SCHWERPUNKT EU-Ratspräsidentschaft
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uch knapp fünf Jahre nach dem Höhepunkt der Migrationslage 2015/2016 ist es trotz verschiedener Anläufe bislang noch nicht gelungen, dass sich die Europäische Union (EU) auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) verständigt. Noch immer sorgt das bestehende Asylsystem für eine durch das Dublin-III-System festgeschriebene unfaire Lastenteilung bei der Erstaufnahme und zugleich für eine erhebliche Sekundärmigration. Dieser Befund ist umso bedauerlicher, als der Migrationsdruck auf die EU anhält und Europa einer großen Belastungsprobe aussetzt. Vor allem die Staaten an den südlichen Außengrenzen Europas, aber auch die Ziel-
sen an ihrer Einwohnerzahl vier bis sechs Mal so viele Asylbewerber wie Deutschland als Ersteinreisestaat aufgenommen. An den Außengrenzstaaten kommt es zu einer Überlastung und zum Teil zu unhaltbaren Zuständen bei der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber, wie sich am Beispiel der griechischen Inseln zeigt. In absoluten Zahlen sind Deutschland und Frankreich aber seit Jahren die bevorzugten Zielländer von Asylbewerbern und somit durch besonders stark durch die Sekundärmigration belastet. Erschwerend kommt hinzu, dass das bestehende EU-Asylsystem unter einem erheblichen Vollzugsdefizit leidet. Die Erfahrung zeigt leider, dass nach einer einmal erfolgten Einreise
und faires sowie vorhersehbares und verlässliches System schafft. Ich begrüße, dass die Europäische Kommission ebenfalls einen Neustart für das GEAS angekündigt hat und zeitnah einen „Pakt zu Migration und Asyl“ vorlegen wird. Die Bundesregierung hat mit Blick auf die anstehende deutsche EU-Rats präsidentschaft bereits Vorschläge für eine vollständige Neuausrichtung des GEAS vorgelegt. Oberstes Ziel muss es sein, frühzeitig zu differenzieren, wer Schutz in der EU benötigt, bei wem dies einer intensiveren Prüfung bedarf, und wem offensichtlich kein Schutzstatus zusteht. Wir schlagen deshalb vor, bereits an den EU-Außengrenzen eine Vorprüfung von Asylanträgen durch-
Echter Neustart erforderlich Die Bundesregierung hat mit Blick auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft Vorschläge für eine vollständige Neuausrichtung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgelegt und auch die EU-Kommission arbeitet an einem Neustart. staaten von Sekundärmigration, hier vor allem Deutschland, sind besonders betroffen. Diese ungeregelte Zuwanderung gefährdet die Akzeptanz der offenen Binnengrenzen und untergräbt das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit der EU. Griechenland, Malta und Zypern haben im vergangenen Jahr gemes-
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viele abgelehnte Asylbewerber ohne jeglichen Schutzbedarf dauerhaft in der EU verbleiben. Das bisherige Dublin-III-System ist dysfunktional und allein durch punktuelle Verbesserungen nicht reparabel. Mir ist daher wichtig zu betonen: Wir brauchen beim GEAS einen echten Neustart, der ein funktionsfähiges
TREND 2/2020