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REPORT
Wenn man sich die Menschheitsgeschichte betrachtet, dann konnten sich Verbote von Drogen nie lange halten oder wurden erst gar nicht ausgesprochen. Es kam zwar immer mal wieder vor, dass Herrscher den Konsum gewisser psychoaktiver Pflanzen unter Strafe stellten, doch das war selten und nie von Dauer. Das sollten wir im Hinterkopf behalten, denn auch in Deutschland war Cannabis eigentlich immer völlig legal – bis vor 82 Jahren äußere Einflüsse Text: M-Dog dazu führten, dass sie auch hier begann:
Die Geschichte der Hanfprohibition Die psychoaktive Hanfpflanze war ursprüngliche nur in Zentral- und Vorderasien beheimatet und verbreitet, die ältesten Überlieferungen zum Gebrauch von Hanf als Rauschmittel sind über 4700 Jahre alt – von einem Verbot des Konsums oder der Pflanze ist dagegen nichts bekannt. Auch in diversen ägyptischen Mumien wurden Cannabinoide nachgewiesen und wir wissen heute sehr genau, dass das Leben im alten Ägypten für den Großteil der Menschen kein Zuckerschlecken war – aber zumindest durften sie (zeitgemäß formuliert) legal kiffen. Mit den Jahrhunderten verbreitete sich der Hanf durch den Menschen immer weiter in alle Himmelsrichtungen und so wurde er schließlich auch in Europa wegen seiner angenehmen psychoaktiven Wirkung bekannt. Hanf wurde sowohl von den alten Griechen wie auch von den Römern für seinen entspannenden Rausch geschätzt, erst nach dem Zusammenbruch des römischen Imperiums geriet diese Verwendungsmöglichkeit der Hanfpflanze in Europa ein wenig in Vergessenheit. In den „Hexenmitteln“ des Mittelalters taucht Hanf dann als psychoaktiv wirkende Substanz wieder vermehrt auf. Dabei war das Essen oder Rauchen von Cannabisblüten im Mittelalter gar nicht verboten oder vermeintlichen Hexen vorbehalten – auch wenn letztere oft und öffentlich verbrannt wurden. Das Wissen um die psychoaktive Wirkung des Hanfs ging zwar in diesen dunklen Jahrhunderten nicht verloren, doch das einfache Volk sah in Hanf vor allem eins: einen gefragten Agrarrohstoff. Ab dem 16. Jahrhundert wurde Cannabis in Europa eigentlich „nur noch“ für die Herstellung von Papier, Seilen und Textilien angebaut.
auch im einfachen Volk dermaßen an, dass Anfang des 20. Jahrhunderts hanfhaltige Zigaretten im Deutschen Reich frei verkäuflich und überall erhältlich waren – am verbreitetsten waren die Marken „Nil“, „Arabische Nächte“, „Harem“ oder „Wunder des Orients“. Noch in den „Goldenen Zwanzigern“ dichtete man in Berlin: „Haste Haschisch in den Taschen, haste immer was zu naschen.“ Keiner ahnte damals, wie rasant sich das gesellschaftliche Klima ändern würde – weltweit und regional. Deutschland war durch seine Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag, durch den Völkerbund und später als Mitglied der UNO international eingebunden und musste sich der von den USA vorgegebenen Drogenpolitik beugen. So wurde im Jahre 1929 auch in Deutschland der Besitz von Hanf zu „Rauschzwecken“ erstmals verboten – die theoretische Höchststrafe bei Zuwiderhandlungen betrug 3 Jahre Haft. So viel Mist Deutschland in der Weltgeschichte bis dahin schon gebaut hatte und noch bauen würde: An dem Verbot der Hanfpflanze hatte es keinen Anteil und kein Interesse. Wie aber kam es dazu? Ihren Ursprung hat die Geschichte der globalen Hanfprohibition in der Auseinandersetzung zwischen Schwarzen und Weißen in Südafrika und den USA – also im nach wie vor existenten Rassismus
„Unterschicht“ konsumiert, welche unter den feinen Weißen ganz allgemein als subversiv und kriminell galt. Auch in den USA steckte der Rassismus noch fest in den Köpfen und richtete sich mit der Zeit auch vermehrt gegen mexikanische Landarbeiter, die nach einem anstrengenden Arbeitstag gerne mal mit einem Tütchen Marihuana entspannten. Am meisten gekifft wurde in den Südstaaten insbesondere in New Orleans, wo in den 20er Jahren viele schwarze und einige wenige weiße Jazzmusiker den Hanfgenuss ganz öffentlich zelebrierten und propagierten. Und so war es dann 1926 auch eine Zeitung aus New Orleans, die öffentlich behauptete, dass der Marihuanakonsum der schwarzen Bevölkerung der Auslöser für die hohe Kriminalitätsrate in dieser Bevölkerungsgruppe sei. Kurz darauf wurde der Hanfkonsum im Staate Louisiana verboten, gute 5 Jahre später war der Konsum bereits in vielen Staaten der USA illegal. Doch noch fehlte eine bundeseinheitliche Regelung – also wurde in aller Eile eine zentrale Drogenbehörde eingerichtet, deren erster und langjährigster Leiter heute als DIE entscheidende Person in der Geschichte der Hanfprohibition gilt: Harry J. Anslinger. Dass Anslinger – wie übrigens auch alle US-Präsidenten – nur ein Handlanger viel mächtigerer Hintermänner war, wird trotzdem auch heute noch gerne verschwiegen. Dabei wissen wir inzwischen ganz genau, was damals geschah und was daraus folgte: Ganze 31 Jahre gab Anslinger als Leiter der Bundesbehörde in internationalen Drogenfragen den Ton an, unter seiner Federführung wurden in den 30er bis 50er Jahren u. a. folgende Prohibitionsthesen weltweit verbreitet:
So viel Mist Deutschland in der Weltgeschichte bis dahin schon gebaut hatte und noch bauen würde: An dem Verbot der Hanfpflanze hatte es keinen Anteil und kein Interesse.
Erst gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die bewusstseinserweiternde Wirkung von Hanf in Mitteleuropa wiederentdeckt. Vor allem interessierten sich die damaligen Künstler für das Rau(s) chkraut - als beliebte Konsumorte galten die Kaffeehäuser der europäischen Metropolen. Tatsächlich waren dies die historischen Vorläufer der heutigen „Coffee-Shops“ und Namensgeber der modernen holländischen Variante. Das Cannabiskonsuminteresse stieg bald
der ehemaligen Sklavenhalter. Das allererste staatliche Hanfverbot wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Südafrika ausgesprochen, um den bei der schwarzen Bevölkerung stark verbreiteten Hanfgebrauch „auszurotten“. Man könnte aber auch sagen, dass es den weißen Herrschern vor allem darum ging, ein zeitgemäßes Unterdrückungsinstrument zu schaffen, dass ihnen auch weiterhin – und legal – erlaubte, ihre ehemaligen Sklaven zu schikanieren. Auch in den USA mehrten sich ab Mitte der zwanziger Jahre die Befürworter der Hanfprohibition. Cannabis wurde zu dieser Zeit fast ausschließlich von der mexikanischen und afroamerikanischen
wenig „suchtgefährdend“ und sind legal. Da kann man doch glatt Realitätsverlust oder Schlimmeres unterstellen. Der Hanfkonsum endet in vielen Fällen mit Mord und anderen abscheulichen Verbrechen. Auch diese bis in die 50er Jahre von Anslinger vorgetragene Behauptung gilt heutzutage als eindeutig widerlegt. Denn das Gegenteil ist der Fall: Im Tierversuch wirkt THC beruhigend, es unterdrückt aggressives Verhalten und führt bei Affen zu einem gesteigerten Sozialverhalten. Ganz ähnlich wirkt Cannabis beim Menschen, auch hier zeigt sich ein deutlicher Abbau von Aggressionen: Während 30-50 % aller Gewaltstraftaten nach aktuellen Kriminalstatistiken unter Alkoholeinfluss begangen werden, sind solche Straftaten nach Cannabiskonsum die absolute Ausnahme. Hanfkonsum führt zwangsläufig zum Heroingebrauch. Damit war zugleich die noch immer gebräuchliche These von der Einstiegstheorie geboren, die jedoch nie wissenschaftlich untermauert werden konnte. Diese Behauptung wurde aus einem klinischen Befund hergeleitet, wonach über 95 % der heroinabhängigen Menschen zuvor auch Cannabis konsumiert hatten. Etwa 99 % dieser Personen hatten jedoch zuvor auch Alkohol oder Nikotin konsumiert, dennoch wurden diese Drogen nie als Einstiegsdrogen bezeichnet. Diese und viele weitere Prohibitionsthesen wurden durch den Großteil der Medien ungeprüft verbreitet – allen voran die Zeitungen des Papierfabrikanten und Medienmoguls William Randolph Hearst, der mit einem groß aufgemachten Artikel über das „Mörderkraut Marihuana“ in einer seiner Zeitungen aus New Orleans 1926 den Prohibitionsstein überhaupt erst ins Rollen gebracht hatte.
Hanf ist ein hochgefährliches Rauschgift. Auch wenn diese These heute längst wissenschaftlich widerlegt wurde, will es die US-Regierung noch immer nicht wahrhaben und klassifiziert Cannabis nach wie vor als „Class-1-Drug“. In der Klasse 1 sind nur die gefährlichsten Drogen wie beispielsweise auch Heroin, wogegen LSD, Kokain oder Amphetamine in der Klasse 2 (also als weniger gefährlich) eingestuft sind. Alkohol und Tabak gelten als nur
Ein wichtiger Mann wie Hearst hatte natürlich einflussreiche Freunde, u. a. Lammont DuPont (ein mächtiger Chemiefabrikant) und Andrew Mellon (Bankier und US-Finanzminister). Diese drei hatten ein gemeinsames Interesse: Geld. Wenn dazu nötig war, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, dann war das für sie keine moralische Hürde, die sie nicht hätten überwinden können. Schließlich stand einiges für sie auf dem