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EDITORIAL
PETRA REGER
Die Luft wird dĂźnner Während russische Streitkräfte ihren bestialischen Angriffskrieg weiter in ukrainische DĂśrfer und Städte tragen, muss die Welt die damit einhergehenden gesellschaftlichen, aber auch wirtschaftlichen Konsequenzen ertragen. Die deutsche Bauwirtschaft spricht derzeit von einer deutlichen Verschärfung â Aufträge werden storniert, es droht Kurzarbeit. Ăźngst hat eine Umfrage des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB) verdeutlicht, dass mittlerweile fast jedes Unternehmen der Branche direkt oder indirekt von den Folgen des Ukraine-Kriegs betroffen ist. Das grĂśĂte Problem sind Materialpreissteigerungen und Lieferengpässe â und damit weit spekulativere Berechnungsgrundlagen, die ein verstärktes Fahren auf Sicht abverlangen. Mehr als 80 % der befragten Unternehmen gaben laut HDB an, dass Lieferanten keine Preiszusagen mehr geben wĂźrden â Materialien gebe es in den meisten Fällen nur noch zu tagesaktuellen Preisen. Die Schwierigkeit bestehe darin, neue Auftragsangebote verlässlich zu kalkulieren, wohlwissend, dass das gestiegene wirtschaftliche Risiko abzuwägen sei. Die Konsequenz: Mehr als 30 % der Bauunternehmen geben keine neuen Angebote mehr ab. Ein ähnliches Bild zeichnet der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB): ÂťDie RĂźckmeldungen unserer Unternehmen, die von einer Verschlechterung der Lage vor Ort berichten, häufen sich. Wichtige Baumaterialien wie Baustahl sind nur schwer lieferbar. Hinzu kommt nun auch, dass Bauvorhaben verschoben und Bauaufträge storniert werden. Und wenn die Stornierungen seitens der Ăśffentlichen Auftraggeber erfolgen, ist das natĂźrlich doppelt bitterÂŤ, sagt Felix Pakleppa, HauptgeschäftsfĂźhrer beim ZDB. Gerade die Ăśffentliche Hand, so Pakleppa weiter, mĂźsse ein Interesse daran haben, die Bauwirtschaft mit ihren rund 920 000 Beschäftigten weiter auszulasten. Grundsätzlich wirkt die aktuelle Situation geradezu absurd: Die AuftragsbĂźcher der Bauunternehmer
Die AuftragsbĂźcher sind prall gefĂźllt, dennoch mĂźssen Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden.
8 MAI 2022
sind prall gefĂźllt und auch der Bedarf bleibt hoch. Dennoch mĂźssen Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden. Aus Sicht von Experten muss davon ausgegangen werden, dass sich die Lage noch weiter verschlechtert. ÂťUm die Situation fĂźr die Unternehmen zu entschärfen, mĂźssen dringend Länder und Kommunen die kĂźrzlich mit dem Bund vereinbarten Regelungen Ăźber Preisgleitklauseln ĂźbernehmenÂŤ, so Tim-Oliver MĂźller, HauptgeschäftsfĂźhrer des HDB. Gleichwohl mahnen Verbände und Branchenkenner, dass zusätzlich zu dem stark gestiegenen Bau-, Energie- und Materialpreisen auch ein grundsätzliches Nachfragerisiko entstĂźnde, da Bauprojekte zurĂźckgestellt oder komplett auf Eis gelegt wĂźrden. Im Umkehrschluss zeigt sich allerdings auch, dass die Bauwirtschaft ihrer krisenfesten Linie treu bleibt und das deutsche Wirtschaftsschiff trotz deutlicher Verschlechterung der Lage weiter auf Kurs hält. Wichtig sei es nun, die notwendige politische UnterstĂźtzung zu erhalten, wohlwissend, dass das spätestens jetzt nicht mehr bloĂ durch Reden, sondern durch Handeln gelingt. Unter der Rubrik ÂťIm BlickpunktÂŤ (Seite 18) lesen Sie beispielsweise, wie krisengeschĂźttelt aber eben auch krisenfest Zeppelin die aktuelle Situation meistert, während unsere Messenvorschauen zur RecyclingAktiv & TiefbauLive, IFAT und Logimat das Hoffen auf einen gelungenen Messesommer aufkeimen lassen. In diesem Sinne wĂźnsche ich Ihnen eine interessante LektĂźre mit guten Beispielen dafĂźr, wie sehr sich die Baubranche trotz anhaltender Krisen zu behaupten weiĂ. Sollten Sie zu unseren Themen in dieser Ausgabe Anregungen haben oder WĂźnsche, dann schreiben Sie uns per E-Mail an baumagazin@sbm-verlag.de. Wir freuen uns Ăźber jede Zuschrift.
Dan Windhorst Chefredakteur