaf (mehr als 30 Minuten) fühlt man sich oft müder als zuvor. Bei Schlafstörungen ist es empfehlenswert, die Zubettgehzeit konstant zu halten. Medienkonsum vor dem Schlafen ist aufgrund der Bildschirmhelligkeit schlafhinderlich. Alkohol vor dem Einschlafen ist nicht empfehlenswert, da es Sodbrennen und Schnarchen fördert und bei regelmäßigem Konsum eine Suchtgefahr besteht. Aufputschmittel wie Koffein nach einer schlechten Nacht erschweren den Schlaf in der nächsten Nacht.

Beispiele für körperliche Ursachen von Schlafstörungen:

• Infekte

• Schlafapnoe-Syndrom

• Restless-Legs-Syndrom

• Erkrankungen, die mit Schmerzen eingehen, z. B. rheumatische oder orthopädische Erkrankungen

• Sodbrennen

• Kreislauferkrankungen (Herzrhythmusstörungen, Blutdruckerhöhung)

• nächtliches Wasserlassen bei Prostatavergrößerung oder Herzinsuffizienz

• Schilddrüsenüberfunktion

• hirnorganische Erkrankungen (z. B. Alzheimer-Erkrankung)

Wenn Sie den Verdacht auf eine körperliche Ursache der Schlafstörungen haben, dann lohnt sich zur Abklärung ein Arztbesuch. Viele Erkrankungen lassen sich gut behandeln und damit bessert sich auch der Schlaf. Bei Bluthochdruck, Schnarchen und Tagesmüdigkeit sollte geprüft werden, ob ein Schlafapnoe-Syndrom besteht. Unruhige Beine im Bett können unterschiedliche Ursachen haben, ein Eisenmangel sollte ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Dieses unangenehme Phänomen lässt sich insgesamt aber medikamentös gut behandeln. Bei Rückenschmerzen lohnt es sich, regelmäßig Rückengymnastik zu machen.

Beispiele für psychische Ursachen, die die Schlafqualität beeinträchtigen können:

• Depressionen

• Angststörung

• Posttraumatische Belastungsstörungen

• psychotische Erkrankungen wie manisch-depressive Erkrankungen oder schizophrene Erkrankungen

Bei psychischen Ursachen können Sie selbst viel machen. Alles, was der Entspannung dient, fördert den Schlaf. Sie können sich mit einer regelmäßigen, ausgewogenen Ernährung, ausreichend Bewegung, Entspannungspausen und dem Vermeiden unnötiger Stressfaktoren etwas Gutes tun. Abends hilft ein persönliches Einschlafritual, z. B. warme Milch mit Honig oder ein Tee, ein kleiner Abendspaziergang, eine warme Dusche oder ein Fußbad, eine Massage, Lesen (angenehme Inhalte, keine Krimis o. ä.), beruhigende Musik, Entspannungsübungen (z. B. Atementspannung, Muskelentspannung nach Jacobson), bewusstes Nachdenken über schöne Erlebnisse, Dankbarkeit pflegen, Meditation oder Gebet. Für die Nacht kann es helfen, Notizzettel und Stift ans Bett zu legen, um wichtige Gedankenblitze aufzuschreiben. Bei nächtlichen Gedankenschleifen kann die Gedankenstopptechnik helfen.

Wenn es mit dem Schlafen gar nicht funktioniert, dann ist es besser, aufzustehen und etwas Entspannendes zu machen (kein Handy, TV oder PC) und bei Müdigkeit einen neuen Schlafversuch zu starten. Behalten Sie am nächsten Tag möglichst Ihren normalen Tagesrhythmus bei. Bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Posttraumatischen Belastungsstörungen und Psychosen können Sie von psychiatrischer und/oder psychotherapeutischer Hilfe profitieren. Warten Sie nicht zu lange. Je früher eine psychische Erkrankung bzw. Schlafstörung behandelt wird, desto leichter geht es. Wenn Allgemeinmaßnahmen nicht ausreichen, können Medikamente oft weiterhelfen. Verschiedene Pflanzen wie Baldrian, Lavendel, Hopfen, Passionsblume, Melisse, Johanniskraut und Weißdorn haben eine leichte schlafanstoßende und entspannende Wirkung. Sie machen nicht abhängig, helfen oft aber nur bei leichten Schlafstörungen. Bei freiverkäuflichen Schlafmitteln aus der Gruppe der Antiallergika empfehlen wir trotzdem, eine Einnahme mit Ihrem Hausarzt zu besprechen, da diese bei Überdosierung zu Verwirrtheit und Halluzinationen führen können. Klassische Schlafmittel wie

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Oxazepam, Zopiclon oder Zolpidem führen relativ sicher zum Schlaf, verändern aber die Schlafarchitektur (REM-Schlaf-Unterdrückung) und die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit. Sie haben ein deutliches Abhängigkeitsrisiko und können Entzugserscheinungen bei Absetzen nach längerer Einnahme hervorrufen. Deswegen sollten sie nur kurzfristig ärztlich verordnet werden. Barbiturate sind als Schlafmittel obsolet, da sie ein noch höheres Abhängigkeitspotential haben und zu neurologischen Schäden bei längerem Gebrauch führen. Antidepressiva und Neuroleptika mit schlaffördernder Wirkung sind bei stärkeren Schlafstörungen eine gute Alternative. Sie machen nicht abhängig, verändern die Schlafzyklen nicht, müssen aber für Patient:innen individuell passend ausgewählt und dosiert werden. Beispiele für Antidepressiva sind: Trimipramin, Mirtazapin, Trazodon, Agomelatin; für Neuroleptika: Quetiapin, Promethazin, Melperon, Pipamperon.

Beispiele für existentiell-geistliche Ursachen gestörten Schlafs:

• ungeklärte Sinnfragen

• Ungewissheit, was nach dem Tod passiert

• Schuld

Existentielle Fragen sind manchmal sehr aufwühlend und rauben den Schlaf. Hier können Gespräche mit Seelsorgenden gut tun und im Klärungsprozess hilfreich sein. Beim Thema Schuld ist es wichtig zu differenzieren, ob es sich um bloße Schuldgefühle oder um wirkliche Schuld handelt. Bei Depressionen kommt es oft vor, dass Menschen sich schuldig fühlen, ohne etwas falsch gemacht zu haben. Bei echter Schuld schenkt uns Gottes Vergebung wieder ein gutes Gewissen. Und „ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen“, das uns besser schlafen hilft.

Autorin Dr. med. Karla Kränzlein ist Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Innere Medizin und bestitzt einen M.A. in Interkulturellen Studien und Global Studies (ESCT, Columbia International University). Sie ist zudem Prädikantin, Bibliodramaleiterin und Oberärztin der de’ignis Fachklinik Egenhausen.

„Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.“
Illustrationen: Good studio / Adobe Stock 39

Bewegung und Sport im Wandel der Zeit

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Begriffe wie Spikeball, Stand-Up-Paddling, Racketlon, HIIT-Training, Aerial Yoga und Hyrox prägten nicht zuletzt die vergangenen Sommermonate. Teilweise sind die vor allem als Trendsportarten für FitnessAllrounder bekannten Bewegungsformen in der Gesellschaft schon seit einigen Jahren weit verbreitet und anerkannt. Auch Inlineskaten oder Snowboarden galten vor vielen Jahren als aufkommender Trend. Heute sind diese zwei Sportarten fest in der Sportlandschaft etabliert und werden sogar als Weltmeisterschaft und olympische Disziplin ausgetragen. Dem Begriff „Trend“ haftet immer auch eine Vergänglichkeit an. Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte des Sports viele Beispiele von Bewegungs- und Wettkampfformen, die in verschiedenen Epochen ausgeübt, im Laufe der Zeit aber wieder verworfen wurden. So sieht man das ehemalig olympische Tauziehen oder die in Deutschland sehr erfolgreich ausgeübte Sportart Faustball nur noch vergleichsweise selten.

Auch die Motivation, verschiedene Sportarten auszuüben, wandelte sich stark über die Epochen. In der Antike und im Mittelalter bis hin zum Beginn des 19. Jahrhunderts lag der Fokus – nicht ausschließlich, aber stark – auf einer Vorbereitung für kriegerische Auseinandersetzungen, bei denen es wichtig war, körperlich leistungsfähig und wehrtüchtig zu sein. Dies spiegelt sich in sehr verbreiteten Sportarten wie Faustkampf, Ringkampf, Reiten, Fechten, Bogenschießen und Lanzenwurf. Viele von ihnen zählen zu den ersten und immer noch aktuellen olympischen Disziplinen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich im europäischen Raum eine rasante und bis heute andauernde Entwicklung des Rehabilitationssports in der Sekundärprävention beobachten, die sich weiter zu etablierten und gut studierten primärpräventiven Angeboten entwickelt hat – bis hin zum aktuellen Verständnis des Gesundheitssports im Sinne der Salutogenese. In der heutigen Gesellschaft wird Sport kaum dazu ausgeübt, um im Ernstfall das Land verteidigen zu können. Vielmehr sind Motive wie Wohlbefinden, körperliche Gesundheit, Belastbarkeit (Kraft/Ausdauer), Ausgleich und Spaß die primären

Gründe körperlich aktiv zu sein. Selten gab es in der Geschichte ein solch breites und vielfältiges Angebot an Bewegungsformen – das zuweilen Sportanfänger:innen leicht überfordern kann – mit einer zeitgleichen Entwicklung zu immer mehr Bewegungsmangel in Alltag und Beruf. Aktuell untersuchen viele Studien den Einfluss der Corona-Pandemie auf Sport und Bewegung. Eine der Haupterkenntnisse ist die Veränderung der Art des ausgeübten Sports sowie der Motive für Sport und Bewegung der Studienteilnehmenden in den vergangenen zwei Jahren: Mannschaftssport und Schwimmen haben an Häufigkeit abgenommen, Individualsport und Bewegung sind nicht mehr an einen Sportverein oder Betrieb gebunden, dagegen haben Bewegungsprogramme unter Zuhilfenahme digitaler Medien deutlich zugenommen (Pietsch et al., 2022). Die Gründe dafür liegen vor allem in Schließungen von Sportvereinen und Sportstätten sowie am Verbot, während der Lockdown-Zeiten mit anderen

Sportler:innen zu trainieren. Ein Großteil der zuvor sportlich aktiven Studienteilnehmenden berichtete darüber hinaus von einer Abnahme der körperlichen Aktivität in den letzten zwei Jahren. Im Gegensatz dazu zeigt Sallis et al. (2021), dass besonders körperliche Aktivität eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Pandemie spielen kann. Es wurde gezeigt, dass Patient:innen mit COVID-19, die im Allgemeinen inaktiv waren, ein höheres Risiko für Krankenhausaufenthalte, Einweisungen auf die Intensivstation und Tod aufwiesen. Zudem zeigte sich, dass Teilnehmende, die während der Pandemie ihre Bewegung reduzierten, von einer schlechteren Stimmung berichteten. Die Nachwirkungen der Pandemie und die gesellschaftliche „Sesshaftigkeit“ sind die gegenwärtig großen Herausforderungen eines nachhaltigen und körperlich aktiven Lebensstils. Dabei benötigt der Körper, das ganze System Körper und Geist, die Bewegung als Grundvoraussetzung für die Gesundheit mehr denn je. Vor vielen Jahren

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In der heutigen Gesellschaft wird Sport kaum dazu ausgeübt, um im Ernstfall das Land verteidigen zu können.
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haben sich Menschen täglich viele Stunden und viele Kilometer bewegen müssen, um genügend Nahrung sowie Wasser, Brennmaterial und Lebensräume zu finden. Mit der „Sesshaftigkeit“ haben wir uns heute zur sitzenden Spezies entwickelt. Der Körper ist jedoch, biologisch betrachtet, noch immer auf Bewegung eingestellt. Und wie ein Motor nicht ohne Motor-Öl laufen kann, brauchen auch wir Menschen die Bewegung – um z. B. die Gelenk-Flüssigkeit zu erzeugen, um den Blutkreislauf in Schwung zu halten, den Sauerstoffgehalt im Blut zu erhöhen und vieles mehr. Damit dies gewährleistet ist, empfehlen die WHO und alle großen sportwissenschaftlichen Gesellschaften weltweit

• Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren sollten sich pro Woche mindestens 150 Minuten moderat oder 75 Minuten intensiv bewegen, wobei beide Aktivitätsformen auch gemischt werden können.

• Moderate körperliche Aktivität umfasst Sport mit 50 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz, bei dem man sich noch unterhalten kann (zügig mit dem Hund spazieren gehen, mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren).

• Intensive körperliche Aktivität liegt im Bereich von 70 bis 85 Prozent der maximalen Herzfrequenz (z. B. Joggen, schnelles Radfahren). Eine Unterhaltung ist im Regelfall nicht mehr möglich.

• Die Länge der Sporteinheiten sollte mindestens zehn Minuten betragen.

• Muskelaufbautraining sollte an mindestens zwei Tagen pro Woche durchgeführt werden.

Laut Ergebnissen des bundesweiten repräsentativen Deutschen Gesundheits-Updates (GEDA-2014/2015-EHIS) erfüllen in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung indessen nur 42,6 Prozent der Frauen und 48,0 Prozent der Männer die empfohlene Mindestaktivität von 150 Minuten moderater Aktivität pro Woche. Beim Muskelaufbautraining erreichen sogar nur 27,6 Prozent der erwachsenen Frauen bzw. 31,2 Prozent der Männer das Mindestmaß an körperlicher Aktivität (Finger et al., 2017). Nachhaltig gilt es, das Aktivitätsniveau und die körperliche Aktivität unter Berücksichtigung aller Lebensbereiche ausgewogen aufrechtzuerhalten. Dabei bezeichnet körperliche Aktivität „jede durch die Skelettmuskulatur ausgelöste Bewegung, die den Energieverbrauch über den Ruhezustand anhebt“ (Thiel et al. 2011). Dies schließt nicht nur sportliche Aktivitäten ein, sondern insbesondere auch Alltags- und Freizeitaktivitäten (z. B. Spazierengehen, Gartenarbeit, Haushaltsarbeit) wie auch berufliche Aktivitäten (z. B. Treppensteigen, Gehen, Heben und Transportieren von Gegenständen). Körperliche Aktivität sollte daher bei allen Anteilen des Lebens eine feste Rolle spielen.

Mehr Lebensqualität durch Bewegung – Biologische und psychologische Effekte von körperlicher Aktivität Vor allem in der Rehabilitation wurden in den vergangenen 20 Jahren große Anstrengungen unternommen, um die Effekte von körperlicher Aktivität besser verstehen zu können. Wo z. B. in der Kardiologie vor 30 Jahren noch wochenlange Bettruhe verordnet wurde, lernen Betroffene die oder den Physiotherapeut:in schon oft am ersten Tag nach der Behandlung kennen. Gleiches lässt sich in der Orthopädie beobachten, wo Bewegung schon sehr früh im

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Körperliche Aktivität sollte bei allen Anteilen des Lebens eine feste Rolle spielen.

Rehabilitationsprozess einen festen Platz erhalten hat. Inzwischen lassen sich wertvolle Empfehlungen für viele medizinische Fachbereiche finden. Die positiven Effekte von körperlicher Aktivität auf Körper und Psyche werden zunehmend ein fester Bestandteil in der Medizin. Unterstützt wird dieser Prozess durch die systematische wissenschaftliche Erfassung möglicher Wirkmechanismen von körperlicher Aktivität. Der jüngste Bericht des Physical Activity Guidelines Advisory Committee (PAGAC, 2018) liefert starke Hinweise darauf, dass körperliche Aktivität das Risiko für die Entwicklung verschiedener kardiovaskulärer, metabolischer und neurologischer Erkrankungen und psychischer Störungen sowie bestimmter Krebsarten senkt. Neben zahlreichen Studien zum rehabilitativen Einfluss von körperlicher Aktivität bei erkrankten Menschen bezeugen frühe Meta-Analysen von Kelley et al. (2009), Gilllison et al. (2009) und Bize et al. (2007), die insgesamt 36 Studien (RCTs) mit gesunden Personen verglichen und auswerteten, einen signifikanten und von Krankheit unabhängigen positiven Einfluss von körperlicher Aktivität auf die Lebensqualität. Dies zeigt sich vor allem in den Dimensionen der physischen und psychischen Gesundheit sowie des allgemeinen Wohlbefindens.

Weltweit sind zahlreiche positive gesundheitliche Auswirkungen von körperlicher Aktivität gut dokumentiert. Eine Auswahl jener Bereiche, in denen diese Effekte dokumentiert werden konnten, zeigt die nachfolgende Übersicht.

Bereiche positiver biologischer Effekte

Orthopädisch: Muskelfunktion, Gelenkgesundheit, Knochendichte, allgemeine Beweglichkeit

Kardiovaskulär: Aerobe Kapazität, Atmung, Herzrate, Blutdruck

Stoffwechsel: Gewicht, Glukose Toleranz, Kortisol, Lipoproteine

Immunsystem: Infektionsrisiko, Mobilisierung weißer Blutkörperchen, Zahl der NK-Zellen

Hirnphysiologie: Zerebraler Blutfluss, hippokampales Volumen, Kapillarisierung

Bereiche positiver psychologischer Effekte

Einfluss auf depressive Symptome und Angst, Selbstkonzept, Stress-Management, Kontrollüberzeugung, mentales Befinden, kognitive Flexibilität, selektive Aufmerksamkeit, Gedächtnis, soziale Kontakte, soziale Kompetenzen, Beziehungsaufbau

Diese Aufzählung stellt nur eine kleine Übersicht der positiven Auswirkungen körperlicher Aktivität dar und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. So beschreibt das aktuelle Fachbuch Prävention und Therapie durch Sport (Band 2: Neurologie, Psychiatrie/Psychosomatik, Schmerzsyndrom) auf 600 Seiten den positiven Einfluss eines aktiven Lebensstils und gezielter therapeutischer Interventionen allein im Bereich psychologischer Effekte. Bewegung ist ein – meist kostenloses – Allzweckmittel gegen zahlreiche Krankheiten, das hinsichtlich seiner Wirksamkeit den Vergleich mit Medikamenten nicht scheuen muss. Gerade in einer „sesshaften“ Welt sollte Bewegung in allen Bereichen des Lebens und vor allem im Alltag eine feste Rolle spielen. Die großen Fortschritte der Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten erzeugten dabei keine neuen Effekte, sondern belegten und erklärten lediglich die positiven Effekte, die körperliche Aktivität seit Beginn der Menschheit besitzt. Um von den positiven Effekten profitieren zu können gilt es jedoch, dauerhaft und regelmäßig körperlich aktiv zu sein. Zum Einstieg spielt es dagegen hinsichtlich der oft überfordernden Bewegungsangebotsvielfalt eine zweitrangige Rolle, ob man nun antikes Ringen oder 80er-Jahre Aerobic ausübt oder Pokémons mit seinem Smartphone jagt. Nachhaltig ist hier die Frage, woran man Freude hat. Der Mensch ist zur Bewegung geschaffen und nicht primär das „wie“ ist die entscheidende Frage, sondern dass man etwas tut! Um langfristig motiviert zu bleiben und regelmäßig aktiv zu sein, haben das soziale Umfeld, die örtlichen Gegebenheiten und die infrastrukturellen Voraussetzungen eine hohe Relevanz. Dabei sind Bewegungsangebote auf dem Weg zur Arbeit oder wohnortsnahe Angebote empfehlenswert,

um Barrieren zu minimieren. Viele Studien mit Senioren zeigen abschließend, dass es dabei kein „zu spät“ gibt, sondern dass der Mensch in jeder Lebensphase von körperlicher Aktivität profitieren kann.

Literatur

• Bize, R., Johnson, J. A., & Plotnikoff, R. C. (2007): Physical activity level and health-related quality of life in the general adult population: a systematic review. Preventive medicine. 45(6), S. 401–415.

• Beratender Ausschuss für Richtlinien für körperliche Aktivität (PAGAC) (2018): Wissenschaftlicher Bericht des Beratungsausschusses der Leitlinien für körperliche Aktivität 2018. Washington, DC: US-Gesundheitsministerium.

• Brand, R., Schlicht, W., Grossmann, K., & Duhnsen, R. (2006): Effects of a physical exercise intervention on employees’ perceptions of quality of life: a randomized controlled trial. Sozial-Und Präventivmedizin, 51(1). S. 14–23.

• Finger, J. D., Mensink, G. B. M., Lange, C., & Manz, K. (2017): Gesundheitsfördernde körperliche Aktivität in der Freizeit bei Erwachsenen in Deutschland. Zeitschrift für Gesundheitsüberwachung, 2 (1). S. 83–90.

• Gillison, F. B., Skevington, S. M., Sato, A., Standage, M., & Evangelidou, S. (2009): The effects of exercise interventions on quality of life in clinical and healthy populations; a meta-analysis. Social science & medicine, 68(9). S. 1700–1710.

• Kelley, G. A., Kelley, K. S., Hootman, J. M., & Jones, D. L. (2009): Exercise and health-related quality of life in older community-dwelling adults: a metaanalysis of randomized controlled trials. Journal of Applied Gerontology, 28(3). S. 369–394.

• Pietsch, S., Linder, S. & Jansen, P. (2022): Wellbeing and its relationship with sports and physical activity of students during the coronavirus pandemic. Ger J Exerc Sport Res 52. S. 50–57.

• Sallis, R., Rohm, Y. D., Tartof, S. Y., Sallis, J. F., Sall, J., Li, Q., Smith, G. N., & Cohen, D. A. (2021): Physical inactivity is associated with a higher risk for severe COVID-19 outcomes: a study in 48 440 adult patients. British Journal of Sports Medicine.

• Thiel, C., Vogt, L., Banzer, W. (2011): Bewegung – vielseitige Medizin, die wirkt: Dosierte körperliche Aktivität bei chronischen Erkrankungen steigert die Gesundheit und Lebensqualität. Forschung Frankfurt 29(2):12–19.

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Autor Tobias Ziegler, M. Sc. Sportwissenschaftler und Gesundheitswissenschaftler in der de’ignis-Fachklinik

Gesunde Ernährung

Von Dr. rer. nat. Melanie Ziegler

„Gesunde Ernährung“ ist heutzutage ein häufig verwendeter Begriff und es existieren unzählige verschiedene Meinungen. Viele Diäten und Lebensstile werden als gesund betitelt oder maßen sich an, die besten zu sein. Immer häufiger hört man nun, Ernährung solle nicht nur gesund, sondern auch nachhaltig sein. Doch wie kann man all das umsetzen in einer sich so schnell verändernden Welt? Wie oft hört man sich selber sagen: „Heute habe ich keine Zeit zum Kochen“, „Nach meinem stressigen Arbeitstag möchte ich jetzt nicht in der Küche stehen“ oder „Heute hatte ich keine Zeit für eine Pause, deshalb hab ich mir während dem Arbeiten etwas zwischen die Zähne geschoben“. Dieser Artikel soll Ihnen einen Einblick geben, wie schön es ist, dass wir uns über gesunde und nachhaltige Ernährung Gedanken machen können, was gesunde und nachhaltige Ernährung beinhaltet und welch großes Potenzial für Körper und Umwelt in der richtigen Ernährung steckt.

Ernährung in einer sich verändernden Welt Zunächst möchte ich Sie auf eine kleine Reise durch die Zeit mitnehmen und verschiedene Ernährungsformen und Gedanken zur nachhaltigen und gesunden Ernährung betrachten.

Zu Beginn unserer Zeitreise, in der frühen Menschheitsgeschichte, lautete die Frage nicht „Was wollen wir heute essen?“, sondern „Was finden wir, um zu überleben?“

Auf dem doch sehr einseitigen Speiseplan der Jäger und Sammler standen vor allem rohe Pflanzenteile, Wildgemüse, Obst und, nach erfolgreicher Jagd, auch Fleisch. Mit der Landwirtschaft kamen Getreide und Milchprodukte auf den Speiseplan, jedoch war auch hier die Ernährung einseitig und das vorrangige Ziel bestand darin, genug auf dem Teller zu haben. Hunger und einseitiges Essen ziehen sich lange durch die Geschichte. Hungerperioden prägten sowohl die sozial schwachen Schichten im Mittelalter, als auch die Menschen während der Industrialisierung (durch stark steigende Bevölkerungszahlen) bis hin zu den Menschen, die während den Kriegsjahren lebten und Zwangsrationierungen bis weit in das 20. Jahrhundert miterleben mussten.

Die Frage nach gesunder Ernährung gewann erst in der zweiten Häfte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Durch die Möglichkeit, Lebensmittel zu kühlen, konservieren und zu transportieren, können sie das gesamte Jahr über angeboten und von der ganzen Welt importiert werden. So entstand ein Nahrungsmittelangebot, das viel Freude und Genuss bietet, aber auch seine Gefahren birgt. Vor allem das Angebot an stark verarbeiteten Speisen sowie der Zucker- und Fettkonsum stiegen enorm an. Fertiggerichte wie die 1970 eingeführte Tiefkühlpizza und Speisen der neuen Fast Food Restaurants – der erste McDonalds in Deutschland wurde im Jahr 1971 eröffnet – lockten mit Einfachheit und einer Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln rund um die Uhr. Damit nahmen auch die sogenannten Wohlstandskrankheiten wie Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Depressionen zu und die Relevanz einer gesunden Ernährung wurde immer deutlicher. Auch Diäten schossen überall aus dem Boden. In den 50ern wurde die Kohlsuppendiät populär, 1963 wurden die Weight Watchers und 1977 Slim Fast gegründet, um nur einige der unzähligen Beispiele zu nennen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) entwarf in den 1950er-Jahren einen Vollwertkost propagierenden „Ernährungskreisel“. Die weltweit erste Ernährungspyramide unter dem Motto „Eine gute, gesunde Ernährung zu einem erschwinglichen Preis“ erschien 1974 in Schweden. Seit 2005 nutzt die DGE zur Darstellung ihrer Ernährungsempfehlungen ein einzigartiges Modell mit einer Kombination aus Pyramide und Kreisel, so werden quantitative Aussagen mit qualitativen verknüpft. Mit ihren „10 Regeln der DGE“ hat die DGE die Grundlagen

einer gesunden Ernährung wissenschaftlich basiert ausgearbeitet und leicht verständlich zusammengefasst. Um der breiten Bevölkerung direkt auf den Produkten im Handel Informationen über gesunde und ungesunde Lebensmittel zu liefern, wurde im Herbst 2020 der Nutri-Score eingeführt. Die fünfstufige Farben-Buchstaben-Kombination reicht von einem grünen A bis zu einem roten E und zeigt damit grafisch den Nährwert eines Lebensmittels an. Auch die Industrie hat auf die steigende Nachfrage nach gesunden Fertigprodukten ihr Repertoire erweitert. Sogenannte „chilled products“, also gekühlte Produkte, wie z. B. Wraps, Salate, und Smoothies bieten wertvolle Alternativen. Diese sind vor allem beim steigenden Trend der Mahlzeiten außer Haus, den sogenannten „To-go-Mahlzeiten“, von Relevanz.

Gesunde und nachhaltige Ernährung –mehr als nur ein Trend

Eine gesunde Ernährung fängt damit an, sich Zeit zum Essen zu nehmen und achtsam zu essen. Das heißt, nicht während der Arbeit oder mit laufendem Fernseher etwas „zwischen die Zähne zu schieben“, sondern auf den Geschmack zu achten und jeden Bissen zu genießen und gründlich zu kauen. Die DGE empfiehlt fünf bis sechs Mahlzeiten, um Ihre Leistungskurve konstant zu halten. Eine frische und abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse, gerne Vollkornprodukten, gesunden Ölen wie Raps-, Lein- oder Olivenöl, gemäßigtem Fleisch-, Zucker- und Salzkonsum, viel Wasser trinken und schonenden Garmethoden bilden die Basis einer gesunden Ernährung (siehe „10 Regeln der DGE“).

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Präventiv Krankheiten zu vermeiden ist ein großer Aspekt, doch auch gesund werden durch die richtige Ernährung hat ein gewaltiges Potenzial.

Doch inzwischen wird immer deutlicher, dass mehr Potenzial in gesunder Ernährung steckt. Gesund und fit bleiben ist durch eine nachhaltige und gesunde Ernährungsweise möglich. 20 Meta-Analysen prospektiver Kohortenstudien zeigten einen statistisch signifikanten inversen Zusammenhang zwischen Obst- und Gemüseverzehr und dem Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen (Schlaganfall und koronare Herzerkrankung [KHE]). Auf Grundlage von 18 Meta-Analysen konnte zwischen dem Verzehr von rotem Fleisch bzw. verarbeitetem Fleisch und kardiovaskulären Erkrankungen ein risikosteigernder Zusammenhang festgestellt werden. 1 Präventiv Krankheiten zu vermeiden ist ein großer Aspekt, doch auch gesund werden durch die richtige Ernährung hat ein gewaltiges Potenzial. Das weitreichende Wissen über die Makro-Nährstoffe (Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß) und die Mikro-Nährstoffe wie Mineralstoffe (z. B. Magnesium, Calcium), Spurenelemente (z. B. Eisen, Zink), Pflanzenstoffe (z. B. Carotinoide, Flavonoide) und essenzielle Fettsäuren (besonders Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren), deren Relevanz im Körper und ihr Vorkommen in den einzelnen Lebensmitteln ermöglicht es, Ernährung gezielt als Therapie einzusetzen.2 Weitere Forschungsarbeit ist hier im Prozess, aber bereits mit dem jetzigen Wissen wird deutlich, dass die richtige Ernährung das Wohlbefinden steigern, verschiedene Erkrankungen von Körper und Psyche gezielt behandeln und den Bedarf an Medikamenten teilweise deutlich senken kann.3

„Herrscht über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen! Und Gott sprach: Siehe, hiermit gebe ich euch alles Samen tragende Kraut, das auf der Fläche der ganzen Erde ist, und jeden Baum, an dem Samen tragende Baumfrucht ist: es soll euch zur Nahrung dienen“ (1. Mose 1,28–29).

Anstelle von Überfischung ist bereits in der Schöpfungsgeschichte zu lesen, dass Gott uns den Auftrag gibt, nachhaltig zu leben und verantwortungsvoll über die Tiere zu herrschen. Viele Jahre war immer die gesunde

Ernährung gefragt, heute wird immer mehr der Ruf nach gesunder und nachhaltiger Ernährung laut. Eine nachhaltige Ernährung steht im Einklang mit unserer Umwelt, sie trägt zur Ernährungs- und Lebensmittelsicherung bei und ermöglicht auch den zukünftigen Generationen ein gesundes Leben. Die Basis für eine nachhaltigere Ernährung im Alltag fängt mit dem Wissen an, wo mein Essen herkommt. Regionalität und Saisonalität sind zwei wichtige Säulen nachhaltiger Ernährung. Auch hier heißt es wieder, achtsam einzukaufen und den Lebensmitteln Wertschätzung entgegenzubringen. Regional einkaufen spart nicht nur Transportwege, es schont auch das Klima, da die Produkte im Rhythmus der Jahreszeiten angeboten werden, und befreit die Erzeuger von dem teils enormen Preisdruck großer Handelsketten.

Eine Expert:innengruppe aus 37 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 16 Ländern haben Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung kombiniert zur sogenannten „planetary health diet“. Im Jahr 2019 veröffentlichten sie ihre Ergebnisse, die zum Wandel auffordern. 4 Weniger Ei, Fleisch und Zucker sollte auf unserem Speiseplan stehen, dagegen viel Gemüse und Nüsse. Der Verzehr von Zucker müsste dabei weltweit um die Hälfte reduziert werden und wöchentlich dürften pro Kopf zwei Eier verzehrt werden. In Deutschland sollte der durchschnittliche Fleischkonsum auf ein Viertel reduziert werden. Nimmt man die Zahlen des Bundesverbands Deutscher Wurst- und Schinkenproduzenten, lag der Pro-Kopf-Fleischverzehr in Deutschland im Jahr 2020 bei 1,1 Kilogramm pro Woche.5 Die DGE empfiehlt 300–600 Gramm Fleisch pro Woche für einen Erwachsenen („10 Regeln der DGE“). Diese Empfehlung ist das Ergebnis aus verschiedenen Studien und entspricht damit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand für eine gesunde Ernährung. Die Studie von Willett et al. fordert sogar auf, für eine gesunde und nachhaltige Ernährung den Fleischkonsum auf 300 Gramm wöchentlich zu reduzieren, aufgeteilt in ca. 100 Gramm rotes Fleisch und 200 Gramm Hühnchen.

Wollen wir nicht nur auf uns achten, sondern auch auf die Welt, in der wir leben, ist ein Handeln und Umdenken gefragt. Nachdem viele Jahrzehnte dafür gekämpft wurde, genug auf dem Teller zu haben, leben wir heute in der dankbaren Situation, uns Gedanken machen zu dürfen, was gesunde Ernährung ist und wie wir uns auch für unsere Umwelt nachhaltig ernähren können.

Fußnoten

1 DGE, 14. Ernährungsbericht. (2020); Lippi G et al. (2015); Wang X et al. (2014)

2 Biesalski, H.K. (2018)

3 Kellman, R. 2018

4 The Lancet: Willett et al., 2019

5 Statistisches Bundesamt, Thünen-Institut

Literatur

• 10-Regeln-der-DGE.pdf, Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Bonn. https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/fm/10-Regeln-der-DGE.pdf

• Biesalski, H.K. (2018): Gesunde Ernährung. In: Ernährung und Bewegung - Wissenswertes aus Ernährungs- und Sportmedizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54027-5_1

• DGE, 14. (2020): Ernährungsbericht. S. 355–389.

• Kellman, R. (2018): Glück beginnt im Darm, riva Verlag.

• Lippi G et al. (2015): Red meat consumption and ischemic heart disease. A systematic literature review. Meat science. 2015; 108:32–36.

• Statistisches Bundesamt, Thünen-Institut, BLE (414), BVWS - Fleischverbrauch und Fleischverzehr je Kopf der Bevölkerung (wurstproduzenten.de).

• Wang X et al. (2014): Fruit and vegetable consumption and mortality from all causes, cardiovascular disease, and cancer: systematic review and dose-response meta-analysis of prospective cohort studies. BMJ. 349: S. 5472–5488.

• Willett, W., et al. (2019): Food in the Anthropocene: the EAT–Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems. The Lancet 393.10170 (2019): S. 447–492.

Autorin

Dr. rer. nat. Melanie Ziegler hat ein Diplom in Ernährungswissenschaft. Sie sammelte langjährige Erfahrung in der Forschung am Baker Herz und Diabetes Institut in Melbourne, Australien sowie am Universitätsklinikum Tübingen. Momentan arbeitet sie als Assistenz der Leitung in der Studienzentrale Neurosensorik am Universitätsklinikum Tübingen. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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Person und Personalität im Neuen Testament

Aspekte zu einer biblischen Persönlichkeitstheorie Teil I Zur Diskussion von Winfried Hahn

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Zur Diskussion: Hier werden Beiträge veröffentlicht, die nicht in allen Punkten der Meinung des Redaktionsteams entsprechen müssen.

Vorbemerkungen

• Wenn das Neue Testament von einem Transformationsprozess1 in Form einer neuen Schöpfung spricht und eine neue Identität in Christus nahelegt, ergibt sich daraus im Rahmen der Theoriebildung der Christlich-integrativen Psychotherapie die Notwendigkeit, Aspekte für eine Persönlichkeitstheorie zu entwickeln, die diesen Transformationsprozess im Zusammenhang mit anerkannten Persönlichkeitstheorien beschreiben und nachvollziehbar machen. Dass hierbei im Bereich der psychotherapeutischen Schulen und Neurobiologie keine einheitlichen Vorstellungen und Begrifflichkeiten von „Ich“, „Ich-Zuständen“, „IchAnteilen“ und dem „Selbst“ bestehen, soll uns trotz dieser „Ich-Vielfalt“ nicht davon abhalten – ohne den Anspruch einer in sich geschlossenen theologisch begründeten Ich-Psychologie zu erheben –, unsererseits Modelle zu entwickeln, mit denen wir die im Neuen Testament beschriebenen spirituellen Prozesse anhand bestehender Persönlichkeitstheorien reflektieren bzw. beschreiben können. Dieser Reflektionsprozess soll bezüglich der Anwendung psychotherapeutischer Methoden aus theologischer Sicht Chancen und Grenzen aufzeigen.

Der Begriff „Person“ hatte in verschiedenen Epochen unterschiedliche Bedeutung und war und ist mit unterschiedlichen Vorstellungen verbunden. Vor allem diese Fragestellung ist besonders interessant: Was ist eine Person, was macht sie aus, was bestimmt ihren Willen, ihr Denken? Gibt es überhaupt etwas für eine Persönlichkeit Charakteristisches, so etwas wie einen Persönlichkeitskern oder besteht die Persönlichkeit bzw. Identität aus willkürlich zusammengewürfelten und irgendwie miteinander verbundenen

Facetten aus Fragmenten von Prägungen, Erziehung, Erlebnissen, Erinnerungen, eine Mischung aus Sozialisation und dem Einfluss von Genen?

Was macht uns aus, was bestimmt uns, wer sind wir, wer bist du, wer bin ich? Gibt es

mich als Person mit Sinn und Ziel oder nur als eine Ansammlung von Reiz-ReaktionsMustern? Also, wer oder was bin ich oder sind wir? Fragen, die sich die Menschen seit Jahrtausenden gestellt haben und immer noch stellen, Fragen, die für die Entwicklung einer christlichen Anthropologie von entscheidender Bedeutung sind. Wie sieht die Bibel im Alten Testament den Menschen, wie im Neuen und welche Vorstellung von Persönlichkeit vermittelt sie?

Zur Geschichte des Personenbegriffs

Der Begriff „Person“ bedeutet, ausgehend von der griechischen Wortbedeutung, „Rolle“ oder „Maske“ 2 . Im griechischen Theater trugen die Schauspieler:innen Gesichtsmasken, die die Rolle, die sie spielten, symbolisierte. Anders als bei heutigen Schauspieler:innen versuchten sie nicht, das Individuelle der Figuren, die sie spielten, herauszuarbeiten. Es ging nicht um ein Individuum, das auf der Bühne oder in seinem Leben agiert und individuelle Züge trägt. Der Mensch in der Antike ist nicht Individuum mit individuellen Zügen, nein, er ist Maske, und durch ihn hindurch wirken andere Kräfte, denen er mitunter ausgeliefert ist. Götter führen ihre Intrigen gegeneinander, indem sie die Menschen als Figuren steuern und für ihre Ziele einsetzen. Etwas überspitzt ausgedrückt könnte man also sagen: In der Antike (ähnliches gilt für das Mittelalter und über die Reformation hinaus) stellte sich nicht die Frage: Wer bist Du? Sie lautete eher: Wer oder was reitet dich gerade? Welcher Gott, welche Kraft, welcher Geist wirkt gerade durch dich? Wer oder was steckt hinter deiner Maske? So wurde also eine Person nicht mit festen Grenzen wahrgenommen, vielmehr hatte man die Vorstellung, die Grenzen einer Person seien durchlässig.3 Auch im Alten wie im Neuen Testament entdecken wir, dass Personen keine festen Grenzen haben, sondern durchlässig sind, sowohl für positive wie für negative Kräfte und Einflüsse. So bemächtigt sich ein böser Geist des Königs Saul und bestimmt seine Handlungen4 . Aber auch Gott spricht durch seinen Geist zu den Menschen, z. B. durch die Propheten.

Im Neuen Testament lesen wir vor allem in den Evangelien immer wieder von Dämonen, die in Menschen wirken und von Jesus und seinen Jüngern ausgetrieben werden. Auch bei Johannes dem Täufer scheinen die Grenzen nicht starr, sondern durchlässig zu sein. War er Johannes oder war er Elia? Welche Identität hatte er?

Klaus Berger 5 (und vor ihm schon viele andere) unterscheidet hier zwischen der Identität einer Person, durch die aber gleichzeitig die Substanz einer anderen Person hindurch wirken kann6 . Er war Johannes, nicht Elia, aber ging in dessen Geist und in dessen Kraft einher. Er verkörperte zwei Identitäten, die sich jedoch gegenseitig nicht ausschlossen. Johannes der Täufer war durchaus eine eigenständige Person, aber in ihm wirkte die Substanz des Elia. Ausgehend von unserem modernen autonomen Persönlichkeitsbegriff, bei dem jedes Individuum feste Grenzen hat oder haben soll, sind diese Gedanken schwer nachvollziehbar.

Neutestamentliche ChristusIdentität als wirksames

Therapeutikum

Die Auseinandersetzung mit den neutestamentlichen Aussagen über Vater, Sohn und Heiligen Geist führte zu unserem modernen Persönlichkeitsbegriff. Wenn Jesus sagt: „Ich und der Vater sind eins.“ 7 und „Wer mich sieht, sieht den Vater“8 , wirft das Fragen auf, so dass diese und andere Aussagen schon die frühe Christenheit zwangen, sich intensive Gedanken darüber zu machen, was es eigentlich bedeutet, eine Person zu sein. Das Ergebnis vieler Beratungen war dann die Lehre von der Dreieinigkeit (tres personae, una substantia – drei Personen, ein Wesen). Die Vorstellung von drei wesensgleichen Personen, die aber dennoch eins sind, beflügelte das Nachdenken darüber, was eine Person eigentlich ausmacht und führte letztlich zu unserem modernen Verständnis von Identität und Individualität. Der Mensch ist nicht Maske, getrieben von fremden launischen Gottheiten oder anderen dämonischen Kräften, nein, er ist geliebtes Geschöpf Gottes. Nach dem Neuen Testament ist er nicht nur Geschöpf, sondern

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geliebtes Kind, Sohn und Erbe, ganz Person mit Identität und Individualität, aber eben auch erfüllt mit dem Heiligen Geist, dazu berufen, durchlässig zu sein für Gott und für Christus. Der Mensch, ganz Person, ganz individuell, dennoch nicht mit starren und festen Grenzen, ist dazu bestimmt, durchlässig zu sein und zwar exklusiv für Gott.

So kann Paulus sagen9 : „[…] nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ 10 Ist damit der Mensch in seiner Identität und Individualität ausgelöscht? Nein, denn er sagt ja im nächsten Vers ausdrücklich: „Was ich jetzt im Fleische lebe, lebe ich im Glauben …“ Das Ich wird durch das „Nicht-mehr-Ich“ nicht ausgelöscht. Anders ausgedrückt könnten wir hier vielleicht von unterschiedlichen Ich-Anteilen oder Ich-Instanzen sprechen. Auch hier sehen wir ein Ineinandergreifen anscheinend mehrerer Personen (oder Persönlichkeitsanteile?), ohne dass die persönliche Identität des Menschen ausgelöscht würde.

Das bedeutet, wir sind eigenständige Personen und Individuen, gleichzeitig können und sollen wir jedoch offen sein für das Wirken von Christus in uns. In Johannes wirkte die Substanz des Elia, in Christus wirkte Gott und der Heilige Geist, in uns wirkt Christus nicht im Sinne einer Christussubstanz, sondern einer tiefen innigen persönlichen Beziehung. Es ist eine interessante Tatsache, dass in den Briefen des Paulus keine Rede mehr davon ist, Dämonen auszutreiben. Ausgehend vom antiken und auch vom neutestamentlichen Personenbegriff ist festzuhalten: Im christusgläubigen Menschen wohnt Christus. Er verdrängt nicht die Individualität des Menschen, aber im Menschen entwickelt sich die Christus-Identität. Bei diesem Veränderungsprozess geschieht eine Verwandlung, so dass verletzte, aber auch unvollkommene Seiten des Menschen prozesshaft geheilt und geheiligt werden. Der Mensch, der mit Christus unterwegs ist, geht einen Weg, auf dem seine dunklen Seiten heller, seine verletzten Seiten heiler, seine unvollkommenen Seiten heiliger werden. Auf diesem Weg verliert der Mensch nicht seine Identität, vielmehr ist es ein faszinierendes Geheimnis, seine persönliche

Berufung, Sinn, Ziel und damit Individualität gerade in Christus zu finden. Es ist ein Paradoxon: Je mehr Christus in einem Menschen wirkt und an Gestalt gewinnt, desto mehr wird der Mensch zu sich selbst mit seiner unverwechselbaren Identität. Dies ist das Geheimnis, von dem Paulus spricht: „[…] Christus in euch […]“11. Deshalb geht es seit der Auferstehung Jesu und der Ausgießung des Heiligen Geistes nicht mehr in erster Linie um das Bekämpfen des Bösen, sondern darum, dem Auferstehungsleben des Christus in uns Raum zu geben. Er ist der letzte Adam, der lebendig macht12 und uns von den Folgen der Fehler des ersten Adam befreit. Weil die Finsternis besiegt ist, kämpfen wir nicht in erster Linie gegen die Dunkelheit, sondern wir geben dem Licht der Erlösung in uns Raum. So verliert das Dunkle, das Böse, das Fremde in uns seinen Schrecken und die Entfremdung, die seit dem Sündenfall die Menschen entstellt, weicht der Wiederherstellung unserer Gottebenbildlichkeit in Christus. Nicht Maske oder leere Hülle, sondern individuelle Person nach Gottes Plan in Jesus Christus. Deshalb tritt auch bei Paulus die Macht des Bösen in den Hintergrund, weil sie völlig besiegt ist13 und wird ersetzt durch die siegreiche Innewohnung Christi. Es geht also in erster Linie nicht um Exorzismus, sondern um Autonomiegewinn! Nicht Kampf gegen das Fremde, Böse, Numinose in uns, sondern Verwandlung in eine von Hoffnung und Licht geprägte Christus-Identität, nicht Verdrängung des Negativen, Schmerzhaften und Dunklen in uns, sondern Verarbeitung, Reifung und damit Überwindung von Ohnmachtserfahrungen jeglicher Art, durch eine hoffnungsgebende Christus-Identität. Richtig verstandene Christus-Identität bewirkt Autonomie und Handlungsfähigkeit gegenüber Ohnmacht, Passivität und Angst. Die in der Kirchengeschichte immer wieder auftauchende Betonung der Macht Satans und der Finsternis und der damit verbundenen Angst erscheint gegenüber der neutestamentlichen Christus-Identität und der damit verbundenen Auferstehungskraft im Glaubenden unangebracht und überzogen. Deshalb spricht Johannes vom siegreichen Glauben14 .

Hierzu ein Beispiel

Eine Frau mittleren Alters kam zu einem mir bekannten Pastor und bat um seelsorgerliche Begleitung. Ihr Problem bestand darin, dass sie sich nachts von unsichtbaren Persönlichkeiten, die sie Dämonen nannte, belästigt fühlte. Sie nahm Berührungen an intimen Stellen ihres Körpers wahr, die sie als sehr unangenehm empfand. Sie war schon bei vielen anderen Seelsorgern, die mit Befreiungsdienst versuchten, die vermeintlich dämonischen Einflüsse zu lösen. Alle diese Versuche waren jedoch nicht zielführend und ihre Erwartung an den Pastor, der für sie die Bedeutung eines neuen Hoffnungsträgers hatte, war, dass er mit seiner „Vollmacht“ diese exorzistischen Praktiken fortsetzen würde. Der theologisch geschulte, biblisch fundierte und seelsorgerlich erfahrene Pastor hatte jedoch nicht die Absicht, die erfolglose Serie dieser Praktiken fortzusetzen. Stattdessen hielt er eine Predigtreihe über Freiheit, Autonomie und die Wiederherstellung der Selbstkontrolle, die die völlige Entmachtung aller finsteren Mächte durch Christus nach Kolosser 2,12–15 verkündete. Er konnte beobachten, wie sein neues Gemeindemitglied diese Botschaft förmlich in sich aufnahm. Um jedoch ihrer Erwartung nach dem sogenannten Befreiungsdienst nicht nachkommen zu müssen, bot er ihr über längere Zeit keine seelsorgerlichen Gesprächstermine an. Von anderen Gemeindegliedern, mit denen sie über ihre Enttäuschung sprach, wurde er über ihre Unzufriedenheit diesbezüglich informiert. Also gab er ihr einen Gesprächstermin. Er fragte sie nach ihrer Enttäuschung aber auch nach den von ihr wahrgenommenen unsittlichen Berührungen durch dämonische Wesen. Sie antwortete, diese Symptome seien völlig verschwunden, weil ihr die Predigten von der Freiheit in Christus so ins Herz gefallen seien, dass sie ihre Angst verloren hätte, sich von diesem Zeitpunkt an in Christus geschützt fühlte und durch diese gestärkte Glaubenshaltung die Belästigungen aufhörten. Er erklärte ihr, es sei seine Absicht gewesen, sie nicht in neue Abhängigkeiten zu führen, sondern ihre Autonomie und Selbständigkeit durch eine mündige Glaubenshaltung zu fördern, was

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Der Mensch, der mit Christus unterwegs ist, geht einen Weg, auf dem seine dunklen Seiten heller, seine verletzten Seiten heiler, seine unvollkommenen Seiten heiliger werden.

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in diesem Fall erfolgreich war. Dies ist ein Beispiel für die große Effektivität einer Glaubenshaltung, die für sich in Anspruch nimmt, durch Christus befreit zu sein. Sie eine hochpotente Hilfe gegenüber numinosen, okkulten Ohnmachtserfahrungen. Dies unterstreicht sowohl für die Christlich-integrative Psychotherapie aber auch für Verkündigung und Seelsorge die Notwendigkeit einer glaubensstärkenden, autonomiefördernden und damit nicht defizitorientierten Haltung. Diese Erkenntnis ist in der therapeutischen und seelsorgerlichen Praxis von großer Bedeutung.

Ich und Selbst – ein Erklärungsmodell für die neue Identität in Christus

Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf das Modell von G. H. Mead und seine „Theorie des Selbst“ richten15 . Gerade mit Blick auf die christliche Anthropologie und die Fragestellung, wie das Ich und die ChristusIdentität zusammenwirken, ist seine Theorie vom Ich und vom Selbst äußerst anregend. Hierbei handelt es sich um ein gedankliches Modell. Mithilfe dieses säkularen Persönlichkeitsmodells soll die Transformation vom „Alten Menschen“ zur „Neuen Schöpfung“ in Christus durch Gnade und Glauben und damit in seine Christus-Identität nachvollziehbar gemacht werden. Mead geht davon aus, dass das Ich des Menschen sich vom Selbst unterscheidet. Das Selbst entsteht dadurch, dass das Ich wahrnimmt, wie die Umwelt oder die Mitmenschen reagieren16 . Das Ich konstituiert das Selbst aufgrund der Reaktion der Mitmenschen auf die Person17. Das Selbst ist also davon abhängig, wie die Mitmenschen auf die eigene Person reagieren. Anders ausgedrückt: die Umgebung und die Mitmenschen erzeugen eine Art Selbst; vielleicht könnte man auch sagen, sie erzeugen eine Wahrnehmung über sich selbst. Diese Selbstwahrnehmung ist abhängig von unseren Mitmenschen. Je nachdem, mit wem wir zusammen sind, haben wir eine unterschiedliche Selbstwahrnehmung. Ein Erzieher fühlt sich kompetent gegenüber Kindern. Geht der Erzieher zum Arzt, fühlt er sich weniger kompetent, vielleicht

sogar verunsichert. Je nachdem wie unsere Umwelt uns sieht, konstituiert das Ich das Selbst (bzw. unsere Selbstwahrnehmung und damit unser Selbstbild). Übertragen wir dies nun auf die Problematik von persönlicher Identität und Christus-Identität, so entsteht daraus ein interessantes Modell. Gott spricht uns in Christus zu, dass wir seine Kinder sind, aber nicht nur Kinder, sondern auch Erben mit Vollmacht und Autorität. Dies wird uns von außen durch die Bibel und von innen durch den heiligen Geist bzw. dem innewohnenden Christus zugesprochen. Die Botschaft lautet: Du bist nicht ohnmächtig und ausgeliefert, sondern geschützt. Wenn das Ich aus dieser Botschaft durch den Glauben ein entsprechend kompetentes Selbst(-bild) erzeugt, dann handelt es sich dabei um eine gesunde ChristusIdentität. Das Selbst unterliegt also einer ständigen Wandlung und Veränderung, je nachdem aus welchem Blickwinkel das Ich es konstituiert. Man könnte also die Christus-Identität des Neuen Testaments mit „einem von den Aussagen des Wortes Gottes erzeugten Selbst“ beschreiben. Dieses am Wort Gottes orientierte Selbst ersetzt das frühere Selbst, das auch durch negative Erfahrungen seine Prägung erfuhr. Wenn also Paulus in Galater 2,20 vom „Nichtmehr-Ich“ bei gleichzeitiger Beibehaltung eines anderen „Ich“ schreibt, („[…] nicht mehr ich lebe […] was ich jetzt im Fleisch lebe“) könnte das Modell Meads vom Ich und vom Selbst eine Erklärungshilfe sein. Dann könnte man das neue Ich in Christus dem neuen Selbst zuordnen, das durch den Zuspruch Gottes entsteht. Das Ich konstituiert ein neues Selbst durch die Zusagen Gottes. Dieses neue Selbst lebt jetzt im Vertrauen auf Gott („ […] was ich jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Vertrauen auf […] Gott […]).

Psychosoziale Identität und Christus-Identität

Dies führt uns in Anlehnung an das biosozio-psycho-spirituelle Modell, wie wir es bei de’ ignis verwenden, zu einem weiteren Begriff, dem der Psychosozialen Identität. Unser Selbstbild, unsere Gefühlswelt und unser Bewusstsein sind davon geprägt, was

wir durch unsere soziale Umwelt, wie z. B. Eltern, Erziehende, Lehrer:innen, Peergroup, Arbeitskolleg:innen und andere vermittelt und signalisiert bekommen haben. Aber auch unsere genetische Veranlagung spielt eine wichtige Rolle. Wir haben also eine psychosoziale Identität, in der auch biologische Komponenten mitwirken. Diese psychosoziale Identität wird durch eine spirituelle Erfahrung verwandelt in die neutestamentliche Christus-Identität. Das bedeutet, das „Nicht-mehr-Ich“ mit seinen Prägungen und Belastungen aus der Vergangenheit (psychosoziale Identität) wird verwandelt in das „Christus-Ich“ (Christus lebt in mir). Die Aufgabe der Christlich-integrativen Psychotherapie besteht darin, diesen Transformationsprozess zur Christus-Identität zu fördern, was mit einem psychischen Gesundungsprozess einhergeht.

Zusammenfassung

Gesunder Glaube und gesunde Spiritualität fördern eine reife und gesunde Persönlichkeitsentwicklung hin zur Mündigkeit und einem Lebensstil, der die Übernahme von Verantwortung für sich selbst und das Gemeinwohl beinhaltet. Diese ChristusIdentität verbunden mit einer Persönlichkeitsentwicklung hin zu Autonomie und moralischer Verantwortung18 , unterstützt durch den Heiligen Geist, schützt den Menschen vor der Fremdbestimmung und negativer transzendenter Beeinflussung. Dies beendet die durch den Sündenfall entstandene Entfremdung und gibt dem Menschen Heimat und Geborgenheit bei Gott. Daraus erwachsen Hoffnung, Handlungskompetenz und Selbstkontrolle sowie Sinn, Ziel und Berufung. Es ist die Wiederherstellung der Gebrochenheit des Menschen durch das Erlösungshandeln Christi. Damit ist die christliche Spiritualität, die in ihrer Charakteristik einmalig ist, hochwirksam bei der Neuorientierung und Verhaltensänderung. Es handelt sich um einen Prozess, der sich im Rahmen einer Entwicklung vollzieht, und effektiv für den seelischen Gesundungsprozess eines jeden Menschen ist. Neueste Forschungsergebnisse bestätigen dies als evidenzbasierten Befund in beeindruckender Weise.

de’ignis-magazin – Impulse und Erfahrungen

Fußnoten

1 Paulus führt im Römerbrief (Kapitel 6) aus, dass wir mit Christus gekreuzigt, gestorben, begraben und mit ihm in ein neues Leben auferstanden sind, um jetzt durch Gnade und Glauben als neue Schöpfung die Freiheit zu haben, nach dem Willen Gottes leben zu können. Dabei spricht er vom alten Menschen (Römer 6,6) und der neuen Schöpfung in Christus (2. Kor. 5,17).

2 Rehfus, Wulff D. (Hrsg.) (2003): Handwörterbuch Philosophie. Vandenhoeck & Ruprecht. Siehe Artikel zum Stichwort „Person“ von Holm Bräuer.

3 Vgl. hierzu: Berger, Klaus (1991): Historische Psychologie des Neuen Testaments. Stuttgart: Kath. Bibelwerk. S. 45–63: Identität und Person.

4 1. Sam. 16,14 und 23

5 Berger, Klaus a.a.O.

6 Lukas 1,17

7 Johannes 10,30

8 Johannes 14,9

9 Galater 2,20 (Elberfelder Bibel, 2006)

10 Paulus spricht hier nicht nur von einem biographischen Ich, sondern von einem Ich als neuem Ich-Typus. Vgl. Theißen, Gerd (1993): Psychologische Aspekte paulinischer Theologie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. S. 194–204.

11 Kolosser 1,27

12 1. Korinther 15,45

13 Kolosser 2,15

14 1. Johannes 5,4

15 Mead, G. H. (1934): Mind, Self and Society. University of Chicago Press.

16 Vgl. hierzu Pannenberg, Wolfhart (2011): Anthropologie in theologischer Perspektive. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. S. 181 ff.

17 Da auch bei Mead die Unterscheidung von „Ich“ und „Selbst“ für viele Kritiker:innen nicht eindeutig bzw. schlüssig erscheint, greifen wir an dieser Stelle seine Theorie als Modellvorstellung auf, ohne uns auf seine Begrifflichkeit im Sinne einer Definition von Ich und Selbst („I“ and „Me“) festzulegen. Dass es ein „Ich“ im Sinne eines Kontinuums oder Persönlichkeitskern gibt, legt die Fähigkeit zur Selbstreflektion des Menschen nahe. Wären wir nur ein Produkt neuronaler Verknüpfungen, welche Instanz in uns hätte dann die Fähigkeit zur Selbstreflektion, Selbstdistanzierung und Selbstkritik? Vgl. hierzu: Storck, Timo (2021): Ich und Selbst. Stuttgart: Kohlhammer. S. 161.

18 Unberücksichtigt bleibt hierbei die Frage nach dem freien Willen aufgrund neurologischer Erkenntnisse. Das Libet-Experiment (Bereitschaftspotential für Motorik setzt 0,35 Sekunden früher ein als ein Bewusstsein über eine getroffene Entscheidung) wird durch Schultze-Kraft dadurch relativiert, dass erst nach 200 Millisekunden vor Ausführung ein „point of no return“ der Handlungsvorbereitung gegeben ist. Siehe hierzu: Storck, Timo (2021): Ich und Selbst. Stuttgart: Kohlhammer. S. 162.

Autor

Winfried Hahn ist Pastor und Pädagoge. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern studierte Pädagogik, war Pastor in mehreren freikirchlichen Gemeinden und absolvierte eine Ausbildung zum christlichen Therapeuten. Heute leitet er das de’ignis-Wohnheim – Haus Tabor zur außerklinischen psychiatrischen Betreuung und ist Vorsitzender der de’ignis-Stiftung Polen. Er ist verantwortlich für den Fachbereich Theologie am de’ignis-Institut. Als Pastor im übergemeindlichen Dienst und Buchautor hält er Predigten, Vorträge und Seminare im In- und Ausland.

Foto: Jose de la Cruz / unsplash 53
Gesunder Glaube und gesunde Spiritualität fördern eine reife und gesunde Persönlichkeitsentwicklung hin zur Mündigkeit und einem Lebensstil, der die Übernahme von Verantwortung für sich selbst und das Gemeinwohl beinhaltet.

In der de’ignis-Fachklinik erhalten Menschen bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, Ängsten, Zwängen und Burn-out, sowohl stationär als auch ambulant oder tagesklinisch eine individuell auf sie ausgerichtete Behandlung. Zusätzlich bietet sie Nachsorge- und Sonderprogramme mit einzelnen Sozialversicherungsträgern sowie verschiedene Präventionsangebote an. ↗ Ab Seite 55

Das de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen mit psychischen Erkrankungen und Lebenskrisen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben. Es deckt die Bereiche des intensiven und teilstationären Heimbereichs, den Wohntrainingsbereich sowie den ambulanten Bereich ab. Dabei bietet es ein umfangreiches sozialtherapeutisches Programm an.

Das de’ignis -Institut bietet seit über 20 Jahren erfolgreich Fortbildung, Schulung, Supervision und Beratung für Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche an, hierbei insbesondere die Fortbildung für Christlich-integrative Beratung und Therapie. Das Institut bildet eine Schnittstelle zwischen Medizin, Psychologie und Theologie. ↗ Ab Seite 57

Die de’ignis -Stiftung in Polen bietet bereits seit einigen Jahren Seelsorgekurse an und unterstützt den Aufbau eines Netzwerks von Seelsorge-Beratungsstellen. Des Weiteren erhalten Menschen mit psychischen Erkrankungen in der de’ignis-Beratungsstelle in Warschau ambulante Psychotherapie.

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„Gesund mit Musik“ de’ignis-Fachklinik als Partner beim Kissinger Sommer 2022

• Im Rahmen der Musiktherapie der de’ignis-Fachklinik hatten die Patient:innen im Sommer 2022 eine besondere Gelegenheit, Konzerte mit Weltklasseorchestern digital in hoher Qualität zu erleben. Das durch die Bundesregierung unterstützte musikalische Erlebnis im Rahmen von sechs Livestream-Konzerten ermöglichte Patient:innen an ausgewählten Gesundheitseinrichtungen in Deutschland an diesem Musikfestival mit internationalen Künstler:innen und Orchestern der klassischen Musik teilzunehmen. In den Pausen kam es zu Gesprächen über die Musik, die Organisation, Kameraführung, die Musiker:innen. Der Musiktherapeut der de’ignis-Fachklinik konnte zudem Fragen zu den Instrumenten und Komponist:innen beantworten. So war der Kissinger Sommer 2022 ein besonderes und heilsames Highlight aller Patient:innen der de'ignis Fachklinik, die in den Genuss des Festivals kamen.

Von Herzen Dankeschön für

alle Spenden

• Ganz herzlich möchten wir uns bei allen Spenderinnen und Spendern für ihre – teils auch wiederkehrenden – Spenden bedanken. Das sind herausfordernde Zeiten, in der sich die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik aktuell befinden, die auch uns als gemeinnützige Einrichtungen im öffentlichen Gesundheitswesen betreffen. Umso mehr schätzen wir Ihre Unterstützung und sind Ihnen dafür von Herzen dankbar. Als de’ignis möchten wir insbesondere in dieser Zeit weiterhin Menschen in ihren Krisensituationen kompetent auf christlicher Basis helfen.

Wer uns unterstützen möchte: Wir freuen uns auch weiterhin über jedes ermutigende Wort, Ihre Gebete und Spenden.

Spendenkonto:

de’ignis-Fachklinik gGmbH

Volksbank Nordschwarzwald eG

IBAN: DE50 6426 1853 0062 1680 02

BIC: GENODES1PGW

Wir wünschen Ihnen Gottes Segen und dass Sie gut durch diese Zeit kommen. Bleiben Sie gesund und hoffnungsvoll!

Aktuelle Informationen finden Sie auch auf www.deignis.de/aktuelles Foto: Kael Bloom / unsplash 55

Berufsbegleitende Rehabilitation

Ein Projekt der de’ignis-Fachklinik und der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg

• Die de’ignis-Fachklinik bietet zusammen mit der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg eine besonders niederschwellige und flexible Form der Rehabilitation an: ambulant und berufsbegleitend. Die neue berufsbegleitende Rehabilitation richtet sich an Versicherte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, die aufgrund einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung von Arbeitsunfähigkeit bedroht, aktuell berufstätig und aktuell nicht krankgeschrieben sind.

Die ambulante Rehabilitationsleistung umfasst 20 Termine, die einmal pro Woche im de’ignisGesundheitszentrum durchgeführt werden. Dabei bestehen diese aus multiprofessionellen Therapiemodulen mit unter anderem Psychotherapie, medizinischer Diagnostik, Ergotherapie sowie Sport- und Bewegungstherapie

Die zeitliche Vereinbarkeit der berufsbegleitenden Rehabilitation mit der laufenden beruflichen Tätigkeit wird von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg unterstützt. Durch die längerfristige Begleitung und die Möglichkeit der direkten Umsetzung des Erlernten am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld wird der Therapieerfolg sogar dauerhaft erhöht. So ist das Ziel, dass die Patientinnen und Patienten des Programms an ihrem privaten und beruflichen Leben wieder belastbar und leistungsfähig teilnehmen und ihre Herausforderungen bewältigen können.

Sie sind bei der Deutschen Rentenversicherung BadenWürttemberg versichert und haben Fragen zur berufsbegleitenden Rehabilitation?

Gerne beantworten wir Ihre Anfragen – nutzen Sie dazu am besten unser Kontaktformular oder schreiben Sie uns per E-Mail an info@deignis.de

20 Termine im Nordschwarzwald

Verschiedene Therapiemodule (u. a. Psychotherapie, medizinische Diagnostik, Ergotherapie sowie Sport- und Bewegungstherapie)

Zeitliche Vereinbarkeit der berufsbegleitenden Rehabilitation mit der laufenden beruflichen Tätigkeit

Längerfristige Begleitung und die Möglichkeit der direkten Umsetzung des Erlernten am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld

de’ignis-magazin – Aktuell – Fachklinik
Die Vorteile der Berufsbegleitenden Rehabilitation im Überblick: Direkt zum Kontaktformular auf www.deignis.de

Fortbildungsangebote des de’ignis-Instituts

Sie wollen Ihren Wissenshorizont und Ihre Kompetenzen im Bereich der psychischen Gesundheit aufbauen, erweitern oder verbessern?

Hierzu finden Sie bei uns ein interessantes Spektrum an Fortbildungen, Schulungen, Seminaren und Vorträgen, die genau zu Ihren Anforderungen passen. Wachsen Sie mit der hohen Qualität unserer Angebote in Ihren Fähigkeiten und profitieren Sie von der langjährigen Erfahrung und Kompetenz von de’ignis.

Ausgewählte Dozent:innen aus Wissenschaft und Praxis schulen Sie in den verschiedenen Bereichen nach den aktuellen Standards und geben Ihnen exklusive Einblicke sowie Hilfestellung in der direkten Umsetzung relevanter Lerninhalte. Mit unseren Fortbildungs- und Schulungsangeboten profitieren Sie einerseits selbst für Ihr eigenes Leben und werden andererseits in die Lage versetzt, anderen Menschen in ihrem seelischen Wohlbefinden kompetent zu helfen.

Die Fortbildungsangebote von de’ignis zeichnet unter anderem aus:

1 Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im ambulanten und stationären Bereich der Behandlung psychischer Störungen verbinden wir klinische und sozialtherapeutische Kompetenz mit einer kontinuierlichen Theorieentwicklung.

2 Aufgrund unserer christozentrischen spirituellen Erfahrung und theologischen Kompetenz gelingt uns ein bewusstes Crossover der Grenze zwischen Theologie und Psychologie

3 Aufgrund unserer klaren biblischen Positionierung und gleichzeitiger Interkonfessionalität und Interkulturalität basiert unser theologischer Standpunkt auf den Prinzipien der SolaAussagen Luthers. Ergänzend dazu orientieren wir uns an der gemeinsamen Erklärung des Lutherischen Weltbundes und des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen über Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre. Unsere Hermeneutik ist an der Kanonischen Exegese orientiert. Unser wissenschaftlicher Beirat besteht aus Mitgliedern anerkannter Konfessionen.

6 Aufgrund der hohen Fachkompetenz unserer Mitarbeitenden und Referent:innen gelingt uns eine Gesamtschau medizinischer, psychiatrischer, psychotherapeutischer und sozialtherapeutischer Aspekte und deren Vermittlung auf hohem Niveau durch Selbsterfahrung und praktische Übungen.

5 Aufgrund unseres engagierten und persönlich gelebten Glaubens bieten wir einen wissenschaftlich fundierten Theorierahmen, in dem Glaube und Wissenschaft, Theologie und Psychotherapie nicht unverbunden nebeneinander stehen, sondern sich in dem von uns entwickelten Konzept der Christlichintegrativen Beratung und Therapie (CiBT) zu einer Theorie der menschlichen Existenz verbinden; hin zu einer Anthropologie, die besonders im bio-psycho-sozial-spirituellen Modell des Menschen, neben anderen Modellen und der Praxis der CiBT, ihren Ausdruck findet.

→ Das Ineinandergreifen von hoher Fachkompetenz und einer christozentrischen überkonfessionellen Theologie mit persönlichen Glaubenserfahrungen (Gottvertrauen) sind das unverwechselbar Besondere und Einzigartige unserer Fortbildungsund Schulungsangebote.

Foto links: Dropped Magazine / unsplash; Rechts: Fa Barboza / unsplash 57

Gemeinsam Zukunft gestalten. Als

Gesundheits- und

Krankenpfleger:in

im de’ignis-Wohnheim.

Das sozialtherapeutische Zentrum de’ignis-Wohnheim nimmt Menschen auf, die vorübergehend oder langfristig nicht in der Lage sind, selbständig zu leben. Helfen Sie mit, den Bewohnerinnen und Bewohnern des de’ignis-Wohnheims auf Basis des christlichen Glaubens eine Heimat zu geben. Die Aufgaben, die Sie dabei erwarten sind anspruchsvoll, vielseitig und bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihre Berufung zum Beruf zu machen.

Interessiert? Lernen Sie uns als Arbeitgeber kennen und nutzen Sie die Chance, Ihrer persönlichen Berufung bei uns nachzugehen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

de’ignis-Wohnheim gGmbH • Fred-Hahn-Straße 30 - 32 • 72514 Engelswies Telefon 07575 92507-0 • Fax 07575 92507-30 • wohnheim@deignis.de
Bewerben Sie sich jetzt online! Weitere Stellenangebote und Informationen zu de’ignis finden Sie auf www.deignis.de

Kurs in begleitender Seelsorge

Zur Begleitung von Menschen in Lebenskrisen, Glaubensfragen und psychischen Nöten. Unsere Botschaft von Gnade und Liebe, gepaart mit Glaube und Hoffnung, basierend auf solidem Fachwissen und dem Ziel einer prozesshaften Entwicklung, ist das Fundament aller Seminarinhalte. Dieser Seelsorgekurs umfasst insgesamt zehn Seminare.

Eingeladen sind Christ:innen, die einen inneren Ruf zur Seelsorge verspüren, aber auch solche, die sich einfach nur für seelsorgerliche Fragen interessieren. Der Kurs in begleitender Seelsorge soll zur qualifizierten Begleitung von Menschen in Lebenskrisen, Glaubensfragen und psychischen Nöten befähigen. Darüber hinaus vermittelt der Kurs Einsichten in die verschiedenen Entwicklungsphasen des menschlichen Lebens und bietet damit die Möglichkeit, sich selbst besser verstehen und kennen zu lernen.

Seminar 5 Freundschaft, Liebe, Sexualität –25.–26.11.2022 im Jugendalter und in der Ehe

Seminar 6 Biblisches Menschenbild (Anthropologie), 03.–04.02.2023 Therapie des Herzens, Hören auf Gott, umfassende Konzeption biblischer Seelsorge

Seminar 7 Innere Heilung durch Klärung der Beziehung 17.–18.03.2023 zu Gott, zum Du (Mitmenschen) und zum Ich (zu mir selbst) in Vergangenheit und Gegenwart

Aufgrund der aktuellen Situation und den damit verbundenen Unsicherheiten bei der Planung bitten wir Sie, sich über aktuelle Termine und Informationen auf unserer Website unter www.deignis.de/fortbildung/seelsorge-schulung zu erkundigen und gegebenenfalls auf Ausweichtermine zu achten. Diese werden rechtzeitig online bekannt gegeben.

Der Kurseinstieg ist jederzeit möglich, da die Lehreinheiten regelmäßig in weiteren Zyklen im Tabor Schulungszentrum wiederholt werden.

Weitere Informationen erhalten Sie im Internet unter www.deignis.de/fortbildung oder unter der Telefonnummer 07434 7234-176

Veranstaltungsort:

Tabor Schulungszentrum für Seelsorge, Beratung und neutestamentliche Dienste

Sigmaringer Straße 64 72474 Winterlingen www tabor - schulungszentrum.de

Seminarleitung: Winfried Hahn

de’ignis-Institut gGmbH • Markgrafenweg 17 • 72213 Altensteig Telefon 07453 9494-0 • institut@deignis.de • www.deignis.de www.deignis.de/fortbildung

de’ignis-Fachklinik

Fachklinik auf christlicher Basis für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik

• stationäre medizinische Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen

• ambulanteund teilstationäre Rehabilitation und Behandlungen

• Sanatoriumsbehandlungen • Nachsorge IRENA und Psy-RENA

• Prävention und Vorsorge • Assessment-Center

de’ignis-Wohnheim

Sozialtherapeutisches Wohnheim nach biblischen Grundsätzen mit Einzel- und Gruppenangeboten

• Gesprächstherapie • Sozialtraining • Arbeitstraining (z. B. im eigenen Verlag) • Freizeitpädagogik • individuelle Betreuung

de’ignis-Institut

Institut für Psychotherapie und christlichen Glauben

• Kurs in begleitender Seelsorge • Vernetzung von Fachleuten • Fortbildung in Christlich-integrativer Beratung und Therapie • Gesundheitscoaching

• Supervision • ambulante Beratung für Erwachsene • Sozialpädagogische Beratung für Kinder, Jugendliche, Familien • Weitere Angebote zur Prävention

de’ignis-Stiftung Polen

Christliche Stiftung mit Einzel- und Gruppenangeboten

• Ambulante Therapieangebote, stationäre in Planung

• Schulungen • Freizeitpädagogik

de’ignis-Institut gGmbH · Markgrafenweg 17 · 72213 Altensteig
Besuchen Sie uns auf www.deignis.de

Nachhaltigkeit

de’ignis-magazin –
Nr. 64

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