Sozialpolitisch fährt die Bundesregierung schon länger nicht mehr zumindest auf Sicht – sie befindet sich im Blindflug. So beurteilen dies Experten von außen. Angesichts gigantischer anderer Herausforderungen blieben wichtige Vorhaben wie etwa die Rentenpolitik schlichtweg unbearbeitet liegen. Ausgerechnet in einer Zeit, in der sich die private Altersvorsorge in einem großen Umbruch befindet. Selten zuvor war der Regierungsjob derart stressig wie derzeit – von der Wende einmal abgesehen. Brexit, Klima, Corona-Pandemie, Rettungspläne aus Brüssel. Dies sind nur einige Themen, die es zu bearbeiten gilt. Viele andere Vorhaben, die laut Koalitionsvereinbarung eigentlich bis zur nächsten Wahl abgearbeitet werden sollten,
sind scheinbar völlig in Vergessenheit geraten. Dazu gehört sicher auch die Zukunftssicherung der Bundesbürger. Bundesregierung und Gesetzgeber sollten trotz der vordringlichen Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Pandemie zu treffen sind, nicht Vorhaben in anderen Bereichen aus den Augen verlieren. Diese Mahnung erhebt jetzt das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA). So enthalte der Koalitionsvertrag noch eine Reihe offener Punkte zur Alterssicherung. Sie spielten gegenwärtig in der politischen Diskussion kaum noch eine Rolle. Bestes Beispiel ist der geplante Schutz jener Selbstständigen, die nicht bereits anderweitig obligatorisch abgesichert sind, beispielsweise über berufsständische Versorgungswerke. Für sie sieht der
Das große Vergessen
Koalitionsvertrag die Einführung einer Vorsorgepflicht mit der Wahlmöglichkeit zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und anderen geeigneten insolvenzsicheren Vorsorgearten vor. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach bereits mehrmaligen Verschiebungen für das 1. Halbjahr 2020 angekündigt. Auch für die Reform der Riester-Rente dränge mittlerweile die Zeit, mahnt das DIA. Die Verbände der Finanzwirtschaft hätten schon vor Monaten der Regierung einen Vorschlag unterbreitet. „Bis Dezember spätestens sollte ein Gesetzentwurf dazu vorliegen. Der Gesetzgeber muss ihn dann ohne Verzögerung im Frühjahr 2021 verabschieden. So gelingt die Reform noch in der laufenden Legislaturperiode“, erklärt DIA-
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