WIR 2021/1 Zeit für andere

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Titel

WIR 1/2021

Auf der Suche nach dem „dritten Wir“ Rezension zu Heinz Bude: „Solidarität. Die Zukunft einer großen Idee“, Hanser Verlag 2019

Heinz Bude ist Professor für Makrosoziologie an der Universität Kassel und erforscht schon seit vielen Jahren Prozesse der gesellschaftlichen In- und Exklusion, aber auch die Entstehung kollektiver und generationenspezifischer Identitäten. Heinz Bude schreibt immer sehr engagierte Bücher, die nicht nur analytisch anspruchsvoll sind, sondern häufig auch gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen benennen. In seinem neuesten Werk widmet sich Bude den strukturellen Voraussetzungen für eine solidarische Gesellschaft. Sein Ausgangspunkt ist die Überzeugung, dass es „keinen moralischen Zwang“ und „keinen in der menschlichen Natur angelegten Hang zur Solidarität gibt“. Stattdessen ist Solidarität eine „Möglichkeit des Einzelnen“, zu der man sich Tag für Tag entscheiden könne (S. 11). Auf der Grundlage dieser Vorüberlegungen unternimmt Heinz Bude in seinem 176 Seiten langen Essay einen Ritt durch die Ideengeschichte der Solidarität. Eine Idee auf dem Prüfstand

Der Kasseler Soziologe schlägt dabei einen großen Bogen, behandelt unterschiedliche soziologische Denkansätze, beschäftigt sich mit Entwicklungspsychologie genauso wie mit Evolutionsanthropologie oder wirtschaftswissenschaftlichen Fragen und behandelt darüber hinaus verschiedene einflussreiche Intellektuelle des 19. und 20. Jahrhunderts wie Émile Durkheim, Albert Camus oder – natürlich – mit Friedrich Engels und Karl Marx die Vordenker der Solidarität in der Arbeiterklasse.

S

chon im Jahr 2019 veröffentlichte Heinz Bude das Buch „Solidarität“, in dem er sich intensiv mit der „Zukunft einer großen Idee“ beschäftigte. In der Corona-Pandemie ist der Kasseler Soziologe ein gefragter Gesprächspartner, der öffentlichkeitswirksam die gesellschaftlichen Entwicklungen deutet. Bude interpretiert die kollektiven Anstrengungen zur Eindämmung des Corona-Virus im März und April 2020 als ein Zeichen für eine neu entflammte Solidarität. Ein Jahr später haben wir sein Buch wieder in die Hand genommen und uns gefragt, was es uns im zweiten Jahr der Pandemie noch zu sagen hat.

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Trotz der Vielzahl an Themen und Ansätzen zeichnet Heinz Budes Essay eine übergreifende These aus: Solidarität, so lässt sie sich zusammenfassen, ist zwar einerseits eine Grundkonstante menschlichen Lebens. Andererseits ist solidarisches Handeln keinesfalls selbstverständlich und voraussetzungslos. Ganz im Gegenteil beschreibt Heinz Bude in seinem Essay eine ganze Reihe von globalen Entwicklungen, die eine solidarische Gesellschaft zunehmend herausfordern: die Veränderungen der Arbeitswelt, den wiedererstarkten Rechtspopulismus, der einer exklusiven Solidarität nur für Mitglieder eines fest umrissenen Kollektivs das Wort redet, die sozialen Spaltungen der


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