WIR 1/2021
Wenn Bauverantwortliche Barrierefreiheit nicht umsetzen
Manchmal macht es mich aber auch sehr traurig, wenn ich von Behindertenbeauftragten der Bezirke empfohlen werde und dann vor Ort feststellen muss, dass Wohnungsgesellschaften, obwohl sie dazu verpflichtet sind, an ihrem Gebäude trotz mehrerer Aufforderungen den barrierefreien Zugang immer noch nicht realisiert haben. Stattdessen sinnlose Differenzstufen in der Freifläche, so dass Mieter und Mieterinnen mit Rollator, Kinderwagen oder Rollstuhl ohne fremde Hilfe das Gebäude nicht betreten oder verlassen können. Mit Führungsschienen wäre das Problem schnell gelöst.
VOM SCHMÖKERN IM WIR-MAGAZIN ZUM EHRENAMT Kontakte zu Menschen zu pflegen und Hilfe anzubieten, war mir stets wichtig. Durch meinen Beruf als Architektin kann ich auch Kenntnisse und Erfahrungen zum barrierefreien Bauen weitergeben. Indem ich beides miteinander verbinde, kann ich zum Gemeinwohl beitragen, vorausgesetzt natürlich, dass es sich von meiner Seite ermöglichen
Wenn sich niemand verantwortlich fühlt, schalte ich mich ein. Und das ehrenamtlich. Anlässlich des eben geschilderten fehlenden barrierefreien Zugangs entstand ein Briefwechsel mit der zuständigen Sachbearbeiterin der Wohnungsgesellschaft. Auch der Behindertenbeauftragte war involviert. Aber es tat sich nichts. Hier bin ich einfach nur wütend. Alles, was ein Ehrenamt ausmacht, wie Mitmenschlichkeit zu leben, wird in der Realität oft ignoriert. Luxuswohnungen mit Barrieren
Das Interesse an barrierefreien Wohnungen ist groß. Ein Problem sehe ich in Neubauten. Hier werden in Hochglanzprospekten barrierefreie Luxuswohnungen zum Kauf angepriesen. Das entspricht leider oft nicht der Realität, wie das folgende Beispiel zeigt: Durch die Empfehlung einer Behindertenbeauftragten bekam ich Kontakt zu einem jungen Käufer, der eine barrierefreie Wohnung in einem Neubauprojekt gekauft hatte. Weil er seit einem Verkehrsunfall auf einen Rollstuhl angewiesen ist, konnte er die Baustelle und seine gekaufte Wohnung nicht
Beim Neubau sind Sanitärräume meistens nicht barrierefrei. Das Waschbecken ist nicht unterfahrbar und der Spiegel hängt zu hoch.
lässt und Behörden meinen Anträgen zustimmen. Ich kann Mitmenschlichkeit leben, wenn ich z. B. dafür sorgen kann, dass Menschen durch meine Hilfe auch mit Behinderung weiter in der eigenen Wohnung leben können. Zur Fürst Donnersmarck-Stiftung bin ich vor vielen Jahren bei einem Messebesuch gestoßen. Dort, am Informationsstand der Stiftung, entdeckte ich das WIR-Magazin und blätterte es durch. Ich erkannte gleich, dass es sich hier um die Themen handelte, die schon über 20 Jahre zu meinem Betätigungsfeld gehörten. Ich kam ins Gespräch mit der damaligen Ehrenamtsbeauftragten der Stiftung, Marion Reuschel. Sie war begeistert von meinem Interesse und fragte mich, ob ich mein Fachwissen in das WIR-Magazin einbringen möchte. Und von dem Tag an bin ich dabei! Mit Artikeln zu verschiedenen Themen arbeite ich in der WIR-Redaktion mit. Gern schreibe ich in der jeweiligen Ausgabe zum Thema Barrierefreiheit, das ich je nach Themenschwerpunkt „beleuchte“. Im Team mit allen WIR-Beteiligten zu sein, macht mir viel Spaß. Leider ist es jetzt in der Pandemiezeit etwas erschwert, den Kontakt zu halten.
Dipl. Ing. Monika Holfeld, freischaffende Architektin – barrierefreies Bauen www.architektur-und-farbgestaltung.com
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