Die Schieflage der 4. Gewalt
Anna Putz
Die Macht des Journalismus bröckelt. Andy Kaltenbrunner, Geschäftsführer des Medienhaus Wien und Researcher an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, über den Status Quo und die Folgen der (Un-)Abhängigkeit des Journalismus von der PR. © Fabian Farthofer
Anna Putz: Die Zahl der in Österreich tätigen JournalistInnen ist von 2006 auf 2018 um mehr als 1.700 Personen zurückgegangen. Die Zahl der Menschen in Kommunikationsberufen steigt hingegen. Bröckelt die 4. Gewalt?
Berufe“. Reicht das oder braucht es mehr?nnnnnn
Putz: Was unterscheidet JournalistInnen von KommunikatorInnen?
Putz: Aus dem „European Communication Monitor“ geht hervor, dass KommunikatorInnen in Österreich vor allem auf Owned Media setzen – Paid Media hat am wenigsten Relevanz. Was bedeutet das für den österreichischen Journalismus?
Andy Kaltenbrunner: Sie hat zumindest Probleme – es gibt Erosionsprozesse und gefährliche Bruchstellen. Es ist erfreulich, dass die Zahl der in der PR Beschäftigten steigt. Die Frage ist aber, ob im Kommunikationsprozess selbst der unabhängige Journalismus noch ausreichend Stellenwert und Man- beziehungsweise Womanpower hat, um seiner aufklärerischen Aufgabe nachzukommen.
Kaltenbrunner: Es gibt sehr, sehr viele JournalismusDefinitionen, über die endlos und durchaus spannend diskutiert werden kann, aber einen zentralen Punkt: Autonomie. Unabhängiger Journalismus garantiert die Autonomie des beziehungsweise der/des einzelnen Journalistin/en – bei der Auswahl, Bewertung und Umsetzung von Themen. Sobald das unmittelbar interessensgeleitet ist, handelt es sich um andere Kommunikationsberufe. Putz: Oft wird über schlechte Arbeitsbedingungen, enormen Druck und hohes Arbeitspensum im Journalismus geklagt. Bringt die PR besseres Arbeitsklima und Bezahlung für JournalistInnen?
Kaltenbrunner: Wir sehen immer öfter, dass JournalistInnen einen Teil ihres Einkommens aus PR-Tätigkeiten beziehen. Das hat zum Teil existenzielle Gründe, da JournalistInnen vermehrt mit prekärem Einkommen auskommen müssen. Insbesondere freie JournalistInnen suchen sich oft ein zweites Standbein und finden es in Kommunikationsabteilungen und Corporate Publishing. Deshalb ja: Der Journalismus als Arbeitsfeld wird immer prekärer und hat weniger Budget zur Verfügung, während das in der PR nicht der Fall ist. Putz: APA-Geschäftsführer Clemens Pig plädiert für „gezieltes Employer-Branding für journalistische 01
Kaltenbrunner: Die wichtigste Maßnahme derzeit wäre, dass staatliche Förderungen für journalistische Medienunternehmen darauf abzielen, ob journalistische Arbeitsplätze gesichert oder besser ausgebaut und qualifiziert weiterentwickelt werden. Unsere Medienpolitik versagt seit Jahren in diesem Punkt – Journalismus als unabhängige, gesellschaftliche Aufgabe ist nicht im Zentrum. Die Förderung von Non-Profit-Journalismus, journalistischen Start-ups oder innovativen Journalismus-Projekten sind die zentralen Zukunftspunkte, auf die es ankommen wird, wenn einem Journalismus ein Anliegen ist.
Kaltenbrunner: Speziell durch die verschiedenen Möglichkeiten über digitale Kanäle sein Publikum zu erreichen und dafür nicht mehr den/die Schleusenwärter/in traditioneller Medien zu benötigen, verlieren Medien zusätzlich an Erlösquellen und der Journalismus damit an Finanzierung. Diesen Prozess gibt es aber schon seit 20 Jahren, er beschleunigt sich nur. Immer mehr größere Unternehmen nehmen Owned Media vor allem in Online-Formaten als Chance wahr. Die Frage ist, welche Qualität Journalismus anbieten kann, damit er als Werbeumfeld benötigt wird. Wenn er weiterhin ökonomisch schwächer wird; weniger Möglichkeiten hat, sein Publikum zu überzeugen und binden, dann ist das eine Spirale, die nach unten führt. Putz: Österreich ist in den vergangenen zwei Jahren im Pressefreiheitsranking massiv abgerutscht. Gründe waren unter anderem vermehrte Interventionen in Redaktionen oder der Ausschluss einzelner Medien von Pressekonferenzen. Wieviel darf sich politische PR in Österreich erlauben?
Kaltenbrunner: Was die politische PR darf, ist schwer zu sagen. Sie erlaubt sich jedenfalls sehr viel in den letz-