Wie viel Freundschaft verträgt Journalismus auf Reisen mit der Politik?
Philip Hagen
Daniel Lohninger, Chefredakteur der „Niederösterreichischen Nachrichten“ (NÖN), spricht mit „PRaktivium“ über kritische Distanz, Pressereisen und darüber, ob Freundschaft zwischen PolitkerInnen und JournalistInnen möglich sei.
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Philip Hagen: Wie stehen Sie generell zu Pressereisen und an wie vielen haben Sie bereits teilgenommen?
Daniel Lohninger: Das kann ich Ihnen jetzt im Detail nicht genau sagen, es sind auf jeden Fall schon einige. Ich finde diese Reisen wichtig, da sie eigentlich immer einen relevanten Informationsgehalt haben und es immer etwas gibt, über das man berichten kann und sie einem entsprechende unabhängige Hintergrundberichterstattung ermöglichen. Natürlich in unserem Fall immer vor dem Hintergrund Niederösterreich. Hagen: Zum einen sind solche Pressereisen sowohl von Seiten der Politik als auch von Seiten der Presse notwendig. Aber kann das nicht ganz schnell gefährlich werden, wenn da Kosten getragen werden und man eventuell teuer essen geht? Wie schafft man es hier, die nötige Distanz zu wahren?
Lohninger: Hier ist es grundsätzlich einmal so, dass bei den NÖN im Dienstverstrag jedes/r Journalisten/in festgehalten ist, dass Geschenkannahmen zu unterlassen sind, wenn sie die Meinung beeinflussen – da gehört für mich auch teures Essen dazu. Das heißt, die Distanz zu wahren ist eigentlich nicht so schwer, da es eine klar definierte Grenze gibt – sobald meine Einstellung zum Thema beeinflusst wird, ist diese Grenze überschritten. Wenn einen die Politik etwa mit nach Brüssel nimmt, ist ein Flug nichts, was die Einstellung beeinflusst, da Fliegen nichts Besonderes mehr ist. Auch ein Essen würde ich nicht als beeinflussend sehen. Und dass man wie früher bis 3-4 Uhr in der Nacht noch etwas trinken gegangen ist, das gibt es heutzutage eigentlich nicht mehr. Insofern ist die Grenze eigentlich relativ leicht zu ziehen. Hagen: Damit haben Sie mir auch das Stichwort für die nächste Frage geliefert. Wie hat sich das im Laufe der Zeit geändert? Ich kann mir vorstellen, dass Compliance früher nicht so das große Thema war.
Lohninger: Das stimmt, das ist heute sicherlich wichtiger. Sowohl bei den JournalistInnen selbst, als auch seitens der Politik, der auch daran gelegen ist, dass es hier zu 33
keinen Problemen kommt. Ich nehme an, dass die Grenzen früher andere waren. Natürlich kann man diskutieren, ob Pressereisen grundsätzlich nötig sind. Ich finde aber schon, dass es aus journalistischer Sicht wichtig ist, da auf solchen sehr viele Personen bzw. Quellen verfügbar sind und man nicht für einzelne Gespräche irgendwohin fliegen muss. Hagen: Jetzt haben wir gerade über die Vergangenheit gesprochen, wie sehen Sie die Zukunft? Werden die Pressereisen sukzessive zurückgehen und durch Technik wie Videokonferenzen ersetzt?
Lohninger: Ich glaube schon, dass es das in Zukunft noch geben wird und sehe den Verzicht darauf auch als Gefahr. Denn das hieße, dass es beispielsweise vom Besuch der Landeshauptfrau beim EU-Rat in Brüssel nur bereitgestelltes Material geben würde. Wenn JournalistInnen nur auf Materialien zurückgreifen, die zur Verfügung gestellt werden, muss aber jedem und jeder bewusst sein, dass man so nur auf eine „gefilterte“ Wahrheit zurückgreifen und sich selbst keine Meinung mehr bilden kann, wie man es könnte, wenn man vor Ort wäre. Vor Ort kann man sich als Journalist/in viel leichter im Umfeld etwa von Frau von der Leyen entsprechende Hintergründe erarbeiten, da verschiedene SprecherInnen vor Ort greifbar sind. Gibt es hingegen nur zur Verfügung gestellte Informationen, kann man nicht mehr viel entscheiden – hier gibt es nur die Entscheidung, ob man sie verwendet oder nicht. Eine komplette Abschaffung fände ich allerdings, auch im Sinne der Demokratie, nicht gut. Der aktuelle Weg ist aber ein guter. Pressereisen werden zeitlich eingegrenzt und auch das Rundherum wird auf das Wesentliche beschränkt. Aktuell ist es natürlich einfacher, Informationen per Videokonferenz einzuholen. Hagen: Und glauben Sie, dass das auch in Zukunft so bleiben wird?
Lohninger: Das wird nicht nur so bleiben, sondern sogar noch mehr werden. Ein klassisches Hintergrundgespräch ist allerdings als Videokonferenz extrem mühsam. Wenn