ERKER 10 2020

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1920

Vor hundert Jahren ... Zusammengestellt von Karl-Heinz Sparber

01.10.1920 Sterzing, Hausiererplage Wohl keine andere Stadt von Südtirol wird von den Hausierern und Karnern so zahlreich besucht und die Bevölkerung derart belästigt, wie die derzeitige Grenzstadt Sterzing, denn hier wimmelt es von lauter so arbeitsscheuem Gesindel und italienischen Stockhändlern, die ihre „englische“ Ware anpreisen. Die meisten treiben sich ohne Hausiererlaubnis von Ort zu Ort. Man muß fragen, ob denn nirgends die Polizei ihr „Halt“ ruft, um Nachschau zu halten, wie weit alles den Gesetzen entspricht; nirgends eine Gewerbebehörde, die bei uns amtiert, wie anderswo, wo solchen Menschen längst der Boden zu heiß geworden? (…) Ein jeder Hausierer, welcher Ware aufzwingt, soll bei der Sicherheitswache oder bei der Gemeinde angezeigt werden. Helfet alle zusammen, ihr deutschen Kaufleute! Südtiroler Landeszeitung

zu werden, um Tausende von Erinnerungen ehrwürdiger, ruhmvoller Geschichte sich aufbäumen zu lassen, um persönliche Empfindungen und das Gefühl der Bedrohung eines tiefinneren Besitzes zu wecken. (…) Dieses Land braucht uns, wie unsere Seele dies Land braucht. (…) Südtiroler. Mit dem heutigen Tage ist die Einverleibung Südtirols in das Königreich Italien vollzogene Tatsache. Damit ist das alte Land Tirol in zwei Teile zerrissen. Südtirol ist das Opfer des Friedensvertrages geworden, der uns trotz des feierlich verkündeten

13.10.1920 Sterzing, 9. Oktober. Landestrauer Die Südtiroler National-Totenfeier konnte im Bezirke Sterzing heute nicht gehalten werden, da an diesem Tage der althergebrachte Gerichtskreuzgang nach Trens stattfand, der immer an dem Tage ist. Außerdem wurde die Anordnung von Bozen und Brixen zu spät versendet, so daß die Talgemeinden erst am 10. Oktober teilweise es erfuhren. Wir sind keine schlechteren Patrioten, und werden die Totenfeier nachholen. Allgemeiner Tiroler Anzeiger

08.10.1920 Die Maul- und Klauenseuche Im Bezirk Sterzing ist wieder die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Man glaubt, daß von außerhalb der Brennergrenze zugetriebenes Alpvieh den Sterzinger Bezirk passiert und die Seuche eingeschleppt hat. Allgemeiner Tiroler Anzeiger

21.10.1920 Ein verdächtiger „Doktor“

10.10.1920 Südtirol Durch ein königliches Dekret ist Südtirol, alles Land vom Brenner abwärts, dem Königreich Italien angegliedert worden. Ist es nun auch ein Glied Italiens, ist es nun auch italienisch geworden? Wenn je ein Stück Papier auch nach dem Beschreiben ein Stück Papier geblieben ist, so ist es dieses Dekret. Das italienische Einverleibungsdekret gilt nicht für unser Gefühl. Es gilt so wenig für uns, wie es für die Tiroler gilt. Und es soll nie gelten. Für uns ist und bleibt Tirol, das ganze ungeteilte Tirol von Innsbruck bis Salurn deutsches Land, und die Tiroler bleiben unsere Landsleute, ob auf dem Brenner ein italienischer Grenzpfahl steht oder nicht. Wer heute sich in Deutschland als Deutscher fühlt, trägt Schmerz und Wehmut in seiner Seele. Und wenn er, ohne es zu wollen, auf die alten lieben Namen stoßt, so zuckt er zusammen, wie wenn eine tiefe Wunde rauh berührt wird. Sterzing und Franzensfeste und Brixen und Klausen, Meran und Bozen brauchen nur genannt

Mittwoch auf Donnerstag der Bauernhof „beim Brunner“ in Ast, Bezirk Sterzing, vollständig niedergebrannt. Das Feuer breitete sich so rasch aus, daß nur das Vieh mit knapper Not gerettet werden konnte, das ganze Hans samt der Einrichtung, den Vorräten und der Ernte aber dem Feuer zum Opfer fiel. Der Schaden des Besitzers ist umso größer, da er nicht versichert war. Innsbrucker Nachrichten

Blick auf Pflersch bei Gossensaß

Selbstbestimmungsrechtes von unseren Volksgenossen losreißt. Italien hat durch die Einverleibung anderssprachiger Volksteile ebenso wie die verbündeten Staaten bewiesen, daß es die Zeichen der Zeit noch nicht versteht und sich nicht vom Geiste der Gerechtigkeit leiten läßt. (…) Südtiroler! Aufrecht wollen wir den heutigen Tag über uns ergehen lassen! Wir fordern Euch auf, jede Ungesetzlichkeit zu vermeiden und mit Ruhe und Würde das Schicksal zu ertragen. Südtirol, 10. Oktober 1920. Die deutschfreiheitliche Volkspartei. Die sozialdemokratische Partei in Südtirol. Die Tiroler Volkspartei. Bregenzer Tagblatt 11.10.1920 Brand bei Pflersch Nach Berichten von dort ist in der Nacht vom

Aus Pflersch wird berichtet: In der letzten Woche trieb sich in unserem Tale ein Mann in österreichischer Militäruniform herum. Er erklärte, er wolle über das Joch nach Nordtirol, da ihn die Italiener nicht über den Brenner ließen. Unter der Vorgabe Arzt zu sein, machte er in sehr vielen Häusern „ärztliche Visiten“. Man fahndet nach dem „Doktor“. Innsbrucker Nachrichten 23.10.1920 Aus Südtirol Vor einigen Tagen wurde in Sterzing der angesehene Bürger Ludwig Gröbner verhaftet, wie ein Schwerverbrecher gefesselt dem Bezirksgerichte überstellt und von dort nach Trient gebracht. Es soll sich dabei um einen Zusammenstoß mit Finanzieri handeln, der in Tätlichkeiten ausartete. Eine derartige Verhaftung und Abführung von Bürgern mag in Italien Notwendigkeit und Brauch sein, in deutschen Landen, im freien Tirol blieb so etwas bisher unbekannt. Innsbrucker Nachrichten Erker 10/20

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