TREND - Magazin für Soziale Marktwirtschaft - Ausgabe 2/2020

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SCHWERPUNKT EU-Ratspräsidentschaft

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m 1. Januar 2020 fand das 25-jährige Jubiläum der Welthandelsorganisation WTO statt. Einen Grund zum ­Feiern gibt es allerdings nicht, denn die WTO steckt in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Schon seit vielen Jahren kommen die multilateralen Handelsverhandlungen kaum voran. Nunmehr ist auch der Streitbeilegungsmechanismus der Organisation nicht mehr in der Lage, Handelskon-

WTO hat sich jüngst weiter verschärft: WTO-Generaldirektor Robert Azevedo kündigte im Mai überraschend seinen Rücktritt an. Der Stillstand in der WTO ist ein Symptom einer tiefgehenden Krise des Multilateralismus. Diese ist durch einen zunehmenden Wirtschaftsnationalismus, wachsenden Protektionismus und eine Abkehr vom regelbasierten internationalen Handel zentraler WTO-Akteure gekennzeichnet. Die

Im internationalen Handel ist das „Recht des Stärkeren“ wieder salonfähig geworden. Das regelbasierte WTO-­Handelssystem droht zu erodieren. Und die Corona-­Pandemie setzt dem Welthandel weiter zu. Das ist ein schwerer Schlag für Deutschland und Europa. Ein neues europäisches Selbstbewusstsein und ein geostrategischer Ansatz in der EU-Handelspolitik sind jetzt dringend erforderlich.

Europa muss sein ökonomi ­Gewicht in die Waagschale flikte zwischen WTO-Mitgliedern auf Grundlage bestehender Rechtsnormen beizulegen. Die USA blockieren seit Juni 2017 die Nachbesetzung von Richterstellen im WTO-Berufungsgremium. In der Folge ist das Gremium im Dezember 2019 arbeitsunfähig geworden. Die Lage innerhalb der

Foto: Stella von Saldern

Stefan Rouenhoff MdB Ausschuss für Wirtschaft und Energie Deutscher Bundestag

„Die EU ist gefordert, ihre Rolle neu zu definieren, um nicht zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken USA und China zerrieben zu werden.“

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Corona-Pandemie hat protektionistische Tendenzen weltweit zusätzlich befeuert und die Skepsis gegenüber globalen Lieferketten größer werden lassen. Die jüngsten Handelskonflikte zeigen: Im internationalen Handel ist das „Recht des Stärkeren“ wieder salonfähig geworden. Das ist nicht nur ein schwerer Schlag für die Europäische Union (EU) und Deutschland als offene, exportorientierte Wirtschaftsräume. Es ist auch ein großer Rückschlag für Schwellen- und Entwicklungsländer, die den Außenhandel zur wirtschaftlichen Entwicklung ihres Landes nutzen wollen. Die Wiederherstellung eines funktionierenden Streitbeilegungsmechanismus innerhalb der WTO oder gar eine grundlegende WTO-Reform sind trotz europäischer Vermittlungsbemühungen in weite Ferne gerückt. Die schwindende Bereitschaft zu Kompromissen zwischen den WTO-Hauptakteuren USA und China unterstreicht die wachsende wirtschaftliche und

politische Rivalität der beiden Staaten. Die EU ist gefordert, ihre Rolle im außenwirtschaftspolitischen Spannungsfeld zwischen den USA und China neu zu definieren, um nicht zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken zerrieben zu werden. Sie sollte einerseits mit Nachdruck für eine WTO-Reform werben, andererseits aber nicht die Augen vor den neuen Realitäten im internationalen Handel verschließen. Trotz kleinerer Fortschritte kämpfen europäische und deutsche Unternehmen in China nach wie vor mit erheblichen Marktzugangsbarrieren, dem Zwang zum Technologietransfer und der besonderen Rolle chinesischer Staatsunternehmen. Neuartige Investitions- und Handelshemmnisse sind unter anderem von Parteizellen in Unternehmen und durch das Social Scoring zu erwarten. Nach 19-jähriger chinesischer WTO-Mitgliedschaft wird es höchste Zeit, dass die EU auf ein Level Playing Field und einen reziproken Marktzugang besteht. ­

TREND 2/2020


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