ERKER 05 2021

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Gotteshäuser im Wipptal

Kirche zum hl. Jakobus dem Älteren LAGE: Thuins KIRCHENPATRON: hl. Jakobus der Ältere ENTSTEHUNGSZEIT UND ERBAUER: 1511; erbaut von Adam Scheiter im Auftrag der Sterzinger St. Jakobsbruderschaft

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ie Kirche zum hl. Jakobus des Älteren in Thuins wird urkundlich erstmals am Beginn des 16. Jahrhunderts erwähnt, dürfte jedoch vermutlich bereits in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts errichtet worden sein. In Sterzing bestand bereits in spätmittelalterlicher Zeit die Bruderschaft zum hl. Jakobus und diese dürfte – deutet man das Wappen und die Jahreszahl 1511 an der Marmorrahmung des Spitzbogenportals der Kirche in Thuins richtig – auch als Erbauer des Gotteshauses gelten. Die Kirche ist ein spätgotischer Bau mit dreiseitigem Chorabschluss und

ein Werk des Sterzinger Baumeisters Adam Scheiter. Spitzbogenfenster im Chor, ein aus Steinquadern bestehender Spitzturm mit – von weißem Marmor eingerahmten – Schallfenstern sowie ein Spitzbogenportal mit zwei Rundstäben prägen noch heute das äußere Erscheinungsbild. Im Innern überspannt ein auf Schildkonsolen ruhendes Stuckrippengewölbe den Raum. Die Konsolen im Chor sind polygonal zugespitzt. Am Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die Kirche baulich umgestaltet und im Jahr 1610 erneut geweiht. Der spätbarocke – von Säulen mit

Der hl. Jakobus der Ältere († um 44) wurde in Bethsaida (et-Tell) nahe der Mündung des Jordan in den See Genezareth geboren. Er folgte mit seinem jüngeren Bruder Johannes dem Gottessohn nach. Jakobus war der erste der zwölf Apostel, der das Martyrium erlitt. König Herodes Agrippa I. ließ ihn um Ostern des Jahres 44 enthaupten. Einer der beiden Henkerknechte soll sich dabei zum christlichen Glauben bekehrt haben und deshalb ebenfalls hingerichtet worden sein. An der mutmaßlichen Hinrichtungsstelle entstand im 4. Jahrhundert ein Gotteshaus, das jedoch am Beginn des 7. Jahrhunderts zerstört wurde. Die Kreuzfahrer errichteten im 12. Jahrhundert in Jerusalem eine Kirche zu Ehren des hl. Jakobus des Älteren. Sie gilt als einer der schönsten Sakralbauten der Stadt. Die Verehrung des Jakobus nahm zu, als im 7. Jahrhundert die Legende entstand, der Apostel habe in Spanien gepredigt und sei auch dort gestorben. Kaiser Justinian I. hatte im 6. Jahrhundert die Gebeine des hl. Jakobus dem Sinaikloster Raithu geschenkt. Dessen Mönche brachten sie im 7. Jahrhundert nach Spanien. Dort blieben sie – vergraben in der römisch-suebischen Nekropole bei Ira Flavia („Santiago“) im Nordwesten Spaniens – unangetastet, bis sie der Eremit Pelayo fand. Im 11. bzw. 12. Jahrhundert errichtete man in Santiago de Compostela über dem Grab des Apostels die noch heute bestehende Kathedrale. Der „Camino de Santiago“ (Jakobsweg) ist eine der bedeutendsten christlichen Pilgerrouten und hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Jakobus gilt als Schutzpatron der Pilger, Krieger und Ritter sowie der Apotheker. Er wird meistens als Pilger mit der Pilgermuschel (Jakobsmuschel) am Hut oder auf der Brust, mit Pilgerstab und Reisetasche, seltener als Ritter mit erhobenem Schwert, auf einem Pferd galoppierend, dargestellt.

bewegtem Gebälk und einfachem Volutengiebel umrahmte – Hochaltar stammt vermutlich aus dem Jahr 1772 und ist eine Auftragsarbeit des Bildschnitzers Johann Propst und des Tischlermeister Paul Rausch. Beide stammen aus Sterzing und haben mehrere Altarwerke im Wipptal angefertigt. Das Altarbild zeigt mit der Enthauptung des hl. Jakobus das Martyrium des Apostels. Im Aufsatz findet sich eine Darstellung des hl. Laurentius. Die Seitenstatuen zeigen den hl. Simon sowie den hl. Jakobus den Jüngeren. Im linken Seitenaltar findet sich eine figür-

liche Darstellung des hl. Josef, im rechten Seitenaltar hingegen eine von Maria mit dem Jesuskind. Die Statuen der hll. Barbara und Katharina dürften aus dem älteren gotischen Hochaltar stammen und lassen sich, ebenso wie die schön gestaltete Statue des hl. Jakobus, in das 17. Jahrhundert datieren. Bemerkenswert ist darüber hinaus ein als Holzskulptur gearbeiteter Rosenkranz mit Maria und dem Jesuskind im Zentrum. Er dürfte gegen Ende des 17. Jahrhundert entstanden sein und nimmt einen zentralen Raum im Kircheninnern ein. Erker 05/21

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