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MENSCHEN IM PORTRAIT

JOSEF STEGER

Sein Glück liegt im Verborgenen Fundstück: ein Rauchquarz-Doppelender.

Wenn es um Mineralien geht, ist Kasern ein echtes Zentrum. Wo Südtirols nördlichstes Tal endet und der Weg nach Österreich nur über die Berge führt, gehören Kristalle dazu. Warum sie ausgerechnet hier so reichlich gewachsen sind, erzählt einer, der die Gegend kennt wie seine Westentasche. Josef Steger, Mineraliensucher seit über 50 Jahren. Windtal, Sommer 2020. Ein Tal, das die sonst so oft vorherrschenden klimatischen Bedingungen im Namen trägt. Aber heute scheint die Sonne. Josef Steger, den im Ahrntal alle den Fuchs Seppl nennen, trägt einen Pickel in der Hand und strahlt. Das ist immer so, wenn er von der Suche nach Kristallen erzählt. Die Leidenschaft, die man auch als Sucht bezeichnen könnte, ist ihm in die Wiege gelegt worden. PZ: Erinnerst du dich noch, wann du deinen ersten Stein gefunden hast? Josef Steger: Mein Vater war Schäfer und hat in den 50er- und 60er-Jahren Steine gesucht. Meine zwei Brüder und ich kamen oft mit ihm mit. Mit zwölf Jahren fing ich an, auf der Suche nach Steinen selber im Felsen zu klettern. MIt 14 Jahren dann habe ich meinen ersten Stein gefunden: einen großen Bergkristall. Da meinte der Vater: Ab jetzt kannst du alleine „in die Steine“ gehen. Was hat der Vater mit den Steinen gemacht?

Josef Steger, Jahrgang 1954, ist in seinem Heimatort Kasern und weit darüber hinaus unter dem Namen „Fuchs Seppl” bekannt. Schon als Kind hat er eine künstlerische Ader, weshalb er nach der Mittelschule die Kunstschule in Gröden besucht. Ab 1972 unterrichtet er an verschiedenen Schulen als Kunsterzieher, 42 Jahre sind es alleine in St. Johann, wo er bis zu seiner Pensionierung vor fünf Jahren tätig ist. Auch als Künstler hat er sich einen Namen gemacht. Sein Lieblingsstil: die Aquarellmalerei. Und dann ist da noch die Leidenschaft für Mineralien: Seit der frühen Jugend sucht der Fuchs Seppl nach besonderen Steinen. Er ist Mitglied im Verein der Südtiroler Mineraliensammler und gibt sein Wissen // gerne dem Nachwuchs weiter.

Er hat sie alle verkauft. Zweimal im Jahr kamen Italiener zu uns nach Hause. Die riefen im Hotel in Kasern an, um sich anzumelden, wir hatten kein Telefon. Wenn sie am Samstag kommen sollten, bedeutete das für uns, ins Windtal aufzubrechen und Kristalle zu suchen. Wir haben sie dann in Obstkisten gelegt und kistenweise verkauft. Wusste der Vater den Wert der Steine richtig einzuschätzen? Er hat sich ein schönes Zubrot damit verdient, aber sicher unter Wert verkauft. Von der Sattelspitze hat er einmal Titanite heruntergetragen, sogenannte Sphene, grüne Kristalle hieß es damals. 3000 Lire hat er pro Stück dafür genommen. Das war viel Geld. Zwei Jahre später sind solche Steine

Fundstelle: Wer „in die Steine“ geht braucht Werkzeug. 22

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in Mailand um das Zehnfache verkauft worden. Viele Ahrntaler haben in der Folge die Leidenschaft fürs Steinesuchen entdeckt. Samstags und sonntags gab es im Windtal eine regelrechte Invasion. Man könnte auch sagen: Es herrschte Goldgräberstimmung. Gab es Konkurrenz? Natürlich! Mein Vater war zu ehrlich, er hat immer erzählt, wo er etwas gefunden hat. Später hat man Stillschweigen bewahrt. Wenn ich schöne und wertvolle Kristalle gefunden habe, habe ich oft erst nach zwei Jahren davon berichtet. Dieses gegenseitige Geheimhalten, das hat sich ein bisschen hochgeschaukelt. Viele haben die bekannten Steinesucher ja mit dem Fernrohr verfolgt. Da hat man eben an uneinsichtiger

In Stein gemeißelt: Dafür schlägt das Herz von Josef Steger.


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