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DER MITTELSTAND. 5 | 2020
RECHTSHOTLINE
Mietminderung wegen Corona?
D
ie durch die aktuelle Corona-Pandemie bedingten Auswirkungen auf die Wirtschaft treffen den deutschen Mittelstand mit ungeminderter Härte. Dazu zählen unter anderem auch staatliche Eingriffe in die Nutzbarkeit von Mietobjekten, wie etwa Ladenschließungen.
ermöglichen. Liegt also eine Situation vor, die beide Vertragsparteien nicht vorhersehen konnten, und benachteiligt diese Situation eine Vertragspartei unzumutbar, kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertrages verlangen. Genauso dürfte der Fall hier liegen: Die Pandemie ist ein Ereignis, das die Vertragsparteien vor Vertragsschluss nicht vorhergesehen haIn diesen Fällen besteht für die Mieter neben dem wirtschaftlichen ben. Hätten sie dieses gekannt, hätten sie den Vertrag nicht in dieser Verlust durch die fehlende Ladenöffnungsmöglichkeit noch das Pro- Form geschlossen. Gerade in solchen Fällen kann dem Mieter daher blem, gleichwohl die Miete zu schulden – auch wenn etwa durch das ein Anspruch auf Vertragsanpassung zustehen. Wie stark die finanCovid-19-Gesetz zumindest ein befristeter Kündigungsschutz für zielle Anpassung (zum Beispiel mit einer „Pandemieklausel“) wäre, säumige Mieter vorgesehen ist. ist eine Frage der Betroffenheit im Einzelfall. Die fehlende Nutzbarkeit von (Gewerbe-)Immobilien scheint bislang jedoch vollumfänglich in den wirtschaftlichen Risikobereich des Mie- Gerade mit Blick auf eine mögliche zweite Welle wäre es daher ratters zu fallen. Jedenfalls fehlt es zum jetzigen Zeitpunkt an entspre- sam, wenn Gewerbemieter mit Ersuchen auf Vertragsanpassungen chender Rechtsprechung, die anderes vermuten ließe. frühzeitig mit ihren Vermietern in Kontakt treten und entsprechende Ergänzungen zum Vertrag vereinbaren.
Risikoverteilung?
Allerdings stehen rechtlich durchaus auch Lösungsmöglichkeiten zur Diskussion, die das wirtschaftliche Risiko der Pandemie und ihrer Folgen beiden Parteien des Mietverhältnisses gleichermaßen aufbürden würden. Weniger überzeugend erscheint allerdings, die Schließungen im Zuge der Corona-Pandemie als Mietmangel einzuordnen und dem Mieter deshalb ein Minderungsrecht einzuräumen. Dies würde voraussetzen, dass wiederum dem Vermieter das wirtschaftliche Risiko aufgebürdet würde – doch auch dieser hat durch sein Verhalten keine Ursache für die fehlende Nutzbarkeit der Mieträume gesetzt. Ausschlaggebend sind vielmehr staatliche Eingriffe.
Vertragsanpassung Im Vordringen befindlich ist jedoch die Ansicht, dass dem Mieter eine Anpassung des Mietvertrages gemäß § 313 zustehen kann. Damit hat das Zivilrecht ein Rechtsinstrument an der Hand, Änderungen in an sich statischen Verträgen in außergewöhnlichen Situationen zu
Gut zu wissen n Die Rechtslage ist zur Zeit noch ungewiss n Mietvertragsparteien sollten sich jetzt in Verbindung setzen und ihre Verträge ergänzen Prof. Dr. Benjamin Weiler Honorarprofessor für Wirtschaftsrecht an der University of Applied Sciences Europe mittelstand@bvmw.de