Titel
WIR 1/2021
EHRENAMT ALS GESELLSCHAFTLICH WICHTIGE LEBENSAUFGABE
Impfen braucht Kommunikation ohne Barrieren!
Bei meinem ersten Beitrag für die WIR vor 16 Jahren ging es ebenfalls um das Thema Ehrenamt. Inzwischen bin ich seit dem Jahr 2009 unbefristet berentet. Die Inhalte meiner ehrenamtlichen Tätigkeiten haben sich inzwischen sehr verändert und verschoben. Ich bezeichne mich als „Non Profit Freelancer“ oder „Expertin in eigener Sache“. Ich bin erstaunt, wie sehr diese Aussagen immer noch für mich stimmen! Im Jahr 2005 antwortete ich Thomas Boldin in seinem Interview für die WIR (3/2005, S. 25–26) auf die Frage nach meinem ehrenamtlichen Engagement: „Diese Arbeitsinhalte habe ich mir selbst gesucht. Insofern entsprechen sie meinen Lebensthemen. Da ich unter dem normalen Druck im Arbeitsleben auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht bestehen kann, habe ich diesen Weg gewählt. Das ist schon innerlich ausfüllend.
In der Pandemie liegt der Fokus nicht bei Inklusion. „Dass Inklusion vor der Pandemie noch nicht als Querschnittsaufgabe gedacht wurde, fällt uns jetzt wirklich auf die Füße“, meint Dominik Peter. Seit Ausbruch der Pandemie übersetzen zwar vermehrt Gebärdendolmetscher wichtige Regierungsansprachen zu Corona. Darin sieht Dominik Peter einen großen Erfolg. Doch beim Thema Impfen setzen sich Barrieren in der Kommunikation weiter fort. „Wie läuft es mit der Impfung? Wie kriegt man den Impftermin? Das sind alles Informationen, die sofort auch in Gebärdensprache und in Leichter Sprache hätten rausgehen müssen“, kritisiert er. Diese Kritik äußert er auch im Teilhabebeirat im Berliner Senat. Dort gibt es in nahezu jedem Ressort eine Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit. Auf der letzten Tagung stand die Impf-Problematik im Land Berlin auf der Tagesordnung. „Wir wurden informiert, konnten Fragen stellen und unser Input wurde auch gerne gehört“, erzählt Dominik Peter. „Aber in dem Moment, wo wir was anders sehen als ein Senator, haben wir keinerlei Befugnis. Und wenn es mal hart auf hart kommt und manche Lösungen auch eventuell mehr Geld bedeuten würden, dann sind wir nicht mehr gern gesehene Gäste.“
Ich muss das nicht machen, aber ich will das machen und kann aber auch jederzeit weghuschen und mich zurückziehen, wenn ich Zeiten von Reizreduktion brauche. Die zeitliche Flexibilität ist extrem wichtig für mich. Ebenso wichtig ist, dass ich mich in jeder Minute fragen kann: Hat das noch Sinn, was ich hier mache? Und: Wo ist die Lust, mein Wohlbefinden noch geblieben in dieser Situation?“ Ob ich im Ehrenamt eine Arbeitsalternative sehe, fragte Thomas Boldin und ich antwortete: „Strukturell ist es Ausbeutung, aber Sinn- und Kompetenzerleben sind wichtig für mich.“ Mein Resümee war: „[Es] wäre die Welt eine Menge schlechter, wenn wir Ehrenamtlichen nicht dabeibleiben würden. Wir machen unsere Arbeit mit dem Herzen.“
© HOLGER GROSS
Durch meinen Umzug nach Bremen im Jahr 2010 habe ich meine Ziele etwas verschoben. Immerhin gibt es hier eine Freiwilligen-Börse, die sehr aktiv wirbt, unter anderem in der Zentralbibliothek. Die 250.000 Bremerinnen und Bremer, die ehrenamtlich tätig sind, machen laut Weser-Kurier vom 26.01.2021 gut 42 Prozent der Bevölkerung aus. In unserem Stadtstaat gibt es prozentual weit mehr ehrenamtlich Tätige als in Berlin und Hamburg. Durch solidarische Aktionen verändern wir das gesellschaftliche Klima. Ehrenamtlich Tätige leisten Hilfe an vielen Stellen. Mensch muss einfach vertrauen, dass es eine Entwicklung vom Mikrokosmos zum Makrokosmos geben wird. Mikro ist die Ebene, auf der wir handeln. Makro ist das große Ganze. Dorthin wird sich das Gute in unserem Tun auswirken.
Heike Oldenburg Dominik Peter
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