PRaktivum Ausgabe 8: Die (Inter-)Dependenz zwischen Journalismus und PR

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PR und Journalismus im NPO-Sektor

Simone Kräuter

Aus der Perspektive beider Berufsgruppen erzählt Rico Stehfest von seiner Erfahrung im Nonprofit-Sektor und vom „Fundraiser Magazin“, für das er als freier Journalist tätig ist.

© Thomas Steinlechner

Simone Kräuter: Gemeinnützige Organisationen sind unter dem Gedanken der Wohlfahrt entstanden. Heute ist Wirtschaftlichkeit auch hier ein wesentlicher Faktor. Die Branche gewinnt gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich immer mehr an Bedeutung. Welche Rolle spielen PR und Journalismus in dieser Entwicklung?

Rico Stehfest: Das ist wirklich schwierig, weil grundsätzlich, was das deutsche Presserecht anbelangt, PR und Journalismus komplett voneinander getrennt sein müssen. Darüber hinaus begegnet mir immer wieder der Eindruck, dass der Dritte Sektor dahingehend überhaupt nicht verstanden wird, dass es sehr viele Menschen gibt, die negativ über jegliche Form von NGOs sprechen. Grundsätzlich hat Journalismus eine gesellschaftliche Aufgabe. Und natürlich hat der Journalismus eben auch, wenn er über den dritten Sektor, über NGOs, berichten will, die Aufgabe, ein realistisches Bild zu vermitteln – wünschenswert wäre ein positiveres Bild, als in der Gesellschaft existiert. Wenn man in Nicht-Fachmedien schaut, wird äußerst oberflächlich über den dritten Sektor berichtet. Was kein Vorwurf sein soll, die Gründe sind dafür meist vielschichtig. Sehr häufig wird ausschließlich dann berichtet, wenn es zu Spendenbetrug kommt. Sowas findet man in den Medien, aber keine tatsächliche Analyse, die dazu führt, dass der dritte Sektor ein besseres Bild in der Gesellschaft hätte. Kräuter: Wie ist es zur Gründung des „Fundraiser Magazins“ gekommen?

Stehfest: Die Gründung kam 2006 durch meinen Kollegen Matthias Daberstiel zustande. Er ist mit seiner eigenen beratenden Agentur im Spendenbereich schon viel länger tätig und hat durch seine Vernetzungen immer mehr Eindrücke, vor allem erstmal bundesweit, bekommen, wie die Branche aufgestellt ist. Dann kam ihm die Idee, dieses Branchenmagazin zu machen. Es ging von Anfang an primär um die Vernetzung der Branche. Aufgrund des gemeinnützigen Kerns findet auch sehr viel pro bono statt, also dass die Leute einfach willens sind, 23

Wissen und Erfahrungen zu teilen, ohne für jede Weitergabe von Information unbedingt Geld zu verlangen. Dieser Vernetzungsbedarf war schon immer sehr hoch und da ist das „Fundraiser Magazin“ sozusagen hineingestoßen. Kräuter: Woher bekommt es seine Informationen? In welchem Ausmaß wird mit PR-Abteilungen zusammengearbeitet?

Stehfest: Das ist ganz vielfältig. Wir sind zum einen persönlich sehr stark vernetzt. Was wir auch dadurch sehr gut leisten können, weil wir im Jahr sechs Veranstaltungen durchführen, die Fundraisingtage und das FundraisingSymposium. So bekommen wir grundsätzlich die Informationen, weil wir einfach mit den Leuten sprechen. Dann gibt es auch die ganz simplen Quellen, indem man Newsletter abonniert und auch Pressedienste wahrnimmt. Die sind natürlich nicht ausschließlich auf den dritten Sektor spezialisiert, aber da gibt es ja unterschiedliche Stichworte, unter denen man Dinge abonnieren kann. Was PR direkt anbelangt: Es gibt viele PR-Agenturen, die teilweise direkt für den Nonprofit-Bereich spezialisiert sind oder von größeren Organisationen beauftragt werden. Die treten in der Regel einfach an uns heran und vermitteln Themenvorschläge. Kräuter: Was ist Ihnen in der Zusammenarbeit mit der PR besonders wichtig?

Stehfest: Journalismus ist unabhängig und PR ist, streng gesehen, eine Dienstleistung. Wenn eine PR-Agentur eine neue Software für den Nonprofit-Bereich bewerben will, besteht die Möglichkeit, ein Advertorial zu buchen. Das wird dann ganz entsprechend ausgewiesen, dass das eben bezahlter Content ist. Die Schwierigkeit besteht darin, dass PR-Agenturen diese Trennung gerne versuchen zu umgehen. Ich verstehe, dass man a) seinen Auftrag erfüllen will, b) sein Produkt an den Mann bringen möchte und das natürlich c) so kostengünstig wie möglich. Da muss man immer scharf darauf achten, dass man professionell kommuniziert und sensibel reagiert, um sich sicher zu sein, wo ist jetzt hier wer, wo muss ich die Grenze ziehen und wo


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